Seite 8 von 8 ErsteErste ... 678
Ergebnis 71 bis 80 von 80
  1. #71
    Taschenbillard-Spieler Avatar von Yayla Dalinari
    Registriert seit
    27.08.2008
    Beiträge
    227

    Standard

    13.00 Uhr

    „… ich mein ja nur, es wär der beste Weg, das endgültig zu klären.“
    Yayla verdrehte die Augen. „Nein, weil wir dabei draufgehen würden, du kannst nicht einfach auf gut Glück zu den Drahtziehern marschieren und hoffen, dass ihre Leibwächter genau an dem Tag alle frei haben und auch alle anderen Sicherheitsvorkehrungen gerade ausgeschaltet sind.“
    „Oh ja, große Meisterin, verzeih mir meine Unwissenheit“, giftete Nalya zurück und lies sich auf den Sessel fallen. „Und was sollen wir deiner Meinung nach machen? So lange Kopfgeldjäger umlegen bis die alle Schiss vor uns haben, oder was?“

    „Nein. Das Beste wäre es natürlich, das Kopfgeld loszuwerden, da das wohl kaum mit ein wenig Betteln wieder gutzumachen ist, wäre die einzige Möglichkeit, diese Kerle glauben zu lassen, dass du tot bist. Wenn uns in der Richtung nichts einfällt wäre es das naheliegendste, die Kopfgeldjäger zu töten, die dir schon auf den Fersen sind und dich danach irgendwo unterzubringen, wo man dich nicht so schnell finden kann.“

    Nalya richtete den Blick an die Decke und verzog den Mund, während sie darüber nachdachte. „Hmm, also wir gleichen uns doch wie ein Ei dem anderen, also wie wäre es, wenn du dich an meiner Stelle erschießen lässt?“, fragte sie mit einem ironischen Lächeln.
    Sie benimmt sich immer noch wie ein Kind…
    „Ich nehme das mal als ‚Keine Ahnung’. Da unsere Mittel ziemlich begrenzt sind wird es wohl schwer, deinen Tod vorzutäuschen, das einzig vernünftige was mir einfällt wäre eine größere Explosion, wir bräuchten dann nur die Leiche einer anderen Asari, aber auf die Schnelle kriegen wir keinen Sprengstoff her und ich will mein ganzes Geld nicht sofort wieder los werden, bei einer Aktion, bei der ohnehin jede Menge schief laufen kann.“

    „Also killen wir sie und dann darf ich mich den Rest meines Lebens verstecken?“
    „Die Sache gerät nach ein paar Jahren in Vergessenheit und außerdem musst du schon nicht ins Kloster gehen, damit die dich nicht finden. Kommt drauf an, was das für Kerle sind.“
    „Irgendwelche schmierigen Menschen, keine Ahnung.“
    „Also halt dich eine Zeit lang im turianischen oder asarischen Raum auf… oder am besten im batarianischen, ich bezweifle, dass die dich dort so leicht erwischen…“
    Nalya schien davon immer noch nicht so recht überzeugt zu sein. „Gibt es keinen bequemeren Ausweg?“ „Nein. Sieh mich nicht so an, ich bin nicht diejenige von uns, die vielleicht hätte nachdenken sollen, bevor sie irgendwelche Lagerhäuser anzündet.“
    Yaylas Schwester schnaubte nur abfällig und wandte den Blick ab.
    „Also gut, wie du meinst.“

    „Na bitte. Als erstes müssen wir eine geeignete Falle aufbauen, uns irgendeinen Vorteil verschaffen, wenn diese Kerle auftauchen. Diese Kopfgeldjäger, arbeiten die zusammen?“
    Nalya zuckte mit den Schultern. „Zwei von denen zumindest, beides Menschen. Könnte sogar sein, dass die ein Paar sind, waren 'n Kerl und 'ne Frau. Ansonsten hat’s bis jetzt nur ein Kroganer und ein Batarianer versucht.“
    Yayla war sich nicht ganz sicher, ob das jetzt gut oder schlecht war und wie viele sich wirklich an Nalya drangehängt hatten, aber das ließ sich nicht allzu schwer herausfinden.

    „Hmm… das Hotel hier ist nicht grade der praktischste Ort, wenn wir angegriffen werden. Wir brauchen einen besseren Unterschlupf, am besten mit Überwachungskameras an den Eingängen, aber die lassen sich im Nachhinein besorgen. Dort drin können wir uns dann vorerst verschanzen.“
    „Okay. Hast du hier drin Extranet-Zugang?“ „Ja, aber wir…“
    „Mach dir keine Gedanken, ich besorg uns irgendso 'ne leerstehende alte Bude und du besorgst uns was zu essen, klingt doch fair, oder?“

    Yayla wollte erst widersprechen, aber bei genauerer Betrachtung hatte Nalya vielleicht mehr Erfahrung darin passende Gebäude für sowas zu finden, sie war schließlich Schmugglerin…
    „Wie du meinst, es ist dein Leben, also such etwas gutes raus und lass dir nicht zu viel Zeit.“
    „Ich hätte gerne Kaviar und irgendwelchen teuren Wein, wenn ich schon mal hier zu Gast bin.“
    Yayla verdrehte erneut die Augen und stand auf.

  2. #72
    Newbie
    Registriert seit
    16.04.2010
    Beiträge
    6

    Standard

    Tag ?, Elysium, Luxuriöse Wohngegend, Apartment 56-02b
    Zeit: 03:42 Uhr

    Jorgan saß auf seinem harten Holzstuhl vor einem seiner vielen, teuren Computer. Er hatte Geld, jedoch nie wirklich etwas darauf gegeben. Sie waren nur ein Mittel zum Zweck, notwendig um Computer kaufen zu können. Alles andere war unwichtig. Er saß nun schon seit 16 Stunden vor dem Rechner und sein Rücken protestierte aufs heftigste. Doch er ignorierte den Schmerz, er hatte eine Aufgabe und die musste erledigt werden. Jorgan drückte einen Knopf und ließ seine bisherige Arbeit kompilieren, das würde wieder eine Weile dauern, eine Weile in der er nichts tun konnte. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen. Dabei fixierte er seinen Blick nicht auf bestimmte Punkte sondern ließ die Bilder auf ihn einwirken. Er hatte sich an seine Wohnung gewöhnt, die war vertraut und bot ihm Schutz vor der Welt die da draußen war. Seine Wohnung war geräumig, knappe 80m². Eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und ein Bad. Alle Räume waren sehr spärlich eingerichtet. Im Schlafzimmer waren lediglich eine Matratze und ein kleiner Schrank in dem er seine drei exakt gleich aussehenden Anzüge aufbewahrte, welche er einmal pro Woche reinigte. Ordnung ist gut. Kann nichts finden wenn zu viel da ist. Seine Küche war ebenfalls spärlich eingerichtet, die wenigen Schränke größtenteils leer. Sein Kühlschrank war immer mit Nahrung für die nächsten fünf Tage gefüllt. Alle vier Tage ging er zum Raumhafen und holte Vorräte.

    Dieser Rhythmus war sehr wichtig für Jorgan. Er brauchte den Alltag, die Gewohnheit, die Sicherheit. Veränderungen jagten ihm Angst ein. Besonders schlimm war es in der Zeit als er von Jaëto geflohen war. Der Meister hatte ihm gesagt er muss runter von dem Planeten und er solle sich an Bord eines der Schiffe verstecken. In den vier Tagen in denen er unterwegs war litt er Höllenqualen. Alles sah anders aus, er war nichts von Alledem gewohnt. Er hatte so schreckliche Angst vor dem was ihn umgab und vor dem was kommen würde, doch der Meister wies ihn an weiter zu ziehen. Also tat er es, er durfte sich gegen den Meister nicht auflehnen, sonst würde er böse und ihn wieder bestrafen. Abgesehen von anderen Lebewesen und unbekannten Umgebungen war dies seine größte Furcht, vom Meister bestraft zu werden.

    Das hatte er in der Vergangenheit schon oft getan wenn er mit Jorgans Verhalten unzufrieden war. Die Leute in den weißen Anzügen hatten ihm gesagt der Meister existiere nicht und er bilde sich alles ein, doch er hörte seine Stimme laut und deutlich und er spürte den Schmerz wenn er betraft wurde. Dies konnte keine Einbildung sein, es war so real für ihn, so durchdringend und so allgegenwärtig. Er musste die Leute in den weißen Anzügen zum Schweigen bringen, das hatte der Meister ihm gesagt, also griff er sie an. Sie hatten ihn danach betäubt und weggesperrt. Er konnte den Anweisungen des Meisters nicht mehr Folge leisten. Also musste er fliehen, der einzig logische Schritt. Eines Tages gelang ihm dies, seine Eltern wollten ihn besuchen um herauszufinden wie es ihm ging. Jorgan war sich nie im Klaren wo das Interesse seiner Eltern an ihm herrührte. Er wusste auch nicht warum sie ihm immer sagten was er zu tun hätte. Jorgan hatte doch schon seinen Meister, zwei weitere wären unlogisch. Als die Tür aufging ergriff er seine Chance, er bot sämtliche Kraft auf die sein schmaler Körper aufbieten konnte und kämpfte sich seinen Weg frei. Der Meister sagte ihm wohin er gehen müsste um aus der Anstalt fliehen zu können. ‚Runter vom Planeten. Du musst fliehen.’, hatte er ihm gesagt, also tat er das. Auf Jaëto würden sie ihn wieder einsperren, also musste er von dort verschwinden, ein logischer Schritt.

    Tagelang versteckte er sich auf Schiffen, darauf wartend dass der Meister ihm endlich sagte er müsse sich nun nicht mehr auf Schiffen verstecken. Auf einem Planeten namens Elysium war der Meister endlich zufrieden und er konnte von Bord gehen. Die Crew des Schiffes sah ihn wie er das Schiff verlassen wollte und fragten ihn wer er sei. ‚Sag kein Wort! Sie dürfen nichts erfahren.’ Er folgte den Anweisungen des Meisters und sagte kein Wort. Sie starrten ihn alle an und redeten auf ihn ein. Er hatte Angst, schreckliche Angst, er wusste nicht was sie tun würden, er brauchte Kontrolle über seine Situation. Jorgan wich ihren Blicken aus und stammelte ein paar unverständliche Worte. Schließlich ließen sie ihn gehen.
    Ein unbekannter Ort erwartete ihn. Er verkroch sich hinter einigen Kisten am Raumhafen, wo er den quälenden Blicken der Leute nicht ausgesetzt war. Alles war ungewohnt, er fühlte sich unwohl, er wusste nicht wohin mit sich, er verlor die Kontrolle über seinen Körper und lag stundenlang zuckend in seinem Versteck. Der Meister gab ihm Anweisungen weiter zu gehen, doch er konnte nicht, sein Körper gehorchte ihm nicht. Der Meister strafte ihn und er litt unter heftigen Kopfschmerzen. Als es ruhiger wurde und kaum noch etwas am Hafen zu hören war erlangte er wieder Kontrolle über sich. Doch noch immer wusste er nicht was er tun sollte. Schließlich erklang die Stimme des Meisters wieder. ‚Du brauchst Computer, mach dich auf die Suche nach einem Computer!’ So richtete er sich auf und machte sich voller Angst auf den Weg in diese unbekannte und feindliche Welt.

    Er suchte Kontinuität, Alltag, eine Aufgabe und was am wichtigsten war: Einen Computer. Der Meister hatte ihn durch die Straßen geführt und ihm eine Wohnung gezeigt. Das Sicherheitsterminal war alles andere als schwer zu knacken. Er hatte es einfach mit seinem, in früheren Jahren modifizierten, PDA verbunden, hier ein paar Datenströme umgeleitet, dort ein paar Caches überschrieben und die Signale identifiziert die nötig waren um die Tür zu öffnen. Er hatte dafür lediglich ein paar Minuten gebraucht. In der Wohnung fand er schließlich einen Computer. Jorgans Stimmung hatte sich schlagartig geändert als er den Rechner anschaltete und den Bildschirm aufblitzen sah. Das Passwort war nach einigen Stunden geknackt. Während der Algorithmus arbeitete fixierte er den Ladebalken auf seinem PDA. Es gab in diesem Augenblick nichts Wichtigeres. Schließlich war er eingeloggt. Das Passwort war ein Datum, wahrscheinlich das Geburtsdatum von einem der Bewohner. Wie unvernünftig, eine hundertstellige Zahl ist viel sicherer.

    Nun war er wieder in seinem Element. Mit Lebewesen konnte er nie umgehen. Lebewesen reden, viel zu fehleranfällig. Denken unlogisch. Sind unvernünftig. Maschinen sind besser. Denken schneller, reden nicht, denken logisch. Dass Jorgan selbst auch ein Lebewesen war kümmerte ihn nicht. Er sah sich als einen Teil von Computern, untrennbar miteinander verknüpft. Er war deren Meister. Sein Meister bediente ihn schließlich auch. Alles braucht einen Meister. Computer kann nicht selbstständig handeln, braucht mich. Ich bin sein Meister.

