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  1. #51

    Standard

    Vielen Dank euch beiden!! <3

    Und da kommt auch schon das nächste

    Kapitel 30: Versprechen

    Jane wusste gar nicht wie lange sie dort gestanden hatten, aber es musste lange gewesen sein. Als sie Garrus an der Hand nach draußen führte, war niemand mehr auf der Normandy zu sehen. Sie hatten auch kaum ein Wort gesprochen, gewusst, dass jeder Satz unnötig war.
    Kaidan hatte Liara fest in die Arme genommen. Sie weinte und schien unheimlich erleichtert zu sein.
    ¨Liara!¨
    Shepard lächelte und war einfach nur unbeschreiblich froh, dass es ihren restlichen Crewmitgliedern gut ging. Die Augen der Asari weiteten sich, als sie Janes Stimme vernahm.
    ¨Shepard!¨, rief sie erstaunt, löste sich aus Kaidans Umarmung und suchte mit den Händen voran nach ihrem Commander.
    ¨Hier, ich bin hier.¨, meinte Jane schnell, sie ließ Garrus` Hand nur ungern los, nahm aber schließlich Liaras Hände und drückte sie leicht. Sie wusste wie blinde Menschen aussahen, aber eine blinde Asari hatte sie noch nie gesehen. Ihre Augen waren seltsam blass, bläulich. Ein ungewöhnlicher Anblick der in Jane sofort Mitleid auslöste. Wie war das passiert und wie lange war sie schon so eingeschränkt? Jane spürte wie sich ihr Herz zusammen zog. So viel Zeit war für ihre Freunde vergangen von der sie nichts wusste. Sie hatte keine Ahnung was sie die letzten Jahre alles durchmachen mussten. Jane hoffte, Liaras Zustand war erst von kurzer Dauer.
    ¨Shepard...¨, murmelte Liara fassungslos und zog die verdutzte Menschenfrau schließlich in ihre Arme. ¨Ich habe dich so vermisst.¨, meinte sie leise. Jane merkte, wie fest ihre Freundin sie hielt und erwiderte den Druck.
    ¨Ich dich auch, Liara.¨, erwiderte Jane ebenso leise und hielt ihre Freundin einfach nur fest. Sie hatte die Nachrichten von Liara mehrmals angehört und gewusst, wie frustrierend die Situation auch für sie gewesen sein musste. Und trotz Allem hatte die Asari nie aufgegeben. Selbst nach fünf Jahren hatte sie noch Notsignale geschickt, erzählt, wie sehr sie sich alle bemühten die Normandy zu reparieren und letzten Endes einfach nur sich hier einzuleben.
    ¨Ich wusste, du würdest kommen.¨, meinte Liara leise, löste sich etwas von Jane und lächelte sie vielsagend an. Auch wenn ihre Augen mehr tot als lebendig schienen, spiegelte sich darin eine unermessliche Dankbarkeit wieder. Jane schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter und drückte Liara noch einmal fest an sich.
    ¨Ich würde euch doch nie aufgeben...¨, murmelte sie und biss sich konzentriert auf die Lippe. Jetzt bloß nicht wieder anfangen zu weinen!
    ¨Das weiß ich, Shepard.¨, entgegnete Liara. Sie hatte gewusst, dass es richtig war auf ihren Commander zu vertrauen. Sie hatte es den anderen Crewmitgliedern zwar nicht übel nehmen können, dass sie irgendwann aufgegeben hatten zu hoffen, aber Liara kannte Jane und wusste, dass sie alles dafür tun würde ihre Freunde zu retten. Das hatte sie schon immer getan.
    Es vergingen einige Sekunden in den die beiden Frauen einfach nur da standen und einander festhielten.
    ¨Danke. Dass du nicht aufgegeben hast. Ohne dich wären wir nie so schnell hier hergekommen...¨, meinte Jane wieder leise und wollte die Asari gar nicht mehr los lassen.
    ¨Schnell? Ich will jetzt ja wirklich nicht undankbar klingen, Shepard, aber schnell ist bei mir was anderes.¨, kommentierte Joker mit einem leichten Anflug von Sarkasmus.
    Jane löste sich von Liara und warf ihrem Piloten einen ungewollt gerührten Blick zu.
    ¨Jeff...¨
    ¨Oh nein, jetzt fangen Sie bloß nicht an zu heulen, Shepard! Damit komme ich nicht klar!¨, meinte Joker schnell und hob beschwichtigend die Hände. Jane ignorierte seinen Versuch sie auf Abstand zu halten und nahm ihren Piloten einfach in die Arme.
    ¨Danke.¨, flüsterte sie leise.¨ Dass Sie auf mich gehört haben. Ohne Sie wäre ein Großteil meiner Freunde jetzt wahrscheinlich nicht mehr am Leben...¨
    Jeff lachte leicht und nachdem Garrus ihn mit einem mehr als deutlichen Blick maß, erwiderte er Shepards Umarmung. ¨Ja, ja, nichts zu danken, Commander. Dafür bin ich doch da. Ich rette Leben. Allen Voran, Ihres und das Ihrer Freunde beziehungsweise Liebhaber.¨, er grinste den Turianer einmal schelmisch an und registrierte Janes herzliches Lachen.
    ¨Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich Sie vermisst habe. Vor Allem Ihren trockenen Humor.¨, Jane löste sich wieder von Jeff und konnte ein ebenso breites Grinsen gar nicht verstecken.
    ¨Haben Sie das gehört, Garrus? Sie hat mich vermisst!¨, Jeff warf Janes Partner ein überheblichen Blick zu.
    ¨Kommen Sie, ich schätze Sie haben alle eine Pause verdient.¨, meinte Jane und führte ihre Freunde zurück zu Hacketts Schiff. Wenigstens ein kleiner Lichtblick.

    ¨Jeff? Kann ich mal mit Ihnen reden?¨, fragte Shepard als sie die kleine Kabine ihres Piloten betrat und irritiert eine Augenbraue hochzog, als sie ihn musterte, wie er auf dem Boden über irgendeine Kiste kauerte und darin herumwühlte.
    ¨Commander! Oh ich äh hatte Sie gar nicht gehört.¨, meinte Jeff schnell, klang leicht nervös und schloss die Kiste mit einer schnellen Bewegung.
    ¨Nur keine Eile, ich wollte nur fragen ob sie ein wenig Zeit zum Reden haben.¨, erwiderte Jane, lehnte sich an die Wand und beobachtete Jeff, wie er sie ertappt anstarrte.
    ¨Klar. Wieso nicht?¨, stimmte er schnell zu und humpelte zum Ausgang des Zimmers. Jane folgte ihm, bemerkte seinen genervten Blick, als er wahrnahm wie die anderen Crewmitgliedern ihn ansahen. Mitleid. Er hatte in den letzten fünf Jahren wirklich viel vermisst, aber das beim besten Willen nicht. Er kam mit seiner Krankheit sehr gut zu Recht, er brauchte dieses beschissene Mitleid nicht! Er führte seinen Commander in die Kantine und setzte sich an einen freien Tisch. Wenn er den Raum etwas genauer betrachtete, war er doch mindestens vier Mal so groß wie auf der Normandy. Beeindruckend. Ihm waren ja kleine Schiffe immer lieber gewesen, aber auf so einem großen Schiff zu dienen hatte sicher auch seine Vorteile. Allein schon weil Jeff hier sein eigenes Quartier bekommen hatte, inklusive eigenen Waschraum. Außerdem machte ihn allein der Gedanke an das riesige Cockpit ganz nervös, was für ein tolles Gefühl das sein musste so ein gigantisches Schiff zu fliegen! Und natürlich nicht zu vergessen, der richtige Koch. Nichts gegen Gardener, aber das Essen hier war um einiges besser als seine Kochkünste auf der Normandy.
    ¨Also Commander, womit kann ich dienen?¨, fragte er und grinste sie über den Tisch hinweg an.
    ¨Ich wollte mich einfach noch mal bei Ihnen bedanken. Ich weiß, es muss Ihnen schwer gefallen sein, die Erde zu verlassen. Aber sie haben mir damit einen großen Gefallen getan. Wer weiß was passiert wäre, wenn dieses rote Licht Sie getroffen hätte...¨, erklärte Jane. Sie wollte sich gar nicht ausmalen wie furchtbar es gewesen wäre, wenn ihre Freunde nun tot wären.
    ¨Moment, Sie wissen aber schon, dass es uns getroffen hat. Oder?¨, erwiderte Jeff und zog erstaunt eine Augenbraue hoch, als ein junger Mann die beiden nach ihren Bestellungen fragte. Moment, sie hatten hier doch nicht etwa wirklich Kellner auf dem Schiff, oder etwa doch?
    ¨Hat es?¨, Jane erwiderte seinen irritierten Blick und bestellte nur ein Bier. ¨Vermutlich Hacketts Idee.¨, fügte sie noch leise hinzu.
    ¨Ja. Dadurch sind EDI und Legion irgendwie.. Abgeschaltet worden. Wir konnten sie nicht reparieren.¨, meinte er und klang dabei seltsam abwesend.
    "Ich habe Hackett bereits darum gebeten die Normandy wieder in Gang zu setzen. Er hat ein Team zusammengestellt, das sich dieser Aufgabe bereits annimmt. Wenn wir Glück haben ist die Normandy bis in einer Woche wieder flugbereit.¨, Jane lächelte leicht.
    Inzwischen hatte sie oft das Gefühl, dass alles langsam aber sicher wieder gut wurde. Es war schön zu wissen, dass alle schwierigen Situationen irgendwann ein Ende nahmen.
    ¨Was ist schon eine Woche, Commander, ich habe fünf Jahre auf diesem Planeten gewartet.¨, erwiderte Jeff mit einem schiefen Grinsen.
    ¨Das... Hätte alles ein bisschen anders laufen sollen. Sie wissen, dass auf der Erde nicht halb so viel Zeit vergangen ist?¨, erklärte Jane leise und nahm noch einen Schluck von ihrem Bier. Jeffs Augenbrauen schossen in die Höhe.
    ¨Wie bitte?!¨, fragte er entsetzt.
    Jane seufzte. Langsam hatte sie es satt immer diese Art von Reaktion zu bekommen. Garrus war schließlich auch nicht gerade begeistert gewesen und von Cortez hatte sie erfahren, dass Tali auch ziemlich geschockt reagiert hatte.
    ¨Es waren nur dreizehn Monate.¨, erwiderte sie leise und musterte den Rest der Anwesenden in der Kantine. Ihr war nicht entgangen wie neugierig und teilweise fasziniert die Crew sie und Jeff ansahen. Immerhin war vermutlich bis vor ein paar wenigen Tagen noch gar nicht bekannt gewesen, dass Shepard am Leben war.
    Jeff schien es doch tatsächlich die Sprache verschlagen zu haben, denn er starrte Jane nur aus ungläubigen Augen an.
    ¨Das... Das wusste ich nicht.¨, meinte er leise und sein Blick hatte wieder etwas seltsam Abwesendes.
    ¨Jeff, ich bringe Ihnen EDI zurück, das verspreche ich.¨
    Der Pilot nickte nur stumm. Einige Minuten lang herrschte Schweigen in den Jane weiterhin die anderen Anwesenden beobachtete und den Gesprächen einiger anderer lauschte.
    ¨Shepard. Joker.¨
    Jane sah überrascht auf, als Wrex` laute Stimme durch die Kantine hallte. Sie winkte ihn lächelnd zu sich und er setzte sich neben sie an den Tisch. ¨Und so sieht man sich wieder. Sie haben die letzten fünf Jahre ja gut überlebt wie´s scheint. Sind robuster als ich dachte.¨, meinte der Kroganer an Jeff gewandt. Der Pilot hob einmal sein Glas und schüttelte nur grinsend den Kopf.
    ¨So schnell werden Sie mich nicht los, Wrex.¨, erwiderte er und erntete ein herzliches Lachen von Wrex.
    ¨Wenn ich Sie loshaben wollte hätte ich sie schon längst auf der SR1 zur Strecke gebracht.¨, entgegnete er wieder und grinste mindestens genauso breit.
    Das war etwas, das Jane vermisst hatte. Ihre erste eigene Crew wieder vereint. Jeff war neben ihr der einzige auf der SR1 gewesen, der sich so gut mit den Aliens verstanden hatte. Der Rest der Crew war immer ziemlich voreingenommen gewesen und hatte einen gesunden Abstand zu den anderen gehalten. Aber Jeff... Jane lächelte bei dem Gedanken und hoffte, dass das auch zukünftig so bleiben würde. Sie mochte die lockere Art des Piloten mit den anderen umzugehen. Sein Humor hatte immer etwas Beruhigendes gehabt.
    ¨Ich weiß, wir sind noch gar nicht lange hier, aber... Ich wollte fragen ob du einen Moment Zeit hast, Jane.¨, Wrex klang mit einem Mal ein ganzes Stück ernster. Sie erwiderte seinen Blick mit einem fragenden Ausdruck.
    ¨Ich muss noch einige Dinge erledigen. Ich würde dann einfach später zu dir kommen, wenn das in Ordnung ist.¨, schlug sie vor und der Kroganer nickte zögernd.
    ¨Shepard!¨
    Jane sah wieder auf, bemerkte Tali die sie zur Begrüßung einmal etwas umständlich um den Stuhl herum umarmte und sich dann nahe neben sie ebenfalls an den Tisch setzte.
    ¨Ich wollte noch mit dir reden. Du warst gestern ja irgendwie etwas... Beschäftigt. Hast du Zeit?¨, fragte die Quarianerin neugierig und Jane wusste kaum was sie sagen sollte.
    ¨Tali ich ähm...¨, erwiderte sie perplex. "Wrex wir sehen uns später. Tali komm in einer halben Stunde zu mir. Ich muss noch mal zu Mordin. ", meinte sie schließlich schnell, stand auf, verließ die Kantine und ließ einen verdutzten Wrex und eine erstaunte Tali zurück.

    "Garrus?"
    Der Turianer fuhr erschrocken herum und stand zum ersten Mal Janes Mutter gegenüber. Eigentlich hatte er sich mit Absicht in diesen düsteren, engen Teil des Schiffes verkrochen, um in Ruhe über die letzten Geschehnisse nachdenken zu können und trotzdem eine gute Ausrede - die Techniker brauchten seine Hilfe - parat zu haben. Und wenn er ganz ehrlich war, kam er auch noch nicht so ganz mit seiner Beziehung zu Jane klar. Selbstverständlich war er überglücklich wieder mit ihr zusammen zu sein, aber andererseits überforderte sie ihn ein wenig mit ihrer ungezügelten Leidenschaft und Hingabe. Er brauchte erst einmal ein bisschen Zeit um zu verstehen, dass er fünf Jahre weiter war als sie. Es war einerseits wirklich bewundernswert, dass Jane sich ihm gegenüber noch genauso verhielt wie zu dem Zeitpunkt als sie sich das letzte Mal gesehen hatten aber andererseits irgendwie auch ein wenig einschüchternd. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte und das verunsicherte ihn ungemein. Außerdem hatte er das Gefühl irgendwie etwas... Aus der Übung zu sein.
    "Captain.", erwiderte er und mit einem Mal wurde ihm bewusst in was für eine Familie seine Jane da reingeboren wurde. Mutter Captain und ihr Vater war, wenn er sich richtig erinnerte, sogar General gewesen. Außerdem erinnerte er sich wieder daran, dass Hannah nun so etwas wie seine Schwiegermutter war, auch wenn er noch nicht offiziell mit Jane verheiratet war.
    "Ich bitte dich, nenn mich Hannah.", meinte Shepards Mutter schnell und stellte sich neben ihn vor die Konsole. "Was machst du hier unten?", fragte sie und sah ihn neugierig an. Sie wollte nachvollziehen was ihrer Tochter an ihm so gut gefiel.
    "Ich... Die Techniker haben etwas Hilfe gebraucht.", erklärte er schnell und erwiderte ihren Blick. Jane sah ihrer Mutter wirklich ähnlich, das gleiche rote Haar, dieselben grünen Augen. Kurz fragte er sich, was seine Partnerin wohl von ihrem Vater hatte.
    "Und da hast du dich natürlich sofort zur Verfügung gestellt.", sie lächelte ehrlich.
    "Ich tue was ich kann.", entgegnete er höflich. "Kann ich denn... Für dich irgendetwas tun?", fragte er und fühlte sich komisch dabei, sie so persönlich anzusprechen.
    "Nein, nein... Hackett hat mir verboten irgendetwas zu tun, ich solle meine Zeit mit meiner Familie verbringen. Daher dachte ich... Gehörst du ja auch bald dazu.", sie grinste leicht und bemerkte seinen verdutzten Blick.
    Dann hatte Jane ihr also gesagt, dass sie verlobt waren? Ein interessanter Gedanke. Und schön, wenn man bedachte wie gelassen Hannah darauf reagierte.
    "Um ehrlich zu sein macht mich das ein bisschen nervös...", gestand er und brach den Blickkontakt abrupt ab.
    Hannah lachte leicht. Es klang warm und unverhofft ehrlich.
    "Du meinst, dass du dann zur Familie Shepard gehörst? Es ist nicht so schlimm wie es sich anhört.", sie grinste und selbst dabei erinnerte sie ihn an seine Verlobte.
    "Ich dachte viel mehr daran, dass die anderen Jane gar keine Ruhe mehr lassen werden. Dabei glaube ich, dass das momentan alles ist was sie braucht. Wir werden also insofern kaum füreinander Zeit haben.", erwiderte er.
    ¨Wie meinst du das?¨, fragte Hannah nachdenklich.
    ¨Jane hat viele Versprechen gemacht, bevor sie die Galaxie vereint hat. Es war notwendig und ich schätze, dass sie in vielerlei Hinsicht auch gar nicht daran gedacht hatte, was diese Versprechen für Konsequenzen haben könnten, sollten wir alle den Krieg überleben... Es ist nur verständlich dass viele sie jetzt daran erinnern und dazu drängen wollen ihre Versprechen einzuhalten.¨, erklärte er und Hannah musterte ihn dabei nur erstaunt. Sie hatte von diesen Versprechen gar nicht viel mitbekommen. Eigentlich hatte sie geglaubt, Jane hatte die Galaxie auf andere Art und Weise vereint, ihre Unterstützung nicht durch unerfüllbare Versprechen gekauft. Das klang nicht nach ihrer Jane. Vielleicht sollte sie ihre Tochter noch mal darauf ansprechen.
    Sie schwiegen einen Moment lang, bis Hannah einen genüsslichen Laut von sich gab.
    "Sie hat Recht. Deine Stimme ist umwerfend.", meinte sie schließlich um die gedrückte Stimmung etwas aufzulockern.
    Garrus sah Hannah einige Sekunden lang sprachlos an.
    "Weißt du, das intercom überträgt ja nicht immer alles perfekt, daher...", sie lachte wieder als der verwirrte, verlegene Ausdruck gar nicht aus seinem Gesicht wich.
    "Freut mich, dass ich wenigstens damit Eindruck schinden kann.", erwiderte er. Es war erstaunlich, dass Jane ihrer Mutter solche Dinge erzählte, hatte sie beim letzten Kontakt noch ziemlich distanziert gewirkt. Es machte ihn aber auch zunehmend neugierig, was sie sonst noch über ihn gesagt hatte. "Ich hoffe nur, dass sie nicht allzu peinliche Dinge erzählt hat.", ergänzte er leise.
    "Hm nein. Aber sie hat mir erzählt, dass ihr Tango getanzt habt und dabei ganz verträumt geguckt. Ich kann mir das um ehrlich zu sein gar nicht vorstellen. Ich liebe Jane, aber bei allem was Recht ist, sie kann nicht tanzen.", Hannah lachte wieder und dieses Mal musste auch der Turianer schmunzeln. Allerdings erkannte Hannah das nicht.
    "Ja das... War wirklich sehr beeindruckend. Ich war selbst sehr überrascht, dass sie das so gut hinbekommen hat.", erklärte er. Die Erinnerung an ihren aufgeregten, intensiven Blick nach diesem Tanz war so klar, als wären sie erst gestern in dem Casino gewesen. In diesem Moment hatte er sie einfach nur halten wollen, seine Jane.
    ¨Ich bin wirklich beeindruckt. Du tust ihr gut.¨, erwiderte Hannah und lächelte wieder. ¨Weißt du, ich habe mir so jemanden immer für meine Tochter gewünscht. Und eigentlich... Hatte ich schon aufgegeben daran zu glauben, dass sie jemanden findet, immerhin schien sie auch nie wirklich interessiert daran zu sein. Sie wolle der Galaxie dienen, für Frieden sorgen und so weiter...¨, sie grinste leicht. ¨Aber sie hat sich unheimlich verändert, seit sie ihren Dienst auf der Normandy begonnen hat. Ich bin... Ziemlich glücklich über ihre Entwicklung. Jane hat sich zwar nicht öfter bei mir gemeldet, aber wenn sie es getan hat, hat sie von ihren Freunden erzählt und allein das hat mich beruhigt. Sie war früher immer so... Ich weiß nicht, ernst. Da hat sich nie jemand an sie ran getraut. Außer Kaidan. Aber ihn hat sie ja eiskalt abblitzen lassen.¨, Hannah lachte wieder.
    Garrus schwieg einen Moment lang, dachte daran, wie oft er mit Kaidan in den letzten Jahren über Jane gesprochen hatte. Er hatte den Major anfangs wirklich nicht gemocht, aber auf Namakli hatten sie sich doch irgendwie angefreundet. Außerdem hatte Garrus versucht ihn im Bezug auf Liara zu unterstützen. Sie hatte zwar immer gesagt, sie sollten sich keine Sorgen um sie machen, aber alle wussten nur zu gut, wie schwer es für sie war seit sie diesen Unfall hatte.
    ¨Es ist schön, dass er jetzt jemand anderen gefunden hat.¨, meinte der Turianer leise und versuchte ein wenig von Jane abzulenken. Schließlich fiel es ihm immer noch schwer das Ganze zu verstehen.
    ¨Ah, Liara, richtig? Ja, das freut mich auch für ihn.¨
    Die beiden schwiegen wieder und Garrus hatte das unangenehme Gefühl irgendetwas sagen zu müssen.
    ¨Ich wundere mich allerdings, dass du hier bist. Solltest du nicht bei Jane sein?¨
    Und da war er. Der grässliche Moment in dem er überhaupt nicht wusste was er sagen sollte. Er verstand worauf sie hinaus wollte, ihr wissendes Grinsen und der schelmische Ausdruck in ihren Augen sagte genug, aber er hatte einfach keine Ahnung wie er damit umgehen sollte. Vielleicht hatte sie auch Recht und er sollte wirklich einfach zu ihr gehen. Aber so leicht wie sich das anhörte war es nicht.
    ¨Sie hat gesagt, dass sie noch einiges zu erledigen hat.¨, erwiderte er leise und hoffte, sie würde nicht hören, wie nervös ihn ihr Nachfragen machte.
    Hannah sah ihn tatsächlich einfach nur erstaunt an. Gut, dass sie ganz offensichtlich noch nicht viel mit Turianern zu tun gehabt hatte, sonst hätte sie sofort rausgehört, dass irgendetwas nicht stimmte. Und er hatte wirklich keine Lust mit ihr darüber zu reden. Wenn dann höchstens noch mit Tali. Aber Tali war ein Plappermaul. Sie würde es, vermutlich nicht mit Absicht, irgendwie Jane stecken und dann würde sie ihn persönlich fragen, was los war und er hätte nicht einmal eine Antwort parat. Also blieb es dabei, dass er sich hier unten verkriechen würde und einfach still schweigend darüber nachdenken würde, was ihn von Jane momentan so fern hielt.
    ¨Achso... Komisch. Ich dachte sie wäre... Sie wirkte so aufgekratzt. Hm, gut. Ich muss auch wieder zu Hackett, wir wollten zusammen Mittagessen. Möchtest du nicht mitkommen? Jane ist bestimmt auch da.¨, sie grinste wieder und Garrus hätte sich am Liebsten im Boden verkrochen.
    ¨Ich komme später nach.¨, meinte er so ruhig wie möglich und Hannah nickte nur verständnisvoll.
    ¨Kalibrierungen, hm? Ich frage mich was daran wohl so toll ist.¨
    Warum sprach Jane eigentlich mit jedem darüber?
    ¨Vermutlich ein turianisches Ding.¨, erwiderte er im selben forschenden Ton.
    Hannah lachte, legte ihm noch einmal eine Hand auf den Arm und verließ schließlich den Raum.
    Garrus seufzte und lehnte sich an die Wand neben der Konsole. Was war nur los mit ihm?

