Auch hier gehts weiter, diesmal aber nur ein kleines, etwas gefühlvolleres Kapitel. Ab diesem Teil gibt es sogar Musik dabei, wie üblich in diesen [] Klammern zu finden. Viel Spaß dabei.
Schon einmal so betrachtet?
[https://www.youtube.com/watch?v=_VMrFdYiqAA]
Luisa lag auf dem Sofa und schlief. Marko schaltete den Autopiloten an und stand auf. Ihm tat jeder Knochen im Leib weh. Die Finger seiner rechten Hand konnte er nicht mehr bewegen, sein Kopf dröhnte. Außerdem tat ihm die Brust weh und er hatte manchmal Probleme zu atmen. Er drehte sich um und blickte zu dem Sofa. Luisa hatte sich dort unter eine Decke gerollt und schlief. Sie war durch ihre Unterkühlung vollkommen erschöpft und sofort eingeschlafen, nachdem sie sich hingelegt hatte. Marko hob seinen Mantel auf und legte ihn über die Sofalehne. Dabei glitt sein Blick auf seine schlafende Begleiterin. Sie lag ganz ruhig da, so zusammengerollt, dass sie nur die Hälfte des Sofas in Anspruch nahm. Er setzte sich auf den noch freien Platz, nahe an ihrem Kopf und lehnte sich zurück.
Das Datenpad, welches er in seiner Brusttasche trug, schien Tonnen zu wiegen. Jetzt hatten sie die Gewissheit, jemand war hinter ihnen her. Jemand verfolgte sie. Die Blue Suns waren nicht ohne Grund aufgetaucht. Und sie hatten Gipfel 6 auch nicht ohne Grund angegriffen.
Marko zog das Datenpad heraus und betrachtete es. Es war über und über mit dem Blut des Administrators befleckt. Marko war nicht herzlos, wirklich nicht. Aber er wusste, er und Luisa hätten ernsthafte Probleme mit den Wachen von Noveria bekommen. Niemand hätte ihnen geglaubt, dass sie den Administrator nicht getötet hatten. Flucht war die einzig logische Konsequenz.
Luisa bewegte sich im Schlaf und stieß mit dem Kopf gegen Markos Oberschenkel. Sie wurde wach.
„Was?“
Verschlafen hob sie den Kopf, doch er lächelte sie an und warf das Datenpad zur Seite.
„Habe ich dich geweckt?“
„Nein, ist schon gut. Sind wir da?“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, noch lange nicht. Schlaf weiter.“
Sie murmelte etwas und war schon wieder eingeschlafen. Ihrer Gesichtsfarbe nach zu urteilen wärmte sie sich langsam wieder auf. Zumindest etwas positives. Bis zur Citadel würde es noch eine Weile dauern und er war hundemüde.
„Wecken bei Ankunft“, sagte er und schloss die Augen. Sofort war er eingeschlafen.
Die Spieluhr spielt ein leises Lied, Lichter werden an die Wand geworfen. Es zeigen Formen und Farben, die Musik spielt dazu. Kleine Hände umfassen die Säule neben dem Bettchen, klammern sich an das Holz. Kinderaugen beobachten die Lichter mit wachsender Begeisterung. Es sind meine Hände, es sind meine Augen. Ich beobachte.
Schritte erklingen, dumpf und hohl. Jemand stellt sich vor die Tür, etwas leuchtet grün auf. Stimmen.
„Was wollen Sie?“ Es ist eine Frau. Eine Frau, die ich kenne.
Keine Antwort, ein lauter Knall. Ein Schrei, jemand ruft einen Namen. Die Tür gleitet auf, ganz langsam. Ein Gestalt fällt in den Raum, der Boden färbt sich rot. Dunkel Gesichter und funkelnden Augen starren mich an.
[https://www.youtube.com/watch?v=TLtQE-WZV28]
Marko riss seine Augen auf und holte tief Luft. Er unterdrückte den Schrei, starrte geradeaus. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Gedankenverloren begann er die Finger seine rechten Hand zu bewegen, das Medigel zeigte langsam seine Wirkung. Krampfhaft lenkte er seine Gedanken weg von dem Traum, zurück nach Noveria. Er dachte an den Unfall und versuchte die Situation mit den Blue Suns genauer zu verstehen. Warum waren sie hinter ihm und Luisa her? Waren sie in ihrer Ehre gekränkt, weil sie es nicht geschafft hatten die beiden Soldaten auf CO-659 zu töten? Oder steckte da wirklich jemand hinter, der ihren Tod forderte?
Marko wusste, jetzt würde er nicht mehr schlafen können. Also stand er auf und setze sich auf den einzigen freien Platz, den Sitz des Piloten. Vor ihm erstreckte sie die Weite des Alls, der Autopilot schien die Cops Honor auf direktem Weg zum nächsten Massenportal zu fliegen. Kurz überlegte Marko, ob er das Steuer wieder übernehmen sollte, doch mit einem Kopfschütteln beschloss er dies nicht zu tun. Stattdessen zog er das Datenpad aus seiner Brusttasche. Mit dem Ärmel seines Hemdes wischte er so gut es ging das Blut vom Bildschirm. Jetzt erkannte er erste Zahlen und Namen. Besonders oft tauchte der Name Future Produktion Industries auf. Marko sah vier- bis fünfstellig Geldbeträge, die von der Firma hin und her geschoben wurden. Meistens lagen mehrere Wochen zwischen den Transaktionen, doch in letzter Zeit hatte sich das Geldgeschiebe gehäuft. Marko fiel ein Datum ganz besonders ins Auge: 13.07. Es war nicht nur ironischerweise ein Freitag gewesen, sondern auch der Tag, in dem seine Einheit fast komplett ausgelöscht worden war. Die letzten Angehörigen befanden sich in diesem Schiff.
