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Kapitel 9: Die Ruhe vor dem Sturm

„Jane, Schatz ich muss ganz dringend mit dir reden. Bitte, Süße, hast du Zeit?“, Hannah Shepard klang wirklich sehr nervös. Jane zog eine Augenbraue hoch und setzte sich an die Kante ihres Bettes. Normalerweise brachte nichts ihre Mutter so schnell aus der Ruhe. Jane glaubte ja fest, dass sie diese Ruhe von ihrer Mutter irgendwie geerbt hatte. Soweit sie sich an ihren Vater erinnerte war immer er derjenige gewesen, der Jane zu Recht wies und ihr erklärte was es für schlimme Dinge da draußen auf den anderen Planeten gab.
„Klar. Was ist los, Mum?“, fragte sie und ging zu ihrem Schreibtisch. Sie würde wohl nie fünf Minuten in Ruhe auf ihrem Bett liegen können.
„Schatz, ich hatte vorhin ein… Gespräch mit Mordin. Er hat dir ja sicher erzählt, dass wir zusammen arbeiten. Gott, Jane, es ist schon wieder viel zu viel Zeit vergangen. Ich habe dir doch gesagt, dass du mich bitte öfter anrufen sollst.“, schimpfte ihre Mutter und Jane grinste nur schuldbewusst. Sie warf einen kurzen Blick auf ihren Kalender, in welchem wöchentlich ein Tag rot eingekreist war mit einer kleinen Notiz ‘Mum anrufen‘.
„Tut mir leid. Es ist alles immer so stressig und ich bin ständig unterwegs…“ – was stimmte, aber irgendwie nicht ganz so glaubwürdig klang – „…außerdem weißt du ja, ich muss die Galaxie retten, Reaper töten, uralte Feindschaften aus der Welt schaffen… das ist ein harter Job.“, Jane nippte an ihrem Kaffee und nahm ihr Datenpad in die Hand. „Außerhalb davon hättest du mich genauso gut kontaktieren können.“, fügte sie hinzu.
„Hat dich die VI nicht informiert, dass ich das mindestens zehn Mal erfolglos versucht habe?“
Jane schwieg wieder. ‘Mist‘, dachte Jane, ‘das hatte ich ganz vergessen‘.
„Gut, tut mir leid. Ich werde mich bemühen in Zukunft öfter auf meinen Kalender zu schauen. Was für ein Gespräch hattest du denn mit ihm? Wenn es um irgendwelche komplizierten Worte geht, die er benutzt hat, kann ich dir leider auch nicht weiterhelfen.“, erklärte Jane und öffnete eine Nachricht auf ihrem Datenpad.

Hey Schätzchen,
geht es dir besser? Hast du etwas herausgefunden? Miranda war so schnell weg… hast du heute Abend Zeit?
In Liebe,
Garrus

Jane lächelte, legte sich auf ihr Bett und schrieb ihm zurück. Es gefiel ihr, dass Garrus sie inzwischen auch öfter um Treffen bat.
„Schatz, ich mache mir Sorgen um dich.“, eröffnete ihre Mutter und Jane verdrehte die Augen. Wie oft hatte sie diesen Satz in den letzten zehn Jahren hören müssen? Ihr Vater hatte nie derart an ihr gezweifelt nur ihre Mutter hatte immer wieder nachgehakt ob das was Jane tat auch nicht zu gefährlich für sie war. Natürlich verstand Jane die Sorgen ihrer Mutter irgendwie, immerhin hatte sie tatsächlich schon viel einstecken müssen, aber andererseits sollte sie auch wissen, wie stark sie war und was sie schon alles vollbracht hatte. Jane war schließlich nicht aus Glas. Und seit ihr Vater gestorben war, war ihre Mutter noch um einiges schlimmer geworden.
„Mum, es geht mir gut.“, erwiderte sie nur gelangweilt und öffnete den Chat mit Garrus.
„…“, nachdem Jane keine Antwort mehr bekam, stand sie auf und ging verwirrt zu ihrem Terminal um die Verbindung zu überprüfen. „Mum, bist du noch da?“, fragte sie.
„Ja.“
Schweigen.
Jane seufzte. „Was ist los, Mum? Bist du wütend?“, fragte Jane und setzte sich auf den Stuhl um die Verbindung im Auge zu behalten.
„Nein… nicht wirklich. Ich…“
Es musste sich schon um etwas sehr Ernstes handeln, dass ihre Mutter so herumdruckste. War sie doch sonst nicht so. Janes Mutter war eigentlich eine gesprächige Person und umso überraschter und besorgter war Jane, dass sie nun so still war.
„Mum, ehrlich. Jetzt machst du mir ein bisschen Angst. Was ist denn los?“, das ständige Nachhaken ging Jane langsam auch gehörig auf die Nerven.
„Ich habe gehört, dass du mit dem… äh… mit Garrus zusammen bist.“
Oh Gott.
„… Und?“
Jane wusste absolut nicht was sie dazu sagen sollte. Wie sehr hatte sie sich gewünscht, nie mit ihrer Mutter darüber reden zu müssen! Und ausgerechnet heute, wo sie doch schon so viel verwirrende und teils auch komplizierte Dinge erfahren hatte müssen, musste ihre Mutter sie auch noch auf Garrus ansprechen. Was hatte Mordin ihr erzählt?
„Ich... ich halte das nicht für richtig, Jane.“, und da war er wieder. Dieser typische Mutterton, den Hannah Shepard ausgezeichnet beherrschte. Jane fühlte sich beinahe in ihre Jugend zurückversetzt und legte frustriert das Gesicht in die Hände.
„Mum, ich bin 29. Tut mir leid, aber ich glaube kaum, dass ich noch deine Erlaubnis brauche um mich mit jemandem zu treffen.“, erwiderte sie und konnte kaum glauben, dass sie das ihrer Mutter sagen musste.
„Das weiß ich doch, Schatz, und das erwarte ich auch gar nicht von dir. Aber… ein Turianer? Konnte es kein… ich hatte von einem Drell gehört und ich muss ehrlich sagen, dass mir das lieber gewesen wäre.“
Jane konnte kaum glauben, wie unverschämt ihre Mutter manchmal sein konnte. Und in diesem Moment dachte sie auch gar nicht daran, dass Hannah ja gar nicht wissen konnte, dass Thane tot war.
„Mum, du gehst zu weit.“, meinte sie wütend und brach die Verbindung ohne ein weiteres Wort ab.