    Mordin sang ein Lied nach dem anderen, während er Shepards Tests auswertete und ihr Blut untersuchte. Sie saß auf einem der vielen Krankenbetten und hing ihren Gedanken nach. Eigentlich musste sie gar nicht lange überlegen, sie wusste was Wrex von ihr wollte. Und im Bezug auf Tali konnte sie sich auch schon denken, worum sie Jane bitten würde. Sie seufzte und legte eine Liste auf ihrem Universalgerät an. Wie einfach das nun alles ging...

    - Normandy reparieren
    - EDI einschalten
    - Legion retten
    - Genophage heilen

    Vier wesentliche Punkte die sie auf jeden Fall erfüllen musste. Das würde mit Sicherheit kein Kinderspiel werden. Sie beobachtete den Professor einen Moment lang. ¨Mordin, haben Sie eigentlich noch die Daten für das Heilmittel wegen der Genophage?¨, fragte sie und der Salarianer verstummte abrupt. Jane musterte ihn noch einige Sekunden länger und zog fragend eine Augenbraue hoch. Dass er ihr nicht antwortete, gefiel ihr überhaupt nicht. ¨Mordin?¨, hakte sie noch mal nach.
    ¨Zustand der Daten... Problematisch.¨, antwortete er und werkelte weiter auf der Arbeitsfläche. Hin und wieder übertrug er irgendwelche Daten auf sein Universalgerät und kam mit verschiedenen Geräten zu Jane um ihren Körper zu scannen. Unfassbar auf wie viele Arten man ihren Körper inzwischen untersuchen konnte. Er hatte einige Splitter in ihrem Körper entdeckt, die vermutlich noch vom Krieg gegen die Reaper stammten. Jane hatte schon einen Termin mit Dr.Chakwas ausgemacht, wann sie ihr diese Splitter entfernen würde. Karin hatte gesagt, es würde keine sehr angenehme Prozedur werden, aber es war notwendig.
    ¨Wieso problematisch?¨, fragte Jane ein wenig abwesend und checkte ihre Nachrichten auf ihrem eigenen Universalgerät. Seltsam, Garrus hatte gesagt, er würde sich melden, sobald er zu Mittag essen würde. Ihre Mutter hatte ihr geschrieben ob sie nicht mit ihr und Hackett essen wollte, aber Jane hatte nur geantwortet, dass sie warten wollte, bis ihr Partner auch zu ihnen stoßen würde. Es war ungewöhnlich, dass er sich so lange nicht meldete. Ob alles in Ordnung war...?
    ¨Aufenthaltsort der Daten unbekannt.¨, erwiderte Mordin und musterte Jane mit einem skeptischen Blick. Der Commander schien ihm aber nicht richtig zuzuhören, oder zumindest, schien seine Antwort sie nicht sehr zu interessieren.
    ¨Aha.¨, entgegnete sie nur und bestätigte dem Salarianer, dass sie mit ihren Gedanken ganz offensichtlich wo ganz anders war.
    ¨Shepard.¨, sagte Mordin um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen aber Jane starrte weiterhin auf ihr Universalgerät. Der Professor entschied, dass er wohl später mit ihr darüber reden müsste, jetzt war sie wohl nicht in der Lage ihm aufmerksam zuhören zu können. Er machte sich also wieder daran ein paar weitere Tests durchlaufen zu lassen.
    ¨Mordin, war Garrus bei Ihnen?¨, fragte sie schließlich monoton.
    Der Salarianer schwieg einen Moment. ¨Kurz, ja. War in Sorge um Ihre Gesundheit. Konnte ihn beruhigen.¨, erklärte er ohne sie anzusehen.
    Jane schwieg wieder. Wie hing das alles zusammen? Machte sie sich einfach nur selbst verrückt und alles war in Ordnung, oder hielt sich Garrus tatsächlich ein wenig fern von ihr? Sie hatten gestern geredet und irgendwann nur noch gekuschelt bis Jane eingeschlafen war. Am nächsten Morgen war Garrus dann schon weg gewesen, hatte ihr allerdings eine Notiz hinterlassen, dass er den Technikern helfen würde. Jane hatte sich nichts weiter dabei gedacht, aber irgendwie kam es ihr nun seltsam vor, dass er sich seitdem gar nicht mehr gemeldet hatte. Sehnte er sich denn nicht nach ihr? Wollte er sie nicht sehen?
    Sie schüttelte den Kopf und zog nachdenklich die Stirn kraus. Hatte sie etwas falsch gemacht? Oder übertrieb sie einfach nur? War das ein turianisches Ding? Abstand von der Partnerin halten? Sie wusste es nicht und allein das verunsicherte sie ungemein. Sie musste dringend mit Garrus sprechen. Aber zuerst stand Tali auf ihrem Terminplan. Schließlich hatte sie ihrer Freundin gesagt, sie würde in einer halben Stunde mit ihr sprechen. Jane seufzte. Irgendwie war es auf der Krankenstation angenehm ruhig. Niemand kontaktierte sie, niemand wollte mit ihr sprechen, sie hatte einfach ihre Ruhe. Für einen kurzen Moment dachte sie daran, dass sie die Krankenstation vermutlich noch öfter besuchen würde. Einfach aus dem Grund, weil sie hier niemand ansprach. Jane hatte ja gedacht, jetzt, wo die größte Bedrohung der Galaxie besiegt war, würde endlich alles wieder gut werden, aber da schien sie vollkommen falsch zu liegen...

    Zaeed gab einen genervten Ton von sich, der sofort James‘ Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Der Söldner faltete den Koch zusammen, als hätte er das Kommando auf dem Schiff und wäre dazu befugt. Der Koch schien immer mehr in sich zusammenzusinken und nur noch leise Entschuldigungen zu murmeln, bis Zaeed eine wegwerfende Handbewegung machte, sich entfernte und schließlich neben James an einen der vielen Tische setzte.
    ¨Scheißhaus. Wie kann es sein, dass es hier kein Speck gibt? Nicht mal einen Streifen!¨, fluchte er und warf dem jungen Koch noch einen letzten wütenden Blick zu.
    James lachte leicht, aber es klang genauso halbherzig wie er es meinte. Im Moment war ihm alles andere als zu Lachen zu Mute.
    ¨Hey, was ist mit Ihnen los? Sie gucken drein als hätte ein Varren ihre Eier abgebissen.¨, stellte Zaeed fest. Eigentlich war er nicht der Typ Kummerkasten, der sich sonderlich um die Probleme der anderen Crewmitglieder scherte, aber irgendwie schien Shepard zumindest in dieser Hinsicht ein bisschen abzufärben. Außerhalb davon hatte er den Lieutenant auf Shepards Party kennen gelernt und eigentlich konnte er ihn ganz gut leiden. Er schien in Ordnung zu sein.
    James schüttelte leicht den Kopf. ¨Nicht so wichtig...¨, wimmelte er ab und ließ seinen Blick durch die Kantine schweifen. Auf Hacketts Schiff dienten ungewöhnlich viele Frauen. Zugegeben, der Großteil waren nach wie vor Männer, aber dafür, dass es ein Schiff der Allianz war, waren es trotzdem viele Frauen.
    ¨Ach kommen Sie schon, Bursche, ich seh Ihnen doch an, dass Ihnen irgendwas auf den Sack geht.¨, erwiderte Zaeed und versuchte herauszufinden, wo genau der Lieutenant so angestrengt hinsah. Und da sah er sie. Shepard. Der Söldner warf James einen kurzen ungläubigen Blick zu. Das konnte nicht sein Ernst sein.
    Der Commander hatte sich eben zu ihrer Mutter und Hackett an einen Tisch gesetzte, der ziemlich weit weg von ihrem war und Zaeed hatte sich ernsthaft anstrengen müssen um herauszufinden, wen James mit diesem angefressenen Blick musterte. Jane schien allerdings nichts von diesen Blicken zu merken, oder sie war es sich schon so gewohnt, dass sie es einfach gekonnt ignorierte.
    ¨Sie nehmen mich auf den Arm.¨, meinte Zaeed fassungslos.
    ¨Womit?¨, entgegnete James teilnahmslos und blieb mit seinem Blick an Janes rotem Haar hängen.
    ¨Shepard. Sie ist nichts für Sie, Amigo, ich schätze, sie steht auf was anderes.¨, meinte er und schüttelte den Kopf. Er nahm einen Schluck von seinem Bier und dachte an den Turianer. Damals auf der Party hatte er sich mit ihm auch ziemlich gut verstanden. Er hatte Grips, gute Ideen, wie man Janes Apartment ein ganzes Stück sicherer hätte machen können und auch so gefiel ihm seine Begeisterung für Waffen. Er passte gut zu Shepard.
    ¨Ich weiß nicht was Sie meinen.¨, erwiderte James und wandte den Blick endlich von ihr ab. Selbstverständlich wusste er was Zaeed meinte und es ging ihm unheimlich auf die Nerven, dass es anscheinend so offensichtlich war. Aber er konnte sein schlechtes Gewissen auch nicht einfach abstellen. Außerdem zog sich immer alles in ihm zusammen, wenn er Jane mit Garrus sah und das war schmerzhafter als jede Verletzung die er sich bisher zugezogen hatte. James überlegte ernsthaft, ob es nicht einfach besser war auf Hacketts Schiff zu bleiben. Er hatte davon gehört, dass Jane die Normandy reparieren wollte. Er konnte sich einfach nicht vorstellen weitere Wochen, Monate damit auszuhalten zu sehen, wie glücklich sie mit ihrem turianischen Partner war. Kaum war Garrus wieder bei ihr, war er komplett vergessen. Dabei hatte er sich das ganze letzte Jahr so bemüht ihr beizustehen, sie zu unterstützen, ihr zu helfen... Er starrte grimmig auf die Bierflasche die vor ihm stand. Es war ungerecht, aber verständlich und das ärgerte ihn unheimlich. Er hätte Jane nie so anmachen dürfen...
    ¨Ich bitte Sie, Sie starren den Commander an, als wollten Sie ihr mit Ihrem bloßen Blick die Klamotten vom Leib reißen. Ich kenne solche Blicke.¨, Zaeed grinste. ¨Nichts für ungut, aber das mit Shepard können Sie vergessen.¨, erklärte er und warf nun auch wieder einen Blick zu Jane. Sie lachte, schien zwar nach außen hin ziemlich amüsiert zu sein, aber wenn man Shepard kannte, sah man, dass einiges von ihrer guten Laune nur gespielt war. Irgendetwas schien auch sie zu beschäftigen.
    ¨Das weiß ich...¨, erwiderte James seufzend. Und wie er das wusste! Jane hatte ihm nur zu deutlich gemacht, dass all seine Bemühungen um sonst waren.
    ¨Vielleicht sollten Sie sich einfach eine andere Frau suchen. Hier gibt´s genügend.¨, schlug Zaeed vor und trank den Rest seines Biers.
    ¨...wird nichts, ich kann nicht...¨, James seufzte wieder resigniert und vergrub das Gesicht in seinen Händen. ¨Es ist so frustrierend.¨
    ¨Das hätten Ihnen aber von Vornherein klar sein müssen. Sie waren zwar nicht von Anfang an dabei, aber so wie Shepard auf der Normandy immer mit Vakarian geflirtet hat war es doch nur eine Frage der Zeit bis die beiden im Bett landen. Und Sie können mir nicht erzählen, dass sie sich während dem Reaperkrieg anders verhalten haben.¨, meinte Zaeed. Er mustere Jane noch mal, wie sie abwesend in ihrem Essen herumstocherte und kaum einen Bissen runterbekam. Das war mit Sicherheit auch nicht normal. Der Söldner fragte sich einen Moment, warum alle nur so geknickt waren. Sie hatten die Scheißreaper von der Galxiekarte gefegt, sollten sie nicht alle tagelang durchfeiern?
    ¨Das ist auch nicht das Problem, Zaeed. Sehen Sie, ich weiß, dass sie mit ihm zusammen ist und das sie das auch immer sein wollte. Nur hat sie sich auf der Erde ganz... Anders verhalten. Und jetzt scheint es gerade so, als wäre nichts davon jemals passiert.¨, knurrte James und spießte seinen Commander wieder mit seinem Blick auf. Vielleicht wollte er sie auch nicht wirklich aufspießen, aber Zaeed fand, dass das die beste Beschreibung für seinen Ausdruck war.
    ¨Moment, wollen Sie damit sagen, Sie hatten was mit ihr?¨, fragte der Söldner erstaunt und im nächsten Moment lachte er herzhaft. ¨Das glaub ich jetzt nicht!¨
    ¨Nein! Nicht so! Also...¨, James bemerkte in was für eine blöde Situation er sich da eben hineingeritten hatte. Und das nur, weil er seit er mit Jane gesprochen hatte einfach nicht mehr klar denken konnte. Er war einerseits so unsagbar wütend. Wütend auf sie, dass sie das alles zugelassen hatte, dass sich überhaupt so viel zwischen ihnen entwickelt hatte. Und andererseits war er einfach nur frustriert, weil er nichts dagegen tun konnte um sich besser zu fühlen.
    ¨Wie dann?¨, hakte Zaeed nach und sein Grinsen wurde breiter.
    James stöhnte entnervt und bemerkte gar nicht, wie er damit Janes Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Sie beobachtete ihn, Zaeed wusste das, sagte aber nichts.
    ¨Es war nur...¨, der Lieutenant warf noch einen kurzen Blick zu Jane und als er in ihre grünen Augen sah, wurde ihm ganz heißt. Verdammt, er hatte nicht gewusst, dass sie zu ihm sah. Er sah wieder schnell weg und hoffte, sie würde jetzt nichts in diesen Blickaustausch reininterpretieren. ¨...ich hab sie geküsst und das war`s. Mehr war da nicht. Aber ich hab sie immer unterstützt und...¨, eigentlich wollte er sagen, dass sie ohne ihn vermutlich jetzt nicht hier war, aber er konnte sich nicht einmal sicher sein ob das stimmte. Hatte er wirklich so viel für sie getan wie er behauptete? James dachte an den Abend, als er mit ihr über ihre Zweifel gesprochen hatte. Jane hatte so zerbrechlich gewirkt, er hatte sie noch nie so gesehen. Und er hatte es genossen für sie da zu sein. Und wie so oft hatte er gedacht, dass sie dasselbe gefühlt hatte.
    ¨Sie sind der erste - mal abgesehen von Vakarian - der das versucht und auch geschafft hat.¨, Zaeed grinste wieder, aber dieses Mal mit einem Anflug von Anerkennung in der Stimme.
    James schüttelte den Kopf. Als wäre es ein Zustand der zu beglückwünschen wäre! Nur weil er sie geküsst hatte.
    ¨Sie klingen als wäre das ein Ding der Unmöglichkeit.¨, grummelte James.
    ¨Ist es auch. Dieser...Alenko hat das auch versucht und ich schwöre bei Gott, dass selbst diese hübsche Asari auf Shepard stand.¨, bestätigte Zaeed und James dachte, dass er mit ¨hübsche Asari¨ nur Liara meinen konnte. Welch eine Ironie, das besagte Asari nun mit Kaidan zusammen war. Und was war mit ihm? James würde wohl nie eine Frau finden. Es schien beinahe so als würden alle glücklich werden - nur er nicht. ¨Nicht zu vergessen der Drell... Ah... Krios.¨, fügte der Söldner noch nachdenklich hinzu.
    ¨Spielt doch keine Rolle mehr. Sie hat Garrus wieder und ich bin Schnee von gestern.¨, murmelte James frustriert und er klang dabei beinahe schon wie ein kleines Kind. Dios, das war wirklich unüblich für ihn!
    ¨Kommen Sie schon, Sie sollten sich geehrt fühlen, dass Shepard Sie überhaupt an sich ran lassen hat. Ist ja keine Selbstverständlichkeit. Außerdem gibt es zig andere Frauen auf dem Markt. Was ist denn mit dieser anderen Asari... Die mit Ihnen auf der Erde war...¨, meinte der Söldner wieder.
    ¨...Sie meinen Detective Anaya?¨, fragte James und zog irritiert eine Augenbraue hoch. Nein, mit ihr hatte er wirklich gar nichts gemeinsam.
    ¨Gut möglich. Was ist mit ihr?¨, hakte er weiter nach.
    ¨...Sie ist nichts für mich.¨, meinte James, wusste selbst, dass das keine richtige Antwort war, wollte aber nicht weiter darauf eingehen. Er hatte momentan einfach nicht den Kopf dafür, sich auf eine andere Frau einzustellen. Er hatte gedacht, er wäre Jane näher gekommen und zwischen ihnen war etwas, aber Jane hatte das mit einem einfachen Satz zunichte gemacht. Er fühlte sich furchtbar und außerdem hatte er das Gefühl, dass das Gespräch mit Zaeed in die vollkommen falsche Richtung ging und ihn nur noch unsicherer machte. ¨Ich muss dann mal wieder...¨, meinte James und nachdem Zaeed ihm nur noch zugenickt hatte brachte er sein Tablett weg. Er hatte auch kaum etwas von seinem Essen runterbekommen.

    Tali hatte es sich auf Janes Sofa gemütlich gemacht. Thessia saß auf ihrem Schoß und drehte Andersons Dienstmarke in ihren Händen. Die kleine Quarianerin schien ganz fasziniert davon zu sein. ¨Also Tali... Wie geht es dir? Oder besser gesagt euch?¨, fragte Jane freundlich und setzte sich neben ihre Freundin auf das Sofa. Sie beobachtete das kleine Mädchen mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Sie sah so niedlich aus!
    Tali seufzte. ¨Ich weiß nicht so Recht, Shepard. Es sind fünf Jahre vergangen und... Bei dir waren es gerade mal ein paar Monate. Ich weiß man sollte das auch nicht einfach so herunterspielen... Aber fünf Jahre, Jane. Das ist... Eine halbe Ewigkeit.¨, erklärte die Quarianerin. Thessia kicherte als sie sich Andersons Dienstmarke um den Hals hängte.
    ¨Ich weiß, ich wünschte ich hätte eine Möglichkeit gehabt früher zu euch zu kommen.¨, erwiderte Jane und nahm vorsichtig Talis Hand. ¨Aber ich bin unheimlich froh, dass du gesund bist und Thessia auch. Dr. Chakwas hat mir erzählt, es wäre eine ziemlich... Heftige Geburt gewesen.¨, meinte Jane und warf Tali einen angespannten Blick zu. Wenn ihre Freundin nicht darüber reden wollte, würde sie das verstehen und sie würde sie nie dazu drängen es zu tun.
    ¨Keelah, erinnere mich bitte nicht daran, Jane. Ich bin nur so froh, dass es vorbei ist. Ich hatte wirklich gedacht, sie bringt mich um.¨, erwiderte Tali trocken und setzte Thessia auf den Boden ab. Das kleine Mädchen lief zu Janes Nachttisch und nahm eines der Datenpads in die Hand.
    ¨Es tut mir wirklich leid, Tali.¨, meinte Jane leise.
    Eigentlich hatte Jane immer geglaubt mit ihren Schuldgefühlen abgeschlossen zu haben, aber jetzt zu hören wie es dem Rest ihrer Crew ergangen war... Sie versuchte das knotige Gefühl in ihrer Brust zu ignorieren. Sie hatte Tali vermisst, unheimlich sogar. Sie hatte immer hinter ihr gestanden und Jane hatte sich blind auf sie verlassen können. Wie gern sie die Quarianerin auf der Erde bei sich gehabt hätte! Ohne es selbst wirklich wahrgenommen zu haben, war Tali zu ihrer engsten Freundin geworden.
    ¨Das muss es nicht, Shepard. Was auch immer du mit den Reapern gemacht hast, sie sind zerstört, und das war richtig.¨, erwiderte Tali und drückte Janes Hand etwas fester. ¨Ich hab dich vermisst Jane. Mit dir wären die letzten Jahre vermutlich nicht halb so schwer gewesen...¨, ergänzte die Quarianerin. Sie beobachtete Thessia wie sie ihren Finger auf dem Datenpad hin und herschob und immer wieder leise kicherte.
    ¨Ich habe dich auch vermisst, Tali.¨, erwiderte Jane und nahm ihre Freundin fest in die Arme. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen und nur Thessias leises Lachen war hin und wieder zu hören.
    ¨Ich... Wollte dich um etwas bitten.¨, begann Tali zögernd. Sie warf ihrer Tochter noch einen kurzen Blick zu, bis sie Jane wieder in die Augen sah. ¨Es geht um Legion.¨
    Jane schwieg. Natürlich ging es um ihn. Sie erinnerte sich daran, dass sie Legion gerettet hatten nur um ihn durch die Reaper wieder zu verlieren. Es war Janes Entscheidung gewesen und sie hatte gewusst, dass sie damit Legion ausschalten würde.
    ¨Ich möchte versuchen, die Ursache für Legions… momentanen Zustand zu finden und ihn wieder einschalten. Dabei brauche ich aber deine Hilfe.¨, erklärte Tali.
    ¨Das dachte ich mir schon. Mach dir keine Sorgen, Tali, wir werden uns so bald wie möglich darum kümmern.¨, erwiderte Jane und lächelte.
    Tali fiel ein Stein vom Herzen und sie zog Jane ohne Vorwarnung noch mal in ihre Arme. ¨Danke, Jane. Ich wüsste nicht was ich ohne dich machen würde.¨, ergänzte sie leise.
    ¨Mama.¨, sagte Thessia schließlich mit einem ungewohnt auffordernden Unterton. Tali ließ von ihrer Freundin und sah ihre Tochter fragend an. Thessia streckte die Arme nach ihr aus und ließ sich von ihrer Mutter auf den Schoß hieven.
    Thessia kuschelte sich nahe an Tali und legte dann vorsichtig ihre Hand auf Janes. Einen Moment lang musterte Jane die kleine Hand, drei kurze Finger die so warm auf ihrer Hand lagen. Sie lächelte leicht und nahm behutsam Thessias kleine Hand in ihre.
    ¨Was ist das?¨, fragte die Kleine und deutete mit ihrem Finger auf Janes Verlobungsring.
    ¨Oh äh, das ist ein Verlobungsring. Das bedeutet, dass Garrus und ich bald heiraten werden.¨, erklärte Jane. Ja, eigentlich sollte sie glücklich sein, sich darauf freuen, aber aus irgendeinem Grund zweifelte sie daran, dass diese Hochzeit so bald stattfinden würde.
    ¨Was ist heiraten? Und warum du? Ich dachte, Garrus ist mein Onkel.¨, fragte Thessia verwirrt.
    Jane versuchte sich ihren Partner als Thessias Onkel vorzustellen. Wie er sich bei ihr wohl verhalten hatte?
    ¨Weißt du, wenn sich zwei Personen sehr lieben, dann heiraten sie. Also bei Menschen ist das zumindest so.¨, versuchte Jane zu erklären und Tali kicherte nur amüsiert.
    ¨Aber Garrus ist kein Mensch.¨, stellte Thessia fest.
    ¨Ja, daher haben wir gesagt, dass wir auf beide Arten heiraten wollen. Also auch auf turianische Art. Er möchte mich in seinem Clan aufnehmen.¨, erklärte Jane weiter und Thessia schien ihr noch nicht so ganz glauben zu wollen.
    ¨Ist Garrus dann immer noch mein Onkel?¨, fragte die kleine Quarianerin und klang dabei alles andere als begeistert.
    ¨Ja, natürlich.¨, erwiderte Jane und stellte fest, dass Thessia die erste Person war die so negativ auf Janes und Garrus Beziehung reagierte. Die kleine machte einen ungewöhnlich beleidigten Laut, entzog Jane ihre Hand und kuschelte sich wieder so nahe an ihre Mutter, dass sie Jane gar nicht mehr ansehen konnte. ¨Hab ich... Was falsches gesagt?¨, fragte Jane unsicher an Tali gewandt.
    ¨Nein, ich glaube nicht. Thessia hängt nur sehr an Garrus.¨, erklärte Tali gelassen. ¨Mach dir darum mal keine Sorgen.¨
    ¨Ich will nicht, dass Garrus heiratet.¨, murmelte die Kleine leise.
    ¨M`ean*, du willst doch bestimmt, dass dein Onkel glücklich ist, oder nicht?¨, erwiderte Tali in einem tadelnden Ton, den Jane noch nie von ihr gehört hatte. Es war so ungewöhnlich ihre Freundin als Mutter zu sehen.
    ¨Ja...¨, nuschelte Thessia. Es war ein faszinierender Anblick wie sich das kleine Mädchen so fest an ihre Mutter schmiegte.
    ¨Was hast du dann dagegen, dass er Jane heiratet?¨, fragte Tali und warf Jane einen entschuldigenden Blick zu. ¨Sie ist sonst nie so.¨, meinte sie schnell und Shepard grinste leicht.
    ¨Ich will Garrus heiraten.¨, antwortete Thessia grimmig. Tali musterte ihre Tochter erstaunt und Jane fing an zu lachen.
    ¨Ich schätze jetzt einfach mal, dass er wohl ziemlich gut mit Kindern umgehen kann, was?¨, fragte Jane und biss sich konzentriert auf die Lippe um nicht gleich wieder anzufangen zu lachen. Vermutlich lag es gar nicht so sehr an der Art und Weise wie Garrus mit Kindern umging sondern einfach nur an seinem natürlichen unwiderstehlichen Charme. Jane wusste schließlich wie er sein konnte.
    ¨Vielleicht hat er für Thessia auch einfach zu sehr als Vater fungiert. Immerhin hatte sie ja keinen...¨, vermutete Tali und setzte Thessia neben sich auf das Sofa um ihre Tochter besser ansehen zu können. ¨M`ean du kannst Garrus nicht heiraten, du weißt doch, dass er mit Shepard zusammen ist.¨, meinte sie beruhigend.
    ¨Aber Garrus ist mein Daa`r.¨, Thessia verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. Tali seufzte.
    ¨...Daa´r?¨, fragte Jane. Es gab Worte die so alt waren, die ihr Translator nicht übersetzen konnte. Tali hatte ihr bisher immer erklärt, welche Bedeutung solche Worte hatten. Wie Bosh‘tet oder Keelah Selai. Aber Daa´r hatte Jane noch nie gehört.
    ¨Lebenspartner.¨, übersetzte Tali und seufzte. ¨M‘ean nein, Garrus ist bereits Shepards Daa´r.¨, erklärte sie.
    Jane musterte das kleine Mädchen mit einem skeptischen Blick. Irgendwie machte sie das alles ein bisschen neidisch. Dass Garrus sich anscheinend so gut um Thessia gekümmert hatte, dass sie ihn richtiggehend liebte. (Wenn auch nicht so wie Jane es tat). Sie hatte das Gefühl unheimlich viel verpasst zu haben und es gefiel ihr überhaupt nicht, dass Thessia in Garrus so etwas wie ihren Vater sah. Eigentlich hatte Jane immer gehofft, mit ihrem Partner irgendwann ein Kind wenigstens adoptieren zu können und diese Erfahrung, wie es ist Eltern zu sein, gemeinsam machen zu können. Aber da war er ihr nun anscheinend schon einiges voraus...
    Es war lächerlich. Neidisch auf ein kleines Mädchen zu sein, dass für all dieses Chaos überhaupt nicht verantwortlich war. Und es war noch ein ganzes Stück lächerlicher neidisch auf Tali zu sein, schließlich wusste Jane, wem ihr Herz gehörte und dass die Quarianerin in dem Turianer lediglich einen sehr guten Freund sah. Trotzdem fühlte sich Jane zum ersten Mal in Talis Gegenwart unwohl und wollte am Liebsten einfach nur noch gehen. Langsam begann sie zu verstehen, warum ihre Freunde so seltsam reagierten wegen dieser langen Zeitspanne. Es war zu viel passiert. Und jeder hatte sich verändert. Dieser Gedanke versetzte Jane einen ungeahnt schmerzhaften Stich. Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals runter und war insgeheim froh, dass sie ja noch mit Wrex reden wollte.
    ¨Tali, ich muss noch mit Wrex reden. Können wir unsere Unterhaltung vielleicht noch mal ein bisschen verschieben?¨, fragte Jane nervös, versuchte den unsicheren Ton in ihrer Stimme zu verstecken. Tali schien zu sehr mit ihrer Tochter beschäftigt zu sein um diese Unsicherheit zu bemerken.
    ¨Natürlich, Shepard.¨, erwiderte sie und Jane verließ ohne ein weitere Wort ihre Kabine.
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  2. #52
    Newbie Avatar von xsm4sh3r
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    wuhuuu Wieder Super Story freu mich auf mehr und als Leser glaub ich wirst mich nicht mehr los

