Die Messe der Mannschaften ist gut ausgestattet. Lange Tischreihen und ebenso lange Bänke dominieren den. Die komplette Stirnwand besteht aus der Essensausgabe, die allerlei schmackhafte Mahlzeiten bereit hält. Sie ist durchgehend besetzt und befüllt. Man kann zu jeder Tageszeit sein Frühstück, sein Mittag-, oder Abendessen beziehen. Die Messe bietet viel Platz und ist ständig gut besucht.

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<--SSV Robert Koch - Quartiere

Sie hatte fast schon das Paneel zum öffnen der Tür betätigt, da kam es ihr in den Sinn, doch lieber in die Mannschaftsmesse zu gehen. Sie wusste nicht warum, doch sie folgte ihrem Instinkt.
Laut und geschäftig. Die Mannschaftskantine war ihr doch um einiges angenehmer als der gestochen höfliche Ton der Offiziersmesse. Nicht das sich Colbie ab und zu mal ein Frühstück mit dem Admiral gönnte, aber hier war ihr die Atmosphäre um einiges erträglicher. Schonmal gar sie momentan nicht gewillt war diesen Davis zu treffen, denn sie war noch immer zu geladen, um ihm nicht einfach eine zu pfeffern.
Mehrere dutzend Reihen an Tischen und Bänken standen in dem länglichem Raum. Die Essensausgabe war quer zum Raum angeordnet und bildete die nördliche Begrenzung der Messe und die südliche der Kombüse. Die Messe war stets gut besucht. Ein Zeichen, dass das Essen schmeckte oder es einfach an alternativen auf dem Schiff mangelte, außer vielleicht der Lounge in der man es sich nach Dienstschluss etwas gutgehen lassen konnte, sofern man das passende Kleingeld besaß.
Colbie schnappte sich ein Tablett, lud sich den Teller voll und nahm den heißen, dampfenden Kaffee entgegen. Es gab nichts besseres als den Tag mit einem deftigem Frühstück zu beginnen, außer vielleicht einer gesunden Portion Sex. Sie lächelte, denn in Colbies Fall hatte sie letzteres gefrühstückt. Nun trug sie ihr Mittagessen durch die engen Gassen der Tische und suchte sich ihren Weg in den hinteren Abschnitt des Raumes. Dort wo sie wusste, dass sie dort auf ihre Leute treffen würden. Ihr Team, die Knuckle Daggers. Sie war ein Fan. Das gab sie gerne zu. Mehr noch freute sie sich darüber, dass sie nun endlich das Team in der Robert Koch Gravity Rumble Leauge waren. Seit einigen Saisons gewonnen sie fast jedes Spiel, jagten den Atlanta Atlasses so den Titel ab. Wahrscheinlich prahlten sie gerade wieder mit ihren Siegen. Die Liga war eine willkommene Abwechslung zum sonst tristen Alltag auf dem Schiff. Die Leute konnten sich ablenken, auspowern, lachen, singen und wer spielte auch kämpfen. Immerhin war Gravity Rumble, oder auch Gravball genannt, ein Vollkontaktsport, der übrigens auch von einer nicht unbedeutenden Zahl Frauen betrieben wurde.
Zielstrebig hielt Colbie auf ihre Truppe zu. Mittlerweile hatte sie sie ausgemacht und konnte ihre Selbstbeweihräucherung schon zumindest sehen. Die Soundkulisse war einfach zu enorm, um einzelne Unterhaltungen gezielt zu verfolgen. Doch ehe sie es schaffte, die Knuckle Daggers zu erreichen, schob sich ein Private in ihr Blickfeld. Sie hatte nur noch zwei Tische im Anstand zu ihren Jungs, da erdreistete sie diese Person den in Offiziersuniform gekleideten Lieutenant Commander ungefragt anzusprechen:
„Hey Autumn, schauen Sie mal nach der Lampe. Das Geflacker macht mich ganz wahnsinnig.“
Colbie lächelte sanft. Der Private blickte sie verstohlen von unten herauf an. Er schob sich eine weitere Gabel seiner Mahlzeit in den Mund. Colbie legte den Kopf schief. Überlegte kurz und entschied sich dann für eine der unendlichen vielen Optionen, die in ihrem Kopf herum geisterten, ihm das Leben ein wenig angenehmer zu gestalten.
