Hallo!

Nachdem ich das Dragon Age DLC Der Abstieg gespielt hatte, war ich ein bisschen enttäuscht, dass es nur so wenig Interaktionen mit den Gefährten gab. Also dachte ich mir, da die tiefen Wege eigentlich ein ziemlich breites Spektrum an Möglichkeiten bieten, schreibe ich eine kleine FF dazu

SPOILER: Um diese FF zu lesen sollte man das Ende von Dragon Age Inquisition kennen und natürlich auch das DLC.

Kurzbeschreibung:
Alyah Lavellan bekommt eine unerwartete Nachricht von der Sturmküste. Unerklärliche Erdbeben forderten bereits viele Todesopfer und die junge Inquisitorin möchte diesem Mysterium auf den Grund gehen. Begleitet von Varric, Cole, Solas und den beiden Zwergen Valta und Renn dringt sie in die tiefen Wege vor um die Ursache für diese Naturkatastrophen zu finden. Dabei trifft sie auf Hawke und einige ihrer Freunde. Pairings: (Solas x FemLavellan) (FemHawke x Fenris) (Zevran x ?)

Prolog

Es gab viele Dinge in ihrem Leben, die ihr Angst eingejagt hatten. Aber noch nie hatte sich Alyah Lavellan so hilflos gefühlt wie in diesem Moment. Ihr Kopf brummte höllisch und ihr Herz hämmerte unkontrolliert schnell gegen ihren Brustkorb. Sie wusste, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte, aber als Inquisitorin konnte sie es sich nicht leisten nachzugeben. Sie wollte nicht, dass ihre Freunde, allen voran Cole und Solas sie für schwach hielten. Alyah hustete, bemerkte, wie ihr Sichtfeld verschwamm und gab nur für den Bruchteil einer Sekunde nach. Sie ging in die Knie und Cole war sofort bei ihr.
„Heiß, kalt, nein weiss. Was ist es? Was frisst sich durch mein Blut? Es ist Gift, ich weiß es“, flüsterte er, als er sie stützte. Normalerweise ließ Alyah Cole ihre Ängste lesen, ihn wissen, was sie beunruhigte aber in diesem Moment wäre sie mehr als dankbar gewesen, wenn er sie nicht so leicht durchschaut hätte.
„Ist schon gut, Cole“, erwiderte sie schwach. Valta hielt inne und musterte die junge Elfin mit einem skeptischen Blick.
„Ist es die Wunde an Eurem Bein?“, fragte sie und Alyah beeilte sich damit den Kopf zu schütteln. Die Zwergin sollte nicht denken, dass sie nicht weiter konnte. Gerade jetzt wo sie vom Rest ihrer Gruppe getrennt wurden, konnten sie einen verletzten Begleiter überhaupt nicht gebrauchen. Und Alyah wollte sie und Cole nicht aufhalten.
„Es geht schon“, beharrte sie und rang sich ein Lächeln ab. Die Zwergin verzog unzufrieden das Gesicht. Alyah bemerkte sofort, dass sie ihr nicht glaubte.
„Wenn sich das Harlockgift durch eure Adern ausbreitet, werdet Ihr früher oder später an einem mehr als schmerzhaften Tod sterben. Inquisitor, ich bitte Euch, lasst mich Eure Wunde sehen.“
Valta näherte sich der Elfin aber Alyah hob schnell beschwichtigend die Hände und versuchte, um ihre Worte zu unterstreichen sie munter anzulächeln.
„Das ist nicht nötig. Ich halte durch, bis wir die anderen gefunden haben“, meinte sie selbstsicher. Natürlich wusste Alyah, dass dem nicht so war. Es würde höchstwahrscheinlich nicht mehr lange dauern, bis ihre Schmerzen so schlimm waren, dass sie gar nicht mehr laufen konnte, aber Alyah wusste auch, dass es ihnen garantiert nicht vergönnt war eine Pause zu machen. Nach Allem was passiert war, war sie sich nicht einmal sicher, ob die anderen noch am Leben waren. Allein der Gedanke, Solas könnte etwas zugestoßen sein... Alyah schluckte den Kloß in ihrem Hals runter und Valta seufzte resigniert.
„Na schön, wie Ihr meint. Aber sobald wir ein ruhiges Plätzchen gefunden haben, werde ich mir Eure Wunde ansehen“, meinte die Zwergin mit deutlichem Nachdruck. Alyah nickte ergeben und folgte dann, gestützt von Cole der Bewahrerin.
„Sie ist furchtbar stur“, murmelte Alyah mit einem leicht genervten Unterton. Die Zwergin hatte auf sie von Anfang an etwas arrogant gewirkt.
