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Thema: Bannorn

  1. #21
    DA-FRPG only Avatar von Rhaego Alcaryen
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    Leirâ sah wirklich nicht gut aus. Rhaego hatte einige Vermutungen, was genau verletzt sein könnte, die sich zu bestätigen schienen, als sie unter Alriks Berührung schmerzerfüllt aufkeuchte. Allerdings könnte er ihr in diesem Fall nicht sonderlich gut helfen. Er wäre höchstens in der Lage, Knochen und Gewebe zu stabilisieren, so dass die Heilung leichter und schmerzfreier verlaufen würde.
    Dennoch war er recht froh, dass Juliette die Sache in die Hand nahm und sich um die Dalish kümmerte. Er bezweifelte zwar, dass sie wirklich helfen konnte – die heilerischen Möglichkeiten ohne Magie waren eben sehr begrenzt – doch dann musste er sich wenigstens nicht entscheiden, ob er es riskieren sollte, Magie einzusetzen. Denn Magie war immer gefährlich für lebendes Gewebe. Ein einziger Fehler konnte reichen und Leirâ hätte schlimmere Probleme als gebrochene Rippen. Es hatte eben seinen Grund, dass die Heiler immer zu den besten und erfahrensten Magiern des Zirkels gehörten.

    Die Orlaisianerin sprach leise aber bestimmt mit Leirâ. Rhaego musste zugeben, dass sie wirklich gut mit der Situation umging, als hätte sie schon eine Menge Erfahrung. Schließlich bat sie die Elfe, ihr Oberteil auszuziehen, damit sie die Verletzungen besser beurteilen konnte.
    Bevor die Elfe ihrer Bitte allerdings nachkommen konnte, erinnerte Juliette Alrik und ihn selbst, dass sie den Templer noch bestatten mussten. Rhaego verstand den Sinn der sehr abweisenden Bitte erst richtig, als er Alriks gerötete Wangen sah. Der Magier zog die Augenbrauen hoch. Glaubte diese Orlaisianerin wirklich, er hätte noch nie einen weiblichen Körper gesehen? Oder tat sie es aus Rücksicht auf die Dalish? Er konnte es sich nicht so recht vorstellen, dass sie etwas aus Rücksicht auf irgendjemand anderen tat. Ihm wäre auch nicht eingefallen, dass er stören könnte. Hätte er sich um Leirâ gekümmert, hätte er ihren Oberkörper auch begutachten müssen. Nun ja, vielleicht hätte das die Dalish gestört, vielleicht war es wirklich besser, dass Juliette das erledigte. Im Zirkel selbst war man nicht so streng, was diese Gebote der Schicklichkeit anging. Zum einen hatten die Heiler ein anderes Verhältnis zum Körper und weniger Schamgefühl, was das anging, zum anderen war es einfach unmöglich, auf so engem Raum miteinander zu leben und nicht einiges von den anderen mitzubekommen. Rhaego selbst war auch nicht so naiv, dass er noch nie eine Frau nackt gesehen hätte. Oder auch mehr. Was das anging, lagen die Grenzen im Turm anders. Oder um genau zu sein, lagen sie bei den Templern. Jegliche Freizügigkeit hörte auf, sobald einer der Templer sich gestört fühlen könnte.

    Alriks Gestammel brachte ihn wieder zurück. Anscheinend war der Mann noch sehr unverdorben. Während er Rhaego mit zurück zu dem Abgrund zog, versuchte er, das Thema zu wechseln.
    „Wunderschöne Nacht, nicht?“, meinte er.
    Rhaego nickte nur und knurrte irgendetwas zustimmendes.
    Doch das hielt den Mann nicht davon ab, weiter zu reden.
    „Und wie macht Ihr das jetzt?“, fragte er, mit einer leichten Mischung aus Schauder, Ekel und Neugier in der Stimme. „Müsst Ihr jetzt irgendwelche dämonischen Kräfte herbei beschwören? Benutzt ihr bestimmte Zauberformeln? Oder müsst ihr irgendein Ritus vollziehen?“
    Seine Fragen rissen nicht ab. Rhaego musste beinahe lachen, als er all die albernen Gerüchte hörte, die sich um das Wirken von Magie zu spannen schienen. Dennoch war er erstaunt, dass Alrik sich überhaupt traute, ihn darauf anzusprechen. Die meisten Menschen wären vermutlich weggerannt, wüssten sie, dass im Umkreis von einer Meile Magie ausgeübt werden würde.
    „Wartet einfach ab“, erklärte er mit einem Lächeln.
    Alrik schien vorzuhaben, in den Abgrund herabzusteigen, um den Templer zu bestatten. Der Magier folgte ihm ein Stück den Rand der Kluft entlang, während dieser nach einer geeigneten Abstiegsmöglichkeit suchte, bis einige Sträucher sie verbargen und den Frauen den Anschein von Privatsphäre boten. Dort hielt er dann an.
    Er hatte nun wirklich keine Lust, erst dort hinunter zu klettern, nur um anschließend wieder emporzukraxeln. Im Licht der Sterne konnte er auch von hier noch die Rüstung des Templers schimmern sehen. Er war recht überrascht gewesen, dass Juliette nichts dagegen hatte, den Leichnam mit Magie zu verbrennen, doch ihm sollte es recht sein.
    „Wartet“, sagte er zu Alrik. "Gleich werdet Ihr sehen."

    Einen Moment schloss er die Augen und sammelte sich. Dann baute er – sanft und leicht, und dennoch im Bruchteil einer Sekunde – eine Verbindung zum Nichts auf, in dem er die natürliche Nähe, die er schon immer zur Welt der Träume gehabt hatte, verstärkte. Scheinbar ganz langsam und doch in Wirklichkeit rasend schnell begann das Nichts in seinen Adern zu fließen.
    Gleichzeitig spürte er die Kraft, die jenseits des Schleiers, der die Welten trennte, auf ihn wartete. Er erinnerte sich genau, wie schwer ihm früher das gefallen war, wofür er nun nur einen konzentrierten Gedanken benötigte. Es kam ihm vor wie eine gedankliche Geste, der Griff nach dem Unerreichbaren, eine kleine Bewegung, und schon war die Kraft des Nichts in dieser Welt. Gleichzeitig hatte er schon einen mentalen Kanal gebaut, der diese neue Energie genau formte, sie dorthin leitete, wo er sie haben wollte.
    Einen Herzschlag lang hielt er so inne, während diese unglaubliche Macht in ihm pulsierte und ihn mit Leben zu erfüllen schien. Dann öffnete er die Augen, hob die Hände und setzte sie frei.
    Ein gleißend heller Feuerstrahl schoss aus seinen Händen, durchbrach die Dunkelheit der Nacht und erleuchtete für den Bruchteil eines Augenblicks den Leichnam des Templers, ehe er ihn einhüllte. Das Feuer fraß sich sofort durch die Schichten des Stoffes, biss sich in das Fleisch Ser Gileans und verzehrte den Leichnam. Rauch stieg auf, mit ihm der Geruch nach verbranntem Fleisch. Nun zehrte die Hitze auch an dem Metall der Rüstung, verbog es, ließ es Blasen werfen.
    Noch einmal verstärkte Rhaego die Kraft, die er aus dem Nichts zog und steigerte die Hitze des Feuers. Dann brach er den Kontakt zum Nichts ab. Mit einem leisen Keuchen machte er einen wackeligen Schritt nach vorne, um das Gleichgewicht zu halten. Sobald das lebendige Pulsieren des Nichts aus seinem Körper verschwunden war, fühlte er sich viel schwächer. Die Nacht erschien auf einmal noch dunkler und kälter. Er hatte mehr Mana gebraucht, als unbedingt nötig gewesen wäre. Doch ein Blick in den Abgrund zeigte, dass es sich gelohnt hatte. Wo vor wenigen Augenblicken noch Ser Gileans Leiche gelegen hatte, war nun nur noch ein unförmiger Klumpen aus verbranntem Metall, der noch leicht glühte. Niemand, der das fand, würde erkennen können, dass hier einst ein Templer gelegen hatte.

    Erschöpft setzte sich Rhaego in das kühle Gras und bedeutete Alrik, der ihn mit entsetztem Blick musterte, es ihm gleich zu tun. Der Bursche ließ sich gehorsam auf den Boden gleiten. Er sah ziemlich geschockt aus, was Rhaego ein müdes Lächeln entlockte. Er wäre auch erschrocken, hätte er gerade zum ersten Mal gesehen, welche Macht ein Magier in Sekundenbruchteilen entfachen konnte. Und das war noch gar nichts, verglichen mit dem, was er alles schon im Turm gesehen hatte. Oder was er selbst schon getan hatte.
    Ungebeten drängten sich Erinnerungen auf. Deutlich konnte er noch das Stroh der Dächer riechen, als die Flammen sich über das Dorf hergemacht hatten. Er konnte die Stimmen hören, die zu ihm geflüstert hatten. Und er wusste noch, wie es sich angefühlt hatte, all seine Kräfte in eine Richtung fließen zu spüren, machtlos, ohne Kontrolle, hinein in das blaue Leuchten um den Templer herum, bis er schließlich absolut erschöpft war. Und er erinnerte sich an das Gesicht seiner Schwester, die ihm bisher immer wie ein Schatten gefolgt war, die immer zu ihm gehalten hatte und ihn nun an die Templer verraten hatte.

    Langsam atmete er aus. Das war vergangen. Der verbrannte Geruch stammte nicht von den Strohdächern, sondern von den letzten Überresten um den rotglühenden metallenen Klumpen. Und gegenüber saß auch nicht seine Verdammnis. Eher sein Erlöser, auch wenn er den Gedanken bei diesem naiven Burschen ziemlich lachhaft fand. Obwohl es zu einem gewissen Grad wahr war. Immerhin hatte Alrik ihn aus dem Zirkel geholt.
    „Lass uns einfach hier warten, bis die beiden da drüben fertig sind“, sagte er.

