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    Standard Die Hinterlande

    Südlich des Bannorns grenzen die Hinterlande an die nördlichen Regionen des sumpfigen Korcarigebiet sowie an die Südhügel im Osten. Ostagar, die tevintische Festung, die einst zum Schutz gegen das barbarisch-chasindische Volk gebaut wurde, befindet sich im Süden des Gebiets.

    ___________________

    Die Hinterlande – Südwestlich von Lothering

    Zweiter Tag, 17:14 Uhr

    “Nur die Schwachen fliehen aus einem Kampf!“ Ich bin nicht schwach. Ihre Hände zitterten vor Wut. “Du hast verloren, also bist du schwach. Ein wertloses Stück Dreck!“ Koudelka schüttelte entschieden den Kopf. Der verzweifelte Versuch, eine Antwort - eine Rechtfertigung - auf diese Beleidigung zu finden, blieb erfolglos. Es war die Wahrheit, auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte. Ich bin stark! „Ohne mich bist du wertlos und schwach.“ Nein! „Hast du mir nicht zugehört, nutzloses Weib? Wenn du nach einer Schlacht noch atmest, und diese Luft mit dem Abschaum teilst, dann bist du so wertlos und schwach, wie es die Toten sind.“

    Ihre Augen schlossen sich, blind setzte sie einen Fuß vor den anderen. Seit der Flucht aus Ostagar, vor fast drei Tagen, spukten die Erinnerungen ihres Vaters in Koudelkas Kopf umher. Er verspottete sie, lachte sie aus; Vergewaltigte ihren Verstand mit jedem Satz, denn er ihr mit seiner mitleidlosen Stimme zuflüsterte. Es gab keine Chance, dem zu entkommen. Baal hatte Recht, das wusste sie. Und trotzdem waren seine und ihre Gedanken Wahnwitz, sie waren Paradox. Das wurde der Kriegerin um so mehr klar, desto mehr sie darüber nachdachte; wäre sie in der Schlacht gefallen, so wäre sie ebenfalls wertlos gewesen, wie sie es jetzt war, also wo sollte der Unterschied liegen? Wie konnte eine Kriegerin im Kampf fallen und trotzdem besungen und erinnert werden? Die Antwort, zu der Koudelka kam, war einfach. Gar nicht. Wer stirbt, wird vergessen. Wer stirbt, war schwach; es nicht wert, erinnert zu werden.

    Die einzige Weise, nicht schwach zu sein, war es, zu siegen. Das war die echte Antwort. Die Antwort auf alles - Siegen. Töten. Doch sie hatte verloren und versagt, sie war so erbärmlich wie die Würmer, die sich noch vor Beginn des Gemetzels verkrochen und versteckt hatten. Die Verräter, Abtrünnige, Ehrlose und Schwurbrecher, überall hatte Koudelka gesehen, wie diese Männer und Frauen heimlich durch den Dreck und Schlamm gekrabbelt waren, um ihrem Schicksal und ihren Pflichten zu entgehen. Und sie war so schwach wie all jene, die sich von der Brut hatten dahin schlachten lassen. “Weib!“

    Wut kochte in der Chasind auf, der Spott ihres Vaters und die Schande des Verlierens fraßen sich ungehindert durch ihren Geist. Ich muss umdrehen. Ich muss gegen den Abschaum kämpfen und beweisen, dass ich nicht schwach bin. In den Stunden zuvor hatte sie bereits mehrfach diesen Gedanken. Ein jedes Mal war sie entschlossen, es zu tun. Es gab nur eines, was sie davon abhielt; ihr Stamm. Oder der kümmerliche Rest, der davon noch bei ihr, und vermutlich auch übrig, war. Alle anderen waren tot. Sie mussten es sein, wenn sie nicht bei ihr, der Anführerin, waren. Selbst das Dorf, welches Meilen entfernt tief in der Wildnis lag, war inzwischen vermutlich vernichtet worden. Das Land gehörte der Brut. Wir haben verloren und versagt, das Land gehört nicht mehr uns..

    Spürte Koudelka zuvor nur Wut, so begann nun ihr Blut zu kochen. Mit dem Zorn wuchs auch der Drang, diesem Ausdruck zu verleihen. „Der Erbauer möge uns leiten..“ Passend, wie ihre Klinge in der Brust eines Genloks, bot sich sogar jemand an, der freiwillig dafür herhalten wollte. „Möge er uns schützen und segnen..“ Die junge, weibliche Stimme, die zitternd und verstört immer wieder Stoßgebete an ihren wertlosen Gott stammelte, gehörte einer gewissen Sophia. Sie ging direkt hinter Koudelka; nah bei ihr, in der Illusion, dass sie bei der Anführerin der Gruppe, die ja selber eine Frau war, wohl am sichersten sein würde.

    Sophia hatte sich bereits während der Schlacht den Chasind angeschlossen, nachdem die Einheit fereldischer Soldaten, die eigentlich von ihr begleitet werden sollte, von der Brut abgeschlachtet worden war. Zu dem Zeitpunkt tat sie nichts anderes, als zu heulen und zusammenhangloses Geschwätz über ihren Erbauer hervorzubringen. Erst als Koudelka begann, das Mädchen anzubrüllen und durchzuschütteln, schaffte dieses es, sich halbwegs zu fassen und zu erklären, dass sie eine Anwärterin und Schwester der Kirche Andrastes war. An ihrer Nützlichkeit hatte dies damals aber nichts geändert.

    Nun, nach der Schlacht, war es immer noch so. Das Mädchen verbreitete nur sinnloses Geschwätz, in welchem sie eine, Koudelka fremde, Gottheit anbettelte, sie alle zu segnen, zu geleiten, zu schützen, zu erretten, oder sogar ihnen zu vergeben. Wofür Koudelka von diesem unbekannten Gott Vergebung erfahren sollte, wusste sie nicht; es war ihr auch egal.
    Das das endlose Gerede plötzlich abbrach, trug dagegen viel mehr zum Seelenheil der Kriegerin bei. Statt der verzweifelten Gebete stieß das fereldische Mädchen ein schmerzhaftes Keuchen und Stöhnen über die Lippen. Wie die schwache Kreatur, die sie in Koudelkas Augen war, brach Sophia auf dem felsigen Erdboden zusammen, windete sich wimmernd am Boden, die Arme vor den Bauch gepresst, Tränen heulend und so würgend, als würde sie sich Übergeben müssen. Hätte sie in den letzten Tagen eine richtige Mahlzeit gehabt, wäre letzteres wahrscheinlich sogar geschehen.

    „Koudelka?“ Die Stimme gehörte Kiros, einem von Koudelkas Kriegern; einer von Dreien. Mit ihr zusammen waren sie zu viert, und vermutlich auch die letzten Überlebenden des Stamms der Spinne. Unwürdige. Feiglinge. Schwächlinge. “Sie haben es verdient, in ihrem eigenem Dreck zu verrotten.“ Den beißenden Satz ihres Vaters schüttelte Koudelka ab, in dem sie der am Boden liegenden Sophia einen zweiten, ungezügelten Tritt in den Bauch versetzte. „Sie geht mir auf die Nerven.“, beantwortete sie die Frage, bevor sie in die Hocke ging, das fereldische Mädchen an seinem schmutzig goldenen Schopf packte und es wieder auf die Beine zog. „Spar dir deine Kraft fürs marschieren, statt sie fürs sprechen zu verschwenden.“ Sonst töte ich dich und lasse dich als Beute für die Brut zurück.

    Sophia nickte nur, sofern es ihr der Griff an ihren Haaren ermöglichte. Ihr junges Gesicht, Koudelka schätzte, dass sie zwischen fünfzehn und siebzehn Winter erlebt hatte, vereinte unzählige Gefühle miteinander. Angst, Furcht, Schmerz und Verzweiflung waren nur wenige davon; wenn auch die vorherschenden. „Warum nehmen wir sie überhaupt mit? Sie..“ „Weil ich es gesagt habe!“ Koudelka wand sich dem Sprechendem zu und ließ von der Anwärterin ab, welche sich trotz der eben erst eingesteckten Schläge sofort wieder hinter der Kriegerin versteckte. In Anbetracht des Bärs von einem Mann, welcher sich nun vor ihr aufgebaut hatte, war dies allerdings auch weniger ein Wunder, als ein natürlicher Instinkt.

    Dieser Bär wiederum war Clevgar, ebenfalls Krieger der Spinnen. Und Koudelka wusste sicher, dass er nur darauf wartete, dass sie einen zu großen Fehler, einen zu großen Fehlschritt, machte. Somit würde er sie einfach töten, oder schlimmer noch; unterwerfen, und ihren Platz einnehmen können, ohne, dass einer der Anderen einschreiten würde.

    Dennoch war sein Argument nicht ganz hinfällig, genau genommen hatte sich das Mädchen bisher nur als Ballast bewiesen; das hatte Koudelka auch erkannt. Der Grund, wieso sie sie trotzdem mitschleifte war allerdings genauso fest, wenn auch nicht für jeden ihrer Krieger sofort begreiflich. Einige Sekunden des Schweigens waren vergangen, bevor die Anführerin ihre Stimme ein zweites Mal erhob, um zu erklären, wieso sie tat, was sie tat. „Wir reisen nach Norden, zu einer ihrer Siedlungen. Wenn wir eine der ihren bei uns haben, dann ist das von Vorteil für uns, kapierst du das? Und wenn sie so besonders ist, wie sie behauptet, ist das umso wertvoller.“

    „Hmf, sie ist doch nur ein weinerliches Weib..“, wieder schnitt sie Clevgar das Wort ab, „Und Sie gehört zu einem weinerlichem Volk.“, was ihn offenbar dazu brachte, ihre Entscheidung vorerst zu akzeptieren. Zudem hätte Baal sie bereits getötet, ohne weiter darüber nach zu denken. Ich bin nicht er. Ich bin besser. Koudelka atmete leise aus, Clevgar murrte noch irgendetwas, schenkte Sophia einen mehrdeutigen Blick und wand sich dann wieder ab - nach vorn, an die Spitze der Gruppe. Sie setzten ihren Marsch fort. Fünf Schwächlinge, auf der Flucht vor einer Armee, die früher oder später das ganze Land, und auch sie, zerfleischen würde.