„Sie möchte Euch helfen“, erwiderte Cole ebenso leise. Er konnte sich schon denken, dass Alyah nicht wollte, dass Valta hörte, was sie besprachen. Also passt er seine Stimmlage ihrer an. „Das Lied wird lauter, verändert die Melodie, Töne, die ohne Namen sind. Wir kommen näher“, flüsterte er leise.
Alyah wusste nicht was sie davon halten sollte. Sie hatte nicht viel Zeit gehabt um sich mit Hawke zu unterhalten. Damals hatte sie den Champion nach den tiefen Wegen gefragt und Marian hatte nur spärliche Antworten gegeben. Es war ihr im Gesicht gestanden wie bitter die Erinnerung an diese zwergischen Ruinen war. Also hatte sie nicht weiter nachgehakt. Aber nun bereute Alyah nicht mehr erfahren zu haben. Auch wenn Alyah gewusst hatte, wie ungern Varric die tiefen Wege betreten würde, sie hatte ihn dennoch gebeten mitzukommen und er hatte sich nicht beschwert. Er hatte nur gesagt, dass das mit Sicherheit kein Spaß würde, aber wenn sie es wünschte, würde er sie begleiten. Alyah war unheimlich dankbar dafür gewesen, er hatte die ganze Stimmung mit seinen Geschichten über Hawke und ihre damaligen Begleiter in Kirkwall aufgelockert und Alyah hatte zeitweise sogar vergessen, wo genau sie sich hier befanden. Aber jetzt wo sie von dem Zwerg und ihrem elfischen Partner getrennt war... Es gab niemanden mehr, der ihre Gedanken in eine positive Richtung lenkte. Sie konzentrierte sich nun viel mehr auf ihre Umgebung, musterte den dunklen Stein, die vielen zerstörten Ruinen der Zwerge. Es war unheimlich und auf seine ganz eigene erschreckende Art und Weise auch interessant.
„Hier!“, rief Valta und Alyah und Cole beeilten sich ihr zu folgen. Die Zwergin hatte eine kleine Spalte in der Wand des Felsens entdeckt, die unbewohnt und ziemlich sicher aussah. Alyah seufzte erleichtert und ließ sich an der Wand gelehnt auf den Boden nieder. Cole kniete sich nah neben sie und warf ihr durch seine langen blonden Strähnen einen fragenden, besorgten Blick zu. „Es schmerzt noch immer, wird es irgendwann vergehen?“, flüsterte er, als Valta noch den Eingang der kleinen Nische sicherte und außer Hörweite war. „Ihr wollt nicht, dass sie es weiß, aber sie könnte Euch helfen“, fuhr er fort.
Alyah schüttelte schnell den Kopf. „So schlimm ist es nicht, Cole“, meinte sie und versuchte erneut zu lächeln, scheiterte aber kläglich. Vielleicht war sie auch einfach nicht stark genug, den Schmerz so weit zu ignorieren. Cole hatte Recht, es wäre vermutlich wirklich besser, Valta von ihrer Wunde zu erzählen. Aber Alyah war immer noch unsicher, hoffte darauf, dass sie noch auf Solas und Varric trafen und ihr elfischer Freund ihre Wunde dann heilen könnte.
„Es wird nicht aufhören. Es brennt wie Feuer, breitet sich aus, überall. Wo ist das Ende?“, er legte vorsichtig eine Hand auf die Wunde an ihrem rechten Bein. „Ätzendes Feuer, brennend, heiß, unzerstörbar“, murmelte er und Alyah hoffte einfach nur, er wäre still wenn Valta zurück kam.
„Cole, bitte tut mir den Gefallen und sagt ihr nichts. Ich möchte nicht noch mehr Umstände bereiten“, bat die Inquisitorin leise.
Cole warf ihr einen undeutbaren, langen Blick zu, bevor er sich abwand und zum Ausgang der kleinen Höhle ging. Er sprach kurz mit der Zwergin und Alyah wusste nicht, wie sie das nun deuten sollte. Ihr war kalt, die Feuchtigkeit zog durch die wenigen freien Stellen ihrer Panzerung durch ihre Kleidung und sie fragte sich einen kurzen Moment, ob derartige Kälte vielleicht auch ihre Wunde betäuben konnte. Bevor sie ihren Gedankengang weiterführen konnte, hörte sie einen entsetzten Laut der Zwergin. Valta kam schnellen Schrittes zu ihr und kniete sich neben sie auf den Boden.
