Juliette schien ehrlich erleichtert, Leirâ wiederzusehen, was dieser ein Lächeln abverlangte. Nun ja, mehr ein kurzes Zucken im Mundwinkel. Und auch wenn die Dalish es niemals zugegeben hätte, so freute es sie doch von Herzen zu hören, dass ihre Gefährten nicht ohne sie aufgebrochen wären.
Diese Freude wich Verwunderung, als Alrik und Juliette ihr eröffneten, dass sie noch immer von diesen räubern verfolgt wurden.
Sie hatten all ihre Spuren verwischt und waren danach quer durch den Wald gewandert! Nur ein hervorragender Jäger oder Waldläufer hätte sie danach noch aufzuspüren vermocht. Und nach Alriks früheren Erklärungen zu ihren Verfolgern hatte Leirâ typische Shemlen-Plünderer vermutet, niemand der in den Wegen der Jagd bewandert gewesen wäre...
Doch noch ehe die Jägerin dazu kam, ihre Zweifel zu äußern erklang plötzlich eine ihr nicht ganz unbekannte Stimme. Doch der Mann, dem sie in der Schänke begegnet war, sprach eine ihr unbekannte Sprache, sodass sie nur ein einziges Wort verstand: Juliette.
Was bei Dirthamen...? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn. Alriks Geschichte zufolge waren er und die Kämpferin vor Tagen mit diesen Räubern zusammengestoßen und danach...
Moment mal. Leirâ wusste aus eigener Erfahrung, was für ein überzeugender Redner und guter Lügner Altrik sein konnte, wenn er es darauf anlegte. Aber warum sollte er sie angelogen haben? Das...
Diesmal war es Alrik, der ihre Gedanken unterbrach, als er dem Mann mit dem Schwert in der Hand entgegentrat und diesen hieß, sich zum Schreckenswolf zu scheren. Offensichtlich hielt er diesen Mann tatsächlich für nichts anderes als einen Räuber, Strauchdieb und Verfolger. Aber die Dalish sah das anders. Der Mann war einfach zu gut. Wie er redete, sich bewegte, seine Bewaffnung und die Leichtigkeit, mit der er Alrik entwaffnete. Leirâ war schon Shemlen-Räubern begegnet, und dieser Mann passte nicht in das Bild, das sie von diesen hatte. Es sprach zwar nicht gerade für die Jägerin, alle diese Räuber über einen Kamm zu scheren, aber so war sie nun Mal.
Sie hatte bereits nach ihrem Schwert gegriffen, als Juliette sie verblüffte. Die Kämpferin hatte ihre Haltung verändert, sie stand da und sprach wie einige der arroganteren Shems, denen Leirâ begegnet war. Oder, wie sie damals gesprochen hatte, als sie sich begegnet waren. Nur benutzte sie diesmal eine fremde Sprache. Ein Wortgefecht entbrannte, während die Jägerin bemerkte, dass ihre Hand ins Leere griff. Ihr Schwert befand sich nicht an ihrer Seite! Juliette hatte die Waffe noch immer über der Schulter hängen! zusammen mit ihrem Bogen!
Erneut verblüffte die Kämpferin sie:
Just legte sie ihre Waffen zu Boden. Was hatte das nun zu bedeuten? Leirâ war hochgradig verwirrt, doch griff sie dennoch langsam, angespannt nach ihrer Habe. Sie zog noch nicht. Die art, wie Juliette diese abgelegt hatte... hatte sie sich gerade ergeben? Nein, dazu passte ihre Körperhaltung nicht. Zumal sie nach einigen wenigen Worten ihre eigene Klinge zog!
Alarmiert befreite auch Leirâ ihre Waffe aus der Scheide und ließ den Blick schweifen. Und tatsächlich! Mehrere Männer, ähnlich diesem Yanis gekleidet, bewegten sich auf sie zu! zwischen den anderen Shemlen und sie waren bewaffnet. Ein elfischer Fluch verließ der Jägerin Lippen! Armbrüste! Sie konnte unmöglich ihren Bogen bereit machen, ohne getroffen zu werden und mit dem Schwert fehlte es ihr an Reichweite. Hektisch flogen ihre Blicke hin und her.
Fünf Männer, wenn ich alle erblickt habe. Sie hatte das ungute Gefühl, dass nur Juliette sie derzeit vor einem Angriff bewahrte. Was hatten sie für Möglichkeiten? Alriks Schild? Nein, sie hatte selbst schon Bolzen Schilde und Rüstung durchschlagen sehen. Ihre beste Chance stellte noch Rhaego dar, aber der stierte nur zu Juliette und Yanis herüber. Den Hinterhalt schien er gar nicht zu bemerken...