    Er musste sich zuerst einen Überblick verschaffen. In der realen Welt kümmerte es ihn wenig was ihn umgab, solange es gleich blieb. Nur Materie, kann nicht handeln, hat keinen Meister. Er verschaffte sich Zugriff auf das Netzwerk der Stadt. Der Meister gab ihm wichtige Hinweise, er durfte nicht entdeckt werden. Wenn jemand herausfinden würde dass er im System war hätten sie ihn gesucht und ihn mitgenommen, wieder eingesperrt. Dort konnte er seinem Meister nicht gehorchen, dort war er nicht frei. So verwischte er seine Spuren, sodass niemand herausfinden würde dass er es war. Falls sie doch etwas merkten würde er schon weg sein und die Besitzer der Wohnung würden verdächtigt werden. Nicht mein Problem. Waren unvorsichtig. Wenn ich rein kann können es andere auch. Wäre unvermeidlich gewesen.

    Auf Elysium gab es viele Banken und Konzerne. Der Meister sagte er brauchte Geld, er brauchte Computer. Also begab er sich auf die Suche nach einem zu schwach geschützten Server einer Bank. Dies war für ihn der nächste logische Schritt. Er fand auch schnell Einen. Nur drei Firewalls, viel zu unsicher, viel zu schwache Algorithmen, sind selbst Schuld.

    So gelangte er an Geld. Er überwies es sich auf ein Konto das zu jemandem gehörte der nicht existierte. Darf keine Spuren hinterlassen. Muss frei bleiben. Dass das Geld jemand anderem gehörte kümmerte ihn ebenso wenig. Es war für ihn logisch, Banken bieten Zugriff auf ihr Geld und er konnte sich bedienen. Für ihn war es nichts anderes als wenn er einige Credits auf der Straße fand. Die digitale Welt war für ihn sowieso viel realer als die echte Welt in der er lebte. So kam er zu seiner Wohnung. Er kaufte sie sich gleich. Er wollte nicht abhängig von einem weiteren Meister sein dem er regelmäßig sein Geld geben musste, es war unlogisch für ihn.

    Das Dröhnen der Server und Workstations in seinem Wohnzimmer holten ihn wieder zurück in die Gegenwart. Die Wände waren zugestellt mit Rechnern. Er hatte sich eine beachtliche Anlage aufgebaut. Zwei redundante Filer für all seine vielen Daten und diverse Server welche die tägliche Arbeit mit ihm zusammen erledigten. Berechnungen, Simulationen, all das was er brauchte.

    ‚Mach dich wieder an die Arbeit, Jorgan. Die KI muss fertig werden. Du bist kurz davor fertig zu werden, also vertrödele deine Zeit nicht!’ Das war der Meister. Er war unzufrieden mit ihm, und das ließ er ihn Spüren, sofort setzten wieder stechende Kopfschmerzen ein. „Ja, Meister. Ich werde es tun, ich kann nicht denken wenn Ihr mich bestraft. Bitte...“ Jorgan winselte wie ein Hund. Die Kopfschmerzen zermarterten sein Hirn und er konnte sich nicht auf die Arbeit konzentrieren. „Bitte, Meister...“ Langsam ließen die Kopfschmerzen nach und Jorgan beruhigte sich wieder, er lag auf dem Boden neben seinem Stuhl und hielt sich den Kopf mit beiden Händen. Langsam erhob er sich. Er umklammerte seinen dürren Leib fest mit beiden Armen. „Danke, Meister. Ich werde nun weiterarbeiten.“ Er sprach stets laut mit dem Meister. Er konnte seine Stimme direkt in seinem Kopf hören, doch der Meister konnte ihn nur hören wenn er laut sprach. Er hatte Angst vor dem Meister. Doch er durfte sich ihm nicht widersetzen. Alles braucht einen Meister, man muss ihm gehorchen.

    Der Kompiliervorgang war fertig. Er speicherte seine Arbeit ab und synchronisierte die Dateien auf den Servern, den Filern und seinen PDAs. Er hatte sechs immer bei sich. Er teilte Aufgaben die auszuführen waren auf einzelne PDAs auf um den Überblick behalten zu können. Das Erste war für die Kommunikation mit dem Netzwerk in seiner Wohnung, damit konnte er auf alle Rechner und Dateien zugreifen und notfalls Reparaturen durchführen wenn er unterwegs war. Das Zweite war für die Kommunikation mit dem Extranet. Das dritte war für persönliche Notizen und Fotos. Er schoss viele Fotos von Orten und Dingen die ihm relevant erschienen. Wozu wusste er nicht, doch manchmal sagte der Meister ihm, was er fotografieren sollte. Er protokollierte seinen gesamten Tagesablauf akribisch. Was tat er wann und warum. Bei Warum stand meist dass der Meister es ihm befohlen hatte. Das vierte PDA war für Programmierungen. Er konnte so, wenn er unterwegs war, an seinen Projekten weiterarbeiten. Das fünfte PDA war ein Cache für Dateien die er modifizieren musste. Das Risiko war zu groß alles direkt auf den Produktivsystemen zu bearbeiten. Wenn er fertig war und alles funktionierte konnte er es hoch laden und es bestand kein Sicherheitsrisiko. Das Sechste schließlich war für Notfälle gedacht. Sollte eines der PDAs ausfallen so konnte es dessen Aufgaben übernehmen. Die PDAs und die Computer waren sein wertvollster Besitz. So wie andere Lebewesen ihre Kinder liebten, so liebte er seine Geräte. Sie waren seine Familie und er war ihr Meister. Sie brauchten Führung, ohne ihn wären sie nichts und ohne sie wäre Jorgan nichts, er verschmolz somit in einer Symbiose mit seinen Geräten. Beide existierten zum Vorteil des anderen.

    Er steckte alle PDAs in die dafür vorgesehenen Taschen und verließ die Wohnung. Sie war mit drei Sicherheitsschlössern gesichert, zwei mit Sicherheitskarten welche er an unterschiedlichen Orten am Körper trug und das dritte mit einem 100-stelligen Sicherheitscode. Alle drei Schlösser mussten in einer festgelegten Reihenfolge entsichert werden, ansonsten ging die Alarmanlage los.
    Aus diesem Grund verließ er auch nicht sehr oft seine Wohnung. Lange Sicherheitscodes und die Reihenfolge waren keine Probleme für ihn, doch es brauchte Zeit alles zu entsichern, in dieser Zeit hätte er weiterarbeiten können. Er versuchte sich seine Zeit immer möglichst effizient und geregelt einzuteilen und verließ meist gegen vier Uhr nachts die Wohnung. So begegnete er meist niemandem. Anfangs war er auch tagsüber unterwegs, doch die Leute machten ihm Angst, die Fratzen die ihn anstarrten, sich über ihn amüsierten und ihn von der Arbeit abhielten. Nachts gab es das alles nichts, er war allein, das gefiel ihm. Doch er hatte immer das Gefühl dass er beobachtet werden würde, der Meister riet zur Vorsicht.

    Jorgan hatte seine festen Routen die er ging. Damit nicht so leicht vorherzusehen war, welchen Weg er nehmen würde, ließ er einen Zufallsgenerator vor jeder Tour laufen, der entschied welchen Weg er gehen würde. Heute war Route 46 an der Reihe. Vor der Wohnungstür nach links, dann beim dritten Gang rechts, weiter zum Ende des Flures, dann nach rechts zum Aufzug. Dann würde er den Aufzug nehmen, ins 12. Stockwerk fahren, dort eine Runde um das ganze Wohnmodul machen, zurück zum Aufzug gehen, ganz nach unten fahren, dort nach rechts die Straße herunter, auf der fünften Bank exakt 25 Minuten sitzen bleiben und dann den Weg, in umgekehrter Reihenfolge wie er gekommen war, wieder zurück in die Wohnung gehen. Diesen Monat hatte er diesen Weg schon drei Mal genommen. Er würde Anpassungen am Zufallsgenerator vornehmen müssen damit seine 114 Routen gleichmäßiger aufgeteilt werden würden.

    Er begann seine Tour. Er hatte den Weg genau im Kopf und konnte sich so auf die Arbeit konzentrieren. Er musste nicht einmal von seinem PDA aufsehen, seine Füße trugen ihn einfach den Weg den er nehmen wollte.

    Jorgan nahm sein PDA für die Programmierung und für die lokalen Dateien und lud die Daten hoch. Nun konnte er beginnen. Er kam gut voran mit seiner KI. Er hatte zwei Monate zuvor einen Artikel über KIs gelesen und war sofort begeistert. Eine Maschine die selbst logisch denken konnte und die keinen Meister brauchte, das faszinierte ihn. Er konnte nicht verstehen warum die Forschung daran verboten war. Für ihn war es so als würde man den Leuten verbieten zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Für ihn ein unhaltbarer Zustand. Programme zu entwickeln war sein Gegenstück zur Fortpflanzung. Von normaler Fortpflanzung hatte er zwar schon einmal etwas gehört, doch der Gedanke an eine ständige Interaktion mit einem anderen Lebewesen auf diesem Niveau widerte ihn an. Für ihn waren seine Programme seine Kinder und er deren Erzeuger, deren Meister.

    Die Entwicklungsumgebung erschien auf dem Display und zeigte ihm seine unzähligen Zeilen Code. Eine Funktion hatte Fehlermeldungen ausgegeben, nun musste er den Fehler finden. Er starrte gebannt auf sein PDA als er die Anwendung debuggte. Als er an seiner Bank angekommen war, war er fertig mit debuggen. Ein Zeiger wurde nicht neu initialisiert bevor er an anderer Stelle wieder verwendet wurde, somit erhielt das Programm falsche Daten und bildete ein falsches Ergebnis.

    In Gedanken ohrfeigte er sich für diesen dummen Fehler, der Meister stimmte ihm zu und strafte ihn erneut mit Kopfschmerzen.

    Jorgan startete einen weiteren Testlauf und sah dass nun alles korrekt funktionierte. ‚Das hast du gut gemacht. Es ist nicht mehr viel zu tun, bald ist die KI fertig.’ Genauso oft wie er vom Meister bestraft wurde kam es vor dass er ihn lobte. Das gab ihm ein gutes Gefühl und er war stolz auf sich. Er gönnte sich ein wenig Ruhe und beobachtete den Sternenhimmel. Das funkeln der Sterne hatte ihn immer beruhigt. Wie Synapsen in einem Gehirn standen sie am Firmament. Er fragte sich wer wohl deren Meister war.

    04:43 Uhr
    Geändert von Jorgan Rumos (17.04.2010 um 16:17 Uhr)

  3. #73
    Newbie
    Registriert seit
    16.04.2010
    Beiträge
    6

    Standard

    Tag ?, Elysium, Luxuriöse Wohngegend
    Zeit: 05:32 Uhr

    Jorgan öffnete die Augen. Es wurde langsam hell und die Sonne tauchte die Stadt in ein rötliches Zwielicht. Ein verirrter Sonnenstrahl drang durch das Gewirr von Gebäuden und streichelte sanft sein Gesicht. Es war ein sehr angenehmes Gefühl. Er war selten unterwegs wenn es hell war. Einkaufen ging er nur am späten Abend. Doch die sich langsam erwärmende Luft und die auf seinem Gesicht tanzenden Lichtstrahlen waren eine willkommene Abwechslung zur dunklen, drückenden, von Kunstlicht erhellten Atmosphäre seines Apartments.

    Ich muss zurück. Dieser Gedanke zuckte durch Jorgans Hirn wie ein Blitz. Er erinnerte sich wieder an das Gefühl verfolgt zu werden. Er sah sich um, er war allein, niemand zu sehen. Das beruhigte Jorgan jedoch nur wenig. Schnell griff er in seine Taschen. Hoffentlich ist noch alles da, hätte ausgeraubt werden können, war unvorsichtig. Er kontrollierte seine PDAs, zu seiner Erleichterung waren alle noch da. Seine Pistole hing ihm noch am Gürtel. In der Gewissheit nicht ausgeraubt worden zu sein stand Jorgan wieder auf. Er erwartete jeden Moment vom Meister für seine Unvorsichtigkeit und Faulheit gestraft zu werden, doch der Meister schwieg. Es war sehr ungewohnt nicht von der Stimme des Meisters begrüßt zu werden. Sie war meist das erste was er wahrnahm wenn er aufwachte. „Meister, seid ihr noch da? Sprecht zu mir!“ Doch der Meister antwortete nicht. Jorgan fürchtete sich. Was ist passiert? Warum spricht er nicht mit mir?