  3. #53
    Toss a coin... Avatar von Drellinator92
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    Auch von mir, sehr schön geschrieben

  4. #54

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    Vielen Dank!! <3

    Kapitel 31: Regen im Paradies

    Tali war nun schon seit drei Monaten auf der Normandy SR1. Sie hatte die meiste Zeit beim Antriebskern verbracht, ihn studiert, Verbesserungen durchgeführt und sich mit Techniker Adams unterhalten, wie toll das große Schiff war. Sie war begeistert!
    Wären da nur nicht die missbilligenden und skeptischen Blicke der anderen Crewmitglieder. Die Normandy war ein Schiff, das durch menschliche und turianische Zusammenarbeit entstanden war. Allerdings setzte sich die Crew zum Großteil nur aus Menschen zusammen und Tali hatte sich vom ersten Tag an beobachtet gefühlt. Sie wusste zwar, dass das zu ihrer Pilgerreise gehörte, aber sie fühlte sich trotzdem extrem unwohl dabei. Und so kam es auch, dass sie länger arbeitete als die Menschen und so lange bei dem Antriebskern blieb, bis alle anderen schlafen gegangen waren. Es war erträglicher alleine zu arbeiten ohne die prüfenden Blicke der Crew.
    In den ersten Tagen hatte sie es auch beinahe bereut einfach so Hals über Kopf mit Shepard mitgegangen zu sein. Sie kannte sich kaum aus mit den menschlichen Gepflogenheiten, hatte kaum Ahnung von ihrer Kultur oder ihren Traditionen. Jedes Mal wenn einer der Menschen seine Arme streckte, dachte Tali, er wolle sie bedrohen. Bis sie gelernt hatte, was alles typisch und normal für Menschen war, waren einige Tage vergangen. Und selbst jetzt hatte sie sich noch nicht an alles gewöhnt. Sie mochte den Commander. Sie war zwar streng, hatte Tali bisher aber immer gleich behandelt wie den Rest der Crew und das fand sie äußerst sympathisch. Außerdem hatte sich Shepard gestern zu ihr, Garrus, Wrex und Liara an den Tisch in der Kantine gesetzt. Und das obwohl Shepard wusste, wie kritisch sie der Rest der Crew mustern würde.
    Tali seufzte. Das alles war so... Ungewohnt und neu für sie. Außerhalb davon hatte sie immer noch entsetzliche Kopfschmerzen von ihrer letzten Infektion. Die Schusswunde an ihrer Seite war immer noch nicht ganz verheilt und sie wusste, dass es eigentlich besser für sie wäre, sich noch etwas auszuruhen. Aber sie wollte ihrem Commander auch keine Umstände machen und die Vorurteile der Crew auch nicht verstärken, dass Quarianer ach so schwach waren. Denn das war sie nicht. Tali hatte diese Reise unternommen mit dem Wissen, dass es gefährlich werden konnte und wo möglich sogar ihr Leben kosten könnte. Sie würde das schaffen, und dann würde sie zu ihrer Flotte zurückkehren.
    Das Zischen der öffnenden Türe riss sie aus ihren Gedanken und sie warf einen kurzen Blick zu den fünf jungen Männern, die lachend den Raum betraten. Wenn sie das richtig beurteilen konnte, waren sie angetrunken, was ungewöhnlich war, denn Tali konnte sich nicht erinnern, dass Shepard es erlaubte, Alkohol auf der Normandy zu trinken. Sie war für ihren Rang noch ziemlich jung, 29 meinte Tali gehört zu haben, aber anscheinend hatte sie einen ziemlich starken Ruf, denn jeder gehorchte ihren Befehlen ohne Widerworte. Umso verwirrender, dass die Männer betrunken waren und einer sich über das Geländer beugte und sich beinahe in Richtung Antriebskern übergab.
    ¨Hey!¨, Tali konnte den Mann gerade noch davon abhalten. Er übergab sich stattdessen auf den Boden und die junge Quarianerin verzog nur angewidert das Gesicht. Hoffentlich waren nicht alle Menschen so.
    ¨Sie sind doch... Tali Zorah, nicht wahr?¨, fragte ein ziemlich klobiger, muskulöser Mann der Truppe, der Tali mit einem seltsam neugierigen wenn nicht fast schon hungrigen Blick musterte. Die junge Quarianerin beäugte den Mann und war insgeheim froh, dass er nur schlecht durch ihren Helm sehen konnte. Wie eklig manche Menschen waren! Ob Shepard wusste, was für Leute unter ihrem Kommando dienten?
    ¨Richtig. Und Sie sind...?¨, fragte sie und hoffte ihn auf die nette Tour vertreiben zu können.
    ¨Korporal Dan Jackson. Ich leite die Technikabteilung.¨, log er und Tali zog fassungslos eine Augenbraue hoch. Wollte er sie auf den Arm nehmen? Er wusste doch, dass sie hier unten arbeitete und vor Allem, dass sie sich gut mit Techniker Adams verstand.
    ¨Ja, sicher.¨, erwiderte Tali mit einem Anflug von Sarkasmus, schüttelte den Kopf und versuchte sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Menschen...
    ¨Wolltet ihr nicht auch schon immer mal wissen, wie ne Quarianerin ohne diesen lästigen Umweltanzug aussieht?¨, fragte einer der fünf Männer und Tali zuckte etwas zusammen. Was?! Sie bemerkte wie ihr Herz schneller schlug und sie sich gedanklich schon mal einen Fluchtplan ausmalte. Das durfte doch wirklich nicht wahr sein! Für solche Zwecke war sie nun wirklich nicht auf die Normandy gekommen! Wenn diese Bosh‘tet wirklich glaubten, sie könnten Tali anfassen, dann hatten sie sich aber dermaßen in den Finger geschnitten...
    Der muskulöse Mann der Truppe kam noch mal auf Tali zu und hatte wieder diesen seltsam lüsternen Blick aufgesetzt, der in ihr einen ungeahnten Ekel hervorrief. Was für ein Widerling!
    ¨Meinst du nicht auch, dass es schon ein bisschen zu spät ist um zu arbeiten?¨, fragte er und nun war sich Tali vollends sicher, dass er betrunken sein musste.
    ¨Tut mir Leid, aber ich habe besseres zu tun, als mich mit Ihnen und Ihren... Freunden abzugeben.¨, erwiderte Tali so gelassen wie nur irgend möglich. Ihre Kopfschmerzen wurden schlimmer und sie bemerkte dazu noch, wie ihr langsam übel wurde. Die Makofahrt heute morgen mit Shepard hatte also doch noch ein paar Nachwirkungen...
    ¨Hey Kleine, ich hab gesagt, du musst nicht länger arbeiten.¨, entgegnete der Mann mit Nachdruck und zog Tali am Arm weg von der Konsole.
    ¨Hey!¨, schrie sie, versuchte sich aus seinem Griff zu befreien und wurde schließlich zwischen ihn und seine Freunde gezogen.
    ¨Jetzt kannst du so schnell nicht mehr fliehen, Kleine.¨, meinte einer der fünf, der sie mit einem genauso ekelerregenden, lüsternen Blick musterte wie der Kerl vor ihm. Tali hatte nun endgültig genug und schlug dem Mann mit einem sauberen Schlag das Grinsen aus dem Gesicht. Er fiel rücklinks auf den Boden und hielt sich mit einem schmerzhaften Stöhnen die Nase. ¨Verdammtes Miststück!¨, fluchte er.
    Der nächste der Tali an den Armen greifen wollte wurde genauso unsanft auf den Boden befördert. Stolz musterte die Quarianerin kurz, wie sie ihre Angreifer besiegt hatte, bis sie ein ihr nur zu bekanntes klackendes Geräusch vernahm und inne hielt. Sie drehte sich langsam um und musste sich einen erschrockenen Schrei verkneifen.
    ¨Jetzt bist du wohl nicht mehr so angriffslustig, was Kleine?¨, meinte der Mann mit einem überheblichen Grinsen. Es war eine Sache gegen unbewaffnete Männer zu Kämpfen, das hatte sie schon öfter getan, aber er hatte eine Waffe und seine beiden Freunde ebenfalls. Tali hatte nicht vor schon wieder mit einer Infektion auf der Krankenstation zu landen.
    ¨Lassen Sie mich gehen!¨, befahl sie, leiser als sie wollte und zuckte zusammen, als ein lautes Krachen die kleine Gruppe aufhorchen ließ.
    ¨Hände weg von der Quarianerin ihr verfluchten Pyjaks, oder ich schieß euch Eure Eier ab!¨
    Tali sah erschrocken zu Wrex, der mit Garrus den Raum betreten hatte und mit seiner Schrotflinte direkt auf den muskulösen Mann vor ihr zielte.
    ¨Hände weg hab ich gesagt.¨, befahl Wrex erneut und Tali war mehr als nur erleichtert, als die Männer sich langsam von ihr entfernten.
    ¨Nur mit der Ruhe.¨, meinte einer von denen und als Wrex nur zwei Zentimeter neben ihm in die Wand schoss, hatte der es auf einmal gar nicht mehr so mit der Ruhe. Er rannte mit seinen Freunden aus dem Raum und ließ Tali zurück.
    ¨Alles in Ordnung?¨, fragte Garrus der auf sie zukam und sie mit einem besorgten Blick musterte.
    Tali musste zugeben, dass sie anfangs wirklich ganz schön Bedneken gehabt hatte, einen Kroganer und einen Turianer auf der Normandy zu haben und dann auch noch auf dem gleichen Deck. Aber schon nach der ersten Mission, als sich Wrex überraschenderweise als Beschützer der Quarianerin herausgestellt hatte, hatten sich ihre Bedenken gelegt. Außerdem hatte sie die beiden öfter miteinander reden hören, und es war nie auf einer feindlichen Basis gewesen. Sie hatte viel mehr den Eindruck gehabt, dass sie gute Freunde waren.
    ¨Ja... Danke..¨, murmelte sie, versuchte ihre zitternden Hände zu vestecken und sah abwechselnd von Garrus zu Wrex.
    ¨Ich hab Ihnen ja gesagt, dass diese Menschen ein primitiver Haufen Pyjaks sind.¨, meinte Wrex und sah den schon längst verschwundenen Menschen nach.
    ¨Danke...¨, widerholte Tali und sah dabei insbesondere Wrex lange an. Und obwohl der Kroganer eigentlich gar nicht wissen konnte, dass sie ihn so intensiv ansah, wusste er es anscheinend. Denn er grinste nur und sagte: ¨Keine Ursache, Wru, falls noch was sein sollte, sagen Sie einfach Bescheid.¨
    Tali machte sich zu diesem Zeitpunkt kaum Gedanken um diesen Spitznamen, da er für kroganische Verhältnisse doch tatsächlich sehr sanft klang und Wrex sie damit garantiert nicht hatte beleidigen wollen.
    Garrus meinte noch etwas von wegen, bei so vielen Menschen an Bord müssten sie als Aliens zusammenhalten, aber Tali hörte das gar nicht mehr so genau. Sie war einfach unsagbar froh, dass Wrex und Garrus bei ihr waren und allem Anschein nach auch dann ein Auge auf sie hatten, wenn sie sie gar nicht sehen konnte...

    ¨Bitte Wrex! Legion ist mir sehr wichtig!¨, Tali stand gegenüber von Wrex in Janes Kabine und versuchte ihren kroganischen Freund davon zu überzeugen, sich zuerst um ihren Gethfreund zu kümmern als die Genophage zu heilen.
    ¨Und mein Volk? Shepard, du hast versprochen dich darum zu kümmern sobald die Reaper vernichtet sind.¨, meinte Wrex und sprach nun direkt zu Jane die bereits nach den ersten Sekunden der Diskussion das Gesicht in die Hände gelegt hatte, und überlegte, wie sie das alles am besten regeln konnte. Sie verstand Tali, dass sie ihren Freund retten wollte, sie hatte schließlich fünf Jahre lang den toten Geth auf der Normandy besucht und wollte ihn nun einfach zurück haben. Aber andererseits konnte sie auch verstehen, dass Wrex es mit der Heilung der Genophage so wichtig hatte. Die Kroganer wussten nicht, dass die Krankheit immer noch nicht geheilt war, das wusste Gott sei Dank nur Wrex. Aber selbstverständlich würde das bald auffallen, wenn sich immer noch keine Erfolge bei der Fortpflanzung einstellten.
    ¨Wrex, ich verstehe die Dringlichkeit deines Anliegens aber-¨
    ¨Meines Anliegens?! Shepard, ich hatte gedacht, wir sprechen hier auf persönlicher Basis! Mein Volk zu heilen ist keine Arbeit! Es sollte auch dir am Herzen liegen, die scheiß Genophage endlich aus der Welt zu schaffen!¨, erwiderte Wrex ohne Jane ausreden zu lassen. Er stand nur wenige Zentimeter entfernt von ihr und Janes Kopf begann erneut zu brummen. Hatte sie in letzter Zeit denn nicht genug durchgemacht?
    ¨Wrex bitte!¨, mischte sich Tali wieder ein. Sie hatte Thessia runter in die Kantine gebracht, wo sie auf Mordins Schoß saß und sich interesannte Geschichten von ihm anhören durfte. Der Salarianer war erstaunlich kinderfreundlich und Thessia mochte seine Art zu sprechen.
    ¨Tali, bei allem was Recht ist, du weißt das ich dich gern habe, aber sollte eine lebende Spezies nicht über einer toten stehen?¨, fragte er und traf die Quarianerin damit direkt ins Herz. Tali sah ihn einen Moment lang fassungslos an, bis sie dem Kroganer eine schallende Ohrfeige verpasste. Jane hatte nicht einmal gewusst, dass das überhaupt möglich war.
    ¨Legion ist nicht tot! Er hat sich genauso an diesem blöden Krieg beteiligt wie jeder andere und wir müssen ihn wieder einschalten!¨, man musste Tali nicht sehr gut kennen um zu wissen, dass sie kurz davor war zu weinen. Wrex hatte mit dem was er gesagt hatte, genau ins Schwarze getroffen und das wusste er.
    Er warf Jane noch einen kurzen Blick zu, bevor er sich wieder an die wütende Quarianerin wandt. Die Ohrfeige nahm er ihr nicht übel, zumal sie so zaghaft zuschlug, dass er kaum etwas davon spürte. Das würde er ihr aber selbstverständlich nicht sagen, sonst würde es höchstwahrscheinlich nicht bei einer Ohrfeige bleiben... ¨Wru, ich helfe dir, sobald mein Volk geheilt ist. Shepard sagte sie hat die Daten für das Heilmittel. Es wird wahrscheinlich gar nicht lange dauern und dann kümmern wir uns um diese Blechbüchse.¨, schlug Wrex in einem ungewohnt versöhnlichen Ton vor. Für einen Kroganer war er unglaublich liebenswert. Jane grinste, was er nicht sehen konnte und dachte daran, wie gern sie Wrex hatte. Tali würde ihn wohl oder übel überzeugen. Das wusste sie. Wrex war seltsamerweise wenn es um sie oder ihre quarianische Freundin ging unheimlich weich.
    ¨Zuerst Legion, dann die Genophage.¨, erwiderte Tali eingeschnappt und verschränkte die Arme vor der Brust. Und spätestens jetzt wusste Wrex, dass er sie nicht mehr überzeugen konnte. Bei Tali war der Laden dicht.
    Wrex stöhnte und sah wieder zu Shepard, die schnell aufhörte zu grinsen und wieder einen ernsten Blick aufsetzte. ¨Shepard! Sag was!¨, bat er und sie schüttelte nur leicht den Kopf.
    ¨Wrex, das müsst ihr unter euch ausmachen.¨, versuchte sie sich rauszureden, wusste aber insgeheim, dass sie das letzte Wort haben würde. Wrex diente zwar nicht mehr unter ihrem Kommando aber als seine kroganische ¨Schwester¨ hatten ihre Worte ja doch ein sehr hohes Gewicht.
    ¨Hilf mir Legion zu retten, bitte...¨, Tali nahm Wrex' Hand und sah ihn eindringlich an. Aus welchem Grund auch immer war Wrex der einzige, der Talis Blicke immer richtig deuten konnte.
    Er seufzte, grummelte irgendwelche kroganische Flüche vor sich hin und drückte schließlich Talis Hand.
    ¨Gut.¨, stimmte er widerwillig zu und die Quarianerin gab einen triumphierenden Laut von sich.
    ¨Danke!!¨, sagte sie glücklich und drückte den Kroganer fest an sich. Wenn sie könnte, hätte sie ihn jetzt auch auf die Wange geküsst, aber als Quarianerin ging das leider schlecht.
    Wrex verdrehte die Augen und warf der - schon wieder - grinsenden Shepard einen genervten Blick zu. Wenn sein Volk wüsste, wie einfach es die Frauen der Normandy mit ihm hatten...
    ¨Kein Wort zu Bakara.¨, warnte Wrex Jane und sie schüttelte nur zustimmend den Kopf.
    ¨Meine Lippen sind versiegelt.¨, grinste sie wieder und beobachtete die Szene noch ein Weilchen genauer. Tali schien ihren kroganischen Freund gar nicht mehr los lassen zu wollen.
    ¨Jetzt ist gut, Wru¨, meinte Wrex und versuchte Tali ein bisschen von sich zu schieben. Sie strahlte ihn dankbar an.
    ¨Seit wann nennst du Tali eigentlich Wru?¨, fragte Jane neugierig und ließ sich auf ihr Sofa nieder. Sie hatte Wrex abgeholt und war mit ihm gleich in ihr Quartier gegangen. Tali hatte daraufhin Mordin gerufen, er solle Thessia mit runter in die Kantine nehmen und dann angefangen mit Wrex zu diskutieren. Jane meinte, noch nie gehört zu haben, dass Wrex Tali Wru nannte.
    Der Kroganer lachte. ¨Schon lange, Shepard. Wrune war meine kleine Schwester. Sie ist ziemlich jung gestorben, zweihundert war sie glaub ich... Ist schon ewig her, aber irgendwie erinnert mich Tali ein bisschen an sie.¨
    Jane hielt in der Bewegung inne und auch Tali sah ihn erstaunt an. Wrex hatte eine Schwester?
    ¨Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hattest.¨, stellte Shepard verwundert fest.
    ¨Ist ja auch nichts Besonderes.¨, meinte Wrex seltsam kalt.
    ¨Finde ich schon.¨, erwiderte Jane knapp.
    ¨Siehst du, Jane? Und genau das ist es was euch Menschen von uns Kroganern unterscheidet. Bei euch spielen solche Banalitäten wie Geschwister eine riesen Rolle, bei uns ist es nur eine Kleinigkeit.¨, erklärte Wrex und schüttelte den Kopf. ¨Wenn wir diesen Geth retten wollen, sollten wir uns aber beeilen, Kroganer sind schließlich nicht unbedingt für ihre Geduld bekannt.¨, meinte Wrex mit etwas Nachdruck und Jane erhob sich schnell von dem Sofa.
    ¨Vermerkt. Ich rede mit Hackett und frage ob er die Normandy nicht etwas... Schneller in Gang bringen kann.¨, entgegnete Jane und verließ den Raum.

