Wird der Fußball kaputtgefeiert?

[Sargnagel]

"Da oben kannst du keinen mehr hinschicken"

Berliner Spieler in Todesangst, wüste Beschimpfungen gegen Schiedsrichter Wolfgang Stark und Unwissenheit, wie es weitergehen soll. Lesen Sie hier, was in den letzten Minuten in Düsseldorf geschah.

Zwei Minuten vor dem regulären Abpfiff bricht das Chaos aus in den Katakomben der Esprit Arena zu Düsseldorf. Hunderte Fans stürmen bereits den Platz in dem Glauben, das 2:2 ihrer Fortuna gegen Hertha BSC sei von Schiedsrichter Wolfgang Stark bereits abgepfiffen worden – und ihr Klub damit sicher in der Fußball-Bundesliga.

Was die Anhänger nicht wissen: Der Schiedsrichter hat nur ein Foul gepfiffen. Und so leiten die Fortuna-Fans die wohl verstörendsten 20 Minuten der jüngeren deutschen Fußball-Geschichte ein.

Als erstes rettet sich Stark mit seinem Team vor dem tobenden Mob. Auf dem Weg zu seiner Kabine bleibt das Trio noch einmal stehen, es stehen ganz einfach zu viele Menschen im Weg. Niemand hat damit gerechnet, dass Spieler wie Offizielle plötzlich Zuflucht am Fuße der Treppe suchen würden. So holen den Unparteiischen auch die Spieler von Hertha BSC ein.

Mijatovic beschimpft Stark

Wüste Beschimpfungen fallen, Kapitän André Mijatovic stellt Stark bis in den Gang zu dessen Kabine nach. "Du hast noch nicht gepfiffen", brüllt er immer wieder.

Mittendrin: Die Düsseldorfer Spieler. Sie ahnen nicht, dass die Herthaner Recht haben: Offiziell läuft das Spiel noch. Im Überschwang des Erfolges reißen sie sich ihre Trikots vom Leib, es kommt zum direkten Aufeinandertreffen der Kontrahenten. Hier die erbosten Herthaner, dort die glücklichen Düsseldorfer – zum Glück friedlich. Oben riegeln Ordnungskräfte den Eingang zu den Kabinen ab.

Immer mehr Menschen retten sich vor dem feiernden Fans in die Gänge. Kamerateams schleppen hektisch schwere Ausrüstungsgegenstände in die Flure, "da oben kannst du keinen mehr hinschicken", ruft ein ARD-Reporter seinem Kollegen zu. Stark ist da längst in der Kabine, und auch die Düsseldorfer beginnen zu begreifen, dass etwas nicht stimmt: Sie brechen den Jubel ab, ziehen sich zurück oder versuchen die Fans von einem Rückzug auf die Tribünen zu bewegen.

Warten in den Katakomben

Es beginnen die Minuten des Wartens in den Katakomben. Beide Teams sitzen in ihren Kabinen. War es das? Ohne offiziellen Schlusspfiff? Oder pfeift Stark doch noch einmal an? Rund zehn Minuten vergehen ohne Gewissheit. Oben zünden die Fans weitere bengalische Feuer.

Dann endlich ein Signal aus der Kabine des Schiedsrichters: Es soll weitergehen. Auf dem Platz müssen jetzt die Ordnungskräfte ran und drängen die Fans langsam auf die Tribünen zurück. Jetzt erst realisieren die Zuschauer: Sie haben sich zu früh gefreut.

Am Fuße der Treppe schlagen Verantwortliche der Fortuna die Hände über dem Kopf zusammen. "Sie machen alles kaputt, die sind so bescheuert", schreit einer immer wieder, und meint damit die eigenen Anhänger. Klar ist: Wenn Stark nicht wieder anpfeift, hat Fortuna ein Riesenproblem.

Erneuter Anpfiff

Dann aber sammeln sich die Düsseldorfer hinter der Glastür zu ihrer Kabine. Minutenlang stehen sie da, warten und feuern sich an. Vom Schiedsrichter noch keine Spur. Dann endlich, nach etwa 15 Minuten, begeht Stark mit seinen Mannen das Feld. Zwei Minuten wird nachgespielt, heißt es. Exakt die Zeit also, die zuvor versäumt wurde. Die Düsseldorfer folgen Stark – aber die Hertha-Profis nicht.

Stark kommt die Treppe wieder herunter, er will nachsehen, was mit den Gästen ist. Er begibt sich zur Hertha-Kabine. Die Antwort: Team und Betreuer beratschlagen noch, ob weitergespielt wird. Manager Michael Preetz wird später von "Todesangst" berichten, und dass sein Team nur auf Bitten der Polizei wieder auf das Feld gegangen sei.

