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    Taschenbillard-Spieler
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    Bin zwar kein angesehener Videospieljournalist, aber ich füge einfach mal mein Review hinzu.

    Als ganze kurze Version:

    MEA bekommt von mir eine solide 8,1 von 10.


    Nun die lange Version:

    Nachdem ME3 erst dank der DLCs für mich gut wurde (am Ende auch im Bereich zwischen 8,5 und 9) und DA:I eine maßlose Enttäuschung für mich war (im Bereich zwischen 5 und 6) war ich im Vorfeld von MEA schon etwas skeptisch, ob das Spiel an die alte Größe der Serie heranreichen kann. Nichtsdestotrotz wollte ich dem Spiel eine faire Chance geben.

    Der Einstieg ins Spiel läuft durchaus flüssig. In den ersten Stunden muss man sich nicht groß organisieren, um alle Quests im Auge zu behalten. Auch die Möglichkeit Quests von der Karte aus anzuwählen ist in einem derartigen Open World Spiel enorm komfortabel. Auch bleibt die Einführung in die Handlung weitgehend nachvollziehbar. An keiner Stelle hatte ich in den ersten Stunden das Gefühl den Überblick zu verlieren, was gerade geschieht oder zu tun ist. Das Tempo in dem die Squadmitglieder hinzustoßen, könnte meiner Meinung nach noch etwas langsamer sein, aber ist noch zu verkraften.
    Nachdem der erste Planet gerettet ist und das 6. Crewmitglied aufgenommen wird, beginnt der Hauptabschnitt des Spiels... der leider ziemlich repetetiv ist. Steht's gilt es einen Planeten in einem katastrophalen Zustand anzufliegen, einen Haufen fieser Aliens / Outlaws an diversen Orten über den Haufen zu schießen, ein paar ziemlich banale Sidequests für die Bewohner zu machen, die Terraforming-Technologie anzuschmeißen und wenn möglich am Ende einen Außenposten zu errichten sowie ein immer gleiches Riesenalien zu besiegen. Wirklich bewegendes Geschieht hier nicht. Mitfiebern tut man eigentlich nie und spätestens beim 4. Planeten schaut man nur noch wie man möglichst schnell alle Questpunkte abgrast. In gewisser Weise zeigt sich hier wieder das Dilemma eine Open-World Umgebung mit Leben zu füllen.

    Wenn man das mit dem aktuellen Genre-König The Witcher 3 vergleicht, bei einige Sidequests dabei sind, die witzig sind, einen mitreißen und am Ende fragend zurück lassen, ob man die richtigen Entscheidungen getroffen hat, ist die Leistung von Bioware ziemlich schwach, wenn auch nicht so verheerend wie bei DA:I.
    Wieder einmal muss man sagen, dass es wohl besser gewesen wäre, wenn die Entwickler sich auf ein lineares, aber mit guten Stories gefülltes RPG konzentriert hätten, statt krampfhaft eine Open-World zu erschaffen.

    Apropos Open-World:
    Klar Bioware wollte nicht, dass man einfach in der Karre rumsitzt und mit einem großen Geschütz zuerst alles wegpustet, bevor man aussteigt, aber die Tatsache, dass der Nomad unbewaffnet ist und zwei (!) Anläufe bei über 100 km/h braucht um jemanden zu überfahren, ist einfach nur frustrierend. Mit einem Mako wie in ME1 wäre ich in MEA deutlich glücklicher geworden.
    Außerdem sind gerade in der Mitte des Spiels die Quests (die häufig per Email kommen) sehr ungünstig lokalisiert, so dass man ständig zwischen den Planeten hin und her fliegt und sich eine nicht skipbare Landesequenz nach der anderen anschauen muss. Teilweise ist man für ein "Quest" mit der Dauer von 2 Minuten gefühlt 5 Minuten unterwegs.

    Als letzter "negativer" Punkt zu nennen sind sicherlich die Teammitglieder oder besser gesagt ihre Persönlichkeiten. Vielleicht haben sie welche, aber das Spiel tut sich - von Drack und Jaal sowie in Teilen Peebee- ziemlich schwer damit sie zu vermitteln.
    Okay, man kann anführen, dass dies in vergangenen Spielen auch nicht unbedingt immer gut funktioniert hat (Zaeed, Kasumi, Samara, Grunt, Jakob), aber dafür gab es eben so viele Charakter, die man am Ende der jeweiligen Titel wirklich mochte und mit etwas Glück auch verstand (Tali, Liara, Miranda, Ashley, Garrus, Legion, Mordin). Diese emotionale Bindung ist nach MEA wenig bis gar nicht vorhanden.

    Denn einer der guten Teile des Spiels ist - gefühlt - deutlich zu kurz gekommen: Die Loyalitätsmissionen
    Neben den Hauptstory-Missionen sind die Loyalitätsmissionen definitiv das Highlight des Spiels. Bei ihnen kommt tatsächlich das alte Mass Effect Feeling auf und ihnen wird so etwas wie Charakterentwicklung und Persönlichkeit angedeutet. Sie sind allerdings von kurzer Dauer und anschließend geht es mit dem Aufräumen im Ödland weiter.

