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  1. #1
    DA-FRPG only Avatar von Leirâ Ven
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    Standard Das Nichts - Der tote Wald

    Dreck.
    Leirâ stemmte die Hände in den Boden und spuckte aus.
    Was ist geschehen? Sie blinzelte ins weiße Sonnenlicht. Ihr war kalt. Erinnerungsfetzen hingen von den Wänden ihres Schädels, flatterten in einem flüchtigen Windstoß und wurden wieder von dichten Nebelschwaden verhüllt. Gedankenverloren kaute die Dalish auf einem Klumpen Erde herum, der sich noch in ihrem Mund befand.
    Dalish. Vom Volk Der Elvhenan, Einsam gehen wir die Wege, bis die Shemlen diese Welt verlassen haben.
    „Vir Assan. Vir Bor’Assan. Vir Adahlen.“ Ruhe breitete sich in ihr aus, als sie die Worte ihres Volkes sprach und langsam gelang es ihr, sich wieder an ihre Herkunft, ihre Identität zu erinnern. Sie spuckte den Klumpen Dreck erneut aus.

    Doch was war als letztes Geschehen? Woran…
    Leirâs Augen wurden leer, ihr Blick glitt in die Ferne. Doch immer, wenn es ihr gelungen war, ein Bild vor ihrem geistigen Auge heraufzubeschwören, immer, wenn sie sich zu erinnern drohte, entglitten ihre Gedanken. Sie schüttelte den Kopf.
    „Komm zu dir, Dirthara-ma!“
    Sie musterte ihre Umgebung. Bäume, verdreht, kahl und knorrig umgaben sie, dazwischen verdorrtes, totes Unterholz und da... Die Quelle der Kälte: Gigantische Eiszapfen, aus dem Boden gewachsen wie Geysire. Dieser Anblick erinnerte die Elfe an… irgenwas… Aber was bloß? Ein heller Pfiff riss sie aus ihren Gedanken. In einer fließenden Bewegung zog sie Pfeil und Bogen, richtete die Waffe in die Richtung, aus der das Geräusch ertönt war.
    „Ts ts ts.“ Ein Mann schnalzte mit der Zunge, sehen konnte sie noch niemanden.

    „Andaran Atish’an, Da’len.“
    Leirâ blinzelte. Diese Stimme kannte sie, das war…
    „Valeran.“ Der schlanke Elf schlenderte hinter einem Baum hervor. Er grinste spitzbübisch, wie er es immer getan hatte, wenn sie sich zu zweit getroffen hatten, fernab des Lagers.
    „Ar lath ma.“ Leirâ wurde schlagartig rot. Sein Liebesgeständnis. Aber…
    „Das if…“ Sie spuckte Dreck auf den Boden. Den Bogen hatte sie bereits sinken lassen.
    „Das ist Jâre her, Emma lath.“ Valeran legte den Kopf schief, kicherte und strich sich über das spitze Kinn. „Aber aber, Emma lath. Wî konntest du uns so rasch vergessen?“
    „Aber das habe ich nicht!“, entgegnete sie scharf. Sie erinnerte sich an das Liebesgeständnis, dass sie ihm am See gemacht hatte. Aber… da war eine Art… Stich in ihrem Nacken bei dem Gedanken daran.
    Valeran kam näher, während die Jägerin ihn ungläubig, mit schlaff herabhängenden Armen, anstarrte. Seine rauen Hände strichen ihr sacht über die Wange. „Komm.“ Sie verstaute ihre Waffen und legte den Kopf schief.
    Irgendwas hieran ist… Ihr steckte Dreck im Hals, den sie einfach nicht heraufzuwürgen vermochte. So zögerte sie, während ihre Kindesliebe am Rande der Lichtung stand, die Hand ihr entgegengestreckt.
    „Was hast du?“, fragte er.

