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Thema: Hafenbezirk

  1. #21
    Newbie Avatar von Semih Tala
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    7 Uhr 57 morgens

    Es dauerte eine Minuten, bis er eine weitere Person wiedererkennen sollte, die auf ihn zukam. Es handelte sich um die Elfe, die er in der Schenke gesehen hatte. Er konnte sich vorstellen, weswegen sie hier war. Ein Blick zur Seite verriet ihm, dass er langsam auffällig werden würde, wenn er weiterhin mit auffälligen Personen sprach, nur um sich wieder von ihnen zu verabschieden. Er konnte es sich nicht mehr leisten, etwas laut über den Auftrag preiszugeben. Als die Elfe auf ihn zukam, fackelte er nicht lange.“ Ah, das bist du ja. Ich habe dich so vermisst meine tanzende Perle.“ Erklang es von ihm, während er seine Arme ausbreitete und die Elfe umarmte. In diesem Moment flüsterte er ihr kurz den Auftrag ins Ohr und beendete das Schauspiel, indem er seine Umarmung löste.

    8 Uhr 05 morgens

  2. #22
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    Gewässer vor Denerim

    Tag 3 – Morgen


    Ins fahle Licht des anbrechenden Tages getaucht wirkte die noch immer weit entfernte Stadt kalt und farblos. Grau in grau zeichneten sich in der Ferne die Umrisse einzelner Gebäude und der in Denerims Hafenbecken vor Anker liegenden Schiffe ab. Inmitten turmhoher Klippen drängten sich die Häuser der Stadt dicht aneinander, scheinbar ohne jede Ordnung und in dem Bemühen, selbst den kleinsten verfügbaren Fleck zu besiedeln.
    Die Stadt lag im Morgengrauen vollkommen still da, das wogende Meer unter sich und umrahmt von den Klippen der felsigen Küste Fereldens. All das wurde überragt von dem gewaltigen Turm, der bereits seit der Herrschaft des Imperiums über Denerim wachte, Fort Drakon, das sich mit dem Himmel selbst messen zu wollen schien.

    Im kalten grau des klaren Morgens machte Denerim auf einen Fremden wohl genau den Eindruck, den man sich von der Hauptstadt des fernen Fereldens erhofft hatte. Kalt, rau, zweckmäßig, standhaft gegenüber Wind und Wetter und vielleicht ein wenig unzivilisiert. Ein würdiger Hafen für das geheimnisvolle und bedrohliche Land, das bis in die südlichsten Regionen des bekannten Thedas reichte und als Heimat von Hexen und Barbaren galt. Nicht, dass es die andernorts nicht auch zur genüge gegeben hätte, aber solche Geschichten erzählte man sich nun einmal über Ferelden.
    Nichtsdestotrotz war Denerim ein einnehmender Anblick nach den letzten Tagen, in denen das Schiff lediglich von Meer umgeben gewesen war. Es versprach das baldige Ende ihrer Reise, festen Boden unter den Füßen und nicht zuletzt wieder das pulsierende Leben und die Menschenmassen einer Stadt, die doch wesentlich angenehmer waren, als dieses zusammengepferchte Leben auf einem Schiff… zumindest, wenn man ohnehin in einer Großstadt aufgewachsen war.

    Ein Windstoß fuhr Mhana ins Gesicht, ließ ihr kurzes Haar wild flattern und jagte ihr einen kalten Schauer, gefolgt von einer Gänsehaut am ganzen Körper den Rücken hinunter. Ihre ohnehin schon klammen Finger schlossen sich noch fester um die Stricke der Takelage. Verdammt war das kalt hier oben. Zugegeben, sie hatte gewusst, worauf sie sich mit Ferelden einließ, aber sie kam dennoch nicht umhin das ungleich wärmere Klima ihrer Heimat bereits jetzt zu vermissen. Immerhin würden sie bald von diesem verfluchten Schiff runterkommen, Mhana hasste es, eingesperrt zu sein, selbst wenn es nur ein Schiff war.
    Mit einem leisen Seufzer riss sie den Blick für einen kurzen Moment von Denerim los und blickte nach unten, wo sich etwa fünf oder sechs Meter unter ihr das Schiffsdeck befand, auf dem einige Besatzungsmitglieder und Reisende herumzueilen begonnen hatten und einen ziemlichen Lärm veranstalteten. Vermutlich konnten die es genauso wenig abwarten, endlich wieder an Land gehen zu können.

