Eigentlich dachte Juliette bis jetzt von sich, immer ihre Emotionen und sich selbst gut im Griff zu haben und alles andere als aggressiv zu sein. Aber diese Dalish stellte ihre Selbstbeherrschung, die sowieso ziemlich angekratzt war, auf eine harte, harte Probe. Vermutlich, nein, sicherlich hätte die Kleine nicht angegriffen, was sie selbst auf sarkastische Weise sprechend bestätigte. So richtig über die Situation oder über die Worte die Juliette dann aussprach hatte sie aber ohnehin nicht mehr achten können, so vor lauter Wut wie sie (immer noch) war. Vielleicht hatte sie auch schon fast gehofft, dass die Elfe tatsächlich angreifen würde, dann hätte sie möglicherweise etwas gehabt an dem sie sich hätte abreagieren können, dieser mörderischen Wut Luft machen. Im Nachhinein hätte sie sich dafür ganz sicher verflucht aber für den Moment wäre es sicherlich ziemlich befriedigend gewesen. Dass dieses Klingenohr es aber so provokant sagte und Juliette damit vorhielt sich lächerlich zu machen, brachte Angesprochene bei weitem nicht in Verlegenheit sondern einen gefährlichen Schritt näher zur Rage.

Juliette spannte die Kiefer an und starrte zornig zurück in diese, für menschliche Maßstäbe, unnatürlich große Augen, und ihre Knöchel traten unter dem ehemals feinen Leder der Handschuhe weiß hervor als sie ihren Griff um ihre Waffe immer mehr verstärkte. Was erlaubte sich diese verwilderte Elfe eigentlich? Wenn Blicke töten könnten, wäre diese Dalish nun eine ziemlich tote Dalish. Doch ihr Zorn entlud sich nicht da Alrik rechtzeitig zwischen die beiden Frauen ging und das Abkühlen der Gemüter verlangte.
Während er sich förmlich entschuldigte und sich wie seine Begleiterin mit Namen vorstellte ehe er eine fereldanische Verneigung tat, nahm die leicht rot angelaufene Juliette die Hand vom Griff ihrem edlen Säbel und ließ sie Fäuste ballend herunterhängen. Sie dachte nicht im Traum daran sich ebenfalls zu verneigen oder was, laut ihrer Erziehung, passender wäre, einen Hofknicks zu machen. Zum einen natürlich weil sie die Dalish für ausgesprochen unverschämt hielt und sie zum anderen, als Angehörige des Hochadels von Orlais, vor niemanden der ihr gesellschaftlich nicht zumindest gleichgestellt war das Haupt senkte. Sie musste sich noch zurückhalten um Alrik nicht barsch zu korrigieren. Zum einen sprach er ihren Namen eine Winzigkeit falsch aus, und zum anderen wäre Lady Juliette de Ludin, zumindest für diese Elfe, von nun an vorgeschrieben. Aber da es dieser Wilden höchstwahrscheinlich keinen Respekt einflößen würde, vielleicht sogar eher das Gegenteil, ließ sie es.

Nach einem oder waren das gleich zwei, Worte Dalish-Sprache stellte sie sich als eine Leirâ Ven von einem Klan der-was-auch-immer`s vor. Was auch immer sie danach sprach, Juliette hörte ihr nicht wirklich zu sondern zog nur misstrauisch eine Augenbraue hoch als sie das Schwert zog aber als diese Leirâ es augenscheinlich nicht benutzte wandte sie den Blick ab und warf einen schlecht gelaunten, aber nur kurzen Blick, irgendwo ins nirgendwo. Somit musste Juliette sie zumindest einen Moment lang nicht ansehen und konnte sich vorstellen irgendwo ganz wo anders zu sein. Vielleicht in einer guten Schenke mit netter Gesellschaft und noch netterem Alkohol, doch unterbrach sie den Gedanken ganz schnell wieder. Dieses verfluchte Teufelszeug hatte sie in das alles hier erst hinein geritten, da wollte sie nicht schon wieder daran denken. Sie bekam gerade noch mit wie Alrik fragte was sie denn eigentlich hier treibe.

„Ich lauere an diesem Weg euresgleichen auf, um eure Kinder zu rauben und zu fressen, wie ihr es mit den unseren getan habt.", meinte sie grinsend mit einem Blick zu Juliette, deren Mine so kalt wie der Stahl ihrer Waffen blieb. Als sich ihre kühlen Blicke kreuzten verzog die Orlaisianerin den Mund und verengte leicht die Augen während Leirâ ebenfalls ihr Gesicht verzerrte.
Plötzlich fing das Klingenohr an zu lachen. Der Spruch den sie geäußert hatte war wohl ihrer Ansicht nach nicht unkomisch aber um slebst auch nur einen kleinen Anflug von Humor aufleben zu lassen war Juliette doch noch deutlich zu gereizt.
„Das erzählt ihr euch wirklich vom Volk, nicht wahr?“, sowohl ihr Ton als auch ihre Mimik wurden wieder deutlich ernst. „Aber unsere Vettern haltet ihr wie ihr euer Vieh haltet, also könnt ihr euch kaum beschweren, wenn ich etwas... missgestimmt bin."