„Euer Blick ist ganz glasig, eure Hände zittern...“, Valta musterte den Rest des Körper der Elfin und biss sich konzentriert auf die Lippe. „Das ist kein gutes Zeichen“, fuhr sie fort und sah dann wieder in Alyahs Augen. „Ihr atmet so schwer, Inquisitor, ich fürchte, wir haben keine Zeit mehr. Wir können nicht warten, bis wir Eure Begleiter wieder treffen. Wenn ich jetzt nichts tue... Ihr werdet sterben“, meinte sie und allein bei dem letzten Wort schien Cole mehr als geschockt zu sein. Der Geist ließ sich ebenfalls neben Alyah nieder und sah die Zwergin ängstlich an.
„Sterben? Nein, sie soll nicht sterben. Sterben ist kalt, einsam, dunkel. Nicht so hell wie sie. Ihr müsst ihr helfen!“, meinte er verzweifelt.
Valta schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht ob es überhaupt etwas gibt, das wir tun können, es sei denn...“, begann sie und warf der Elfin erneut einen zweifelnden Blick zu.
Alyah schloss für einen kurzen Moment die Augen und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. Sie war vergiftet worden, erst vor Kurzem und schon jetzt hatte sie das Gefühl, ihr Bein wäre komplett taub. Das Gift fraß sich durch ihren Körper und so schwer wie sie jetzt schon atmete, würde es nicht mehr lange dauern, bis es zu ihrem Herz vordrang. „...egal was es ist, tut es“, bat sie leise. Ihr Blick verschamm und sie merkte, wie schwer es ihr fiel, ihren Blick auf die Zwergin vor sich zu fokussieren.
„Gut. Hört mir zu, ich kann vielleicht... das Gift aufhalten. Wenn ich Euer Bein...“, stammelte sie und Alyah hörte an ihrem Unterton wie sehr die ihr bevorstehenden Maßnahmen Valta beunruhigten. „...ich könnte es Euch abnehmen“, schlug sie vor und Alyah hielt erschrocken die Luft an.
Ihr Bein abnehmen?!
„Was?“, fragte sie alle Höflichkeiten vergessend. Das konnte nicht ihr Ernst sein! Das war beim besten Willen keine Lösung für die junge Elfin.
„Es tut mir Leid, Inquisitor, aber ich kenne keine andere Möglichkeit Euch zu-“
„Nein! Niemals! Dann sterbe ich lieber!“, erwiderte Alyah harsch.
„Das ist falsch!“, mischte sich nun auch noch Cole ein.
Alyah schloss ihre Augen und stöhnte, als der Schmerz wie ein Blitz durch ihren Körper fuhr. Es wurde schlimmer und so wie es schien, wollte ihr Körper ihr signalisieren, dass sie sich schnell entscheiden musste. Entweder, Valta nahm ihr nun ihr Bein ab und ihre Chancen hier lebend herauszukommen würden enorm steigen, oder sie weigerte sich und würde in vermutlich nur wenigen Minuten sterben. Alyah merkte wie sie Verzweiflung und Panik gleichermaßen überkamen. Das durfte einfach nicht wahr sein! Sie hatte so viel durchgemacht, gelernt, wie sie sich bestenfalls verteidigen konnte. Mit nur einem Bein, könnte sie die Inquisition ganz sicher nicht länger anführen! Und was war mit ihren Freunden? Solas und Varric würden es sich nie verzeihen, nicht bei ihr gewesen zu sein. Sie würden sich die Schuld geben und Alyah... Sie schüttelte den Kopf, merkte wie zum ersten Mal, seit so langer Zeit ihr die Tränen über die Wangen liefen. Es gab keinen anderen Ausweg, so sehr sie sich das auch wünschte. Alles was passiert war, hatte geschehen müssen. Nur der Erbauer wusste, wofür das alles gut war.
Alyah hörte durch das stetige Rauschen auch ein Wimmern und ein kurzer, verschwommener Blick zu dem Geist neben ihr bestätigte ihre Vermutungen. Er spürte ihre Angst, das Zittern in ihrem Innern, die Kälte, die sich unvermeidlich durch ihren Körper kämpfte.