    Die Hauptstory-Missionen sind wie bereits erwähnt definitiv ein oder das Highlight des Spiels. Sie fühlen sich nach Mass Effect an. Leider ist die Hauptquestreihe etwas kurz. Nicht so absurd kurz wie in DA:I, sodass die Bruchlandung hier ausbleibt, aber bei den 60 Stunden Spielzeit, auf die ich kam, hat sie gefühlt maximal 6-8 Stunden ausgemacht. Zusammen mit den Loyalitätsmissionen wären das 10-12 Stunden. Insofern könnte man sagen, dass in MEA nur 1/5 Mass Effect steckt. Des Weiteren würde ich als Manko aufführen, dass zumindest gefühlt keine gravierenden Entscheidungen in diesen Missionen vorkommen. Im Vergleich zu ME3 wo man mit der schwierigen Frage konfrontiert wird, ob die Genophage geheilt werden soll oder ggf. ob Quarianer oder Geth vernichtet werden sollen, ist MEA hier aalglatt und unspektakulär. Die einzigen nennenswerten Entscheidungen, an die ich mich hier erinnern kann sind, ob man eine Einrichtung der Kett zerstören soll, die Kroganer eine Energiequelle erhalten und ob man ein paar Kroganer bzw. Salarianer rettet.

    Nach ME3 ist natürlich noch eine wichtige Frage im Raum: Wie ist das Ende? (keine Angst, ohne Spoiler)
    Die Inszenierung ist nicht so pompös wie in den drei Vorgängern. Selbst ME1 hat in meinen Augen das finaler spektakulärer inszeniert. Es ist dennoch nicht völlig enttäuschend Diesmal spart sich - so weit ich das erkennen konnte - auch die Illusion von Entscheidungsfreiheit. Es gibt nur ein Ende mit einem Ausgang. Man erlebt es - gefühlt - wie auf Schienen. Das kann man durchaus kritisieren, aber nachdem man 60 Stunden lang keinen nennenswerten Entscheidungen treffen musste, fällt einem das hier gar nicht mehr auf.
    Was allerdings sehr gut gemacht wurde, ist der Epilog, der in dieser Form seine Premiere in Mass Effect feiert. Sein Umfang ist ganz gut gewählt und er erlaubt einen sanften Ausstieg aus dem Spiel. Man kann nochmal kurz mit allen Leuten quatschen und den Sieg "zelebrieren". Zumindest in dieser Hinsicht hat man sich etwas sehr gutes vom Witcher abgeschaut.

    Darüber hinaus ist festzuhalten, dass das Ende sehr offen gestaltet wurde, im Epilog sogar eine Art Cliffhanger fallengelassen wird. Der Raum für Fortsetzungen / DLCs die nach dem Ende der Hauptstory-Reihe spielen ist daher sehr groß.
    Spoiler:
    Dabei dürften die 3 wesentlichen Punkte sein:
    • Kett-Konflikt
    • Wer ist der "Benefactor"?
    • Was hat es mit dem Notsignal der Quarianer Arche auf sich?



    Zur Technik sei gesagt, dass von den berüchtigten Gesichtsanimationen abgesehen MEA auf einem aktuellen PC recht schick aussieht und flüssig läuft. Aber auch hier muss man sagen, dass das zwei Jahre alte Witcher 3 in technischer Hinsicht bis heute besser wirkt. Nicht nur ist den Charakteren dort mehr Liebe zuteil geworden, sondern auch die Welt macht einen stimmigeren, lebendigeren Eindruck. MEA wirkt im direkten Vergleich etwas zu steril und statisch.


    Fazit:
    Mass Effect Andromeda ist ein solides Open-World-RPG, dass den Namen Mass Effect zumindest in Teilen zurecht trägt. Es lässt sich trotz seiner 60-70 Stunden Spielzeit am besten mit einem Besuch bei der örtlichen Fastfood-Kette vergleichen. Es stillt den Hunger, befriedigt dank reichlich Fett, Zucker und Salz durchaus den Appetit, aber als ein Highlight wird die Mahlzeit nicht in die Erinnerung eingehen. Zu oberflächlich, uninspiriert, mutlos und generisch ist das Essen am Ende. Es ist offensichtlich, dass in Bioware noch immer das Potential steckt, großartige Action-RPGs wie Mass Effect 2 zu erschaffen. Es ist allerdings ebenso offensichtlich, dass die Prioritäten in der Entwicklung völlig falsch gesetzt werden. Es zeigt bereits zum zweiten Mal - wenn man die befahrbaren Planeten aus ME1 mitzählt sogar das dritte Mal - das Bioware nicht versteht, wie man eine Open-World Umgebung spannend gestaltet und mit Leben füllt. Scheinbar wird hier auf ein Konzept gesetzt, weil es vermeintlich dem Zeitgeist entspricht und nicht weil man bei Bioware wirklich überzeugt davon ist. Wenn Bioware in der Open-World dann doch mal zum Inszenieren einer Story kommt, merkt man sofort wo die Stärken der Entwickler liegen. Jedoch schreibe ich hier explizit "Inszenieren einer Story" statt Storytelling, denn zu letzterem gehört für mich eine bewegende und mitreißende Geschichte, in der man ein Gefühl bekommt wie wichtig das ist, was man als Protagonist tut. Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass man bei Bioware nicht wüsste wie man solche Stories entwickeln soll. Ich vermute vielmehr, dass man dort schlicht der Mut fehlt, Risiken einzugehen. Natürlich besteht die Gefahr, dass Leute frustriert sind, wenn man plötzlich nicht mehr das erzählt, was sie erwarten, aber gerade das ist es was spannende und erinnerungswürdige Geschichten ausmachen und was Mass Effect ausgemacht hatte.
    Geändert von horstfx (14.04.2017 um 23:20 Uhr)

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