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    Standard Die Hinterlande

    Südlich des Bannorns grenzen die Hinterlande an die nördlichen Regionen des sumpfigen Korcarigebiet sowie an die Südhügel im Osten. Ostagar, die tevintische Festung, die einst zum Schutz gegen das barbarisch-chasindische Volk gebaut wurde, befindet sich im Süden des Gebiets.

    ___________________

    Die Hinterlande – Südwestlich von Lothering

    Zweiter Tag, 17:14 Uhr

    “Nur die Schwachen fliehen aus einem Kampf!“ Ich bin nicht schwach. Ihre Hände zitterten vor Wut. “Du hast verloren, also bist du schwach. Ein wertloses Stück Dreck!“ Koudelka schüttelte entschieden den Kopf. Der verzweifelte Versuch, eine Antwort - eine Rechtfertigung - auf diese Beleidigung zu finden, blieb erfolglos. Es war die Wahrheit, auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte. Ich bin stark! „Ohne mich bist du wertlos und schwach.“ Nein! „Hast du mir nicht zugehört, nutzloses Weib? Wenn du nach einer Schlacht noch atmest, und diese Luft mit dem Abschaum teilst, dann bist du so wertlos und schwach, wie es die Toten sind.“

    Ihre Augen schlossen sich, blind setzte sie einen Fuß vor den anderen. Seit der Flucht aus Ostagar, vor fast drei Tagen, spukten die Erinnerungen ihres Vaters in Koudelkas Kopf umher. Er verspottete sie, lachte sie aus; Vergewaltigte ihren Verstand mit jedem Satz, denn er ihr mit seiner mitleidlosen Stimme zuflüsterte. Es gab keine Chance, dem zu entkommen. Baal hatte Recht, das wusste sie. Und trotzdem waren seine und ihre Gedanken Wahnwitz, sie waren Paradox. Das wurde der Kriegerin um so mehr klar, desto mehr sie darüber nachdachte; wäre sie in der Schlacht gefallen, so wäre sie ebenfalls wertlos gewesen, wie sie es jetzt war, also wo sollte der Unterschied liegen? Wie konnte eine Kriegerin im Kampf fallen und trotzdem besungen und erinnert werden? Die Antwort, zu der Koudelka kam, war einfach. Gar nicht. Wer stirbt, wird vergessen. Wer stirbt, war schwach; es nicht wert, erinnert zu werden.

    Die einzige Weise, nicht schwach zu sein, war es, zu siegen. Das war die echte Antwort. Die Antwort auf alles - Siegen. Töten. Doch sie hatte verloren und versagt, sie war so erbärmlich wie die Würmer, die sich noch vor Beginn des Gemetzels verkrochen und versteckt hatten. Die Verräter, Abtrünnige, Ehrlose und Schwurbrecher, überall hatte Koudelka gesehen, wie diese Männer und Frauen heimlich durch den Dreck und Schlamm gekrabbelt waren, um ihrem Schicksal und ihren Pflichten zu entgehen. Und sie war so schwach wie all jene, die sich von der Brut hatten dahin schlachten lassen. “Weib!“

    Wut kochte in der Chasind auf, der Spott ihres Vaters und die Schande des Verlierens fraßen sich ungehindert durch ihren Geist. Ich muss umdrehen. Ich muss gegen den Abschaum kämpfen und beweisen, dass ich nicht schwach bin. In den Stunden zuvor hatte sie bereits mehrfach diesen Gedanken. Ein jedes Mal war sie entschlossen, es zu tun. Es gab nur eines, was sie davon abhielt; ihr Stamm. Oder der kümmerliche Rest, der davon noch bei ihr, und vermutlich auch übrig, war. Alle anderen waren tot. Sie mussten es sein, wenn sie nicht bei ihr, der Anführerin, waren. Selbst das Dorf, welches Meilen entfernt tief in der Wildnis lag, war inzwischen vermutlich vernichtet worden. Das Land gehörte der Brut. Wir haben verloren und versagt, das Land gehört nicht mehr uns..

