Elysium – Außenbezirke >>>>
Elysium – Slums
Nika tapste mit ihrem rechten Fuß ein wenig in der Pfütze herum, die sich in einem der vielen Schlaglöcher gesammelt hatte. Vor einigen Minuten, etwa zehn, wenn sie hätte schätzen müssen, hatte sie sich von Daniels und seinem eigenartigem Team getrennt und wartete seitdem auf das Taxi, welches sie zurück in ihre schmuddelige Unterkunft – quasi ihrer Operationsbasis auf Elysium – zurückbringen sollte. Bis dahin jedoch musste sie alleine, dafür jedoch wieder in ihrer liebsten Freizeitkleidung, in dem menschenleerem Nichts des Industrieviertels warten, was schnell dazu führte, dass ihre Gedanken zu dem Kleid abdrifteten, welches sie auf dem Shuttle zurückgelassen hatte. Der Agentin zog ein unwohler Schauer über den Rücken, als sie sich vorstelle, was Daniels pubertäre Crew damit wohl so alles anzustellen vermochte.
Jayden ist vermutlich aber eh ganz anders gepolt. Kam es ihr dabei in den Sinn, als sie sich die mickrige, zurückhaltende Gestallt nochmal vor Augen führte. Innerhalb weniger Sekunden schüttelte sie all diese Überlegungen jedoch mit einem gedanklichen Schulterzucken ab - Solang es ihm gefällt. – und schenkte ihre Aufmerksamkeit vollkommen dem Fahrzeug, welches nun langsam aber zielsicher vor ihr zum stehen kam.
„Komm ‚se rein, können ‚se rausguckn!“ Hallte es Nika sofort durch das nun geöffnete Beifahrerfenster entgegen, wobei sich entgegen jeder Erwartung nicht das Gesicht eines jugendlichen, viel zu heiteren Nachwuchsfahrers zeigte, sondern das einer Frau, die ihre Großmutter hätte sein können. „Ich hab sogar Fenster einbauen lassen!“ Führte die Fahrerin ihren Witz fort, während die Agentin sich auf einem der Rücksitze nieder ließ, die Tür zuknallte und anschließend ihre Tasche vorsichtig neben sich fixierte. „Sie sehen ja aus, wenn ich doch auch nur noch so jung wäre. Wohin darf ich Sie denn bringen?“
Sowohl auf den Willkommensscherz als auch auf den plötzlichen Themawechsel reagierte die Agentin lediglich mit einem, teilweise verlegenem, Lächeln. Erst danach nannte sie ihr Ziel und lehnte sich auf dem abgenutzten Sitz zurück. Wie sehe ich denn aus? Durch die Aussage der Fahrerin, die das Taxi nun in Bewegung setzte, neugierig gemacht beugte Nika sich doch wieder etwas vor und versuchte so gut es ging ihr Spiegelbild in der Scheibe zu erkennen. Der Anblick, der sich ihr bot, war jedoch nicht ungewöhnlicher als sonst auch – ein junges, asiatisches Gesicht, dass von ein paar braunen, durch die Nässe und Dunkelheit jedoch fast schwarzen, Haarsträhnen verziert wurde und aus welchem ihr aufmerksame und suchende violette Augen entgegen sahen. Ich sehe doch aus wie immer.
Nika verbrachte einen Großteil der Fahrt damit, sich nach Gründen ab zu suchen, durch welche die alte Frau auf das Sie sehen ja aus. kommen konnte. Letzten Endes gab sie jedoch resignierend auf und freundete sich mit der Möglichkeit an, dass lediglich ihr durchnässtes Erscheinungsbild gemeint war. Ihre Aufmerksamkeit galt nun wieder dem Ausblick, welcher sich durch den anhaltenden Regen und die aschgrauen Gebäudewände jedoch nicht als besonders detailreich herausstellte. Das Highlight waren die Menschen, die ab und an mal zu sehen waren, jedoch auch nur dann, wenn sie etwas auffälliges, etwa rot oder blau, trugen.