Garrus wollte sich eben auf dem Weg zu Janes Kabine machen, und hatte schon fast den entsprechenden Schalter gedrückt, als er eine weitere Nachricht von seiner Partnerin empfing.

Sorry Liebling, ich muss mit Admiral Hackett sprechen. Vielleicht können wir uns später sehen? Ich schreibe dir.

Er seufzte und lehnte sich frustriert an die Wand des Fahrstuhls. Kurz bevor sich die Tür schloss, schlüpfte noch Kaidan herein. Allem Anschein nach hatte er auch mit Jane sprechen wollen, denn sein Finger kreiste einige Sekunden lang über dem Schalter zu Janes Kabine.
„Garrus.“, sagte der Major nur zur Begrüßung und der Turianer nickte bloß. „Wo wollen Sie denn hin? Sie haben gar keine Etage gedrückt.“, Kaidan warf Garrus einen fragenden Blick zu.
„Kommandozentrale.“, erwiderte er nach einigem Nachdenken, vielleicht könnte er Jane ja doch noch irgendwie abfangen.
„Sie wollten also nicht zu Shepard?“, fragte der junge Mann und betätigte den Schalter.
„Sie ist nicht in ihrer Kabine.“, antwortete der Turianer wissend.
„Achso. Na dann muss ich wohl auch zur Kommandozentrale.“, stellte er fest und grinste leicht. Die Normandy war mit großem Abstand das beste Schiff der Allianz und trotzdem war der Fahrstuhl extrem langsam. Am Schlimmsten war es natürlich wenn man dann auch noch mit jemandem drin steckte, den man gar nicht so gut leiden konnte. Und Kaidan und Garrus hatten sich noch nie so gut verstanden. Also schwiegen sie, obwohl Garrus das Gefühl hatte, dass Kaidan etwas auf der Seele brannte. Er seufzte resigniert.
„Wollen Sie mit mir über irgendetwas reden?“, fragte der Turianer und starrte strikt auf die Anzeige des Fahrstuhls.
„Über die Kultur und Traditionen der Menschen? Tut mir leid, aber da bin ich die falsche Adresse. Ich rede nicht so gerne mit Turianern.“, erwiderte Kaidan leicht bissig.
Garrus war erstaunt über den so aggressiven Unterton des Majors. War Kaidan doch sonst nicht so zu ihm.
„Habe ich Sie irgendwie beleidigt?“, fragte er deswegen und konnte immer noch nicht fassen, dass der Fahrstuhl so lange brauchte.
„Nein. Sie haben Jane verletzt.“, erwiderte Kaidan überraschend ehrlich. Dann hatte er also von dem Vorfall auf der Party Wind bekommen. Gut, Garrus hatte sich so wieso ein wenig gewundert, dass ihn bisher niemand sonst darauf angesprochen hatte. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Zaeed die Klappe hielt, wenn es darum ging irgendjemanden in die Pfanne zu hauen.
„Sie haben also davon gehört…“, erwiderte Garrus und er überlegte wie er aus dieser unangenehmen Situation nur wieder rauskommen sollte. Kaidan warf dem Turianer einen wütenden Blick zu.
„Wenn Sie mit ihr zusammen sein wollen, sollten Sie verhindern sich Feinde zu machen. Shepard bedeutet allen sehr viel. Und ich mag es gar nicht, wenn man Personen verletzt, die mir etwas bedeuten.“, meinte Kaidan immer noch bissig.
„Sollte das eine Drohung sein, Major?“, entgegnete Garrus kühl. Natürlich gab er sich auch selbst ein wenig die Schuld an Janes gesundheitlichem Zustand, der ganz offensichtlich noch ein wenig auf ihrer allergischen Reaktion beruhte, aber er würde sich von Kaidan ganz sicher nichts sagen lassen, der seine Jane auf Horizon einfach so hatte im Regen stehen lassen. „Erzählen Sie mir nicht, dass sie Ihnen etwas bedeutet, ich erinnere Sie nur zu gerne daran, dass Sie Jane den Rücken gekehrt haben, als sie Sie am meisten gebraucht hat. Ich war immer bei ihr und das werde ich auch immer sein. Daran können Sie mich nicht hindern. Denn im Gegensatz zu Ihnen liebe ich Jane und bin ihr treu. Vielleicht sollten Sie sich erst einmal Gedanken um Ihre eigenen Handlungen machen – Kaidan – bevor Sie mich kritisieren.“, sofort herrschte Stille in dem kleinen Aufzug und Kaidans Blick verriet, dass er unsicher war. Dann öffnete sich endlich die Türe und Garrus verließ den Aufzug. „Ach ja und, ich habe sie nicht verletzt. Sie hat allergisch reagiert. Das ist etwas vollkommen anderes. Ich würde Jane nie verletzen.“, Kaidan warf Garrus noch einen letzten giftigen Blick zu bevor er um die nächste Ecke bog.