Er rief den Eintrag auf und sofort öffnete sich ein Fenster mit mehren Daten. Zuerst stand der Namen der Firma, die das Geld verschickt hatte, in diesem Fall Future Produktion Industries. Danach der Mitarbeiter, der alles in Auftrag gegeben hat. Als Marko den Namen las, lief es ihm eiskalt den Rücken runter und er keuchte leise:
„Nein, das kann doch nicht sein.“
Ein Zittern jagte durch seinen Körper. Wie ein Trance nahm er den Rest der Daten war. Eine fünfstellige Summe an Credits war über Noveria an die Blue Suns übermittelt worden. Genau an dem Tag, als die Blue Suns den Allianztrupp angegriffen hatten. Marko kniff die Augen zusammen und nahm ein paar tiefe Atemzüge. Ein hämmernder Schmerz fuhr durch seine Brust. Mit seiner freien Hand packte er sich an die Brust, knapp über einem Lungenflügel und keuchte auf. Mit zitternden Händen warf er das Datenpad auf den Sitz des Copiloten fallen und stand auf. Seine Beine zitterten, doch er ging langsam wieder auf das Sofa zu. Seine Atmung war flach und schnell, doch der Schmerz wurde langsam wieder besser.
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„Alles okay?“
Erschrocken hob Marko den Kopf. Luisa saß auf dem Sofa, die Decke wie einen Umhang um die Schultern gelegt. Sie schaute ihn fragend und besorgt an. Doch er lächelte und nickte nur.
„Klar, alles okay. Und bei dir?“
„Mir ist wieder warm.“
Marko lächelte und stolperte auf das Sofa zu. Es ächzte, als er sich mit seinem ganzen Gewicht in das weiche Polster fallen ließ. Ein paar Minuten lag Stille im Schiff. Luisa und Marko blickten nach draußen, dort, wo das dunkle All an ihren vorbeischoss.
„Hast du schon einen Blick auf das Datenpad geworfen?“, fragte Luisa schließlich.
Marko nickte nur.
„Ja. An dem Tag als.... es passiert, da hat jemand von Future Produktion Industries einen großen Geldbetrag an die Blue Suns gezahlt.“
„Von welcher Größe reden wir hier?“
„15.000 Credits.“
Luisa keuchte erschrocken auf und ihre Augen weiteten sich. Marko nickte mit ernster Miene. Er hörte das Blut in seinen Ohren noch immer rauschen, doch langsam ging auch das weg. Luisa seufzte nur und senkte den Blick.
„Ich kann es nicht fassen, dass wir einfach abgehauen sind. Ich meine, jemand hat den Administrator erschossen. Einfach so.“
„Einfach so wahrscheinlich nicht. Wer auch immer dahinter steckt, er wollte, dass der Administrator nicht erzählt. Aber wir haben die Daten.“
„Doch zu was für einem Preis.“
Darauf konnte Marko nichts erwidern. Stattdessen legte er die Arme ausgebreitet auf die Rückenlehne des Sofas und schaute an die Decke des Schiffs.
„Du siehst immer nur das Negative, oder?“
„Marko, da wurde ein Mann erschossen, als er uns helfen wollte!“
Luisa klang erschrocken, doch Marko drehte nur den Kopf zur Seite und schaute sie mit unverändertem Blick an.
„Ja, aber jetzt wissen wir, dass die Blue Suns hinter uns her sind.“
„Aber dieser Mann ist tot!“
„Eine Tatsache, die wir nicht mehr ändern können. Wir könnten jetzt auch tot sein. Schon einmal so betrachtet?“
Luisa stand der Mund offen, sie sah Marko einfach nur an. Der lächelte kurz und lehnte sich dann wieder vor.
„Mir gefällt das auch nicht, aber es ist nunmal passiert. Glaub mir, es wäre mir viel lieber, wenn der Administrator noch leben würde, aber... passiert ist passiert. Wir können nur aus dem, was er uns gegeben hat, das Beste machen. Nenn mich ruhig kaltherzig, aber es ist so.“
„Nein, du bist nur ein... Realist, richtig?“
Marko nickte nur und schaute wieder zu ihr. Irgendwie wirkte Luisa in diesem Moment einsam und verloren. Sie drehte ihren Verlobungsring am rechten Ringfinger und schaute etwas hilflos in die Ferne. Marko war einfach kein Typ, der gerne den starken Mann spielte. Doch diese Frau, die gerade neben ihm saß, hatte vor wenigen Wochen die Liebe ihres Lebens verloren und gerade wieder gesehen, wie jemand mit einem Kopfschuss erschossen worden war. Also legte Marko sanft seine Hand auf ihre und lächelte sie an.
„Das wird alles wieder, vertrau mir.“
„Rache ist nicht das, was ich will.“
„Aber Antworten, oder?“
„Ja.“
Sie hauchte das Ja, doch das reichte ihm. Er nickte nur und drückte ihre Hand. Die Bilder seines Alptraumes waren aus seinem Kopf gewichen, er sah sie kaum noch. Im Moment hatte er wichtigere Dinge zu tun. Im Moment musste er für eine Freundin da sein.
„Hauen wir uns noch etwas aus Ohr, der Weg zur Citadel ist weit“, schlug er vor.
Luisa nickte nur und kuschelte sich wieder unter die Decke. Ihren Kopf legte sie nahe an seinen Oberschenkel, was ein kurzes Prickeln durch seinen Körper jagte. Mit dem Fuß angelte Marko einen Tasche, auf der er seine Füße ablegte, dann schloss er die Augen und war schon wieder weg.
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