    Mit einem unguten Gefühl im Bauch ging er seinen Weg zurück. In seiner Aufregung ging er nicht seinen gewohnten Weg, sondern ging direkt zu seiner Wohnung zurück. Er blickte sich um, auf den Korridoren war nichts zu sehen, er war allein. Allein. Soweit er zurückdenken konnte war er das nie, die Präsenz des Meisters war allgegenwärtig, doch nicht heute. Er zog seine erste Karte durch den Leseschlitz, dann tippte er die 100-stellige Zeichenkombination ein, anschließend wurde die zweite Karte durch den Leseschlitz gezogen, diesmal allerdings in der anderen Richtung. Dies war eine weitere Sicherheitsmaßnahme welche er vor einer Weile implementiert hatte.

    Die Tür schwang auf und er betrat die Wohnung. Mit einem Knopfdruck aktivierte er wieder die Sicherheitsanlage. Er stand in der Tür und sah sich um. Das Gefühl nicht allein zu sein beschlich ihn wieder. Er sah sich alles ganz genau an, nichts war anders. Keine Spuren, kein Dreck, nichts was auf einen Eindringling hinwies. „Meister, steht mir bei. So sagt doch etwas!“ Der Meister antwortete nicht. Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken herunter. Er hielt sich die Hände und rieb sie aneinander. Langsamen Schrittes bewegte er sich vorwärts, die Augen immer wachsam umherkreisend, nach Fallen und anderen Auffälligkeiten Ausschau haltend.

    Nach einigen Schritten erreichte er die Tür zu seinem Wohnzimmer. Das Surren der Computer empfing ihn und vermittelte wie gewohnt das heimische, sichere Gefühl. Doch die Angst war noch immer dabei. Vorsichtig lugte er um die Ecke. Die Rechner standen noch immer an der Wand, immer fleißig, niemals müde, immer surrend. Er trat einen Schritt in das Zimmer hinein. Seine Augen flogen von einer Ecke des Zimmers zur anderen. Meister, wo seid ihr? Sagt mir was ich tun soll. Bis jetzt hatte der Meister ihm in solchen Situationen immer Anweisungen gegeben, gesagt was er tun soll, doch nicht heute. Er war allein, mit dem Gefühl es doch nicht zu sein. All diese Gefühle beängstigten Jorgan. Er trat noch einige Schritte in das Zimmer hinein und hatte den quadratischen Raum nun voll im Blick. Niemand zu sehen.

    Nun bewegte er sich schneller, er ging auf die Küchentür zu und lugte hinein. Niemand da.
    Sein Magen erinnerte ihn, bei dem Anblick des Kühlschranks daran, dass er schon seit einer Ewigkeit nichts gegessen hatte. Er ging zum Schrank und öffnete ihn so vorsichtig als würde er erwarten dass ihn die halbe Galaxisflotte von dort heraus angreifen würde. Doch der Kühlschrank bot den gewohnten Anblick. Er nahm sich ein Kuchenstück und einen kleinen Teller, er hasste es irgendwelche Krümel, Reste oder andere Dinge herumliegen zu sehen die nicht in die Wohnung gehörten. Er war nicht nur ein Sicherheits- sondern auch ein Sauberkeitsfanatiker. Einzig eine Luftschleuse an der Haustür fehlte ihm noch zum Glück.

    Er verließ die Küche und sah sich in den anderen Zimmern um. Er war tatsächlich allein. Ganz allein. Einsam. Selbst der Meister sprach nicht mit ihm. Was ist bloß los?

    Plötzlich überkam ihn ein schmerzhaftes Gefühl, etwas schnürte seinen Hals zu, er bekam keine Luft. Jorgan bekam Panik, er hustete und keuchte und japste nach Luft. Meister hilf mir, ich sterbe. Sein Hals war blockiert, als ob jemand ihn umklammerte. Jorgan wehrte sich heftigst, keuchte und hustete. Er warf sich im Kampf um Luft hin und her, versuchte seinen Peiniger los zu werden. Dem Erstickungstod nahe gelang es ihm sich endlich zu befreien und spuckte diesen verdammten Kuchenkrümel endlich aus.

    Jorgan rang noch immer nach Luft und fasste sich an seinen Hals. Das war knapp. Notiz an mich selbst, keinen Kuchen mehr kaufen, sehr gefährlich.

    Er wischte das Corpus Delicti vom Boden auf und warf es in den Mülleimer. Beruhigt nun wirklich allein zu sein ging er wieder ins Wohnzimmer zurück und setzte sich auf seinen Holzstuhl. Der Bildschirm flackerte auf und empfing ihn mit zahlreichen Symbolen und Diagnosedokumenten.
    Alles normal, nichts kaputt. Gut.

    Er übertrug die Daten von seinem PDA auf die Server. Als dies abgeschlossen war machte er sich erstmal einen Überblick über das was noch zu tun war. Seinem Projektplan zufolge war er bei ungefähr 70%. Bald ist es soweit, dann habe ich meine erste KI geschrieben. Eine Maschine die keinen Meister benötigt, tote Materie, selbstständig handelnd. Aufregend. Ich bin schon gespannt was sie tun wird. Ich bin so…

    06:12 Uhr

  4. #74
    Newbie
    Registriert seit
    16.04.2010
    Beiträge
    6

    Standard

    Tag ?, Elysium, unbekannt
    Zeit: unbekannt

    Jorgan öffnete langsam seine Augen. Die Lider waren schwer wie Blei und seine Augen taten weh. Das vertraute Gefühl des stechenden Schmerzes in seinem Kopf erfüllte ihn erneut. Seine Augen wurden geblendet von einem gleißend hellen Licht. Jorgan blinzelte und versuchte etwas in diesem unendlich hellen Weiß, das ihn umgab, zu erkennen. Seine Glieder waren schwer und Jorgan vermochte nicht sich zu bewegen. Er drehte den Kopf nach links und rechts, soweit das Auge reichte sah er nur dieses helle weiße Licht.
    Bin ich tot? Meister? Wo seid ihr?

    ‚Ich bin hier!’ Jorgan riss die Augen weit auf. Hitze stieg in seinem Körper auf und es kribbelte am ganzen Körper. Es fiel ihm schwer aufzustehen, doch nach einer Weile hatte er sich zaghaft aufgerichtet und stand auf wackeligen Beinen. Hatte er eben seinen Meister gehört? Die Stimme war vertraut, all die Jahre hatte er sie gehört. Doch dieses Mal war es anders. Er hatte sie nicht nur gehört, sondern gespürt, als stünde der Meister höchstpersönlich neben ihm. Vorsichtig und angsterfüllt drehte er sich um. Was ihn erwartete ließ ihn zaudern und er sank auf die Knie. Vor ihm stand er, der Meister, er hatte ihn nie gesehen, doch die Aura die von dieser Person ausging war überwältigend und Jorgan wusste, dies ist sein Herr und Meister. Er wollte sich langsam wieder aufrichten, doch gelang es ihm nicht. Zu schwer waren die Glieder und zu erdrückend der Anblick des Meisters.


    Jorgan sah hoch, sein Meister stand nun nur noch wenige Schritte von ihm entfernt. Er blickte ihm direkt ins Gesicht und hoffte dies würde ihn nicht erzürnen. Doch dann fiel Jorgan etwas auf. Dieses Gesicht, der Ausdruck, die Züge, es war alles seltsam vertraut. Jorgan musterte den nackten Körper des Meisters von oben bis unten, er erkannte jede einzelne Faser des schmalen Körpers. Jorgan stand sich selbst gegenüber.


    „Meister? Seid ihr es? Ich meine…“ ‚Schweig!’, fiel ihm der Meister ins Wort. „Aber Meister, wo seid ihr gewesen? Ich hätte…“ ‚Schweig!’, unterbrach ihn der Meister zornig. ‚Du hast mir nicht gehorcht. Du hast dich meiner verschlossen. Nicht Willens meinen Anweisungen Folge zu leisten!’ Jorgan verstand die Welt nicht mehr. Er hatte zum Meister gefleht als er voller Angst seine Wohnung durchsucht hatte, der Meister war still geblieben. Er hätte gern gehorcht, doch er hatte ihn einfach nicht gehört. „Meister, ich verstehe nicht, ihr wart…“ ‚Schweig! Du weißt doch, jedes Wesen muss seinem Meister gehorchen. Du hast dich mir verschlossen. Nun ist alles schief gegangen. Wir müssen unsere Pläne ändern. Ich muss deine Pläne ändern. Du hast es vermasselt! Du, du ganz allein!’ Jorgan sank zusammen, er hatte seinen Meister schon diverse Male enttäuscht, doch so zornig wie heute war er noch nie gewesen. „Meister, so erklärt es mir doch, ich habe…“ ‚Schweig! Ich will nichts mehr hören. Deine Bestrafung wird auf dich warten, doch zuerst müssen wir dafür sorgen dass alles wieder seine geregelten Wege läuft. Sie warten auf dich, sie werden dich quälen, dich zwingen, doch das ist dein Problem. Du hast es vermasselt.’ Während er das sagte ging der Meister um Jorgan herum, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, den Blick unabwegig in die Ferne gerichtet. Jorgan sah ihn mit einem flehenden Blick an. Er wünschte sich nichts sehnlicher als dass der Meister ihm endlich sagte was denn nun passiert war. Jorgan war enttäuscht von seinem Meister. All die Jahre hatte er uneingeschränktes Vertrauen in ihn gehabt. Doch was war nun passiert? Er war zornig auf Jorgan, war ebenfalls enttäuscht von ihm. Jorgan wusste noch nicht einmal wie er ihn hatte enttäuschen können.


    ‚Du wirst nun zurückgehen. Du wirst erwartet.’ Der Meister kam auf Jorgan zu und griff ihn am Hals. Dabei sah er direkt in seine Augen. Dieses tiefe, nicht enden wollende Schwarz dass seine Augen erfüllte, drang direkt in seine Seele. Der Meister musste es nicht aussprechen, er spürte es.
    Enttäusch mich kein weiteres Mal.

    Der Meister schleuderte ihn weg und er flog in hohem Bogen durch die Luft, hinein in dieses unendliche Weiß welches ihn umgab. Der Meister wurde in der Ferne immer kleiner und kleiner, bis er zu einem Punkt schrumpfte und schließlich aus seinem Blickfeld verschwand. Er hörte Stimmen, aus der Ferne, unverständlich. Sie redeten wild durcheinander. Jorgan sah sich panisch um, er sah nichts, nur grelles Licht. Die Stimmen wurden lauter und lauter. Endlich konnte er verstehen was eine der Stimme sagte. „Das haben wir gleich!“


    Mit diesen Worten wurde Jorgans Sturz ins Nichts jäh beendet. Er tauchte in einen tiefen Ozean, umgeben von Wasser kämpfte er um Luft und schluckte Wasser. Schließlich füllte Luft wieder seine Lungen. Das Weiß verschwand und dunkle Schatten die vor seinem Auge Umrisse annahmen, nahmen dessen Platz ein. Sein Blick wurde klarer. Er war in einem kleinen Raum, kaum erhellt vom schwachen Licht an den Wänden. Vor ihm standen einige Gestalten, die Quelle der Stimmen, welche er vernommen hatte. Seine Sinne kehrten langsam zurück, er nahm einen miefigen Geruch wahr, sein Körper war kalt und Wasser lief an ihm herunter. Die Gestalten vor ihm sahen ihn an. „Na bitte, da ist er doch wieder. Hast ihm ganz schön den Schädel lädiert, Bronco.“


    Jorgan richtete den Blick nach vorn auf die Gestalten, es schienen Menschen zu sein. Sie alle starrten ihn erwartungsvoll an. „Na mein Kleiner? Wie geht’s dir, hä?“ Jorgan hatte Angst, wer waren diese Leute? Was wollten sie von ihm? Jorgan blickte von einem zum anderen, doch das Licht hinter ihnen warf Schatten auf ihre Gesichter, sodass er sie nicht erkennen konnte.


    „Was wollt ihr von mir? Wo bin ich?“

  5. #75
    Newbie
    Registriert seit
    16.04.2010
    Beiträge
    6

    Standard

    Tag ?, Elysium, unbekannt
    Zeit: unbekannt

    „Gut, der ist fit. Holt den Boss. Na los, bewegt euch!“ Zwei der drei Gestalten verschwand aus dem Raum. Jorgan sah sich panisch um, versuchte etwas zu erkennen. Seine Augen waren geblendet und sein Geist von der Begegnung mit dem Meister verwirrt.
    „Hey, ganz ruhig, sonst fällt dir noch dein Kopf ab, der ist wertvoll weißt du? Den brauchen wir noch.“
    Die Gestalt beugte sich zu ihm herunter und hockte sich vor ihn. Noch immer konnte er nichts entdecken. Jorgan reagierte gar nicht auf ihn. Er versuchte etwas Vertrautes zu erkennen, doch da war nichts, nur die unendliche Schwärze des Raumes, das Licht welches schwach von der Tür hinein brach und diese stinkende Gestalt vor ihm. Ihm wurde schwindelig und seine Hände wurden taub. Er verlor wieder die Kontrolle über seinen Körper und stechende Kopfschmerzen setzten ein. Er krümmte sich zusammen wie ein Fötus und wimmerte undverständliche Laute.