    Spürte Koudelka zuvor nur Wut, so begann nun ihr Blut zu kochen. Mit dem Zorn wuchs auch der Drang, diesem Ausdruck zu verleihen. „Der Erbauer möge uns leiten..“ Passend, wie ihre Klinge in der Brust eines Genloks, bot sich sogar jemand an, der freiwillig dafür herhalten wollte. „Möge er uns schützen und segnen..“ Die junge, weibliche Stimme, die zitternd und verstört immer wieder Stoßgebete an ihren wertlosen Gott stammelte, gehörte einer gewissen Sophia. Sie ging direkt hinter Koudelka; nah bei ihr, in der Illusion, dass sie bei der Anführerin der Gruppe, die ja selber eine Frau war, wohl am sichersten sein würde.

    Sophia hatte sich bereits während der Schlacht den Chasind angeschlossen, nachdem die Einheit fereldischer Soldaten, die eigentlich von ihr begleitet werden sollte, von der Brut abgeschlachtet worden war. Zu dem Zeitpunkt tat sie nichts anderes, als zu heulen und zusammenhangloses Geschwätz über ihren Erbauer hervorzubringen. Erst als Koudelka begann, das Mädchen anzubrüllen und durchzuschütteln, schaffte dieses es, sich halbwegs zu fassen und zu erklären, dass sie eine Anwärterin und Schwester der Kirche Andrastes war. An ihrer Nützlichkeit hatte dies damals aber nichts geändert.

    Nun, nach der Schlacht, war es immer noch so. Das Mädchen verbreitete nur sinnloses Geschwätz, in welchem sie eine, Koudelka fremde, Gottheit anbettelte, sie alle zu segnen, zu geleiten, zu schützen, zu erretten, oder sogar ihnen zu vergeben. Wofür Koudelka von diesem unbekannten Gott Vergebung erfahren sollte, wusste sie nicht; es war ihr auch egal.
    Das das endlose Gerede plötzlich abbrach, trug dagegen viel mehr zum Seelenheil der Kriegerin bei. Statt der verzweifelten Gebete stieß das fereldische Mädchen ein schmerzhaftes Keuchen und Stöhnen über die Lippen. Wie die schwache Kreatur, die sie in Koudelkas Augen war, brach Sophia auf dem felsigen Erdboden zusammen, windete sich wimmernd am Boden, die Arme vor den Bauch gepresst, Tränen heulend und so würgend, als würde sie sich Übergeben müssen. Hätte sie in den letzten Tagen eine richtige Mahlzeit gehabt, wäre letzteres wahrscheinlich sogar geschehen.

    „Koudelka?“ Die Stimme gehörte Kiros, einem von Koudelkas Kriegern; einer von Dreien. Mit ihr zusammen waren sie zu viert, und vermutlich auch die letzten Überlebenden des Stamms der Spinne. Unwürdige. Feiglinge. Schwächlinge. “Sie haben es verdient, in ihrem eigenem Dreck zu verrotten.“ Den beißenden Satz ihres Vaters schüttelte Koudelka ab, in dem sie der am Boden liegenden Sophia einen zweiten, ungezügelten Tritt in den Bauch versetzte. „Sie geht mir auf die Nerven.“, beantwortete sie die Frage, bevor sie in die Hocke ging, das fereldische Mädchen an seinem schmutzig goldenen Schopf packte und es wieder auf die Beine zog. „Spar dir deine Kraft fürs marschieren, statt sie fürs sprechen zu verschwenden.“ Sonst töte ich dich und lasse dich als Beute für die Brut zurück.

    Sophia nickte nur, sofern es ihr der Griff an ihren Haaren ermöglichte. Ihr junges Gesicht, Koudelka schätzte, dass sie zwischen fünfzehn und siebzehn Winter erlebt hatte, vereinte unzählige Gefühle miteinander. Angst, Furcht, Schmerz und Verzweiflung waren nur wenige davon; wenn auch die vorherschenden. „Warum nehmen wir sie überhaupt mit? Sie..“ „Weil ich es gesagt habe!“ Koudelka wand sich dem Sprechendem zu und ließ von der Anwärterin ab, welche sich trotz der eben erst eingesteckten Schläge sofort wieder hinter der Kriegerin versteckte. In Anbetracht des Bärs von einem Mann, welcher sich nun vor ihr aufgebaut hatte, war dies allerdings auch weniger ein Wunder, als ein natürlicher Instinkt.

    Dieser Bär wiederum war Clevgar, ebenfalls Krieger der Spinnen. Und Koudelka wusste sicher, dass er nur darauf wartete, dass sie einen zu großen Fehler, einen zu großen Fehlschritt, machte. Somit würde er sie einfach töten, oder schlimmer noch; unterwerfen, und ihren Platz einnehmen können, ohne, dass einer der Anderen einschreiten würde.

    Dennoch war sein Argument nicht ganz hinfällig, genau genommen hatte sich das Mädchen bisher nur als Ballast bewiesen; das hatte Koudelka auch erkannt. Der Grund, wieso sie sie trotzdem mitschleifte war allerdings genauso fest, wenn auch nicht für jeden ihrer Krieger sofort begreiflich. Einige Sekunden des Schweigens waren vergangen, bevor die Anführerin ihre Stimme ein zweites Mal erhob, um zu erklären, wieso sie tat, was sie tat. „Wir reisen nach Norden, zu einer ihrer Siedlungen. Wenn wir eine der ihren bei uns haben, dann ist das von Vorteil für uns, kapierst du das? Und wenn sie so besonders ist, wie sie behauptet, ist das umso wertvoller.“

    „Hmf, sie ist doch nur ein weinerliches Weib..“, wieder schnitt sie Clevgar das Wort ab, „Und Sie gehört zu einem weinerlichem Volk.“, was ihn offenbar dazu brachte, ihre Entscheidung vorerst zu akzeptieren. Zudem hätte Baal sie bereits getötet, ohne weiter darüber nach zu denken. Ich bin nicht er. Ich bin besser. Koudelka atmete leise aus, Clevgar murrte noch irgendetwas, schenkte Sophia einen mehrdeutigen Blick und wand sich dann wieder ab - nach vorn, an die Spitze der Gruppe. Sie setzten ihren Marsch fort. Fünf Schwächlinge, auf der Flucht vor einer Armee, die früher oder später das ganze Land, und auch sie, zerfleischen würde.

    Koudelkas Blick richtete sich wieder auf den Boden und jeder Schritt war vorsichtig gewählt, denn einen Sturz würden die leblosen, kargen Sträucher und das Geäst, welche die tückischen Löcher und Nischen überhaupt erst verbargen, kaum abbremsen. Ein solcher Sturz konnte jedoch leicht zu einem Knochenbruch führen, was zweifelsohne einem Todesurteil gleichkam. Koudelka war die vorletzte in der Reihe, hinter ihr stolperte nur das fereldische Mädchen herum. Vor ihr dagegen ging Kiros, dann Chareah, eine der besten Bogenschützinnen des Stamms, und vor dieser wiederum Clevgar, der wie üblich nur eine schwere, abgenutzte Axt vor sich her trug.

    „Wie weit ist es, bis zu dieser Siedlung?“

    „Ich.. nicht mehr weit..“, versicherte Sophia ihr auf Nachfrage, wodurch sich erneut Zorn in Koudelka breitmachte. Langsam spürte sie selbst das verlangen, dem nutzlosen Mädchen die Brust aufzuschlitzen. „Weißt du überhaupt, wo wir sind?!“ „Als-als wir her-her marschiert sind, sind wir über eine andere Straße gekommen, aber ich weiß, dass wir in die richtige Richtung gehen. Der Erbauer leitet uns und führt uns! Er..“

    „Wie weit?“

    „Wenn-wenn wir die Nacht durchwandern, dann sind wir am Morgen mit Sicherheit da..“

    Mit Sicherheit? Wir sind alle verdammt. Warum flüchten wir überhaupt noch? Wir sind ohnehin entehrt. Wertlos. Sie hob den Blick an und schaute über die Köpfe ihrer Vorgänger hinweg zu dem, was vor ihnen lag. Doch oberhalb des Hangs wartete lediglich ein weiterer, endloser Abschnitt von düsterem, dichtem, jedoch trockenem Waldland. Das war ein gutes Zeichen, zumindest, wenn man die Korcariwildnis verlassen wollte. Es gibt nur einen Grund. Rache. Wir werden die Brut niedermetzeln, wir sie es mit uns getan haben.. meine, unser aller, Ehre hängt daran..

    „Koudelka! Wandern wir die Nacht erneut durch?“ Ihr Blick senkte sich reflexartig wieder, sie sah über Kiros Schulter und gradewegs in das Gesicht von Chareah. Die Frau hatte sich umgedreht und marschierte nun rückwärts, wie sie das vollbrachte war für Koudelka ein Rätsel. Die Gruppe war seit der Flucht vor über zwei Tagen durchmarschiert, hatte nicht mal eine halbe Nacht Rast gemacht und nur ein paar klägliche Streifen Trockenfleisch zu kauen gehabt; nicht nur, weil die Anwesenheit der Dunklen Brut jegliches Wild vertrieben hatte, sondern auch, weil für die Jagd keine Zeit gewesen war. Allein der Gedanke daran, sich nun umzudrehen und rückwärts den Hang herauf zu marschieren und dabei noch einen so energiegeladenen Eindruck, wie Chareah, zu machen, verursachte der Kriegerin Übelkeit. Nicht allein wegen der Anstrengung, die war auszuhalten, sondern auch wegen der Leichtsinnigkeit. „Schrei nicht so rum, bist du wahnsinnig?“, fauchte Kiros als Erster, wurde jedoch von seiner Anführerin eines besseren belehrt.

    „Die Brut wittert uns so oder so, alles andere als unser Geruch ist ihnen egal. Kümmert euch lieber darum, euch nicht irgendwas zu brechen.“, der letzte Teil ihres Satzes war offen an die Bogenschützin gerichtet, was Koudelka auch durch ihren drohenden Blick klarmachte. In kalten Nächten hatte sie Chareahs Wärme zwar bereits ausgenutzt, doch lag ihr nichts Persönliches an dieser. Ihre Fähigkeiten mit dem Bogen und in der Jagd waren allerdings etwas, was die Gruppe ziemlich bald brauchen würde. Desweiteren hatte Koudelka ihre Unfähigkeit gegenüber ihres Schamanen und der Gemeinschaft bereits mehr als genug bewiesen, als fast alle ihre Krieger in der Schlacht gefallen waren. „Wer es doch tut, wird zurückgelassen.“

    Geht es hier um mich, oder um meine Pflicht und Aufgabe? Die Frage bohrte sich plötzlich, aber tief, in den Verstand der Chasind. Werde ich mehr und mehr zu Baal, wenn ich meine eigene Ehre und Kraft über der Gemeinschaft meines Stammes stelle? Aber er war blind, er hat sogar den Schamanen angegriffen.. „Vorsicht!“

    Der Aufruf, der von Kiros stammte, wurde von einem erschrockenen Schrei begleitet, beide Laute rissen Koudelka sofort aus ihrer Starre. Wie im Affekt riss sie sowohl die Kriegsaxt, die sie einem Brutling abgenommen hatte, als auch den elfischen Dolch von ihrem Gürtel; in Gedanken bereits darauf eingestellt, sich auf eine der hässlichen, fauligen Kreaturen zu stürzen.

    Es war jedoch kein Angriff, sondern etwas anderes. Etwas so triviales, dass Koudelka ihren Sinnen kaum glauben wollte. Erst Recht nicht, nach dem sie jeden davor gewarnt hatte. Zuerst sah sie Chareahs erschrockenes Gesicht, welches nach hinten abkippte, anschließend war es nur noch ein paar Beine, dass durch die Luft wedelte und im nächsten Moment landete die Frau mit einem Keuchen, dem Rascheln und Brechen von vertrockneten Sträuchern und einem dumpfen Schlag auf dem steinigem Boden. Ich töte sie!, Koudelka spurtete mehrere Schritte den Hang herauf und schob dabei ihren Vordermann zur Seite.

    „Ich bin in Ordnung..“, die noch immer überraschte Stimme der Bogenschützin, und vor allem das, was sie sagte, nahmen etwas der Anspannung, die sich in den Muskeln und dem Geist der Anführerin gebildet hatte, weg. „Ach, verdammt, mein Dolch.“, Chareah hockte auf dem Boden, mitten zwischen dem hüfthohen Geäst, und schob mit den Armen immer wieder die störende Flora bei Seite, um nach ihrem verlorenen Werkzeug zu suchen.

    Koudelka entschloss sich derweil dazu, es doch bei einer Warnung zu belassen. „Wenn du noch mal stürzt, ramme ich dir meine Axt ins Gesicht.“, statt sich weiter mit der anderen Frau auseinanderzusetzen ließ sie nun ihren Blick über die Umgebung schweifen. Clevgar schien das selbe zu tun, wobei er inzwischen ein gutes Dutzend Schritte vor dem Rest der Gruppe war; Koudelka deutete ihm mit einem Handzeichen, den Abstand zu verringern, was er lediglich mit einem Nicken bestätigte. Keine Feinde.. und Vögel.. ob wir wirklich entkommen sind?

    Ein zweiter, schmerzhafter Schrei durchdrang die Luft. Diesmal wusste die Anführerin zumindest sofort, dass er von Chareah kam, denn Sophia befand sich in dem Moment genau in ihrem Blickfeld. Das junge Mädchen hatte ihre Arme auf die Knie gestützt und nutzte die ungeplante Pause scheinbar aus, um nach Luft zu schnappen - umso mehr zuckte sie bei dem Schrei also auch zusammen.

    Einer der Männer schrie oder fluchte irgendwas, Koudelka dagegen drehte sich eiligst um, konnte jedoch nur sehen, wie die andere Chasind-Frau aufsprang und sich mit einer Hand die Andere zu halten schien. „Irgend… was hat.. mich…“, die Bogenschützin brach plötzlich ein und wäre mit dem Oberkörper, und vmit dem Kopf voran, wahrscheinlich haltlos zurück auf die Steine geknallt, hätte Koudelka sie nicht festgehalten. Umgehend ging die Kriegerin selbst auf die Knie und versuchte zu erkennen, was mit ihrer Schwester nicht stimmte.

    „Was ist los?!“, trotz des festen Griffs und des befehlerischen Tons blieb eine Antwort Chareahs aus und Koudelka musste ahnungslos mit ansehen, wie sich die grünen, geweiteten Augen der Jägerin weiß färbten, als sie sich in das Innere des Schädels drehten. „Chareah! Was ist los?!“, der junge Körper begann unkontrolliert zu zittert, über die Lippen drang nur noch ein heißeres Keuchen, welches jedoch erstickte, als der Speichelfluss plötzlich zunahm. Gift! Nein!

    Die Erkenntnis fand Bestätigung, als Koudelka die feinen Blutlinien und die Schwellung an Chareahs linkem Unterarm endlich entdeckte. Für den Hauch einer Sekunde war die Anführerin perplex. Natürlich wusste sie, und auch jedes andere Mitglied des Stamms, dass in der Wildnis auch giftige, ja sogar umgehend tödliche, Tiere ihr Unwesen trieben; hier, weit weg und außerhalb der erbarmungslosen Sümpfen der Korcariwildnis, hätte sie jedoch keine erwartet. Erst Recht nicht jetzt, wo ihnen die Brut im Nacken saß und die Wunden der Schlacht noch frisch waren.

    Koudelka schüttelte die irritierenden Gedanken ab, als die Gefahr, in der sie sich möglicherweise befand, ihr gewahr wurde. Etwas hatte Chareah gebissen und dieses etwas war wahrscheinlich noch immer da. Und es starrte sie an. Die zwei gelben Augen waren eines von zwei Dingen, die die Tarnung der Schlange zunichtemachte. Das zweite war ihr Zischen, welches erst zu hören war, als die sterbenden Laute der Jägerin, ihres Opfers, für immer verstummt waren. Der Körper sackte entspannt in Koudelkas Armen zusammen, welche ihrerseits nur auf den Faustgroßen Kopf des Reptils vor ihr blickte. “Kämpf! Kämpf! Du nutzlose Zeitverschwendung!“

    Die Reaktion der Kriegerin kam sofort, kaum, dass sich der alte Spruch Baals in ihrem Kopf manifestiert hatte. Sie stieß den toten Leib von sich weg und riss mit der linken Hand die schwarze Kriegsaxt hoch; entweder sie würde dem Vieh – welches soeben eine ihrer Kriegerinnen, ihrer Schwestern, getötet hatte – den Schädel spalten, oder sie würde das Schicksal dieser teilen. Die Giftschlange reagierte ebenfalls, ein graues, aufgerissenes Maul und die auffallend weißen Fangzähne streckten sich der Chasind entgegen.

    Das reißen von Fleisch und ein schwerer Schlag mischte sich zwischen die Szene und der eigentlich mächtige, graue Körper der Schlange wurde wie ein Stück morsches Holz in zwei geteilt. Das Zischen des Tiers endete, so wie auch zuvor Chareahs Laute geendet hatten, und der Kopf fiel, getrennt vom Rest des Körpers, zurück gen Boden. Koudelka fühlte den Schweiß auf jedem Millimeter ihres Körpers, ihr Herz raste und pumpte pures Leben durch ihre Adern. Doch so schnell, wie das rauschende Gefühl aufgekommen war, so schnell verschwand es wieder. Sie blickte auf das große Stück Metall, welches vor ihr im Erdboden steckte und erkannte es schnell als das Blatt von Clevgars Axt.

    Der Krieger hatte die Gefahr schneller erkannt, als seine Anführerin und entsprechend auch schneller gehandelt. Die Schlange lag geköpft im Dreck; lediglich ihr Körper, dessen Durchmesser fast so dick wie der Hals ihres letzten Opfers war, windete sich. Das Koudelka das Ende des Leibs nicht mal sehen konnte, da er ebenfalls im Gebüsch unterging, ließ ihr einen weiteren Schauer über den Rücken laufen, bevor sie sich wieder in der Realität befand.

    Ihr Blick legte sich als erstes auf den Krieger vor ihr, dessen Augen jedoch völlig ohne Ausdruck zu sein schienen. Der zweite Blick dagegen galt Chareah. Die junge Chasind lag regungslos und schweißnass am Boden, weißer Speichel quoll über ihre leicht geöffnete Lippen und lief zäh über ihre Wange, die Augen waren noch immer in das Innere gedreht und der Schweiß. “Sie haben es verdient, in ihrem eigenem Dreck zu verrotten.“ Verdammt..

    „Verdammt..“, das Murmeln war so leise, dass im Wind unterging und schließlich folgte ein schweres Seufzen. „Wir müssen weiter..“, die Aufforderung stammte von Kiros, wobei man ihm anhörte, dass er es nicht gerne sagte. Das änderte jedoch an Koudelkas Antwort nicht viel. “Ich sage, wann es weitergeht.. aber du hast Recht.“, der letzte Teil ihres Satzes war tonlos und bevor sie aufstand, rollte sie Chareahs Körper auf die Seite, um ihr den Jagdbogen, die Pfeile und den streifen Trockenfleisch, denn sie noch besaß, abzunehmen.

    „Davon haben wir bald nichts mehr. Vielleicht noch drei Streifen..“ Clevgars Blick lag auf dem Fleisch, welches seine Anführerin in der Hand hielt, anschließend wanderte er zu dem Leichnam der Jägerin. Koudelka stand ihrerseits eilig auf und erkannte sofort, was der Krieger ihr mit seiner Aussage zu verstehen geben wollte. „Nein.“, ihre Augen wanderten zwischen Clevgar und dem toten Körper umher. „Es ist vergiftet, verdorben. Wir haben genug Zeit verschwendet. Gehen wir weiter..“

    Beide Stammesmänner bestätigten den Befehl lediglich, ohne zu wiedersprechen und in ihren Gesichtsausdrücken erkannte die Anführerin, dass nicht nur sie erschöpft war. Ein Gedanke, der ihr mitunter Erleichterung brachte, selbst wenn diese vor dem Spott ihres Vaters zunichte gemacht wurde. Sie wartete noch einen Augenblick und deutete auch Sophia mit einem Kopfnicken, dass sie vorgehen sollte, bevor sie sich ein letztes Mal an ihre Schwester wandte und etwas flüsterte. „Heute Nacht gibt es keine Rast..“
    Geändert von Koudelka (02.02.2011 um 18:12 Uhr) Grund: Sneakin' through the post.. searchn' for de mistakes..

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