    Garrus hatte sich ungewollt schnell an das gute Dextroessen auf Hacketts Schiff gewohnt. Es schmeckte nicht mehr halb so gut wie am ersten Tag. Er war einer der wenigen der sich noch in der Kantine aufhielt, schließlich war schon Abend und er hatte mit Absicht so lange gewartet, damit er keinem mehr über den Weg lief. Oder vielleicht insbesondere Jane nicht. Einerseits fühlte er sich richtiggehend schlecht, machte sich Vorwürfe, dass er sich so von ihr fern hielt. Aber andererseits kam er auch nicht um den Gedanken herum, dass sich eben verdammt viel geändert hatte.
    ¨Da bist du ja. Ich hab dich schon gesucht.¨
    Und genau diese Stimme wollte er bei den Geistern nicht hören.
    ¨Jane.¨, erwiderte er beinahe tonlos und beobachtete, wie sie sich ihm gegenüber an den Tisch saß.
    ¨Ich hab mit Wrex und Tali gesprochen.¨, begann sie und begutachtete sein Essen. Er hatte kaum etwas zu sich genommen. Sein Appetit war kaum anwesend und das permanente unangenehme Gefühl in seinem Magen tat sein Übriges. ¨Wrex möchte die Genophage heilen und Tali will Legion zurückholen.¨, erklärte sie weiter und stibitzte ein Stück von seinem Essen. Seit sie wusste, dass sie nicht mehr allergisch war, beschwor sie diesen Zustand geradezu wieder herauf.
    Garrus beobachtete wie Jane das blaue Stückchen in den Mund nahm und mit einem seltsamen Gesichtsausdruck darauf herumkaute.
    ¨...das ist...¨, - 'widerlich' wollte sie sagen, schluckte das Wort aber mitsamt des Essens runter. Sie wollte ihm schließlich nicht das Essen verderben. Jane hatte sich ihr Leben lang gefragt, wie unterschiedlich Dextro und Levonahrung wohl war und ob es sich sehr im Geschmack unterschied und jetzt wusste sie es.
    ¨Nicht unbedingt das beste Essen.¨, vollendete er ihren Satz. Er wusste ja selbst, dass es Besseres gab.
    ¨Hm, ja. Nüchtern ausgedrückt.¨, stimmte sie zu und grinste leicht. ¨Hackett hat außerdem gesagt, dass die Normandy in drei Tagen startklar ist.¨, setzte sie fort und sah ihn wieder mit diesem unheimlich sehnsüchtigen Blick an. Garrus wusste nie wie er darauf reagieren sollte. Wie hatte er früher darauf reagiert? Hatte sie ihn damals auch schon so angesehen? Oder erst jetzt, seit sie sich wiedergesehen hatten? Er wusste es nicht und es machte ihn wieder unheimlich nervös. Er liebte sie, immer noch, das würde er wohl immer tun, aber irgendetwas war anders.
    ¨Das ist gut.¨, erwiderte er und versuchte sich an einem turianischen Lächeln.
    Er befürchtete schon, sie würde merken, dass irgendetwas nicht stimmte, aber seltsamerweise erwiderte sie nur sein Lächeln, beugte sich über den Tisch und gab ihm einen liebevollen Kuss auf den Mund.
    ¨Wo warst du eigentlich die ganze Zeit? Ich dachte, wir wollten zusammen Mittag essen. Meine Mom war ein bisschen enttäuscht, dass du nicht dabei warst.¨, meinte Jane und fuhr sanft mit ihren Fingern über seinen Handrücken.
    Er spürte förmlich wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. Gut, dass Turianer nicht derart rot werden konnten wie Menschen und es in der Kantine nicht sonderlich hell war. Sonst hätte Jane vermutlich gewusst, wie verlegen er im Moment war.
    ¨Ich habe den Technikern noch ein bisschen geholfen...¨, meinte er nur leise und hoffte, sie würde seine Ausrede ernst nehmen.
    ¨Geholfen? Die haben alle munter in der Kantine gegessen während du da unten warst. Du solltest dich nicht so ausnutzen lassen, Garrus.¨, erwiderte sie und grinste leicht. Sie wusste ja, wie gutmütig er sein konnte.
    Wenigstens hatte sie die Techniker nicht angesprochen. Sie hätten ihr sicher nicht sagen können, wo er war.
    ¨Willst du das noch essen?¨, fragte sie und zeigte auf den Mansch auf seinem Teller.
    Genaugenommen war Garrus nur in die Kantine gegangen, weil er wusste, dass er etwas essen musste. Er hatte den ganzen Tag noch nichts zu sich genommen, aber aus welchen Gründen auch immer bekam er einfach nichts runter. Er schüttelte den Kopf. Jane nahm das Tablet und brachte es weg. Er nutzte diese kurze Zeit ohne sie um sich eine Ausrede einfallen zu lassen, warum er nicht bei ihr schlafen konnte. Er fühlte sich so furchtbar schlecht dabei, aber er wusste, dass es noch viel schlimmer sein würde, ihr etwas vorzumachen. Und das wollte er ganz bestimmt nicht. Dann lieber Abstand halten.
    ¨Kommst du mit?¨, fragte sie, biss sich auf die Unterlippe und sah ihn wieder mit diesem lüsternen Blick an.
    Sie wollte doch nicht etwa wirklich...
    Er wusste einen Moment lang nicht genau was er sagen sollte und er merkte, dass Jane auf eine Antwort wartete. Schließlich verdrehte sie kopfschüttelnd die Augen und zog ihn an einer Hand hinter sich her. Und nun war es entschieden. Er würde ihr etwas vormachen müssen.
    ¨Jane.¨, begann er in der Hoffnung, ihr vielleicht doch noch eine Ausrede auftischen zu können.
    Sie erwiderte nichts, zog ihn mit in den Aufzug, drückte ihn an die Wand und stellte sich, seiner Meinung nach, viel zu nahe vor ihn. Bevor er noch irgendetwas sagen konnte, hatte sie seinen Mund auch schon wieder mit ihrem verschlossen und seine Arme bewegten sich beinahe schon automatisch zu ihrer Hüfte. Er war aufgeregt, nervös so ungewohnt unsicher. Woher kamen diese ganzen Gefühle? Es war doch sonst nie so gewesen!
    Jane zog ihn schließlich wieder aus dem Aufzug zu ihrem Quartier. Sie hielt erst inne, als er sie sanft in seine Arme zog.
    ¨Können wir das verschieben?¨, fragte er leise, versuchte so liebevoll wie möglich zu klingen.
    ¨Bist du müde?¨, entgegnete sie und lehnte sich an ihn.
    ¨Ja.¨, antwortete er und war insgeheim so froh über diese einfache Ausrede, die sie ihm vorgegeben hatte.
    ¨Dann verschieben wir's.¨, erwiderte sie und er fühlte sich unheimlich erleichtert. Den Geistern sei Dank!
    ¨Tut mir Leid.¨, entschuldigte er sich schnell, nicht nur für diese Ausrede sondern viel mehr noch für die vielen anderen, die mit Sicherheit folgen würden. Er konnte einfach nicht. Nicht so. Nicht sofort.
    ¨Muss es nicht. Ist schon gut.¨, sie lächelte verständnisvoll. ¨Aber du bleibst schon über Nacht, oder?¨, fragte sie und klang dabei nicht mehr halb so selbstsicher wie vor ein paar Sekunden noch.
    Garrus meinte sogar, ein Stück weit Angst in ihren Augen lesen zu können.
    ¨Natürlich.¨, antwortete er schnell und sie lächelte wieder. Er wusste, dass er sie mit seiner Absage eben ein wenig enttäuscht hatte, aber wenn er jetzt verneint hätte, hätte er sie verletzt und das hätte er sich beim Besten willen nicht verzeihen können.
    Sie zog ihn in das Quartier und schubste ihn behutsam auf das Bett. Nur wenige Minuten später lag sie fest an ihn gepresst in dem Bett und schlief. Garrus hatte gehofft, wenigstens das würde ihm gelingen, aber ihre ständige Präsenz hielt ihn beinahe die ganze Nacht wach. Bis er entschied, dass er es nicht länger aushielt und ihr Zimmer still und leise verließ...

    Kaidan gähnte einmal herzhaft und ließ sich auf das Bett fallen. Er hatte sich in den letzten Jahren einen ziemlich kurzen Schlafrhythmus angewöhnt. Liara war schließlich immer ziemlich früh aufgestanden um ihre Nachforschungen fortzusetzen und Kaidan hatte versucht sie dabei so gut es ging zu unterstützen.
    ¨Bist du müde?¨, fragte sie und sah von den vielen Monitoren auf. Kaidan nickte nur leicht und warf ihr dann schließlich einen fragenden Blick zu.
    ¨Du nicht?¨
    Ihre Augen hatten wieder dieses natürliche, unwiderstehliche Blau und Kaidan musste Lächeln als er ihren irritierten Gesichtsausdruck sah. ¨Kaidan, wir haben mindestens zehn Stunden geschlafen.¨, erinnerte sie ihn und er zuckte nur mit den Schultern.
    ¨Eben. Nur zehn Stunden. Und das obwohl wir uns theoretisch gar nicht länger um die Normandy kümmern müssen. Ich frage mich sowieso was du da die ganze Zeit machst.¨, erwiderte Kaidan, zog eine Augenbraue hoch und Liara wurde tatsächlich ein bisschen rot. Ein seltener Anblick. Der Major grinste.
    ¨Nichts Wichtiges...¨, meinte sie nur abwehrend und wandte sich wieder ihrem Monitoren zu.
    ¨...Sehe ich das richtig? Wir sind gerade mal seit was... Drei Tagen auf Hacketts Schiff und du versuchst schon wieder einen auf Shadow Broker zu machen? Du bist unmöglich.¨, entgegnete der Major immer noch grinsend. Vermutlich hatte seine Partnerin das einfach viel zu sehr vermisst. Diese riesige Flut an Informationen zu verwalten, Herr über so viele Daten zu sein. Tatsächlich fühlte sich Liara ein wenig ertappt, wollte das allerdings nicht zeigen und schüttelte nur den Kopf.
    ¨Ach was... Ich... Schaue nur was auf dem Schiff so vor sich geht.¨, sie tat gerade so als wäre es das Normalste der Welt andere Leute auszuspionieren. Kaidan seufzte und gab langsam auf. In dieser Hinsicht hatte er sie noch nie verstanden. Natürlich gab es ein paar Personen die er auch mal gerne ausspionieren würde, aber ihm war wohl bewusst, dass er sich das nie trauen würde und es somit auch nicht tun würde. Aber Liara beobachtete Fremde. Angestellte auf Hacketts Schiff die ihr vermutlich noch nie über den Weg gelaufen waren! Was konnte daran so interessant sein?
    ¨Das ist auch nicht das Problem, Zaeed. Sehen Sie, ich weiß, dass sie mit ihm zusammen ist und das sie das auch immer sein wollte. Nur hat sie sich auf der Erde ganz... Anders verhalten. Und jetzt scheint es gerade so, als wäre nichts davon jemals passiert.¨
    Liara zog eine Augenbraue hoch und auch Kaidan saß plötzlich kerzengerade auf dem Bett. Hatte er das eben richtig verstanden? Sprachen da eben James und Zaeed miteinander?
    ¨Was hörst du dir da an?¨, fragte der Major, setzte sich neben Liara an den Monitor und beobachtete mit ihr gemeinsam wie James mit Zaeed in der Kantine saß und so wie es schien über Shepard sprach. Liara deutete ihrem Partner schnell leise zu sein und er verstummte augenblicklich.
    ¨Moment, wollen Sie damit sagen, Sie hatten was mit ihr? - Das glaub ich jetzt nicht!¨
    Liara sog scharf die Luft ein. Was?! Wenn Garrus das erfuhr! Kaidan schien mindestens genauso von den Socken zu sein, denn er starrte den Bildschirm mit einem genauso ungläubigen Blick an wie sie. Ohne das die beiden es bemerkten, öffnete sich die Türe und besagter Turianer trat ein. Er merkte sofort, das irgendetwas nicht stimmte, so gebannt wie Liara und Kaidan auf den Bildschirm starrten. Also blieb er stumm und dachte daran, einfach zu warten, bis die beiden mit dem Observieren fertig waren.
    ¨Nein! Nicht so! Also...¨
    ¨Wie dann?¨
    ¨Es war nur...ich hab sie geküsst und das war`s. Mehr war da nicht. Aber ich hab sie immer unterstützt und...¨
    ¨Sie sind der erste - mal abgesehen von Vakarian - der das versucht und auch geschafft hat.¨
    Ein Schlag. Taubheit, Unglaube. Garrus starrte entsetzt auf den Monitor und erst jetzt drehten sich Liara und Kaidan zu ihm, die ihn nur bemerkt hatten, weil er das Datenpad, dass er eben noch in der Hand hatte, fallen gelassen hatte. Kaidan sah mehr als nur entsetzt aus, viel mehr schockiert und auch Liaras Augen weiteten sich. Bei der Göttin, er hätte das nun wirklich als letzter hören sollen!
    ¨Sie klingen als wäre das ein Ding der Unmöglichkeit.¨
    ¨Ist es auch. Dieser...Alenko hat das auch versucht und ich schwöre bei Gott, dass selbst diese hübsche Asari auf Shepard stand. - Nicht zu vergessen der Drell... Ah... Krios.¨
    Liara schaltete das Video schnell auf stumm, dachte nach, wie sie die Situation noch retten konnte, aber es war mehr als offensichtlich um welche Frau es sich in diesem Gespräch eben gehandelt hatte. Was für ein blöder Mist!
    Garrus schwieg und sein Blick verriet auch überhaupt nichts. Was hätte Liara nun alles dafür gegeben, turianische Gesten zu verstehen und richtig deuten zu können?
    ¨Garrus...¨, murmelte sie und ihr Mund fühlte sich seltsam trocken an.
    Er sah ihr noch einige Sekunden länger in die Augen und da bemerkte sie tatsächlich etwas. Sie wusste in dem ersten Augenblick gar nicht wie sie es benennen sollte. War es Schock? Schmerz? Fassungslosigkeit? Oder alles gemeinsam? So wie er reagierte hatte Shepard ihm anscheinend nichts von diesem Vorfall erzählt.
    ¨Ich... Wollte mich noch mal bei dir bedanken.¨, fing er an und seine Stimme klang seltsam abwesend. Gerade so, als hätte er sich seine Worte schon vor einiger Zeit zurecht gelegt um sie jetzt ohne jeglichen Kraftaufwand aussprechen zu können. ¨Und entschuldigen. Ich habe mich furchtbar verhalten in den letzten Jahren...¨, fügte er hinzu. Sein Blick wanderte kurz durch den Raum und er schien unschlüssig zu sein, ob er weiter reinkommen sollte, oder einfach im Rahmen der Tür stehen bleiben sollte. Liara entschied, dass sie ganz dringend etwas sagen musste.
    ¨Komm doch rein.¨, meinte sie, versuchte so ehrlich wie möglich zu Lächeln, aber er durchschaute sie.
    Er schüttelte nur leicht den Kopf. ¨Danke, aber ich muss gleich wieder...¨, entgegnete er, wirkte auf sie plötzlich so hilflos.
    ¨Garrus.¨, begann die Asari wieder. Sie wollte irgendetwas sagen, ihn beruhigen, beteuern, dass das mit Sicherheit nur ein Missverständnis war.
    ¨Es ist schön, dass du wieder gesund bist.¨, sagte er noch, vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen, und die Asari spürte wie ihr Mund um noch einiges trockener wurde. Warum hatte er auch ausgerechnet jetzt hereinkommen müssen? Kaidan schien sich endlich auch mal an dem halbherzigen Gespräch beteiligen zu wollen.
    ¨Wir können ja nachher zusammen Mittagessen...¨, schlug er vor und Liara hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst. Das war so was von unpassend!
    ¨Danke, aber ich denke nicht...ich sollte besser wieder...¨, stammelte Garrus und Liara hatte ihren turianischen Freund noch nie so unsicher erlebt wie in diesem Moment.
    ¨Garrus.¨, sagte Liara noch mal, stand abrupt auf und blieb nur wenige Schritte vor ihm stehen. ¨Das... Ist sicher nur ein Missverständnis.¨, meinte sie so aufmunternd wie möglich, sah aber in seinem Blick, dass er dieser Vermutung nicht einmal ansatzweise Glauben schenken konnte.
    ¨Vermutlich.¨, erwiderte er und in seiner Stimme lag etwas so Verächtliches, dass Liara ihn nur noch geschockt ansehen konnte, bis er ihr Zimmer wieder verlassen hatte.
    ¨Oh bei der Göttin, wie konnte das nur passieren?¨, fragte Liara mehr sich selbst als ihren Partner, denn Kaidan sah dem Turianer immer noch irritiert nach. Was für ein Chaos.
    ¨Das... Ist nicht deine Schuld. Ich schätze mal früher oder später hätte er es sowieso rausbekommen.¨, erwiderte Kaidan und nahm die Asari sanft in seine Arme.
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  5. #55
    Toss a coin... Avatar von Drellinator92
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    Schön geschrieben

  6. #56

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    Vielen Dank, Drellinator92!

    Kapitel 32: Konsequenzen

    Es war ein befreiendes Gefühl, zurück auf ihrem Schiff zu sein. Sie hielt sich sogar einige der Quallen in ihrem Aquarium um in ihrem Quartier nicht ganz alleine zu sein. Jane hatte nach einigen Tagen aufgegeben, ihren turianischen Partner aufzusuchen um ihn um etwas Zeit zu bitten. Er schien absolut immer eine Ausrede parat zu haben und sie einfach nicht privat sehen zu wollen. Shepard war deswegen zwar langsam ziemlich beleidigt, wollte allerdings keinen großen Streit vom Zaun brechen und blieb deswegen stumm. Außerdem wollte sie daran glauben, dass er irgendwann von selbst zu ihr kommen würde.
    Gott sei Dank gab es auch genügend andere Dinge, Probleme die Jane beschäftigt hielten und sie gänzlich an etwas anderes denken ließen. Sie versuchte also ihr schlechtes Gewissen, die Zweifel die sie aufgrund ihrer Beziehung zu Garrus hatte zu ignorieren und widmete sich viel mehr ihrer zurückgewonnenen Crew. Allerdings wusste sie auch, dass es so nicht ewig weitergehen konnte, sie musste mit Garrus reden und vor Allem musste sie erfahren, was ihn so plötzlich von ihr fern hielt.
    Sie beobachtete ihn, merkte sich die Zeit wann er zu Mittag aß - das tat er inzwischen immer alleine, vermutlich weil er jeglichen Kontakt mit Shepard vermeiden wollte - und ging schließlich nur wenige Minuten nachdem er wieder auf seinem Gefechtsstand verschwunden war zu ihm. Sie würde ihn zur Rede stellen und zwar sofort.
    Bevor er ihr auch nur irgendeine Ausrede wieder auftischen konnte übernahm Jane das Reden.
    ¨Garrus, wir müssen reden. Jetzt. Was ist los?¨, begann sie und verschränkte die Arme vor der Brust. `Blöder Anfang`, schalt sie sich gedanklich und stemmte ihre Hände lieber in die Hüften. Wenn sie so weitermachte, würde er wissen wie verärgert sie über sein Verhalten war.
    Garrus schien einige Sekunden lang zu überlegen, was er jetzt sagen konnte. Sie merkte förmlich wie er an einer Ausrede bastelte, ihr wieder irgendetwas sagen wollte, warum er jetzt nicht mit ihr sprechen konnte, aber dieses Mal würde sie sich nicht so leicht abschütteln lassen.
    Er seufzte schließlich, verschloss die Tür hinter ihr und Jane spürte wie ihr langsam etwas heiß wurde. Ihr war ja schon früh aufgefallen, dass fast jeder von Garrus´ Handgriffen sie erregte, aber wie aufregend sich das bloße Abschließen der Türe anfühlte war geradezu lächerlich. Jane versuchte sich selbst ein wenig zu beruhigen, schließlich war sie nicht hergekommen um jetzt mit ihm zu schlafen. Zumal sie daran zweifelte, dass er das überhaupt wollte.
    ¨...Auf der Erde. Ist da etwas... Vorgefallen, von dem ich wissen sollte?¨, fragte er und klang dabei seltsam unsicher. Ein normaler Mensch hätte die Veränderung in seiner Stimme vermutlich nicht so schnell wahrgenommen, aber Jane kannte Garrus lange genug. Sie wusste, dass ihn irgendetwas beschäftigte und das nicht auf positive Art und Weise.
    ¨Nein.¨, sagte sie schnell. Vielleicht auch etwas zu schnell, denn er schien ihr nicht so recht zu glauben.
    ¨Dann hast du mir immer die Wahrheit gesagt? Nichts... Verheimlicht?¨, hakte er nach und jetzt hatte Jane das Gefühl, dass er auf etwas ganz Bestimmtes hinaus wollte. Was meinte er? Sie überlegte einen Moment, dachte an ihre Gespräche. Daran, was sie ihm alles erzählt hatte. Es war viel passiert in den letzten Monaten und sie hatte wirklich versucht ihn über alles zu informieren. Natürlich gab es ein, zwei Dinge, die er wirklich nicht wissen musste unter anderem von diesem blöden Abend, als sie mit Jack am Lagerfeuer gesessen und getrunken hatte bis zum geht nicht mehr... Und dann war da noch James. Verdammt.
    ¨...Ja.¨, bestätigte sie zögernd. Es wäre wahrscheinlich klüger gewesen, ihm gleich davon zu erzählen. Einfach damit er wusste, dass es nichts bedeutet hatte und er sich keine Sorge um ihren Lieutenant machen musste, aber Jane tat sich schwer damit darüber zu sprechen. Sie wusste, wie falsch sie sich verhalten hatte und obwohl sie sonst immer gut für ihre Fehler gerade stehen hatte können, in dieser Hinsicht fiel ihr das unheimlich schwer.
    Garrus glaubte ihr immer noch nicht. Er sah kurz auf seine Konsole, Jane hörte, dass er noch irgendwelche Schalter darauf betätigte und wandte sich dann voll und ganz ihr zu.
    ¨Hast du James geküsst?¨, fragte er schließlich direkt.
    Das erklärte natürlich so einiges.
    Sie schwieg einen Moment lang, wollte sich mental eine Ohrfeige verpassen dafür, dass sie es ihm nicht sofort gesagt hatte. Sie hatte Angst davor gehabt und es außerdem für nicht sonderlich wichtig gehalten. Und sie hatte gedacht, James würde es für sich behalten und nicht an die große Glocke hängen. Aber anscheinend hatte sie sich da geirrt und irgendjemand hatte es Garrus erzählt. Am liebsten hätte sie ihm das alles erklärt, wie dumm sie sich verhalten hatte, dass sie es ihm gleich hätte sagen sollen, aber seltsamerweise brachte sie kein einziges Wort raus. Sie starrten einander einfach nur an und sie konnte kaum glauben, dass dieses dumme Missgeschick alles war, das zwischen ihnen stand. Hatte er sich deswegen so seltsam verhalten? Von ihr fern gehalten? Wegen diesem... Beschissenen Kuss?
    ¨Er hat mich geküsst.¨, stellte sie schnell klar, immerhin wollte sie nicht, dass er eine falsche Version der Geschichte glaubte. Wer auch immer ihn darüber informiert hatte, Jane konnte sich nicht sicher sein, ob er das Richtige gehört hatte. ¨Ich war betrunken und ich erinnere mich kaum daran. Wir haben bereits darüber gesprochen und das geklärt. Ich hielt es... Für nicht wichtig.¨, erklärte sie und klang dabei viel gehetzter, genervter als sie wollte. Das war dumm. So unsagbar dumm. Sie hatte nicht das Recht ihn so anzumachen. Seine Frage war durchaus berechtigt gewesen und so wie sie mit ihm sprach, klang es als wolle sie die ganze Sache einfach herunterspielen. Dabei wusste sie, dass Turianer ganz anders tickten als Menschen.
    Es herrschte wieder Stille und Jane hätte nun alles dafür gegeben um zu erfahren, was er dachte. Er schien nicht richtig zu wissen was er sagen sollte, aber er war viel beherrschter als sie. Jane überlegte, wie lange er schon Bescheid wusste und warum er sie nie darauf angesprochen hatte.
    ¨Nicht wichtig...¨, widerholte er ungläubig, schüttelte den Kopf und lehnte sich an das Terminal, gerade so, als fiele es ihm schwer ihr länger direkt gegenüber zu stehen. ¨Jane, ich kann das nicht.¨, sagte er schließlich leise. Er sah sie nicht an, konnte sie nicht ansehen.
    Jane spürte Wut in sich aufsteigen. Wie hatte sie nur so blöd sein können!
    ¨Garrus, bitte, es war nichts. James hat nur...¨, sie versuchte es zu erklären, die Situation zu retten, ihm klar zu machen, dass es für sie nur ihn gab, aber er schien ihr gar nicht mehr zuhören zu wollen.
    ¨Es funktioniert nicht.¨, entgegnete er, immer noch beherrscht.
    ¨Das...¨, sie atmete ein paar Mal ruhig durch. Jetzt bloß nicht ausrasten. Sie hatte so lange darauf gewartet, wieder mit ihm zusammen sein zu können und jetzt versaute sie ein dummer, blöder kurzer Augenblick, in dem sie sich selbst nicht unter Kontrolle gehabt hatte alles, wonach sie sich so lange gesehnt hatte. ¨Sag das nicht. Mit mir und James ist nichts. Ich schwöre dir, es war nur dieses eine Mal und wie gesagt, ich erinnere mich kaum daran. Das sollte nicht zwischen uns stehen und-¨
    ¨Jane, es sind fünf verdammte Jahre vergangen! Ich habe mich verändert und du dich ganz offensichtlich auch!¨, unterbrach er sie aufgebracht.
    Sie verstummte, sah ihn fassungslos an. Wollte er eben... Schluss machen?
    Einige Minuten lang herrschte eine angespannte Stille. Jane musste wissen was er dachte, was er damit sagen wollte. ¨Machst du...Schluss?¨, sie traute sich kaum diese Frage auszusprechen. Ihn zu verlieren, wäre das Schlimmste was ihr jetzt passieren konnte.
    ¨Nein.¨, erwiderte er überraschend schnell und ganz offensichtlich auch entsetzt darüber, dass sie so etwas annehmen konnte. ¨Natürlich nicht.¨, fügte er noch hinzu und ihr fiel ein gigantischer Stein vom Herzen. Wenigstens etwas.
    ¨Dann...was, soll ich mich von dir fern halten?¨, fragte sie leise und sah auf den Boden. Sie fühlte sich furchtbar! An diesem ganzen Schlamassel war sie selbst Schuld und sie hatte die Enttäuschung in seinen Augen nur zu deutlich lesen können. Es wäre genug gewesen wenn sie für ihre eigene Dummheit hätte bezahlen müssen, aber ihn da mitreinzuziehen...
    Er seufzte. ¨Ich... Brauche Zeit. Gib mir einfach ein bisschen... Halte Abstand. Ich kann jetzt nicht einfach.... Nicht so schnell. Bitte versteh das.¨, bat er leise.
    Sie hatte gehofft, er würde ihre Hand nehmen, ihr noch mal in die Augen sehen, aber das tat er nicht. Jane nickte nur, akzeptierte seine Entscheidung und verließ wieder den Gefechtsstand. Sie hätte nie gedacht, dass dieser unbedachte Kuss mit James solche Folgen haben könnte.