  2. #2
    DA-FRPG only Avatar von Leirâ Ven
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    Leirâ schüttelte den Kopf.
    "Nichts, Emma lath." Ihr war kalt geworden und dies Frösteln hatte sie zögern lassen. Doch als sie Valerans Hand ergriff, die Haut des Geliebten auf der ihren spürte, wurde sie von Wärme durchflutet und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Sie ließ sich einfach von ihm mitziehen, vorbei an den verdorrten Bäumen und den gefrorenen Geisyren bis zu den kiesigen Ufern des Sees. Leirâ erinnerte sich an diesen See, auch wenn ihr der Name entfallen war. Valeran lächelte ihr nur weiter spitzbübisch zu und wieder lief ein Schauer ihren Rücken hinab.
    "Emma lath, was tust du?", fragte Leirâ verwirrt, als der Elf ihre Hand losließ und rückwärts auf das Wasser zuging. Da war doch noch was anderes gewesen, nicht nur Liebe, sondern auch...
    "Mythal! Vater! Und dên Vater, der Former. Das..."
    "Schhh." Er legte ihr den Finger auf die Lippen. Seine samtweiche Haut schmeichelte der Ihren, doch diesmal wurde ihr nicht warm, wenngleich der Schauer verging. "Belaste dich nicht mit derlê schwermûtigen Gedanken."
    Ehe sie sich versah küsste er sie, drückte der Jägerin schlanken Leib an den seinen, ihre dratigen Muskeln rieben aneinander, Zweifel flatterten davon wie Vögel im ersten Frühjahrswind.
    Als er die Umarmung löste, war er bereits nackt. Überrascht blickte Leirâ an sich hinab. Ihre Waffen, Handschuhe und Stiefel waren fort, doch ihre Tunika war noch, wo sie hingehörte. Sie schaute wieder auf. Ihr Liebster schritt erneut rückwärts auf das Wasser zu.

    "Nun komm."
    Leirâs Augen wurden groß, voll von Zweifel. Sie schüttelte leicht den Kopf. Valeran legte den seinen schief, das Wurzelmuster auf seiner Stirn verzog sich über Falten.
    "Was hast du?"
    "Das hîr...", Leirâ warf nervöse Blicke hin und her. Sie spuckte Dreck ins Wasser, konnte das Gefühl aber nicht loswerden, dass etwas nicht stimmte.
    Aber wieso? Alles ist, wie es war. Sein sollte. Ist. Das Eis, die Kälte, der See, die schwarzen Türme der Stadt im Hintergrund, weit jenseits des Ufers... Halt!
    Was fiel da vom Himmel? Zu groß, zu dick für einen Vogel. Doch nicht etwa ein Drache? Nein, es schrie. Schrie und stürzte, würde unweit des Strandes auf dem Wasser einschlagen,
    Etwa genau dort, wo Valeran steht? Mythal, schütze ihn!
    Leirâ wollte schreien, ihn zur Seite stoßen, seinen Tod verhindern, aber ihre Arme waren mit einem Mal wie von Blei beschwert. Und so war Leirâ zum Zusehen verdammt, als

    Ein lautes Platschen riss die Dalish aus ihren Gedanken, Wasser schlug in einer riesigen Welle über ihr zusammen, warf sie auf den Kiesstrand zurück wie eine Puppe. Sie hustete, spuckte Wasser, Schlamm und kleine Steine. Eiskalt klebte die KLeidung an ihr. Sie begann zu zittern.
    „Valeran? Emma lath, wo bist du hin?“, fragt sie mit schwacher Stimme in die Luft hinein. Und vernahm ein „ Hallo? Was ist gerade passiert? Juliette?“ Wut brandete in der Elfe Brust auf. Du nutzlose Verschwendung von einem Shemlen! Du hast Valeran, meine Liebe, getötet! Wollte sie brülle, schreien, ihren Dolch ziehen und sich auf den Menschen stürzen, der vom Himmel gefallen war.
    „D-d-du hast Vale-e-r-r-r-“ war dann aber alles, was sie hervorbrachte. Sie schlang die Arme um ihren bibbernden Leib. „Hallo?“ Die Spitzen ihrer feinen Ohren zuckten leicht beim Klang der eigenartig vertrauten Stimme. Woher? Moment. Gedanken, Erinnerungen sprudelten aus ihrem Herzen in ihren Kopf empor wie das steigende Wasser eines Brunnens.
    Dirthamen, welche Streiche spielst du den Sterblichen? Ich gestand Valeran meine Liebe am See, wir badeten, er strich mir mit rauen Fingern über die Haut, doch dort, wo ich Liebe sah, war für ihn nur Begehren.Eine Träne stahl sich Leirâs Wange hinab. „Was gêt hîr vor sich? Wer trêbt sîn bôses Spîl mit mir?“, fragte sie leise. Um sie herum verschleierten die immer noch hinabrieselnden Wassermassen ihr die Sicht.