„Cole...“, brachte sie leise hervor. „Es tut mir Leid.“
Dabei wusste sie selbst nicht so genau, wofür sie sich entschuldigte. Vielleicht für die vielen falschen Entscheidungen die sie getroffen hatte. Für die Tatsache, dass sie ihn menschlicher werden ließ. Alyah weinte, legte das Gesicht in ihre Hände und sagte schließlich: „Dann tut es. Nehmt es ab.“


Kapitel 1: Die tiefen Wege

Er hatte sie davon abhalten wollen, aber Alyah hatte eine Überzeugungskraft, der er kaum widerstehen konnte. Solas hatte es schon wieder vermasselt. Inzwischen hatte er schon zwei Mal dazu angesetzt gehabt, endlich einen Schlussstrich zu ziehen, seinen Fehler wiedergutzumachen. Auch wenn er wusste, dass er das nie vollends tun konnte. Der Schaden war angerichtet, auch wenn sie davon noch gar nichts ahnen konnte. Sie hatte gelächelt, ihm von einem Brief berichtet, den sie von der Sturmküste erhalten hatten. Er hatte sie unterbrechen wollen, sie daran erinnern wollen, dass er sie um ein Gespräch gebeten hatte, aber er hatte sie in ihrer Aufregung gar nicht richtig aufhalten können. Sie hatte seine Hände genommen, ihm berichtet, dass es sich anscheinend um unerklärliche Erdbeben handelte, die schon einige Todesopfer gefordert hatten. Sie hatte ihn angesehen und ihn gebeten, mit ihr zu kommen. Solas hatte gewusst, dass der Augenblick, sich von ihr zu trennen, schon vorbei gewesen ist und er hatte nur nicken können. Alyah hatte sich gefreut, ihm einen überschwänglich langen Kuss gegeben und sich dann auf den Weg gemacht Varric und Cole zu informieren.
Und nun standen sie hier, in den tiefen Wegen. Der Elfenmagier hatte hier eigentlich nie wieder herkommen wollen. Er wusste gar nicht, wie viele hundert Jahre es her war, als er diesen Ort das letzte Mal betreten hatte, aber nun war ihm bewusst, dass es gar nicht so lange her gewesen sein konnte. Alles sah noch genau gleich aus und nur hier und da, waren noch ein paar mehr Ruinen eingestürzt. Alyah ging mit Varric vorran, unterhielt sich mit dem Zwerg über Hawke und hatte keine Ahnung, was da unten auf sie wartete. Solas hatte von Beginn dieses Auftrags ein schlechtes Gewissen gehabt. Er wusste, was dort unten lauerte, was diese Erdbeben erzeugte. Aber ihm war auch bewusst, dass er die Inquisitorin darüber nicht informieren könnte. Es gab keine Erklärung für dieses Wissen, die auch nur ansatzweise glaubwürdig geklungen hätte. Also schwieg er, folgte ihr und bemerkte wie ihre Unsicherheit stetig wuchs. Varric lenkte sie ab, war damit überraschend erfolgreich und hin und wieder stahl sich auch ein dankbares Lächeln auf Solas' Lippen. Er wusste, dass er nicht in der Lage wäre, Alyah so abzulenken, wie der Zwerg es tat.
Valta war eine naive, närrische Zwergin, aber auch das, konnte Solas nicht einfach so sagen. Seit er der Inquisiton beigetreten war, gab es unendlich viele Dinge, die er wusste, aber nicht sagen konnte. Manchmal fiel ihm das Schweigen unsagbar schwer – gerade in Alyahs Gegenwart, wenn sie ihn so rätselnd ansah und die Antwort so nahe lag. Aber er wusste, dass es keinen anderen Weg gab. Cole wusste, wer er war und Solas war auch ihm dankbar dafür, dass er es niemandem verriet. Das wäre das letzte gewesen, was der Elfenmagier nun noch gebrauchen konnte. Außerhalb davon glaubte er, dass Alyahs sich unheimlich hintergangen von ihm fühlen würde, sollte sie je herausfinden, wer er wirklich war.
Solas fand es unsagbar lächerlich wie sich Renn und Valta verhielten. Es war mehr als offensichtlich was die beiden Zwerge füreinander empfanden und dass sie einfach nicht den Mund aufbekamen, war einfach nur albern. Vielleicht störte ihn diese Bilndheit auch nur deshalb, weil er es sich selbst kaum leisten konnte, solche Beziehungen zuzulassen. Er wusste ja selbst, wie falsch es war, mit der jungen Elfin zusammen zu sein. Dennoch konnte er über das Verhalten der Zwerge nur den Kopf schütteln.
Der Boden war unangenehm glatt und Solas wirkte heimlich einen kurzen Zauber um seine Schuhe für solch einen Boden etwas angenehmer zu machen. Die Zwerge, Cole und Alyah bekamen davon nichts mit. Manchmal zauberte ihm das Wissen, den anderen dermaßen überlegen zu sein, ein kleines Lächeln auf die Lippen. Wenn Alyah ihn dabei erwischte, erwiderte sie diese Geste oft, vielleicht auch, weil sie dachte, dass es ihr galt. Was nicht verwunderlich war, schließlich war sie die einzige Person, der er tatsächlich öfter ein Lächeln schenkte.