  2. #22
    DA-FRPG only Avatar von Leirâ Ven
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    "Beschreibt mir eure Schmerzen, Leirâ."
    Großartig. Wie genau stellte Juliette sich das vor? Es tat halt weh. Aber nichts desto trotz bemühte die Dalish sich, der Kämpferin möglichst genau zu beschreiben, wann es wo schmerzte. Schließlich musste sie sich entkleiden, womit sie allerdings schon gerechnet hatte. Nachdem das kleine Hin. und her zwischen ihnen und den Männern erledigt war, Leirâ wollte sich nun wirklich nicht einfach so entblößen, bemühte sie sich, die Tunika auszuziehen. Was sie allerdings vor eine unerwartete Herausforderung stellte, brauchte es doch unzählige Handgriffe, ehe sie sich des Gürtels entledigt hatte. Durch den Schnitt des dalishen Kleidungsstückes war das Ablegen nicht möglich, ohne den Gürtel, den Schwertgürtel, all die Gürteltaschen, den Hüftköcher und nicht zu vergessen auch noch den Tragegurt, der Bogen samt Reiseköcher hielt, auszuziehen. Und jede Bewegung, all die notwendigen Drehungen, schmerzten.
    Immer schön langsam. Ein Handgriff nach dem anderen, bewege dich gleichmäßig und nicht hektisch., ermahnte sie sich unentwegt selbst, dennoch zog sie mehr als einmal scharf die Luft ein, keuchte. Eine Ewigkeit verging, ehe Juliette die eigentliche Verletzung in Augenschein nehmen konnte. Schweißperlen rannen der Jägerin über die Stirn, ob der unerwarteten Anstrengung, welche ihr diese einfache Alltagshandlung beschert hatte. Aber sich von Juliette helfen lassen kam nicht in Frage, dieses kleine Hindernis musste sie schon noch alleine bewältigen.

    Schließlich war es vollbracht und nach wenigen Augenblicken, in denen die Kämpferin sie nur musterte, begann sie behutsam die wunde Stelle zu untersuchen. Was sich als schwieriger herausstellte als zunächst angenommen, ähnlich dem Ausziehen. So zuckte die Jägerin bereits bei der kleinsten Bewegung zusammen, zahllose kleine, eklige Blitze aus Schmerzen zuckten über ihren Körper. Schließlich reichte Juliette ihr ihren Handschuh, wohl zum draufbeißen, ehe sie mit der eigentlichen Versorgung der Verletzung begann. Leirâ schaute die Frau nur entgeistert an.
    "Oh, danke, Juliette. Ich habe nur darauf gewartet, auf deinem Schweiß rumzukauen.", war dann auch alles was sie sagte, drehte den Kopf weg und meinte:
    "Bringen wir es hinter uns."
    Und während die Kämpferin damit begann, ihre Seite mit irgendetwas einzureiben, das kühl war und diese Pampe zu umwickeln, kam der Dalish der Gedanke, dass sie vielleicht etwas überreagiert hatte. Immerhin kümmerte Juliette sich um sie. Vielleicht sollte sie sich entschuldigen. Sobald sie wieder Herrin ihres Kiefers war. Dieser zitterte unentwegt, die Wangenknochen traten gar hervor, doch sie gab keinen Laut von sich. Alles in Allem war dies halb so schlimm wie das Erhalten der Vallaslin.
    Dennoch forderte es einiges an Selbstbeherrschung. Bis sie schließlich fertig waren. Erschöpft, glitzernd vom Schweiß, schaute sie Juliette in die Augen.
    "Ma serannas, Juliette."
    Sie schaute an sich herunter, die Kriegerin hatte ihr die Salbe mit Hilfe eines Verbandes um die Rippen und den Bauch geschlungen. Fürs erste würde das wohl reichen. Doch schon beim Aufstehen wurde Leirâ klar, dass es noch einige Zeit schmerzen würde, besonders bei vieler Bewegung. Aber da musste sie durch, sie mussten weiter. Just kamen auch die Männer zurück. Zwischen Juliette und Rhaego blitzten Blicke wie klingen auf, Leirâ hörte den beiden nicht wirklich zu während sie sich wieder ankleidete. Den Quergürtel vermochte sie sich nur vorsichtig über die linke Schulter zu hängen, als sie sich endlich aufgerichtet hatte.
    "Also, wir müssen weiter." Langsam und vorsichtig, denn noch unter Schmerzen, setzte sie sich in Bewegung und wies alle Angebote der Hilfe entschieden zurück.

    Nach gar nicht Mal so vielen Schritten fiel ihr auf, wie müde sie eigentlich war. Ein Blick gen Himmel offenbarte ihr, dass es nicht mehr lange bis zur Dämmerung dauern konnte. Dann fiel ihr Blick auf etwas anderes:
    Durch ihre Verletzung verlangsamt, ging die Jägerin neben Alrik am Schluss der Gruppe, direkt vor ihr Juliette und immer noch vor ihr, zur Rechten, Rhaego. Und dessen Blicke waren unentwegt auf das Hinterteil der Kämpferin gerichtet. Eigentlich konnte Leirâ das egal sein, schließlich war ihr wohlbekannt, dass Männer den Blick nur beschwerlich von gewissen Stellen des weiblichen Körpers nehmen konnten, dennoch... Irgendetwas daran störte sie. Und ließ sie einige eifersüchtige Blicke auf ihre eigene Kehrseite werfen. War das denn nicht anschauungswürdig? Nein, viel schöner war natürlich dieser, für Shemlen-typische, mit viel zu viel Haut behängte Hintern von Juliette. Wie es da hin und her wabbelte, bei jedem Schritt schein alles zu beben und... Was war daran denn so verdammt faszinierend?
    Rhaegoe erntete einige giftige Blicke, die bar jedes Verständnisses waren. Nach einem Seitenblick fiel Leirâ dann noch auf, dass auch Alriks Blicke in diese Richtung gingen. Was sie aber wiederum überraschend kalt lies. So schleppten sie sich dahin, müde, gebeutelt und verdammt wütend über diese Faszination es viel zu breiten Hinterns Juliettes. Bis sie etwas anderes erblickte:
    "Wenn die Herren sich dann für einen Augenblick von der Aussicht losreißen könnten...", mehrere überraschte, überrumpelte und peinlich berührte Blicke wandten sich zu der kleinen Dalish,
    "... könnten sie sehen, dass dort drüben eines eurer Stein- Aravels steht."
    Sie zeigte den Weg entlang, in einigen Schritt Entfernung öffnete sich der Wald zu einer Lichtung, auf der ein kleines Haus mit mehreren Bänken und Tischen, aus dicken Holzstücken gefertigt, stand.
    "Das muss ein Gasthaus sein, haben wir ein Glück.", meinte Alrik, "dort können wir den Rest der Nacht verbringen."

  3. #23
    DA-FRPG only Avatar von Juliette de Ludin
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    "Oh, danke, Juliette. Ich habe nur darauf gewartet, auf deinem Schweiß rumzukauen.", maulte die Dalish spitz, ehe sie den Kopf wegdrehte. "Bringen wir es hinter uns."
    Oh, ist Madame leicht reizbar?, dachte sich Juliette nicht weniger sarkastisch. Aber bei diesem Gedanken blieb es auch. Sicher war das unhöflich von Leirâ, immerhin versuchte die Adlige ihr zu helfen und wurde dafür mit Trotz und Sarkasmus belohnt aber Juliette hatte mit so etwas schon gerechnet. Viele Leute, vor allem solche Wildfänge wie Leirâ, wurden grantig wenn sie sich verletzen, besonders wenn sie sich dort verletzen wo es stark schmerzte und gifteten dann die an die ihnen eigentlich nur Gutes wollten. Vermutlich deshalb weil sonst niemand zum angiften da war. Wenigstens beschimpfte die Elfe Juliette nicht oder wehrte sich oder biss sie gar, wie es schon der eine oder andere Verletzte dem sie hatte helfen wollen getan hatte, weshalb sie darüber hinwegsehen konnte.
    Und wenn die Elfe ihre Zähne lieber wortwörtlich zusammenbeißen und sie nicht mit Leder schonen wollte, bitte. Es war wohl offensichtlich nicht jedem so wichtig wie Juliette gesunde, schöne Zähne behalten zu können.
    Erleichterung, die in Juliette die Anspannung wie heißen Dampf weggeblasen hatte, tat ihr übriges ihr Gemüt zu entspannen um sie über die Bemerkung Leirâs hinwegsehen zu lassen. Sie hatte sich nichts gebrochen. Das hatte Juliette beim behutsam befühlen des schmächtigen Brustkorbs und der anschwellenden Stelle erkannt. Vorsichtig hatte sie mit ihren schwieligen Händen die Rippen nachgefahren, auf der Suche nach den Unebenheiten die mit einem Bruch einhergingen. Es war gut das Leirâ so schlank war. So konnte die Adlige fast ohne Probleme ihre Schlüsse ziehen ohne dass sie hätte härter zugreifen müssen, was auch der Elfe einige Schmerzen mehr ersparte. Allerdings konnte man sich nie so ganz sicher sein ohne den Verletzen aufzuschneiden daher wagte sie es die elfischen Knochen etwas mehr Belastung zu unterziehen. Ihrer ersten Einschätzung nach handelte es sich nur um eine Prellung und sie wägte die elfischen Knochen als stabil genug, dem Druck standhalten zu können. Außerdem drückte sie bei weitem nicht so stark, dass sich die Rippen biegen oder gar brechen würden, es sei denn natürlich sie wären bereits stark angeknackst, was Juliette aber nicht glaubte.
    Das liniendurchzogene Gesicht hatte sich zwar verzogen, die hellblauen Augen wurden zugekniffen aber man vernahm nicht das typische Knacken wenn Knochen brachen und wäre es der Fall gewesen, war sich Juliette sicher gewesen, dass sich Leirâ ihre stoische Ruhe nicht hätte bewahren können. Das Erhalten von Tätowierungen war nichts im Vergleich zu einem Rippenbruch. Mit etwas Pech konnte man an so etwas sterben. Dass hatte Juliette bereits miterlebt aber zum Glück geschah es heute nicht ein weiteres Mal.
    Beruhigt war Juliette dann dazu übergegangen die Prellung so gut wie möglich zu behandeln. Wundsalbe, mit Zutaten die Schwellungen reduzieren sollten, strich sie sanft über die Stelle ehe sie einen Verband darüber wickelte. Diesen hatte sie mit etwas Wasser aus ihrem Trinkschlauch beträufelt um die Prellung so gut wie möglich zu kühlen. Das Wasser war zwar im ledernen Trinkschlauch wadenwarm geworden doch die kühle Nachtluft würde es schon richten. Es war immer ratsam solche Verletzungen abzukühlen damit sich die Schwellung in Grenzen hielt. Das würde den Heilungsprozess unterstützen und Schmerzen ersparen.