    „He, ich weiß, dass hier jemand ist!“ „Alrik.“ „Leirâ? Dem Erbauer sei Dank-„
    Weiter kam der Jüngling nicht, denn beim Anblick der zusammengekauerten, sonst so stolzen Dalish blieb ihm der Mund offen stehen. Die klatschnasse Jägerin zog die Nase hoch und richtete sich auf, ließ die Arme jedoch um ihren Leib geschlungen.
    „Alrik… Was ist mit mir geschên?“ Der Mensch wurde knallrot und hüstelte sich in die hohle Faust.
    „Ähem, Leirâ, du…“ Er deutete auf ihren Körper, der nur von der durchnässten Tunika weniger als dürftig bedeckt wurde. Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinab. Einem Shem so schamlos gegenüber zu stehen bereitete ihr großes Unbehagen. Einem Gefährten hingegen…
    „Achte es nicht wêter. Antworte ûf mêne Frage.“
    „Also… Erinnerst du dich an dieses große, furchterregende Monster?“ Leirâ blinzelte verwirrt. Welches Monster? Alrik legte nur den Kopf schief und sah sie aus großen Augen fragend an. Die Dalish zuckte mit den Schultern. „Monster?“
    „Na, das große Ding mit dem Riesenschwert. Im Wald.“ Gerade, als die Nebel in ihren Gedanken sich zu lichten begannen, drang ein Seufzen an ihre Ohren. Alrik fuhr alarmiert herum und zog sein Schwert, während Leirâ nur verwirrt zurückstolperte. Das Seufzen wurde leiser, dann war ein leises Gluckern zu hören. Und eine Stimme flüsterte der Elfe ins Ohr: „Du hast mich getötet.“

    „Nên!“, schrie Leirâ, schrie, was die Luft ihrer Lungen hergab, brach in Tränen aus und sank auf die Knie. Alrik ließ vor Schreck seine Waffe fallen und eilte zu ihr, kniete sich neben sie. „he! Beruhige dich!“
    „Nên! Gê weg, Shem! Valeran! Lath! Da’len! Mythal!“ Sie schluchzte immer heftiger zwischen den Schreien.
    „Leirâ, es ist nicht echt! Nur ein… Ich weiß nicht, was, aber es ist nicht echt!“
    „Er ist tot! Ich wês es! Er“ Moment. Was hat Alrik da gesagt? Leirâ schniefte noch einnmal geräuschvoll, begann jedoch, sich zu beruhigen.
    „So ist es gut.“, begann der Mensch mit ruhiger Stimme auf sie einzureden, „Es ist nicht echt. Ich… weiß ehrlich gesagt nicht genau, was geschehen ist, aber seit ich einen Schlag auf den Kopf bekommen habe, sind so unfassbare Dinge passiert… Es ist nicht echt.“ Allmählich kam es Leirâ vor, als würde der Mann diesen Satz mehr zu sich selbst sagen denn zu ihr.

    „Und was sollen wir tun, wenn nichts echt ist?“ Alrik stand wie Verwirrung ins Gesicht geschrieben.
    „Nun, offenbar schwirren hier Dämonen herum. Als ich aufwachte, stand ich dem Wirt der Dorfschänke gegenüber, der eigentlich immer ganz nett gewesen war, dann aber auf mich losging und-„
    Leirâ hob eine Hand. „Alrik. Erzêle mir von dênen Abentêrn ên andermal, wenn nicht unser Leben auf dem Spîl stêt. Hîr trêben sich also bôse gêster umher?“ Alrik nickte. Dann hellte sich sein Gesicht plötzlich auf. „Aber wir können die anderen finden! Juliette habe ich schon gefunden, und als sie ihren Dämonen erschlagen hatte, bin ich dir erschienen.“ Plötzlich sprang er auf und schaute hektisch umher. „Wo ist dein Dämon?“ Ein wehmütiges Seufzen entfuhr Leirâs Lippen. „Kên Dâmon, nur ên Gêst mîner Vergangenhêt.“ Sie spürte, wie ihr erneut Tränen in die Augen stiegen und wandte den Kopf ab. Alrik schien diese Geste richtig zu deuten.
    „Oh, tut mir leid…“
    „Nicht schlimm.“ Die Dalish atmete tief durch. „Hôre: Lass uns die Anderen suchen und, sobald wir sê gerettet haben, erzêl ich dir von Valeran und mir und hôre mir dêne Geschichte an.“ Alrik strahlte, als hätte sie ihm einen Kuchen gebacken. „Abgemacht.“ Doch kaum hatte der Mann ihr zugestimmt fuhr ein eisiger Wind durch den Wald, ließ ihnen Haar und Kleidung flattern und trieb Wellen über den See.

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