    „Hey, irgendwas stimmt nicht. Los, holt den Doc!“ Er nahm wahr wie die Gestalt aufstand und sich von ihm entfernte. Noch immer fühlte er sich wie im Körper eines Fremden welchen er von weitem beobachtete. Er sah sich selbst in seiner Vorstellung, wie er zusammengekauert im Dunkel lag. Er tat sich selbst Leid, er hasste sich für seine Hilflosigkeit, doch er konnte nichts dagegen tun.
    Eine neue Gestalt betrat den Raum. Sie stank nicht ganz so entsetzlich. Sie roch künstlich, chemisch. Sie hockte sich neben ihn und betastete ihn. „Ein epileptischer Schock, schnell holt das Sirtal. Ganz ruhig. Alles wird wieder gut.“ Die Gestalt streichelte seinen Kopf. Der Stimme nach zu urteilen musste sie weiblich sein. Was denkt sich diese Person wer sie ist?
    Eine weitere Gestalt gab der Frau irgendetwas, sie wollte es ihm in den Mund stecken. Nein, nein, niemals, geh weg! Geh weg!
    Jorgan schrie aus Leibeskräften, doch er blieb stumm. Gefühl regte sich in seinem Körper. Er stemmte sich gegen sich selbst, presste seine Gedanken durch seine Gliedmaßen. Er kämpfte wie so oft gegen seinen eigenen Körper an. Er fing an am ganzen Körper zu zucken, den Mund immer noch fest verschlossen. „Schnell, helfen Sie mir, es wird schlimmer.“
    Jorgan drang weiter in seinen Körper vor. Er sah nun etwas klarer. Er fühlte seine Finger, die Nässe unter seinem Bauch, schließlich brach er aus sich selbst heraus. Er erlangte wieder Kontrolle über sich selbst.
    Er stieß die Person von sich weg, sprang auf und rannte aus dem Raum. Er war triefend nass und es war erbärmlich kalt. Schemenhaft konnte er Gestalten erkennen, er hörte Worte, sie klangen vertraut, doch er konnte sie nicht verstehen. Er rannte ziellos umher.

    Schließlich bedeckten Schatten erneut sein Blickfeld und er fiel zu Boden. Schwere Gewichte legten sich auf seinen Oberkörper. Jorgan schrie, verzweifelt um sein Leben kämpfend, doch er konnte die Gewichte nicht abschütteln. Etwas biss ihn, ein sachtes Pieken in seinem Bein. Er schüttelte es, ein brennender Schmerz machte sich in seinem Oberschenkel breit. Er kämpfte weiter mit Leibeskräften, doch seinen Augen zufolge bewegte er sich kaum noch. Er verlor wieder die Kontrolle über sich und es wurde dunkel.



    ‚Jorgan. Wach auf. Hörst du mich? ‘ Eine vertraute Stimme brachte ihn zurück ins Leben. „Meister? Seid Ihr es?“ ‚Ja, ich bin es. Hör mir zu. Du darfst dich nicht wehren, vorerst nicht.“ Er konnte nicht glauben was die ruhige und monotone Stimme des Meisters verlauten ließ. „Aber Meister, ich verstehe nicht. Ich muss doch frei bleiben. Leute tun mir weh, lassen mich eure Befehle nicht befolgen. Ich muss weg…“ ‚Nein, bleibe ruhig. Es hat keinen Sinn. ‘ Er verstand nicht was der Meister meinte, doch er entschloss sich seinen Anweisungen zu folgen.

    Langsam öffnete er sein linkes Auge. Es war verklebt und es tat weh beim öffnen. Ein helles Licht empfing ihn. Nun öffnete er das rechte Auge, auch das war verklebt und trübte seinen Blick. Das Licht wurde schwächer, er erkannte etwas. Eine… Lampe. Er lag unter einer Lampe. Er prüfte seinen Körper, drei Finger links, drei Finger rechts, zwei Beine mit jeweils einem Fuß. Es schien noch alles da zu sein. Er hatte Gefühl in seinem Körper. ‚So ist es gut, bleibe ruhig. ‘ Er war froh den Meister zu hören, und dass sich sein Zorn gelegt hatte.

    Jorgan blieb ruhig liegen und erkundete die Umgebung soweit es sein Blickwinkel zuließ ohne den Kopf zu bewegen. Er befand sich in einem großen Raum voller Utensilien die er bereits aus seiner Vergangenheit kannte. Die Erinnerungen preschten wieder durch sein Gehirn, wie sie ihn untersuchten, Tests durchführten und auf deren Grundlage Diagnosen erstellten die in Jorgans Augen sowieso alle bei den Hörnern herbeigezogen und vollkommen abwegig waren. Gespaltene Persönlichkeit sagen sie, Wahnvorstellungen, Realitätsverlust. Ich weiß was ich sehe und höre, ich weiß in was für einer Welt ich lebe. Nur weil ich allein dies erkenne, bin ich nicht gleich krank.

    Er war allein. So vermutete er zumindest. Er richtete sich vorsichtig auf. Sein Oberschenkel schmerzte noch. Er betrachtete ihn. Er war verbunden und der Verband vom Blut grün gefärbt. Er wickelte den Verband ab. Eine kleine Wunde klaffte dort. Etwas hatte sein Fleisch aufgerissen. Er sah etwas aufblitzen. Er griff mit zwei Fingern in die Wunde und zog unbeeindruckt das Objekt heraus. Es war die Nadel einer Spritze. Er drehte sie in den Fingern und stach sich, sie war tatsächlich scharf.
    Aus seinem Bein rann nun neues Blut. Er steckte eine Binde hinein und band den Rest wieder drum herum.

    Wo bin ich hier bloß? Was ist passiert? Wer sind diese Leute und was wollen sie von mir? Warum sagt der Meister mir, ich solle ruhig bleiben? Kennt er sie etwa? Aber was am wichtigsten ist, wo sind meine PDAs?

  6. #76
    Newbie
    Registriert seit
    16.04.2010
    Beiträge
    6

    Standard

    Tag ?, Elysium, unbekannt
    Zeit: unbekannt


    Jorgan saß schweigend auf seiner Pritsche. Er sah sich um und prägte sich seine Umgebung ein. Wo bin ich hier bloß? Was soll ich hier? Was sind das hier für Leute? Ich sollte mich erst einmal umsehen.
    Er schwang sich von der Liege herunter und landete prompt mit dem Gesicht auf dem Boden. Irgendwas stimmt nicht.
    Er stützte sich mit den Händen auf und raffte sich wieder hoch. Er sah auf seine Beine. Sie waren festgebunden. Er rüttelte an den metallenen Fesseln, doch sie rührten sich keinen Millimeter.
    So saß er wieder da und sah sich um. Hmm, und nun? Warum fesseln die mich?
    Nach einigen Minuten erfüllten Nichtstuns ging eine Tür auf. Eine menschliche Frau betrat den Raum. Jorgan erinnerte sich an sie. Sie war in der Kammer gewesen und wollte ihm irgendetwas verabreichen. Als sie sah dass Jorgan bereits wach war und sie anstarrte blieb sie stehen und starrte zurück. „Nun, wie ich sehe bist du bereits wach. Ich bin Dr. Amundsen. Wir hatten keinen guten Start, nicht wahr?“ Noch immer sah Jorgan schweigend auf seiner Pritsche. Er wollte herausfinden was sie vorhatte und wollte sie nicht in ihrer Entscheidungsfindung beeinflussen. „Nun, du sprichst wohl nicht sehr viel, was? Naja, egal. Du fragst dich sicherlich warum du hier bist, aber das kann dir der Boss besser erklären als ich.“ Nun kam sie auf ihn zu. „Wie geht es dir? Dein Anfall vorhin war ziemlich heftig.“ Sie betrachtete sein Bein. „Na was haben wir denn da? Hast du die Nadel etwa herausgezogen?“ Sie wickelte den Verband ab, sofort kam wieder die grüne Suppe aus seinem Bein geflossen. Die Ärztin legte einige Binden darauf und verband es wieder fest. „Das kann schief gehen weißt du? Ich kenne mich in Salarianischer Medizin leider nicht so gut aus, aber ich glaube auch ihr könnt eine Blutvergiftung bekommen. Glaub mir, so was ist nicht angenehm.“ Sie sah Jorgan nun wieder ins Gesicht, beide sagten nichts. Sie legte den Kopf schief und verzog die Mundwinkel. „Nun sag doch was. Ich will dir nichts tun, ganz im Gegenteil. Also, sag doch was. Wie ist dein Name?“ Jorgan sah sie an und überlegte was er sagen sollte. War es klug ihr seinen richtigen Namen zu sagen. Soll er sich als jemand anders ausgeben? Anderseits, sie gehörte zu den Leuten die ihn entführt hatten. Sie sollte demnach wissen wer er war. Da es nichts zu sagen gab, beschloss er nichts zu sagen. Je weniger er sprach desto weniger Fehler konnte er machen.
    „Hmm, Naja, dann eben nicht. Tu mir einen Gefallen und bleib ruhig hier sitzen. Gut, nicht dass du eine andere Wahl hättest, aber verhalte dich ruhig. Der Boss wird gleich mit dir sprechen wollen. Wenn dir dein Körper lieb ist dann kooperiere lieber, glaube mir, ist besser bei ihm.“
    Mit diesen Worten drehte sich die Frau um und verließ den Raum.
    Wer ist eigentlich dieser Boss? Wer in aller Welt hat einen solch dämlichen Namen? Was will er von mir? ‚Warte einfach ab, Jorgan. Bleibe ruhig und verfalle nicht der Angst.’
    Angst hatte Jorgan eigentlich keine. Wie kam der Meister auf so etwas? Allmählich zweifelte Jorgan an seinem Meister, dies wurde prompt mit Kopfschmerzen kommentiert. Ist ja gut, alles in Ordnung.
    Er legte sich wieder hin und beschloss ein wenig zu schlafen. Tun konnte er schließlich nichts, also konnte er sich auch genauso gut ausruhen.
    In Gedanken ging er seine KI noch einmal durch, prüfte was noch zu tun war, wo vielleicht Fehler oder Verbesserungsmöglichkeiten stecken zu finden sein könnten und vor allem wie viel Zeit ihm durch diese Geschichte hier verloren gehen würde. Irgendwann schlief er ein und schlief einen traumlosen Schlaf.
    Er hörte Stimmen. Langsam öffnete er die Augen und sah in Richtung Tür. Dort standen nun 3 Männer die ihn mit versteinerten Blicken ansahen. Der Mann in der Mitte war mir Sicherheit der Boss, das wusste er einfach. Er stand selbstsicher und unbewaffnet zwischen den beiden anderen die bis an die Zähne bewaffnet waren. Er war schon eine beeindruckende Gestalt. Er war sehr massig und bewegte sich träge, doch er strahlte eine gewisse Autorität aus.
    Schließlich kam der kleine, fette Volus auf Jorgan zu.
    „… Keuch… Da haben wir ja unseren Freund… Keuch… Wie geht es dir denn?“
    Nach den Warnungen der Ärztin hätte er sich etwas anderes vorgestellt als diese Kugel auf Beinen die freundlich mit ihm redete.
    „Was wollt ihr von mir?“, platzte es aus Jorgan heraus. Eigentlich hatte er das gar nicht sagen wollen, eigentlich wollte er gar nichts sagen, aber er konnte es nun auch nicht mehr ändern.
    „…Keuch… Ahhh… Keuch… ein ganz direkter, was? Keuch…. Nun, das wirst du schon noch früh genug erfahren. Keuch… Ich sage nur so viel, wir benötigen deine Hilfe und deine Expertise. Keuch… mein Chef-Techniker wird dir alles Weitere erklären. Keuch… Ich gebe dir nur einen Rat… Keuch… du solltest lieber kooperieren… Keuch… glaube mir… Keuch… es wäre sehr ratsam wenn du kooperierst. Keuch… wir wollen doch nicht… Keuch… dass dir etwas passiert… Keuch… oder willst du das?“
    Der Kleine war Jorgan unheimlich. Er hatte noch nicht so viele Volus gesehen. Er mochte sie auch grundsätzlich nicht. Alles Betrüger die ihr richtiges Gesicht nicht zeigen. Wie hässlich die wohl unter ihrer Maske sind?
    „…Keuch… Macht ihn los!“ Die beiden Menschen kamen auf ihn zu und lösten seine Fußfesseln. Sie bedeuteten ihm ihnen zu folgen. Also stand er auf und ging hinter ihnen hinterher. Angst machte sich wieder in seinem Körper breit als er zaghaften Schrittes in Richtung Tür ging. Was wollen die bloß von mir? Warum ich? Warum jetzt? Warum hier?
    Schließlich schritt er durch die Tür.