Wie auch jetzt. Sie warf einen kurzen Blick zurück zu ihm und lächelte ihn verliebt an. Solas erwiderte diese Geste und sie lachte leicht. Das gab es häufiger zwischen ihnen: diese heimlichen, einfachen Gesten. Da beide viel Wert darauf legten, ihre Beziehung nicht zu sehr an den Tag zu legen, versuchten sie sich wenigstens unterschwellig hin und wieder kleine Liebkosungen entgegen zu bringen.
Gerade als Alyah sich zu ihm wenden wollte, rutschte sie auf dem glatten, nassen Stein unter sich aus und wäre beinahe hingefallen, hätte er sie nicht aufgefangen. Für einen kurzen Moment bedauerte er, dass er ihr nicht auch diesem kleinen Zauber verliehen hatte, aber im nächsten genoss er es auch schon wieder ihr so nahe zu sein. Alyah sah ihn erschrocken an, lächelte aber wieder etwas verlegen, mit einem leichten roten Schimmer auf den Wangen. „Danke“, flüsterte sie leise und Solas bemerkte das schelmische Grinsen Varrics, der noch etwas weiter vorne stand und kaum mitbekommen hatte, was da hinter ihm vorgegangen war.
Solas hielt Alyah einen Moment länger in seinen Armen, als vermutlich passend gewesen wäre und löste sich schließlich von ihr. „Immer wieder gerne, Vhenan“, erwiderte er nur und Alyah kicherte leise. Es war lange her, als er sich zuletzt eine deratige Verbindung erlaubt hatte, aber er musste zugeben, das keine seiner vorherigen auch nur annähernd so intensiv gewesen war, wie die, die er jetzt mit der Inquisitorin hatte. Von Tag zu Tag wurde der Gedanke, sich von ihr trennen zu müssen, schwerer.
„Fühlst du dich... eigentlich nicht unbehaglich, hier unten?“, fragte sie leise, darauf bedacht, sich in ihrem Ton nicht zu vergeifen und nicht doch zu verliebt zu klingen. Solas wusste schon, dass er ihr nicht einfach sagen konnte, dass die tiefen Wege nicht ganz so schlimm waren wie alle immer behaupteten. Er wusste wo die dunkle Brut lauerte, wie viele Ausgänge es gab. Aber er musste die Fassade aufrecht erhalten und warf ihr deswegen einen verständnisvollen Blick zu.
„Ich denke daran, was wir tun können, wenn wir wieder an der Oberfläche und so weit in Sicherheit sind“, erwiderte er und es stahl sich ein leichtes, verwegenes Grinsen auf seine Lippen. Er wusste inzwischen sehr gut, was ihr gefiel und mit welchen Worten er sie verführen konnte.
Das Rot auf Alyahs Wangen wurde noch etwas dunkler und Solas konnte sich ein leichtes Lachen kaum verkneifen. „Verzeih, Vhenan, ich versuche nur die dunklen Gedanken zu verdrängen. Es hilft, dabei an dich zu denken“, fuhr er fort.
„Hör auf damit“, befahl sie leise und biss sich konzentriert auf die Lippe. Er wusste, dass dieser halbherzige Befehl nicht halb so ernst gemeint war, wie er sich eben angehört hatte. Ihr gefiel diese Liebäugelei mehr als sie zugeben wollte.
„Hilft es?“, fragte er schließlich und musterte sie eingehend.
Alyah sah ihn einen Augenblick lang fragend an. Bis sie verstand was er meinte. Er wusste vermutlich genauso gut wie Varric wie unwohl, unsicher und verängstigt sie sich hier unten fühlte. Auch wenn sie ihr Bestes gab, das nicht zu zeigen. Und genau wie ihr zwergischer Freund, wollte er sie auf andere Gedanken bringen. Alyah lächelte dankbar.
„Ja“, antwortete sie und als gerade niemand hinsah, gab sie ihm einen sanften, liebevollen Kuss auf die Wange. Solas dachte kurz daran, wie lange es deratige Liebkosungen in den tiefen Wegen nicht mehr gegeben hatte und schmunzelte, als er feststellte, wie sehr es ihm gefiel, wenn sie das tat.
Alyah nahm unauffällig seine Hand und lief mit ihm etwas schneller um zu den anderen aufzuschließen.
Valta war vor einer verschlossenen Türe stehen geblieben.