„Was meine `Schergen´ angeht, so stehen diese schon bereit!“ erklang laut Leclercs Stimme und auf das Kommando lösten sich seine Männer von den umgebenen Menschen, aus Schatten und Gassen.
Sieben Leirâs einziger Trost war, dass nur drei Armbrüste trugen, doch das waren auf diese Entfernung schon zu viele. Normalerweise hätte man nun einen elfischen Fluch von ihr erwarten können, doch da das alte Elfisch schon lange vergessen war und die Dalish nur einen schlichteren Dialekt sprachen, war alles, was ihre Lippen verließ ein halblautes "Schîße!", mehr ein Knurren als ein Ausruf. Wenigstens hatte der Magier nun endlich erkannt, in welcher Lage sie sich befanden, doch er tat nichts. Leirâ blickte zu Juliette, die wiederum sie anstarrte. Alrik hob hastig sein Schwert auf.
Mythal, ehrwürdige Beschützerin, ich erbitte deine behütende Hand...
Da erregte ein Tumult ihre Aufmerksamkeit.
"Dort ist das orlaisianische Miststück!"
Männer bahnten sich ihren weg durch die Menschen. Es waren der Büttel und seine Leute, begleitet vom Schankwirt. Und sie mussten genau zwischen zwei Armbrustträgern hindurch, deren Arme überrascht zur Seite gestoßen wurden...
"Angriff!" verließ ein heller Schrei der Dalish Lippen, eine bessere Chance bekamen sie nicht! Sei stürmte nach vorn, überwand mit fünf schnellen Schritten die Entfernung zum dritten Armbruster und führte einen raschen Hieb von unten. Dieser traf die Armbrust und der Bolzen flog eine knappe Handbreit über ihren Kopf hinweg. Der Mann versuchte, mit der Waffe nach der Elfe zu schlagen, aber die war schneller. Zwischen Klinge und Parierstange ihres Schwertes fing sie den eisernen Bogen der Armbrust über ihrem Kopf, drückte rasch nach außen. Sie ging tief in die Knie und wechselte die Seite, Ausfallschritt, noch tiefer runter. Ihr Gesicht befand sich jetzt auf Höhe von des Mannes linkem Knie, seine Armbrust glitt an ihrer schräg stehenden Klinge in die andere Richtung ab. In einer flüssigen, schnellen Bewegung zog Leirâ den Dar'Misu aus der Scheide in ihrem Kreuz und schnitt damit die Kniekehle auf. Der Mann knickte augenblicklich ein, Blut spritzte über ihr Gesicht. Sie richtete sich auf, hielt die rechte Hand mit dem Dolch auf dem Rücken, das Schwert auf Augenhöhe neben ihrem Gesicht, die Knie gebeugt.
ein weiterer von Yanis' Schergen griff sie mit dem Säbel an, der Rest war wohl entweder mit ihren Gefährten oder dem Büttel beschäftigt. Der Hieb kam von rechts, der Mann war zu schnell für das Schwert. Leirâ machte einen Schritt zurück und versuchte gleichzeitig, des Mannes Klinge im oberen Drittel mit der kürzeren, nach hinten oben gebogenen Klinge ihres Dolches zu fangen. Der Säbel fuhr mit Wucht in den Spalt der Waffe, ihr Arm erbebte und plötzlich explodierte ihre rechte Seite in wildem Schmerz! als hätte ihr jemand mit voller Wucht eine faust in die Rippen getrieben.
Mit einem überraschtem Grunzen lies sie ihren Arm sinken, Ich bin doch geheilt!, es war die verdammte Prellung! Ihr Gegner wusste ihre Schwäche auszunutzen und stach nach ihr. Sie war langsam, alles tat weh, hatte keine Luft mehr im Körper, krümmte sich reflexartig zusammen. alles, was sie noch tun konnte war, sich zur Seite fallen zu lassen. Die Klinge biss in ihren linken Oberarm, warmes Blut floss über ihre Haut.
Nur eine Fleischwunde! Halt das Schwert fest, konzentrier dich! Unter Schmerzen machte sie eine schnelle Rolle um sich von ihrem Gegner zu entfernen, prallte jedoch beim aufstehen in eine kleine Gruppe von Shemlen, kam ins Stolpern und stürzte der Länge nach auf den Rücken.
Ein gequälter Aufschrei entrang sich ihrer Kehle, ihre ganze rechte Seite brannte. Sie war benommen, helle Flecken tanzten vor ihren Augen. Und der Mann mit dem Säbel kam wieder näher...