    Mhana blickte eine Weile von oben auf ihre Köpfe herab, wandte sich aber recht schnell wieder der Aussicht auf die Stadt zu. Zugegeben, Denerim wirkte verlockend auf sie und doch war es nicht zu vergleichen mit ihrem Antiva. Ihrem Antiva in den guten Zeiten, bevor alles in die Brüche gegangen war, ein einziges sonnengeküsstes Paradies für Taschendiebe wie sie, voller Leben, voller reicher und unachtsamer Leute … ein Ort, an dem sie Freunde gehabt hatte. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie dazu neigte, ihre Erinnerungen an Antiva entgegen besserem Wissen zu verherrlichen, doch es fiel schwer, sich dies angesichts der klirrenden Kälte Fereldens einzugestehen.
    Es war schon schlimm genug gewesen, dass sie damals Antiva verlassen hatten und jetzt auch noch die Freien Marschen hinter sich gelassen zu haben erschien ihr für einen kurzen verzweifelten Moment lang wie ein schrecklicher Fehler, als hätte sie ihre Heimat damit für immer verloren.
    Dabei war Antiva natürlich schon lange nicht mehr ihre Heimat gewesen… und es war ja nicht so, als wäre sie in diesem neuen kalten Land völlig auf sich allein gestellt. Ihr Vater war noch immer bei ihr und natürlich Liam.

    Mhanas Anflug von schlechter Laune war fast ebenso schnell wieder verflogen, wie er gekommen war. Liam hatte ihr vor ihrer Abreise genug von Ferelden erzählt um jeden Zweifel an ihrer Entscheidung auszuräumen und er hatte ihnen natürlich versprochen, ihnen die Stadt zu zeigen und sie seiner Familie vorzustellen, die er vor über einem Jahr in Denerim zurückgelassen hatte. Sie würden in Ferelden immerhin einen guten Start haben und wenn nicht gerade eine Verderbnis über sie hereinbrach, würde sie wahrscheinlich auch genug Zeit haben, sich an das beschissene Wetter zu gewöhnen.

    Völlig in Gedanken versunken hing Mhana noch einige Minuten in der Takelage, den Blick verschwommen auf Denerim gerichtet und ohne groß auf das miserable Wetter oder die Höhe in der sie sich befand zu achten.
    Erst eine vertraute Stimme, die vom Schiffsdeck zu ihr heraufwehte, ließ sie aus ihren Gedanken hochfahren.
    Was gesagt wurde klang zwar grob nach Fereldisch, doch der breite, gebrochene Akzent und die tiefe Stimme ließen ihr bereits nach wenigen Worten klar werden, dass es sich um ihren Vater handeln musste, der soeben den Versuch unternahm, irgendjemanden zu fragen, ob er seine Tochter gesehen hatte.
    Mhana musste grinsen bei der Vorstellung, welches Gesicht der arme Kerl grade machen musste, bei dem Versuch, zu entschlüsseln, was der Rivaini von ihm wollte und ihr Vater konnte auf gewöhnliche Leute, vor allem solche aus dem Süden, durchaus Eindruck machen.
    Noch immer mit einem Grinsen auf den Lippen hangelte Mhana sich geschickt einige Meter nach unten, sprang die restlichen zwei Meter einfach hinunter und landete behände wie eine Katze auf ihren Füßen. Sie hatte schon von wesentlich höheren Orten springen müssen und es immer überstanden, sodass sie mit Höhen inzwischen beileibe kein Problem mehr hatte.