    ¨Shepard!¨
    Jane wirbelte herum. Sie hatte überhaupt nicht bemerkt, dass Liara sie schon mindestens drei Mal gerufen hatte. Ihr Gespräch mit Garrus hatte ihr so den Kopf verdreht, dass sie sich gar nicht mehr auf ihren Weg konzentrieren konnte. Eigentlich hatte sie sich wieder auf die Krankenstation zurückziehen wollen, aber da machte ihr die Asari wohl einen Strich durch die Rechnung.
    „Liara… entschuldige, ich war…“, Shepard verstummte, warf noch einen kurzen Blick zum Gefechtsstand und dann zu ihrer Freundin.
    „Ist alles in Ordnung?“, fragte die Asari besorgt. Vermutlich war ihr aufgefallen, wie häufig Jane nun schon bei Mordin gewesen ist.
    „Ja.“, log sie und versuchte den bitteren Gedanken an ihren Partner zu ignorieren. Er brauchte Zeit und die sollte sie ihm geben.
    „Kaidan und ich wollten eben in die Lounge gehen um ein bisschen abzuschalten und über die momentane Situation zu sprechen.“, meinte Liara im Gehen, während sie auf ihrem Datenpad herumtippte, und es schließlich Shepard gab. Eigentlich wollte Jane fragen woher sie von ihren Gesprächen mit Wrex und Tali wusste, aber dann wurde ihr wieder bewusst, dass die fünf Jahre auf Namakli Liaras Neugier anscheinend kein Ende gesetzt hatten.
    „Alles klar, keine schlechte Idee.“, stimmte Jane schnell zu und folgte ihr in den Aufenthaltsraum.
    Sie setzte sich neben die Asari auf das Sofa und Kaidan besorgte den beiden zwei Gläser und eine Flasche turianischen Brandy.
    „Du hast gesagt, du hast die Daten zur Heilung der Genophage?“, fragte Liara.
    Jane schwieg einen Moment. Sie meinte sich zu erinnern, dass Mordin gesagt hatte, er wüsste nicht wo die Daten sind. Das war ein Problem. Ein ziemlich großes sogar. Sie wollte ihren Freunden diese Sorgen allerdings ersparen und nickte nur, während sie auf die lilane Flüssigkeit in ihrem Glas starrte. Außerhalb davon hatte sie jetzt absolut nicht den Nerv dazu, mit ihrem Major und der Asari darüber zu diskutieren.
    „Sehr gut. Und was ist mit den Geth? Du hast Tali versprochen sie wieder… einzuschalten, aber haben wir denn eine Ahnung wie wir das anstellen wollen?“, fragte die Asari und zog nachdenklich eine Augenbraue hoch. Jane schwenkte teilnahmslos den Alkohol in ihrem Glas und beobachtete wie sich dessen Oberfläche verhielt.
    „Ich kann den Konsens reparieren.“, meinte sie schließlich und klang immer noch seltsam abwesend.
    Liara und Kaidan musterten ihren Commander einen Moment lang. Was war mit ihr los?
    „Okay. Gut. Wissen wir denn wo sich der Zugang befindet?“, fragte Liara weiter nach und bemerkte erst jetzt, den unruhigen Schatten in Janes Augen.
    „Auf einem Gethschlachtschiff im Perseus-Nebel.“, erwiderte Shepard schnell. „Tali weiß wo das ist.“, fügte sie noch hinzu.
    „Das ist… beruhigend.“, bestätigte Liara.
    Einige Minuten lang herrschte wieder Schweigen und bevor Liara noch irgendetwas sagen konnte, nahm Jane das Gespräch wieder auf. ¨Und geht es euch beiden gut? Ich meine, braucht ihr etwas?¨, fragte sie und sah abwechseln von Liara zu Kaidan. Der Major warf seiner Partnerin einen kurzen irritierten Blick zu, verstand gar nichts mehr, vor Allem was mit Shepard los war, ging aber auf ihre Frage ein.
    ¨Eigentlich nicht. Es ist noch etwas ungewohnt hier zu sein, aber im Prinzip haben wir alles, was wir brauchen.¨, meinte er und lächelte Jane aufmunternd an. Sie schien nicht ganz auf der Höhe zu sein und was auch immer sie so beschäftigte, er wünschte er könnte ihr helfen. Aber er wusste, dass sie mit ihm nie über ihre Probleme reden würde, so war sie nicht.
    ¨Und du? Du bist so blass, geht´s dir nicht gut?¨, fragte Liara und sah Jane mit ehrlicher Besorgnis an.
    Der Commander wollte eben zu einer Antwort ansetzen, als sich die Türe öffnete und Jeff, EDI und Jack eintraten. ¨Hey Sheps, was ist hier denn für ein Auflauf?¨, fragte die Biotikerin und setzte sich neben Jane auf das Sofa.
    Jeff strahlte mit der Sonne um die Wette und Jane musste unwillkürlich grinsen. Sie meinte ihren Piloten noch nie so glücklich gesehen zu haben. ¨Wollen Sie ne Runde Poker spielen?¨, fragte Jeff und führte EDI an der Hand zum Pokertisch.
    ¨Ich glaube nicht, dass Shepard dafür Zeit hat, Jeff, sie hat in 17 Minuten und 23 Sekunden ein Termin mit dem turianischen Ratsherrn und in 53 Minuten wollte sie ihre Mutter kontaktieren.¨, bedachte EDI und Jane schmunzelte. Schön, dass die KI wieder die komplette Kontrolle über das Schiff und ihren Kalender hatte. Das mit dem Ratsherren hätte Jane fast schon wieder vergessen. Sie hatte die KI auch irgendwie vermisst.
    Jeff machte einen genervten Laut und warf Shepard einen fragenden Blick zu. ¨Ernsthaft, Commander?¨
    ¨Tut mir Leid, Jeff, als Heldin der Galaxie hab ich´s eben nicht so leicht.¨, erwiderte Jane mit einem schelmischen Grinsen. Sie wusste ja was sie für die anderen war, hatte sich selbst allerdings nie so gesehen. Jack durchschaute Jane, wusste, dass dieses Lächeln nur gespielt war, sagte aber nichts. Sie würde später mit ihr reden. Jetzt war nicht der richtige Augenblick. ¨Was ist eigentlich mit dir, Jack? Brauchst du noch irgendetwas?¨, fragte Jane an ihre Freundin gewandt. Die junge Biotikerin warf ihrem Commander einen kurzen verwirrten Blick zu ehe sie antwortete.
    ¨Ne, außer Sex hab ich alles was ich brauche.¨, erwiderte sie ungerührt und Jane dachte unwillkürlich wieder an Garrus. Na super, eigentlich hatte sie gehofft, ihre Freunde könnten sie etwas ablenken, auf andere Gedanken bringen. Aber Jack musste ein nur so einfaches Wort sagen und schon konnte Jane an gar nichts anderes mehr denken.
    ¨Gut, dabei kann ich dir wohl oder übel nicht helfen.¨, entgegnete Jane und nippte an ihrem Glas. Jack lachte.
    ¨Du könntest, aber ich schätze, das willst du nicht. Und ich muss auch ehrlich zu geben, dass ich auf andere Sachen stehe.¨, erklärte Jack und grinste dreckig.
    ¨Irre ich mich oder hatten wir das Thema schon?¨, fragte Jane und grinste ebenfalls. Irgendwie gefiel es ihr mit Jack so zu reden.
    ¨Glaub schon. Wie wär´s Kaidan? Brauchen Sie mal ein bisschen Abwechslung?¨, fragte Jack, warf dem Major einen lasziven Blick zu - indem sie sich mit der Zunge sinnlich über die Lippen fuhr - und brach gemeinsam mit Jane in Lachen aus, als Kaidan sie fassungslos und total überrumpelt anstarrte.
    Liara sah die Biotikerin mindestens genauso entsetzt an und wandte ihren Blick dann an Jane die das alles anscheinend auch unheimlich lustig fand. Liara hätte nie gedacht so besitzergreifend zu sein, aber aus welchem Grund auch immer, hatte sich Jacks Angebot ihrer Meinung nach ein Stück weit zu provokativ angehört.
    ¨Nur mit der Ruhe, Doc, ich hab doch nur Spaß gemacht.¨, meinte Jack schließlich und grinste die Asari wissend an. ¨Es wäre zwar mal interessant mit einem Biotiker zu schlafen, aber gut, ich weiß ja, dass er vor mir eh viel zu großen Schiss hat.¨, fügte sie noch in aller Ruhe hinzu und nahm einen Schluck aus Janes Glas.
    Liara konnte kaum glauben was sie da hörte. Diese vorlaute Göre!
    ¨Ganz ruhig Liara, Jack meint das nicht ernst.¨, beruhigte Jane sie schnell, konnte sich das Grinsen aber immer noch nicht verkneifen.
    ¨Das hoffe ich.¨, erwiderte die Asari bissig.
    Kaidan zog eine Augenbraue hoch und fühlte sich zunehmend unwohl. Er hatte noch nie erlebt, dass sich zwei Frauen um ihn stritten. Auch wenn Jack es nicht ernst meinte, schien Liara das trotzdem sehr persönlich zu nehmen.
    ¨Also Jeff, du wolltest pokern?¨, meinte er so nebenbei wie möglich und setzte sich zu dem Flight Lieutenant und seiner Partnerin an den Tisch.
    ¨Wie wär´s mit Strip Poker?¨, schlug Jack vor und Jane lachte wieder, als Kaidans verlegener Blick zurückkehrte.
    ¨Jetzt reicht´s langsam!¨, mischte sich Liara ein und warf Jack einen geradezu tötlichen Blick zu. Die Biotikerin nahm den Shadow Broker aber nicht gerade ernst.
    Jane wusste, dass sie einschreiten musste, bevor Liara ihre tätowierte Freundin in Stücke reißen würde.
    ¨Jack, ich glaube wir gehen besser.¨, meinte Jane , nahm die Hand ihrer Freundin und verließ mit ihr die Lounge.

    "Hauptsächlich negativ. Blutdruck leicht erhöht, Hormone... Unruhig.", meinte Mordin und tippte auf seinem Universalgerät herum. Jane hörte ihm kaum zu. Ihr Streit mit Garrus machte sie schier wahnsinnig. Wie konnte er nur so aufgebracht wegen diesem… blöden Kuss sein? Sie erinnerte sich nicht einmal richtig daran, außerdem hatte sie für ihre Fehler doch nun wirklich schon genug büßen müssen oder etwa nicht? Sie biss sich auf die Lippe und dachte daran, wie verrückt Garrus sie machte. Einerseits wollte sie ihn anschreien für seine blöde Sturheit, dass er ihr nicht glaubte. Und andererseits wollte sie sich auf ihn stürzen und mit ihm schlafen. Und zwar so richtig hemmungslos. Jane stöhnte frustriert und legte sich auf Mordins Geste hin auf das Krankenbett. Sie hatte keine Ahnung warum sie diese hitzige Diskussion mit ihrem Partner so unheimlich erregte. Das war nun wirklich nicht ihre Art. Und dann fiel ihr auf, dass der Professor seltsam ruhig war.
    "Mordin? Ist was?", knurrte sie und starrte an die Decke. Einmal. Sie waren seit Wochen wieder zusammen und hatten bisher nur einmal Sex gehabt und das war auch schon wieder viel zu lange her.
    "...hm.", machte der Salarianer nur und scannte seinen Commander noch mal in deren Bauchgegend.
    Dieser blöde, unvernünftige Turianer! Jane konnte kaum still halten. Am liebsten wäre sie schnurstracks zum Gefechtstand gegangen und hätte ihn so lange angeschrien bis er endlich verstand wie sehr sie ihn liebte. Und dann hätten sie Sex gehabt, auf dem Gefechtsstand. Endlich wieder. Obwohl sie gerade derart wütend auf ihn war, konnte sie kein einziges, ernstgemeintes schlechtes Wort über ihn denken. Er brachte sie irgendwann noch um den Verstand, so viel stand fest.
    "Eindeutig. Seltsam.", murmelte Mordin und Jane zog eine Augenbraue hoch. Vielleicht sollte sie ihm besser zuhören, schließlich ging es hier eben um ihre Gesundheit.
    "Was?", hakte sie gereizt nach. Stressabbau. Ja, das wäre nun wirklich das Beste. Und schon wieder dachte sie an Garrus und seine verdammt erotische Stimme.
    "...schwanger.", stellte Mordin ausdruckslos fest. Jane traute ihren Ohren kaum.
    "Bitte?!"
    "Definitiv. Kein Irrtum. Eindeutig schwanger. Würde ständigen Stimmungswechsel erklären.", murmelte der Salarianer wieder und sprach dabei viel mehr zu sich selbst als zu Jane. Die Soldatin starrte ihren behandelnden Arzt irritiert an.
    "Moment. Mordin, was zum Henker meinen Sie damit? Ich kann nicht schwanger sein!", erwiderte sie aufgebracht. War da etwa doch mehr mit ihrem Lieutenant gelaufen als sie wusste? Jane schüttelte den Kopf. Nein, das durfte nicht wahr sein. Bitte nicht.
    "Schwangerschaft offensichtlich. Fötus aber... Nicht menschlich.", erklärte der Professor weiterhin und ignorierte Janes Einwände. Da erstarrte sie. Nicht...menschlich? Jane war so froh über die Ergebnisse gewesen, hatte gedacht ihre ganzen Sorgen von wegen Indoktrination oder Schlimmere wären um sonst gewesen und jetzt? Hatten die Reaper oder vielleicht der Katalysator irgendetwas... In sie gepflanzt? Unwillkürlich erinnerte sie sich an die ganzen Horror Videos die sie gesehen hatte. Das war mit Abstand die schlimmste Nachricht die sie je bekommen hatte. Die Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    "Mordin, bitte, holen sie es da raus.", bat sie panisch und merkte selbst wie ihre Stimme einige Töne höher klang wie sonst. Der Professor schüttelte schnell den Kopf.
    "Unmöglich! Abbruch der Schwangerschaft wäre verheerend! Fötus unbezahlbar für Wissenschaft.", meinte er schnell und hob beschwichtigend die Hände.
    Jane merkte, wie ihr Herz schneller schlug, ihr Atem nur noch unregelmäßig ging, ihr schwindelig wurde. Das durfte doch nicht wahr sein! "Mordin!", flehte sie und versuchte irgendwie an dem Krankenbett Halt zu finden. Oh Gott, stand ihr das bevor? Sie würde bei der Geburt eines Reapermonsters sterben? Ihr schossen Horrorvision von Baby-Husks und anderen ekligen Kreaturen in den Kopf. Bitte, bitte nicht...
    "Shepard.", und tatsächlich. Dieser verdammte Salarianer grinste. Er hatte sie nun doch wirklich nicht nur auf den Arm genommen oder etwa doch? "Kann Sie beruhigen.", meinte er gelassen und ging kurz zu einem Schrank um ein paar Tabletten raus zu holen. "Fötus turianisch.", erklärte er schlicht, mit einem neugierigen Lächeln.
    Janes Herz rutschte ein paar Stockwerke tiefer. Turianisch?
    "...Aber...aber...", stammelte sie und beruhigte sich langsam wieder. Doch kein Reapermonsterbaby.
    "Ungewöhnlich. Wunder. Würde Sie gerne regelmäßig untersuchen.", bat er und gab ihr zwei der Tabletten. "Zur Beruhigung."
    Jane nahm ihm die Medikamente dankend ab und schluckte sie schnell runter. Sie war schwanger. Sie brauchte ein paar Minuten um diese Information zu verarbeiten. Bei den Geistern, damit hatte sie nicht gerechnet. Wenigstens erklärte das zumindest halbwegs, warum sie sich in letzter Zeit so enorm zu ihrem Partner hingezogen fühlte. Das war zwar nicht wirklich ungewöhnlich, aber in diesem Ausmaß - das sie sich ständig körperlich auf ihn stürzen wollte - eben noch nicht vorgekommen. Sie atmete erleichtert aus. Gott sei Dank kein Monster oder ein Kind von James. Das hätte sie nun wirklich nicht verkraftet.
    "Sollten es Garrus sagen. Freut sich sicher über die Nachricht.", meinte Mordin immer noch lächelnd.
    ¨Nein!¨, erwiderte Jane schnell. Der Salarianer musterte sie mit einem verdutzten Blick.
    ¨Bereits Gespräch über Kinder gehabt und keine positiven Antworten bekommen oder allgemeine Abneigung gegenüber Kindern oder... Muss fragen. Warum?¨
    Jane schloss die Augen und presste konzentriert die Lippen aufeinander. Um Gottes Willen, wie sollte sie das nur einem gefühlskalten, immer rational denkenden Salarianer erklären? ¨Es... Läuft einfach gerade nicht so gut. Ich halte es für keine gute Idee, das überhaupt jemandem zu sagen. Also... Behalten Sie bitte Stillschweigen darüber, Mordin.¨, bat Jane und sah den Professor eindringlich an.
    Zuerst reagierte er gar nicht, dann blinzelte er verwirrt und nickte schließlich.
    ¨Wie Sie möchten. Respektiere Wünsche meiner Patienten.¨, meinte er und ging zurück zu seiner Arbeitsfläche. ¨Untersuchung abgeschlossen. Keine Reaperüberreste in Ihrem Körper vorhanden, lediglich festgestellte, dass Patientin schwanger ist. Überraschenderweise von Turianer.¨, dachte Mordin laut und notierte seine Gedanken auf seinem Datenpad. Jane konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen.
    ¨Mordin?¨
    Der Salarianer sah noch einmal auf. Jane stand nun direkt neben ihm und sah ihn mit einer versucht ernsten Miene an. ¨Behalten Sie´s für sich.¨
    Erst jetzt fiel ihm auf, dass laut denken, vielleicht nicht immer von Vorteil war und nickte.
    "Natürlich. Eins noch.", begann er, ehe er sich noch einmal an Shepard wandt und sie mit einem ernsten Blick ansah. "Keine Missionen. Am besten an Board der Normandy bleiben oder auf Planeten mit zuverlässigem Krankenhaus landen. Ablauf der Schwangerschaft ungewiss, könnte Komplikationen hervorrufen. Missionen definitiv zu gefährlich.", meinte er. Jane erwiderte Mordins Blick einen Moment lang fassungslos. Er erwartete jetzt doch nicht wirklich von ihr, dass sie die nächsten Monate auf jegliche Action verzichtete?
    "Mordin, bei Allem Respekt, ich bin Commander, ich kann nicht einfach hier sitzen und Tee trinken. Ich habe Versprechen einzuhalten und davon können Sie mich auch nicht abhalten.", entgegnete sie so beherrscht wie möglich. Niemand konnte ihr das Kommando einfach so aus den Händen reißen.
    Dem Salarianer schien Janes Antwort überhaupt nicht zu gefallen. Er setzte mehrere Male dazu an etwas zu sagen, bis ihm vermutlich bewusst wurde, dass er Jane wohl oder übel nicht davon abhalten konnte und sagte schließlich nur: "Unklug."
    Es war nicht das erste Mal, dass er sie als dumm bezeichnete, insofern legte sie zumindest in dieser Hinsicht kein sonderlich großen Wert auf seine Meinung und hoffte einfach, dass er nichts tun würde, um sie an die Krankenstation der Normandy zu fesseln. Außerdem musste sie erst einmal richtig verstehen, was er eben gesagt hatte. Schwanger. Nachdem sie mit Garrus zusammen war, hatte sie eigentlich damit abgeschlossen, wahrscheinlich nie in ihrem Leben dazu im Stande zu sein, ein Kind auszutragen. Und jetzt... Sie musste es ihm sagen, aber in ihr breitete sich eine dermaßen große Furcht aus, dass sie das überhaupt nicht in Erwägung zog. Außerdem fiel ihr jetzt ein, dass sie im Grunde genommen keinen blassen Schimmer hatte, wie turianische Schwangerschaften normalerweise aussahen.
    "Mordin?", begann sie wieder und sie meinte diesen beleidigten Ausdruck in seinem Gesicht von ihrer damaligen Party in Andersons Apartment zu kennen. Sie ignorierte das allerdings gekonnt und hoffte einfach, er würde ihr trotzdem antworten. "Wenn ich...", sie schluckte schwer bevor sie weitersprach, "... Schwanger bin, dass... Ich meine, was ist mit diesem ganzen 'Dextro'-Ding? Dürfte mein ganzer Körper nicht eigentlich furchtbar schlecht für mein... Baby sein?", fragte sie unsicher und es auszusprechen hatte verdammt hohes Gewicht. Jane legte, beinahe unbewusst eine Hand auf ihren Bauch.
    Mordin sah Jane gar nicht an. Vielleicht war er ja tatsächlich beleidigt, aber Jane hatte weder Zeit noch den Nerv dafür, jetzt nachzugeben. Zumal sie sich das sowieso nicht leisten könnte.
    ¨Tatsache. Fötus allerdings umgeben von... Einer Art Filter.¨, erklärte Mordin, deutete Jane, sich noch einmal hinzulegen und kam dann mit einem kleinen, seltsamen Gerät zu ihr. Er fuhr damit noch einmal über ihren Bauch, und das Gerät projizierte ein Hologramm von ihrem Inneren. Und da sah sie es. Ein kleines rundes etwas, dass seltsam zu ihrem Herzschlag pulsierte. Im Grunde genommen hätte sie es gar nicht von den anderen Organen unterscheiden können, hätte der Professor nicht darauf gezeigt. Jane merkte wie sich tief in ihr etwas rührte und sie konnte kaum verhindern Mordin gerührt anzusehen. ¨Ist das...¨, stammelte sie ungläubig und biss sich konzentriert auf die Lippe. Dieses kleine Ding zu sehen und zu wissen, dass es in ihrem Bauch heran wuchs war ein unbeschreiblich schönes Gefühl.
    ¨Ja. Hier, Filter.¨, meinte Mordin und zeigte auf die dünne Schicht, die das runde Ding vom Rest ihres Körpers trennte.
    Jane war sprachlos. Wie auch immer es dazu gekommen war, sie war schwanger und es war definitiv von Garrus.
    ¨Mordin ich...¨, stammelte Jane wieder r und konnte den Salarianer gar nicht mehr ansehen. Sie hätte nie gedacht, dass sich ihr Wunsch erfüllen würde. Sie hatte versucht sich damit abzufinden aber jetzt...
    ¨Hatte es auch für unmöglich gehalten. Freue mich über Ihr Glück.¨, erwiderte der Professor und lächelte wieder. Unwillkürlich dachte sie daran, wie froh sie war, dass er als Salarianer nicht sonderlich nachtragend war.
    ¨Danke.¨
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  7. #57
    Newbie Avatar von xsm4sh3r
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    wieder super geschrieben warte schon auf die Fortsetzung

  8. #58

    Standard

    Sorry für die lange Wartezeit ._.

    Und danke xsm4sh3r!