  7. #77
    Newbie
    Registriert seit
    16.04.2010
    Beiträge
    6

    Standard

    Tag ?, Elysium, unbekannt
    Zeit: unbekannt

    Jorgan folgte ‚Boss‘ und den zwei Menschen in einen langen dunklen Flur. Ihn überkam ein seltsames Gefühl. Er kannte diese Umgebung nicht, alles war so fremd. Es roch feucht und modrig, so etwas war er in seiner Zeit auf Elysium nicht gewohnt gewesen, alles war so sauber, so ordentlich, so übersichtlich. Doch hier wartete nur ein endlos scheinender Gang auf ihn. Ab und an wurde das Dunkel von einigen Lichtern durchdrungen, welche Eingänge zu anderen Räumen kennzeichneten.
    „Wo bin ich hier?“ Die beiden Menschen drehten sich nach ihm um, Boss ging weiter und sah nach vorn. „Glaube mir… Keuch… es ist besser wenn du das nicht weißt. Keuch… Ich werde dich zu einem Freund von mir bringen… Keuch… ich glaube ihr werdet euch gut verstehen. Keuch… Ihn kannst du fragen was du willst.“ Die Stimme des Volus war ihm unheimlich, eigentlich wie alle Volus. Er fragte sich, warum sie mehrmals im Satz innehalten mussten um Luft zu holen. Er beschloss dies zu recherchieren, wenn ein wenig Zeit dafür war.
    Sie gingen weiter den Gang entlang und blieben schließlich vor einer Tür stehen. Wie selbstverständlich positionierten sich die beiden Menschen links und rechts vor der Tür. Boss öffnete die Tür und bedeutete ihm einzutreten. Jorgan zögerte, doch die beiden Menschen sahen ihn ungeduldig an und Boss verharrte in seiner Pose. Ein peinliches Schweigen erfüllte die Umgebung. Schließlich gab man ihm einen Ruck und er betrat den Raum. Sofort besserte sich Jorgans Stimmung. Es war fast wie Zuhause. Im Raum standen Unmengen von Computern und eine Phalanx Bildschirme bedeckte eine Wand. Er sah sich staunend um. Zuhause hatte er bereits eine beachtliche Sammlung Technik angehäuft, doch die Ausrüstung in diesem Raum übertraf seine bei Weitem.
    „Jake… Keuch… wo bist du, du Nichtsnutz.“ In einer Ecke des Raumes regte sich etwas. Es war ein weiterer Mensch, der sich von einer vollgemüllten Matratze erhob. Er sah noch relativ jung aus und hatte fettige, lange Haare und eine, für sein Gesicht, viel zu große Brille. Er kam in leicht gebückter Haltung auf Boss zu. „Ähh.. ich b-b-b-b-bin h-h-h-hier. W-w-was los, A-a-alter?“ Boss schüttelte den Kopf und ging auf ihn zu. “Wie oft… Keuch… habe ich dir gesagt… Keuch… du sollst mich nicht Alter nennen? Naja… egal… Keuch… ich habe hier einen neuen… Keuch… Spielkameraden für dich. Keuch… amüsiert euch. Ich lasse euch jetzt allein.“
    Mit diesen Worten drehte sich Boss um verließ den Raum.
    Der junge Mensch, den Boss Jake genannte hatte, richtete sich nun auf und nahm die Brille ab. „Boah, wie ich diesen Kerl hasse. Ich würde ihm am liebsten seinen Hals umdrehen… wenn ich einen finden könnte. Naja, ich bin Jake, hast du ja bestimmt schon mitbekommen, oder?“ Der Wandel des Menschen war erstaunlich, seine lingualen Fähigkeiten hatten sich schlagartig verbessert und er ging nun nicht mehr gebückt. Jorgan war verwirrt. Er hatte noch nie einen Menschen gesehen, der in solcher Geschwindigkeit eine solche Metamorphose vollzogen hatte.
    Jorgan verzog das Gesicht und starrte Jake ungläubig an.
    „Jaja, ich weiß was du denkst. Mach dir keine Sorgen, ich bin nicht schizophren oder irgend sowas. Ich gaukle dem Alten nur vor, dass ich ein wenig verrückt sei, dann lässt er mich in Ruhe.“
    Wirklich überzeugt war Jorgan davon noch nicht und starrte ihn weiter ungläubig an. „Jetzt guck doch nicht so. Tu nicht so, als hättest du noch nie jemandem was vorgespielt.“ Vorspielen? Wovon redet der Kerl?
    „Na gut, vergessen wir das. Willst du was essen? Siehst bescheiden aus.“ Er kramte in einem Berg Irgendwas und kramte etwas heraus. „Hier… nein, lieber doch nicht… das willst du nicht mehr essen. Egal. Wie heißt du?“ Jake setzte sich in einen großen Sessel und sah ihn an. Der junge war ihm unheimlich, doch er sah nicht wirklich gefährlich aus. „Jorgan… ich bin Jorgan.“ Jake sprang auf und klatschte in die Hände. „Ah… du bist das. Endlich lerne ich dich mal kennen. So lange hab ich dich schon beobachtet, nun sehen wir uns endlich mal.“ Beobachtet? Er hat mich beobachtet? War er es dessen Anwesenheit ich gespürt hatte? Nein, das kann nicht sein. Geheimagenten sehen anders aus, sind gefährlich… der Typ ist… verrückt. Aber Moment, wenn er mich beobachtet, warum hat er mich nicht erkannt? Das ergibt keinen Sinn, nein, kein Sinn, widersprüchliche Aussagen, er muss mir etwas vorlügen. „Ja, da staunst du was? Also ich hab dich nicht verfolgt oder so, ich hab dich gehackt.“
    Ein sehr breites Grinsen zeichnete sich auf Jakes Gesicht ab. Gehackt? Nein, unmöglich. Unüberwindbare Sicherheitsmaßnahmen. Niemand kann mich hacken. Vollkommen unmöglich. „He he, jaja, du hast es mir nicht leicht gemacht, das gebe ich zu. Teilweise hab ich gedacht dass ich in dir meinen Meister gefunden habe. Aber zu deinem Pech bin ich das größte Genie das jemals einen Computer bedient hat. Kein System ist perfekt, obwohl deins verdammt nah dran ist… Jedes System hat eine Schwachstelle, sogar deins.“ Er saß da und grinste in Jorgans ungläubiges Gesicht. „Ich weiß du glaubst mir nicht. Aber denk doch mal nach. Wie du dich vielleicht erinnerst, wurdest du in deiner Wohnung niedergeschlagen. Dazu muss aber jemand an deinen Sicherheitssystemen vorbeikommen, und die muss jemand hacken. Et voila… c’est moi.“ Jorgan beschlich ein ungutes Gefühl. Was er da sagte ergab Sinn. War es ihm tatsächlich gelungen seine Systeme zu umgehen? Urplötzlich hatte er Angst vor diesem unheimlichen Kerl. Ist er… tatsächlich… besser als ich?
    „Wie… wie hast du das geschafft?“ Jake stand auf und ging auf ihn zu, immer noch dieses unsäglich breite Grinsen im Gesicht. „Tja… das bleibt mein kleines Geheimnis. Geschäftsgeheimnis… du verstehst. Aber falls es dich beruhigt… ich habe ganze drei Monate meines Lebens damit zugebracht. Echt clever die Tür auch noch mit einer Sprengfalle zu versehen. Ich konnte den Fettsack gerade davon abhalten einfach deine Tür aufzusprengen… obwohl mir das nicht gerade leicht gefallen ist. Wie gern hätte ich diesen wunderschönen Fettfleck an der Wand bewundert, aber was soll‘s.“
    Jake ging im Kreis und schaute sich um. „Hmm, du wirst ‘ne Weile hier bleiben. Also müssen wir dir noch ‘ne Matratze besorgen. Wir sollten auch besser Freunde werden, sonst wird das hier ‘ne verdammt hässliche Zeit mit uns beiden.“ Freund? Er will sich mit mir anfreunden?
    Jorgan konnte nicht von sich behaupten schon oft entführt worden zu sein, doch er hatte sich so etwas eigentlich etwas anders vorgestellt.
    „Was wollt ihr von mir? Warum bin ich hier?“ Jake drehte sich zu ihm um und ließ die Schultern hängen. „Hmm, immer direkt ins Gesicht, was? Komm, übers Geschäft können wir noch später reden. Setz dich doch endlich mal. Ich kenne zwar dein System mittlerweile ganz gut, doch dich selbst kenne ich noch nicht. Erzähl doch mal ein bisschen was.“
    Jorgan reichte es. Nicht genug dass er entführt wurde, von seiner Arbeit abgehalten wurde, nein, jetzt sollte er auch noch sein Freund werden.
    „Ich sage gar nichts bevor ich nicht weiß warum ich hier bin. Was wollt ihr von mir?“
    Jake ging zur Tür und kratzte sich am Kopf. „Hmm, ich wollte das eigentlich möglichst angenehm gestalten, aber egal. Denk mal nach, vielleicht kommst du ja noch selbst drauf. Ich jedenfalls hole mir erst mal was zu essen. Man sieht sich.“ Mit diesen Worten setzte er wieder seine Brille auf und nahm seine gebückte Haltung ein. So stolperte er aus dem Raum heraus. Und ließ Jorgan allein zurück.
    Das kann doch alles nicht wahr sein…
    Geändert von Jorgan Rumos (12.07.2010 um 01:28 Uhr)

  8. #78
    Rookie Avatar von Nika Violet Duran
    Registriert seit
    01.10.2010
    Beiträge
    59

    Standard

    Tag 5, 22:09 Uhr

    Elysium – Luxuriöse Wohngegend, Reichenviertel[Appartement von Charlie Lennon]

    Nika drückte ihren Körper dichter an die Wand hinter sich und warf einen misstrauischen Blick auf den Abhang vor ihr. Der Anblick löste wie immer ein leicht mulmiges Gefühl in ihrem Bauch aus, es war jedoch nichts, was sie nicht schon früher erlebt hatte. Auch diesmal hatte die Attentäterin sich dafür entschieden, von außen – und zwar wirklich von außen – in das Apartment ihrer Zielperson einzudringen. Das war nun auch der Grund, wieso sie neben dem großen Panoramafenster der Wohnung lehnte. Unter ihr lediglich eine Handbreit Stahlbeton, welcher als Boden diente, mehrere dutzend Meter weiter untenr sah sie wiederum die spärlich gesäten Lichter der Fahrzeuge, die den Skyway entlang flogen; Alles im allem war es jedoch ruhig. Zwar befand die Attentäterin sich in einer der teuersten Gegenden der Innenstadt - und die Wolkenkratzer um sie herum boten einen verzaubernden Anblick - dennoch hieß das nicht, dass es gleichzeitig auch die belebteste Gegend der Stadt war. Eher im Gegenteil, das Nachtleben Elysiums, mit all seinen schimmernden Farben und dem berauschendem Lärm fand woanders statt. Hier – im Nobelviertel – blieb dagegen jeder mit seinen kleinen Drogenpartys, Sexorgien und illegalen Machenschaften lieber privat, in seinen eigenen vier Wänden.

    Man kann die Sterne sehen.. Nikas feine Lippen verzogen sich zu einem erfreuten Lächeln, tatsächlich war das etwas, was sie an den Kolonien so sehr mochte: Die Verschmutzung war insgesamt wesentlich geringer und so konnte man selbst in einer Großstadt den klaren Nachthimmel bewundern. Sie verlor die Schwärmerei und Träumerei jedoch schnell wieder aus dem Sinn, als eine kalte und stürmische Windböe ihren Körper erfasste und sie fast umgerissen hätte. Reflexartig – jedoch nicht ohne eine gebührende Prise Eleganz - drückte sie sich wieder fester an Fassade. Danke Wind. Der Gedanke war gar nicht so falsch, denn fast hätte die Auftragsmörderin, beim Anblick des schimmernden Sternenhimmels, den Grund ihres Aufenthalts vergessen. Sie schloss wieder die Augen und konzentrierte sich auf die Geräusche, die aus dem Appartement drangen, gleichzeitig ließ sie sich die wichtigsten Daten noch mal durch den Kopf gehen.

    Die Zielperson ist männlich, ein Mensch, einundfünfzig Jahre alt, braune Haare, blaue Augen. Er treibt aktiv Sport, hat eine Schwäche für klassische Romantik – wie ich – und bevorzugte statt einer Feder-Matratze lieber blutjunge Frauen. Er lebt seit zehn Jahren getrennt von seiner Frau, Emily Vock, mit welcher er zwei Töchter gezeugt hat. Rose Lennon, einundzwanzig Jahre alt, wohnt bei der Mutter auf Eden Prime und studiert dort Sozialwissenschaften. Jessica Lennon, vierzehn Jahre, lebt eigentlich in einem Internat auf Bekenstein, hat derzeit aber Ferien und ist für eine Woche bei ihrem Vater. - Nika machte eine kurze gedankliche Pause und nahm einen Atemzug der kalten Nachtluft. - Übrig bleibt also nur noch die Geliebte, Tamara Stern, neunzehn Jahre alt und seine derzeitige Bettgespielin, welche er aber regelmäßig zu wechseln scheint.