    Ein glitzernder Schweißfilm hatte sich über Leirâs unmenschliches Antlitz gelegt als Juliette ihre Behandlung schließlich beendete.
    "Ma serannas, Juliette.", sagte die Elfe mit erschöpften Augen auf Juliette gerichtet. Auch wenn Juliette kein Dalish sprach, meinte sie diesmal, vor allem durch den Ton, ein „Danke, Juliette“ zu verstehen, was ihr ein Lächeln auf das vernarbte Gesicht zauberte.
    „De rien.“ Gern geschehen., sagte Juliette lächelnd in ihrer Muttersprache, das warme Gefühl, das ihr schon Belohnung genug für ihre gute Tat war genießend. Die Adlige hatte die Dalish zwar nicht heilen, aber zumindest hatte sie helfen können. Der Rest, die Genesung, musste Leirâ, indem sie sich so weit wie möglich schonte, und Leirâs Körper alleine bewerkstelligen.

    Sehr bald darauf brachen sie wieder auf, auch wenn es sich für Juliette seltsam anfühlte den armen Ser Gilean, sei er nun eingeäschert oder nicht, einfach zurück zu lassen, wie Abfall. Wenigstens hatte ihr Alrik versichert noch ein paar Sakramente gesprochen zu haben. Doch noch schlimmer war für sie das der verfluchte Magier nun ohne Aufsicht war und sie ungeachtet dessen weiterzogen. Vielleicht wäre es besser gewesen zum Turm zurück zu kehren um schon von vornerein nicht den Eindruck entstehen zu lassen, sie hätten den Templer umgebracht. Denn was würden die übrigen Templer wohl für Schlüsse ziehen wenn sie von diesem Debakel hörten? Wenn die kleine Gruppe ohne Ser Gilean zurückkehrte?
    Keine schöne Aussichten, fand Juliette aber genau da lag auch schon das nächste Problem. Wer sagte denn dass es überhaupt so weit kommen würde, dass der Magier am Ende der Reise wieder dorthin kämme wo er hingehörte? Die Asche des einzigen der das mit Bestimmtheit hätte sagen können war soeben erst vom Winde verweht. Sie würde es nicht zulassen dürfen, dass sich der Blondschopf einfach so über die Gebote der Kirche hinwegsetzte. Doch offen aussprechen konnte sie das nicht. Dafür hätte sie zu wenig Unterstützung in der Gruppe. Brauchten sie den Magier doch für die Übersetzung.
    So beschloss sie gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sich nichts anmerken zu lassen, vorerst. Sollte der Magier sich ruhig ohne Aufpasser wägen, eine Aufpasserin blieb, unauffällig, wachsam und mit scharfer Klinge. Sie würde erst zuschlagen wenn es nötig wäre und dafür Sorge tragen dass er am Ende ihrer Reise entweder zurück kehrte oder tot wäre. Irgendwie kam ihr das bekommt vor, sowohl diese Denkweise wie auch das schlechte Gewissen die damit einherging: Die wahren Absichten verbergen und den Rivalen etwas vorzugaukeln.
    Hach ja. Das Spiel. ,kam ihr die Erleuchtung. Mal sehen wie gut ich noch darin bin.

    "Wenn die Herren sich dann für einen Augenblick von der Aussicht losreißen könnten...", riss die Dalish Juliette plötzlich aus ihren Überlegungen, die zuerst gar nicht begriff was Leirâ eigentlich wollte. "... könnten sie sehen, dass dort drüben eines eurer Stein- Aravels steht."
    Aussicht? Stein-Aravels? Die Herren?, ging es der Adligen verständnislos durch den Kopf während sie fragend zu ihren Mitreisenden blickte. Da bemerkte sie dass sich Alriks Wangen wieder einmal rot gefärbt hatten, das sein Blick, ähnlich bei Rhaego, ihrem etwas zu hektisch um normal zu sein auswich. Da kam ihr die Erkenntnis und mit ihr kam eisige Kälte auf ihre aristokratischen Züge.

    Juliette wusste um ihre Reize. Sie hatten zwar deutlich abgenommen seit ihrer Verbannung und auch ihr Gang war den Umständen entsprechend gröber geworden durch er war doch noch deutlich eleganter und weiblicher als das Getrampel einer gewöhnlichen Fereldanerin. Es war ihr wohl bewusst dass es oft die Aufmerksamkeit von Männern erregte aber um solche Aufmerksamkeit hatte sie nie gebeten.
    Sie war keine Hure, kein Flittchen, sie war eine Söldnerin, eine Kämpferin, nein sie war eine Adlige! Verdammt, sie war eigentlich eine Hochadlige! Niemand dem einfach so auf den Hintern starrte und sie zu einem Objekt der Begierde oder schmutziger Fantasien werden ließ, jedenfalls nicht ohne ihren Unmut zu spüren zu bekommen. Das war, gelinde gesagt, flegelhaft unhöflich.

    "Das muss ein Gasthaus sein, haben wir ein Glück.", meinte Alrik nachdem die Elfe auf ein kleines Haus am Rande des Weges zeigte, "dort können wir den Rest der Nacht verbringen."
    Etwas zu eifrig setzte er sich in Bewegung und ging voraus, in Richtung des auf einer Lichtung stehenden Gasthauses. Bevor sie dem Burschen folgte warf Juliette dem Blondschopf noch einen kalten Blick zu. Dieses Mal war ihr Blick aber weniger von Herablassung geprägt sondern vielmehr von Verärgerung und Ablehnung.
    Also nicht nur unausstehlich und ein Magier sondern auch noch ein Lustmolch. ,tat sie ihn in Gedanken ab als sie sich von ihm abwandte und ihn fortan keines Blickes mehr würdigte. Als ob Leirâ bis jetzt hin und wieder nicht oft genug schon unausstehlich für zwei war, jetzt hatten sie noch einen der Juliette auf den Geist ging.
    Großartig, einfach nur großartig, dachte sie sich resignierend als sie sich hinter dem jungen Fereldaner an die Tür stellte, an die er gerade geräuschvoll klopfte. Auch wenn er wohl nicht weniger auf ihren verlängerten Rücken gegafft hatte fühlte sie sich von ihm etwas weniger belästigt. Woher das kam war sie sich nicht ganz sicher. Vermutlich weil sie den Burschen mehr leiden konnte als diesen vermaledeiten Magier aber so genau wollte sie jetzt darüber nicht nachdenken. Jedenfalls würde sie von nun an nicht mehr an der Spitze der Gruppe laufen und die Herren ihren Unmut schon noch spüren lassen. Sie war sich nur noch nicht ganz sicher wie.

    Obwohl Alrik das Hämmern an das dicke, teils mit Eisen beschlagene Holz auch noch nicht unterbrach als sich Leirâ und Rhaego zu ihnen gesellten gab es vom Inneren des Gebäudes keine vernehmbare Reaktion. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit unangenehmen Schweigens und monotonen Klopfens hörte man gedämpft mürrisches Gebrumme und schlurfende Schritte.
    Kratzend öffnete sich ein Sehschlitz indem zwei rot geäderte Augen, in einer Mischung aus Müdigkeit und Misstrauen blickend, zum Vorschein kamen.
    „Wer da?“, ertönte eine tiefe argwöhnisch klingende Stimme. „Wir haben Armbrüste und scheuen uns nicht sie zu benutzen!“
    Alrik musste den Mann, der einem Gavin befahl den Kessel mit heißen Wasser über der Eingangstür bereit zu machen und einem Finlay riet die Jungs und die Waffen zu holen, erst einmal davon überzeugen, dass da kein räuberisches Gesindel vor der Tür stand und ihnen ans Leder wollte. Eigentlich konnte Juliette sein Misstrauen nachvollziehen. Normale, erbauerfürchtige Leute schliefen um diese Zeit. Wer es nicht tat, führte meist etwas Ungutes im Schilde. Ganz besonders die Bewohner abgelegener Gaststätten taten gut daran Vorsicht walten zu lassen und misstrauisch zu sein, wenn sie nicht Gefahr laufen wollten scheinbar harmlose Reisende, die sich dann als Räuber oder Diebe entpuppten, einzulassen. Zudem sah die Gruppe dank ihrer deutlich sichtbaren Bewaffnung und allein schon durch die Anwesenheit Leirâs, einer Dalish, nicht gerade vertrauenserweckend aus.
    Allerdings war sich die Adlige sicher, da waren kein Gavin, kein Finlay und auch keine Jungs, wenn doch hätte er potenzielle Räuber nicht so überdeutlich von ihrer Übermacht berichtet. Wer einmal das Spiel in Orlais mitgemacht hatte, erkannte schlecht gewobene Lügen. Der Mann versuchte sie nur zu ängstigen. Vermutlich hatte er nicht viel mehr als diese dicke Tür, durch die sie leider nicht durch kommen würden, jedenfalls nicht mit konventionellen Mitteln.

    Der Mann schien sich gar nicht entscheiden zu können wenn er am misstrauischsten anblickte, erwähnte Angehörige eines seltsamen und fremden Volkes, den mehr als nur unüblich angezogenen Rhaego oder die waffenstarrende und vernarbte Söldnerin.
    Erst nach einer weiteren gefühlten Ewigkeit der Erklärungen und Beteuerungen sowohl keine Banditen und zahlungsfähig zu sein ließ er sie eintreten.
    Sie traten ein in ein Gasthaus wie es solche in Ferelden zu hunderten gab. Der Raum den sie betraten war relativ groß, mit Tischen und Stühlen besiedelt auf denen hier und da leere Krüge und Teller standen. Geweihe einiger erlegter Tiere und ein Schild mit dem Wappen des örtlichen Banns hingen an der Wand, welche aber durch das Fehlen ausreichender Beleuchtung kaum zu erkennen waren. Die Feuerstelle in der Mitte des Raumes um welche sich sämtliche Sitzplätze und Tische ähnlich der Strahlen der Sonne reihten, glimmte nur.
    Das einzige Licht kam von einer Laterne die ein gut genährter Mann im Nachthemd trug. Er war anscheinend der Besitzer dieses Gasthaues und die ebenfalls etwas übergewichtige und ähnlich gekleidete Dame neben ihm war wohl seine Frau. Juliette hatte also Recht behalten, nirgends eine Meute mit Knüppeln bewaffneter „Jungs“. Nur die beiden Besitzer deren einzige Bewaffnung ein weggesteckter Dolch, bei dem Mann, und ein Besen war, den die Frau wie einen Streitkolben hielt. Wobei der Gestank hier, fand Juliette, wäre durchaus geeignet Leute mit guten Nasen, wie sie, in die Flucht zu schlagen. Es roch nach verbrannten Harz, ranzigem Fett, schlechten Alkohol und gekochten Kohl. Man hatte hier wohl vor kurzem, nach fereldischen Standards, gut gespeist. Die Adlige musste nicht wenig Willenskraft aufbieten um das Gesicht nicht angewidert zu verziehen.
    „Verzeiht meine Unhöflichkeit, Herrschaften.“, bat der Mann deutlich freundlicher als vorhin, sogar halbwegs entschuldigend nachdem die Gruppe eingetreten war und er die Tür schloss. „Seid Ostagar treiben sich hier in der Gegend Banditen herum.“
    „Da kann man nicht vorsichtig genug sein, guter Mann.“, pflichtete Alrik zuvorkommend bei. „Habt ihr noch ein paar Betten frei?“