    Die junge Rivaini hatte sich kaum erhoben, als in einigen Metern Entfernung auch schon ein tiefes Seufzen zu hören war: „Mhai, du holst dir noch den Tod, wenn du so weitermachst.“
    „Warum? Das war ja wohl überhaupt nichts“, antwortete sie in trotzigem Ton und selbstverständlich auf Rivainisch, wie immer, wenn sie mit ihrem Vater sprach, nur um bereits im nächsten Moment irgendetwas großes weiches ins Gesicht geworfen zu bekommen. Mit einem erschrockenen „Mpf!“ packte sie den dicken Stoffmantel und zog in sich vom Kopf, um ihn wenig später mit einer gewissen Verwunderung als Kleidungsstück zu erkennen.
    „Was soll das, du musst mir ja wohl nicht meine Sachen nachtragen…“
    „Anscheinend doch, wenn du sonst halbnackt durch die Kälte rennst. Wir sind hier nicht mehr in Antiva, Mädchen.“
    „Ich bin kein bisschen nackt“, entgegnete Mhana bissig, warf sich aber dennoch ohne zu zögern den Mantel über die Schultern. Es machte wenig Sinn zu verleugnen, wie sehr sie trotz des Lederwamses fror, denn ihre Arme und Beine zitterten wie Espenlaub – allerdings wurde ihr das erst jetzt bewusst. Sie war zuvor wohl einfach zu abgelenkt gewesen, schließlich hatte sie schon sofort nachdem ihr Vater sie an jenem Morgen geweckt hatte nichts mehr halten können, als es geheißen hatte, man könne Denerim bereits sehen. Aus diesem Grund hatte sie auch nur das nötigste an Kleidung angezogen und sowohl den Mantel als auch die Handschuhe vergessen, die sie eigentlich vor der unmenschlichen Kälte hier im Süden hätten schützen sollen. Immerhin hatte sie den Mantel jetzt wieder…

    Ihr Vater gab ein weiteres leises Seufzen von sich und bedachte Mhana mit einem fürsorglichen Lächeln. Er hatte dunkle, warme Augen, die wie immer ebenso lächelten wie seine Lippen und einfach nicht an diesen kalten und windgepeitschten Ort zu gehören schienen.
    Er trug genau wie Mhana wesentlich wärmere Kleidung, als sie es im wärmeren Norden getan hätten. An warmen Tagen hatte er seinen Oberkörper oft überhaupt nicht verhüllt, sodass man seine beträchtliche Körperkraft und die zahlreichen dunkelblauen Tätowierungen hatte erkennen können, die er vermutlich allesamt noch vor Mhanas Geburt erhalten hatte. Nun allerdings konnte man lediglich das dunkelblaue Symbol sehen, das quer über sein linkes Auge und die Wange hinunter bis zum Hals verlief, auf halber Strecke durch seinen dichten schwarzen Bart verborgen.
    Alle weiteren Tätowierungen waren von dem dunklen Pelzmantel und darunter einem fereldischen Arbeiterhemd verborgen, die ihm Liam großzügigerweise überlassen hatte. Das alles änderte natürlich nicht viel daran, dass ihr Vater immer noch einschüchternd auf die meisten Südländer wirkte, allein schon aufgrund seiner Größe und Statur… und womöglich auch dem unschwer zu erkennenden Bastardschwert, das er an einem Gurt befestigt an der Hüfte trug und nur sehr selten ablegte.

    Mhana fuhr sich mit der Hand durch das kurze Haar, das durch seine Begegnung mit ihrem Reisemantel vermutlich noch mehr in Unordnung geraten war, doch der scharfe Wind machte jegliche Anstrengung fast sofort wieder zunichte. Ein wenig frustriert erwiderte sie also das Lächeln ihres Vaters und ließ ihren Blick anschließend wieder in Richtung Denerim abschweifen.
    „Ich bin froh, wenn wir von dem Schiff wieder runter sind. Ich will mir Denerim ansehen…“
    „Dir ist hoffentlich klar, dass wir unter Umständen längere Zeit dort bleiben werden“, bemerkte ihr Vater daraufhin scheinbar völlig beiläufig, doch für Mhana war es bereits ein Wink mit dem Zaunpfahl.
    „Schon verstanden, ich behalt meine Hände bei mir… so gut es eben geht.“
    „Mhai…“
    „Ich kann nichts dafür wenn es manche Leute einfach herausfordern! Mach dir keine Sorgen, Liam bekommt wegen mir schon keinen Ärger…“
    „Es geht mir mehr darum, welchen Ärger du dir einhandeln könntest, wir können von hier nicht so einfach verschwinden.“
    Mhana stieß einen ärgerlichen Seufzer aus, wandte sich von ihrem Vater ab und lief bis zur Reling, wo sie sich mit den Unterarmen abstützte und den Blick ein weiteres Mal in Richtung Denerim lenkte, doch sie nahm die Stadt diesmal kaum wahr.
    Sie hasste es, wenn ihr Vater sie mit dieser Eindringlichkeit um irgendetwas bat, weil sie genau wusste, dass sie sich daraufhin nicht einfach würde weigern können.