„Gern, Private.“, sie lachte ihn an. Zeigte ihm ihr bezauberndes Lächeln, griff geschickt nach seiner Gabel in seinem Mund und zog sie weniger behände heraus. Einem anderen Private drückte sie ihr Tablett in die Hand, stütze sich auf seiner Schulter ab und schwang sich elegant auf den Tisch. Langsam richtete sie sich auf, steckte ihre Finger aus und ergriff die Neonröhre. Sie hätte sie auch einfach wieder festdrehen können, um so den Wackelkontakt beheben zu können, doch stattdessen entschied sie sich dazu das Leuchtmittel zu zerstören. Also schob sie die Gabel durch die Lamellen der Lampe hindurch und drückte sie durch das dünne Glas der Neonröhre. Ein schallendes Knallen ging durch die Messe und für einen kurzen Augenblick genoss Colbie die volle Aufmerksamkeit.
Ebenso geschickt wie beim Aufstieg, glitt sie auch wieder vom Tisch herab. Aus großen Augen starrte sie der Private an.
„Das heißt übrigens Lieutenant Commander, Private. Beim nächsten Mal wenden Sie sich einfach den diensthabenden Kollegen, verstanden?“
Er nickte. Colbie nahm die Gabel aus der Drohhaltung heraus und stopfte sie zurück in seinen Reis.
„Guten Appetit, Private.“
„Danke, Lieutenant Commander.“, es war nicht zu überhören, wie viel Respekt auf einmal aus seinem Mund floss.
Colbie riss ihr Tablett wieder an sich und überwand das kurze Stück zu ihren Jungs nun viel schneller als vorher. Im Hintergrund konnte sie noch hören, wie sich der Tisch begann über ihr Verhalten aufzuregen, aber dem ersten Private die Schuld in die Schuhe schoben, sogar begannen sich über ihn lustig zu machen.
„Haha, von BoB gedisst.“
BoB? Colbie kannte die Bezeichnung noch nicht. Irgendwie musste sie in Erfahrung bringen, was das zu bedeuten hatte.
„Ach Autumn, Sie sind einfach herrlich.“, lachte der Service Chief der Truppe und Captain der Knuckle Daggers, Miriam Dutchman oder auch Flying Dutchman genannt.
„Wir tauschen die Lampe nach der Mission aus, CHENG.“, führte sie fort. Colbie nickte bestätigend.
„Fordert bitte neue Leuchtmittel an – am liebsten sind mir LEDs. Sind energieeffizienter und wesentlich angenehmer im Licht. Außerdem halten sie ewig, und leuchten kalt. Heißt: wir können die Klimaanlagen hier um einige Grad herunter drehen, was uns eine große Energieersparnis einbringt, was sich wiederum positiv auf die Lebensdauer der Kondensatoren auswirken wird.“
Colbie gönnte sich den ersten Schluck ihres Kaffees. Heiß und schwarz, so liebte sie ihn.
„Am besten ist, sie wechseln einfach jedes Leuchtmittel auf dem Schiff, welches noch immer mit alter Technik leuchtet, aus. Freigabe gibt es über mein Terminal, Chief.“
„Aye, aye, Commander“
Colbie breitete das Besteck aus und nahm den Deckel vom Teller. Heute war wohl rustikale Küche angesetzt. Denn auf ihrem Teller befand sich ein paniertes Schweineschnitzel mit knusprigen Röstzwiebeln, herzhaften Schinken und mit Käse überbacken. Dazu wurden noch einige Pommes gereicht. Mit einem Wort: Lecker!
Colbie haute rein. Genoss jeden Bissen, fragte sich allerdings gleichzeitig, warum sie nicht schon bei der Revision die Lampen austauschte. Definitiv war es keine Priorität, sie hätte diese alten Dinger aber schon damals austauschen können. Egal. Es war zu spät sich deswegen jetzt den Kopf zu zerbrechen, also genoss sie einfach weiter ihre Mahlzeit. Niemand bedrängte sie mehr. Sie konnte entspannt den Gesprächen der anderen lauschen, neue Spielzüge erfahren und sich auf das nächste Spiel freuen. Irgendwie fühlte sie sich in eine andere Welt versetzt. Sah ihren Sean auf dem Feld stehen, als Quaterback oder Fieldrunner. Vielleicht war er auch Mittelstürmer in der Fussballweltauswahl der Erde. Egal, sie würde ihn anfeuern, ihm die Daumen drücken und sich über jeden seiner Siege freuen. Ein abwesendes Lächeln zeugte von ihren Gedanken.