  4. #24
    DA-FRPG only Avatar von Rhaego Alcaryen
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    Zirkel der Magier, Ferelden
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    Tag 4, früher Morgen

    „Wenn die Herren sich dann für einen Augenblick von der Aussicht losreißen könnten, könnten sie sehen, dass dort drüben eines eurer Stein- Aravels steht."
    Der letzte Abschnitt ihrer Reise war anders. Rhaego konnte nicht genau sagen, warum, aber es fühlte sich einfach anders an. Freier. Die Luft erschien einfach plötzlich anders, die Wälder tiefer, der Himmel weiter – und die Schatten dunkler.
    Es war irgendwie beunruhigend, dass kein zusätzliches Schwert mehr zwischen ihm und den Ungeheuern der Wildnis stand, auch wenn er den anderen Gruppenmitgliedern – zumindest Leirâ und der Orlaisianerin – durchaus zutraute, mit allem möglichen fertig zu werden. Und es war schön, Gileans Gemecker nicht mehr pausenlos in den Ohren zu haben und dessen harte Blicke zu spüren. Dennoch war es einfach merkwürdig, frei zu sein, unbeaufsichtigt. Schon so lange waren immer Templer um ihn herum gewesen, dass er ein anderes Leben nicht mehr kannte. Und Gileans plötzliches Ende hatte ihm auch vor Augen geführt, dass das Leben hier ganz anders war als im Turm. Gefährlicher, und wenn man nicht aufpasste, tödlicher.
    Dennoch war er froh, dass es gekommen war, wie es gekommen war. Nun konnte ihn nichts mehr aufhalten, nichts mehr bremsen, niemand mehr. Frei...
    Nunja, frei in diesem dunklen Wald, ohne irgendwelche Menschen um ihn herum, außer seinen Gefährten.
    Erst Leirâs Stimme holte ihn aus seinen düsteren Gedanken und er wandte sich ihr zu.
    Aravels? Waren hier etwa Dalish? Erst dann bemerkte er, dass Leirâ einfach kein Wort für ein normales Haus kannte, wie es gerade durch die Äste zu sehen war.
    Die Orlaisianerin hatte aber auf einen anderen Teil aus Leirâ Botschaft geachtet und warf ihm einen bösen Blick zu, während Alrik neben ihm errötete. Er versuchte den Blick so unbeteiligt wie möglich zu erwidern. Es störte sie doch nicht wirklich, wenn man sie beobachtete, oder? Dann hätte sie sich ja nicht so... freizügig angezogen. Ihre Kleidung ließ ja nicht viel Unsicherheit über das, was davon verborgen war, zu. Es war ja nicht so, als hätte er etwas unanständiges getan. Und vor allem verstand er nicht, warum auch Leirâ auf einmal so bissig klang.
    Alrik meinte, dass es sich um ein Gasthaus handeln würde, was ihm beinahe ein Seufzer entlockt hatte. Was würde er nicht alles für ein Bett tun, ein schönes weiches Bett, wie er es im Zirkel immer gehabt hatte. Also folgte er den anderen zu der Tür, ohne den kalten Blick der Orlaisianerin zu beachten. Würde er für jeden dieser abfälligen Blicke ein Kupferstück bekommen, hätte er seinen eigenen Schatz zusammen, ehe sie am Ziel der Schatzkarte angelangt waren.
    Während der Bursche den Augen hinter dem Sehschlitz der Tür erklärte, was sie in diese Ecke des Waldes trieb, faselte der irgendetwas von Armbrüsten und sprach mit einigen weiteren Personen, die sich irgendwo hinter der Tür aufzuhalten schienen.
    Ziemlich schwere Bewachung für ein einzelnes Wirtshaus, dachte er. Woher kriegt er nur das Geld, um diese Männer zu bezahlen? So viel ist hier sicherlich nicht los.
    Erst nach einiger Zeit und einigen Erklärungen Alriks wurden sie eingelassen.
    Der Mann hinter der Tür – übrigens der einzige Mann, die anderen waren wohl entweder weiter oben oder schlichtweg erfunden. Rhaego vermutete das letztere. War aber eine gute Idee, sollte er sich vielleicht für ähnliche Situationen merken – hieß sie nun merklich freundlicher, fast schmierig, willkommen, obwohl er sie immer noch recht merkwürdig musterte. Als wollten sie ihn ausrauben. Darüber konnte Rhaego nur den Kopf schütteln. Räuber sahen doch anders aus.
    Während Alrik mit dem Mann über die Betten sprach, sah der Magier sich neugierig um. Er war noch nie in einem Gasthaus gewesen – zumindest nicht in den letzten Jahren. In seinem Heimatdorf hatte es eine Schenke gegeben, doch daran erinnerte er sich lediglich noch grob. Ihm fiel auf, dass es hier ziemlich schmutzig war. Sogar einige Teller und Gläser standen noch umher. Im Turm hatten immer einige Novizen und die Besänftigten den Speisesaal gesäubert. Hätten sie ihn so hinterlassen, hätten sie wohl einiges zu hören gekriegt. Nunja, der Mann war ja auch alleine und hatte als einzige Hilfe seine Frau, die momentan hinter ihm stand und die Neuankömmlinge finster musterte.
    Rhaegos Schultern schmerzten und so setzte er seinen schweren Rucksack ab und ließ ihn auf einen der Tische fallen. Bei dem dumpfen Geräusch wandten sich alle kurz zu ihm um, doch das war ihm egal. Sein Rücken schmerzte, seine Füße schmerzten, er war todmüde und die beiden stritten sich um einen angemessenen Preis für die Übernachtung. Einen Moment lang überlegte er, ob er das Gespräch vielleicht beenden sollte, indem er einfach den Einfluss des Turms ins Spiel brachte. Doch dann verwarf er diesen Gedanken rasch wieder. Der Wirt hätte ihnen vielleicht ein Bett gegeben, doch in der ganzen Umgebung wäre dann bekannt, dass ein Magier ohne Begleitung durch die Gegend stromerte. Er hatte zwar die offizielle Erlaubnis, dennoch zog er es vor, unerkannt zu bleiben. Zumindest solange sie in der Nähe des Turms waren.
    Also ließ er sich einfach nur müde auf einen der Plätze neben seinem Rucksack sinken und wartete.

  5. #25
    DA-FRPG only Avatar von Leirâ Ven
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    Leirâ hatte Mühe, Alriks letzten Satz zu verstehen. 'Gasthaus'. Was sollte das sein? Haus... Haus war das eigentliche Wort für diese Stein-Aravels, wie ihr bald einfiel. Und natürlich kannte sie das Wort 'Gast', doch warum dieses Haus zu gast sein sollte... Vielleicht zu Gast im Walde?
    Nein. Diesen Gedanken verwarf sie rasch wieder. dafür hatten die Shemlen zu wenig Respekt vor Letzerem. Wie auch immer, all diese Überlegungen wurden alsbald hinfällig, denn sie erreichten den Steinbau. Und da hörte sie es: Schwach, verschlafen, aber nichtsdestotrotz furchterregend: Geschnatter. Es kam von irgendwo hinter dem Haus.

    Der Klang dieses Lautes verwandelte die Jägerin in ein kleine Mädchen, dunkle Schatten über ihr, Gefieder das sie umhüllte.

    Dumpfe Schläge holten sie ins Jetzt und Hier zurück, als Alrik wider die Tür schlug. Sie zuckte zusammen, was Schmerz durch ihre Flanke zucken ließ. Ein Zittern lief durch ihren Körper, ihre linke Hand verkrampfte, in der Gurte, Schwert und Bogen ruhten. Sie stand da wie eine aufgeschreckte Katze, starrte unentwegt in Richtung des Geräusches. Angst glitzerte in ihren Augen. Beiläufig bemerkte sie, wie ihre Gefährten das Haus betraten. Langsam folgte sie.
    Darinnen überschattete dann etwas anderes das Unwohlsein ob der Anwesenheit der gefiederten Dämonen hinter dem Haus: Die Blicke der fetten Shemlen. Wie sie sie anstierten. Ein seltsames Tier, bei dem man sich noch nicht sicher sein konnte, ob es biss oder nicht. Sie schenkte den, selbst für Shemlen- Verhältnisse viel zu massigen Leuten einen unfreundlichen, herausfordernden Blick, überließ Alrik das Reden.
    Stattdessen setzte sie sich an den nächstbesten Tisch, breitete ihre Habe auf diesem aus und fuhr behutsam mit der Hand über ihre Prellung. Mit einem Ohr hörte sie, wie der fette Shem zu Alrik sagte:
    "Betten nicht. Aber in der Dachkammer ist noch Platz, einige strohgefüllte Säcke sind auch noch oben."
    Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Doch sie wollte ganz sicher sein, auch wenn sie nicht wieder wie eine Närrin dastehen wollte. Sie neigte sich zu Rhaego, der ihr gegenüber saß, zu und raunte:
    "Ein... 'Gasssthaûs' ist ein Haûs, in dem man Gäste empfängt?"
    Hoffentlich hatte das niemand außer dem Magier gehört...