„Commander Shepard.“, Admiral Hacketts Hologramm sah Jane stolz und zuversichtlich an. „Der Tiegel ist fertig gestellt. Wenn Sie so weit sind kann ich die Truppen bereit machen.“, erklärte er und Janes Blick sprach Bände. Jetzt war es also so weit. Sie hatten es geschafft. Sie hatten den Tiegel fertig gestellt und Jane würde nun endlich den letzten Kampf anführen.
„Admiral…“, begann sie. Obwohl sie in den letzten Monaten so oft an den Kampf gegen die Reaper gedacht hatte, und sich diesen Tag beinahe herbeigesehnt hatte, überkamen sie jetzt Zweifel. Wie sollte sie das nur schaffen? „Gut, wir wissen wo sich dieser Kai Leng aufhält. Wir fliegen hin und holen uns die Daten für den Katalysator. Wir werden höchstwahrscheinlich auf ziemlich heftigen Widerstand stoßen, aber das ist mir egal. Ich will diesen Mistkerl tot sehen.“, erklärte Jane und das Hologramm nickte zustimmend.
„Gut, dann gebe ich das so weiter. Viel Glück, Commander.“, damit verschwand Hacketts Bild und Jane war wieder allein in dem kleinen Kommunikationsraum. Sie gab die Daten und Koordinaten weiter an Joker und der bestätigte ihr, dass sie in 16 Stunden beim Hauptquartier von Cerberus sein würden.
„Jane?“
Überrascht wandte sie sich an ihren turianischen Freund. „Das mit dem Anschleichen hast du ja wirklich hervorragend drauf. Thane wäre sicher neidisch.“, meinte sie, wollte die Stimmung eigentlich auflockern sah aber, dass Garrus diese Bemerkung ernst nahm.
„Entschuldige.“, murmelte er und kam näher. Er hielt direkt vor ihr inne und nahm sanft ihre Hände in seine. „Ich weiß du… möchtest jetzt vermutlich noch ein wenig Ruhe haben aber… ich weiß nicht wie viel Zeit uns noch bleibt, Jane…“, er sah sie aus seinen traurigen blauen Augen an. Sie lächelte leicht und legte eine Hand an seine vernarbte Wange.
„Wir schaffen das schon.“, meinte sie, konnte sich aber nicht einmal selbst überzeugen. Sie hatten solange auf diesen letzten Kampf hingearbeitet und jetzt endlich war es so weit und sie hätte sich am liebsten in irgendeiner kleinen Ecke verkrochen.
Garrus lehnte seine Stirn an ihre. Jane schloss die Augen und horchte seinem gleichmäßigem Atem.
„Es sind noch 16 Stunden…“, sagte sie leise.
„Das ist nicht lange.“, erwiderte er und klang dabei ein wenig eingeschnappt. „Gibt es noch irgendetwas das du tun willst, bevor wir gehen?“, fragte er leise, legte seine Arme um ihre Hüfte und zog sie fest in seine Arme.
„Hm… ich weiß nicht. Es gäbe da ein paar Leute die ich noch gern auf den Mond schießen würde. Ansonsten... ich habe da von einem sehr attraktiven Turianer gehört.“, Jane grinste Garrus schelmisch an. Der ehemalige C-Sec-Officer lachte.
„Bevor wir damit anfangen… wen wolltest du denn auf den Mond schießen?“, fragte er und Jane hörte nicht zum ersten Mal diesen leisen, angenehmen Ton von ihm, der ihr jedes Mal einen wohligen Schauer über den Rücken jagte.
„Meine Mutter, Khalisa, teilweise auch diesen komischen unbekannten Absender der seltsamen Mail…“, sie seufzte als sie wieder an das Gespräch mit ihrer Mutter dachte und ihre kindische Reaktion einfach die Verbindung abzubrechen. Eigentlich war Jane nicht der Typ für solche Aktionen, aber ihre Mutter hatte sie mit einem Mal auf 180 gebracht. Wie konnte sie nur so rassistisch sein? Sie kannte Garrus ja nicht einmal.
„Wieso deine Mutter?“, fragte er irritiert und Jane bereute sofort, dieses Problem erwähnt zu haben. Sie wusste, dass er wenn es um Familie ging immer sehr empfindlich war.
„Ist nicht so wichtig…“, meinte Jane und küsste Garrus demonstrativ auf den Mund.
„Jane, Schätzchen, bitte, ich will nicht, dass du dich mit deiner Mutter streitest. Du wirst das unheimlich bereuen sollte irgendetwas schief gehen…“, er legte den Kopf schief. Garrus wusste nicht wieso aber Jane hatte ihm schon oft gesagt, dass sie es unheimlich süß fand wenn er das tat. Sie stöhnte, lehnte ihren Kopf wieder an seine Schulter und grummelte ein wütendes „Ja schon klar.“ vor sich hin. „Du kommst aber mit.“, beschloss sie, ohne dass Garrus sich auch nur ansatzweise hätte wehren können.

„Fertig. Großer Erfolg. Tiegel bereit zum Einsatz.“, Mordin strahlte mit der Sonne um die Wette. Hannah lächelte. Sie verstand vollkommen wieso der Salarianer so stolz war, hatte sie die Fertigstellung des Tiegels wirklich unheimlich viel Kraft, Zeit und Nerven gekostet. Erst dann bemerkte sie das grüne, blinkende Licht ihres Universalgeräts. Eine Nachricht von Jane.

Hey Mum,
Lass uns noch mal reden. Bitte. LG Jane.

Hannah atmete erleichtert aus. Sie hatte nach ihrem Gespräch mit ihrer Tochter noch mal im Extranet recherchiert. Es gab zahlreiche Artikel über die Beziehung von Jane und Garrus wobei man die Hälfte davon nicht ernst nehmen durfte, aber wenn auch nur ein Bruchteil der Behauptungen wahr waren, hatte Hannah Jane und insbesondere Garrus Unrecht getan. Sie hatte den Turianer völlig falsch eingeschätzt. Nachdem sie auch noch genauer mit Mordin über ihre Tochter und deren Partnerschaft gesprochen hatte war sie überzeugt davon, dass Garrus gar nicht so übel war.
„Hat Shepard immer beschützt. Ihr nie widersprochen. Hat in einem Gespräch mit mir erwähnt, dass er Shepard – Moment – liebt. Scheint ihm ernst zu sein. Würde ihn im Bezug auf Jane nicht provozieren.“, das war nur ein Teil von Mordins Beschreibung, aber es reichte Hannah um zu wissen, dass der Turianer gut für Jane war.
„Schatz, es tut mir leid.“, meldete sie sich. Sie hatte außerdem gelesen, dass der Drell bei dem Versuch den Rat zu beschützen umgekommen war. Noch ein Grund für eine Entschuldigung.
„Schon gut, Mum. Ich habe vielleicht auch ein wenig überreagiert.“, meinte Jane. „Außerdem… sollte ich dir vielleicht ein bisschen mehr über mich erzählen.“, lenkte ihre Tochter ein. „Also hast du noch Zeit für einen kurzen Aufenthalt auf der Normandy?“
„Ich würde dich liebend gern noch mal sehen, Süße, aber ich fürchte, dass das nicht möglich ist.“, Hannah wirkte wirklich unheimlich traurig darüber, Jane nicht mehr sehen zu können.
„Du schaffst das, meine Kleine, ich bin unheimlich stolz auf dich und ich will, dass du weißt, dass ich dich sehr liebe und bete, dass du diesen Kampf heil überstehst.“
Erst jetzt wurde dem Commander bewusst, dass diese Unterhaltung womöglich die letzte war, die sie mit ihrer Mutter führen würde. Jane merkte wie sich ihr Herz bei diesem Gedanken zusammenzog und ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend ausbreitete. Sie lehnte sich an Garrus und starrte weiterhin auf das Terminal.
„Mum, ich liebe dich auch…“, erwiderte sie und versuchte den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken. Jetzt war nicht der Zeitpunkt um über verpasste Gelegenheiten zu trauern. Sie würde ihre Mutter wiedersehen. Und es würde ihr gut gehen, daran musste sie einfach glauben. „Und wenn wir schon dabei sind, ich glaube, ich habe dir viel zu wenig von meinem Privatleben erzählt.“ Obwohl Jane bewusst war, wie sehr sie ihre persönlichen Konflikte, Beziehungen immer unter Verschluss gehalten hatte, fühlte es sich jetzt falsch an, nie mit ihrer Mutter darüber geredet zu haben. „Also…“, Jane schaltete auf Videoübertragung und ihre Mutter sah viel besorgter aus, als sie gedacht hatte.
„Sie sind also Garrus.“, Hannah lächelte ehrlich.
"Ja, ich hoffe ich enttäusche Sie nicht.", erwiderte der Turianer.
"Ganz und gar nicht. Inzwischen habe ich viel von Ihnen gehört. Und meine kleine Jane scheint ja auch sehr begeistert von Ihnen zu sein. Ich erwarte nur, dass Sie gut auf sie aufpassen werden. Sie ist alles was ich noch habe.", ihre Mutter klang wirklich überraschend ernst. Garrus erwiderte ihren Blick ebenso ernst und nickte.
"Selbstverständlich. Sie können sich auf mich verlassen.", versprach der ehemalige C-Sec-Officer. Hannah sprach noch ein wenig mit Garrus, erkundigte sich nach seinen Absichten und wurde schließlich früher als erwartet zurück zu Mordin gerufen. Sie verabschiedete sich mit einem unguten Gefühl und wünschte ihrer Tochter alles Gute. Sie bat Jane gut auf sich aufzupassen und legte auf.