Schließlich erscheint auch Hertha BSC wieder auf dem Rasen. Stark pfeift die Partie tatsächlich noch einmal an. Wie, so fragen sich alle Beobachter, werden die Fans reagieren, sollte Hertha jetzt doch noch ein Tor schießen – und damit Düsseldorf den sicher geglaubten Aufstieg nehmen?

Spuk beendet

Nach gut 90 Sekunden aber beendet Stark den Spuk. Und dann wiederholen sich die Geschehnisse: Die Anhänger stürmen den Platz, die Profis flüchten. Wieder reißen sich die Düsseldorfer die Trikots vom Leib, wieder rennen die Hertha-Spieler hinter dem Unparteiischen her. "Das waren keine zwei Minuten", brüllt Kapitän Mijatovic, und Christian Lell giftete: "Bist du feige! Da brauchst du ja gar nicht mehr anpfeifen."

Es fallen noch mehr solcher Sätze, doch sie gehen unter im Chaos. Irgendwann in dieser Szene soll dann auch noch der sonst so besonnene Levan Kobiashvili Schiedsrichter Stark ins Gesicht geschlagen haben, der DFB-Kontrollausschuss ermittelt bereits. Auch gegen Fortunas Andreas Lambertz werde ermittelt, er soll auf dem Platz bengalische Feuer abgebrannt haben.

Am Ende traten alle Beteiligten erschöpft vor die Presse. Nein, so etwas wolle man nicht sehen, beteuerten sie. Weder den Platzsturm, noch die zuvor von Hertha-Fans auf den Platz geworfenen Feuerwerkskörper. Und doch: Die Schande von Düsseldorf wird so oder so ganz sicher noch ein Nachspiel haben.

http://www.welt.de/sport/fussball/bu...nschicken.html

Das ist ein gesellschaftliches Thema, deswegen gehört es meiner Meinung nach ins Rathaus.

Das Problem ist nicht neu, aber es wird immer schlimmer- Kölner Fans stoppen gegnerische Fanbusse, Rostocker Fans schießen Raketen in den Pauli- Fanblock, bei einem Hallenturnier in Hamburg drehen die Leute durch, erst kürzlich gab es Randale beim Relegationsspiel zwischen Karlsruhe und Regensburg.

Dabei sind das Massenspektakel, wo jedes Wochenende zigtausende Fans miteinander feiern (sollen)!

Das schreckt ab, auf längere Sicht werden Familien wegbleiben, der Sport kommt in Verruf.

Kaum zu glauben, dass es immer noch Fangruppen gibt, die Feuerwerk ernsthaft wieder in den Stadien geduldet haben wollen- mit jeder Aggro- Aktion rückt die Duldung in weite Ferne.

Hat man den Fußball bzw. seine Begleiterscheinungen überhaupt noch im Griff?

[SpeechBubble]

Schön, dass du das ansprichst. Ich habe das gestern nach dem Düsseldorf-Spiel mal in der Diskussion mit "jemand anderem" angerissen und gesagt, dass mir die Leichtigkeit, den Fußball als Sport zu genießen, nun schon seit Monaten immer mehr verloren geht bzw. verloren gegangen ist. Man kann kein einziges Spiel mehr sehen, ohne damit rechnen zu müssen, dass da gleich noch etwas Schlimmes oder Bescheuertes passiert.

Aber um mal deine eigentliche Frage zu beantworten: Natürlich nicht. Sonst würde dieser ganze Scheiß - und genau das ist es in meinen Augen, deshalb auch bewusst dieses Wort gewählt - ja nicht stattfinden können. Man kann dagegen einfach nicht gezielt vorgehen, ohne gleich alle, friedliche Fans und Verein inklusive, zu bestrafen. Jedenfalls nicht, ohne eine Art "Überwachungsstaat" einzuführen.

Ich finde es schlichtweg traurig und erschütternd, wie sehr meine ehemalige Lieblingssportart den Bach runter geht, nur weil gelangweilte Idioten sich so was erlauben. Ich habe den Spaß an diesem Sport jedenfalls schon seit Monaten verloren. Und ich rechne nicht damit, dass mich die EM so begeistern wird wie noch in den letzten Jahren.

[germi]

Ja, ich denke das schon.

Ich fahre regelmäßig mit der Bahn durch den Bahnhof Frankfurt-Sportfeld äh, -Stadion. Nach den Spielen sieht der Bahnhof IMMER aus wie Sau. Ein Mal haben sogar irgendwelche Spinner einen Zug mit Steinen und Böllern beworfen weil mit dem die Fans der gegnerischen Mannschaft angereist sind...danach gings im Waldstadion...äh...Commerzbankarena...direkt weiter:

http://www.fr-online.de/frankfurt/ra...8,7766622.html

[vonNachtmahr]

Vermutlich stehe ich jetzt mit meiner Meinung alleine da aber das ist mir auch Latte.