  6. #26
    DA-FRPG only Avatar von Rhaego Alcaryen
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    Auch Leirâ zog es offenbar vor, sitzend abzuwarten, bis Alrik und der Gastwirt sich geeinigt hatten.
    Rhaego sah ihr träge dabei zu, wie sie sich ihm gegenüber niederließ und ihre eigenen Sachen auf dem Tusch verbreitete. Ihre Seite schien sie noch immer stark zu schmerzen, so vorsichtig wie sie sich bewegte. Vielleicht sollte er sich doch überlegen, ob es einen Zauber gab, der ihr helfen konnte? Doch allein dieser Gedanke kostete ihn schon viel zu viel Kraft. Jetzt, wo er saß, wich alle Anspannung aus ihm und machte bleierner Müdigkeit Platz. Er spürte wie seine Glieder immer schwerer wurden. Auch seine Augenlider... einen Moment lang kämpfte er heftig darum, sie offen zu halten, dann kapitulierte er. Er hatte das Gefühl, immer weiter ins dunkel zu sinken, bis er die Geräusche des Gasthofs nur noch am Rande wahrnahm. Doch plötzlich riss ihn etwas aus seinen Gedanken.

    Das darf doch nicht wahr sein!, fluchte er im Stillen. Sie waren die ganze Nacht gelaufen und jetzt gab es hier nicht einmal richtige Betten?
    Der Satz hallte imemr noch in seiner Erinnerung. "Betten nicht. Aber in der Dachkammer ist noch Platz, einige strohgefüllte Säcke sind auch noch oben."
    Strohgefüllte Säcke? Ernsthaft? Er war doch kein Esel, der auf Stoh schlief.
    Ruckartig sezte er sich auf. Doch noch ehe er sich wütend zu dem Gastwirt umdrehen konnte, um ihn für diese Anmaßung zurechtzuweisen, raunte Leirâ ihm leise zu: "Ein... 'Gasssthaûs' ist ein Haûs, in dem man Gäste empfängt?"
    Rhaego zog die Augenbrauen zusammen. Machte sie sich über ihn lustig? Doch die Unsicherheit auf ihrem Gesicht wirkte echt. Wussten Dalish wirklich so wenig über die Welt außerhalb ihrer Aravels? Er wusste zwar aus seinen Sprachstudien, dass manche Dinge in jeder Kultur in einem anderen Kontext zu sehen waren. Und trotzdem - war das Wort Gast-Haus nicht irgendwie selbst erklärend?
    Die Aussage der Dalish schrammte haarscharf an der Wahrheit vorbei. Während er seine Ellbogen auf der Tischplatte aufstützte, die Hände in die gegenüberligenden Ärmel gesteckt, überlegte er einen Moment, wie er es genauer auf den Punkt bringen konnte, dann antwortete er eben so leise: "In einem Gasthaus... Ich weiß nicht genau, was Ihr unter Gäste empfangen versteht... auf jeden Fall nicht im eigentlichen Sinne. Es ist so, dass der Mann hier" - er wies mit dem Kinn auf den Gastwirt - "sein Geld damit verdient, dass er Reisenden die Möglichkeit einer Übenachtung bietet. Er stellt ihnen Betten zur Verfügung und warme Mahlzeiten. Und als Gegenleistung bezahlen ihn die Reisenden eben. Habt Ihr so etwas nicht bei den Dalish?", wunderte er sich. "Im Grunde haben beide etwas davon, sowohl die Reisenden als auch der Wirt. Der verdient Geld und seine Gäste haben eine bequemere Schlafmöglichkeit als draußen im Wald - zumindest normalerweise", fügte er knurrend hinzu, noch ein wenig leiser, während er an diese Strohsäcke dachte, die auf ihn warteten.
    Nunja, es war ja nur für eine Nacht. In Zukunft, sobald sie in einem bewohnteren Gebiet waren, würden sie sicher auch angemessenere Übernachtungsmöglichkeiten finden. Zumindest ging er davon aus...
    Geändert von Rhaego Alcaryen (16.08.2012 um 16:27 Uhr)

  7. #27
    DA-FRPG only Avatar von Juliette de Ludin
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    Juliette war alles andere als angetan, auf Strohsäcken schlafen zu müssen. Da sie aber die Illusion, das ihr als Hochadelige selbstredend etwas Besseres zustünde, längst begraben hatte konnte sie es auf ein resignierendes Rollen ihrer stahlgrauen Augen beschränken. Blaues Blut oder nicht, in Ferelden musste man lernen mit dem klar zu kommen was man sich nehmen konnte statt hier die verzogene Prinzessin von früher zu spielen. Das war sie nämlich nicht mehr. Sie war jetzt die hart gesottene Söldnerin, die schon deutlich schlechtere Quartiere hatte beziehen müssen als mit Stroh gefüllte Säcke in einer Dachkammer. Solang es dort oben wenigstens nicht von Ungeziefer, oder zumindest nicht allzu viel, wimmelte, es warm war und man sich nicht sorgen musste am nächsten Morgen bestohlen worden zu sein konnte sie mit so etwas leben.
    Bei anderen, wie bei dem Blondschopf, schien das nicht zuzutreffen, was leicht an seinem erzürnten Gesichtsausdruck zu erkennen war. Doch bevor er seiner Entrüstung gegenüber dem Wirt sprachlichen Ausdruck verleihen konnte sprach ihn Leirâ leise flüsternd an.
    Zuerst sah der Magier aus als glaube er man mache sich über ihn lustig ehe er nicht weniger leise der unsicher blickenden Dalish antwortete. Was sie aber nun auch besprachen Juliette verstand es nicht. Zum einen da sie nicht das Gehör eines Klingenohrs hatte und zum anderen das sie näher an dem mit Alrik diskutierenden Wirt stand.

    Schließlich einigten sich letztere auf einen Preis für die Übernachtung und eine Handvoll Silberstücke wechselte den Besitzer, was Juliette in Gedanken erleichtert ausatmen lies. Sie hatte schon befürchtet ebenfalls Geld zahlen zu müssen, sie war nämlich seit Loterhing immer noch völlig abgebrannt aber scheinbar hatte Alrik genug für sie alle vier gezahlt.
    Nachdem der Wirt probeweise in ein paar der Silbermünzen reinbiss führte er sie über eine Treppe hoch in den ersten Stock und von dort aus über eine Leiter in die Dachkammer. Auf dem Weg in den ersten Stock hatte sich eine Tür einen winzigen Spalt weit geöffnet um gleich drei paar von kindlicher Neugier aber auch Furcht erfüllter Kinderaugen einen Blick auf die vier ungewöhnlichen Gäste werfen zu lassen. Doch gleich darauf zischte die Wirtsfrau harsch den Nachwuchs an gefälligst wieder zu Bett zu gehen, worauf sich die Tür, begleitet von erschrockenem Keuchen derer dahinter blitzartig wieder schloss.
    Juliette musste schmunzeln während sie dem leicht übergewichtigen Mann die Steintreppe hoch folgte. Sie mochte Kinder eigentlich, wenn es sich nicht um kleine langfingrige Satansbraten handelte, wie es sie in Denerim zum Beispiel zu Dutzenden gab und fand die harsche Reaktion der Mutter etwas übertrieben. Aber andererseits: Schließlich waren sie vier Fremde und besonders der Magier wäre ganz sicher kein guter Umgang für Kinder. Es sollten schließlich keine falschen Sympathien zustande kommen wie es bei ihr selbst früher beinahe geschehen wäre. Die musste man nämlich sonst mit Ohrfeigen austreiben, ebenso wie bei ihr und das wünschte sie eigentlich keinem Kind.

    An der Leiter hoch zur Dachkammer bot Juliette der verletzten Leirâ ihre Hilfe an, obwohl sie bereits ahnte wie die Reaktion der Elfe wäre. Und sie hatte Recht. Die Dalish quälte sich alleine die klapprige Leiter hoch, was die Adlige mit gemischten Gefühlen und einen besorgten Blick bedachte. Sich schonen, ging anders.
    Schließlich kamen sie in der Dachkammer an als der Wirt meinte: „Hier wären wir. Wenn ihr etwas zu speisen wünscht werdet ihr aber bis Sonnenaufgang warten müssen. Um diese Zeit schenken wir nichts aus.“
    Der Schein seiner Laterne erhellte die kleine Kammer deren hölzerne Dachstützbalken mit Spinnenweben und Staub nur so behangen, während der Boden mit losem Stroh und den versprochenen Säcken bedeckt waren. Eine Edelunterkunft war etwas anderes. Juliette hoffe nur diese verdammten Spinnenviecher würden in ihrem gesponnen, klebrigen Reich bleiben statt sich zu ihnen herunter zu gesellen. Sie schauderte. Wie sie Spinnen doch hasste.
    „Habt dank, Herr Wirt.“, bedankte sich Alrik höflich als er seinen Rucksack in der Kammer abstellte und noch einmal zu dem Mann sah, doch der winkte ab.
    „Jaja, schon gut. Wünsche gut zu schlafen.“, brummte er mehr als das er sagte als er die Leiter bereits wieder herabstieg und seine neuen Gäste allein ließ. Offensichtlich hatte er seinen geschäftlichen Pflichten soweit genüge getan und geschlussfolgert dass die vier keinen Ärger machen würden dass sich seine eigene Müdigkeit wieder bemerkbar machen durfte.

    Einer nach dem anderen suchten sich die Gefährten Schlafplätze und versuchten sich diese so komfortabel wie möglich einzurichten. Juliette suchte sich einen Platz an eine der Ecken aus, von der sie den ganzen Raum und den einzigen Eingang genau im Auge behalten konnte. Einer ihrer nervösen Angewohnheiten die sich über die Jahre in diesem gefährlichen Land eingebürgert hatte. Außerdem läge sie nicht weit von Leirâ.
    Mit einem Sack als Kissen im Genick und ihrem Säbel im Arm, nachdem sie ihre restliche Habe hinter dem gewöhnungsbedürftigen Kissen versteckt hatte, seufzte sie. Wirklich müde war sie nicht. Jedenfalls nicht so sehr das sie selbst auf diesen Säcken würde gut einschlafen können. Vermutlich würde sie die halbe restliche Nacht brauchen um endlich ein Auge zu machen zu können und sich am nächsten Morgen wie gerädert fühlen. Aber sie nahm es hin, es blieb ihr schließlich nichts anderes übrig.
    Anders hingegen bei dem Magier. Rhaego schien sich mit dem Gedanken hier unter all dem Ungeziefer und Stroh zu schlafen nur schwer anfreunden zu können, was ihr ein fast schon hämisches Lächelnd auf die zerkratzen, vollen Lippen zauberte. Er war wohl andere Standards gewohnt. Kein Wunder wenn man sein Leben lang im Turm der Magier lebte. Wenn er jedoch wüsste dass er sich von diesem Luxus, nach Juliettes Erfahrung, für eine ganze Weile lossagen musste, wäre er vermutlich bleich vor Schreck geworden. Ein halbwegs komfortabler oder sicherer Schlafplatz war alles andere als Selbstverständlich, besonders wenn man auf dem Weg ins Frostgipfelgebrige war. Wie der Name schon sagte, würde es kalt werden. Vielleicht sollten sie sich noch ein paar Mäntel zulegen?