Inzwischen hatte sich Juliette wieder genug beruhigt um klar und logisch denken zu können, zumindest etwas. Sie wusste nicht was mit diesem eigentümlichen „vom Volk“ jetzt genau gemeint war, vielleicht meinte sie „vom Volk der Dalish“ oder so ähnlich aber eigentlich war es der Duellantin ziemlich egal. Dass diese Wilde aber behauptete ihre Gesprächspartner behandelten ihre „Vettern“ höchstwahrscheinlich die Stadtelfen, wie Tiere oder ihr Eigentum war wie ein weiterer Nadelstich und völlig haltlos, wie Juliette empört fand. Einfach so mit meinen Landsleuten und diesen Hundeanbetern über einen Kamm geschert zu werden!
„Nur tsu eurer Informasion:“, begann sie wieder gefasst und ruhig also in einem diplomatischen Ton, wenn vielleicht auch ein bisschen sehr kühl. „Wir be`andeln eure Vettern, wie i`r sie nennt, nischt alle wie den letzten Dreck, wie mansch einer in diesem unzivilisierten Land!“
Mit diesen Worten war Juliette der Ansicht ihre Sicht der Dinge genug geschildert zu haben und sie hatte nicht gelogen. Früher, in ihrer Heimat, hatte sie dutzende Diener und andere Bedienstete gehabt und davon waren nicht wenige Klingenohren gewesen. Anders wie ihre Familienangehörigen oder eigentlich jeder der etwas zu sagen hatte, sah sie nicht auf diese Elfen herab, und auch nicht auf menschliche Bedienstete. Zugegebenermaßen nur bis sie mit der Zeit auch der Arroganz verfiel aber bis dahin behandelte die damals junge Adlige die elfischen Diener sogar ausgesprochen gut, besser als sie es, laut der anderen Hochgeborenen, verdient hätten. Wenn zum Beispiel gerade einem Elfen irgendein Missgeschick geschah und er dafür von jemanden, der Juliette gesellschaftlich untergeordnet war und das waren viele, übertrieben geschallt wurde ließ sie sich meist nicht davon abbringen das Klingenohr in Schutz zu nehmen. Die Folge war das die elfischen Diener ihr gegenüber, aus Dankbarkeit, besonders loyal waren und sich für sie sehr viel enthusiastischer ins Zeug legten.

Die Elfe hatte eben den wissbegierigen und faszinierten Burschen kurz gemustert und wandte gerade den Blick zu der Duellantin, die sich auf dem Absatz umdrehte und einen Schritt ging.
„Alrik! Wir müssen weiter.“, sagte sie ohne sich nach ihm umzusehen während sie zwei weitere Schritte ging. Sie hatte genug von diesem sinnlosen Austausch und auch davon noch wütender zu werden. Irgendwie hatte sie das Gefühl das diese Dalish sie nur noch weiter reizen würde. Sie vertröstete sich mit dem Gedanken sobald sie die Schriftrolle zu Geld gemacht hatten und sie hoffentlich reich war, dass sie nie wieder so jemanden auch nur aus der Entfernung ansehen müsste. Das klang so herrlich, Juliette konnte es gar nicht erwarten. Die Abschiedsworte sprach sie ebenfalls ohne Blickkontakt zu der anderen Frau und auch ohne jegliche Wärme. „Einen schönen Tag noch, Mademoiselle Leirà Vehn!“

Der eben noch so neugierige Bursche zögerte, sah zuerst zu Juliette, dann hilfesuchend zu seiner neuen Bekanntschaft als plötzlich ein Leuchten über sein junges Gesicht huschte.
„Wartet!“, rief er ihr nach obwohl die Orlaisianerin, kaum zwei Meter von ihm entfernt war und lächelte froh. Sie blieb stehen blickte sich in Erwartung dessen, dass das was gleich kommen würde ihr nicht gefallen würde, um. Heute schien einfach nicht ihr Tag zu sein. So wie immer! Neutral blickend nahm sie sich vor egal was es war sich am Riemen zu reißen und nicht auszurasten. Das wäre ganz sicher kein schöner Anblick.
„Ihr sagtet wir hätten uns verirrt. Vielleicht ist Leirà so freundlich und führt uns aus dem Wald heraus.“
Hätte sie sich gerade nicht vorgenommen ruhig zu bleiben hätte sie nun laut und schallend „Was?!?“ ausgestoßen und riss anstelle nur die grauen Augen etwas mehr auf.
Bitte nicht…