„Was ist los?“, fragte Alyah und beäugte das große Tor vor ihnen.
„Wir können nicht weiter“, entgegnete Valta und zog die Stirn krauss.
'Offensichtlich', dachte Solas, sprach es aber nicht aus.
„Ich schätze wir brauchen ein paar mehr dieser Zahnräder. Es scheint ein uralter, zwergischer Mechanismus zu sein. Ich kenne so etwas noch aus Orzammar“, kommentierte Renn. Solas hätte am liebsten verächtlich gelacht. Ein uralter, zwergischer Mechanismus also. Es war beinahe schon lachhaft, wie wenig diese Rasse über ihr eigenes Volk wusste.
Alyah warf einen prüfenden Blick durch die kleine Halle. „Vielleicht finden wir in den anderen Räumen noch ein paar Zahnräder“, meinte sie und ein einstimmiges Nicken ihrer Begleiter später, hatten sie sich auch schon daran gemacht, die ersten Gegner der dunklen Brut zu besiegen. Der Kampf dauerte nicht lange und Alyah war ein weiteres Mal dankbar für die Anwesenheit der beiden Zwerge. Valta und Renn waren als Nahkämpfer eine sehr gute Unterstützung für sie und Cole. Solas und Varric hatten es dadurch auch viel leichter die kleine Gruppe aus der Distanz zu verteidigen.
Alyah rammte dem letzten Hurlock ihr Schwert in die Brust und zog es mit einem angestrengten Laut wieder heraus. Der Feind ging gurgelnd zu Boden und sie verzog nur angewidert das Gesicht. „Schaut, ob ihr irgendwo etwas auffälliges findet. Ich vermute, ohne die Zahnräder kommen wir so schnell nicht weiter“, dachte Alyah laut. Nach nur wenigen Sekunden hielt Cole stolz das erste Zahnrad in der Hand. „Sehr gut, Cole!“, lobte Alyah den Geist.
Der Raum bot sonst leider keine weiteren Schätze und die kleine Gruppe verließ ihn schnell wieder um den nächsten Raum zu untersuchen. Die Gegener waren hier um einiges stärker, aber dennoch nicht zäh genug um die Gruppe um die Inquisitorin zu besiegen. Der Kampf dauerte zwar etwas länger aber letzten Endes hatten sie ihn alle gut überstanden. Auch hier befand sich ein Zahnrad und das letzte fanden sie in der kleinen Halle, in der sie zuvor gewesen sind.
Valta machte sich sofort daran, die Zahnräder einzufügen und mit Alyahs Hilfe, die den Hebel betätigte, öffnete sich die Türe.
Alyah fröstelte. Es war noch dunkler als in den vorherigen Räumen und sie merkte, wie sich alles in ihr sträubte noch weiter in die tiefen Wege vorzudringen. Sie war sich so etwas nicht gewohnt, diese stickige, kalte Luft. Solas bemerkte sofort ihr Unbehagen und eben als er ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legen wollte, ging sie schon vorraus. Er rechnete es ihr hoch an, dass sie ihr Gesicht so wahren konnte, obwohl sie sich so dermaßen unwohl fühlte. Selten war er so einer starken Elfin gegenüber gestanden. Ein Grund mehr, warum sich sein Herz so zusammenzog, wenn er an das dachte, was ihnen noch bevor stand. Er folgte ihr, lief inzwischen neben Cole und hielt einen gesunden Abstand zu den beiden Zwergen. Solas hatte Zwerge allgemein noch nie sehr gut leiden können, Varric war eine große Ausnahme. Und da er befürchtete, ihm rutsche früher oder später noch ein unpassendes Wort raus, versuchte er besser auf Distanz zu bleiben. Das schien für alle gesünder zu sein. Die tiefen Wege wirkten auf den Magier noch verwinkelter als letzte Mal. Hin und wieder musterte er die Ruinen mit einem verwunderten Blick. Auch wenn er wusste, worauf sie in ein paar Tagen stoßen würden, wenn sie in diesem Tempo weiter vorangingen, gefielen ihm die Erdbeben überhaupt nicht. Es war ungewöhnlich, dass der Titan sich so unruhig verhielt. Solas dachte sich allerdings nichts weiter dabei und hoffte einfach nur, dass er sich irrte und diese Erdbeben harmloser waren, als sie sich anfühlten.