    Doch diesen Gedanken verschob sie fürs erste. Leirâ war schließlich verletzt und auch wenn sie sich noch nicht lange kannten, fing Juliette an sich immer mehr zu sorgen. Nur war sie sich nicht ganz sicher warum.
    Lag es daran das sie das Klingenohr nun doch anfing zu mögen, obwohl sie eine unausstehliche, ungebildete Wilde war, eine Angehörige eines seltsamen, fremden Volkes? Oder lag es einfach an Juliettes mitfühlenden Wesen oder schlicht daran, dass der letzte Rippenbruch den Juliette bei einem anderen Söldner, und das vor weniger als einem Monat, miterlebt hatte tödlich verlaufen ist?
    Leirâ hatte nicht wenig Schwierigkeiten dabei sich schmerzfrei zu betten als Juliette sich aufsetzte und sie besorgt ansprach: „Braucht ihr vielleischt noch ein paar Säcke? I´r könntet meine gern `aben.“

  8. #28
    DA-FRPG ONLY Avatar von Adriana-Sarunu Vedeejs
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    <--Lothering

    Die trockene Luft gefiel ihr nicht. Seit Tagen hatte es wohl nicht mehr geregnet. Die Sträucher, trocken wie Heu und die Bäume erinnerten, von ihrem Geruch her, eher an Holzkohle, als den von frischem Grün. Ein Hauch Lavendel lag in der Luft. Nicht all zu stark, aber vorhanden. Die Räder knarzten, als sie mit hoher Geschwindigkeit über den getrockneten Pfad liefen. Der Boden ähnelte einer Wüste. Blassbraun und spröde wie ungepflegte Lippen.
    Die Fahrt strengte an. Weil eine Verderbnis drohte und die Lebensqualität in Lothering rapide nachließ, man war sich keines Schrittes mehr sicher, verließen die Drei das Dorf. Seit nun knapp drei Tagen waren sie gen Westen unterwegs. Das ungewöhnliche Gespann besuchte unter anderem Redclif, frischte Güter und Informationen auf und versuchte mit den eingekauften Sachen, ihren Profit bei anderen herauszuschlagen.
    Adriana war ein Genie, wenn es ums Handeln ging. Sie wusste ihre weiblichen Reize einzusetzen und im Normalfall bekam sie auch das, was sie wollte. Selten schlug ihr ein Kunde das Geschäft aus und noch seltener verkaufte sie zum Einkaufspreis. Ihre Margen lagen im Schnitt bei knapp fünfzehn Prozent des für den eingekauften Preises. Ein beachtlicher Wert, da sich ihre Zunft eigentlich mit sieben bis zwölf Prozent zufrieden gab. Einige Male wurde sie des Wuchers und der Preistreiberei bezichtigt, doch stets konnte sie einer Verurteilung entgehen, wenn auch des öfteren nur knapp.
    Ihre Masche war immer die selbe: Zunächst haschte sie sich Kunden, die nach etwas alltäglichen suchten. Meistens waren es verheiratete Männer. Logisch, denn bei ihnen hatte Adriana die größte Erfolgschance. Die Frauen spielten ihr Spiel nur selten mit, dennoch versuchte sie des öfteren ihr Glück beim gleichen Geschlecht. Sie versuchte dem ersten Impuls ihrer Kunden zu entsprechen und versorgte sie mit der gefragten Ware, sofern sie denn vorrätig war. Im Anschluss daran, spielte sie ihre zweite Karte aus. Sie fing an davon zu erzählen, wie toll es doch sei, seiner Gattin ein passendes Geschenk mitzubringen, sie würde sich doch so darüber freuen und die Geste würde seiner Gattin zeigen, dass er nur sie im Kopf hatte. Einige Kunden gingen recht schnell auf diese Masche ein, andere bedurften da noch einer weiteren, spezielleren Betreuung. Hier spielte Adriana ihren wohl wichtigsten Trumpf aus: Ihre weiblichen Reize. Sie umkreiste den Ladentisch und schmiegte sich an den hin und her gerissenen Kunden, umspielte seine Konturen und hauchte ihm ein: „Mir würde solch ein Geschenk sicherlich gefallen.“, in die Ohren. Mit ihren Schenkeln tastete sie dabei schon nach der Libido ihres Kunden und sollte er Anstalten machen, die Ware doch nicht kaufen zu wollen, erinnerte sie ihn daran, dass seine Frau es wohl nicht mögen würde, wenn sie erführe, dass ihr Mann an andere Frauen, außer ihr und eventuell seiner Tochter, dachte. Dieses einfache und sogleich auch wirkungsvolle Verkaufsargument zog in neunzig Prozent aller Fälle.
    Über Stock und Stein zog sich der Weg manches Mal in eine Ewigkeit. Boomer machte ihren Job gut. Sie zog den Wagen und war noch immer Willens weiter voran zu gehen. Adriana verstand das weiße Knäuel nicht immer, aber sie war ihr für diese Mühe äußerst dankbar. Mehrfach rasteten sie an schwer einsehbaren Orten, um Dieben und Wegelagerern zu entgehen und die, die ihnen dennoch auflauerten, hatten nicht mit dem Einsatz der bepelzten Freundin gerechnet. Boomer passte auf die beiden Zweibeiner auf. Ein Leben ohne ihre treue Freundin konnte sich Adriana schon gar nicht mehr vorstellen, dennoch hatte sie bei jedem Angriff durch Außerhalb Angst um sie und ihr Leben. Sie würde es sich niemals verzeihen, sollte Boomer tatsächlich etwas passieren. Bislang hatten sie Glück gehabt und die meisten Diebe sind mit leichten Blessuren davon gekommen, aber wie lange würde diese Glückssträhne wohl noch anhalten?
    Ein neuer Morgen brach an und auch wenn die Reise mit dem Wagen bequemer war, als eine Reise zu Fuß, spürte die blinde Brünette die Schmerzen in ihrem Rücken. Am Horizont tat sich eine Schenke auf. Zumindest hoffte Adriana das, da sie das wohlbekannte Aroma aus Alkohol und gebratener Leber schnupperte.
    Der Karren hielt an. In der Nähe machte Kasha einen Bergquell aus und verschwand für kurze Zeit. Die drei wussten genau, dass sie nicht wie Gesocks dort erscheinen durften und begannen damit, sich frisch zu machen. Kasha besorgte eine Karaffe sauberes Wasser aus dem Bach, unweit der Haltestelle und schrubbte Adiranas Körper sauber. Während sich die Blinde, das Haar reinigte, wusch sich auch das Klingenohr rein. Kasha entpackte das saubere Gewand der Händlerin und kleidete sie ein. Das Korsett schnürte sie gewohnt fest, was wieder einen unterdrücktes Ächzen seitens Adrianas zur Folge hatte. Adriana glitt sich mit der Hand durch ihr luftgetrocknetes Haar und schob sie hinter die Ohren, was diese wieder in eine Linie brachte und gepflegt aussah. Kasha band sich wieder ihren geliebten Dutt. Ihr schwarzes seidiges Haar machte die Blinde des öfteren neidisch, ach wenn sich beide Haupthaare nicht, oder nur gering in ihrer Länge unterschieden, war das Haar ihrer stummen Freundin doch wesentlich leichter zu pflegen und das ist etwas, was sie nur zu gern gehabt hätte: Pflegeleichtes und dennoch schönes Haar.
    Sie spürte die weiche, aber kräftige Hand ihrer Begleitung auf ihrer Wange. Kasha gab das Zeichen, dass sie gut ausschaute, sie aber noch einen Handgriff erledigen musste. Adriana nickte leicht und spürte sofort, wie eine ihrer langen Strähnen zurück ins Gesicht gezogen wurde. Der Anblick, dieses kleine Detail gab ihr etwas geheimnisvolles, etwas, nachdem sich so mancher Mann verzerrte. Sie schmunzelte, bedankte sich artig bei ihrer Gefährtin und vernahm kurz darauf das bettelnde Gegrummel des Pelztiers. Boomer wollte auch gewaschen werden, was sie lautstark bekannt gab. Adriana lachte. Langsam tastete die Händlerin nach der Karaffe. Ihre Finger tänzelten über den Rand des Wagens, erspürten jede noch so kleine Unebenheit im Holz und fanden alsbald den kalten Ton des Gefäßes. Schwungvoll griff sie in den Henkel und drehte die Karaffe und sich selbst um. Das Wasser flog im hohen Bogen durch die Luft, sie konnte das Plätschern und das Zischen hören, aber der gutgemeinte Regenfluss endete einige Zentimeter vor den Pranken der Bestie. Boomer war enttäuscht und Adriana entschuldigte sich aufrichtig bei ihr. Murrend ließ sich der Bär wieder vor den Wagen spannen. So lustig und befreiend die kurze Rast auch war, sie mussten weiter. Das Geld würde sich leider nicht von alleine in ihren Taschen vermehren und Hunger hatten sie auch.
    Viele Leute starrten das ungleiche Gespann an. Einige aus Furcht vor dem Bären, andere aus Neugier auf die Fremden. Wann sah man schon mal einen Eisbären aus dieser Distanz? Mit einem elegantem Sprung, setzte Kasha ab. Sogleich fing sie mit der Versorgung Boomers an.
    „Wirt!“, verlangte Adriana lautstark.
    „Wirt, komm raus!“
    Die Tür ging knarrend auf. Ein dicklicher Mann, angegraut und Schnauzbart. Definitiv war er weit über die Hälfte seines Lebens hinaus. Murrig schaute er mit müdem Blick gegen die aufgehende Sonne. Eine Hand hielt er sich vor das Gesicht, schirmte damit die überschüssigen Sonnenstrahlen ab. Er blinzelte einige Male. Dann erkannte er die Schöne, die auf dem Wagen saß und nach ihm gerufen hatte.
    „Was wünscht ihr?“, begann er mit doch leicht erheiterter Stimme. Scheinbar traf er nicht so oft auf Liebreiz wie den der blinden Händlerin.
    „Kommt näher, helft mir herunter.“, gebot ihm Adriana. Sie streckte die Arme aus und suchte nach dem Halt des Wirtes. Seine Arme waren weich, aber dennoch stark genug, sie vom Fahrerstand zu heben und sanft auf den Boden gleiten zu lassen. Seine teigigen Hände umschlossen ihre Hüfte fast zu Gänze. Adriana streckte ihren Rücken durch, was ihr zum einen, einen stabilen Halt gewährte und zum anderen, dem Wirt die Sinne raubte. Denn sein Blick ruhte auf der nicht gerade kleinen Oberweite der Händlerin. Sie hatte ihn in ihren Bann gezogen. Er würde ihr wohl so schnell keinen Wunsch abschlagen. Adriana hoffte nur, dass seine Frau, zumindest ging sie davon aus, dass er eine hatte, nicht all zu eifersüchtig war. Nichts war harscher, als ein wild gewordenes Eheweib. Sie musste es wissen, sie war schon der einen oder anderen begegnet.
