Name: Oliver Williams/Frank Schneiderholm
Zugehörigkeit: freier Charakter/Insasse der „Asylum“
Rasse: Mensch
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Streichhölzer wurden entzündet – Plural deswegen, weil der Raucher sich präventiv gleich zwei geschnappt hatte, um sich den Glimmstängel anzustecken – und augenblicklich stieg eine dicke Rauchwolke in die Luft, nachdem der erste Zug von der Filterlosen genommen wurde. Eine schüttelnde Bewegung des Handgelenks, um die Hölzer zu löschen, ein nebensächlicher Wurf ebenfalls aus dem Gelenk, der sie irgendwo unter ein Wartungsgitter fallen ließ, ehe die nun freie Hand lässig in die Hosentasche geschoben wurde. Der Raucher, dessen Gesicht von dicken Schwaden des Rauches umhüllt war, nannte sich Frank Schneiderholm, Oberleutnant der deutschen Wehrmacht. Er stand mitten in einem Gang, der so dermaßen ereignislos eingerichtet war, dass selbst ihm die Worte dafür fehlten. Weder nach rechts, noch nach links gab es eine Abzweigung und die einzige Tür, ausgenommen der an den jeweiligen Enden des Gangs, war eine Aufzugtür, die sich gerade hinter dem Offizier schloss.
„Noch immer kein Wachsoldat“, brummte Frank und zog erneut an seiner Zigarette, „vielleicht wird das Lager ja angegriffen.“
Frank Schneiderholm war natürlich kein richtiger Offizier, genau so wie das auch überhaupt nicht sein Name war. Den spärlichen Informationen nach, die der Leitung dieses „Lagers“, nämlich der fliegenden Irrenanstalt „Asylum“ zu seiner Person vorlagen, war sein Name Oliver Williams, was dieser jedoch vehement verneinte und darauf bestand, sich in sowjetischer Kriegsgefangenschaft zu befinden. Wie er jedoch gefangen genommen wurde oder was sich vor seiner Überweisung auf die Asylum abgespielt hatte, konnte der Patient nicht beantworten. Er schob es auf einen Granatsplitter, der ihm von einem russischen Mörsertrupp um die Ohren gejagt wurde und der auch die Ursache für diese grässlich juckende Narbe an seinem Hinterkopf gewesen sein soll.
„Wie zum Teufel bin ich hierher gekommen?“, fragte sich Frank und kratzte sich mit der Zigarettenhand am Hinterkopf. Es war ihm egal, dass die sowjetischen Sanitätsoffiziere ihm das verboten hatten, denn das ständige Jucken machte ihn schier wahnsinnig. Genau wie die Tatsache, dass er sich an die letzten Stunden nur sehr bruchstückhaft erinnern konnte. Er wusste, dass er mal wieder ein Gespräch mit Doktor Xavier, anscheinend ranghöchster Sanitätsoffizier dieses Lagers, geführt hatte, jedoch konnte er sich nur an Fragmente davon erinnern und nicht einmal das Ende des Gesprächs, ehe er sich erst wieder in seiner Zelle auf seinem Bett wiederfand, direkt auf eine sperrangelweit offen stehende Zellentür starrend und schließlich zögerlich aufstehend. Er war dann noch etwas benommen durch den völlig leeren Zellentrakt geirrt, hatte wieder einen Filmriss und hatte sich dann in dem Aufzug hinter ihm wieder gefunden, dessen Türen, die sich direkt vor ihm geöffnet hatten, das erste waren, was er wirklich klar im Geiste hatte. Frank hasste es, wenn das passierte, nämlich wenn er nicht klar bei Verstand war und erst wieder Stunden später irgendwo zu sich kam, doch er wusste es besser, als diesen roten Ärzten zu vertrauen, die behaupteten, dass das zu seinem psychischen Krankheitsbild passte. Diese Kittelträger hatten doch noch nie die schiere Gewalt des Kampfes miterlebt und dementsprechend konnten sie gar nicht wissen, was sie selbst aus gestandenen Männern machen konnte. Das erbarmungslose Donnern des Stahlgewitters, die niederdrückende Gewalt der Gewehrgarben, das Fauchen tonnenschwerer Panzermotoren… hinzu kamen die Gräuel des Krieges, zu denen Männer getrieben wurden, deren Tage erfüllt waren von Schmerz, Zorn und Verzweiflung – über Jahre hinweg. Frank hatte diese Erinnerungen, die ihn gezeichnet hatten, verdrängt und weggeschlossen, doch er wusste bestens, dass auch er nicht verschont geblieben war. Manchmal war es ihm da lieb, sich nicht erinnern zu können.
Ein Zischen sich öffnender Türen ließ den Offizier aufhorchen und sein Blick glitt den Gang hinunter zu einer Gestalt, die in einen deutlich zerschlissenen Umhang gehüllt und mit einer Gasmaske im Gesicht für den Bruchteil einer Sekunde die Maschinenpistole auf Frank in den Anschlag brachte, dann jedoch zu erkennen schien, dass er – unbewaffnet und mit einer Hand noch immer in der Hosentasche etwas verwirrt und ratlos im Gang stehend – keinerlei Gefahr für ihn darstellte.
„Guten Tag“, begrüßte Frank den Vermummten, „können Sie mir sagen, was hier vor sich geht? Ich bin Insasse dieses Lagers, doch Sie sind der erste, der mir hier begegnet, seit ich aufgestanden bin.“