    Kapitel 33: Ein Schritt nach vorn

    Jane öffnete die Augen und hustete. Ihr ganzer Körper fühlte sich an als wäre jede einzelne Faser in Stücke gerissen worden. Sie hustete erneut, ein seltsam rostiger Geschmack lag auf ihrer Zunge und ihre Lunge meldete sich ebenfalls auf unangenehme Art und Weise. Sie blinzelte, versuchte zu erkennen wo sie war und dann nahm sie etwas in ihrem Blickwinkel wahr. Um sie herum waren Trümmer, und endlich wurde auch der Rest klarer. Sie befand sich auf der Citadel zwischen einigen Überresten der Sovereign. Diesen Ort würde sie überall wiedererkennen. Jane versuchte aufzustehen, knickte ein und hielt sich ihre schmerzende Seite. Diese Wunden stammten aber definitiv nicht von dem Kampf gegen Saren.
    Sie sah an sich herab, bemerkte, dass auch ihre Panzerung nicht zu jener Zeit passte. Sie kniff die Augen kurz zusammen, überlegte ob sie träumte. Dafür waren die Schmerzen aber viel zu echt. Ihr rechter Arm war voller Blut, die Panzerung an einigen Stellen überhaupt nicht mehr vorhanden. An ihrem Bein erkannte sie unzählige Schürfwunden und ihre Seite blutete unaufhörlich. Was war hier nur los?
    Irritiert stemmte sie sich wieder auf ihre Beine und versuchte dieses Mal einige Schritte nach vorn zu machen. Da war er also, der Katalysator. Schon wieder. Jane war kurz davor frustriert zu stöhnen. Wann hörte er endlich auf sie in ihren Träumen heimzusuchen? Und hatte er sich nicht etwas Besseres aussuchen können?
    ¨Sie geraten auf den falschen Weg.¨
    Jane sah auf. Zum ersten Mal hatte der Katalysator eine richtige Form angenommen. Er war nicht länger dieses blau schimmernde, halb durchsichtige Kind, sondern hatte einen festen Körper. Er sah sie mit seinen unschuldigen Augen am anderen Ende des langen, großen Saals an. Obwohl er so weit weg war, verstand sie jedes einzelne Wort beinahe besser, wie wenn er direkt vor ihr gestanden hätte. Nur einen Wimpernschlag später, stand er vor ihr und Jane wankte ein paar Schritte zurück, kam viel zu schwer auf ihrem verletzten Bein auf und musste sich an einem der Trümmer abstützen. Sie kniff einen Moment die Augen zusammen.
    ¨Wovon reden Sie da?¨, fragte sie verwirrt und keuchte.
    Der menschliche Junge kam zu ihr, ohne seinen Blick jemals von ihrem zu trennen.
    ¨Sie hatten sich entschieden. Es gibt keine zweite Gelegenheit. Sie können es nicht rückgängig machen.¨, sagte er und blieb nur wenige Zentimeter vor ihr stehen.
    ¨Was soll das? Ich will nichts rückgängig machen.¨, erwiderte Jane, langsam etwas wütend. Der Katalysator schien ihr aber überhaupt nicht zuhören zu wollen. Er legte seine Hand auf ihren blutigen Arm und drückte schmerzhaft zu. Jane versuchte sich von ihm loszureißen, aber er hielt sie fest.
    ¨Sie hatten sich dafür entschieden, sie zu zerstören.¨, sagte er wieder und dieses Mal klang seine Stimme unheimlich kalt. Jane schüttelte den Kopf. Was wollte er von ihr?!
    ¨Ja und ich habe nicht vor, die Reaper wieder zurück zu holen!¨, entgegnete Jane energisch . ¨Sie haben gelogen.¨, erwiderte er wieder mit derselben blinden Wut wie vorher. Jane versuchte erneut, zurückzuweichen, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht. Und dann hatte der Junge plötzlich ihre Pistole in der Hand und zielte direkt auf ihren Bauch. ¨Sie werden sterben.¨, sagte er nur noch und drückte ab.

    Jane fuhr mit einem entsetzten Schrei hoch. Sie brauchte einige Sekunden bis sie endlich wahrnahm, dass sie in ihrem Bett auf der Normandy lag. Ein Traum. Nur ein verdammter Traum. Sie zitterte, legte das Gesicht in ihre Hände und schüttelte den Kopf. Und sie hatte geglaubt diese beschissenen Albträume los zu sein. Es hatte sich alles so real angefühlt. Sie wanderte mit ihrem Blick einmal prüfend über ihren Körper. Da waren zwar unzählige Narben aber keine offenen Wunden. Es war nur ein Traum.
    Jane atmete einige Male ruhig durch und zog dann die Knie nahe an ihren Körper. Drei Uhr nachts. Da hatte sie aber nicht sonderlich lange geschlafen. Sie wusste, dass sie so ganz sicher nicht wider einschlafen würde, zog sich schnell etwas über und verließ ihre Kabine. Der Aufzug brauchte wie immer eine halbe Ewigkeit und bis Jane überhaupt wahrnahm, wo sie ihre Beine eigentlich hintrugen, war es schon zu spät für einen Rückzieher, denn die Türe zum Gefechtsstand öffnete sich von ganz allein.
    Erstaunt stellte sie fest, dass Garrus noch arbeitete und sie fragte sich, wann er denn jemals schlafen ging. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und ihr war trotz Pullover furchtbar kalt. Das Zittern hatte auch noch nicht nachgelassen und selbst der Anblick seines überraschten Gesichtsausdrucks konnte ihre Angst nicht mindern.
    ¨Hey...¨, begann sie leise und ihre Stimme brach beinahe. Jane biss sich auf die Lippe und versuchte sich zu beherrschen. Gott, wie sie ihm auf die Nerven gehen musste.
    ¨...ist alles in Ordnung?¨, fragte er und ließ seinen Blick einmal besorgt über ihren Körper schweifen.
    Jane verschränkte die Arme vor der Brust - nicht weil sie beleidigt war, sondern viel mehr weil sie hoffte, sich damit vielleicht etwas wärmen zu können.
    ¨Ich... Kann nicht schlafen.¨, meinte sie im gleichen leisen Ton wie vorher. Sie traute sich nicht näher zu kommen, versuchte so nahe an der Tür zu stehen, dass sie jederzeit nur einen Schritt machen musste um zu gehen, sollte er sie nicht sehen wollen.
    ¨Wegen unserem letzten Gespräch?¨, fragte er und lehnte sich an die Konsole. Ihm war schon aufgefallen, dass Jane seltsamerweise ziemlich große Distanz zu ihm hielt. Sie war ja nicht einmal richtig reingekommen sondern gleich in der Türe stehen geblieben. Er fragte sich kurz, ob sie das alles wirklich so mitnahm oder ihr momentaner Zustand nicht von etwas anderem herrührte.
    Sie lachte leicht. ¨Vielleicht. Aber darum geht es nicht. Ich...¨, sie machte eine kurze Pause. Shepard gab nie gerne zu, wenn sie vor etwas Angst oder Schmerzen hatte, aber Garrus hatte sie sich immer anvertraut. Er hatte sie immer beruhigen können und ihre Schwächen als eben solche akzeptiert. Nie in Frage gestellt. Jane erwischte sich dabei, wie sie sich wünschte, er würde sie jetzt einfach in den Arm nehmen. Aber das tat er nicht. Natürlich nicht. ¨Kannst du dir vorstellen in meinem Quartier weiterzuarbeiten?¨
    Garrus musterte sie einen Augenblick lang. Zuerst hatte er gedacht, sie wolle ihn damit vielleicht verführen, aber ihr Blick sagte alles. Sie hatte Angst, vor was auch immer.
    Nachdem er nicht antwortete, dachte Jane noch etwas sagen zu müssen. ¨Ich fasse dich auch nicht an. Versprochen. Ich will nur...¨, sie verstummte wieder, dachte daran, wie blöd sich das alles anhören musste. Sie waren zusammen - eigentlich - und sie musste ihm garantieren ihre Hände von ihm zu lassen. Wie lächerlich absurd war das?
    ¨So etwas musst du mir doch nicht versprechen.¨, erwiderte er seltsam ruhig. Eigentlich hatte sie gedacht er wäre noch sauer auf sie, würde sagen, sie solle selbst schauen wo sie blieb, aber er sagte nichts dergleichen.
    ¨Dann...¨, sie wusste nicht mehr was sie sagen wollte. Der Katalysator und die verbrannte Citadel schlichen sich wieder in ihre Gedanken und schnürten ihr die Kehle zu. Sie schlang die Arme fester um ihren Körper und sah auf den Boden.
    ¨Hast du Schmerzen?¨, fragte er schließlich und kam tatsächlich etwas näher zu ihr.
    Jane reagierte nicht darauf, sah einfach weiterhin auf den Boden. Darum sollte er sich nicht kümmern müssen.
    ¨Es wäre einfach... Angenehm, wenn jemand da ist, wenn ich aufwache.¨, flüsterte sie, gerade so als befürchtete sie, damit zu weit zu gehen.
    ¨Dann sind es Albträume.¨, er fragte nicht mehr - sondern stellte fest.
    Jane brauchte ihm das auch gar nicht zu bestätigen, er hatte oft genug miterlebt, wenn sie von solchen Albträumen hochgeschreckt war. Er erinnerte sich an die SR-1, als sie noch von Visionen des Senders geplagt wurde. Da war sie auch mitten in der Nacht in den Frachtraum gekommen nur um ‘ein bisschen mit ihm zu plaudern‘. Er hatte sie damals schon durchschaut, gewusst, dass irgendetwas nicht stimmte, aber nie daran gedacht, sie danach zu fragen. Damals hatte noch zu viel zwischen ihnen gestanden. Rang, Arbeit, Missionen. Aber jetzt...
    Er war wütend, enttäuscht, nach wie vor, aber sie so zu sehen... Sie stand vor ihm wie ein Häufchen Elend und er sah, wie schlecht es ihr gehen musste.
    ¨Gut.¨, stimmte er schließlich zu und wartete, bis sie sich bewegte. Jane blieb allerdings noch ein paar Sekunden länger an Ort und Stelle stehen.
    ¨Ich...¨, er wusste, dass sie ihm noch irgendetwas hatte sagen wollen, sie schüttelte aber schließlich den Kopf und ging dann voraus zum Aufzug. Er folgte ihr, achtete auf ihren Gang, wie seltsam unsicher sie war. Er kannte sie und ihre momentane Verhaltensweise machte ihm Sorgen. Einerseits dachte er sich, er solle sie einfach in Ruhe lassen aber andererseits wusste er, wie sehr er sie liebte und dass er das nicht einfach konnte. Vor Allem nicht, wenn sie ihn mit diesem verängstigten Blick ansah.
    Im Aufzug lehnte sie sich an die Wand und hielt so viel Abstand zu ihm wie möglich. Er sollte nicht denken, dass sie irgendetwas vor hatte, dass in Richtung Verführung ging. Das war ihm auch wohl bewusst, aber sie übertrieb es.
    ¨Jane, bitte hör auf dich so... Zwanghaft von mir fern zu halten.¨, sagte er leise, bemerkte, dass in ihrem Blick etwas lag, dass er noch nie gesehen hatte und hoffte, sie damit jetzt nicht irgendwie angegriffen zu haben. Sie nickte, kam aber kein Stück näher.
    ¨Ich kann auch Jack fragen, wenn es dir unangenehm ist...¨, murmelte sie.
    Warum hatte sie eigentlich nicht gleich an die Biotikerin gedacht? Sie waren doch inzwischen ziemlich gute Freunde und Jack wusste immer wie sie Jane aufmuntern konnte. Aber irgendwie, war sie automatisch zu ihm gegangen.
    ¨Ist es nicht.¨, erwiderte er.
    Und dann herrschte Schweigen. Garrus hatte viel vermisst, an der Normandy aber nicht diesen verdammt langsamen Aufzug.
    Janes Kabine war leer, sie hatte kaum etwas angerührt seit sie wieder hier war und sie setzte sich auch gleich auf das Bett.
    Garrus beobachtete, wie sie ihren Pullover auszog und schnell unter die Decke schlüpfte. Sie sah ihn nicht an, nicht ein Mal. Er merkte, dass er sie berühren wollte, aber es fiel ihm auch unheimlich schwer diesem Drang einfach nachzugeben. Sie hatte einen anderen gehabt auf der Erde - ausgerechnet James - und es nicht für nötig gehalten ihm das zu sagen. Obwohl dieser Gedanke ihn viel mehr wütend machen sollte, wollte er Jane umso mehr.
    Er konnte ihr nicht einmal vorwerfen, dass sie ihn verführen wollte, denn sie bewegte sich so kontrolliert, dass ihm sofort bewusst war, dass sie Rücksicht auf ihre momentane Situation nahm. Eigentlich hatte er sich an ihren Schreibtisch setzen wollen, aber er fühlte sich verantwortlich, wollte einfach für sie da sein. Auch wenn er wütend war.
    Also setzte er sich an die Kante ihres Bettes und ignorierte ihren überraschten Blick.
    ¨War es wieder das Kind?¨, fragte er und sah ihr forschend in die Augen.
    ¨...der Katalysator.¨, antwortete sie und sah angestrengt auf die Decke. Sie versuchte ihm auszuweichen.
    ¨Kann ich... Sonst irgendetwas für dich tun?¨, eine unglaublich dumme Frage, im Prinzip wusste er was sie brauchte. Aber er wollte es von ihr hören. Ob sie ihn fragen würde.
    Sie schüttelte nur leicht den Kopf und schloss wieder fest die Augen. Vielleicht etwas zu fest, denn er erkannte, dass sie sich einfach davon abhalten wollte ihn anzusehen.
    ¨Jane.¨, sagte er, aber sie öffnete ihre Augen nicht.
    Er seufzte, dachte daran wie dumm das war, was er jetzt tat, aber er konnte nicht nur einfach da sitzen und darauf warten, bis sie wieder von einem ihrer Albträume aufwachte. Er lehnte sich etwas zu ihr runter und obwohl Turianer nicht so küssen konnten wie Menschen, verstand Jane, was er tat, als er seinen Mund auf ihre Lippen drückte. Sie verkrampfte sich und er spürte geradezu, wie sie dagegen ankämpfte ihn nicht einfach in ihr Bett zu ziehen. Schließlich erwiderte sie aber seinen Kuss und schob nur wenige Sekunden später ihre Zunge in seinen Mund. Er hatte sie so lange nicht geschmeckt und er war sich mehr als sicher, dass sie wusste, wie süchtig ihre Küsse ihn machten. Irgendwann verlor Garrus das Zeitgefühl und er wusste gar nicht, wie lange er über sie gebeugt auf ihrem Bett saß und sie einander küssten. Es war seltsam, anders wie früher, aber nicht negativ eher aufregend, fordernd. Dann ließ er von ihr und sie öffnete endlich wieder ihre Augen.
    ¨Es tut mir so leid.¨, flüsterte sie und er wusste was sie meinte.
    ¨So einfach ist das nicht.¨, erwiderte er leise und sie nickte nur. Das wusste sie. ¨Ich bleibe bei dir. Versuch noch etwas zu schlafen.¨, meinte er, stand auf und setzte sich auf das Sofa gegenüber von ihrem Bett.
    Es war angenehm, schön, dass er da war. Dass er auch da sein würde, sollte sie noch einmal aufwachen und in diese Art von Panik verfallen. Er war da, auch wenn es zwischen ihnen nicht so war wie es sein sollte, er würde sich um sie kümmern und allein mit diesem Gedanken konnte sie viel besser einschlafen als sie erwartet hatte.

    Jack war seit Tagen übel. So wie das Essen schmeckte sollte sie das vielleicht auch gar nicht wundern, aber aus welchem Grund auch immer war die Biotikerin überzeugt davon, dass es nichts mit ihren Magenschmerzen und der dazugehörigen Übelkeit zu tun hatte. Aber irgendwo war sie das ja gewohnt: dauerhaft Schmerzen zu haben, also dachte sie sich nichts weiter dabei und gesellte sich zu Tali, Thessia und Wrex an den Tisch in der Kantine.
    ¨Haben Sie keinen Hunger?¨, fragte Tali an die Biotikerin gewandt. Jack schüttelte nur den Kopf und dachte daran, dass sie beim Anblick dieses ekligen Matsches wohl so oder so kotzen müsste.
    ¨Bei Allem was Recht ist, Mami, ich bringe keinen Bissen von dieser Rotze mehr runter.¨, erklärte Jack. Obwohl sie Talis Gesicht nur erahnen konnte, konnte sie schwören, die Quarianerin warf ihr eben einen warnenden Blick zu.
    ¨Bitte nicht vor Thessia.¨, erwiderte Tali noch relativ ruhig.
    Jack sah das Mädchen, das den ungewöhnlichen Eintopf eben durch ihre Notzufuhr zu sich nahm etwas skeptisch an. Wenn Tali nicht wollte, dass ihre Tochter solche Ausdrücke zu hören bekam, war Wrex aber auch nicht gerade der beste Umgang.
    ¨Ich halte mich auch zurück.¨, kommentierte der Kroganer als hätte er ihre Gedanken gelesen. ¨Sie sehen seltsam blass aus.¨, fügte er noch hinzu und musterte Jack.
    ¨Mir geht‘s blendend.¨, versicherte sie ihm und merkte wie ihr langsam auch noch schwindelig wurde. Gut, vielleicht ging es ihr wirklich scheiße, aber Jack hatte absolut keinen Bock sich irgendwelche Predigten von Dr. Chakwas anhören zu dürfen, von wegen, sie habe ihre medizinischen Untersuchungen immer geschwänzt. Das war der Biotikerin nur zu bewusst und sie befürchtete sich dann schließlich auf der Krankenstation übergeben zu müssen. Also beschloss sie, besser nicht zu der Ärztin zu gehen. Die Schmerzen und Übelkeit würden schon irgendwann von selbst weggehen.
    Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen um wenigstens dem Schwindelgefühl für ein paar wenige Sekunden zu entgehen.
    ¨So sehen Sie aber nicht aus. Glauben Sie mir, ich hab genug mit Menschen zu tun gehabt um zu wissen, dass mit Ihnen irgendwas nicht stimmt.¨, meinte Wrex und kaute auf einem Stück viel zu zähem Fleisch rum.
    Jack sah ihn kurz an und bereute sofort die Augen überhaupt wieder aufgemacht zu haben. Sie stand auf, wollte eigentlich in Richtung Toilette gehen, knickte aber sofort ein und erbrach sich auf den Boden.
    Tali erschrak und Wrex kam sofort zu der jungen Biotikerin. Jack hustete, versuchte sich wieder aufzurichten, schmeckte dann aber den ihr nur zu bekannten rostigen Geschmack von Blut und hielt mit einem schmerzverzerrten Laut eine Hand auf ihren Bauch. Was zum Henker war mit ihr los?!
    Wrex sah das Blut auf dem Boden und ihm war wusste sofort, dass es etwas Ernsteres sein musste. Er hievte die Biotikerin auf die Beine und nachdem sie allem Anschein nach zu schwach war um zu laufen, warf er sie sich - so sachte wie möglich - über die Schulter um sie zu Dr. Chakwas auf die Krankenstation zu bringen. Thessias ängstliches Weinen hörte er nur noch teilweise und hoffte einfach, Tali würde ihre Tochter beruhigen können.
    Jack war nur wenige Sekunden bewusstlos, denn sobald sie ihre Augen wieder öffnete, wehrte sie sich gegen die Handlungen des Kroganers. ¨Lassen Sie mich runter!¨, befahl sie wütend.
    ¨Nichts da! Sie haben Blut gekotzt, Prinzessin, ich bring Sie jetzt zu Dr. Chakwas!¨, erwiderte Wrex und platzierte Jack auf einem der vielen Krankenbetten. Die Ärztin zog erstaunt eine Augenbraue hoch und sah einmal von Wrex zu Jack und wieder zurück.
    ¨Gehen Sie mir aus dem Weg!¨, fluchte Jack und Wrex bemerkte den bedrohlich, blauen Schimmer, der sich langsam aber sicher um die junge Frau bildete. Sie wollte ihn doch nicht ernsthaft angreifen, oder etwa doch? War ihr überhaupt bewusst, dass er auch über Biotik verfügte? Bevor er diesen Gedanken zu Ende führen konnte, beförderte sie ihn mit einem Kampfschrei, den er so von ihr noch nicht gehört hatte aus dem Raum ans Ende des Flures.
    Wrex war viel zu gut gebaut, als dass ihm dieser biotische Angriff großartig Schaden zugefügt hätte. Das einzige was er dabei etwas bedauerte war, dass er direkt an Tali und Thessia vorbei geschleudert wurde, die ihn beide entsetzt musterten. Die kleine Quarianerin fing wieder an zu weinen. Tali nahm sie schnell auf den Arm und kniete sich neben Wrex.
    ¨Alles in Ordnung?¨, fragte sie besorgt und er nickte nur.
    Bei Allem was Recht war, Jack war eine mächtige Biotikerin, aber dieser Angriff eben war so was von lasch gewesen, dass Wrex kaum etwas davon gespürt hatte. Und genau das, beunruhigte ihn. War Jack sonst nicht viel stärker? Was war mit ihr los? Er gab Tali ein kurzes Zeichen, dass sie sich keine Gedanken machen sollte und rappelte sich wieder auf. Der Rest der Crew, der sich ebenfalls in der Kantine befand und das Schauspiel mit entsetzten, geschockten und interessierten Blicken verfolgt hatte, war nun komplett auf Wrex gerichtet. War er wütend? Würde er Jack nun aus der Luftschleuse werfen?
    Im Gegenteil, er schien überraschend ruhig zu sein.
    Er hörte die Biotikerin schreien und im nächsten Moment sah er, wie sie sich erneut übergab und eine viel zu große Blutlache auf dem Boden hinterließ.
    ¨Irgendwas stimmt mit ihr nicht.¨, meinte er und zog verwirrt die Stirn kraus.
    ¨Dr. Chakwas weiß hoffentlich wie sie ihr helfen kann.¨, erwiderte Tali und drückte die schluchzende Thessia fester an sich.
    ¨Bring die kleine Prinzessin erst mal hier weg. Ich schaue, dass ich was rausfinde.¨, meinte Wrex fürsorglich und legte Tali kurz eine Hand auf die Schulter. Die Quarianerin nickte nur und verschwand dann mit ihrer Tochter im Aufzug.
    Inzwischen waren auch Kaidan und Liara auf das Chaos in der Kantine aufmerksam geworden und sofort zu Dr. Chakwas gegangen um Jack zu beruhigen. Liara ging das zwar ganz offensichtlich ein bisschen gegen den Strich, dass Kaidan sich so sorgte, aber letzten Endes sah sie ein, dass es sich wirklich um etwas Ernsteres handeln musste. Schließlich konnte Dr. Chakwas Jack mit einer Injektion ruhig stellen und alle Anwesenden mussten erst einmal ruhig Durchatmen um zu verstehen was eben passiert war. Die Ärztin begann sofort damit, Jack zu untersuchen und Kaidan und Liara blieben an Jacks Bett stehen um ihr wenigstens etwas Beistand leisten zu können. Wrex gesellte sich ebenfalls zu den beiden und versuchte etwas aus der Ärztin herauszubekommen.
    ¨Wissen Sie was sie hat?¨, fragte er.
    Karin schwieg einen Moment. Sie scannte Jacks Körper und zog dann erstaunt eine Augenbraue hoch. Kaidan und Liara bemerkten die Unruhe in ihren Augen und wurden selbst etwas unsicher.
    ¨Was ist los?¨, hakte Kaidan nach.
    Dr. Chakwas ließ ihr Universalgerät noch einmal über die Magengegend der Biotikerin fahren.
    ¨Wir müssen operieren. Sofort. Liara, Sie helfen mir, Kaidan, Wrex gehen Sie bitte.¨, befahl sie energisch und holte sofort ein paar Geräte aus einem der vielen Schränke.
    Kaidan sah ihr dabei irritiert zu. ¨Was?! Moment Mal! Was ist denn los?¨, fragte er und Liara tat es nun der Ärztin gleich. Ihr Universalgerät gab ihr Informationen, die selbst die Asari den Atem stocken ließen.
    ¨Bei der Göttin, unmöglich! Wann...¨, stammelte sie irritiert.
    ¨Liara, was ist los?¨, fragte Kaidan wieder, bekam aber auch von seiner Partnerin keine Antwort.
    ¨Kaidan, geh. Das wird... Vermutlich etwas länger dauern.¨