Jane seufzte und lehnte sich leicht an Garrus. Umso länger sie hier stand, desto deutlicher wurde ihr wie wenig Zeit Sie eigentlich noch hatten. 16 Stunden. Genug um noch ein wenig zu schlafen. Wobei Jane gar nicht so sicher war ob sie jetzt überhaupt schlafen konnte. Zu viele Szenarien gingen ihr durch den Kopf und sie fragte sich immer wieder ob sie überhaupt eine realistische Chance hatten diesen Kampf zu gewinnen. Nach all den Niederlagen die sie in letzter Zeit hatte einstecken müssen fühlte sie sich für diesen letzten Angriff alles andere als bereit. Sie seufzte resigniert und musste unwillkürlich lächeln als sie Garrus' Arm um ihre Taille spürte. Er wusste dass es ihr schlecht ging und er wusste genau wie er sie beruhigen könnte.
"Willst du lieber allein sein oder soll ich dir noch etwas Gesellschaft leisten?", fragte er und sprach dabei mit einer so sanften Stimme, dass Jane sicher war, dass ihm jetzt niemand hätte widersprechen können.
"Du liest meine Gedanken.", erwiderte sie und gab ihm einen liebevollen Kuss auf den Mund. Garrus vertiefte diesen innigen Moment mit ihr und zog Jane noch etwas fester in seine Arme. Mehr als je zuvor wurde ihm bewusst, wie sehr er sie beschützen wollte. Diese starke, faszinierende Frau, die sein Herz mit Leichtigkeit erobert hatte. Er wusste, dass er, sollte er Jane verlieren, nie wieder jemanden finden würde, den er ansatzweise so lieben könnte wie Jane. Einen schönen Augenblick lang, in welchem die Beiden einfach nur eng umschlungen in dem kleinen Raum standen, fragte er sich, ob sie sich überhaupt bewusst war, wie sehr er ihr verfallen war.
"Jane...", setzte er an, vergaß dann aber schnell wieder was er eigentlich sagen wollte. Jane ließ kurz von ihm, nahm seine Hand und zog ihn Richtung Bett. Er erkannte an ihrem Blick, dass sie traurig war, und das gefiel ihm überhaupt nicht. Wenn er die letzten Stunden mit ihr verbrachte dann wollte er, dass sie glücklich war und nicht ständig an das dachte was noch vor ihnen lag. Garrus setzte sich an die Kante des Bettes und zog Jane auf seinen Schoß. Ihr Blick verriet wie verwirrt sie war.
"Jane, Schätzchen, ich wollte dich noch etwas fragen, bevor wir...", er musterte seine Partnerin mit einem seltsamen Blick. Eigentlich hatte Jane gedacht sie hätte sich an die Gestik der Turianer gewöhnt, und irgendwie hatte sie auch erwartet inzwischen zumindest fast immer aus Garrus‘ Blick lesen zu können, wie er sich fühlte. Aber in diesem Moment war sie mehr als nur ratlos.
"Okay.", Jane wusste zwar nicht was es jetzt noch zu besprechen geben könnte, aber sie merkte, dass er leicht besorgt war. Hoffentlich bat er sie nun nicht in diesem letzten Kampf nicht zu viel zu riskieren, denn sie wusste, dass sie ihm das nicht versprechen könnte.
"Ich habe mich noch ein wenig über die Menschen informiert und...", er setzte Jane kurz auf das Bett, so als würde sie nichts wiegen und ging nochmal zur Türe. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass er etwas mitgebracht hatte.
"Genaugenommen gibt es zwei Dinge...", Jane verfolgte Garrus mit einem neugierigen Blick als er sich wieder neben sie setzte. Er hielt ein kleines Kästchen in der einen, und ein anderes verziertes Gefäß in der anderen Hand. Hätte Jane es nicht besser gewusst hätte sie gesagt, dass es turianisch ist. "Das ist... Unsere Clanfarbe. Normalerweise gehört ein bestimmtes Ritual dazu, wenn sich ein Turianer mit seiner Partnerin... Verbindet. Aber ich bin mir nicht mal sicher ob wir den morgigen Tag überleben werden, also...", bevor Garrus weiterreden konnte legte Jane ihm einen Finger auf den Mund.
Sie konnte gar nicht fassen, was er da eben gesagt hatte. Soweit sie wusste, gingen Turianer diese besondere Verbindung nur ein, wenn sie auf immer und ewig zusammen sein wollten. Und das war um einiges ernster als das Heiraten bei Menschen. Und Jane hatte vor wenigen Wochen noch daran gezweifelt dass er sie liebte? Das konnte sie jetzt kaum mehr glauben. Sie brauchte einen Moment um ihre Sprache wieder zu finden.
"... Wenn du nicht möchtest, kann ich das verstehen...", fügte Garrus nach einigen Minuten des Schweigens hinzu. Anscheinend glaubte er wirklich, dass er sie damit eingeschüchtert hatte, dabei wusste sie einfach nur nicht wie sie ihm antworten sollte.
"Nein oh Gott Garrus, ich will doch, ich bin nur so... Ich hatte gar nicht damit gerechnet.", erwiderte sie schnell und starrte auf das kleine blau-graue Gefäß. Es wirkte mit den vielen Verzierungen unheimlich wertvoll.
"Es gäbe auch noch eine andere Möglichkeit...", er öffnete das andere kleine Kästchen und dann kamen Jane endgültig die Tränen. Er wollte sie heiraten?
"Jane?!", fragte er fast panisch, mit schlechtem Gewissen, vielleicht etwas Falsches gesagt oder getan zu haben. Sie lachte leicht und konnte gar nicht fassen wozu ihr turianischer Freund alles im Stande war. Garrus strich ihr sanft über die feuchte Wange. "Alles in Ordnung?"
Jane nickte leicht. "Ja... Ich... Ich weiß nur gar nicht was ich sagen soll...", sie kam sich unheimlich blöd vor, wie sie ihm da gegenüber saß und gar nicht aufhören konnte zu weinen.
"Weißt du, ich bin jetzt auch ein bisschen planlos. Eigentlich hatte ich alles Mögliche mit einkalkuliert, aber nicht, dass du jetzt plötzlich anfängst zu weinen.", er strich Jane eine nasse Strähne hinters Ohr. "Ist die Vorstellung so schlimm, mich zu heiraten?", fragte er scherzhaft und lachte leicht. Jane lächelte.
"Nein, ganz im Gegenteil...", murmelte sie und schniefte. Garrus ging zu ihrem Schreibtisch und reichte ihr ein Taschentuch.
"Also... Ist das ein 'Ja, ich will'?", fragte er und wirkte dabei extrem unsicher.
Jane nickte nur und fing wieder an zu schluchzen. Nie hätte sie gedacht wirklich mal jemanden zu treffen den sie heiraten wollte. Als sie damals zum Militär gegangen war, hatte sie das getan in dem Glauben sich für immer zu verpflichten. Sie hatte nie daran gedacht irgendwann mal eine Familie zu gründen, und eigentlich hatte sie das auch nie gewollt. Aber seit sie mit Garrus zusammen war, hatte sie immer öfter an Kündigung gedacht. Dass sie sich einfach irgendwo mit ihm niederließ. Vielleicht auf der Citadel, oder Palaven, oder vielleicht sogar die Erde...
"Ich liebe dich...", murmelte sie und ließ sich von ihm küssen.
Er nahm den Ring aus dem Kästchen und beäugte ihre Hand einen Moment lang. Menschen hatten unnötig viele Finger, dachte er kurz, an welchem kam nochmal der Ring? Jane bemerkte sein Zögern und lächelte wieder. "Der Zweite von links."
Garrus tat so als hätte er das gewusst und streifte ihr sanft den Ring über den Finger. "Ich habe gelesen, dass dazu eigentlich auch so eine Art Ritual gehört..."
"Das ist aber auch in Ordnung. Dann sind wir vorerst mal eben nur verlobt. Wir können ja nach dem Kampf richtig heiraten.", schlug sie vor.
"Und dich in meinem Clan aufnehmen...", fügte er dazu.
"Ja.", erwiderte sie und Garrus glaubte, Jane noch nie so glücklich Lächeln gesehen zu haben. "Jetzt habe ich einen guten Ansporn gesund zurück zu kommen.", meinte sie und lachte leicht.
"Den hättest du vorher auch schon haben sollen.", erwiderte Garrus grimmig zwischen zwei Küssen.