Ja, der deutsche Fußball befindet sich im aller besten Griff der DFL und der Staatsmacht. Es war in den letzten 30 Jahren noch nie sicherer in ein Stadion zu gehen als heute bzw. seit der WM 2006. Das Publikum und die Berichterstattung hat sich nur komplett geändert. Der „Stehkurven-Fan“ ist inzwischen unerwünscht. Familien bringen Kohle. Am besten wie beim Football in Amerika, teure Tickets kaufen, sich Futter und Trinken holen und während dem Spiel die Fresse halten. Dabei ist es noch gar net so lange her das es anders war.

Kurze Beispiele am Rande aus meiner Erinnerung:
Der 1. FC Kaiserslautern wird 1991 in Köln Deutscher Meister. Die Lauterer Anhänger sind total aus dem Häusschen und Stürmen wenige Sekunden vor dem offiziellen Abpfiff das Spielfeld. Der Schirir pfeift ab, Lautern ist Meister und alle Freuen sich. Heut zu tage undenkbar weil das alles „Sogenannte“ sind.

Eintracht Frankfurt steigt 1998 im Spiel gegen den FSV Mainz auf. Vor Abpfiff stehen die Frankfurter Anhänger schon am Spielfeldrand um ihre Mannschaft zu feiern. Dem Schiri wird es zu bunt, er pfeift überpünktlich ab. Frankfurt ist Aufgestiegen, der Innenraum des Waldstadions füllt sich mit Fans. Wären heutzutage auch alles „Sogenannte“. Das selbe Spiel beim Last Minute Klassenerhalt der SGE gegen Kaiserslautern 1999.

Schalke 04 hat seine „Fast“-Meisterschaft auch schon ausgiebig mit Fans auf dem Platz gefeiert. Oohh jeehh… da müssen ja nur „Sogenannte“ früher im Stadion gewesen sein.

Zudem kann ich mich sehr gut daran erinnern das die internationalen Erfolge vom BVB, S04 und FCB in den 90ern und 00ern mit Bengalischen Lichtern IM Stadion gefeiert wurden. Aber das waren ja auch alles „Sogenannte“. Familien und kleine Kinder könnten Angst davor haben. Uns wurde ja 2006 die perfekte Illusion geschenkt von einer friedlichen und perfekten Heim-WM. So soll es dann doch bitte ab sofort auch in der Bundesliga sein.

Und um mal auf das „Massenspektakel“ und die Begleiterscheinungen zu kommen. In einem durchschnittlichen Bundesliga Stadion sitzen zwischen 40.000 und 60.000 Menschen. Wenn man das so hört müsste da ja jedes Wochenende aus jedem Stadion mindestens mal 1/3 verletzt raus marschieren. Und ich übertreibe bewusst weil sich die Medienlandschaft inzwischen so da dran aufgeilt das mir schlecht wird. Wenn es in einem 40.000 Stadion 400 Verletzte gibt ist das gerade mal 1% der Besucher. Auf einem durchschnittlichen Dorffest, wo 1500 bis 2000 Leute sind, lebt man glaub ich gefährlicher. Ich will damit keine Übergriffe verteidigen auf Fanbusse oder Züge. Und ich finde es auch nicht gut das es Menschen gibt die mit der Motivation ins Stadion gehen jemand anderen aufs Maul zu hauen. Aber wie viele sind das den heute noch wirklich? Ich selber war in den 80ern und frühen 90ern noch nicht im Stadion aber mir wurde schon erzählt das es damals öfters besuche der Heimfans im Gästeblock gab. Und gerade im Waldstadion in Frankfurt durfte man da schon aufpassen welchen Weg man jetzt geht ohne in einen Hinterhalt zu geraten. Ich persönlich kann mich auch noch an fliegende Steine und Holzklötze AUS dem Gästeblock beim Last Minute Klassenerhalt 1999 gegen Lautern erinnern da ich da selber im Stadion war. Gibt es sowas heute noch? Eigentlich nicht oder? Ich persönlich hätte auch keine Bedenken heute jemand 16 oder 17 jähriges alleine ins Stadion zu schicken. Wir hatten bei Auswärtsfahrten auch schon 10 und 12 jährige dabei. Und wir haben es alle überlebt. In den 80ern hätte ich das vermutlich nicht gemacht.