Alyah hielt bei einer der Ruinen inne und deutete den beiden Zwergen zu ihr zu kommen. Valta las die Inschriften die sie „Erinnerungen“ nannte laut vor und die gesamte Gruppe schien ziemlich verwirrt zu sein. Solas war der einzige, der verstand von wem dabei die Rede war und was ihnen bevorstand. Allerdings fügte er sich den irritierten Blicken der anderen um nicht aufzufallen. Alyah zitterte und seine Sorge um seine Partnerin wuchs. Ihm fiel selbst auf, dass er ungewöhnlich oft an die junge Elfin dachte. Sie hatte sich in sein Herz geschlichen ohne dass er es je hätte verhindern können. Solas hob einen Holzscheit auf und wirkte einen kleinen Zauber darauf. Er gab Alyah wortlos die Fackel mit dem ewig brennenden Feuer und beachtete ihren dankbaren Blick nicht. Sie hätten später sicher noch genug Zeit um miteinander zu reden.
Valta meinte, das Lied zu hören, den Rhythmus, wenn der Boden bebte und schien sehr sicher zu sein, was ihren Weg anging. Solas zweifelte zwar an dem Verstand der Zwergin, vertraute Alyah aber genug um ihr zu folgen. Die Elfin erklärte ihm, dass es gerade hier vermutlich klug wäre einer Zwergin zu vertrauen. Immerhin kannte sie sich hier unten überhaupt nicht aus und er bemerkte auch die wachsende Angst in ihren Augen. Sie befürchtete, hier unten verschüttert zu werden. So sehr er das auch wollte, er konnte sie in dieser Hinsicht nicht beruhigen. Solas wusste, egal was passieren würde, er würde es auf jeden Fall überleben. Aber was seine Begleiter betraf war er sich nicht ganz so sicher.
„Ich würde vorschlagen, wir rasten hier“, sagte die Inquisitorin plötzlich. Valta und Renn wandten sich an die junge Elfin und sahen sie verständnislos an.
„Jetzt schon?“, fragte Renn, der einen seltsam großen Ehrgeiz zu besitzen schien.
Solas wollte Alyah verteidigen, ihm sagen, dass sie sich diesen Gestank, die Kälte hier unten nicht gewohnt war und eben etwas Ruhe brauchte, aber da ergriff Varric schon das Wort.
„Schon? Ich glaube Ihr wisst nicht, wie lange wir schon unterwegs sind. Seid so gut und gönnt unserer Inquisitorin ein bisschen Ruhe“, meinte der Zwerg höflich und Solas verdrehte über die freundlichen Worte nur die Augen. Er hätte den Zwerg zu Recht gewiesen und zwar so wie es sich gehörte.
Mit einem Grummeln gab Renn nach und Valta schien damit auch nicht ganz zufrieden zu sein, aber sie sah ein, dass Alyah einfach die Kraft fehlte noch weiter zu gehen. Sie entzündeten ein kleines Feuer und ließen sich alle rund darum nieder. Cole starrte unentwegt in die kleine Flamme und versuchte die Ängste seiner Begleiter weitestgehend für sich zu behalten. Von Varric und Alyah wusste er, dass sie diese negativen Gefühle nicht zeigen wollten. Die Elfin hatte ihn schon bevor sie die tiefen Wege betreten hatten gebeten, das alles für sich zu behalten. Er sollte sich nicht um sie sorgen. Aber Cole mochte Alyah und ihr Gemütszustand lag ihm sehr am Herzen. Es fiel ihm unheimlich schwer, keine beruhigenden Worte zu formen. Aber wenigstens war da Solas, der über ihre Ängste ebenfalls Bescheid zu wissen schien.
„Ihr könnt etwas schlafen, ich werde mich noch ein wenig umsehen“, meinte Valta und stand auf. Varric schüttelte fassungslos den Kopf.
„Wie bitte? Ihr könnt doch nicht alleine...“, begann Alyah wurde aber von Renn unterbrochen.
„Macht Euch keine Sorgen Inquisitor, ich werde mit ihr gehen“, meinte der Zwerg und lächelte die Elfin kurz an, bevor er sich mit Valta von dem Lager entfernte.
Solas machte einen verächtlichen Laut und sah den beiden Zwergen mit einem genervten Blick nach. Diese ganze Unternehmung wäre ohne die beiden bei weitem angenehmer.
„Bevor Ihr Euch über die Zwerge auslasst, Grieskram, lasst mir bitte etwas Zeit einzuschlafen. Ich kenne Eure Ansichten und muss sie mir sicher kein zweites Mal anhören“, meinte Varric, grinste schief und legte sich dann etwas weiter von dem Feuer entfernt auf den harten Boden. Alyah zweifelte daran, dass sie in den nächsten Stunden auch nur eine Minuten Schlaf finden würde. Der Stein war extrem hart und sie vermisste ihre Decken auf den sie normalerweise schlief. Cole blieb noch eine Weile bei Solas und ihr sitzen, wippte hin und her und wurde erst nach einigen Minuten ruhig. Er warf dem Elfenmagier einen fragenden Blick zu und schließlich stand er auf und setzte sich etwas weiter an den Abgrund sodass er außer Hörweite für die beiden Elfen war.