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Kapitel 10: Das Cerberus Hauptquartier

Eigentlich war es nicht das erste Mal, dass EDI Jane begleitete. Allerdings schien sie trotzdem irgendwie nervös zu sein. Der Commander dachte daran, dass es vielleicht auch daran liegen könnte, dass EDI in dem Cerberus-Hauptquartier erschaffen wurde. Aber EDI schien etwas anderes zu beunruhigen. Sie flogen mit einem Shuttle direkt in den Hangar der Cerberus Basis. Nachdem Jane mit EDI und Garrus die ersten feindlichen Truppen ausgeschaltet hatte, hackte die VI sich in das System und ließ einen der Cerberus Jäger direkt gegen die Wand fliegen. Somit öffnete sie einen direkten Durchgang zum Kern der Basis. Jane und Garrus waren beeindruckt von EDIs Idee und folgten ihr tiefer in das Innere des Gebäudes.
Admiral Hackett hielt Funkkontakt mit dem Commander. Er hatte einige seiner Truppen den Cerberus-Angreifern auf den Hals gehetzt um sie abzulenken und Jane und ihrem Trupp eine reale Chance zu geben bis zu dem Unbekannten vorzudringen.
Während EDI die Verschlüsselung der nächsten Tür überbrückte, wurde Jane ganz mulmig. Irgendetwas stimmte hier nicht. Das alles war verdächtig einfach und die Art wie der Unbekannte seine Leute wie Kanonenfutter behandelte ging ihr auch gehörig gegen den Strich. Garrus bemerkte Janes plötzliches Schweigen und warf ihr einen besorgten Blick zu.
"Alles in Ordnung?", fragte der Turianer und nachdem Jane nicht reagierte, strich er ihr behutsam über die Wange. "Schätzchen?"
Der Commander wandte den Blick an ihren Partner. "Entschuldige. Ja, es ist alles in Ordnung. Ich habe nur eben an Hackett gedacht...", meinte sie leise und war in Gedanken ganz bei dem Admiral. Sein Ablenkungsmanöver funktionierte. Die Cerberustruppen waren viel zu sehr damit beschäftigt Admiral Hacketts Angriffe abzublocken. Vielleicht hatte Jane auch deswegen so leichtes Spiel. Trotzdem bekam sie das Gefühl nicht los, dass irgendetwas an dieser Sache faul war.
"Ich hab's.", meldete sich EDI zu Wort.
Sie folgten der Zerstörung des Jägers, kämpften sich durch weitere Cerbetustruppen und betraten schließlich einen großen Raum. Der Aufgang führte über eine Art Gerüst, das um die Überreste des Menschenreaper gebaut worden war.
"Unglaublich, dass sie von diesem Mistding so viel bergen konnten... Die ganzen Kolonisten sind darin verarbeitet. Und damit kann der Unbekannte leben?", Garrus schüttelte angewidert den Kopf. Er hatte Recht, fand Jane. Das Ganze war moralisch total verwerflich und einfach nicht richtig. Jane fühlte sich unwohl in der Nähe dieses Monsters, schließlich hatten sie vor einigen Monaten noch gegen dieses Ding kämpfen müssen.
"Wir sollten weiter.", meinte Jane so ruhig wie möglich und führte ihren Trupp weiter nach oben.
Einige weitere Kämpfe später kamen sie zu einem schmalen, langen Gang, der steil nach oben führte.
Als sie den Raum betraten, hatte Jane eigentlich fest damit gerechnet gleich dem Unbekannten gegenüber zu stehen, aber stattdessen stand da nur ein leerer Stuhl inmitten des Raums mit perfektem Blick auf die glühende Sonne des Systems.
EDI begann sofort die Datenbank zu hacken, sie suchte nach den übrigen Daten des Katalysators und kurz darauf erschien das Hologramm der Protheaner-VI von Thessia.
"Sie kämpfen also immer noch.", stellte die beschädigte VI fest.
"Ja und wir brauchen ihre Hilfe. Sie wissen doch, was der Katalysator ist.", sagte Jane ernst.
"Der Katalysator ist die Citadel.", antwortete das Hologramm.
Jane zog irritiert beide Augenbrauen hoch und ein Blick auf ihre ahnungslosen Begleiter verriet ihr, dass diese ebenso verwirrt waren wie sie. Was wollte der Protheaner ihr damit sagen?
"Was?", fragte Jane also einfach nur. Einen Moment lang ging ihr der Gedanke durch den Kopf, dass der Unbekannte die VI vielleicht umprogrammiert hatte um sie in die Irre zu führen. Aber andererseits konnte er dafür doch gar nicht mehr die Zeit gehabt haben, oder?
"Sie können den Tiegel nur mit der Citadel als Waffe nutzen.", erklärte der Protheaner.
"Sie wollten die Reaper mit ihren eigenen Waffen schlagen.", meinte EDI erstaunt.
"Ja, aber unser Zyklus hatte den Tiegel nicht fertigstellen können.", ergänzte der Protheaner.
