Leirâ Ven, Juliette und Alrik Riverside. Die Namen legten nahe, dass er Recht gehabt hatte, was ihre Herkunft anging, zumindest bei der Dalish und dem Mann. Der Name der Kriegerin klang, als hätte er orlaisianische Wurzeln. Das würde vermutlich auch ihren eiskalten Blick erklären. Orlaisianer und Magier... Na ja, eigentlich konnte man genauso gut sagen, Fereldener und Magier. Der Bursche schien allerdings von diesen Vorurteilen ausgenommen zu sein, er grüßte freundlich, was Rhaego erfrischend fand. Auch die kleine Dalish grüßte respektvoll. Rhaego wusste nicht, wie die Dalish mit ihren Magiern umgingen – so sie denn überhaupt welche hatten. Aus irgendeinem Grund schwiegen die Aufzeichnungen des Turms darüber. Er nickte dem Mann und der Elfe zu – er hätte sie auch mit dem angemessenen Dalish-Gruß antworten können, aber ein sachtes Prickeln zwischen seinen Schulterblättern erinnerte ihn an Dylan Anwesenheit.
Also spielte er den braven Magier und nahm die Schriftrolle entgegen. Dann bewegte er sich drei Schritt nach vorne, um den traurigen Wisch auf den Schreibtisch Myrddins zu legen. Während er selbst mit geradem Rücken davor stehen blieb, glättete er vorsichtig die vielen Falten, die über das Schriftstück verteilt waren. Das raue Material unter seinen Fingern fühlte sich an wie Pergament. Misshandeltes Pergament. Über die dunklen Schriftzeichen waren schon einige Flüssigkeiten gelaufen. Wasserflecken ließen die Tusche – er vermutete, dass es sich darum handelte – an vielen Stellen leicht verlaufen. Dreck hatte sich in die feinen Poren gelegt und hier und da... Angewidert wandte er sich zu Alrik um.
„Sind das hier Fettreste?“, fragte er. Doch ehe er die Antwort hören konnte, drehte er sich schon wieder zurück. Eigentlich wollte er es gar nicht wissen.
Dann beugte er sich leicht vor und musterte die Form der Runen. Er hatte solche noch nie gesehen. Aber wenn man sich vorstellte, dass die Basis etwas mehr nach links verschoben war und rechts die Striche etwas schiefer waren, dann sahen sie aus wie die Runen, die aus den östlichen Thaigs stammten.
Ohne sich aufzurichten, sagte er: „Die Schrift ist mehrere hundert Jahre alt, also wahrscheinlich eine Kopie. Das Original müsste irgendwo aus dem Osten Orzammars stammen.“
Konzentriert folgte er der ersten Zeile, suchte nach Zeichen, die ihm bekannt vorkamen. Dieses eine Zeichen könnte Erbe bedeuten, oder auch Schwur. Mehr konnte er momentan nicht erkennen. Er überflog den Text. Stein kam öfters vor, allerdings meist mit einer merkwürdigen Zeichenverbindung, die er nicht deuten konnte. Ansonsten konnte er recht wenig lesen. In der Bibliothek gab es sicher einige Nachschlagewerke. Wenn der Zirkel sie nicht hatte, dann niemand.
Da bemerkte er einige Zeichen am Rand. Er drehte die armseligen Überreste der Karte. Es waren neuere Runen, die aber in der selben Pinselführung auf das Pergament gekommen waren. Vermutlich war dieser Zusatz beim Erstellen der Kopie gesetzt worden. Der Magier kniff die Augen leicht zusammen und versuchte, sich in die zwergische Schreibweise und Schriftsprache einzudenken. Die Satzstellung war komplett anders als zum Beispiel bei Menschen oder Elfen. Grob übersetzt – ohne all die Feinheiten des Zwergischen miteinzubeziehen - stand dort: Bei Überresten in den tiefen Wegen gefunden.
Er richtete sich auf und wandte sich Alrik zu. „Es ist eine Schatzkarte.“