Lange rede kurzer Sinn… ich find die Böllerwerferei in Stadien scheiße, ich habe null Verständnis für Übergriffe auf Fanbusse (vor allen irgendwo auf der Autobahn) und dieses „aufgesetzte“ aggressive Verhalten was sich dann in rum geschmeiße von Pyrotechnik und Platzstürmen entlädt (seit Berlin 2009 ist das irgendwie Trend) kann ich auch nicht nachvoll ziehen. ABER es wird immer noch alles so heiß gegessen wie es gekocht wird. Und die letzten 1 bis 2 Jährchen kocht die Medienlandschaft so ca. auf über 120° Grad. Zu behaupten das es heute so gefährlich wie noch nie im Stadion ist, ist schlicht weg und einfach Blödsinn.

[vonNachtmahr]

ABER es wird immer noch alles so heiß gegessen wie es gekocht wird. Und die letzten 1 bis 2 Jährchen kocht die Medienlandschaft so ca. auf über 120° Grad. Zu behaupten das es heute so gefährlich wie noch nie im Stadion ist, ist schlicht weg und einfach Blödsinn.

Ist mir gerade dann mal vor die Füße gefallen. Ein "schöner" Kommentar aus dem renommierten Kicker Magazin der aus Bildniveau und blinder Hetze besteht:

http://www.kicker.de/news/fussball/b...anktionen.html

[^.Cr4sH]

/signed vonNachtmahr

Wollte vorhin einen ähnlichen Post tippen, aber da musste ich schnell weg. Bist also definitiv nicht alleine mit deiner Meinung und die beruht nunmal auf Fakten. Gerne hier auch ein Beispiel aus der Schalker Vergangenheit: 3. vorletzter Spieltag, Heimspiel gegen Fortuna Köln, der Aufstieg wurde perfekt gemacht und genau solche Szenen wie in Düsseldorf ereignen sich: http://www.youtube.com/watch?v=Kc0-B4swUiw

Bei einem anderem Spiel, bei dem ich jetzt gerade bei bestem Willen nicht mehr auf den Gegner kommen will, wurde sogar ein Abseitspfiff vom Schiedsrichter zum Abpfiff umgedeutet, da das halbe Stadion schon auf dem Platz stand. Da muss man auch mal Fingerspitzengefühl zeigen. Klar, das war gestern eine Situation, in der Hertha natürlich die Chance genommen wird, den Klassenerhalt doch noch zu schaffen, aber das hat doch nichts mit zunehmender Gewalt zu tun. Die einzigen Idioten waren gestern mal wieder die Berliner, die die Böller gezündet und die Bengalos auf den Platz geworfen haben. Damit hat man nicht nur sich selbst Zeit geraubt, sondern auch mal wieder mit Hilfe der breiten öffentlichen Plattform harte Arbeit von vielen Fanorganisationen hin zu einer artgerechten Nutzung von Pyrotechnik zu Nichte gemacht.

Und vorhin blabberte unser feiner Hr. Innenminister mal wieder was von Stehplatzverbot in die Linse. Ich bekomm die Krise.

[^.Cr4sH]

Ich persönlich kann mich auch noch an fliegende Steine und Holzklötze AUS dem Gästeblock beim Last Minute Klassenerhalt 1999 gegen Lautern erinnern da ich da selber im Stadion war. Gibt es sowas heute noch? Eigentlich nicht oder? Ich persönlich hätte auch keine Bedenken heute jemand 16 oder 17 jähriges alleine ins Stadion zu schicken. Wir hatten bei Auswärtsfahrten auch schon 10 und 12 jährige dabei. Und wir haben es alle überlebt. In den 80ern hätte ich das vermutlich nicht gemacht.

Gibts immer einmal im Jahr zum Auswärtsspiel der Schalker in Dortmund. Denn da wird der Schalker wie ein Tier mit Polizeispalier (denn das sieht die Deeskalationstaktit von Team Green so vor) vor der Südtribüne langeführt und was da fliegt ist nicht mehr feierlich. Backsteine sind da noch das mindeste. Letztes mal hab ich ein Fahrrad unter anderem gesehen.

[vonNachtmahr]

@ ^.Cr4sH: Das wir mal einer Meinung sind.

[^.Cr4sH]

@ ^.Cr4sH: Das wir mal einer Meinung sind.

Bei dem Thema kann man als regelmäßiger "Stadiongänger" nur einer Meinung sein.
Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man der These der "Gewaltspirale Fußball" Glauben schenkt, wenn man sich nur über die Medien mit Fußball auseinander setzt, aber manchmal sollte man sich eben doch differenzierter mit gewissen Thematiken beschäftigten.

[vonNachtmahr]

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man der These der "Gewaltspirale Fußball" Glauben schenkt, wenn man sich nur über die Medien mit Fußball auseinander setzt, aber manchmal sollte man sich eben doch differenzierter mit gewissen Thematiken beschäftigten.

Ich nehm die Flanke dann mal an und verlinke weiter zu einem Interessanten Kommentar von Fußballfans die nicht nur den Fußball über die Medien kennen: Klickdiklick