    Sie beendete ihren mentalen Exkurs, denn die nächsten Informationen waren ihr mehr als geläufig. Der Name des Mannes - der Zielperson - war Charlie Lennon, viel wichtiger war jedoch: Er ist der Vize-Präsident des Waffenherstellers Jormangund Technology. Genau deshalb sollte er sterben. Präziser: Cerberus hatte seiner Firma einen Gefallen getan, indem sie den Frachter Edeko sabotierten, der zur Flotte des turianischen Herstellers Haliat Armory gehörte. Durch den Verlust war die turianische Firma gezwungen, einige ihrer wertvollsten Verträge zu brechen, welche anschließend an Jormangund Technology übergingen. Sowohl Teile des Gewinns, als auch daraus resultierende Forschungsergebnisse sollten als Gegenleistung an Cerberus übergeben werden. Leider weigerte sich der Präsident von Jormangund Tech. nun, sich an diese Abmachung zu halten. Sein Vize-Präsident und dessen Familie sollten deshalb benutzt werden, um eine deutliche und letzte Warnung auszusprechen.

    Das alles waren Informationen, die Nika entweder selber herausgefunden, oder aber durch ihren Operative zuvor erhalten hatte, doch all dies schien jetzt unwichtig zu werden. Sie befand sich geschätzte vier Meter vom Ziel entfernt und wartete lediglich auf den richtigen Augenblick. Der Vize-Präsident hatte sich vor zwei Stunden mit seiner kleinen Freundin, Tamara, in das Schlafzimmer zurückgezogen, nachdem sie sich zuvor im Wohnzimmer ein entspanntes Dinner und ein wenig Vorspiel gegönnt hatten. Nika dagegen wartete insgesamt seit knapp vier Stunden auf den kleinen Vorsprüngen, die sich um die Außenfassade des Wolkenkratzers zogen, darauf, dass sich das Paar irgendwie trennte. Zwar wären beide auf einmal mit Sicherheit kein Problem für die Attentäterin gewesen, aber sie bevorzugte es dennoch, Personen einzeln auszuschalten. Im schlimmsten Fall dauerte das nur etwas länger, ersparte einem aber eine Menge Ärger, wenn man dadurch die Auslösung eines Alarms oder etwas ähnlichem verhindern konnte.

    Inzwischen fing sie jedoch an daran zu zweifeln, ob die beiden Turteltäubchen sich je trennen würden. Zwar konnte sie durch die verdunkelte Panoramascheibe des Schlafzimmers nicht sehen, was drinnen geschah, aber sie konnte es – dank des einen Spalts breit geöffneten Fensters - hören. Und alles in allem klang es danach, als würde das Mädel darin die Erfahrung und grobe Art des viel älteren Mannes ausgiebig genießen. Möglicherweise spielte sie ihm aber auch nur was vor – immerhin hatte er Geld und wenn er zufrieden und sein Ego bestätigt war, würde von diesem Geld wahrscheinlich auch mehr für sie abspringen.

    Der Mann ist alt, gibt der nicht irgendwann mal den Geist auf? Nika entschied sich, noch eine weitere halbe Stunde ab zu warten. Hätte sich an der Situation bis dahin nichts verändert, würde sie wie geplant in das Haus eindringen und notgedrungen beide Personen gleichzeitig ausschalten. Durch die Ablenkung ihrer Tätigkeiten würden das Paar dann wahrscheinlich ohnehin nicht zeitgerecht reagieren können.

    Uhrzeit: 22:11
    Geändert von Nika Violet Duran (03.10.2010 um 00:56 Uhr) Grund: Nachnamen der Kids korrigiert, waren noch die alten Nachnamen(Connor)

  9. #79
    Rookie Avatar von Nika Violet Duran
    Registriert seit
    01.10.2010
    Beiträge
    59

    Standard

    Elysium – Luxuriöse Wohngegend, Reichendistrikt[Appartement von Charlie Lennon]

    Uhrzeit: 22:26

    Nika hatte die Arme fest um ihren Oberkörper geschlungen und lehnte mit gesenktem Kopf an der Gebäudefassade. Wandte sie den Blick nach rechts, hätte sie lediglich wieder die schwarzen Schlafzimmerscheiben gesehen, während zu ihrer linken die riesigen Fenster zwar klar waren, aber nur das leere Wohnzimmer zeigten. Die Attentäterin musste sich also noch immer rein auf ihr Gehör verlassen, um die Lage und Position der zwei Menschen in dem Appartement einschätzen zu können.
    Zu ihrer Erleichterung geschah nun jedoch auch endlich mal was, wenn auch nicht viel: Die Laute des Paares waren abgeebbt und es folgte eine ungewöhnliche Stille. Entweder waren beide eingeschlafen, machten eine Pause oder sie hatten es so sehr übertrieben, dass sie vor Erschöpfung verendet waren. Auf Grund der Dauer des Liebesspiels, ging Nika jedoch zumindest nicht vom letzteren aus. Auch, dass der einundfünfzigjährige Mann sich zu viel abverlangt und sich dadurch einen Herzinfarkt oder dergleichen eingehandelt hatte, hielt sie für unwahrscheinlich - denn in dem Fall hätte sein Betthäschen sicher geschrien. Außerdem hätte es ihren Auftrag ruiniert, etwas, was extrem unerfreulich gefunden hätte.

    Der Attentäterin blieb letztlich nur eine Wahl um rauszufinden, was vor sich ging. Sie warf einen erneuten, prüfenden Blick in das Wohnzimmer, würde jemand diesen Teil der Wohnung betreten, hätte er es leicht, sie zu erkennen. Um in das Gebäude einzudringen musste Nika zwangsläufig an dem Panoramafenster entlang schleichen, welches im Grunde die gesamte Südseite des Appartements ausmachte. Keiner der drei Bewohner, Charlie, Tamara oder gar Jessica - die Tochter, die sich vermutlich in ihrem Zimmer eine Etage höher rumtrieb -schien jedoch Interesse daran zu haben, quer durch das Appartement zu rennen und so entschied sie sich, das Risiko – das sie ohnehin auf sich nehmen musste – einzugehen. Jetzt oder nie.

    Nika schlich vorsichtig und geübt den Vorsprung entlang, die Höhe in der sie sich befand und das Wissen, dass sie keinerlei Sicherung hatte, wenn sie abstürzen würde, verursachten das übliche, starke Herzklopfen, beeinträchtigten aber nicht ihre Konzentration. Wie einige Male zuvor ging alles gut und schließlich schwang sie sich über die Brüstung eines großen Balkons, der direkt an das Wohnzimmer angrenzte. Wieder spähte sie in das Innere der Wohnung, doch noch immer rührte sich nichts. Während ihr Blick weiter aufmerksam auf der Umgebung blieb, ging sie in die Hocke und öffnete zielgenau eine der kleinen Taschen an ihrem Tragesystem.
    Einen Liedschlag später zog die Attentäterin die noch immer blutverschmierte Universall-Zugangskarte des Gebäudetechnikers – oder auch Hausmeisters – über das elektronische Schloss der Balkontür, die wie der Rest der Wand aus Glas bestand. Ohne Probleme zu machen ließ sich diese nun öffnen und dank der modernen Technik und denn immer bequemer werdenden Ansprüchen der Reichen – das alles perfekt sein musste – erzeugte die Tür an sich kein einziges Quietschen. Dennoch würde jemand, der das Wohnzimmer nun betrat, die Attentäterin noch immer direkt bemerken, wenn er nicht grade blind oder unglaublich dumm war.

    Zum Glück tat dies aber weiterhin niemand und so entschied Nika sich - mit einer Hand immer am Griff ihrer Pistole - dazu, in die Wohnung einzusteigen. Das Rauschen des Windes, welche durch die nun geöffnete Tür in die Zimmer drang, ging unerwarteter Weise in der klassischen Musik unter, die das zuvor veranstaltete Dinner wohl untermalen sollte. Sekunden später war die Tür aber auch schon wieder verschlossen und niemand schien das Eindringen einer fremden Person bemerkt zu haben. Diese lauerte jetzt in geduckter Haltung an Ort und Stelle und atmete ruhig. Gelassen. Professionell. Wie immer nun mal.

    Ironischer weise trug die Atmosphäre in der Wohnung sogar noch dazu bei: Das stark gedimmte und dennoch warme Licht, sowie das melodische Piano-Spiel, das irgendwo aus den Boxen in den Wänden drang. Beides Dinge, die die Auftragsmörderin mochte. Überhaupt war sie eine eher klischeehafte Romantikerin: Sie liebte Spazierginge unter dem Sternenhimmel, Dinner im Kerzenschein und – nun ja, so nannten es die Leute nun mal – den Blümchensex, der meist danach kam.

    Derzeit rührte sich in ihr aber kein Interesse an irgendwas davon, ihr Blick lag präzise und scharf auf dem kleinen Durchgang, der vom Wohnzimmer direkt in das Schlafzimmer führte. Nika richtete sich vorsichtig auf und ging langsam zwischen einer Bar und einem hölzernem Esstisch hindurch und vorbei an der weinroten Ledercouch, wobei der schwarze Teppich ihre ohnehin feinen Schritte perfekt dämpfte.
    Die Tür zum Schlafzimmer stand offen und so konnte sie nun problemlos, klar und vor allem alles hören, was im innern vor sich ging. Jedoch erst, nachdem sie ihre Gedanken an die Tochter verschwendet hatte: Wäre diese in den letzten fast drei Stunden runter gekommen, hätte sie höchstwahrscheinlich mitbekommen, wie ihr Vater sich grad mit einem Mädchen amüsierte, welches sogar noch jünger als ihre ältere Schwester war. Entweder hat er sie in ihrem Zimmer eingeschlossen oder sie ist gar nicht hier, das würde alles unnötig verkomplizieren.. oder er ist einfach nur ein Perverser, dem es vollkommen egal ist. Nika hoffte inständig, dass es die erste oder die letzte Variante war, konzentrierte sich dann aber auf das, was in dem Schlafzimmer geschah.

    Zuerst wurde Tamaras Kichern immer wieder von flüchtigen Küssen unterbrochen, bis dies dann schließlich aufhörte und man die flüsternden Stimmen der Beiden vernehmen konnte. „Bleib doch noch..“ „Nein, das geht nicht, ich muss nach Hause, meine Eltern würden ausflippen, wenn sie wüssten das mein Bruder jetzt seit fast fünf Stunden alleine ist..“ – die junge Frau kicherte plötzlich, der Grund blieb Nika aber verborgen, da sie lediglich lauschte. – „Lass das!“ „Komm schon..“ „Du benimmst dich wie einer dieser frühreifen Idioten ..“ scherzte sie als Antwort, dann war eine eindeutige Geräuschkulisse zu hören: Eine der beiden Personen stieg aus dem Bett. „Ich geh nur noch eben duschen, dann fahr ich heim.. aber wir treffen uns Morgen doch sicher wieder..“ Jetzt geh schon. Nika ließ den Griff von ihrer Pistole ab, in ihr baute sich nun eine gewisse Spannung an, immerhin konnte es sich nur noch um Augenblicke handeln, bis die Beiden sich endlich mal trennten. Auch wenn es nur eine Tür war, die dann zwischen ihnen liegen würde.
    Laut den Plänen, die sie ebenfalls beim Hausmeister gefunden hatte, verfügte das Appartement über zwei Duschen, eine in der ersten Etage, welche vermutlich die war, die die Tochter immer benutzte und eine, die direkt und exklusiv an das Schlafzimmer des Vaters angebaut war. Wenn Tamara dieses benutzen würde – und die Wahrscheinlichkeit lag schlichtweg bei neunundneunzig Prozent – dann wäre das der perfekte Augenblick.

    Genau das tat sie nach einer knappen Minute auch. Das Geräusch der sich öffnenden Badezimmertür erklang genau ein Mal, was für Nika bedeutete, dass sie diese offen ließ. Nach einem gut gelauntem „Und komm nicht auf dumme Ideen!“ verschwand die Geliebte dann offenbar in der Duschkabine. Der nächste Laut war ein männliches, zufriedenes Seufzen, wobei es auch nur dabei blieb. Die Auftragsmörderin ging wieder – an der Wand lehnend – in die Hocke und warf dann einen vorsichtigen Blick in das Zimmer.