"Und das soll wirklich funktionieren? Tut mir leid, aber es fällt mir wirklich schwer das zu glauben...", meinte Jane und warf der VI einen zweifelnden Blick zu. Jane wollte diesen Kampf gewinnen, um jeden Preis, aber sie würde nichts riskieren was sie alle umbringen könnte.
"Ja. Der Unbekannte ist aber bereits auf der Citadel. Er hat die Reaper informiert und sie haben den Katalysator in ein anderes System gebracht, das sie Sol nennen.", erklärte er weiterhin.
"Sol? Ist das nicht das System der Menschen?", fragte Garrus und überlegte warum die Reaper ausgerechnet dort anfangen wollten. Waren die Kroganer oder die Turianer nicht eine viel größere Gefahr?
"Die Erde.", sagte Jane und stellte mit Schrecken fest was ihre Handlungen gegen die Reaper ausgelöst hatten. Sie wollten die Menschheit als erstes ernten, weil Jane sie provoziert hatte. Und viel Zeit würde ihr nicht mehr bleiben, den Heimatplaneten ihrer Spezies zu retten.
Plötzlich erlosch das Hologramm.
"Hier ist Schluss.", Kai Lengs raue Stimme hallte durch den Raum und Jane spürte sofort Wut in ihr aufsteigen. Dieser Mann hatte Thane auf dem Gewissen. Am liebsten hätte sie ihm sofort einen sauberen Kopfschuss verpasst, aber da war er auch schon direkt vor ihr, mit seinem Schwert direkt auf sie gerichtet. Jane ließ ihre Universalklinge hervorschnellen und blockte den Angriff ab. Garrus und EDI bedeckten ihren Feind sofort mit Schüssen. Kai Leng vollführte einen Salto rückwärts und Jane hatte keine Ahnung wie das geschah, aber plötzlich befanden sich überall um sie herum Phantome und andere Angreifer von Cerberus. Jane konzentrierte sich jedoch nur auf Kai Leng. Der Gedanke an ihren engen, toten Freund war permanent präsent, sodass sie ihren Feind ständig auf den Fersen war. Dieses Mal würde er nicht davon kommen. Sie würde es hier und jetzt beenden. Für Thane. Für Kolyats Vater. Das war sie ihm schuldig.
Der Cerberusagent war schnell, wich Janes Kyrostrahl und anderen biotischen Angriffen aus, allerdings war er nicht stark genug um sich gegen Jane und ihrem Squad zu behaupten. Jane warf ihn mit ihrer Biotik gegen die Wand. Keuchend und blutend ging Kai Leng zu Boden.
Jane fühlte sich gut, sehr gut sogar. Sie wollte, dass dieses Schwein litt bevor er starb und sie war kurz davor ihm mit seinem eigenen Schwert die Kehle durchzuschneiden, als Garrus sie daran erinnerte warum sie eigentlich hier waren. Sie setzte sich auf den Stuhl des Unbekannten und lud die Daten über den Katalysator herunter. Gleichzeitig schickte sie Admiral Hackett eine Nachricht über die Citadel. Sie wusste dass Kai Leng noch am Leben war und aus den schlurfenden, leisen Geräuschen schloss sie, dass er noch einen letzten Versuch unternehmen würde, sie zu töten. Und kurz bevor sein Schwert Jane traf, blockte sie seinen Angriff mit ihrer Universalklinge ab und rammte ihm diese in die Brust.
"Das war für Thane du Hurensohn!", zischte sie und Kai Leng ging gurgelnd und sich vor Schmerz krümmend zu Boden. Jane musterte den toten Mann noch einen Moment lang und spürte ein seltsames Bedürfnis noch einmal ganz sicher zu gehen dass er auch tot war. Sie zielte mit ihrer Waffe auf seinen Kopf und verharrte in der Bewegung als Garrus sanft seine Hand auf ihren Arm legte.
"Du weißt doch sicher noch was Thane immer gesagt hat, oder?"
Jane wusste worauf der Turianer anspielte. Der Drell hatte ihr erzählt warum er immer so sauber getötet hatte. Selbst als er auf seinem Rachefeldzug für seine Frau viele Leben genommen hatte, hatte er ihre Leichen nie schlimm zugerichtet. Es war ein sauberer Angriff gewesen, nie mehr. Jane verstand was Garrus ihr sagen wollte. Thane würde nicht wollen, dass sie ihre Wut an dem toten Kai Leng ausließ.
Jane ließ ihre Waffe sinken und starrte voller Hass auf den toten Körper herab. Er hatte so einen schnellen Tot nicht verdient, dachte sie und merkte, wie ihr eine heiße Träne über die Wange lief.
"Jane...", Garrus versuchte sie in seine Arme zu nehmen, aber Jane stieß ihn sanft weg, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und ging zurück zu dem Terminal.
"Sie werden die Reaper nicht besiegen können.", meinte die Protheaner VI wieder als EDI sie erneut aufrief. "Sie werden die Menschen ernten."
"Ich halt sie auf.", sagte Jane fest entschlossen und immer noch voller Wut.
"Nachdem die Reaper von ihrem Vorhaben wissen ist die Chance extrem gering dass sie-"
"Ich halt sie auf.", widerholte Jane und verließ ohne ein weiteres Wort die Cerberusbasis.