    Als Jane das nächste Mal die Augen aufschlug, stellte sie überrascht fest, dass auf ihrem Nachttisch ein Tablett mit Frühstück stand. Sie saß auf und warf einen erstaunten Blick zu Garrus, der gelassen auf dem Sofa saß und irgendetwas auf einem Datenpad las. Sie hatte nicht mehr geträumt und dafür war sie unglaublich dankbar.
    "Guten Morgen...", murmelte sie schlaftrunken und fuhr sich mit der flachen Hand über das Gesicht. Sie musste furchtbar aussehen. Sie warf Garrus einen kurzen Blick zu, bemerkte den schelmischen Ausdruck in seinen Augen und sah schnell an sich herab, allerdings entdeckte sie nichts, was irgendwie amüsant aussehen könnte. Also ging sie davon aus, dass ihre Frisur heute wohl besonders kreativ zerzaust war.
    ¨Hast du gut geschlafen?¨, fragte er, stand auf und setzte sich wieder an die Kante ihres Bettes.
    ¨Besser als letztes Mal auf jeden Fall... Wie spät ist es?¨, fragte sie und rieb sich stöhnend die Schläfen. Irgendwie waren Kopfschmerzen zu einem permanenten Begleiter geworden.
    ¨Elf Uhr dreißig.¨, antwortete er, wandte seinen Blick aber nicht von ihr.
    Jane hatte nicht damit gerechnet, dass sie so lange geschlafen hatte.
    ¨Danke.¨, sagte sie und erwiderte seinen Blick. Seit sie sich wiedergesehen hatten, waren sie sich lange nicht mehr so nahe gewesen. Jane wusste nicht einmal wie lange sie schon wieder auf der Normandy waren, aber Garrus war ihr sowieso die ganze Zeit aus dem Weg gegangen, dass sie ganz froh war, darüber keine genaueren Daten zu haben. Das hätte ihr wohl oder übel nur noch stärker vor Augen geführt was sie kaputt gemacht hatte. ¨Dass du geblieben bist.¨, fügte sie noch leise hinzu. Am liebsten hätte sie ihn geküsst, aber sie wusste nicht ob das in Ordnung war. Wenn sie sich richtig erinnerte, hatte er sie letzte Nacht geküsst und es war umwerfend gewesen. Sie wusste nicht, ob es zwischen ihnen wieder so weit war, dass sie das ohne schlechtes Gewissen einfach tun konnte.
    ¨Dafür musst du dich nicht bedanken.¨, raunte er leise, als er ihr noch ein wenig näher kam. Inzwischen trennten sie nur ein paar wenige Zentimeter und Jane spürte, wie ihr heiß wurde, diese winzige Distanz sie ungewöhnlich erregte. Und da fiel ihr wieder ein, dass sie schwanger war. Sie musste es ihm sagen!
    ¨Garrus...¨, begann sie, schwieg aber schnell als er ihr ein einfaches ¨Nicht reden.¨, zuflüsterte und seinen Mund wieder auf ihren presste.
    Sie war hin und hergerissen, ihn von sich zu stoßen und zu erklären, dass er Vater würde und einfach diesen Kuss zu genießen. Letzteres gewann diesen inneren Konflikt und Jane legte beinahe schon automatisch ihre Arme in seinen Nacken um ihn näher zu sich zu ziehen. Sie wollte mehr, viel mehr, aber sie wusste, dass sie das nicht von ihm verlangen konnte. Er hatte ihr gesagt, dass er das Ganze langsam angehen lassen wollte und da gehörte Sex beim zweiten Kuss nicht dazu. Aber allein der Gedanke...!
    Jane stöhnte als er sich schließlich nach einer unheimlich schönen Ewigkeit von ihr löste und sie verfluchte ihn dafür, diesen innigen Kontakt einfach zu brechen.
    ¨Entschuldige, du wolltest etwas sagen...?¨, meinte er, und nahm sanft ihre Hände als sie auch wieder etwas Abstand nahm.
    Ja, sie wollte etwas sagen, aber just in diesem Moment kamen die ganzen Zweifel wieder zurück. Würde sie ihn damit nicht noch viel mehr verunsichern? Dass sie ein Kind bekamen? Sie wusste ja nicht einmal ob er das jetzt noch mit ihr wollte. Also entschied sie sich dazu, es vorerst Mal zu verdrängen. Schließlich hatte sie noch rund sechs Monate Zeit es ihm zu sagen. Wenn ihre Schwangerschaft denn menschlich verlief...
    ¨Ich liebe dich.¨, gestand sie also und wartete auf seine Reaktion. Er schwieg einen Augenblick und starrte auf ihre Hände.
    ¨Ich dich auch.¨, erwiderte er und Jane konnte ihre Glücksgefühle gar nicht in Worte fassen. Sie hatte damit gerechnet, dass er ihr nun sagen würde, er brauche Zeit, er wolle das jetzt nicht, aber er ging auf sie ein und das machte sie unbeschreiblich glücklich. Jane wollte den Bogen allerdings nicht zu weit spannen und biss sich konzentriert auf die Lippe um sich nicht wieder auf ihn zu stürzen.
    Eine Weile herrschte Schweigen und sie sah ihn einfach nur an, während er angestrengt auf ihre zierlichen Hände starrte. Es war ein seltsam ruhiger Moment, keiner sagte etwas, aber das war genug. Schließlich wollte sie es noch einmal versuchen, legte ihre Hand vorsichtig, langsam an seine Wange um seinen Blick wieder zu ihrem zu lenken. Garrus wehrte sich nicht und verstärkte damit ihr Vorhaben. Sie legte wieder ihre Lippen auf seinen Mund und strich behutsam mit ihrer Zunge über seine. Dieses Mal löste er den Kuss nicht und Jane ließ nur von ihm um nach Luft zu schnappen. Er zog sie aber kurz daraufhin wieder zu sich um dort weiterzumachen wo sie aufgehört hatten.
    Vor etwa einer halben Stunde war Tali da gewesen und Garrus hatte sie mit der Begründung, Jane brauche noch etwas Schlaf wieder weggeschickt. Außerdem hatte er EDI damit beauftragt alle dringenden Angelegenheiten an Liara weiterzuleiten. Ohne es bewusst richtig wahrgenommen zu haben, kümmerte er sich um Jane, hielt sie fest. Er hatte viel an ihr vermisst, ihren Duft, ihren Geschmack, ihr Lächeln, aber vor Allem ihre Stimme. Er wollte sie vor Lust stöhnen hören, fühlen, wie sehr sie ihn wollte. Das nächste Mal, als sie sich kurz voneinander trennten, nutzte er die Gelegenheit um Jane zurück in die Kissen zu drücken und legte sich über sie in das Bett. Ihr Atem ging schneller, ihre Wangen hatten diesen ihm nur zu bekannten Rotton und in ihren Augen lag dieses typisch verliebte Funkeln. Sie sagte aber nichts, traute sich nicht.
    Er strich ihr liebevoll eine Strähne ihrer zerzausten Haare aus dem Gesicht und sah ihr noch einen Moment länger in die Augen. Jane zog ihn wieder zu sich, verwickelte ihn in einen weiteren intensiven Kuss und seine Hand wanderte fast schon wie von selbst unter ihr weites T-Shirt. Er hatte sich immer gefragt wie sie darin schlafen konnte. Sie stöhnte als er vorsichtig ihre weiche Brust massierte. Er hatte sie viel zu lange nicht berührt - das fiel ihm erst jetzt richtig auf. Er wollte sie, schon seit Wochen, warum hatte er sich nochmal so zurück gehalten? Er wusste es nicht mehr…
    "Commander?"
    EDI. Jane wollte die KI am Liebsten verfluchen und aus der Luftschleuse werfen! Verdammt noch mal sie hatte so lange darauf gewartet!
    "Jetzt nicht.", keuchte sie atemlos und presste ihre Lippen wieder auf seinen Mund.
    "Commander, Jacks gesundheitlicher Zustand ist momentan sehr kritisch. Dr. Chakwas hat ausdrücklich nach Ihnen verlangt. Außerdem ist Ihr Blutdruck außergewöhnlich hoch. Ich würde desweiteren einen Besuch bei Mordin empfehlen.", fuhr die KI ungerührt fort. Garrus schien genauso wenig begeistert von der plötzlichen Unterbrechung zu sein und ließ nur widerwillig von ihr.
    "Nein, EDI das kann warten. Ich bin mir sicher Dr. Chakwas hat alles unter Kontrolle. Außerdem geht‘s mir gut.", versicherte Jane der Schiffs-KI und versuchte Garrus wieder zu sich zu ziehen. Er hielt allerdings weiterhin etwas Abstand. Jacks kritischen Zustand erklärte Jane schnell damit, dass sie sich vermutlich mit Liara geprügelt hatte - immerhin hatte die Biotikerin die Asari in letzter Zeit ziemlich provoziert. Insofern dürfte das alles nicht so schlimm sein. Und Jane hatte absolut keine Lust sich von Dr. Chakwas wieder anhören zu müssen, sie solle sich besser um ihre Crewmitglieder kümmern.
    "Du solltest zu Dr. Chakwas gehen, Jane.", meinte Garrus.
    Sie warf ihm einen entsetzten Blick zu. Das kam gar nicht in Frage! Sie war seit Tagen - nein Wochen scharf auf ihn und jetzt schien er endlich wieder mit ihr schlafen zu wollen, das konnte doch nun wirklich nicht sein ernst sein!
    ¨Wehe du...¨, begann sie brach aber abrupt ab, als er anfing zu lachen. ¨Garrus!¨
    Er genoss ganz offensichtlich diesen ungewöhnlich glücklichen Moment zwischen ihnen.
    ¨Du hast selbst gesagt, wir haben genug Zeit.¨, erwiderte er und schmiegte seine Wange an ihre. Ein verdammt gutes Zeichen.
    ¨Ja, aber...¨, Jane verstummte wieder und zog einen Schmollmund. Sie wollte ihn jetzt verdammt noch mal. Nicht morgen, nicht erst in ein paar Stunden, jetzt!
    ¨Dann lass uns das wann anders fortsetzen.¨, schlug er vor, lehnte seine Stirn an ihre um ihr besser in die Augen sehen zu können.
    Jane überlegte wie gut ihre Chancen standen, ihn doch noch zu überreden, EDI zu ignorieren, einfach so zu tun, als hätte sie die beiden nicht eben unterbrochen. Aber so wie er sie ansah, würde sie ihn wohl nicht dazu bringen.
    ¨Ich bring sie um.¨, murmelte Jane.
    Garrus lachte.
    ¨Wen? EDI oder Jack?¨, erwiderte er.
    Jane sah ihn kurz nachdenklich an.
    ¨Beide.¨, sagte sie kurz und knapp.
    ¨Besser nicht, sonst bringt Jeff dich um und dann muss ich ihn umbringen und das zieht einen ziemlich langen Rattenschwanz hinter sich her...¨, erwiderte er und Jane konnte sich ein leichtes Grinsen gar nicht verkneifen.
    Sie hatte sich anfangs so bemüht, dass es zwischen ihnen wieder so war wie früher und jetzt... Sie hatten sich seit Tagen nicht gesehen und auf einmal war es so leicht. Er schien gar nicht mehr so wütend zu sein. Er machte viel mehr den Eindruck, dass er sie auch wollte.
    War jetzt... Wieder alles in Ordnung zwischen ihnen? Jane wusste es nicht so genau, hatte aber auch ein wenig Angst davor ihn einfach zu fragen.
    ¨Ist... Zwischen uns...¨, begann sie, sprach aber nicht weiter. Sie wollte nicht von ihm abgewiesen werden und vielleicht wäre es auch das Beste gewesen, ihm diese Gelegenheit überhaupt nicht zu geben. Also schüttelte sie den Kopf.
    ¨Wir reden später darüber, Jane, jetzt solltest du dich erst einmal um Jack kümmern.¨ meinte er, löste sich von ihr und stand auf. Jane presste angestrengt die Lippen aufeinander und war kurz davor einfach runter ins Cockpit zu gehen und EDI eine Ohrfeige zu verpassen um anschließend dann zu Jack zu gehen und sich mit ihr ein biotisches Duell auf höchstem Niveau zu liefern. (Wobei Jack vermutlich gewinnen würde, schließlich waren Janes Biotiken nicht halb so ausgereift wie ihre - das wiederum würde sie aber nie zugeben)
    Schließlich stand sie ebenfalls auf und begann sich umzuziehen. Eigentlich hatte sie ihn nicht verführen wollen, hatte nicht einmal daran gedacht, aber ihr fielen seine interessierten Blicke sofort auf, als sie halb nackt mit dem Rücken zu ihm vor ihrem Schrank stand und passende Klamotten raussuchte.
    Sie bekam überhaupt nicht mit wie er zu ihr kam und ihr schließlich bedächtig seine Hände an die Hüften legte.
    ¨Ich habe dich vermisst, Jane.¨, flüsterte er und deutete einen Kuss an ihre Schulter an. Jane lächelte, drehte sich schnell zu ihm und küsste ihn auf den Mund. Sie fragte sich einen Moment lang, woher diese plötzliche Zuneigung seinerseits kam. Immerhin hatte er gewollt, dass sie sich von ihm fern hielt und jetzt... Aber sie wollte sich nicht beschweren im Gegenteil, sie war unheimlich froh über seine Berührungen. Es war so unbeschreiblich schön. Wie er sie hielt. Gerade so als wollte er sie gar nicht mehr loslassen. "Schätzchen...", murmelte er zwischen zwei Küssen und schließlich trennte er sich vollends von ihr. "Zieh dich an.", fügte er leise an, fuhr ein letztes Mal mit seiner Zunge über ihre Lippen und ließ sie dann los. "Ich warte unten auf dich.", meinte er und verschwand im Aufzug.
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  9. #59
    Toss a coin... Avatar von Drellinator92
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    Sehr schön geschrieben, hehe Normandy Tag und Nacht xD

  10. #60

    Standard

    Dankeschön! <3

    Kapitel 34: Untot

    Komm zu mir meine Kleine... Ja, wer ist die größte Heldin der Galaxie?

    - Ich!

    Genau du, meine süße Jane. Du wirst bestimmt eine ganz große Anführerin und die Menschheit sehr weit bringen.

    - Warum die Menschheit? Was ist mit den anderen?

    Die natürlich auch. Du wirst ganz Großes vollbringen, das weiß ich.

    - Jaa... Ich will mein eigenes Schiff haben und meine eigene Crew! Dann bin ich Commander Shepard genau wie du, Papa!

    Und das wirst du alles erreichen, Kleines. Da bin ich mir ganz sicher...


    Ein leises Pochen, Tropfen nein - ein Schlag? Jane zog die Knie näher an ihren Körper. Tropfen, eindeutig. Ansonsten war es still in ihrem Zimmer. Was war das? Sie hob den Kopf und starrte geradeaus in die Dunkelheit. Dorthin wo die Türe das Bad vom restlichen Raum trennte. Aber es war zu dunkel um irgendetwas ausmachen zu können. Das einzige, das etwas Licht spendete, war das rote Symbol an ihrer Türe, das eindeutig zeigte, dass niemand Zutritt zu ihrem Quartier hatte. Sie hatte EDI gebeten ihre Crew, ihre Freunde von ihr fern zu halten. Sie wollte jetzt niemanden sehen und allem Voran nicht, das irgendjemand sah, wie furchtbar sie sich fühlte.
    Dieses... Gerät war in Jacks Körper gewesen. Dr. Chakwas hatte es zwar erfolgreich rausholen können, ohne ihrer Freundin Schaden zuzufügen, aber Jack war seit der Operation nicht mehr aufgewacht. Sie schlief schon seit Stunden und Jane hatte ein entsetzlich ekliges Gefühl in ihrem Magen. Mordin hatte gemeinsam mit Tali das Gerät repariert. Nur eine Nachricht. Eine einzige Nachricht die alleine an Jane gerichtet war. Und sie war einfach dagestanden, hatte den Worten gelauscht, die so weit in der Vergangenheit lagen, der Stimme ihres Vaters, ihres toten Vaters.
    Jane spürte wie sie wieder begann zu Zittern. Allein der Gedanke an diesen stillen Moment, als Tali, Mordin, Dr. Chakwas und sie in dem kleinen Raum gestanden hatten und nur die Stimme ihres Vaters zu hören gewesen ist.
    Er sollte tot sein. Er musste tot sein. Aber wie war dann diese... Erinnerung auf dieses Gerät gekommen? Wer war da ran gekommen? Und wie zum Teufel noch mal, kam es in Jacks Bauch?
    Shepard schlang die Arme fester um ihren Körper. Ihr war kalt, so furchtbar kalt. Aber sie wollte sich nicht bewegen, einfach sitzen bleiben, versuchen an etwas anderes zu denken. Die Bedeutung dieser so kurzen Nachricht nicht wahrhaben wollen.
    Ihr Universalgerät gab wieder diesen leisen Ton von sich, der ihr übermittelte, dass sie schon wieder eine Mail von einem ihrer Freunde erhalten hatte. Sie machten sich Sorgen und das war verständlich. Aber sie wollte niemandem sehen. Sie fühlte sich schuldig, dass Jack nun dort unten lag, bewusstlos schon seit Stunden, wegen ihr. Weil irgendjemand ihre Aufmerksamkeit wollte und das allem Anschein nach nur über so einem kranken, perversen Weg machen konnte. Jane presste die Lippen aufeinander. Bastard. Jack hatte so viel durchmachen müssen, war das denn nicht genug?
    Ihr Universalgerät meldete sich wieder. Langsam begann ihr dieser Ton auf die Nerven zu gehen und Jane öffnete ihr Postfach. 34 Nachrichten. Sie stöhnte leise und ging die Absender durch. Da waren etliche Nachrichten von... Tali, Liara, Grunt... Und jeweils eine von Zaeed, Wrex, James und Garrus. Sie überlegte ob sie einfach eine Rundmail schicken sollte, ihre Crew sollte ihr nicht dermaßen auf den Geist gehen es ginge ihr gut. Aber sie wusste, dass das definitiv zu aggressiv war und allen nur noch mehr Sorgen bereiten würde. Aber sie weiterhin zu ignorieren war auch keine Lösung.
    ¨Ähm... Commander?¨
    Jane schloss wieder die Augen. Jetzt nur nicht ausrasten.
    ¨Jeff?¨, erwiderte sie fragend.
    ¨Ich wollte Ihnen nur kurz Bescheid geben, dass wir in zehn Minuten den Perseus-Nebel erreichen.... Soll ich die Mission absagen?¨, fragte er.
    Das war Jeffs Art ihr zu sagen, dass er sich Sorgen um sie machte.
    ¨Nein. Schon gut. Wie lange brauchen wir dann bis zum Gethschlachtschiff?¨, fragte sie und begann die Falten in der Decke ihres Bettes glatt zu streichen.
    ¨Vermutlich ca. eine Stunde.¨, antwortete er wie aus der Pistole geschossen. Er wusste, dass sie die Mission nicht absagen würde.
    ¨Dann sagen Sie Mordin und Garrus, dass ich sie in 50 Minuten in der Shuttlebucht erwarte.¨, befahl sie schwach.
    ¨Alles klar.¨, bestätigte Jeff und loggte sich aus.
    Jane seufzte. Erneutes Piepen ihres Universalgerätes. Jetzt hatte sie wirklich genug. Sie rief noch mal ihr Postfach auf und sah, dass die neueste Nachricht von James kam. Sie musste sich bei ihrer Crew melden, ihnen sagen, dass alles in Ordnung war. Auch wenn sie sich fühlte wie ein verängstigtes Kind. Diese ganze Scheiße hätte nicht passieren dürfen.
    Sie rappelte sich auf, schloss ihre Türe auf und begab sich zum Aufzug. Sie atmete einige Male ruhig durch, bis der Aufzug ihr vermittelte auf dem Crewdeck angekommen zu sein. Sie stieg aus und ging zur Krankenstation. Die Blicke, die ihre Crewmitglieder ihr zuwarfen ignorierte sie gekonnt und hoffte einfach, dass keiner ihrer Freunde zu ihr kommen würde.
    Dr. Chakwas sagte gar nichts, gab Jane wortlos ein Medikament und verließ den Raum um sie mit der Biotikerin alleine zu lassen.
    Jack hatte immer noch die Augen geschlossen und Jane wusste nicht ob sie überhaupt so bald wieder aufwachen würde. Sie zog einen Stuhl näher heran und setzte sich nahe neben das Bett.
    ¨Es tut mir so leid...¨, flüsterte sie und merkte wie sich ein unangenehmer Kloß in ihrem Hals bildete. Warum auch ausgerechnet Jack? Natürlich wünschte sie sich so etwas keinem ihrer Crew, aber die Biotikerin hatte allein mit Cerberus so viel durchmachen müssen... Jane kam nicht umhin sich Vorwürfe zu machen. Sie seufzte und legte das Gesicht in ihre Hände. Was musste denn noch alles passieren, bis sie endlich mal ein wenig Frieden hatte?
    ¨Glaub kaum, dass du mir das eingepflanzt hast, Janey.¨
    Shepard sah auf und starrte die Biotikerin perplex an. Hatte Dr. Chakwas nicht gesagt, es würde vermutlich noch einige Stunden dauern, bis sie aufwachen würde?
    ¨Jack.¨, antwortete sie nur sprachlos und versuchte irgendwie ihre Unsicherheit herunterzuschlucken. Sie hatte oft genug geweint in den letzten Monaten. Sie wollte wieder stark sein, vor Allem jetzt für Jack.
    ¨Langsam gewöhn ich mich an so ne Scheiße.¨, setzte sie noch einen drauf und versuchte ihren Commander anzugrinsen. Allerdings misslang es ihr und löste in Jane ein nur noch viel größeres Schuldgefühl aus.
    ¨...dieses Gerät...¨, fing sie an und biss sich auf die Lippe. Sie musste wissen, wie es da hingekommen war und ob Jack sich überhaupt an irgendetwas erinnern konnte. ¨...erinnerst du dich an irgendetwas?¨, fragte sie leise und als sie bemerkte, dass die Biotikerin begann zu zittern und sie wütend an die Decke starrte, nahm sie einfach ihre Hand und drückte sie fest. Sie sollte wissen, dass sie nicht alleine war.
    ¨Nein, ich hab keine Ahnung was der ganze Mist soll. Ich erinnere mich an nichts. Ich weiß überhaupt nichts und das... Geht mir so auf die Nerven. Ich hab so viel Scheiß mitgemacht um die ganze Reaperkacke zu überleben und jetzt das?¨, sie verstummte und wandte den Blick von Jane ab.
    Shepard spürte, wie fest Jack ihre Hand hielt und sie biss sich wieder auf die Lippe um nicht anzufangen zu weinen. Sie konnte das so nachvollziehen.
    ¨Es tut mir Leid, Jack. Ich hab... Ich war so auf mich konzentriert, die ganze Zeit auf der Erde... Ich hätte...¨, Jane verstummte. War es ihre Schuld? Hätte sie vielleicht viel früher etwas bemerken sollen? Wann hatte das alles eigentlich stattgefunden? Sie wusste es nicht und das brachte sie schier um den Verstand. Ihre Freundin war so fertig und sie konnte kaum etwas tun um ihr zu helfen.
    ¨Hör auf, Shep. Den Schuh können sich bestimmt wieder diese Cerberus Arschlöcher anziehen. Ich schwör dir, wenn ich noch einen von diesen Wichsern sehe, schneid ich ihn auf und lass ihn seine eigenen Gedärme fressen! Die haben lange genug mit mir gemacht was sie wollten, ich lasse nicht zu, dass die das weiterhin machen. Ich hab jetzt endlich ein verdammtes Leben, das mir gefällt - gefallen hat. Ich lass mir das nicht wieder nehmen.¨, Jacks Stimme brach und Jane sah zum ersten Mal, wie ihrer Freundin Tränen über die Wangen liefen. ¨Ich hab keinen Bock mehr auf den Mist. Und du hast ganz sicher keine Schuld daran.¨, fügte sie noch hinzu.
    Jane wusste nicht was sie sagen sollte. Sie schniefte, hatte selbst nicht mal gemerkt, wie sie ebenfalls zu weinen angefangen hatte und lehnte dann ihre Stirn an ihre.
    ¨Du bist nicht alleine, Jack. Ich geh dieser Sache nach und ich lasse nicht zu, dass irgendwer dir jemals wieder auch nur ein Haar krümmt...¨, versprach sie und wusste, dass sie dieses eine Versprechen wenigstens halten würde. Daran würde sie alles setzen, koste es was es wolle. Jack hatte etwas Besseres verdient.
    ¨Nichts da. Wenn dann machen wir das zusammen. Ich will dabei sein, wenn du den Arschlöchern die Fresse polierst.¨, erwiderte die Biotikerin und Jane lachte leicht.
    ¨Natürlich.¨, stimmte sie zu. ¨Aber jetzt musst du erst Mal wieder gesund werden.¨, meinte Jane und hielt ihre Hand fest in ihrer. ¨Außerdem müssten wir jetzt bald im Perseus-Nebel ankommen.¨, sie fuhr sich schnell mit der freien Hand über beide Wangen um jeglichen Beweis für ihre Sensibilität zu verstecken.
    ¨Gut. Dann hol die Stehlampe wieder. Ich schaue solange, dass ich was rauskriege. Immerhin bin ich nicht ganz so hilflos wie ich im Moment vielleicht aussehe.¨, entgegnete Jack und sah wieder an die Decke.
    ¨Okay.¨ Jane blieb noch einen Augenblick länger sitzen und fuhr sachte mit ihren Fingern über Jacks Handrücken. ¨Falls du noch irgendetwas brauchst. Ich bin für dich da. Sag es einfach.¨, meinte Jane leise.
    Jack antwortete darauf nicht. ¨Und wie geht´s dir damit?¨, fragte sie urplötzlich an ihren Commander gewandt. ¨Dr. Chakwas hat mit mir geredet, ich glaube sie wusste nicht, dass ich wach war.¨
    Das war neu. Shepard zog irritiert beide Augenbrauen hoch. Wieso sollte Dr. Chakwas das nicht wissen? ¨... Ich weiß nicht. Es... Mein Vater ist tot. Was auch immer diese Nachricht sollte - ich verstehe sie nicht.¨, erklärte Jane und seufzte frustriert. ¨Ich gewöhne mich auch langsam an diese kryptischen Nachrichten.¨
    ¨Wird schon.¨, entgegnete Jack und lächelte leicht. ¨Ich hab mir was überlegt. Du hast doch gesagt, dass du in letzter Zeit solche Probleme mit Vakarian hast. Wie wär´s wenn wir mal wieder eine Party schmeißen, sobald die Stehlampe wieder funktioniert? Vielleicht wird er mit ein paar Flaschen Alkohol intus auch mal etwas lockerer...¨, schlug die Biotikerin vor und es war Jane ein Rätsel wie sie in diesem Moment auch nur ansatzweise an eine Party denken konnte.
    ¨Du meinst, nach Allem was mir unsere letzte Sauforgie eingebracht hat, nehm ich noch mal Alkohol zu mir? Jack, ich bezweifle, dass das so eine gute Idee ist.¨, - zumal sie auch auf die Gesundheit ihres Babys achten musste und insofern würde sie sowieso keinen Alkohol zu sich nehmen.
    ¨Du musst ja nicht. Aber dein Lover.¨, Jack grinste. ¨Ich seh dir doch an wie frustriert du die ganze Zeit bist. Du willst mit ihm vögeln - füll ihn ab.¨
    Jane schwieg einen Moment. Das klang einerseits komplett unmoralisch und falsch aber andererseits sehnte sie sich wirklich schon verdammt lange nach ihm und letzte Nacht, heute Morgen... Er war bei ihr gewesen und Jane hatte gemerkt wie glücklich seine bloße Anwesenheit sie machte. Außerdem würde er sie von dem ganzen Schlamassel im Moment ablenken und Jane würde sich vermutlich besser fühlen. Aber war das nicht ein Fehler? Ihn abzufüllen war so was von... Kindergarten.
    ¨Jack, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.¨, murmelte Jane und lehnte sich auf dem Stuhl etwas zurück. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen kurzen prüfenden Blick zur Türe. Wenn jemand davon Wind bekam... Dann könnte sie sich den erwünschten Sex wohl vollkommen abschminken.
    Jack verdrehte die Augen und machte einen genervten Laut. ¨Man Janey, du bist immer viel zu verkrampft. Mach dich mal locker! Besoffene sind ehrlich. Dann kannst du mal Klartext mit ihm reden. Sieh es so, dann klingt es vielleicht nicht ganz so schlimm.¨, Jack grinste wieder.
    ¨Ich nutze so eine Situation doch nicht einfach aus.¨, erwiderte Jane empört. Zugegeben, Garrus hatte das damals auf ihrer Party in Andersons Apartment auch ein wenig ausgenutzt - hatte es im Nachhinein aber unheimlich bereut. Außerdem waren sie zusammen gewesen. Richtig. Und nicht nur so halbe wie jetzt. Wollte sie das wirklich riskieren? Nein. Aber schon seit Jack diesen Vorschlag gebracht hatte, flüsterte ihr eine ganz bestimmte, böse Stimme im Kopf etwas ganz anderes zu. Und Jane war kurz davor nachzugeben.
    ¨Ich dachte, ihr seid sogar verlobt. Dann hast du doch Anspruch auf Sex oder nicht?¨, entgegnete Jack und zog wieder verwirrt die Augenbrauen hoch. Eigentlich hatte sie damit Recht. Zumindest Janes Meinung nach.
    ¨Ja...schon... Aber...¨, sie sollte gar nicht mehr hier sein. Am besten sie verschwand einfach und ließ Jack sich auskurieren. Die Biotikerin war überhaupt nicht gut für ihre vorbildliche Seele. ¨Du hast einen furchtbar schlechten Einfluss auf mich.¨, stellte Jane fest und erntete nur ein zufriedenes Grinsen ihrer Freundin.
    ¨Dann wirst du´s versuchen? Ich unterstütze dich.¨
    ¨Nein. Das wäre... Falsch.¨
    ¨Nichts da! Du weißt was du willst, also hol es dir!¨
    ¨Aber-¨
    ¨Kein Aber! Wir feiern und dann wickelst du ihn um den Finger!¨, Jack klang als wäre das ihr letztes Wort und als akzeptiere sie keine Widerworte. Also schwieg Jane, bereute jetzt schon sich das vorzunehmen und verließ mit einem letzten ¨gute Besserung.¨ den Raum und somit ihre boshaft grinsende Freundin.