    „Vielen Dank.“, entgegnete sie ihm, sein schüchternes Lächeln hörend.
    „Keine Ursache, hübsche Dame.“
    Adriana lachte: „Danke. Ihr schmeichelt mir. Würdet ihr mir bitte meinen Stab vom Wagen geben und mich dann in eure Schenke geleiten? Wir sind hungrig, haben seit Tagen nichts richtiges mehr gegessen.“
    Wieder hörte sie sein Lachen. Dieses Mal schien sich aber mehr dahinter zu verbergen.
    „Natürlich. Kommt folgt mir.“
    Der Mann machte eine Geste. Wahrscheinlich streckte er seinen Arm in die Richtung des Schankraums. Adriana lächelte leicht und gestand dann ihr Handicap.
    „Tut mir leid, Wirt. Ich wurde meiner Sehkraft beraubt. Ihr müsst mich schon in den Raum führen.“
    „Natürlich, verzeiht mir…“, und endlich schien der Mann den Beruf der Blinden erkannt zu haben und fügte ein mehr verdutztes, als ernstgemeintes: „…Händlerin?“, hinzu.
    Adriana nickte leicht schmunzelnd und hielt ihm die Hand hin. Der Mann, leicht stutzig, trat näher an sie heran. Er winkte ihr vor ihren Augen, um zu prüfen, ob sie tatsächlich blind sei.
    „Irritiert euch das so sehr, Wirt? Ja, ich kann nichts sehen. Da ändert auch unnützes Gefuchtel mit der Hand nicht und bevor ihr fragt, ich habe den Windzug auf der Haut gespürt.“, erklärte sie freundlich.
    „Nun kommt, führt mich hinein in eure gute Stube.“
    „Ja, natürlich. Verzeiht.“
    Adriana lächelte ihn an. Ihre Hand legte sie auf seinen angewinkelten Unterarm. Langsam führte der Mann sie in die Gaststätte und bot ihr seinen saubersten Platz an. Adriana nahm dankend platz.
    Die Geräuschkulisse war verlockend. Um diese Tageszeit schien schon ziemlich viel los zu sein. Stimmen, die meisten davon Männern zugeordnet, füllten die Stille. Frohsinn und Alkohol füllten die Gedanken der Gäste und nun auch der Anblick der blinden Händlerin. Der Ort an sich war eher düster. Kleine Fenster ließen nur wenig Licht in die Kammer und die Luft war auch nicht mehr die frischeste. Adriana hörte sich um. Langsam konnte sie aus dem Gewirr der Stimmen und Geräusche ein Muster heraushören. Es war eine Bande Söldner, die sich hier eingemietet hatte. Offenbar redeten sie von einer verschwunden Prinzessin oder der Gleichen aus Orlais, einem Nachbarland Fereldens. Sie spitzte weiter die Ohren. Sie hörten Gerüchte über einen mächtigen Mann, den der König aus sandte, sie zurück zu bringen. Angeblich wurde sie entführt und dem edlen Befreier lockte eine großzügig bemessene Belohnung. Sie grinste, kannte sie doch die etwas offiziellere Version. Immerhin hatte sie mitbekommen, wie ein ganz und gar geschäftiger Mann in Lothering die Schenke auseinander nahm und der Wirtsfamilie ordentlich drohte. Leider hatte sie seinen Namen nicht verstanden. Sie war sich nicht einmal sicher, ob er ihn überhaupt genannt hatte. Wen er allerdings suchte, wusste sie ganz genau: Juliette de Ludin. Die Tochter des mächtigen Lord Maxime de Ludin. Ehefrau und Witwe eines gewissen Kylian de Rozier. Den Gerüchten zur Folge, hatte sie ihren Mann in der Hochzeitsnacht getötet und war dann verschwunden. Warum man sie allerdings hier in Ferelden vermutete, wusste sie nicht zu beantworten. Die freien Marschen wären da das wohl sicherere Versteck gewesen.
    Wie Adriana befürchtet hatte, war das Eheweib des Wirtes dann doch ziemlich eifersüchtig auf die holde Maid, die er am nobelsten, weil saubersten, Tisch geparkt hatte. Garstig und grimmig stellte sie ihr den Teller mit der frischen gebratenen Leber und den Kartoffeln auf den Tisch. Daneben den Becher Wein, den ihr Gatte geöffnet hatte, um sie zu begrüßen. Die Frau musterte das Mädchen genau.
    „Vielen Dank.“
    „Bild dir bloß nichts drauf ein, Mädchen. Ich weiß, was du vorhast.“
    „Ach, ja?“, brüskierte sich die Händlerin.
    „Ja.“
    „Nun gut. Dann wisst ihr auch, dass mein Bär ebenfalls Hunger hat. Bitte geht, deckt einen zweiten Teller für meine Begleitung und versorgt meinen Bären draußen. Danke sehr, Wirtin.“
    Sie musste ihre ganze Willenskraft aufwenden, um nicht wie ein kleines Mädchen aufzulachen. Adriana richtete ihren Blick, kalt und leer, auf die Wirtin, versuchte sich ihr Gesicht vorzustellen. Wie sie voller Wut die Augen zusammenkniff und die Zähne wetzte.
    „Pah!“, stieß sie wütend hervor und verschwand wieder in der Küche, aus der man Sekunden später, lautes, aber unverständliches Gekeife ihrerseits vernahm.
    Kasha schloss sich ihr an. Sie setzte sich neben ihre Freundin und lehnte sich erst einmal an sie an, umarmte sie. Ein Zeichen. Das Zeichen für „Danke schön.“
    „Kein Problem, Kasha. Was ist mit Boomer?“, erkundigte sich die Blinde, worauf Kasha ihr die Hand beruhigend auf den Unterarm legte. Sie war also versorgt. Kein Grund zur Aufregung. Adriana wusste, dass die Bärin keinen Ärger verursachen würde und dem war auch so. Boomer schlang ihre Portion rohes Fleisch herunter und legte sich dann in die warme Morgensonne um zu dösen. Wie menschlich der Bär doch wirkte.
    Der Wein rann ihre trockene Kehle entlang und das feine Aroma der Leber stieg ihr in die Nase.
    „Lass es dir schmecken, Kasha.“, wünschte sie ihrer Freundin und begann dann selbst das Mahl. Gebratene Leber zum Frühstück. Ferelden war toll, das Essen war toll. Frühstück war die wichtigste Mahlzeit des Tages und dieses hier, wenn auch von einer eifersüchtigen Zicke zubereitet, war sehr gut. Sie ließen sich lange Zeit und genossen das zarte Fleisch. Doch kurz bevor sie die Teller geleert hatten, wurde die Tür, mehr kraftvoll, denn wütend, aufgestoßen. Ein Mann, ungefähr Adrianas Alter, betrat den Schankraum und blickte sich suchend um. Festen Schrittes hielt er auf die Theke zu. Der Wirt war gerade damit beschäftigt, seine Becher zu putzen, als der Mann mit orliasianischem Akzent nach einer Frau fragte.
    War es so, dass sie wirklich hier in der Gegend war? Adriana horchte auf, konnte der Beschreibung des Mannes entnehmen, dass es sich tatsächlich um Juliette handeln musste. Langsam streckte sie ihr Bein aus. Die Söldner im Hintergrund fingen an zu tuscheln und ihr Anführer ging auf die Theke zu.
    „Verzeiht mir, Herr.“, sprach er den Ausländer an.
    „Eventuell könnten wir euch bei der Suche behilflich sein.“
    Der Wirt suchte eingeschüchtert das Weite. Offensichtlich fürchtete er um Leib und Besitz. Er bat die Herren nur darum, kein all zu großes Chaos anzurichten. Adriana musste schmunzeln, als sie seine Verwünschungen hinter sich hörte und sich in die hinterste Ecke des Gastraumes verzog, um das Treiben zu beobachten.
    Der Orlaisaner schlug dem Söldner, der um einiges größer war als er selbst, mit der flachen Hand auf die Stirn. Ein helles Klatschen durchschoss die Luft und gelangte an die empfindlichen Ohren, die grazil das brünette Haar Adrianas zurückhielten.
    „Wenn isch eure ’ilfe benötige, sag isch eusch schon Bescheid und nun verpisst eusch.“
    Der Mann hatte sich klar und deutlich ausgedrückt. Gefallen hatte sie schon in diesen wenigen Augenblicken an ihm gefunden.
    Der Söldner wollte Anstalten machen, doch der Orlaisaner erstickte sie im Keim. Er drehte die Hand des Söldners mühelos auf den Rücken und hämmerte seinen Kopf auf die Theke. Schmerzschreie waren zu vernehmen und Adriana musste einige Sekunden innehalten.
    Er flüsterte ihm etwas, selbst für Adriana, unverständliches Zeug in die Ohren. Dann brach er ihm die Hand und ließ ihn gehen. Das Knacken der brechenden Hand hallte noch etwas in der Ohrmuschel Arianas nach. Ein widerliches Geräusch, wie sie empfand. Kurz schüttelte sie sich.
    „’abt i’r das verstanden?“, richtete er seine Frage mit einem drohenden Unterton an den Söldner.
    Der Mann nickte eifrig und hielt sich die Hand vor Schmerz. Garantiert würde er sich nicht mehr in die Angelegenheiten des Häschers einmischen. Dieser ging nun durch die Schänke, fixierte die Söldner, die sich wieder ihren Bechern Met zu wandten und schien den Wirt zu suchen.
    Adriana, die mit ihrem Fuß endlich den ihr gegenüberliegenden Stuhl fand, stieß ihn kratzend vom Tisch weg, bot dem Jäger somit eine Möglichkeit sich zu setzten, sich einmal auszuruhen. Während der ganzen Eskapade hatte sie es sich nicht nehmen lassen, ihre Speise weiter zu verzehren, aber sie hatte auch gemerkt, dass der Mann müde war.
    „Bitte, setzt euch doch zu mir.“, gebot sie dem Angst einflößendem Mann, ihren Blick ungefähr in seine Richtung gerichtet und von einigen ihrer leicht gewellten Haare verdeckt. Kascha hielt sich am Arm der Blinden fest. Für Außenstehende sah es so aus, als wären die Beiden ein Paar, doch das Klingenohr hatte Angst. Angst vor dem Mann, vor dem Häscher der Adligen und auch Adriana schlug das Herz bis zur Kehle. Immerhin, konnte sie ihn nicht einschätzen und in einem unbekannten Gebiet war sie mehr als nur aufgeschmissen. Adriana wandte sich um, suchte in dem Raum nach der Stimme des dickbäuchigen Mannes, der die Schenke betrieb: „Wirt! Mehr Wein und einen Becher Met für meinen Freund hier... Bitte!“