„Was war das denn eben?“, fragte Alyah erstaunt.
Dann hatte sie es also bemerkt.
Solas lächelte. „Was meinst du, Vhenan?“, erwiderte er. Cole hatte schnell verstanden, dass Solas ein wenig Zeit mit Alyah brauchte und er hatte keine Fragen gestellt.
Die junge Elfin lachte nur leicht. „Du nutzt das vollkommen aus, was?“, entgegnete sie und rutschte ein kleines Stück näher zu ihm, um ihren Kopf auf seine Schulter zu legen.
„Ich verstehe nicht ganz, was du meinst, Liebes“, antwortete er und erwiderte ihre Geste. Sie legte vorsichtig, behutsam ihre Hand in seine, stellte nicht zum ersten Mal fest, wie wunderbar warm er sich anfühlte und schloss die Augen. Wenn sie schlafen könnte, dann nur bei ihm.
„Ich bitte dich. Dieses ganze mysteriöse Getue... du weißt wie neugierig mich das macht“, meinte sie leise. Alyah war müde, erschöpft von dem langen Weg den sie heute zurückgelegt hatten. Eigentlich wollte sie nur zu gerne schlafen, aber der Boden war ihr unheimlich. Fühlte sich seltsam lebendig und hart an.
Da hatte sie allerdings Recht. Er wusste es und er genoss es. Alyah wusste viel weniger von der Welt – Thedas - wie sie glaubte und in seinen Augen war ihre Unschuld, Naivität unbeschreiblich schön. Sie war die erste Person, für die er so eine Faszination und ja, tatsächlich auch Liebe empfand. Diese... menschlichen Gefühle bewiesen ihm nur noch mehr, dass er nicht so mächtig war, wie viele Legenden behaupteten. Selbst wenn er es irgendwann schaffen sollte, sich von ihr zu trennen, er würde sie vermutlich weiterhin beobachteten, einfach auch um sicher zu gehen, dass sie nicht in Gefahr war. Alyah war ihm wichtiger als sein eigenes Leben und das bedeutete bei einem Gott schon sehr viel.
„In der Tat. Und ich muss zugeben, dass es mir gefällt, dich neugierig zu machen“, raunte er leise. Alyah lachte wieder leicht. Das liebte er auch an ihr. Ihr Lachen. Es klang hell, ehrlich, nicht halb so heuchlerisch wie das, der vielen anderen Leute in Thedas.
„Würdest du mir einen Gefallen tun?“, fragte sie, während sie liebevoll mit ihren Fingern über seinen Handrücken strich.
„Jeden“, erwiderte er und stellte erschrocken fest, dass das nicht einmal gelogen war. Alyah könnte ihn um alles bitte und er würde es ohne Widerworte tun. Sie hatte eine Macht über ihn, der sie sich nicht einmal bewusst war.
„Können wir... heute Nacht zusammen schlafen? Ich glaube nicht, dass ich auf diesem Boden auch nur eine Minute Ruhe finde“, meinte sie zweifelnd.
Solas grinste, dachte daran, wie verwegen er ihre Worte interpretieren konnte, wusste aber, dass das hier nun unangebracht war.
„Natürlich“, antwortete er ehrlich und küsste sie auf die Stirn. „Komm zu mir, Liebes“, flüsterte er sanft. Alyah küsste ihn und Solas hob sie behutsam auf seinen Schoß. Bisher hatten sie nicht oft die Gelegenheit gehabt, solche innigen Momente zu genießen. Meistens hatten sie mindestens einen Begleiter dabei gehabt, der sie dabei gestört hätte oder sie schon von Anfang davon abhielt, sich überhaupt näher zu kommen. Umso mehr genoß er es nun, sie in seinen Armen zu halten. Alyah kuschelte sich nahe an ihn, horchte seinem Herz, das so kräftig in seiner Brust schlug und schlief tatsächlich langsam aber sicher ein.
Nachdem Alyahs Angst gesunken war und Solas spürte, wie sicher sie sich bei ihm fühlte, legte er sich, sie nahe bei sich haltend, neben das inzwischen erloschene Lagerfeuer und schloss ebenfalls die Augen.

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Vielen Dank für's Lesen!