    Die Luft in der Shuttlebucht war stickig. Jane ignorierte das und die Blicke ihres Squads ebenfalls. Mordin hatte ihre schlechte Laune bemerkt, sagte aber nichts. Garrus warf ihr hin und wieder besorgte Blicke zu, aber Jane war jetzt definitiv nicht in der Stimmung sich irgendwelche Kommentare von hm anzuhören. Ihr war schon bewusst, dass Talis Spezies mit ihrem Vorhaben die Geth wieder einzuschalten überhaupt nicht einverstanden war. Insofern hielt sie es für besser, ihnen gar nicht erst die Gelegenheit zu geben, gegen Shepard vorzugehen.
    Inzwischen waren ihre ganzen Handgriffe, ihre Waffen zusammenzubauen und an ihrer Panzerung zu befestigen reine Routine. Sie schweifte mit ihren Gedanken wieder ab, dachte an Legion, der momentan auf der Normandy beim VI-Kern stand und nur darauf wartete, dass Jane ihm wieder Leben einhauchte.
    "Shepard!"
    Der Commander wirbelte herum und sah Zaeed und Grunt in voller Montur auf sie zukommen.
    "Sie wollen doch nicht ernsthaft ohne uns gehen oder? Die Kacke ist doch ordentlich am Dampfen, da ist es doch sicher besser wenn sie noch ein paar Waffen mehr dabei haben.", meinte der ehemalige Söldner und grinste leicht. Jane bemerkte zwar Garrus' misstrauischen Blick, gab darauf aber nicht viel und nickte nur.
    "Gut, klar wieso nicht.", erwiderte sie nur und hoffe sie würden alle in das Shuttle passen. ¨Der Plan sieht folgendermaßen aus: bevor die Normandy an die Flottille andockt, werden wir mit dem Shuttle zum Gethschlachtschiff fliegen. Tali wird mit Liara und Kaidan versuchen die Quarianer so gut es geht abzulenken. Sie wird sich in ihr System hacken und irgendwo einen Alarm auslösen, damit wir freie Bahn haben. Es wird vermutlich allerdings nicht ganz so leicht, schließlich ist der Raum in dem sich der Zugang zum Konsens befindet sehr gut bewacht. Wir wollen keine Tote, daher auch die Betäubungsmunition. Grunt, hast du das verstanden?¨, erklärte Shepard so sachlich wie möglich. Der Kroganer warf ihr einen kurzen, enttäuschten Blick zu. Er hatte viel zu lange niemanden mehr umbringen können und die Quarianer hatten jetzt doch ihren Heimatplaneten zurück, da könnten sie sich wieder munter fortpflanzen. Warum also nicht ein paar von ihnen töten, die ihnen im Weg stehen? Er nickte zögernd.
    ¨Gut. Ich will das hier schnell hinter mich bringen, schließlich sitzt mir die Genophage immer noch im Nacken.¨, fügte Jane noch leise hinzu und stieg in das Shuttle. Der Rest des Squads folgte ihr und EDI informierte das Team, dass Tali, Liara und Kaidan inzwischen an Board der Flotte waren. Jane atmete ruhig durch und bemerkte dabei Mordins konsternierten Blick. Seit sie wusste, dass sie schwanger war, wich der Salarianer gar nicht mehr von ihrer Seite.
    ¨Schmerzen?¨, fragte er schließlich und sie schüttelte schnell den Kopf.
    ¨Nein. Ich befürchte nur... Dass wir das nicht so schnell hinter uns bringen können.¨, erwiderte sie ruhig.
    ¨Verstehe.¨
    Es dauerte nicht lange, bis Cortez das Shuttle in den Hangar des Gethschlachtschiffes hineinmanövriert hatte. Als Jane die große Halle betrat lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Sie erinnerte sich an das letzte Mal, als sie einem Gethschlachtschiff einen Besuch abgestattet hatte, damals hätte Admiral Han‘Gerrel sie, Tali und Garrus beinahe getötet. Kein sonderlich schöner Gedanke, wenn man bedachte, dass sie die nächsten Stunden hier verbringen würde. Wenigstens standen sie dieses Mal nicht unter Beschuss und konnten vielleicht auch ohne die Benutzung ihrer Waffen davon kommen.
    ¨Was für ein Haufen Müll...¨, kommentierte Zaeed.
    ¨Sht!¨, ermahnte Jane ihn und führte ihr Team langsam und so leise wie möglich tiefer in das große Schiff. Hin und wieder liefen ihnen einige Quarianer über den Weg und sie spürte jedes Mal, wie Ihr durch diese kurzen Begegnungen das Adrenalin durch die Adern schoss. Normalerweise konnte sie immer gut Ruhe bewahren, was war mit ihr los? Warum jetzt auf einmal nicht mehr? Jane blieb kurz inmitten eines langen Korridors stehen und schloss die Augen. Irgendetwas stimmte mir ihr nicht. Sie wusste, dass sie Legion retten musste, dass es nur einer kurzen Handbewegung bedurfte um den Konsens wieder einzuschalten. Warum fühlte sie sich dann so verdammt unwohl? Als wäre jeder Schritt schwerer als der vorherige.
    ¨Kommt es mir nur so vor, oder sind hier seltsam wenig Quarianer unterwegs?¨, fragte Zaeed plötzlich, der angestrengt in die entgegengesetzte Richtung des Flurs sah. ¨Ich mein, selbst wenn Sparks diesen Alarm ausgelöst haben sollte, müssten dann nicht trotzdem noch ein paar dieser behelmten Deppen hier rumrennen?¨
    Shepard wollte gar nicht erst darüber nachdenken. Er hatte Recht, es war ungewöhnlich wie wenig Quarianer sich hier aufhielten, wenn man bedachte wie wichtig sie es hatten, die Geth so tot zu lassen wie sie im Moment waren. Aber Jane machte sich viel mehr Gedanken um dieses unangenehme Gefühl, dass sich langsam aber sicher in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Als wäre da irgendetwas, dass sie zurückhielt, zurückziehen wollte.
    ¨Shepard. Alles in Ordnung?¨, und wieder war es Mordin, der ihren unsicheren Zustand bemerkte. Er sah sie mit einer Mischung aus Neugier und Sorge an. Jane antwortete nur zögernd.
    ¨Es geht schon, ja. Danke.¨, murmelte sie und beschloss nur noch ein paar Sekunden länger stehen zu bleiben und zu versuchen ihren Herzschlag zu beruhigen.
    ¨Keine Sorge, wir schaffen das.¨
    Shepard sah auf, als sie die Stimme ihres Partners vernahm. Das erste Mal, seit sie auf diesem Schiff waren. Er sah mindestens genauso besorgt aus wie Mordin und schien kurz davor zu sein über Funk die Mission abzublasen.
    Sie nickte nur, straffte sich und ging weiter voran. Diese ganze Mission war... Seltsam, beinahe schon unheimlich. Nichts war so wie es sein sollte und als Shepard um die nächste Ecke bog, zuckte sie kurz zusammen.
    Nur ein winziger Augenblick, vielleicht einen Wimpernschlag lang, sah sie ihn dort vorne stehen. Den Katalysator.
    Sie spürte, wie sich in ihr alles zusammenzog, ihr Herz wieder viel zu schnell schlug, sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper bildete. Das durfte nicht wahr sein. War er der Grund, weshalb sie ständig daran dachte, dass hier etwas schief lief?
    ¨Jane?¨, Garrus schloss zu ihr auf, sah das Entsetzen in ihren Augen und fragte sich sofort, was sie so furchtbar erschreckt hatte.
    Sie ließ ihre Waffe sinken, sah auf den Boden und versuchte schließlich an der Wand etwas Halt zu finden. Was hatte das zu bedeuten? Hatte sie sich das eben nur eingebildet? Nein, er war dort vorne gestanden. Sie hatte es gesehen. Es gefühlt.
    ¨Jane!¨
    Sie spürte Garrus Hand an ihrer Taille überhaupt nicht, hörte seine Stimme kaum.
    ¨Shepard!¨, Grunt, Zaeed und Mordin kamen ebenfalls zu ihr.
    ¨Sie sehen nicht gut aus.¨, kommentierte Grunt und sie glaubte sogar in seiner Stimme etwas Besorgnis zu erkennen.
    ¨Es...¨, begann sie, merkte aber wieder, dass ihr das Atmen viel schwerer fiel wie vorher und klammerte sich schließlich etwas an Garrus. Ihr war nicht bewusst, wie schwach sie damit wirkte, aber im Moment war ihr das auch ziemlich egal. Er hielt sie und fuhr ihr liebevoll über den Rücken.
    ¨Hey, es ist alles in Ordnung.¨, sagte er leise, beruhigend.
    Jane brauchte einen Moment um zu verstehen, dass sie nicht Gefahr war. Er war hier und er würde sie beschützen, genau wie der Rest ihres Squads.
    ¨Haben Sie irgendwas genommen?¨, fragte Zaeed vollkommen taktlos und Jane war ihm dafür zum ersten Mal richtig dankbar. Sie lachte leicht, merkte, wie sich ihr Atem beruhigte, ihr Herz wieder in einem normalen Rhythmus schlug.
    ¨Nein, nicht dass ich wüsste.¨, erwiderte sie und schmiegte sich noch etwas näher an den Turianer.
    ¨Geht es wieder?¨, fragte er und sie nickte bloß.
    Wann hatte sie zuletzt eine derartige Panikattacke gehabt? Vor drei Jahren, als sie auf der SR-2 gewesen war, kurz nachdem Cerberus sie zurückgeholt hatte. Sie hatte von ihrem Tod geträumt und war beinahe zu schon atemlos aus ihrem Schlaf hochgeschreckt. Damals waren leider nur Jacob und Miranda an Bord gewesen, niemand der sie hätte richtig beruhigen können und es hatte lange gebraucht, bis das Zittern aufgehört hatte, sie wieder in regelmäßigen Abständen atmen hatte können. Aber dieses Mal war es anders.
    ¨Wir sollten weitergehen...¨, meinte sie, schenkte Garrus ein letztes Lächeln und ging wieder mit sicheren Schritten voran. Selbst wenn der Katalysator hier war, sollte sie sich doch beinahe schon darüber freuen. Sie hätte endlich die Möglichkeit diesem Albtraum ein Ende zu setzen. Er würde aufhören länger in ihrem Kopf herum zu spuken.
    Das Schiff war unerwartet groß und Jane war unsagbar froh über den Grundriss, den EDI auf ihr Omnitool geschickt hatte. Die Gänge waren verzwickter als auf der damaligen Kollektorenbasis und Jane fragte sich unwillkürlich, ob die Geth selbst sich nie verlaufen hatten. Inzwischen bog sie zum gefühlt fünfzigsten Mal nach rechts ab und war sich langsam auch gar nicht mehr sicher ob ihr Omnitool ihrer Gruppe noch den richtigen Weg wies.
    ¨Sind wir bald da?¨, fragte Grunt, der seltsam gelangweilt klang.
    ¨Theoretisch schon.¨, antwortete Jane und war sich tatsächlich nicht sicher, ob sie ihr Ziel bald erreichen würden.
    ¨Hey!¨
    Ein bewaffneter Quarianer am Ende des Ganges ließ sie zusammenfahren. Garrus zog Jane schnell in Deckung hinter einer Kiste als der Quarianer anfing auf sie zu feuern.
    ¨Ist der irre? Shepard, sagen Sie mir bitte, dass ich ihn umlegen darf!¨, bat Zaeed über Funk.
    ¨Nein, Zaeed, keine Toten!¨, ermahnte Shepard ihr Teammitglied. Sie hörte den Söldner fluchen und schließlich war es Grunt, der dem Quarianer eine Ladung Betäubungsmunition verpasste. Der Wachmann ging stöhnend zu Boden und Shepard war insgeheim froh über diese Wahl der Munition. Früher hatte sie nicht viel davon gehalten, weil es ihre Gegner eben nur betäubte und sie früher oder später wieder zu sich kommen und Shepard wieder auf den Fersen sein würden. Aber dieses Mal hielt sie es für richtig. Auch für Tali.
    ¨Schnell, weiter! Wir sind gleich da.¨, meinte sie und führte ihr Team näher an das Herz des Schlachtschiffes.
    Sie lugte vorsichtig um die Ecke und bemerkte vier schwer bewaffnete Quarianer die vor dem Eingang ihres Ziels standen. ¨Mist. Also gut, wir machen es so. Ich versuche sie mit meiner Biotik etwas abzulenken, Garrus, du schaltest den rechten mit dem Scharfschützengewehr aus, Zaeed, Grunt konzentrieren sie sich auf die anderen beiden, mit den Schrotflinten und Mordin...¨, Jane überlegte einen kurzen Moment. ¨Sie bleiben dicht bei mir. Wir kümmern uns um den letzten.¨
    Ein kräftiges, einstimmiges Nicken ihres Teams später positionierte Jane sich so, dass sie mit einem sauberen biotischen Wurf, einen der beiden Nahkämpfer von den Füßen reißen konnte. Damit hatte sie sofort die Aufmerksamkeit des Scharfschützen, der sein Gewehr anlegte und nur kurz bevor er den Abzug drücken konnte, schon von Garrus Schuss auf den Boden gerissen wurde ohne Jane irgendwelchen Schaden zufügen zu können. Das Feuer des einen Quarianers mit seiner Schrotflinte prallte an Janes Schild ab und sie begab sich schnell wieder in Deckung neben Mordin um Zaeed und Grunt vorzulassen. Die Beiden schalteten die Quarianer mit Leichtigkeit aus und der letzte ließ sein Sturmgewehr schon von selbst sinken. Er hob beschwichtigend die Hände und stammelte ein verängstigtes ¨Bitte, lassen Sie mich gehen.¨
    Jane nickte ihrem Squad zu und lief mit gemächlichen Schritten zu dem Quarianer.
    ¨Sie müssen sich keine Sorgen machen, das sind nur Betäubungskugeln.¨, erwiderte sie, zielte nur wenige Schritte von ihm entfernt auf seine Brust und drückte ab.
    Er ging ebenfalls zu Boden und Jane machte sich schnell daran die Codierung der Türe zu überbrücken.
    ¨Glauben Sie da hinter sind noch mehr Quarianer?¨, fragte Grunt aufgeregt. Jane hatte schon bemerkt, dass er unheimlich viel Spaß an den Kämpfen hatte. Allerdings befürchtete sie, das letzten Endes wirklich noch jemand zu Schaden kommen könnte und müsste man die zerbrechlichste Spezies der Galaxie wählen, wären das garantiert die Quarianer.
    ¨Ich glaube nicht.¨, entgegnete Jane.
    ¨Irgendetwas stimmt hier nicht, Shepard.¨, meinte Zaeed nachdenklich. Er inspizierte den Raum, blieb mit dem Blick an den vier am Boden liegenden Quarianern hängen und fragte sich ob das alles nicht einer viel ernsteren Falle diente. Hatten die Quarianer vielleicht sogar gewusst, dass sie kommen würden?
    ¨Ich weiß, das denke ich auch. Deswegen werden Sie und Grunt hier bleiben und die Türe bewachen. Sollte Ihnen irgendetwas komisch erscheinen, sagen Sie mir sofort Bescheid. Es dürfte nicht so lange dauern, den Konsens wieder einzuschalten.¨, meinte Jane und deutete Garrus und Mordin ihr in den Raum zu folgen. Die Türe glitt erschreckend leise auf und Jane betrat den großen Raum. In der Mitte ragte eine kleine Konsole empor, die Jane schwer an ihren letzten Eintritt in den Konsens erinnerte. Legion war damals bei ihr gewesen und hatte sie angeleitet. Sie musste wohl oder übel wieder in eine dieser Kapseln steigen. Eine Sekunde lang dachte sie daran, Garrus zu bitten das mit ihr gemeinsam zu machen, allerdings wusste sie nicht ob die Geth ihm genauso gut gesonnen waren wie ihr. Außerdem wollte sie ihn nicht unnötig in Gefahr bringen.
    ¨Da wären wir wieder.¨, murmelte sie und trat nahe an eine Kapsel heran.
    ¨Müssen wir irgendetwas tun?¨, fragte Garrus und musterte Jane mit einem vielsagenden Blick. Es gefiel ihm nicht, sie dort hinein zu lassen. Sie sah ihm an, dass er das mehr als skeptisch sah und um ihren momentanen Gesundheitszustand fürchtete.
    ¨Ich glaube nicht.¨, sie warf einen kurzen Blick zu Mordin, der schon interessiert die Konsole studierte und alles andere um sich herum ausblendete. Ein guter Zeitpunkt, um noch kurz etwas mit Garrus zu besprechen. Sie zögerte, nahm schließlich seine Hand und sah ihm in die Augen. ¨Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung Garrus. Wenn Legion wieder am Leben ist... ich bringe das alles wieder in Ordnung. Ich sorge dafür dass-¨
    Sie verstummte als er ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr strich und ihr ungewohnt liebevoll über die Wange fuhr. ¨Du musst gar nichts in Ordnung bringen, Jane.¨, erwiderte er leise. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte Jane daran, dass Mordin auch noch hier war, aber seine Stimme, wie ehrlich er das eben sagte, und vor Allem auch die Reue die sie darin hörte ließen sie den Salarianer vollkommen ausblenden.
    ¨Garrus...¨, murmelte sie, wusste nicht, was genau er damit meinte, entschied aber, dass das in diesem Augenblick keine Rolle spielte. So wie er das eben gesagt hatte klang es beinahe schon wie ein ¨Ich verzeihe dir¨. Und seltsamerweise überkam sie auch der Gedanke, die Mission einfach abzublasen. Er wollte wieder mit ihr zusammen sein. Das war in dieser Sekunde alles was zählte, bis sie Mordins Räuspern hörte und erschrocken zu dem Professor sah.
    ¨Sollten beginnen. Habe die Verbindung bereits hergestellt.¨, schlug er vor und deutete auf die Kapsel dicht hinter Jane.
    Shepard warf noch einen letzten unsicheren Blick zu Garrus.
    ¨Du musst das nicht machen.¨, sagte er noch leise und sie wusste, was er damit eigentlich sagen wollte. Es war nicht nötig, niemand erwartete von ihr die Geth zu retten. Es war ihre eigene Entscheidung. Aber Jane hatte ein Versprechen gegeben. Sie hatte sich selbst geschworen Tali Legion zurückzubringen und davon könnte Garrus sie auch nicht mehr abhalten. Egal was da auf der anderen Seite lauerte, sie würde ihm entgegen treten.
    ¨Ich schaff das schon.¨, meinte sie und lächelte ihn aufmunternd an, bevor sie den Schalter drückte um die Kapsel zu öffnen.
    ¨Jane.¨
    Sie gab einen kurzen überraschten Laut von sich, als er sie in seine Arme zog und küsste. Mordin schien wieder zu sehr mit der Konsole beschäftigt zu sein um die beiden noch einmal zu unterbrechen und Jane war mehr als dankbar dafür. Es war ein kurzer Kuss, nicht halb so intim oder intensiv wie die letzten, aber dennoch unbeschreiblich schön. Jane wusste, wie besorgt er war und sie wollte ihm beweisen, dass er dazu keinen Grund hatte. ¨Wird schon.¨, flüsterte sie leise, als sie ihm einen letzten Kuss auf die Wange gab und schließlich in die Kapsel stieg.
    Mordin warf ihr einen fragenden Blick zu und sie nickte nur entschlossen.
    Dann schloss sich die Kapsel und sie tauchte ab in einen Albtraum, der sie ihr restliches Leben lang verfolgen würde...
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

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