Bis auf diese Kleinigkeit, die Nika schnell langweilte und sie dazu brachte, sich doch wieder zurückzulehnen und die Augen zu schließen, verlief die Fahrt vollkommen ereignislos. Das Großmütterchen stellte sich als doch nicht so gesprächig heraus, wobei Nika schnell die Möglichkeit in Betracht zog, dass sie sich einfach zu sehr auf das Fahren konzentrieren musste. Oder war ich unfreundlich? Schoss es ihr plötzlich durch den Kopf, wobei sich ihre äußere Mimik nicht veränderte. Ich hoffe ich war nicht unfreundlich, vielleicht hätte ich einfach mehr sagen sollen? Nicht, dass ich ihr jetzt Angst eingejagt habe, Elysium ist immerhin das Grabmal der Taxifahrer. Für einen Moment dachte sie an die vielen Nachrichten zurück, in welchen fast immer auch von einem ermordetem Taxifahrer die Rede gewesen war, wodurch sie schnell den Eindruck bekommen hatte, dass tote Taxifahrer eine Touristenattraktion von Elysium waren.
„Wir sind da.“ Verkündete die Großmutter und sagte damit das erste Wort seit Beginn der Fahrt. Nika dagegen öffnete die Augen und spähte aus dem Fenster, nur um dann festzustellen, dass sie wirklich da waren. Mit einem gleichermaßen freundlichen wie ehrlichem „Vielen Dank!“ wandte sie sich wieder der Fahrerin zu, bevor sie allerdings die Chance hatte, den Fahrpreis zu zahlen, machte sich ihr PDA bemerkbar und rückte sofort in den Mittelpunkt aller Anwesenden. „Einen kleinen Moment bitte.“ Gab Nika als nächstes von sich, bevor sie – ohne auf eine Bestätigung zu warten – die erhaltene Nachricht öffnete. Jetzt sagt man mir, dass ich gute Arbeit geleistet habe, man stolz ist, mich dabei zu haben und wieso nicht alle so sein können wie ich! Oh, und man gibt mir einen Tag Ruhe!
Miss Adarrah,
zur Citadel, eine Buchung für 09:45 Uhr ist bereits vorhanden.
Ein flüsterleises Seufzen glitt über Nikas Lippen, dann musste sie jedoch schmunzeln, wobei sie einen Blick auf die Uhrzeit warf. Wäre ja auch zu schön gewesen, bin ich eigentlich die Einzige, die hier irgendetwas macht? Beschwerte sie sich heiter bei sich selbst und den Göttern, bevor sie das kleine Gerät verschwinden ließ. „Könnten Sie vielleicht einen Augenblick warten?“
In diesem Augenblick erfüllte sich Nikas Befürchtung, denn das Gesicht der alten Frau verhärtete sich kurzzeitig und der leicht erschrockene und nicht sehr erfreute Ausdruck in ihren Zügen war kaum mehr zu übersehen. Sie glaubt, dass ich sie umbringen will! „Ich muss zum Raumhafen, ich würde nur schnell im Hotel vorbeisehen, das dauert keine Minute!“ Erklärte sich die junge Frau weiter und setzte dabei den liebsten und unschuldigsten Blick auf, denn sie auf Lager hatte. Der Einsatz schien erfolgreich zu sein, denn einige Atemzüge später entspannte sich die Taxifahrerin und bestätigte. „Ja, aber klar doch. Dafür sind wir ja da, wir Taxis!“ Nika ließ lediglich ein zustimmendes „Mhm!“ hören, bevor sie, mit ihrer Tasche unter dem Arm, das Fahrzeug verließ.
Die Agentin verbrachte zwar mehr als eine Minute in dem Hotel, verschwendete dabei jedoch keine unnötige Zeit und prüfte lediglich, ob sich noch etwas auf ihrem Zimmer befand, bevor sie die Rechnung beglich und sich dann über den Parkplatz und durch den Regen hindurch zurück zum Taxi kämpfte.
Uhrzeit: 09:08
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