„CHENG? CHENG, sind Sie da?“
Der Service Chief wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. Colbie blinzelte einige Male verträumt, ehe sie wieder voll da war.
„Noch irgendwelche Instruktionen zum nächsten Spiel?“
Colbie musste grinsen. Immerhin holten sie sich ihren Segen, bevor sie das Feld betraten.
„Na, klar. Ich entlass' euch doch nicht ohne Befehl ins Training. Ihr gewinnt, damit das klar ist, denn sonst dürft ihr...“, ihr Blick wurde hart. Sie stand wie die anderen auch auf.
„Denn sonst dürft ihr die Koch mit euren Zahnbürsten schrubben, von außen.“
Colbie nahm wieder platz und führte ihre Mahlzeit fort. Aus dem Augenwinkel sah sie das verschmitzte Lächeln einiger Spieler.
„Und zwar ohne Anzug! Haben wir uns verstanden, Knuckle Daggers?“
„Ma'am, ja, Ma'am!“, antwortete der Chor voller Inbrunst und Colbie entließ sie mit einem „Knuckle Daggers, just fix it!“
Sie standen auf, verströmten sich in die Tiefen der Koch. Einige mussten noch ihren Dienst schieben. Andere suchten die Fitnessräume auf. Colbie blieb. Sie war noch immer nicht fertig mit ihrem Schnitzel.
„Chief. Bitte noch einen Moment.“
„Ja, Ma'am.“, Dutchman nahm nochmal platz.
„Haben sie meinen neuen Spitznamen schon gehört?“.
Der Chief nickte nur leicht. Ihre Mine war ernst.
„Was bedeutet BoB?“
Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der der Chief überlegte, ob sie ihr den Namen verraten sollte oder nicht – man sah förmlich, wie sie mit sich selbst rang – gab sie das Geheimnis schlussendlich preis.
„Bitch of Boat, Ma'am.“, Colbie nickte.
„Und können Sie mir sagen, woher dieser Name stammt?“
„Die Marines brachten den Namen mit ein, Ma'am. Heute Morgen hab ich ihn das erste Mal gehört, Ma'am.“
Colbie wurde nachdenklich. Dieser Penner schien sich doch tatsächlich mit „seiner“ Eroberung zu brüsten. Sie begann ihn immer mehr zu verachten.
Sie blies kurz die Backen auf und atmete lange aus. Colbie griff nach der Servierte und wischte sich über die Lippen. Ein weiterer Schluck Kaffee wurde seiner Bestimmung zugeführt. Langsam legte sie die Servierte wieder auf den Tisch. Sie schaute der anderen Technikerin in die Augen.
„Danke für die Info. Wegtreten, Service Chief.“
Kein weiterer Laut war von ihr zu vernehmen, während sie aufstand. Kurz salutierte sie, Colbie erwiderte den Gruß, dann verschwand sie auch schon in dem Wust der Robert Koch.
Plötzlich wurde sie von Iles angefunkt.
„Der CAG will dich sehen, Autumn. Sofort.“
Schmatzend antwortete sie ihm: „Warum?“
„Wir haben den Kondensator repariert. Jetzt haben wir ein anderes Problem.“
„Ist das Problem lösbar?“
„Nein.“
„Dann ist es in Zehn immer noch da. Ich komme, wenn ich aufgegessen hab. Immer mit der Ruhe, Warren.“
„Die Kälte, die sie ausstrahlt. Ich glaube sie ist stinksauer, Colbie.“
„Kopf hoch, Warren. Du wirst das schon überleben. Scott ende.“
Sie kappte die Verbindung und setzte wieder das Messer an das Fleisch.
„Bitch of Boat.“
Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Sie blickte in das wüste Treiben der Mannschaften.
„Gefällt mir.“

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