  9. #29
    DA-FRPG only Avatar von Leirâ Ven
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    Gasthaus im östlichen Bannorn,
    kurz nach Mitternacht



    Die Dalish schüttelte langsam den Kopf.
    "Beim Volk empfangen wir jeden in unseren... Wie sagt ihr dazu? Zelten. Jeder ist willkommen. Auch solche aus anderen Klans."
    Geld, also diese Metallstücke dafür zu verlangen, nur weil jemand unter seinem Dach schlief, erschien der Jägerin mehr als seltsam. Sie schüttelte abermals den Kopf. Beim Essen war das schon etwas anderes, dennoch teilte das Volk zumeist die Mahlzeiten mit den Gästen. Wozu empfing man sie sonst? Und bei den 'Klingen des langen Weges' hatte es auch stets genug Jäger gegeben, damit Alle satt wurden. Allerdings...
    "...Sind wir auch nicht so verstreut wie ihr. Wobei, eigentlich schon. Talon'din lässt uns nur selten Pfade kreuzen, außer zu den großen... Versammlungen?"
    Rhaego ignorierte ihren fragenden Blick ob des Wortes, die Aufmerksamkeit überdeutlich nach hinten gerichtet. Er hatte den Kopf gedreht. Dann wurden sie auch schon von Alrik herüber gewunken. Seufzend machte die Dalish sich daran, ihre Habe einzusammeln. Schwer genug, alles so zu tragen, dass es nicht allzu sehr schmerzte, schien ihr diesmal niemand auch nur Hilfe anzubieten.
    Das habe ich jetzt davon, dass ich meine Bürde stets selber trage. Denn ihr Stolz verbat es, einen der Umstehenden zu fragen.

    Sie verteilte in langsamen Bewegung die Last auf die rechte Schulter, hing sich den Köchergurt um den Nacken und folgte. Eine kleine Treppe hinauf, in einen Flur. Über das Knirschen ihrer Zähne, die Müdigkeit und ihre Versuche, den pochenden Schmerz in ihrer Seite zu ignorieren bemerkte sie die halboffene Tür erst, als die Gastmutter ihre Kinder zurecht pfiff. Müde hob sie den Blick.
    Drei kleine Augenpaare waren auf sie gerichtet.
    Die Kinder sehen denen vom Volk ähnlicher als die Erwachsenen. ging es ihr durch den Kopf. Abgesehen von den Ohren natürlich. Und diesem ganzen Speck im Gesicht. Bei Mythal, die Shemlenkinder hatten keine Wangen, da hingen fleischerne Säcke in deren Gesichtern. Mehr Fleisch an einer wohlgenährten Bache.
    Wie auch immer, die Mutter scheuchte ihre Jungen, welche im Besonderen die Dalish lange und ausgiebig angestarrt hatten, wieder zurück in das Zimmer. Dann erreichten sie die Leiter, was Leirâ ein langgezogenes Stöhnen entlockte.
    Ob es an besagtem Stöhnen lag, oder einfach daran dass sie verletzt war, die Gruppe drehte sich zu ihr um. Juliette, die ihr am nächsten stand, erkundigte sich ob sie Hilfe benötigte.
    Der Jägerin erster Impuls war, die Kämpferin anzukeifen sie solle sich zum Schreckenswolf scheren, doch sie konnte diesen Impuls gerade unterdrücken, den Mund bereits geöffnet. Juliette hatte ihr geholfen, ihre Verletzung versorgt und war, zumindest in jüngster Vergangenheit, durchaus freundlich ihr gegenüber gewesen. Warum also stellte sie sich quer? Warum die Hilfe nicht einfach annehmen?

    Vir Bor'Asan., selbst ihre Gedanken klangen wie ein müder Seufzer.
    "Nein, Julliêt'. Es geht schon.", meinte sie dann und machte sich daran, mit nur einem arm die Leiter zu erklimmen. Mit dem linken arm eingeharkt, den Schöpfern sei dank war sie Linkshänderin, schob sie sich nur mit den Füßen die schmale, wackelige, alles andere als stabil angelehnte Leiter hinauf. Nun gut, vielleicht stand die Leiter auch ganz stabil und sie war es, die so wankte.
    Kleine Flammen waren in ihrer Seite entfacht, all ihre Habe hing an ihr, schwankte wie von starkem Wind gepeitscht. Zwischen der vierten und der fünften Sprosse tastete ihr Fuß ins Leere, das Gleichgewicht ging verlustig und sie wankte, klammerte sich reflexartig mit aller Kraft an die Leiter. Das Feuer entfachte, größer, stärker. Sie biss die Zähne zusammen. Schloss die Augen.
    Finde dein Gleichgewicht!, zwang ihre Gedanken zur Ruhe. Gemächlich zog sie den Fuß zurück, setzte ihn auf die Sprosse. Das Brennen ihrer rechten Rippen lies nach, sie hob den Kopf. Nur noch drei Sprossen. Zwei. Eine. Die Luke...
    Sie lehnte sich, Rücken zuerst, wider die Leiter und begann, nur mit der Linken, ihre Sachen auf den Dachboden zu schaffen. Dann schließlich stemmte sie, noch immer nur eine Hand, in den Boden und drückte sich mit den Beinen in die Kammer.

    erschöpft schaute sie hinunter. Als sie sah, wie ihre Gefährten die Leiter nahezu hinauf sprangen, spürte sie wieder Stiche in ihrer Flanke. Diesmal waren jedoch nicht die Rippen der Grund, vielmehr der Neid. Doch sie heilt sich nicht lange damit auf, machte sich eher daran, sich ihrer Stiefel, der Waffen, der Gugel und der Handschuhe zu entledigen. Derweil Alrik dem Wirt eine gute Nacht wünschte, oder umgekehrt, wirklich darauf achten tat die Jägerin nicht, wickelte sie ihren Mantel von dem Köcher ab, um diesen als Decke zu gebrauchen. Was sich als deutlich schwieriger herausstellte als gedacht, denn sich auf diesen verfluchten Säcken einigermaßen bequem und vor allem schonend zu betten war alles andere als einfach. Immer und immer wieder drehte sie sich, zischte durch zusammengepresste Zähne ob des Schmerzes, drehte sich wieder. So ging es eine ganze Weile, ehe Juliette,. welche sich neben ihr niedergelegt hatte, plötzlich das Wort an sie richtete:
    „Braucht ihr vielleischt noch ein paar Säcke? I´r könntet meine gern `aben.“

    Leirâ schaute die Kämpferin nur an. Selbst ihre Elfenaugen konnten in der dunklen Kammer kaum etwas erkennen, nur durch ein, mit einem löchrigen Holzvorhang verkleideten Fenster in der Wand zu ihrer Linken, an der Juliette lag, drang schwach das Licht des Mondes und er Sterne herein. Ihr gegenüber lag Rhaego, links neben diesem, an derselben Wand wie Juliette, Alrik. Der bereits leise schnarchte. Im Gegensatz dazu drang von dem Magier her leises Fluchen an ihr Ohr, der, ähnlich unruhig wie sie selbst, offensichtlich Probleme hatte einzuschlafen. dann drehte sie wieder den Kopf zu Juliette, die Augen der Elfe leuchteten im schwachen Sternenschein auf, die Pupillen vielleicht noch einen Tick größer als üblich. Die Kämpferin saß ihrerseits aufrecht auf ihrer Schlafstatt, schaute sie aus großen Augen an. Neben den Narben glaubte Leirâ, noch weitere Linien in der Anderen Gesicht erkennen zu können, doch das mochte sie sich in der Dunkelheit nur einbilden.

    "Ma serannas, Juliêt'. Aber es wird schon gehen." In ihrer Stimme schwang aufrichtige Dankbarkeit mit.
    "Ich wandle bereits seit Jahren auf den Pfaden Andruils, ich habe schon schlimmeres überstanden. Aber...", sie biss sich auf die Unterlippe. Nun mach schon, du weißt, dass es richtig ist!
    "Deine... Sorge ehrt mich."

  10. #30
    DA-FRPG only Avatar von Juliette de Ludin
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    Juliettes besorgter Blick löste sich nur kurz von ihrer elfischen Begleiterin, während sie die richtigen Worte suchte. Zum einen wollte sie nicht zu fürsorglich, wie ein närrisches Weib erscheinen, zum anderen wollte sie aber auch nicht zu grob klingen. Leirâ musste sich schonen und sich helfen lassen, doch anscheinend verbat es ihr ihr Stolz als Dalish oder dergleichen, eben das zuzulassen. Unvertraut kam das der Adligen nicht vor, sie hatte früher durchaus ähnlich gedacht, doch gerade deshalb wusste sie dass wenn es nötig wäre man über seinen Schatten springen und den Stolz herunterschlucken musste. Sie selbst war der lebende Beweis.
    „Wisst i`r?“, begann die Söldnerin diplomatisch als sie den Blick wieder hob. „I´r schont eusch nischt genug. Es wäre wirklisch kein Problem für misch etwas von eurer Last tsu überne`men und i`r würdet in meinen Augen dadursch keinesfalls irgendwie schwach daste`en oder dergleischen.“

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