    Die Zielperson lag auf dem Bett, blickte jedoch mit gierigem Blick in Richtung des Badezimmers. Zwischen ihm und dem Objekt seiner Begierde lagen geschätzte sieben Meter, zwischen ihm und seiner baldigen Mörderin allerdings nur gute fünf. Lennon bewegte sich plötzlich und im selben Moment, in dem Nika sich in das Zimmer schleichen wollte, rollte er sich zur Bettkante und stand auf. Die Attentäterin verzog kurz das Gesicht, als sie den unbekleideten, für ihren Geschmack viel zu alten, Mann sehen musste. Da er ihr jedoch den Rücken zugewandt hatte, blieb ihr das schlimmste erspart. Im Grunde hätte nichts besseres passieren können, denn nun war das Ziel dem Badezimmer zugewandt, was bedeutete, dass Nika auch weiterhin freie Sicht auf seinen Rücken hatte. Sie nutzte die Gelegenheit schamlos aus und huschte unbemerkt, aber schnell, in das dunkle Zimmer – die einzige Lichtquelle war der Schein der Lichter im Badezimmer.

    Die Schritte der Auftragsmörderin wurden schnell größer, allerdings kaum lauter, zwar war der Boden hier wieder edles Holz und dementsprechend Attentäter-Unfreundlich, dafür gab das Rauschen der Dusche ihr diesmal Deckung. Der ungeschützte Rücken der ahnungslosen Zielperson kam in Sekundenschnelle näher, selbst als Nika eines ihrer Messer aus der Halterung an ihrem Gürtel zog und nicht mal mehr einen Meter von ihm entfernt war, bemerkte Lennon sie nicht. Das wird einfach.
    Rein theoretisch hätte die vierundzwanzig jährige Frau im Nahkampf keine Chance gegen einen achtzig Kilo schwereren, sportlichen und zwei Köpfe größeren Mann gehabt. Das galt aber auch nur, wenn er genauso gut ausgebildet war, sie sie selbst.
    Davon abgesehen, dass Charlie Lennon – ein lebenslanger Bürohengst - das höchstwahrscheinlich nicht war, hatte er oben drein noch den unglücklichen Nachteil, dass Nika den Überraschungsmoment und das Kampfmesser auf ihrer Seite hatte.

    Der Mann befand sich keine zwei Meter mehr von der Dusche – und somit seiner Geliebten, mit der er vor ihrer Abreise vermutlich nur noch mal Spaß haben wollte – entfernt, als Nika direkt hinter ihm zum stehen kam.
    Den Schwung und die Energie, die sie bei ihrer schneller werden Annäherung gesammelt hatte legte sie fast vollständig in ihren rechten Arm - und somit in die Klinge des Messers. Den linken Arm dagegen schwang sie zeitgleich von hinten um seine Brust und drückte so den Körper fest an sich – und somit in die Klinge. Das ganze Manöver war eine einzige, fließende Bewegung, die Nika sich während ihrer Ausbildung und auch in realen Einsätzen einverleibt hatte. So musste sie zwar teilweise direkten Körperkontakt mit dem Opfer eingehen, dafür konnte sie ihr Messer aber auch effektiv einsetzen und behielt durch das Umschlingen mit dem linken Arm zusätzlich noch die Kontrolle. Auch diesmal bewies sich das Vorgehen als effektiv. Die Spitze der Klinge drang mühelos zwischen den Schulterblättern ein und zerschnitt die gebräunte Haut und die trainierten Muskeln. Erst ab da an gab es einen wirklichen Widerstand, welcher durch einen kräftigen Stoß gebrochen wurde. Das Messer glitt einen halben Zentimeter an einem Rückenwirbel herab, dann ließ es sich mit einer weiteren Portion Kraftaufwand wieder tiefer in den Körper, und zwischen zwei Wirbel, schieben. Ein letzter, kraftvoller Ruck nach unten resultierte in einem zweiten Knacken.

    Der Körper in ihrem Halt entspannte sich schlagartig und Nika stolperte absichtlich mehrere Schritte nach hinten, dann drückte sie die Leiche von sich weg und ließ sie gleichzeitig kontrolliert auf das Bett plumpsen.
    Der Mann - Charlie Lennon - hatte während seines Todes nicht einen wirklichen Ton von sich gegeben, sondern lediglich ein geschocktes Stöhnen. Seine letzten Sekunden im Universum waren scheinbar zu schnell vorbei gewesen, als dass er tatsächlich etwas hätte realisieren können. Genau dieses Gefühl hatte zumindest seine Mörderin. Die eigentlich umfassenden Handgriffe, das Annähern und die Messerarbeit selbst kamen Nika wie ein winziger Liedschlag vor – alles war vorbei, bevor man es überhaupt mitbekommen hatte. Anders war es für sie dagegen, wenn sie sich selbst in Gefahr befand, da lief plötzlich alles eigenartig langsam.

    Mit einem flüchtigen Blick auf die Leiche verabschiedete sie sich jedoch von der Überlegung, wie schnell Charlie seinen Tod wohl erlebt hatte. Der Körper lag halb auf dem Bett und das Messer steckte noch immer im Rücken, die Attentäterin beließ es aber vorerst dabei und zog stellvertreten ihre Pistole. Immerhin galt es noch zwei weitere Personen in diesem Appartement zu töten, auch wenn das Betthäschen Tamara eigentlich nur ein Störfaktor war, der eher zufällig beseitigt werden musste. Zur falschen Zeit am falschen Ort. Das uralte Zitat ging Nika kurz durch den Sinn, als sie das Badezimmer betrat.

    Tamara war noch immer in der Dusche und trotz der angeschlagenen Glasscheiben der Kabine konnte man die Umrisse ihres schlanken Körpers fast noch problemlos erkennen. Vermutlich war es also kein Wunder, dass ihr Liebhaber sich davon angezogen fühlte, wie eine Motte vom Licht. Es verging ein kurzer Augenblick, denn Nika untätig im Badezimmer stand, dann hob sie ihre schallgedämpfte Phalanx an – die einzige Schusswaffe, die sie für diesen Auftrag mitgenommen hatte – und zielte sorgfältig auf die Umrisse des Kopfes. Der Abzug der Waffe war schon fast ganz gespannt, als Tamara plötzlich, über das Rauschen der Dusche hinweg, etwas sagte. „Sag mal, was ist eigentlich mit deiner Tochter? Du hast sie doch weg geschickt, oder?“ –Weggeschickt? Ich habe nicht gesehen, wie sie das Appartement verlassen hat. Sie müsste oben sein. Die Stille war der anderen Frau offenbar Antwort genug und plötzlich hörte man sie wieder leise und verspielt auflachen, gleichzeitig klang sie aber auch ein wenig empört. „War sie etwa die ganze Zeit da?!“

    „Ich hoffe es doch.“ Nika antwortete deutlich und spannte ihren Körper wieder an, erneut zielte sie auf Tamaras Kopf, welche nun erstarrt in der Dusche stand. Sie schien von der Tatsache, dass ihr grade eine andere Frau geantwortet hatte, vollkommen überumpelt zu sein und hatte es noch immer nicht wirklich realisiert, als der erste gedämpfte Schuss fiel. Die Kugel riss ein präzises Loch in die Glaswand, welche ansonsten aber hielt, und schlug direkt danach in das Gesicht des dahinter stehenden Menschen ein. Der Kopf, als auch der Körper, wurden nach hinten gerissen und während Tamara leblos in der Kabine zusammenbrach, zeichneten sich dutzende Blutspritzer innerhalb der Glaskabine ab. Die rote Flüssigkeit lief in feinen Linien an den angeschlagenen Scheiben herab und verdünnte sich dabei immer mehr mit dem Wasser, je tiefer sie lief.

    Nika öffnete zur Sicherheit die Kabine und fand genau das wieder, was sie wieder finden wollte: Ein akkurates Einschussloch in der Stirn der jungen Frau. Ihr Gesichtsausdruck war vollkommen leer, was bedeutete, dass sie nicht mal Zeit hatte einen Schock zu bekommen – wie etwa der zuvor beseitigte Vize-Präsident. Die Auftragsmörderin nahm einen kurzen Atemzug und entspannte ihren Körper dadurch wieder, dann schloss sie die Kabine und ging die wenigen Schritte zurück in das Schlafzimmer.
    Das Risiko, dass ein deplatzierter Schuss die duschende Tamara hätte alarmieren können, war nun nicht mehr gegeben – denn es gab nur noch eine tote Tamara, keine duschende mehr - und somit entschied die Auftragsmörderin sich, absolut auf Nummer Sicher zu gehen. In ihrer Karriere hatte sie Menschen bereits die augenscheinlich schlimmsten Verletzungen überleben sehen und sie wollte um jeden Preis verhindern, dass ausgerechnet das wichtigste Ziel des Einsatzes wegen eines solchen Wunders überlebte. Nach dem sie das Messer schwungvoll aus dem Rücken der männlichen Leiche gezogen hatte, schoss sie dieser mit der Phalanx in den Hinterkopf, um das Auftreten eines eben solchen unnötigen Wunders zu unterbinden.

    Das Bettlacken färbte sich binnen weniger Sekunden rot, ansonsten änderte sich an der Szenerie jedoch nichts. Bleibt nur noch Jessica Lennon, wenn sie denn da ist. Nika wischte das zuvor benutzte Kampfmesser kurz an einem noch sauberen Teil des Bettlackens ab, bevor sie es wieder in der Halterung verschwinden ließ und sich aus dem Schlafzimmer des Appartements entfernte. Es gab nun keinen echten Grund mehr, irgendwelches Augenmerkt auf vorsichtiges Schleichen zu legen, denn selbst wenn die Tochter des Hauses sie erwischen würde, war die Chance, dass sie schneller reagierte als die Attentäterin hoffnungslos gering.

    Statt des Rauschens des Duschwassers drang nun wieder das romantische Piano-Spiel in ihren Ohren, diesmal gönnte sie sich aber keinen Augenblick, um die verführerische Atmosphäre zu genießen, sondern marschierte gradewegs auf die Wendeltreppe zu, die sich abseits des großen Raumes befand und in die höhere Ebene des zweistöckigen Appartements führte.

    Der obere Bereich war vergleichsweise klein, wenn auch nicht weniger vornehm ausgestattet – wie Nika herausfand, als sie den Flur am oberen Ende der Treppe betrat. Statt des eher dunklen Materials, welches man im Wohnzimmer auffand, war der Flur hier grau und relativ farblos, was aber gut an dem ausgeschalteten Licht liegen konnte. Laut Lageplan gab es hier vier Räume: Ein Badezimmer, ein Arbeitszimmer und zwei Zimmer, die der Tochter gehörten. Die Auftragsmörderin entschied sich logischer Weise dazu, zuerst das nächstgelegenste dieser Zimmer zu überprüfen. Sie stellte sich – wie zuvor beim Schlafzimmer – neben den Türrahmen, allerdings bestand der Unterschied diesmal darin, dass sie die Tür selber öffnen musste. Da das Mädchen aber wohl kaum damit rechnete, dass jemand auftauchen würde um sie zu erledigen, war jedoch kein Risiko vorhanden. Mit einem leisen Surren glitt die elektronische Tür auf, Nika machte einen lockeren Ausfallschritt und betrat dann auch sofort das Zimmer. Innerhalb der ersten paar Sekunden stellte sie allerdings ernüchternd fest, dass der Raum leer war. Bis auf das große, ungemachte, Bett, die unzähligen Klamotten, die wild über den Boden herum verteilt lagen und den Kleiderschrank zumindest. Begleitet von einem leisen Seufzen verließ sie das erste Zimmer von Jessica wieder und näherte sich mit leichten Schritten der nächsten Tür. Von außen gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass sich jemand in dem Raum befand, was durch die vollkommen abgedichteten Räume der modernen Wohnungen aber auch kein Wunder war, denn diese verhinderten beispielsweise auch, dass irgendein Lichtschein unter der Türschwelle hindurch fallen konnte.

    Wie zuvor auch aktivierte Nika den Taster und wieder ertönte das elektronische Surren, als die Tür zur Seite hin einfuhr. Diesmal gab war aber etwas Entscheidendes anders: Mit jedem Zentimeter, den die Tür in der Wand verschwand, wurde der schwache Lichtschein, der aus dem Inneren des Raumes in den Flur fiel, deutlicher. Die Attentäterin betrat mit einer schnellen Bewegung das Zimmer, wurde von dem Anblick, der sich ihr bot, dann aber für den Hauch eines Moments überrumpelt.

    Passender hätte das Zimmer eines vierzehnjährigen Mädchens wohl kaum aussehen können, an den Wänden befand sich ein Hologramm nach dem anderem, welche alle irgendwelche Bandnahmen, Symbole oder einfach beliebige Stars aus Filmen und Serien darstellten. An der gegenüber liegenden Seite befand sich eine große, mit allem möglichen Zeug, vollgestopfte Schrankwand, direkt neben der Tür dagegen stand eine Couch – deren Sitzfläche wiederum unter diversen Klamotten verschwand. Dem Tisch davor erging es ähnlich, nur dass es sich statt um Klamotten um schmutziges Geschirr handelte.