    Koudelkas Blick richtete sich wieder auf den Boden und jeder Schritt war vorsichtig gewählt, denn einen Sturz würden die leblosen, kargen Sträucher und das Geäst, welche die tückischen Löcher und Nischen überhaupt erst verbargen, kaum abbremsen. Ein solcher Sturz konnte jedoch leicht zu einem Knochenbruch führen, was zweifelsohne einem Todesurteil gleichkam. Koudelka war die vorletzte in der Reihe, hinter ihr stolperte nur das fereldische Mädchen herum. Vor ihr dagegen ging Kiros, dann Chareah, eine der besten Bogenschützinnen des Stamms, und vor dieser wiederum Clevgar, der wie üblich nur eine schwere, abgenutzte Axt vor sich her trug.

    „Wie weit ist es, bis zu dieser Siedlung?“

    „Ich.. nicht mehr weit..“, versicherte Sophia ihr auf Nachfrage, wodurch sich erneut Zorn in Koudelka breitmachte. Langsam spürte sie selbst das verlangen, dem nutzlosen Mädchen die Brust aufzuschlitzen. „Weißt du überhaupt, wo wir sind?!“ „Als-als wir her-her marschiert sind, sind wir über eine andere Straße gekommen, aber ich weiß, dass wir in die richtige Richtung gehen. Der Erbauer leitet uns und führt uns! Er..“

    „Wie weit?“

    „Wenn-wenn wir die Nacht durchwandern, dann sind wir am Morgen mit Sicherheit da..“

    Mit Sicherheit? Wir sind alle verdammt. Warum flüchten wir überhaupt noch? Wir sind ohnehin entehrt. Wertlos. Sie hob den Blick an und schaute über die Köpfe ihrer Vorgänger hinweg zu dem, was vor ihnen lag. Doch oberhalb des Hangs wartete lediglich ein weiterer, endloser Abschnitt von düsterem, dichtem, jedoch trockenem Waldland. Das war ein gutes Zeichen, zumindest, wenn man die Korcariwildnis verlassen wollte. Es gibt nur einen Grund. Rache. Wir werden die Brut niedermetzeln, wir sie es mit uns getan haben.. meine, unser aller, Ehre hängt daran..

    „Koudelka! Wandern wir die Nacht erneut durch?“ Ihr Blick senkte sich reflexartig wieder, sie sah über Kiros Schulter und gradewegs in das Gesicht von Chareah. Die Frau hatte sich umgedreht und marschierte nun rückwärts, wie sie das vollbrachte war für Koudelka ein Rätsel. Die Gruppe war seit der Flucht vor über zwei Tagen durchmarschiert, hatte nicht mal eine halbe Nacht Rast gemacht und nur ein paar klägliche Streifen Trockenfleisch zu kauen gehabt; nicht nur, weil die Anwesenheit der Dunklen Brut jegliches Wild vertrieben hatte, sondern auch, weil für die Jagd keine Zeit gewesen war. Allein der Gedanke daran, sich nun umzudrehen und rückwärts den Hang herauf zu marschieren und dabei noch einen so energiegeladenen Eindruck, wie Chareah, zu machen, verursachte der Kriegerin Übelkeit. Nicht allein wegen der Anstrengung, die war auszuhalten, sondern auch wegen der Leichtsinnigkeit. „Schrei nicht so rum, bist du wahnsinnig?“, fauchte Kiros als Erster, wurde jedoch von seiner Anführerin eines besseren belehrt.

    „Die Brut wittert uns so oder so, alles andere als unser Geruch ist ihnen egal. Kümmert euch lieber darum, euch nicht irgendwas zu brechen.“, der letzte Teil ihres Satzes war offen an die Bogenschützin gerichtet, was Koudelka auch durch ihren drohenden Blick klarmachte. In kalten Nächten hatte sie Chareahs Wärme zwar bereits ausgenutzt, doch lag ihr nichts Persönliches an dieser. Ihre Fähigkeiten mit dem Bogen und in der Jagd waren allerdings etwas, was die Gruppe ziemlich bald brauchen würde. Desweiteren hatte Koudelka ihre Unfähigkeit gegenüber ihres Schamanen und der Gemeinschaft bereits mehr als genug bewiesen, als fast alle ihre Krieger in der Schlacht gefallen waren. „Wer es doch tut, wird zurückgelassen.“

    Geht es hier um mich, oder um meine Pflicht und Aufgabe? Die Frage bohrte sich plötzlich, aber tief, in den Verstand der Chasind. Werde ich mehr und mehr zu Baal, wenn ich meine eigene Ehre und Kraft über der Gemeinschaft meines Stammes stelle? Aber er war blind, er hat sogar den Schamanen angegriffen.. „Vorsicht!“

    Der Aufruf, der von Kiros stammte, wurde von einem erschrockenen Schrei begleitet, beide Laute rissen Koudelka sofort aus ihrer Starre. Wie im Affekt riss sie sowohl die Kriegsaxt, die sie einem Brutling abgenommen hatte, als auch den elfischen Dolch von ihrem Gürtel; in Gedanken bereits darauf eingestellt, sich auf eine der hässlichen, fauligen Kreaturen zu stürzen.

    Es war jedoch kein Angriff, sondern etwas anderes. Etwas so triviales, dass Koudelka ihren Sinnen kaum glauben wollte. Erst Recht nicht, nach dem sie jeden davor gewarnt hatte. Zuerst sah sie Chareahs erschrockenes Gesicht, welches nach hinten abkippte, anschließend war es nur noch ein paar Beine, dass durch die Luft wedelte und im nächsten Moment landete die Frau mit einem Keuchen, dem Rascheln und Brechen von vertrockneten Sträuchern und einem dumpfen Schlag auf dem steinigem Boden. Ich töte sie!, Koudelka spurtete mehrere Schritte den Hang herauf und schob dabei ihren Vordermann zur Seite.

    „Ich bin in Ordnung..“, die noch immer überraschte Stimme der Bogenschützin, und vor allem das, was sie sagte, nahmen etwas der Anspannung, die sich in den Muskeln und dem Geist der Anführerin gebildet hatte, weg. „Ach, verdammt, mein Dolch.“, Chareah hockte auf dem Boden, mitten zwischen dem hüfthohen Geäst, und schob mit den Armen immer wieder die störende Flora bei Seite, um nach ihrem verlorenen Werkzeug zu suchen.

    Koudelka entschloss sich derweil dazu, es doch bei einer Warnung zu belassen. „Wenn du noch mal stürzt, ramme ich dir meine Axt ins Gesicht.“, statt sich weiter mit der anderen Frau auseinanderzusetzen ließ sie nun ihren Blick über die Umgebung schweifen. Clevgar schien das selbe zu tun, wobei er inzwischen ein gutes Dutzend Schritte vor dem Rest der Gruppe war; Koudelka deutete ihm mit einem Handzeichen, den Abstand zu verringern, was er lediglich mit einem Nicken bestätigte. Keine Feinde.. und Vögel.. ob wir wirklich entkommen sind?

    Ein zweiter, schmerzhafter Schrei durchdrang die Luft. Diesmal wusste die Anführerin zumindest sofort, dass er von Chareah kam, denn Sophia befand sich in dem Moment genau in ihrem Blickfeld. Das junge Mädchen hatte ihre Arme auf die Knie gestützt und nutzte die ungeplante Pause scheinbar aus, um nach Luft zu schnappen - umso mehr zuckte sie bei dem Schrei also auch zusammen.

    Einer der Männer schrie oder fluchte irgendwas, Koudelka dagegen drehte sich eiligst um, konnte jedoch nur sehen, wie die andere Chasind-Frau aufsprang und sich mit einer Hand die Andere zu halten schien. „Irgend… was hat.. mich…“, die Bogenschützin brach plötzlich ein und wäre mit dem Oberkörper, und vmit dem Kopf voran, wahrscheinlich haltlos zurück auf die Steine geknallt, hätte Koudelka sie nicht festgehalten. Umgehend ging die Kriegerin selbst auf die Knie und versuchte zu erkennen, was mit ihrer Schwester nicht stimmte.

    „Was ist los?!“, trotz des festen Griffs und des befehlerischen Tons blieb eine Antwort Chareahs aus und Koudelka musste ahnungslos mit ansehen, wie sich die grünen, geweiteten Augen der Jägerin weiß färbten, als sie sich in das Innere des Schädels drehten. „Chareah! Was ist los?!“, der junge Körper begann unkontrolliert zu zittert, über die Lippen drang nur noch ein heißeres Keuchen, welches jedoch erstickte, als der Speichelfluss plötzlich zunahm. Gift! Nein!

    Die Erkenntnis fand Bestätigung, als Koudelka die feinen Blutlinien und die Schwellung an Chareahs linkem Unterarm endlich entdeckte. Für den Hauch einer Sekunde war die Anführerin perplex. Natürlich wusste sie, und auch jedes andere Mitglied des Stamms, dass in der Wildnis auch giftige, ja sogar umgehend tödliche, Tiere ihr Unwesen trieben; hier, weit weg und außerhalb der erbarmungslosen Sümpfen der Korcariwildnis, hätte sie jedoch keine erwartet. Erst Recht nicht jetzt, wo ihnen die Brut im Nacken saß und die Wunden der Schlacht noch frisch waren.

    Koudelka schüttelte die irritierenden Gedanken ab, als die Gefahr, in der sie sich möglicherweise befand, ihr gewahr wurde. Etwas hatte Chareah gebissen und dieses etwas war wahrscheinlich noch immer da. Und es starrte sie an. Die zwei gelben Augen waren eines von zwei Dingen, die die Tarnung der Schlange zunichtemachte. Das zweite war ihr Zischen, welches erst zu hören war, als die sterbenden Laute der Jägerin, ihres Opfers, für immer verstummt waren. Der Körper sackte entspannt in Koudelkas Armen zusammen, welche ihrerseits nur auf den Faustgroßen Kopf des Reptils vor ihr blickte. “Kämpf! Kämpf! Du nutzlose Zeitverschwendung!“

    Die Reaktion der Kriegerin kam sofort, kaum, dass sich der alte Spruch Baals in ihrem Kopf manifestiert hatte. Sie stieß den toten Leib von sich weg und riss mit der linken Hand die schwarze Kriegsaxt hoch; entweder sie würde dem Vieh – welches soeben eine ihrer Kriegerinnen, ihrer Schwestern, getötet hatte – den Schädel spalten, oder sie würde das Schicksal dieser teilen. Die Giftschlange reagierte ebenfalls, ein graues, aufgerissenes Maul und die auffallend weißen Fangzähne streckten sich der Chasind entgegen.

    Das reißen von Fleisch und ein schwerer Schlag mischte sich zwischen die Szene und der eigentlich mächtige, graue Körper der Schlange wurde wie ein Stück morsches Holz in zwei geteilt. Das Zischen des Tiers endete, so wie auch zuvor Chareahs Laute geendet hatten, und der Kopf fiel, getrennt vom Rest des Körpers, zurück gen Boden. Koudelka fühlte den Schweiß auf jedem Millimeter ihres Körpers, ihr Herz raste und pumpte pures Leben durch ihre Adern. Doch so schnell, wie das rauschende Gefühl aufgekommen war, so schnell verschwand es wieder. Sie blickte auf das große Stück Metall, welches vor ihr im Erdboden steckte und erkannte es schnell als das Blatt von Clevgars Axt.

    Der Krieger hatte die Gefahr schneller erkannt, als seine Anführerin und entsprechend auch schneller gehandelt. Die Schlange lag geköpft im Dreck; lediglich ihr Körper, dessen Durchmesser fast so dick wie der Hals ihres letzten Opfers war, windete sich. Das Koudelka das Ende des Leibs nicht mal sehen konnte, da er ebenfalls im Gebüsch unterging, ließ ihr einen weiteren Schauer über den Rücken laufen, bevor sie sich wieder in der Realität befand.

    Ihr Blick legte sich als erstes auf den Krieger vor ihr, dessen Augen jedoch völlig ohne Ausdruck zu sein schienen. Der zweite Blick dagegen galt Chareah. Die junge Chasind lag regungslos und schweißnass am Boden, weißer Speichel quoll über ihre leicht geöffnete Lippen und lief zäh über ihre Wange, die Augen waren noch immer in das Innere gedreht und der Schweiß. “Sie haben es verdient, in ihrem eigenem Dreck zu verrotten.“ Verdammt..

    „Verdammt..“, das Murmeln war so leise, dass im Wind unterging und schließlich folgte ein schweres Seufzen. „Wir müssen weiter..“, die Aufforderung stammte von Kiros, wobei man ihm anhörte, dass er es nicht gerne sagte. Das änderte jedoch an Koudelkas Antwort nicht viel. “Ich sage, wann es weitergeht.. aber du hast Recht.“, der letzte Teil ihres Satzes war tonlos und bevor sie aufstand, rollte sie Chareahs Körper auf die Seite, um ihr den Jagdbogen, die Pfeile und den streifen Trockenfleisch, denn sie noch besaß, abzunehmen.

    „Davon haben wir bald nichts mehr. Vielleicht noch drei Streifen..“ Clevgars Blick lag auf dem Fleisch, welches seine Anführerin in der Hand hielt, anschließend wanderte er zu dem Leichnam der Jägerin. Koudelka stand ihrerseits eilig auf und erkannte sofort, was der Krieger ihr mit seiner Aussage zu verstehen geben wollte. „Nein.“, ihre Augen wanderten zwischen Clevgar und dem toten Körper umher. „Es ist vergiftet, verdorben. Wir haben genug Zeit verschwendet. Gehen wir weiter..“

    Beide Stammesmänner bestätigten den Befehl lediglich, ohne zu wiedersprechen und in ihren Gesichtsausdrücken erkannte die Anführerin, dass nicht nur sie erschöpft war. Ein Gedanke, der ihr mitunter Erleichterung brachte, selbst wenn diese vor dem Spott ihres Vaters zunichte gemacht wurde. Sie wartete noch einen Augenblick und deutete auch Sophia mit einem Kopfnicken, dass sie vorgehen sollte, bevor sie sich ein letztes Mal an ihre Schwester wandte und etwas flüsterte. „Heute Nacht gibt es keine Rast..“
    Geändert von Koudelka (02.02.2011 um 19:12 Uhr) Grund: Sneakin' through the post.. searchn' for de mistakes..

  2. #2
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    Die Hinterlande

    Dritter Tag, 02:02 Uhr

    Koudelka spähte zwischen den schwarzen Ästen hindurch und wagte es nicht, ihren letzten Atemzug auszupusten - das Risiko war zu hoch. Würde ihr Opfer auch nur die geringste Ahnung haben, dass sie da war, so könnte alles warten umsonst gewesen sein. Das war etwas, was nicht passieren durfte. Einen schwachen Gedanken lang verfluchte die Kriegerin sich dafür, dass sie und Kiros sich getrennt hatten, um in einem größeren Gebiet nach Beute suchen zu können. Dennoch schien es die trickreichste Lösung zu sein, denn so ungezähmt die Hinterlande, so hatte Sophia die Region identifiziert, auch sein mochten; es waren augenscheinlich nicht nur die Menschen, die vor der Dunklen Brut flüchteten.

    Das Brüllen ihrer Beute ließ Sinne der Kriegerin wieder scharf werden und für einige angespannte Sekunden beobachtete sie die Dunkelheit. Lediglich der Mondschein, der sich selbst wiederum erst durch die Baumwipfel kämpfen musste, erleuchtete die Umgebung. Denn Rest musste sie ihren Augen, ihrem Gehör, vor allem aber ihrem Gefühl, überlassen.

    Die große und schwere Kreatur, deren Tod unabwendbar war, befand sich mehrere Dutzend Meter vor ihr. Schnaubend und träge kämpfte sie sich durch das Geäst des Waldes und zog dabei den Geruch von Blut und Fäulnis so stark hinter sich her, dass selbst Koudelka es wittern konnte.

    Das Tier, ein Bär, war eindeutig verwundet, dass hatte sie schnell erkannt. Dennoch, oder grade deshalb, hatte sie sich entschlossen, so vorsichtig wie möglich zu sein. Ein wildes Tier konnte gefährlich werden; ein wildes und zugleich verletztes Tier wiederum tödlich. Nun jedoch beschloss die Chasind, dass das Warten ein Ende haben musste. Sie hatte bereits tausende Male einen Bogen gespannt, schon hunderte OPfer, ob zwei- oder vierbeinige, erlegt und trotzdem glaubte sie, dass ihr ganzer Körper zu zittern schien. Wäre sie schwach gewesen, hätte sie womöglich die verstorbene Jägerin um ihren Beistand - um ihre leitende Hand - gebeten. Ich bin nicht schwach.

    Koudelkas Sinne waren klar und intensiv, als sie Chareahs Bogen hob. Der modernde Geruch und das immer wieder zu vernehmende Knurren des Geschöpfs vor ihr wirkten noch stärker, als zuvor. Ich darf jetzt nicht versagen. Ich bin die Stärkere von uns beiden. Unsicher, ob sie mit dem letzten Gedanken wirklich an den Bären und nicht an jemand anderen dachte, ließ die Kriegerin den Jagdpfeil von der gespannten Sehne ihres Bogens gleiten.

    Doch das Schicksal verspottete sie. Es trat ihr in den Bauch und spuckte ihr ins Gesicht.

    Sie erkannte zu spät ihren Fehler. Erkannte zu spät, was für eine törichte Närrin sie gewesen war. Wie sie sich von dem Augenscheinlichen, von dem Oberflächlichem, hatte täuschen lassen. Sie war nicht die einzige Jägerin in dieser Nacht; nicht die einzige Jägerin, die es auf diesen dahinsiechenden Bären abgesehen hatte. Das wilde Tier brüllte vor Wut und Schmerz, als das Geschoss sich durch sein schützendes Fell bohrte. Der schattenhafte Umriss des Bären verriet, dass er sich kurz auf die Hinterbeine stemmte. Vermutlich in der Hoffnung, den Angreifer dadurch einzuschüchtern, oder sogar verjagen zu können.

    Es blieb bei dem erbärmlichen Versuch. Ebenso erbärmlich wie Koudelkas Torheit. Jetzt erst wurde ihr klar, dass der faulige Geruch nicht, oder zumindest nicht nur, von ihrer Beute ausging, sondern, dass noch jemand – noch etwas - anders dafür verantwortlich war. Ein markerschütterndes Heulen donnerte durch den Wald und ließ der Kriegerin für den Hauch eines Augenblicks das Blut gefrieren. Wölfe!

    Das Überraschungsmoment war kaum vorbei, da tobte vor ihr bereits ein brutaler Kampf. Mehrere missgestaltete Kreaturen stürzten aus dem Dickicht und überfielen die Beute, die eigentlich ihr gehören sollte. Dunkle Umrisse verunstalter Wesen, unnatürliche sowie tödliche Laute und der Gestank reiner Pestilenz hinderten Koudelka jedoch daran, ihre Besitzansprüche geltend zu machen. Eher im Gegenteil; die verunstalteten Wölfe, die ein widerwärtiger Nebeneffekt der Darkspawn-Präsenz waren, hatten ihr und ihrem Stamm bereits bewiesen, dass sie grausame Kontrahenten waren.

    In jeder anderen Situation hätte sie die Gelegenheit ausgenutzt und den vor ihr herrschenden Kampf mit ihren Pfeilen manipuliert und beeinflusst. Der Stamm der Spinne musste jedoch auch – auf harte Art und Weise – lernen, dass das Fleisch dieser Kreaturen, und derer, an denen sie sich gelabt haben, kaum mehr für den Verzehr geeignet war. Ein jeder, der davon gegessen hatte, starb ziemlich schnell, ziemlich grausam.

    Koudelka spürte die Wut in ihrem Adern und Knochen pochen, als sie sich dazu entschloss, dem Gefecht den Rücken zu kehren und sich davon zu pirschen, solange sie noch unentdeckt war. Erneut würde sie in ihrer Aufgabe versagen und beweisen, wie unfähig sie war; und erneut würde Clevgar die Herausforderung annehmen, sie als Anführerin in Frage zu stellen.
    Ihre anderen Optionen waren jedoch noch weniger versprechend. Sie hatte bereits zu viel Zeit erfolglos bei der Jagd verschwendet, würde sie noch weitere Stunden dem Lager fern bleiben, würden die anderen – und bei dem Gedanken an die Anderen flüsterte ihr ihre innere Stimme erneut den Namen Clevgar zu – womöglich ganz ohne sie weiterziehen.

    Die Kriegerin hörte das Blut in ihren Kopf strömen, als sie sich innerlich damit abfand, dass sie sich darauf verlassen musste, dass Kiro vermutlich mehr Erfolg gehabt hatte, als sie selbst.

    Die sterbenden Klagelaute des Bären hallten noch einige Zeit in Koudelkas Ohren wieder. Vor ihrem geistigen Auge malte sie sich aus, wie die verseuchten Wölfe sich an der noch lebenden Kreatur labten. Wie gezielt nur die Fleischbrocken herausgerissen wurden, die die Beute nicht töteten, sondern sie nur unglaubliche Schmerzen durchleben ließ. Sie stellte sich vor, wie die Schnauzen und Köpfe der Wölfe sich in den Bauch der Beute gruben und das Fleisch, das ihnen dabei zwischen die Zähne und in den Weg geriet, knurrend zerfetzten.

    Der Anblick der Fellfetzen, welche wie im Spiel vom Leib gerissen wurden. Die hervorgequollenen, blutigen Augen. Die zuckenden Beine und Tatzen. Das wehleidige Röcheln, das aus der blutigen Schnauze des Bären kroch. All diese Bilder verblassten, als die Kriegerin endlich wieder an der winzig kleinen Lichtung ankam, die als Rastplatz für die Nacht gewählt wurde.

    Das gelbrötliche Flackern des Lagerfeuers sorgte für ein unheimliches, makaberes Schattenspiel, als es durch die umliegenden Bäume durchbrach. Koudelka kniff die Augen zusammen und drehte den Kopf zur Seite, als sie sich dem Platz weiter näherte; das Feuer blendete sie, als würde sie direkt in die strahlende Sonne schauen, so sehr hatte sie sich an die Dunkelheit gewöhnt.

    „Lass mich!“, es war Sophia, die der Kriegerin als erstes verriet, das das Lagerfeuer wohl keine ungebetenen Gäste, oder Feinde, angelockt hatte. Das änderte jedoch nichts daran, dass mindesten einer der Anwesenden wohl als ungebeten angesehen wurde. Kaum hatte die Kriegerin die Lichtung tatsächlich betreten, sah sie, wie das junge, fereldische Mädchen vor Clevgar aufsprang und zurückwich. Die blonden Haare flogen wild durch die kalte Nachtluft, als sie sich hektisch und zugleich hilflos umsah. Sie erkannte wohl, dass es ihr Todesurteil wäre, einfach allein und schutzlos in den Wald zu laufen. „Eine fereldische Hu“-„Koudelka!“

    In der Wildnis wimmelt es von Missgeburten und Mutanten - und was machen sie? Sie streiten sich. Die junge Chasind trat näher ans Feuer heran und wurde auf gewisse Weise sofort von Sophia begrüßt, welche auf sie zulief, um schnell und flink – feige und schwach, wie sie nun mal war – hinter der größeren Frau Schutz zu suchen. „Was?“

    Mehr als dieses eine Wort schien sie nicht zu brauchen, um auch Clevgars Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sein massiver und gestählter Körper, der sich zuvor schon erhoben hatte, um Sophia hinter her zu jagen, baute sich nun einige Schritte vor Koudelka auf.
    Geändert von Koudelka (02.02.2011 um 19:13 Uhr)

  3. #3
    DA FRPG only Avatar von Sixtus Juniper
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    <----- Redcliffe

    Die Hinterlande

    Mehrere Stunden waren Bjator und Sixtus bereits unterwegs, Mittag war längst vorüber. Am Anfang ihres Weges hatten die beiden noch zwischendurch miteinander gesprochen, Sixtus hatte den Händler über Lothering ausgefragt, doch schon bald keuchte dieser aufgrund ihres Marschtempos und gab keine Antworten mehr.
    Auf einigen Wegteilen war die Aussicht von der Straße aus beeindruckend. Linkerhand der Calenhad See, der sich bis zum Horizont erstreckte und rechts, im Süden, die bewaldete, hügelige Gegend der Hinterlande. Wenn sie es nicht eilig gehabt hätten, wäre Sixtus bestimmt das eine oder andere Mal stehen geblieben. Doch mittlerweile hatten sie das Ufer des Sees hinter sich gelassen.
    Plötzlich flatterte ein Schwarm von Vögeln aus dem Wald auf und durchbrach die vorherrschende Stille. Der Schwarm flog knapp über die Straße und wäre fast mit den beiden Menschen zusammengestoßen. Bjators Esel erschreckte sich und lief einige Fuß zurück, doch auch der Händler und Sixtus waren überrascht. Der Schwarm entfernte sich laut kreischend und zog in Richtung Norden davon. Erst dann kehrte wieder Stille ein. Trotzdem war irgendetwas anders als zuvor und das beunruhigte Sixtus. Er blieb stehen und lauschte.

    „Ist etwas?“, fragte Bjator, aber anstatt ihm zu antworten, deutete der Jäger nur, dass er still sein sollte. Zuerst war nichts zu vernehmen, außer dem leichten Wind, der schon den ganzen Tag lang über das Land strich. Doch dann war auch noch leise etwas anderes zu hören. Es klang so, als würde sich etwas durch den Wald schneiden. Was auch immer es war, es kam näher. Sehr schnell näher!
    „Sixtus?“
    Der Jäger nahm seinen Bogen in die Hand und richtete das Schwert so, dass er es jederzeit ziehen konnte. Er legte einen Pfeil auf und nahm eine stabile Haltung ein. Er war fest entschlossen das, was aus dem Wald kommen würde, zu töten.
    „Bleib‘ hinter mir!“, ordnete er den Händler an, der Zugleich hinter dem großen Mann Schutz suchte. Das Geräusch wurde immer lauter und mittlerweile war zu hören, dass nicht nur eine Kreatur auf sie zukam.

    Äste brachen und der Boden bebte, als eine riesige, gehörnte Kreatur durch die Sträucher am Waldrand brach. Sie war mindestens zehn Fuß groß, hatte eine grau-braune, ledrige Haut und ein großes Maul mit vielen spitzen Zähnen. Die Arme endeten in furchterregenden Klauen. In der Schneise, die dieses Monster in den Wald geschlagen hatte, folgten weitere, skelettartige Geschöpfe. Sixtus zählte vier.

    „Beim finsteren Himmel, das ist Dunkle Brut!“, schrie Bjator erschreckt auf. „Mit einem Oger und Hurlocks. Wir sind tot, wenn wir nicht laufen!“
    „Bleib‘ hier!“, entgegnete Sixtus, spannte den Pfeil und schoss ihn auf eine der kleineren Kreaturen ab. Das Geschoss traf sein Ziel in den Kopf und warf das Geschöpf der Dunklen Brut mehrere Meter zurück. Sofort feuerte er einen weiteren Pfeil ab und eliminierte damit einen weiteren Gegner. Doch dann waren der Oger und die verbliebenen zwei Hurlocks schon zu nahe, um sie weiterhin mit Pfeilen zu beschießen.

    Sixtus machte einen Satz zur Seite um den gewaltigen Schlag des Ogers auszuweichen und sah, wie Bjator auch zurückgewichen war. Da er jedoch keinerlei Bedrohung darstellte, ignorierte die Dunkle Brut ihn. Bevor der Jäger jedoch zum Gegenangriff übergehen konnte, sprang ein Hurlock vor und schwang sein Schwert um Sixtus zu töten. Dieser riss den Bogen hoch, um den Schlag mit dem verhärteten Ende abzulenken. Gleichzeitig veränderte er seinen Stand und trat seinen Gegner kräftig gegen die Brust.

    Das Geschöpf der Dunklen Brut taumelte zurück und das gab Sixtus die Zeit um sein neues Schwert zu ziehen. Sofort griff er den Hurlock an. Er schwang das Schwert in einem hohen Bogen und hätte die Kreatur damit geköpft, wenn sie nicht ihrerseits den Schlag abgewehrt hätte. Doch Sixtus hatte viel Kraft in den Schwung gelegt und das brachte den Hurlock fast aus dem Gleichgewicht. Allerdings was das nur ein Ablenkungsmanöver, denn mit der linken Hand lies er den Bogen gegen die Beine seines Kontrahenten sausen und somit warf er den Hurlock vollends zu Boden.
    Sixtus wechselte die Art, wie er das Schwert hielt, sodass die Klinge nach unten zeigte und stach in den Hals des Hurlocks und trennte ihn damit den Kopf vom Körper ab. Schwarzes Blut quoll aus dem Hals und verseuchte die Erde.

    In der Zwischenzeit hatte der Oger überrissen, dass sein vermeintliches Opfer ihm entkommen war. Die Bestie lief jetzt direkt auf Sixtus zu. Im letzten Moment konnte der Jäger sich mit einem Hechtsprung retten. Die Erde bebte, als das riesige Monster an ihm vorbeitrampelte. Er wollte sich aufrichten, doch der vierte und letzte Hurlock griff an und schlug auf die Stelle, an der Sixtus lag. Er rollte sich zur Seite, musste dabei jedoch Schwert und Bogen auslassen. Ohne die Waffen kam er nur knapp außer der Reichweite des Hurlocks auf die Beine. Der Hurlock brüllte, vielleicht war es auch ein Lachen, und griff erneut an. Doch Sixtus wich nicht zurück, sondern machte seinerseits einen Schritt vor, sodass er direkt vor der Kreatur stand. Er packte mit seinen Händen die des Hurlocks und verhinderte so, dass dieser angreifen konnte. Allerdings spielte die Zeit gegen Sixtus und das wusste er. Denn der Oger würde in wenigen Sekunden wieder angreifen. Er überlegte, welche Waffen er noch hatte. Da war noch sein Messer, aber damit würde er die Dunkle Brut vermutlich nicht schnell genug töten können.

    Es gab nur etwas, das der Jäger tun konnte. Er ließ die Hände des Hurlocks los und bewegte sich auf die rechte Seite und somit weg von dem Schwert der Kreatur. Daraufhin machte er einen schnellen Schritt vor, zog einen weiteren Pfeil aus dem Köcher und benützte diesen als Dolch. Er spießte den Hurlock von hinten mit dem Pfeil auf und zog ihn wieder heraus. Die Pfeilspitze riss regelrecht Fleischstückchen aus dem Körper der Dunklen Brut. Er stach nochmals zu, dieses Mal in das Genick. Der Hurlock fiel schlaff und leblos in sich zusammen.

    Jetzt konnte sich Sixtus voll und ganz auf den wütenden Oger konzentrieren, doch es war zu spät. Die Bestie hatte sich wieder genähert und schlug erneut zu. Dieses Mal konnte der Jäger dem Schlag nicht vollends ausweichen und die Pranke traf ihn seitlich. Sämtliche Luft wurde ihm aus den Lungen gepresst und er wurde einige Fuß zur Seite geworfen. Nur sein Bärenfellmantel bewahrte ihn vor tiefen Wunden durch die Klauen des Ogers. Schnell rappelte sich Sixtus wieder auf und entging einen weiteren Schlag. Er lief zu der Stelle, an der seine Waffen lagen, schnappte sich im Vorbeilaufen seinen Bogen und bereite einen weiteren Pfeil vor. Der Jäger drehte sich um, zielte und feuerte den Pfeil auf den Kopf des Ogers ab. Doch er traf nur eines der Hörner und der Pfeil prallte ab, ohne Schaden zu verursachen.

    Erneut musste Sixtus ausweichen, um dem rasenden Monster auszuweichen. So ging es einige Male. Der Jäger war sich bewusst, dass er mit seinen Pfeilen den Oger nicht wirklich töten würde können. Also wich er jedes Mal aus, wenn er angegriffen wurde, doch gleichzeitig versuchte er sich seinem Schwert wieder zu nähern. Endlich hatte er es geschafft und konnte die Waffe vom Boden aufheben. Er hängte sich seinen Bogen um und packte das Schwert mit beiden Händen.
    „Korth, steh mir bei…“, murmelte er und ging zum Gegenangriff über. Sixtus rannte auf den Oger zu. Kurz vor dem Geschöpf der Dunklen Brut sprang er, mit dem Schwert über dem Kopf zu einem gewaltigen Stoß bereit, auf die Bestie zu. Er entging den Klauen, die nach ihm griffen und bohrte das Schwert tief in die Brust des Ogers. Sofort stieß Sixtus sich mit den Füßen ab und zog die Waffe wieder aus dem Körper. Er landete am Rücken und rollte sich zur Seite, damit ihn das Monster nicht packen konnte.

    Durch die vielen vergeblichen Angriffe und der blutenden Wunde geschwächt, reagierte der Oger nur noch langsam. Der Jäger hingegen kam gleich wieder auf die Beine und griff erneut an. Er schlug von hinten nach den Beinen der Kreatur. Er durchtrennte die ledrige Haut, Sehnen und Muskeln. Nach zwei Schnitten brach der Oger zusammen und fiel wehrlos auf den Boden. Sixtus holte über den Kopf aus und ließ das Schwert auf den Hals der Bestie niedersausen. Der gewaltige Schlag köpfte den Oger und beendete den furchterregenden Kampf. Der Jäger atmete tief durch und sah sich anschließend nach Bjator um.

  4. #4
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    Koudelka ballte ihre Hände zu Fäusten und blickte Clevgar regungslos entgegen, welcher nun, nur eine Armlänge von ihr entfernt, stehen blieb. „Geh mir aus dem Weg.“ Der Ton der in der Stimme des Mannes lag ließ ihre Anspannung weiter steigen - sie war sich ziemlich im klarem darüber, was er von dem fereldischen Mädchen gewollt hatte – ebenso war sie sich sicher, dass er diese Fantasie nicht einfach so aufgeben würde. „Dieses nutzlose Weib verschlingt unsere Nahrung, hält unseren Marsch auf, beansprucht Felle an unserem Lagerplatz, stiehlt die Wärme unseres Feuers und dann verspottet sie unsere Ahnen mit ihrem widerlichen Gott!“

    „Bitte, lasst nicht zu, das er mir was antun!“ flehte Sophia dagegen an und hielt sich dabei mit ihren Händen an Koudelkas Oberarmen fest. Diese kam nicht umher, ihrem Stammesmitglied geistlich Recht zu geben, denn was er sagte war wahr. Das Mädchen schmarotze sich mit ihrer Nutzlosigkeit durch die Gruppe, spannte die Lage mit ihrem schwachsinnigen Gerede an und – „Erbauer, bitte…“

    Das leise Wispern der Priesterin forderte Koudelkas ungemeine Aufmerksamkeit ein. „Deinen dreckigen Gott?!“, in einer fließenden und schnellen Bewegung drehte die Kriegerin sich herum und donnerte dem fereldischen Mädchen dabei den Ellbogen gegen die Schläfe – ein blondes Büschel Haare flatterte auf, als dieses daraufhin seitlich gen Erdboden flog. Mit einem raschelndem Geräusch schlug sie auf und im ersten Moment wohl zu schockiert, um zu schreien oder sonst wie zu reagieren. Nicht, dass Sophia dafür die Zeit gehabt hätte, denn bevor sie sich umdrehen, etwas sagen oder sogar aufstehen konnte, drückte Koudelka ihr den rechten Fuß in den Nacken und sorgte somit dafür, dass sie unten blieb.

    „Du versteckst dich hinter mir, aber bettelst zu deinem wertlosen Gott um Hilfe an?! Du bist nicht nur schwach, du bist auch dumm!“ Innerhalb des letzten Satzes hatte die Kriegerin sich wieder auf ein halbwegs ruhiges Gemüt abgekühlt, jedoch auch nur, weil sie ihre wenigen Kraftreserven nicht für einen Wutausbruch über ein kleines, nutzloses Mädchen verschwenden wollte. Sie betonte ihre Aussage lediglich noch mal damit, dass sie mit ihren Stiefel mit Nachdruck über Sophies Gesicht trieb, bevor sie sich gänzlich abwendete.

    „Mach mit ihr was du willst.“ Waren Koudelkas letzte Worte zu diesem Streit, der ihre Nerven und ihr Gemüt überreizt hatte, bevor sie die wenigen Meter zum Lagerfeuer marschierte. Es dauerte nicht lange, da folgte Clevgar ihr mit einer flehenden und schreienden Sophia, welcher er an den Haaren ebenfalls zur Feuerstelle schleifte. Die Kriegerin dachte nur flüchtig an die Konsequenzen, dass der Lärm die Brut oder andere Räuber anlocken konnte – im Endeffekt war es egal, sie würden ohnehin alle sterben.

    ...

    Koudelkas Blick lag zugleich verloren als auch zielgenau in dem Feuer, welches erbärmlich flackernd um sein Leben kämpfte. Damit war es in dieser Nacht nicht allein, darin war die Kriegerin sich sicher. Ihre Gedanken blieben jedoch nicht beim Überleben, nicht bei ihrem eigenem und nicht bei dem derer, die nun ebenfalls durch die Wildnis Fereldens stolperten, in der Hoffnung ihrem unausweichlichen Ende zu entgehen. Die Dunkle Brut hatte dem Land nicht nur gezeigt, wie Schwach es war, sondern es und seine Bewohner sofort dafür bestraft.

    Jetzt jedoch lauschte die Chasind dem wimmern und jammern des blonden Mädchens, welches auf der anderen Seite des Feuers von Clevgars muskulösem, stinkendem Körper in den Dreck gepresst wurde. Zuerst hatte sie bei jedem Stoß noch geschrien, nach einer Weile jedoch war sie dafür zu schwach geworden. Koudelka fühlte sich unweigerlich an ihr erstes Mal erinnert. Vierzehn Jahre war es her, als ihr Vater sie sich das erste Mal einverleibte und sich an ihrem frühreifen Körper begnügte. Sie hatte genauso gezetert wie Sophia es nun tat, wofür sie später jedoch Strafen hatte ertragen müssen.

    Die Kriegerin spürte die kalte Berührung der Nacht in ihrem Nacken, welche sie aus ihren Erinnerungen befreite. Sie ließ ihren Blick misstrauisch über die Umgebung schweifen, über die Äste, die im Feuerschein langsam tanzten und einem Angreifer somit mehr Schutz und Verstohlenheit boten, als nötig. Kiros wird tot sein, sonst wäre er schon wieder zurück. Das bedeutet es gibt nur noch zwei von uns. Sie blickte wieder zu Clevgar, welcher sein Mädchen inzwischen auf den Bauch gedreht hatte und ihr Gesicht in ein blutverkrustetes, modriges Fell drückte. Man hörte von ihr nur noch gedämpfte, schwächliche Laute und sah lediglich die blonden Haare, die zwischen den breiten Fingern des Mannes hindurch fielen.

    Und sie. „Sie… nein!“ Koudelkas erstes Wort war noch ein Flüstern, wandelte sich dann aber zu einem, man könnte fast meinen erschrockenen, Aufschrei. Dieser wurde jedoch von Clevgar überhört, welche sie noch immer vollends und mit sadistischem Spott in den Augen der Schändung Sophias hingab. Sie sollte uns in Lothering einen Vorteil verschaffen. Nahrung, Wissen, irgendwas… „Verdammt.“, auch diese Feststellung, die Koudelka lediglich zu sich selber murmelte, ging in dem Treiben, dem Wind und den Geräuschen der Nacht unter. Die Menschen Fereldens misstrauten den Stämmen der Chasind mindestens so sehr, wie diese sie verachteten. Welcher Zoll wäre da schon besser gewesen, als eine kleine, unschuldige Fanatikerin des sogenannten Erbauers zu retten? Zumindest war das Koudelkas Überlegung gewesen und der Grund, wieso sie das Mädchen überhaupt erst am Leben gelassen hatte.

    Dieses Wegepfand lag nun jedoch im kalten Dreck und wurde von einem Chasind, einem Mitglied Koudelkas‘ Stammes und Gruppe, vergewaltigt und gefoltert. Das einzige was sie tun wird, ist denn Männern des Dorfes zu sagen, was ihr angetan wurde. „Lass sie.“ Die Kriegerin war aufgestanden und befand sich nun direkt neben Clevgar. Der Anblick seiner schweißnassen Muskeln und der Gestank, der um ihn und seine Geliebte umgab sorgte jedoch plötzlich für ein flaues, angeekeltes Gefühl. „Runter von ihr!“

    Dritter Tag, 03:14 Morgens
    Geändert von Carpenter (14.07.2011 um 04:41 Uhr)

  5. #5
    DA FRPG only Avatar von Sixtus Juniper
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    „Sixtus!“ In Bajtors Stimme schwang eine Menge Angst mit. Sofort erblickte Sixtus den Händler und auch den Grund, warum er so verängstigt war. Einer der Hurlocks war nicht wirklich tot und stand nun schwertschwingend vor dem Menschen. Der Pfeil, der ihn eigentlich umbringen hätte sollen, steckte in seinem Körper, die Spitze ragte sogar aus dem Fleisch am Rücken heraus. Bjator war vollkommen geschockt und anscheinend nicht mehr fähig wegzulaufen. Er war völlig erstarrt und sah den Hurlock vor ihm mit geweiteten Augen an.
    Sixtus wechselte sofort zu seinem Bogen und feuerte einen Augenblick später einen weiteren Pfeil ab. Der Hurlock holte mit dem Schwert aus und führte daraufhin die Klinge horizontal. Einen Sekundenbruchteil später traf er und streckte die Kreatur nieder. Doch es war zu spät. Der Kopf des Händlers wurde sauber abgetrennt und der stark blutende Körper brach in sich zusammen. Der Hurlock hingegen war zäh, er wand sich noch einige Sekunden laut schreiend im Todeskampf, bevor er endgültig sein Leben aushauchte.

    Wütend umklammerte Sixtus seinen Bogen. So stark, dass die Knöchel Weiß hervortraten. Er war wütend auf sich selbst, da er zu nachlässig und zu langsam gewesen war und Bjator nicht beschützen konnte, so wie es ihm aufgetragen wurde. ‚Du hast versagt!‘, sagte eine innere Stimme immer wieder zu ihm. ‚Du hättest sicher gehen müssen, dass die Dunkle Brut tot ist. Du hättest den Oger schneller töten müssen!‘ Sixtus lockerte seinen Griff und verdrängte die peinigenden und lähmenden Worte. Er konnte an der Tatsache, dass der Händler geköpft wurde, auch nichts mehr ändern. Außerdem wollte dieser ja unbedingt auf der Straße nach Lothering gehen und nicht so wie Sixtus es vorgeschlagen hatte, durch den Wald.

    Der Jäger löste den eisernen Griff und hängte sich den Bogen wieder um. Anschließend sammelte er seine verschossenen Pfeile, die noch brauchbar waren, wieder ein. Bjators Esel, der während des Kampfes davongelaufen war, kehrte zwischenzeitlich wieder zurück und stupste die Leiche des Händlers mit der Schnauze an. Sixtus ging, nachdem er mit dem Einsammeln fertig war, zu dem Esel.
    „Komm gehen wir.“, meinte er und zog vorsichtig an der Leine. Erst nach einigen Widerwillen bewegte sich der Esel. Der Jäger hätte ihn auch genauso gut hier lassen können, denn er hatte keinerlei Verwendung für den Esel oder für die Waren, mit denen er beladen war. Doch ihn hierzulassen würde vermutlich den Tod des Tieres bedeuten und so gab er ihn lieber an jemanden in Lothering.

    Sixtus machte sich wieder auf den Weg doch diesmal verließ er jedoch die Straße und legte die Marschrute durch den nebenliegenden Wald. Wieder in einem gewohnten Umfeld – wenn man den fehlenden Schnee nicht beachtete – bewegte er sich schnell und nahezu geräuschlos. Seine Marschrichtung behielt er bei, indem er sich an Lichtungen an der Sonne orientierte. Er hoffte nur, dass die Straße keine plötzliche Wendung nach Norden machte, denn sonst würde er an Lothering vorbeiziehen, ohne es zu merken.
    Nach wenigen Stunden stieß er auf eine Straße, allerdings war es eine andere, als die, auf der er vorhin mit Bjator gegangen war. Die Straße war auf Säulen gebaut und durchquerte so das hügelige Gebiet. Es musste der Imperiale Hochweg sein, erkannte Sixtus. Bjator hatte ihm davon erzählt. Der Händler hatte auch gesagt, dass sich die Straße bei Lothering mit der anderen Straße kreuzte. Aus diesem Grund entschied er sich dazu, dem imperialen Hochweg Richtung Norden zu folgen. Erst nach einigen Meilen gab es die Möglichkeit, den Hochweg zu betreten. Von der erhöhten Straße aus war in der Ferne Lothering schon zu sehen. Sixtus beschleunigte seine Schritte. Jetzt, da er ein klares Ziel vor Augen hatte, musste er seine Energiereserven nicht für eine ungewiss lange Wegstrecke und unerwartete Zwischenfälle sparen. Er überholte eine Gruppe von Menschen und etwas später noch zwei Zwerge, doch es kam ihm niemand entgegen. Die anderen Reisenden sahen den schnell marschierenden Avvar komisch an und wunderten sich über ihn, doch Sixtus bemerkte das nicht. Er ließ sich von den anderen nicht aufhalten, außerdem beschäftigte ihn noch immer sein Versagen bei der Dunklen Brut. Erst als er kurz vor Lothering von einer Gruppe von Menschen angehalten wurde, blieb er stehen.

    „Guten Tag, Fremder“, grüßte ihn einer der Menschen. Er hatte dunkle Haare und war einen guten Kopf kleiner als Sixtus. Doch so wie die anderen hinter ihm standen, schien er deren Anführer zu sein. Der Jäger neigte zur Begrüßung den Kopf.
    „Wenn Ihr nach Lothering wollt, dann müsst ihr einen Betrag an uns zahlen.“, sprach der Anführer weiter und seine Hand wanderte zum Griff seines Schwerts. Sixtus war etwas verwundert über den unfreundlichen Empfang und darüber, dass Bjator mit keinem Wort erwähnt hatte, dass alleine das Betreten des Dorfs bereits etwas kostete. Doch er wollte keinen schlechten Eindruck hinterlassen. Schon gar nicht, bevor er Lothering überhaupt betrat.
    „Wie viel kostet es?“, fragte er darum. Der Anführer der Gruppe schien selbst etwas überrascht zu sein, dass sich der Jäger nicht darüber beschwerte oder sich sonst irgendwie aufregte.
    „Nun“, meinte er und sah zuerst zu Sixtus und dann zu Bjators beladenden Esel, „da Ihr anscheinend vermögend seid, kostet es Euch ein Dutzend Silberlinge.“

    Sixtus nahm den Münzbeutel, den er von Kenan, dem Anführer des Juniper-Clans, erhalten hatte, und leerte den Inhalt in seine Hand. Doch es waren nur acht Silberlinge und vier Kupferlinge – zu wenig, um zu bezahlen. Er gab die Münzen zurück in den Beutel.
    „Ich habe nicht genug Münzen.“, erklärte er dem Anführer. „Aber ihr könnten den Esel mit den Waren haben, wenn Euch das genügt.“ Die Geldeintreiber starrten Sixtus kurz erstaunt an, doch der Schwarzhaarige fasste sich gleich wieder.
    „Das wird genügen.“, meinte er.
    „Dann nehmt den Esel.“ Sixtus nahm das Tier an der Leine und überreichte es dem Anführer.
    „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und eine angenehme Zeit in Lothering“, erwiderte dieser und wich zur Seite, um den Jäger durchzulassen.
    Sixtus neigte nochmals den Kopf zum Abschied und betrat Lothering.

    Tag 3, Später Nachmittag

    Lothering ----->

  6. #6
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    „Hörst du nicht?!“ Koudelka versetzte ihrer Forderung - ihrem Befehl - weiteren Nachdruck, in dem sie dem Krieger, Clevgar, einen festen Tritt in die Seite versetzte. Bei der Muskelmasse seines Körpers hätte ihm dies zwar weder besonders auffallen, geschweige denn schmerzen, müssen, aber dennoch reagierte er letztendlich. Der nasse und schwerfällige Körper hob und senkte sich noch einige weitere Male bestimmend und verschaffte sich somit Befriedigung für sein Verlangen. Anschließend hob er sich langsam von der viel zu kleinen Sophia ab.

    „Viel Spaß.“, grunzte der Chasind sarkastisch und gab sich überhaupt keine Mühe, seine Männlichkeit vor Koudelka zu verstecken – diese verstand den eigensinnigen Seitenhieb, verschwendete jedoch keinen weiteren Gedanken daran. Während Clevgar sich am Feuer niederließ und dem blonden Mädchen keinerlei Aufmerksamkeit mehr schenkte, betrachtete die Kriegerin das wertlose Häufchen Elend und Schweiß, Dreck und Fleisch mit einem Blick, der eine Mischung aus Verachtung und Kälte wiederspiegelte. „Wo ist dein Gott jetzt?“ Spottete sie über das schwächlich wimmernde Mädchen, welches ihr Gesicht hinter ihren Händen verborgen hielt und sich zusammengezogen hatte. Zwischen ihren Schenkel lief aus offensichtlichen Gründen Blut herab und für den Hauch eines Augenblicks überlegte Koudelka, wie empfindlich der Geruchssinn der Brut wohl auf frisches, menschliches Blut reagieren mochte. Sie beschloss jedoch schnell, dass es egal war, sie würden ohnehin alle hier draußen in Schande krepieren, als Verlierer und Schwächlinge. So wie Sophia es war, sie hatte keine Antwort auf die Frage gegeben und in einem gewissen Maße erzeugte das ein sachtes Gefühl der Befriedigung in Koudelka.
    Sie stemmte ihren rechten Fuß auf den Hinterkopf des Mädchens und drückte anschließend das eigentlich hübsche Gesicht in den Matsch. „Du bist jämmerlich, nicht ein einziges Mal hast du versucht, zu kämpfen.“ , begann die Kriegerin nun auszuführen und ließ dabei ihren Stiefel feste auf dem Kopf des Opfers schleifen. „Du kannst die Klappe nicht halten. Du kannst nicht Kämpfen. Du kannst nicht Jagen. Du kennst den Weg nicht und.“, Koudelkas Sprache stoppte für einen Augenblick und sie hob den Fuß an, um der quietschenden Sophia einen kräftigen Tritt gegen den Schädel zu geben - diese Geste wiederholte sie mit jedem ihrer weiteren Worte und steigerte dabei ihre Wut mit jedem Mal.
    “Du. Kannst. Uns. Kein.“, in der kurzen Pause, die die Kriegerin zum durchatmen aufwandte, schaffte Sophia es, sich die Arme über den Kopf zu schlingen. - „Wegzoll! Sein!“ Der letzte Tritt war zwar feste, jedoch wurde durch die schützende Position, die das Mädchen eingenommen hatte, die meiste Wucht abgefangen. Statt ihr die Vorderzähne herauszubrechen war das einzige, was Koudelka demnach erreichte, ihr eine blutige, aufgeplatzte Lippe zu verpassen.

    Dennoch war das, was als nächstes geschah, für sie überraschend. „Hör auf, bitte!“ Die Chasind war davon überzeugt gewesen, dass dieses wertlose, fereldische Mädchen am Ende war. Dass es grade so genug Kraft hatte, um zu wimmern. Nun jedoch lag Sophia da, nahm die Hände von ihrem verheulten Gesicht, in dem einige dreckige, blonde Strähnen klebten und blickte mit aufgequollenen Augen zu ihrer Peinigerin hoch. Die aufgeplatzten Lippen, welche mit Dreck und Blut beschmiert waren formten wieder dieses eine Wort. Zwar leise, flehend und verzweifelt, aber dennoch hörbar. „Bitte…“
    Einen kurzen Augenblick, in dem Koudelka einen Atemzug nahm herrschte beinahe Stille. Das Feuer knisterte, von der brutalen Szenerie vollkommen ungetrübt, vor sich hin und der Wind pfiff seine unheilvolle Melodie durch die umliegenden, grauen Baumkronen. Tiere waren nicht zu hören, ob dies jedoch an den Flüchtlingen oder an den Verfolgern lag, vermochte die Kriegerin nicht zu wissen. Aus den Augenwinkeln heraus fixierte sie Clevgar, der inzwischen den Anstand - sofern er dieses Wort überhaupt kannte - besessen hatte, sich seine Felle wieder über zu ziehen. Nun saß er einfach nur da und beobachtete das Geschehen mit immer undeutbaren Miene und kaute auf einem der letzten Reste Trockenfleisches. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er dem ganzen mit seiner Axt ein Ende setzen würde - zuerst Sophia und früher oder später auch ihr selbst, Koudelka. Sie hatte die Gewalt über diesen Mann verloren, das war eine Gewissheit, mit der sie sich seit der Niederlage bei Ostagar hatte konfrontieren und abfinden müssen. Sie hatte als Anführerin, als Kriegerin, versagt und schon bald würde sie dafür die Belohnung durch ihren letzten, verbleibenden Mann erhalten.
    Nun jedoch gab es bedeutenderes, als sich über das, was kommen mochte, Gedanken zu machen. Solange sie Beide mit der Gewissheit lebten, dass die Brut sie holen würde, würden sie sich nicht gegeneinander wenden und außerdem spürte Koudelka nicht das Verlangen, noch einmal aufzugeben – sie würde ihren Pfad so wie er war fortsetzen und wenn sie sich der Brut dann wieder stellen würde, würde sie zwar immer noch sterben, aber wenigstens in einem Kampf – mit Ehre – und nicht auf einer Flucht, mit dem Gestank der Angst um sich herum.

    Da waren die Gedanken wieder. Ehrenhaft im Kampf fallen, wie es sich jeder Krieger und jede Kriegerin es sich nur wünschen konnte. Etwas, was jeden Vater und jede Mutter Stolz machen und als Idol für den Nachwuchs gelten sollte. Wer stirbt hat versagt und wer versagt ist ehrlos. Drängte es sich in ihren Verstand. Sie schloss die Augen und schüttelte sachte ihren gesenkten Kopf – es war etwas, mit dem sie sich jetzt genauso wenig wieder befassen wollte. Wir müssen nach Lothering, aber ohne sie. Alles andere muss warten, oder am besten einfach verschwinden.
    Koudelka schlug die Augen wieder auf und der erste Anblick, der sich ihr bot, widerte sie an. Sophia hatte sie überrascht, in dem sie die Kraft aufbrachte, etwas zu tun, doch das machte ihr jetziges Verhalten es nur noch erbärmlicher. Statt die gewonnene Kraft zum Kämpfen zu verwenden, oder zumindest dafür, um eine Flucht zu versuchen, verschwendete sie sie zum Betteln und zum Heulen.
    Die Chasind dagegen zog die Axt, die sie ironischer Weise von einem erschlagenem Darkspawn erbeutet hatte, aus ihrem Gürtel. Eine Geste, die das fereldische Mädchen zu deuten wusste, denn das erste, was sie tat, war ihre Augen erschrocken zu weiten. Ihr Mund stand zwar offen, doch die Angst schien zu groß zu sein, um etwas zu sagen – um flehen – zu können.
    Wenige Momente später durchschnitt der schrille Schrei des Mädchens den Wind und die Nacht, wie ein geschärftes Schwert ein Kleinkind. Dann herrschte Stille.

    Eine Mischung aus Blut, Knochen, Hautfetzen, Haaren und Hirnmasse quoll aus der klaffenden Wunde in Sophias Stirn. Die Augen waren noch immer weit aufgerissen, starrten jedoch leblos und leer auf das Axtblatt, das in ihrem Schädel steckte. Der junge, nackte Körper schien noch mehrmals affektartig zu zucken und sich zu schütteln, woraufhin Koudelka die Waffe schwungvoll heraus riss, nur um ein weiteres Mal wuchtvoll zuzuschlagen. Das Gesicht des Mädchens wurde vollkommen entstellt, als die Axt das Nasenbein zerbrach, das rechte Auge spaltete und dann seitlich über den Kiefer herab rutschte, wodurch ein großer Fleischlappen entstand, der fast schon akribisch von dem Knochen getrennt wurde, bis er grade noch so daran herabhing. Erneut zog die Kriegerin ihre Axt zurück und nach dem sie blutigen Brei, Knochensplitter und einen Fetzen des zerrissenen Auges an Sophias Hals abgewischt hatte, steckte sie die Waffe wieder in ihren Gürtel.

    Das Mädchen war tot und für das, was nun kommen würde, war das auch besser für sie. Zumindest war es Koudelkas Meinung, denn sie hatte schon gesehen und gehört, wie lebende Menschen darauf reagiert hatten. Der elfische Dolch, wohl auch Dar’Misu genannt, war das nächste, was sie in die Hand nahm. Auch diese Waffe hatte sie nach einem Kampf erbeutet, als sie und ihre Brüder und Schwestern eine Gruppe Dalish angegriffen hatten. Die Klinge war wesentlich feiner, als das grob geschlagene, schwarze Metall der Darkspawn-Axt. Etwas, was sich wieder unter Beweis stellte, als Koudelka nun neben dem getöteten Mädchen auf die Knie ging und begann, eine ihrer Brüste vom Leib zu schneiden.
    „Es gibt frisches Fleisch.“, verkündete sie Clevgar nüchtern, der sich das Schauspiel angesehen hatte und in diesem Moment an genau dasselbe dachte.

    Dritter Tag, Morgendämmerung
    Geändert von Koudelka (17.07.2011 um 23:59 Uhr)

  7. #7
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    Tag 3, Morgendämmerung

    Obwohl sie Sophia schon vor einigen Stunden geschlachtet hatte, spürte die Kriegerin noch immer einen Teil ihrer Last – ihres Gewichts – auf sich. Mit einem schmalen, sadistischen Lächeln, welches ihrer erschöpften Gestallt vollkommen im Gegensatz schien, dachte Koudelka daran, dass es wohl daran lag, dass sie einige Rationen des Fleisches eingepackt hatte und nun an ihrem Oberschenkel trug. Zwar hatte das fereldische Mädchen bitter geschmeckt, doch es war ausreichend und kräftigend gewesen und somit bestand auch schon der beste Grund für sie, davon etwas aufzubewahren. Der Rest und Großteil des zerfleischten, jungen Körpers wurde von den beiden Chasind jedoch an Ort und Stelle zurückgelassen, auf das sich die Brut, Wildtiere oder verzweifelte und hungrige Wanderer an dem Festmahl ergötzen konnten.

    Koudelka und Clevgar hatten sich nur kurz nach den Geschehnissen der letzten Nacht auf den Weg gemacht, da sie, als versagte und brüchige Anführerin, die sie war, es so verlangt hatte. Je schneller sie Lothering erreichten und sich damit zumindest sicher sein konnten, einen ganzen Haufen Körper zwischen sich und den Darkspawn zu haben, desto schneller konnte sie sich auch im Klaren darüber werden, wie es nun eigentlich weitergehen sollte.
    Dieser Abmarsch war nun schon mehrere Stunden her – das dichte Waldgebiet war den weniger eng bewachsenen Ebenen gewichen und die bedrohliche Dunkelheit der Nacht wurde von der langsam aufgehenden Sonne verschlungen. Jene Sonne strahlte den beiden Wanderern ihr goldenes und wärmendes Morgenlicht entgegen, so als wolle sie ihnen deutlich machen, dass es noch Hoffnung gab. Der Anblick stand im Kontrast zu dem, was die Kriegerin sah, wenn sie den Blick nach Süden wandte – dicke, schwarze Rauchwolken bedeckten den scheinbar brennenden Horizont und kündeten über Meilen Hinweg von der Vernichtung Ostagars, der Ausrottung der fereldischen Armeen und dem Untergang ihres Volkes, den Chasind.
    Doch es musste ihr egal sein, zumindest für den Moment. Viel zu viel Zeit hatte sie bereits mit Nachdenken verschwendet. Lothering, oder irgendeine andere menschliche Siedlung, konnte nicht mehr weit sein und der Weg, auf dem sie waren, musste der Richtige sein. Zumindest verließ die Chasind sich darauf, denn bisher hatte sie von den imperialen Straßen noch nie etwas gesehen, nur beiläufig gehört – es waren Bauten aus Stein, die sich angeblich durch ganz Ferelden zogen und es den Menschen so ermöglichten, leichter zu reisen.
    Auf genau so einem befanden sie sich nun, zumindest ließ der verwitterte, aber dennoch klar als künstlich zu erkennende, Steinuntergrund das erkennen. Der wirkliche Beweis waren jedoch die frischen Spuren, die sich zuhauf auf der Straße und den nahliegenden Grasflächen finden ließen.

    Eigenartiger weise waren sie bisher die einzigen Reisenden, wodurch in Koudelka eine gewisse Zwiespältigkeit entstand. Entweder waren sie nur zu langsam gereist, oder aber alle anderen waren schneller gewesen. Anfänglich fürchtete sich die Chasind noch vor den Gedanken, dass alle anderen – selbst der fereldische Abschaum – einfach nur in der Schlacht gefallen waren, um sich die Schmach einer Niederlage zu ersparen. Die unregelmäßig in den nahen Büschen, Gräben und Abhängen liegenden und frischen Leichen – zumeist von Soldaten oder Wegelagerern - widersprachen dieser Annahme jedoch. Die meisten Flüchtlinge mussten einfach schon durchgekommen sein.
    Dieses verlogene, verdammte, nutzlose, weinerliche, kleine Miststück. Fluchte die Kriegerin in Gedanken über Sophia, welche sich zu Beginn dieses ganzen, erbärmlichen Schauspiels noch damit gewappnet hatte, einen schnellen Weg in das Dorf zu kennen. Sie verwarf es jedoch, sich weiter aufzuregen, sondern beschleunigte stattdessen ihre Schritte – wenn nicht alles, was man ihr erzählt hatte, eine Lüge gewesen war, dann konnte Lothering dennoch nicht mehr weit sein.

    >>>> Lothering

  8. #8
    Newbie Avatar von Wersaan
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    Die Hinterlande
    Tag 2


    Sanft schimmerte das frühe Morgenlicht in Wersaans rotem Haar. Oder war es das Mondlicht? Er wusste es nicht. Er hatte das Gefühl in einer beengenden, brennenden Truhe gefangen zu sein, die allein und verloren in einem stürmischen Meer trieb. Das Meer…Antiva…schoss es dem Elfen durch den Kopf. Es war sein erster klarer Gedanke sein geraumer Zeit. Oder waren es nur Augenblicke gewesen? Mein Zeitgefühl habe ich wohl bei der Toten gelassen…Er dachte zurück an die Elfe, die ihn aus ihren gläsernen, toten, aber bezaubernd schönen, blauen Augen angestarrt hatte. Ihr Gesicht tauchte immer wieder vor seinem innerem Augen auf, versüßte ihm jeden schmerzerfüllten Schritt. Erneut Bildfetzen tauchten Bildfetzen in seinem Kopf auf, immer wieder sah er sie, doch wenn Wersaan sich bemühte, sich zu erinnern, wer die blauäugige Frau war, verschwanden sämtliche Bilder aus seinem Gedächtnis und ließen ihn in einer Dunkelheit zurück. Sein Kopf war vollkommen leer. Die Welt farblos und sinnlos. Wieso setzte er dann einen Fuß nach dem anderem, wieso kämpfte er dann gegen Schmerz und gegen das Verlangen, dem Brennen nachzugeben und einfach zu versinken? Wusste er es nicht mehr oder hatte er es nie gewusst?

    Das Lodern in seinen Adern, dass ihn zunächst gelähmt hatte, schien ihn nun in die Erde hinabzuziehen zu wollen, es drückte ihn wie eine zu schwere Last in den scheinbar weichen, nachgiebigen Boden. Und als krönender Abschluss war da auch noch irgendwo auf der schmalen Grenze zwischen Bewusstlosigkeit und da sein, auf der Wersaan sich bewegte, ein pochender Schmerz, der ihn fast in den Wahnsinn trieb… „Der Schmerz meine Krone, die Toten meine Untertanen!“, brüllte Wersaan in die Wildnis. An einen Baum gelehnt versuchte er sich zu orientieren. Blinzelnd blickte er hoch, sah eine runde Sonne im Zenit stehend.

    Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern, wie er hier hin kam.“ Wollte ich nicht auf der Straße bleiben und auf Reisende warten…Hm, weißt du’s?“, richtete sich der Elf an den Baum, der ihm als Stütze diente. Seine Augen waren von einem fiebrigem Vorhang verhüllt, dennoch blickte sich der Elf um und schien nach etwas zu suchen, Wersaan erblickte jedoch nichts außer einigen Bäumen hier und einigen Sträuchern da, die weit verteilt auf einer hügeligen Ebene positioniert waren.
    „Und wo sind meine Untertanen geblieben?“, fragte der empörte Elf den Baum.
    „Du, nein, ihr stinkenden Shemlen habt sie umgebracht!“, mit Mühen riss er sein Schwert aus dem Boden und näherte sich überraschend rasch einigen Sträuchern.
    „Ihr könnt nicht vor mir weg kriechen, nein, bettelt nicht um Gnade, ihr werdet sterben!“, vehement schlug der Elf auf die Büsche ein, bis er schließlich schwer atmend und schwankend inne hielt,“ Meine Untergebenen sind nun gerächt. Ich kann jetzt weiter nach Reisenden suchen. Ich bin ein guter König…“

    Ein Mörder bist du, kein König hörte der Elf plötzlich eine klare Frauenstimme. Erschrocken zuckte Wersaan zusammen.
    „Wer ist da, wer spricht dort? Zeige dich!“, forderte er und blickte sich hektisch, nahe zu panisch um. Sein Blick blieb an den von ihm verunstalteten Büschen hängen.
    „Bist du ein Busch?!“ Einst nanntest du mich Liebste, nun bin ich für dich ein Busch…Ja, ja, so ist es also mit dir…Verraten hast du mich…In die Falle getrieben…
    „Elion, bist du es?“, fragte der fiebrige Elf erschrocken. Auf einmal konnte er sich wieder erinnern : die blauäugige Elfenfrau, die schöne Tote, sie war seine Geliebte gewesen! Und sie war gestorben…Ein Oger hatte sie umgebracht…Eines dieser Ungeheuer, die wie aus dem urplötzlich und rasend schnell auftauchten…Die Ungeheuer, die ihn in die Tiefe zerren wollten…
    „Ich bin kein Mörder…Und du bist kein Busch. Der Oger, er hat dich umgebracht !“
    Ah ja? Der Oger hatte mich in eine Höhle gerufen…Ein Oger hat mich nicht beschützt…Ein Oger hat mich sterben lassen…
    Ein Mörder bist du
    , hörte Wersaan plötzlich eine zweite Stimme.
    „Mutter?“
    DU hast mich sterben lassen. Du hast nichst unternommen, du hast mich nicht gerächt ! Hast weder die Menschen, die mich töteten, noch die Elfen, die mich vertrieben, bestraft!
    Damit hast du mich gemordet…

    „Nein, nein!“, rief Wersaan verzweifelt.“ Verschwindet aus meinem Kopf, alle beide!“
    Mörder…Mörder…!
    „Nein!“,brüllte der Elf,“Geht-aus-meinem-Kopf!“,doch die Stimmen blieben. Verzweifelt versuchte er, vor den Stimmen aus seinem Kopf wegzulaufen.
    Wersaan ran aus Leibeskräften, doch nach weniger als einer halben Meile sackte er erschöpft neben einer schlammigen Pfütze zusammen.

    Mörder…Mörder!
    „Mörder, Mörder!“, äffte der Elf seine Halluzinationen nach, „Könnt ihr närrischen Weibsbilder den nichts anderes sagen? Geistreiche Konversation ist wohl nicht eure Stärke, was?!“
    Müde legte er den kleinen Beutel mit dem wenigem Hab und Gut, was er hatte aus der Hand und trank beherzt von dem schlammigen Wasser.
    „Widerlich!“Der Elf spukte das dreckige Wasser aus und versuchte die nervigen Stimmen auszublenden. Der Schmerz in seinem Schädel hatte nachgelassen, wellen artig ergriff er ihn zwar immer wieder, doch nun hatte Wersaan vor, die wenigen, fast schmerzfreien Augenblicke auszunutzen. Entschlossen wühlte Wersaan nach seiner Karte. Mittlerweile war die Sonne hinab gewandert, die rötliche Scheibe war schon fast hinter dem Horizont verschwunden.

    Angestrengt musterte er die Karte. Das Brennen, dass durch seinen Körper raste, hatte zwar nicht nachgelassen, doch etwas irrsinniges, etwas ihm entfliehendes trieb ihn immer noch an , ließ ihn alles und jenes ausblenden. Sein Blick richtete sich auf die Karte.
    „Wersaan, du musst irgendwo hier sein…“,der Elf kniff die Augen zusammen und versuchte vergeblich die Beschriftung auf der Karte zu lesen.
    „Was nützt es dir, zu wissen, wo du bist? Glaubst du wirklich noch daran, dass du überleben wirst?...Ja, ich werde überleben!“,verfiel der Elf in einen Monolog,“ Ich lege mich jetzt Schlafen, werde diese zwei Furien auch weiterhin ignorieren und jage mir dann etwas, oh, was ich jetzt nicht aller für ein Stück Fleisch geben würde…Ich muss bloß eine Straße finden, dort werde ich bestimmt erfahren, wo ich bin…Bin ich nicht von einer Straße gekommen? Nein, das war ein kleiner Waldweg und ich, ich muss zu einer großen Straße…Doch wie heißt sie den? Hochweg….Der königliche? Oder war’s der kaiserliche? Ah…Ich muss zum Hochweg…Das kann doch gar nicht so weit entfernt sein…Ich muss nur die Nacht überleben…“,müde streckte der Elf sich auf der kalten Erde aus.
    Mörder…Mörder! Er hörte immer noch das Geschrei, das ihn die letzten Stunden pausenlos begleitet hatte.
    „Sagt, mal, werdet ihr nicht müde? Für zwei Tote seid ihr sehr, sehr ausdauernd…Es muss euch ja äußert gut ergehen, dort ,wo ihr jetzt seid…Wenn ich heute Nacht von diesen Missgeburten gefressen werde , dann werden wir ein ernstes Gespräch im Reich der Toten haben. Ich werde noch Wahnsinnig von eurem Gebrüll!“, schimpfte der Elf gereizt mit seinen Wahnvorstellungen. Doch plötzlich wurde es abrupt still. Kein Geschrei, keine Vögel, nicht einmal ein kleines knirschen oder zirpen.

    Und plötzlich hörte er ohrenbetäubendes Gebrüll. Schmerzend hallte es in seinem Kopf wieder. Der Drache, er rief ihn, er rief ihn zu sich, tief in die Erde, er versprach ihm Blut und Fleisch, was wollte man denn auch mehr?
    Doch etwas wehrte sich immer noch in dem Elfen, selbst der ihn vollkommen ergreifende, brennende Schmerz hatte ihm die Sinne noch nicht endgültig geraubt. Nein…Nein!Ich will nicht! Nein!
    Schließlich versank er in der Dunkelheit.

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