Zurück auf der Normandy ging Jane direkt in den Kommunikationsraum, obwohl Garrus sie bat noch kurz mit ihr unter vier Augen zu sprechen. Jane meinte nur sie hätte keine Zeit und sobald sie sich alleine in dem kleinen Kommunikationsraum widerfand überkam sie ein schlechtes Gewissen. Garrus machte sich Sorgen um sie und er wusste, dass ihnen kaum noch Zeit blieb miteinander zu reden und was tat sie? Sie stieß ihn von sich. Seufzend schüttelte sie den Kopf und nahm sich vor noch einmal kurz mit ihrem Verlobten zu reden bevor sie runter auf die Erde gehen würden.
Bevor sie länger darüber nachdenken konnte, meldete sich auch schon Captain Anderson zu Wort
"Was ist passiert, Commander?", fragte er und Jane hörte die Besorgnis in seinr Stimme. Für den Captain war sie immer wie eine Tochter gewesen, so wie er für sie immer ein besserer Vater war.
"Die Reaper wissen, dass wir wissen, dass sie wissen was wir vorhaben.*", erklärte Jane und war selbst ein wenig erstaunt wie kompliziert ihre Erklärung klang. Vermutlich war sie einfach nur noch etwas zu sehr durch den Wind um jetzt eine bessere Erklärung abgeben zu können. Aber Anderson kannte Jane gut genug und verstand was sie ihm sagen wollte.
"Das ist schlecht, spielt jetzt aber keine große Rolle mehr. Wir werden trotzdem gegen sie kämpfen und wir werden siegen, auch wenn sie wissen was wir planen. Shepard, wir sehen uns in London. Tun Sie mir den Gefallen und seien Sie vorsichtig. Ohne Sie ist der Kampf gleich verloren. Und ich auch.", bat der Captain und Jane war ganz gerührt von seinen Worten. Sie versuchte zu Lächeln.
"Selbiges gilt für mich Anderson.", erwiderte sie und hätte nun alles gegeben um ihren Captain zu umarmen. Das Hologramm nickte zustimmend und mit einem letzten "Viel Glück" erlosch es.
Jane machte sich auf den Weg zu den Shuttles. Sie machte noch einen letzten Halt auf dem Crewdeck und ging geradewegs zu Garrus auf den Gefechtsstand.
Er stand wie immer an dem Terminal und kalibrierte vermutlich die Waffen der Normandy. Er reagierte überhaupt nicht und das verstärkte ihr schlechtes Gewissen enorm. Jane verschloss die Türe manuell, sie wollte nicht, dass jetzt noch irgendjemand reinkam und sie störte. Dann lehnte sie ihren Kopf an seine Schulter und seufzte. "Es tut mir leid...", murmelte sie und hoffte, er würde ihr nun irgendeine beruhigende Antwort geben.
Garrus tat nichts, er stieß sie nicht weg, nahm sie aber auch nicht in den Arm, was sie nun wirklich gebraucht hätte. "Garrus...", sie wollte nicht so in den letzten Kampf gehen. Gestern hatten sie noch so einen schönen Abend miteinander verbracht und ausgerechnet jetzt musste sie das zu Nichte machen.
Der Turianer spürte Janes Anspannung und Unsicherheit. Er wusste nicht was er sagen sollte, schließlich war sie diejenige, die nicht reden wollte. Nun gab er ihr diese Distanz und jetzt wollte sie doch auf einmal reden? Garrus merkte, dass er wohl noch so viel über Menschen lesen konnte, er würde aus ihnen nie schlau werden. "Ich dachte du wolltest nicht mit mir reden.", erwiderte er und klang dabei beleidigter als er es beabsichtigt hatte. Jane zuckte etwas zusammen.
"Doch.", sie versuchte ihre plötzliche Sensibilität zu ignorieren. Normalerweise war sie nicht so nahe am Wasser gebaut. Normalerweise stritt sie aber auch nicht mit ihm. Dabei fiel ihr auf, wie harmonisch es zwischen den beiden bisher gelaufen war. Tatsächlich konnte sie sich an keine einzige Auseinandersetzung mit dem Turianer erinnern.
Und endlich drehte er sich zu ihr und legte sanft seine Hand an ihre Wange. "Jane, wir kämpfen alle gemeinsam gegen die Reaper. Du bist nicht allein. Bitte, mach das nie wieder.", meinte er ernst und Jane wusste, das er meinte, nicht wieder von ihr weggestoßen zu werden.
"Tut mir leid.", entschuldigte sie sich und kuschelte sich an ihn. Er nahm seine Arme um sie.
"Du solltest dich nicht von deiner Wut leiten lassen, Jane. Wenn du so weitermachst... Dann nimmt das alles kein gutes Ende.", meinte er und wünschte sich in diesem Moment sie küssen zu können. Schade, dass Turianer so etwas nicht richtig konnten. Zumindest nicht so wie Jane es konnte, mit ihren sanften, weichen Lippen.... Er merkte schnell, dass er mit seinen Gedanken zu diesem vollkommen unpassenden Moment abdriftete und schüttelte leicht den Kopf.
"Alles in Ordnung?", fragte Jane und jetzt wo er sie wieder so ansah, ihren heißen Atem auf seinem Gesicht spürte, rief sie seine unangebrachten Gedanken gleich wieder zurück. In diesem Augenblick verfluchte er Mordin, dass er ihm damals gesagt hatte, dass Menschen und Turianer ähnlich in Stresssituationen reagierten. Wenn er das nicht gewusst hätte, hätte er sich vermutlich besser beherrschen können, er hätte Jane nicht so eng an sich gepresst, ihre wilden Küsse nicht erwidert, ihr nicht unter ihr Shirt gefasst, ihrer weichen Haut und ihren fordernden Küssen einfach wiederstanden. Aber der Gedanke an das amüsierte Grinsen des Salarianers als er vom gemeinsamen Stressabbau gesprochen hatte, machte die Situation für Garrus nicht gerade leichter. Und dass Jane auch noch alles erwiderte, gab ihm den Rest. Er aktivierte schnell die Tastensperre auf dem Terminal und setzte Jane darauf. Obwohl sie erst letzte Nacht miteinander geschlafen hatten, schien es als konnte er nicht genug von ihr kriegen.
Jane keuchte als er sich zwischen ihre Beine stellte und ihr sanft in den Hals biss. Inzwischen war sie sich seine ungezügelte Leidenschaft gewöhnt und sie gab sich ihm vollkommen hin. Sie genoss ihre Zweisamkeit so sehr, dass sie komplett vergaß eigentlich schon längst im Hangar sein zu müssen, wo James mit Cortez vor dem Shuttle stand und sich fragte wo sein Commander wohl blieb...

"Ernsthaft Esteban, sollten wir Lola nicht mal anfunken? Sie wollte doch schon vor 15 Minuten hier sein.", James starrte unzufrieden auf die Uhr seines Universalgeräts. Er wollte so schnell wie möglich runter auf die Erde und kämpfen, schließlich zwickte seine Ausrüstung hier und da etwas unangenehm und er wollte eigentlich sofort wieder da raus.
Steven Cortez zog ebenfalls besorgt eine Augenbraue hoch. Es war absolut unüblich für den Commander zu spät zu kommen. Und dann ausgerechnet jetzt, wo es doch wirklich um mehr ging, als sonst. "Vielleicht haben Sie Recht...", meinte er und tippte auf seinem Universalgerät herum. Nachdem er Shepard allerdings nicht erreichen konnte, schlich sich der bittere Gedanke in seinen Hinterkopf, dass sie vielleicht aus Angst vor den Reapern nicht kam. Cortez verwarf diesen Gedanken jedoch gleich wieder, immerhin sprach er hier von Shepard, die mutigste und stärkste Frau der ganzen Galaxie. Sie würde vor keinem Kampf Halt machen. "Wen wollte sie denn noch mitnehmen?", fragte Steven und las sich die Kontaktliste der Normandy durch. Vielleicht könnte er das zweite Squadmitglied erreichen, dass komischerweise auch noch fehlte.
"Das fragen Sie noch, Esteban? Natürlich Garrus... Vermute ich zumindest. Er war doch bisher immer dabei.", und da hatte James eine Eingebung. Der Commander würde doch nicht etwa jetzt noch auf dem Gefechtsstand mit Garrus...? "EDI können Sie mir sagen wo sich Shepard eben aufhält?", fragte James und machte sich schon auf den Weg zum Aufzug. Nicht zu fassen, sie wollten jetzt endlich die Erde zurück erobern und Shepard dachte nur an Sex? James schüttelte fassungslos den Kopf. Das durfte einfach nicht wahr sein.
"Natürlich Lieutenant. Shepard befindet sich gerade auf dem Gefechtsstand mit Officer Vakarian.", antwortete die synthetische Stimme und James nuschelte nur ein genervtes "Ich wusste es" bevor sich die Aufzugtüre hinter ihm schloss und einen verwirrten Steven Cortez zurück ließ.
James ignorierte Kaidan, der ihn noch fragte, was er denn noch auf der Normandy zu suchen hatte, sollte er nicht schon längst mit dem Shuttle unterwegs sein? Er beachtete auch Liara nicht, die ihn ebenfalls mit einem verwirrten Blick musterte.
Die Türe zum Gefechtsstand war verschlossen, natürlich. James war nun wirklich nicht der beste Techniker, und so brauchte er auch eine Weile, bis er das Abschließsystem der Tür überbrückt hatte. Und als sich die Türe endlich öffnete stand er vor Jane, deren zerzaustes Haar so ziemlich alles sagte, und vor Garrus, der ihn komischerweise extrem gelassen ansah und im Gegensatz zu Jane, die leicht außer Atem war nicht ansatzweise so überrascht wirkte. Erstaunlicherweise waren beide angezogen und James fand sie auch nicht in irgendeiner absurden Stellung wieder. Eigentlich verriet nur Janes momentaner Zustand was die beiden eben noch getrieben hatten.
"James… Ich weiß wir sind zu spät. Ich hole nur schnell meine Ausrüstung, dann können wir gehen.", meinte der Commander unschuldig, gerade so als hätte sie eben nicht noch wilden Sex mit ihrem turianischen Partner gehabt. James verschlug es die Sprache. Für wie dumm hielt sie ihn eigentlich?
"Ich begleite Sie zu den Shuttles, Lieutenant.", meinte Garrus zu allem Überfluss noch, so als wäre er schon die ganze Zeit startklar gewesen und als hätte er sich nur noch kurz von Jane verabschieden wollen. James war unfähig irgendetwas zu sagen. Jane ging an ihm vorbei, wohl wissend, dass James als auch Garrus ihr nachsahen und verschwand dann im Aufzug.
"Sie haben doch eben noch...", meinte James verwirrt darüber, wie schnell die Beiden anscheinend gewisse Vorkehrungen getroffen hatten um nicht von ihm in flagranti erwischt zu werden.
"Was, Vega?", fragte Garrus und tat überzeugend so, als hätte er keinen blassen Schimmer wovon der Lieutenant sprach. James schüttelte den Kopf. Das war ja mal wieder typisch...

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Ich hoffe die Kapitel gefallen wieder