    Nikas wirkliche Aufmerksamkeit galt allerdings Jessica, dem Mädchen, welches zusammengesunken vor dem großen, weißen Schreibtisch saß, auf dem auch die Tischlampe stand, die für das die spärliche Beleuchtung sorgte. Der Kopf der Jugendlichen lag schlaf auf der Tischplatte und wurde von den langen, herabfallenden braunen Haaren fast vollständig umhüllt. Um das Mädchen herum lagen diverse Bücher, deren Titel und Themen die Attentäterin erst lesen konnte, als sie näher gekommen war. Einführung in die Analysis.. das ist mehr, als ich je gelernt habe.
    Nika kam kurzerhand zu dem Entschluss, dass ihr Ziel beim Lernen eingeschlafen sein musste. Der junge Körper bewegte sich regelmäßig und auch die leisen Atemzüge der Jugendlichen waren zu hören. Unter ihrem Kopf verbargen sich ein paar zerknitterte Blätter, auf denen irgendetwas über die Vollständige Induktion niedergekritzelt war.

    Für die Auftragsmörderin waren das aber alles Details, die sie nicht zu interessieren brauchen. Sie warf nochmals einen Blick durch das unaufgeräumte Zimmer, dann setzte sie den Lauf ihrer Pistole an den Schädel der schlafenden Jugendlichen.

    Uhrzeit: 22:38
    Geändert von Nika Violet Duran (18.08.2011 um 14:30 Uhr)

  10. #80
    Rookie Avatar von Nika Violet Duran
    Registriert seit
    01.10.2010
    Beiträge
    59

    Standard

    Elysium – Luxuriöse Wohngegend, Reichendistrikt[Appartement von Charlie Lennon]

    Augenblick. Nikas Blick huschte von den Mathematik-Büchern zu einem der Bilder, die ebenfalls auf dem Schreibtisch standen. Abgebildet war das aktuelle Ziel, Jessica Lennon, zusammen mit dem Rest der Familie, Charlie, Emily und Rose. Das könnte sich wirklich lohnen.. Nach dem die Attentäterin das Bild mit der Familie, in deren Hintergrund irgendeine Art von Urwald zu sehen war, einige Sekunden angestarrt hatte, ließ sie die Phalanx sinken. Jessica schlief derweil weiter und das einzige, was sie zu der ganzen Sache abgab, war ein leises, regelmäßiges Atmen. Die Mörderin neben ihr hingegen steckte die Pistole wieder zurück in den Holster, lehnte sich an die Schreibtischkante direkt neben ihrem Opfer und zückte ihren PDA. Es folgte noch ein letzter Kontrollblick zu der elektronischen Tür, mit dem Fokus auf das leicht zu manipulierende Schloss, dann begann sie, eine Nachricht an ihren leitenden Operative zu verfassen.

    Habe den Vize-Präsidenten erledigt und befinde mich nun bei seiner Tochter. Sie schläft und stellt kein Risiko dar, ich könnte sie problemlos in ihrem Zimmer einschließen. Möglicherweise wäre das eine effektivere Taktik, als sie umzubringen, wenn wir dem richtigen Präsidenten deutlich machen, dass seine Kinder nicht so viel Glück haben werden?

    Ich warte fünf Minuten auf eine Antwort, dann führe ich den Auftrag wie abgesprochen aus.


    Nach einmaligem Kontrolllesen schickte die Attentäterin die Nachricht ab, verschränkte die Arme locker vor ihrem Körper und schaute sich weiter um. Das Gerät behielt sie dabei durchgehend in der Hand, um den Vibrationsalarm auf keinen Fall zu verpassen. Während das Ziel neben ihr weiterhin friedlich vor sich hin schlummerte, und sich somit wenigstens in ihren Träumen nicht mit so etwas skrupellosen wie der Mathematik abgeben musste, dachte Nika über das eben gesendete nach.

    Dies war einer der Dinge, die Cerberus für sie von diesem inkompetenten Verein, der sich System Allianz nannte, unterschied: Sie, als Agentin, hatte eine gewisse Handlungsfreiheit, die von den meisten Operatives auch respektiert wurde. Ein Agent der Allianz dagegen hätte jetzt einfach – wie ein dressierter Hund – seine Befehl befolgt, ohne selber nachzudenken. Und selbst wenn er seinen Vorgesetzten über eine sinnvolle Alternative informiert hätte, wäre dieser nur ausgerastet, hätte sein Ego aufgepumpt wie eine hässliche Kröte ihren Körper und geantwortet: Sie haben ihre Befehle! Quark!

    Die reine Vorstellung einer fetten Kröte in Allianz Uniform und mit Offiziers– oder sogar Admiralsabzeichen auf der Schulter und Brust, zwang die Attentäterin zu ein flüchtigen und schnell unterdrücktem Lachen. Ganz so extrem, wie das in ihrem Kopf existierende Bild, waren viele in der System Allianz zwar nicht, und das war ihr notfalls auch klar, aber eine Meinung behielt sie dennoch: Die Angehörigen der Allianz waren allesamt dressierte Hündchen, die nur kläfften, aber nie bissen und ihr einziges Interesse war es, sich an die Füße ihrer Besitzer zu kuscheln.
    Nika war einmal mehr froh, dass sie zu den wilden Hunden gehörte. Denen die zubissen. Die ihr Revier und ihr Rudel verteidigten. Die einem Feind die Kehle herausreißen würden, wenn er sich mit ihnen anlegte: Zu Cerberus. Einer Organisation, die das Universum für jeden Menschen zu einem sichereren, besseren und wertvolleren Ort machen würde. Selbst wenn die Kosten dafür hoch und manchmal auch schwer zu verstehen waren.

    Die stolzen Gedanken der Agentin schwelten schlagartig ab, als ein einzelnes Vibrieren ihres PDAs sie wissen ließ, dass jemand ihr eine Nachricht gesendet hatte. Ein Blick auf die Uhrzeit verriet zusätzlich, dass nun circa drei Minuten vergangen waren. Jessicas Zustand war dennoch unverändert und so widmete sich die Attentäterin der Nachricht, die wie erwartet von ihrem Operative stammte.

    Der Vorschlag ist gut und nachvollziehbar, dass Sie drauf gekommen sind ebenfalls, aber der Präsident hat keine Kinder. Der gewünschte Effekt würde also ausbleiben. Machen Sie es einfach schnell und schmerzlos. Für sich und das Kind.

    Die Schwester und die Mutter sind bereits ausgeschaltet worden, Sie tun der Kleinen somit wohl auch einen Gefallen.


    Nika las die Nachricht zweimal durch. Das erste Mal ganz normal, wie jeden Text auch, das zweite Mal jedoch langsamer und sorgfältiger. Der Grund dafür war nicht, dass sie mit dem Inhalt oder irgendeiner Aussage des Operative nicht zufrieden war, sondern lediglich, dass sie sicher gehen wollte, alle Informationen korrekt verstanden und gelesen zu haben. Ein, in Hektik übersehenes, Wort konnte immerhin fatale Folgen haben. Nach wenigen Sekunden verpackte sie den PDA wieder in einer ihrer Taschen und stieß sich sachte von dem Tisch ab. Das vorgeschlagene Vorgehen erwies sich als unnütz. Nikas Absicht war es aber von Anfang an nicht, einen Weg zu finden, wie sie das Mädchen am Leben lassen konnte; Sie suchte ausschließlich nach der optimalen Lösung ihrer Mission und aller Vorteile.

    Im Endeffekt.. – Nika betrachtete kurz das Familienfoto, dann schwenkte ihr Blick zur schlafenden Jessica - Du kannst von Glück sagen, dass ich es bin, die dich umbringt. Sie wusste, wie es um den Rest der Familie aussah, was sie in ihrer Meinung in gewisser Weise bestärkte. Der Vater lag eine Etage tiefer in seinem eigenen Blut und Die Mutter und die ältere Schwester, die sich beide auf Eden Prime befanden, waren, wie sie nun erfahren hatte, ebenfalls bereits tot.

    Es bestand aber ein Unterschied zwischen den beiden Schauplätzen: Bei Nikas konnten die Leichen später noch an Hand von Fotos identifiziert werden. Die andere Cerberus Agentin würde vermutlich nur zwei zerrissene Körper oder einen einheitlichen Brei aus Fleisch, Innereien und Knochen übrig gelassen haben, so dass höchstens eine DNA-Analyse die Opfer bestimmen konnte. June Terra. Der Name erzeugte einen hauchfeinen Schauer auf ihrem Rücken, denn Nika kannte sie bereits aus der Ausbildung, die sie beide gemeinsam gemeistert hatten. Die Frau war eine blutgeile und grausame Bestie, vermutlich war sogar ihr Aussehen eines der ersten Opfer gewesen, dessen Haut sich diese Bestie dann einfach übergezogen hatte – um damit ahnungslose Männer und Frauen in ihr verderben zu locken.

    Bei der Sache bleiben. Was June tut, muss mir im Augenblick egal sein. Inzwischen stand die Attentäterin hinter Jessica. Sie hatte sich entschieden, auf den Kopfschuss zu verzichten, es gab immerhin noch andere schnelle und schmerzlose Methoden, einen Menschen umzubringen. Zudem hatte die Erinnerung an die Blutbäder, die ihre Kollegin Terra anrichten konnte, ihr die Lust auf herumfliegende Schädelsplitter und Hirnmasse genommen. Nika beugte sich vorsichtig nach vorn, denn rechten Arm legte sie sachte um die Schultern der Jugendlichen, die linke Hand dagegen platzierte sie an ihrer Stirn. Langsam und behutsam zog sie den Körper dann nach hinten, so dass das Mädchen im Grunde aufrecht, beziehungsweise an die Rückenlehne gestützt, in dem Stuhl saß.
    Mit einer zarten Berührung wischte sie der Kleinen die langen Haare aus dem Gesicht. Die rechten Finger strichen nun vorsichtig über die reinen Wangen, bevor sie sich in einem festen Griff am Kinn anspannten. Die linke lag nun wiederum am Hinterkopf des Mädchens.

    Ruckartig spannte die Attentäterin ihre Muskeln an und der tödliche Griff schnappte zu. Jessica schreckte zwar verwirrt auf, konnte jedoch nicht weiter reagieren. Der Kopf des jungen Mädchens verdrehte sich blitzartig und unnatürlich weit nach rechts. Das unverkennbare Knacken der Halswirbel wurde mit jedem Zentimeter, denn der Schädel sich weiter verschob, makaberer. Wieder einer dieser Momente, die einem wie ein Liedschlag vorkamen, aber doch ewig dauern konnten. Nika ließ den leichten Kopf los, woraufhin der Körper unmittelbar zusammensackte und nach vorn kippte, durch den tödlichen Genickbruch schlug das Mädchen nicht mit der Stirn, sondern mit der linken Schläfe auf der Tischkante auf. Erneut fielen ihr die langen, braunen Haare ins Gesicht und ließen so nur erahnen, wie die Augen der Jugendlichen wohl in ihrer letzten Sekunde im Leben ausgesehen haben mochten. Hätten die Arme nicht leblos herabgebaumelt, hätte ein Beobachter meinen können, die Tote würde nur schlafen.

    Nika hakte Jessica Lennon von ihrer geistigen Liste ab und holte erneut ihren PDA hervor, während sie sich von der Leiche abwand und das Zimmer verließ verfasste sie eine eindeutige und simple Nachricht: Habe alle Ziele beseitigt, wie geht’s weiter? und schickte diese ab. Unter gewöhnlichen Umständen hätte sie jetzt damit begonnen, die Wohnung leer zu räumen oder zu demolieren, möglicherweise sogar damit, die Leichen noch etwas zuzurichten. Im Endeffekt einfach alles, um die Behorden - in diesem Fall E-Sec - auf die falsche Spur eines Raubmords, Vergewaltigung, Hassverbrechens oder eines eifersüchtigen Partners zu lenken. Dies widersprach hier aber dem Sinn der Mission, der Präsident von Jormangund Technology sollte wissen, was auf ihn zukam und keine Chance haben, sich irgendwelcher Ausreden hinzugeben - davon hing zu viel ab. Außerdem war E-Sec ohnehin mit den restlichen zehn Morden, die irgendwo anders in der Stadt wahrscheinlich grad geschehen waren, überlastet.

    Inzwischen war die Attentäterin wieder im Erdgeschoss des Appartements angekommen, ihr Blick huschte zwar kurz über die gemütliche und verlockende Einrichtung des Wohnzimmers und die noch immer spielende Musik lied grade zu dazu ein, sich in verträumten Fantasien zu verlieren, dennoch siegte diesmal die Auftragsmörderin in ihr: Sie verließ die Wohnung ganz simpel und gewöhnlich durch den Haupteingang.

    Uhrzeit: 22:43

    >>>> Elysium - Slums
    Geändert von Nika Violet Duran (03.10.2010 um 23:40 Uhr) Grund: Noch mehr Rechtschreibung.

Seite 8 von 8 ErsteErste ... 678

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •