Das Allianzkommando:
Das Allianzkommando auf der Citadel gehört zu den größeren Allianzeinrichtungen abseits des Sol-Systems und der Arcturus-Station. Neben der Sektorenverwaltung befindet sich auch der Stab der Allianzflotte in diesem Bürogebäude unweit von den Andockbuchten entfernt. Das Kommando erstreckt sich über mehrere Stockwerke und aus machen der oberen Büros kann man auch auf die Andockbuchten sehen.


<----- Die Citadel: Allianzandockbucht

Die Citadel: Allianzkommando

Während Sarah die Andockbuchten wieder verließ, dachte sie über Admiral Belikov nach. Was wusste sie von ihm? Eigentlich nicht viel. Er war ein angesehener Allianzoffizier, hatte das Kommando über die vierte Flotte und normalerweise sollte er sich auf der SSV Aconcagua aufhalten. Sarahs erste Vermutung, dass sie in die Flotte des Admirals versetzt wurde, erhärtete sich durch ihre Überlegungen. Einzig die hohe Geheimhaltung verwirrte sie. Was konnte an einem Versetzungsbefehl so geheim sein? Sie gehörte ja nicht zum Geheimdienst oder einer sonstigen Spezialeinheit.

„Ma’am.“ Sarah konzentrierte sich wieder auf den Augenblick und erkannte die Soldaten, die sie bei ihrer Ankunft überprüft hatten. Doch sie nickte nur zur Antwort und rauschte an den beiden vorbei. Flott ging sie weiter und erreichte nach einigen Minuten das Allianzkommando. Ihr kurzes Komm-Gespräch mit dem Lieutenant musste für Aufsehen erregt haben, denn obwohl sie zu früh angekommen war, wurde sie bereits erwartet. ‚Da hat sich der Admiral wohl extra für mich beeilt.’, dachte Sarah sich und unterdrückte ein unpassendes, sarkastisches Grinsen.

„Captain Farnsworth, folgen Sie mir bitte. Ich bringe Sie zu Admiral Belikov.“ Der Staff Lieutenant hätte dem Alter nach schon selbst ein Admiral sein können, doch vermutlich fehlte ihm die notwendige Offiziersausbildung um es weiter zu bringen. Obendrein fehlte es ihm scheinbar an militärischen Schneid, denn er hielt es nicht für nötig den Captain angemessen zu begrüßen. Sarah störte sich zwar nicht daran, aber sie registrierte es und war neugierig, wie er sich gegenüber dem Admiral verhalten würde.

„In Ordnung.“, entgegnete sie knapp und folgte dem Lieutenant zum Fahrstuhl. Außer den beiden stieg niemand zu und der Mann hatte offensichtlich auch kein Interesse an irgendeinem belanglosen Gespräch. So fuhren sie schweigend nach oben. Genauso wortlos führte er sie bis zu dem Büro des Admirals und klopfte. Nach einem „Kommen Sie herein“ aus dem Büro trat er ein und salutierte. ‚Aha!’ „Admiral, Captain Sarah Cathryn Farnsworth, wie befohlen.“, stellte er sie vor.

Sarah grüßte ihrerseits den Admiral mit einer Ehrbezeigung und nahm dann die Habtachtstellung ein. „Admiral!“ Belikov stand auf und erwiderte die Begrüßung: „Captain.“ Dann wandte er sich dem anderen Mann zu. „Danke Lieutenant. Wegtreten.“
Sarah fiel sofort auf, dass Admiral Belikov relativ klein war, aber trotzdem eine Aura von Autorität und Sicherheit ausstrahlte. „Danke, dass Sie so schnell gekommen sind, Captain. Nehmen Sie bitte Platz.“ Er zeigte auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und setzte sich selbst.

„Sie haben sicherlich viele Fragen und zu Ihrem Erfreuen habe ich auch viele Antworten.“, meinte er als Sarah sich setzte. Dabei musterte sie kurz das Büro des Admirals. Es war kleiner als sie erwartet hatte und enthielt bis auf ein Hologramm der Aconcagua keinerlei Dinge, welche Rückschlusse auf seine Persönlichkeit geben konnten. Die Einrichtung war ebenso der gehobene Standard der Allianz für die wichtigeren Offiziere. Entweder hatte der Admiral kein Interesse an persönlichen Dekor oder ihm wurde das Büro erst kürzlich zugeteilt.

„Ja. Ich muss zugeben, dass ich über die Versetzung etwas…“ Sarah suchte nach dem richtigen Wort. „…überrascht bin.“, fügte beendete sie den Satz diplomatisch. Doch der Admiral war nicht auf den Kopf gefallen. „Enttäuscht oder verärgert trifft es wohl eher.“, meinte er und schenkte ihr dabei ein warmes, aber auch wissendes Lächeln. „Sie werden sehen, dass Sie keinen Grund dafür haben.“ Sarah hob die Augenbrauen.

„Captain, was ich Ihnen jetzt mitteile entspricht der höchsten Geheimhaltungsstufe.“, fing Belikov an, beugte sich etwas vor und stützte seine Arme auf der Tischoberfläche ab. „Vor vier Tagen startete die SR-2 SSV Midway von der Citadel im Auftrag des Rats und der Allianz unterwegs um die letzen Überreste der Geth im Citadel-Raum aufzuspüren und zu eliminieren.“

Sarah war wirklich überrascht. Es wunderte sie, dass die Allianz so eng mit dem Rat zusammenarbeitete und zum zweiten Mal die modernste Fregatte mehr oder weniger aus der Hand gab. Genauso erstaunte sie, dass der Rat diese Mission einem Allianzraumschiff überließ. Möglicherweise waren auch diesmal Nichtmenschen, so wie bei der Normandy, mit an Bord.

Doch mit dem ersten Puzzlestein alleine konnte Sarah das Gesamtbild noch nicht erkennen, denn die Midway würde vermutlich irgendwo in der Attican-Traverse unterwegs sein, während sie hier auf der Citadel war. Ihr fehlte der Zusammenhang. Doch der Admiral ließ sie nicht lange warten.

„Ich will ehrlich zu Ihnen sein“, fuhr er fort. „Auf der Mission ist bisher so ziemlich alles schief gegangen, was nur schiefgehen kann. Bereits am ersten Tag wurden der Captain sowie der Bordarzt erschossen und der Pilot des Jägers desertierte mitsamt diesen. Ein weiterer Marine verlor sein Leben und seit gestern ist die erste Pilotin vermisst.“
Belikov seufzte. „Die Verluste sind sehr bedauerlich, aber das ist noch nicht alles. Vor einigen Stunden erhielt ich die Nachricht, dass es technische Probleme gibt, die eine Komplettüberprüfung der Fregatte absolut notwendig machen. In Kürze wird die Midway hier auf der Citadel eintreffen.“

Sarahs Blick verfinsterte sich, denn die Aufzählung des Admirals klang, als hätte er einen morbiden Actionfilm nacherzählt und der letzte Satz hatte den Zusammenhang zwischen ihrer Versetzung und der Unglücksfregatte verdeutlicht. Sie war sich sicher, dass sie den Job gar nicht wollte, denn entweder war es ein Himmelfahrtskommando, oder die Crew funktionierte nicht so, wie sie funktionieren sollte. Das brachte sie wieder auf die Idee, dass eventuell doch Aliens mit an Bord waren. Der Admiral wartete jedoch auf irgendeinen Kommentar ihrerseits, bevor er weiter sprach.

„Liege ich richtig mit der Annahme, dass meine Versetzung mich auf die Midway führt?“, fragte Sarah und dem Klang ihrer Stimme nach war eindeutig zu erkennen, dass ihr der Gedanke nicht gefiel.
Belikov nickte. „Sie erhalten das Kommando über die Midway.“, antwortete er ohne Umschweife und der Captain schluckte. „Und wenn ich ablehne?“, fragte sie vorsichtshalber nach, aber es war eine rhetorische Frage.

„Die Midway braucht einen kompetenten Captain, jemand der Kampferfahrung auf Fregatten hat, sich in der Galaxie auskennt und auch schon Einsätze selbst geplant hat. Was auch immer auf dem Raumschiff passiert ist, es muss wieder alles in Ordnung kommen. Die Mission ist zu wichtig, als dass die Vorfälle unbeachtet gelassen werden können. Sie sind ein der wenigen geeigneten Captains und außer Ihnen ist niemand schnell genug verfügbar.“

Es gab doch keine Chance gegen die Versetzung vorzugehen. Sarah presste die Lippen fest aufeinander, damit ihr kein Fluch entfuhr. Es dauerte einige Sekunden, bis sie sich wieder in Griff hatte. „Was passiert mit der Lyndanisse?“, wollte sie dann wissen.
„Sie erkennen also die Notwendigkeit Ihrer Versetzung?“, stellte der Admiral eine Gegenfrage, die Sarah nickend beantwortete. Im Grunde hatte sie überhaupt keine Wahl. „Nun, ich denke Commander Logan würde sich ganz gut als Captain machen.“ Abermals nickte der Captain. Anschließend atmete sie tief durch. ‚Wenn es schon so ist, dann mach ich das Beste daraus. Ärgern kann ich mich später noch genauso.’

„Was können Sie mir noch alles zur Mission oder zur Midway verraten?“, fragte Sarah. Es war an der Zeit alle Informationen zu sammeln, so sehr es ihr auch missfiel. „Zu der Fregatte gibt es nicht viel zu sagen. Modifizierte Normandy-Klasse, ausgestattet mit einem Jäger und einem Shuttle. Der Jäger ist jedoch gestohlen worden und das Shuttle vom Typ Columbia wurde durch eines von Typ Atlantis ausgetauscht – ein weiteres Vorkommnis des letzten Tages. Jedoch kann es sich als vorteilhaft herausstellen, denn das neue Shuttle trägt keine Allianz-Kennzeichnung.“

Innerlich schüttelte Sarah den Kopf. Gab es denn auf der gesamten Mission bisher nichts, das problemlos lief? Zumindest hatte die Sache einen Vorteil: Egal was auch immer sie anstellen würde, es konnte kaum schlimmer werden als bisher. Doch sie gab nicht direkt der Crew die Schuld an dem Debakel, da ihr bewusst war, dass immer wieder viele unglückliche Umstände zusammentreffen konnten.

„Die genauen Missionsparameter übermittle ich Ihnen noch, Sie können diese dann in Ruhe durchforsten. Aber die Mission erfordert eine gewisse Freiheit und somit stehen Ihnen viele Wege und Mittel zur Verfügung.“, fuhr der Admiral fort und ein weiteres Puzzleteil setzte sich an die richtige Stelle. Im Grunde würde sie die Einsätze selbst planen und anschließend ausführen müssen. Eine Vorgehensweise, welche sie bereits während ihrer Zeit im Flottillenstab der SSV Lyndanisse kennenlernte.

„Wie steht es um die Crew der Midway? Ich vermute der bisherige XO hat derzeit das Kommando, oder?“ Sarah hatte hunderte Fragen, aber der Admiral hatte bestimmt nur begrenzt Zeit und somit musste sie die wichtigsten Fragen zuerst stellen.
„Da wird es auch einige Umstellungen geben. Tatsächlich hat derzeit Lieutenant Commander Diaz das Kommando. Ein fähiger Mann, aber leider mit zu wenig Erfahrung auf Raumschiffen, darum wird er versetzt. Als Ersatz kamen zwei Personen in Frage. Staff Lieutenant Curtis, der COMD und Lieutenant Weber vom Geheimdienst.“ Augenblicklich machten Sarahs Gedanken einen Zeitsprung und sie erinnerte sich an Kathleen Benedict-Pera, die auch zum Allianz-Geheimdienst gehörte.

Doch Belikov bekam davon nichts mit und sprach weiter. „Die Entscheidung wurde jedoch vom Geheimdienst getroffen. Lieutenant Weber wird zum First Lieutenant befördert und erhält den Posten des XO.“ Sarah bemerkte, dass der Admiral irgendwie erleichtert wirkte. Entweder war er wirklich froh, dass ihm diese Entscheidung abgenommen wurde, oder mit dem COMD war etwas nicht in Ordnung. Es konnte sich dabei um eine Kleinigkeit handeln oder auch etwas sehr Wichtiges sein. Sarah entschied sich für den direkten Weg.

„Stimmt etwas mit Lieutenant Curtis nicht?“, fragte sie den Admiral. Diesmal hatte sie die Überraschung auf ihrer Seite, denn für einen Sekundenbruchteil weiteten sich die Augen des Admirals. „Sie haben ein gutes Gespür.“, meinte Belikov anerkennend. „Curtis ist ein ordentlicher Offizier, hart aber gerecht. Er war während der Testflüge der Aconcagua auf dem Schlachtschiff stationiert. Jedoch sagt mir mein Gefühl, dass sein Umgang mit den Crewmitgliedern, vornehmlich den weiblichen, ihn nicht für den Posten des XOs qualifiziert. Da er theoretisch jedoch den höheren Anspruch als Weber hat, könnte es hier zu Schwierigkeiten kommen.“

„Ah.“, meinte Sarah. Eine interessante Kombination, die ihrer Meinung nach zuviel Explosionsgefahr für eine so heikle Mission bot, aber irgendwie würde sie mit Curtis schon fertig werden. „Er wird damit zurechtkommen müssen. Gibt es noch Personen, über die ich unbedingt informiert sein sollte?“
„Lieutenant Commander Johnson wird als Unterstützung für die Einsatzplanung mit auf die Midway versetzt. Er ist ein taktisches Genie, doch prüfen Sie seine Strategien, bevor Sie sie anwenden. Sie erhalten natürlich noch die Dossiers aller Crewmitglieder.“ Admiral Belikov warf einen Blick auf seine Armbanduhr.

„Sobald die Midway morgen im Laufe des Tages eingetroffen ist werden Sie informiert und ihr offiziell zugeteilt. Ich stehe ihnen anschließend gerne noch für Fragen offen.“, schloss der Admiral ab und stand auf. Sarah wusste, dass sie somit alle weiteren Informationen aus den Nachrichten und Dossiers herausfiltern musste. Sie stand abermals auf, aber sie war noch nicht ganz fertig. „Admiral, ich stimme der Versetzung zu, jedoch nur unter der Bedingung, dass ich mir nach Abschluss der Mission aussuchen kann, ob ich auf der Midway bleibe oder zurück auf die Lyndanisse komme.“, forderte sie.

Belikov lächelte. „Wenn Sie die Mission erfolgreich abschließen können Sie sich so ziemlich jeden Posten aussuchen. Ich sagte ja, dass es keinen Grund zur Enttäuschung gibt.“ Er streckte ihr die Hand entgegen. „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg. Auf dass die Midway im zweiten Anlauf mehr Ansehen einfliegt.“ Sarah ergriff die ausgestreckte Hand und schüttelte sie. „Auf Wiedersehen Admiral. Danke für Ihre Zeit.“ „Keine Ursache. Auf Wiedersehen, Captain.“

Somit war das Gespräch beendet und Sarah machte sich auf den Weg zurück zur Lyndanisse. Mit dem Verlauf des Gesprächs war sie nur bedingt zufrieden. Sie hätte sich lieber gegen die Versetzung gewehrt, aber das war nicht möglich. Sie hatte nun noch einige Stunden um sich von ihrer Crew zu verabschieden und sich gleichzeitig auf die neue vorzubereiten. Wenn sie früher von dieser Versetzung erfahren hätte, dann wäre sie weniger lang auf der Erde geblieben und hätte mit der Crew der Lyndanisse noch etwas unternommen. Aber auch das war nicht mehr zu ändern.

In Gedanken versunken kehrte Sarah zur Lyndanisse zurück. Zumindest hatte sie einen Abend, um sich von der Crew zu verabschieden.

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Die Citadel: Allianzandockbucht ----->