    „Ich werd mir schon keinen Ärger einhandeln“, versuchte sie sich ein letztes Mal aus der Schlinge zu winden und wandte sich um, sodass sie direkt nach oben in das Gesicht ihres Vaters sehen konnte.
    „Du weißt genau, dass die mich nie erwischen und ich muss ja nichts großes…“
    „Du wirst nichts stehlen, solange wir noch Liams Gäste sind, in Ordnung? Sobald wir Denerim verlassen haben und es nötig ist…“
    „Papa…“, stöhnte sie mit einem gedehnten Laut der Enttäuschung, doch ihr Vater blieb unerbittlich.
    „Du weißt genau, dass ich es hasse, wenn du dich unnötig in Gefahr bringst. Keine Diebstähle, solange wir in Denerim sind, verstanden?“
    „Schon gut…“, murrte Mhana und lehnte sich mit einem Arm erneut gegen die Reling, über die sie schließlich einen düsteren Blick in das aufwogende Meerwasser warf, durch das das Schiff in Richtung Denerim pflügte.
    Sie hasste es. Sie hasste es, sich an Gesetze und Regeln halten zu müssen und nicht einfach das tun zu können, was sie wollte. Die einzige Ausnahme dabei stellte ihr Vater dar, von dem sie wusste, dass es ihm nur um ihr Wohlergehen ging und dem zuliebe sie sich zurückhalten würde, aber dennoch gefiel es ihr ganz und gar nicht.
    Wozu die Dinge bezahlen oder für sie arbeiten, wenn man sie sich doch auch einfach nehmen konnte? Weil man sich damit Ärger einhandelte und weil andere Leute es sich mit ehrlicher Arbeit verdient hatten, hätte ihr Vater gesagt, aber sie war so nun mal nicht aufgewachsen… und er war auch nicht gerade ein Musterbeispiel für ehrliche Arbeit.

    „Du hättest mir das auch etwas früher mitteilen können“, bemerkte sie in leicht säuerlichem Tonfall.
    „Wozu? Um dir die Reise zu verderben und dafür zu sorgen, dass du mich durchgehend damit konfrontierst, was für ein grausamer Mensch ich bin, dir deine Lieblingsbeschäftigung zu verbieten?“
    Mhana zog zur Antwort ein wenig amüsiertes Gesicht, woraufhin ihr Vater sie mit einem umso herausfordernderen Grinsen bedachte.
    „Was denn, willst du mir etwa sagen, du wüsstest nicht, wie du dich sonst beschäftigen sollst? Du bist noch jung, dir wird schon etwas einfallen… und im Notfall hat Liam sicher genug Arbeit für dich.“
    „Ach, lass mich in Ruhe, alter Mann, da geh ich ja lieber in der Kirche beten, bevor du mich arbeiten schickst…“
    „Und du solltest damit vorsichtiger sein, Mhai… die Anhänger Andrastes haben nicht viel übrig für Gotteslästerei, wie sie es nennen.“
    „Ja, ich weiß“, stöhnte Mhana. „Du musst mir das nicht dauernd sagen, mein Kopf ist kein Sieb…“

    „Arkham!“, ertönte es mit einem Mal quer über das Deck und ließ Vater und Tochter augenblicklich herumfahren.
    Liam kam mit großen Schritten auf sie zu, gekleidet in einen dunklen, im Wind wehenden Mantel, das rote Haar verwegen um seinen Kopf flatternd.
    „Ah, du hast den kleinen Satansbraten gefunden, was?“, bemerkte er schließlich, als er die beiden Rivaini erreicht hatte und bedachet Mhana dabei mit einem amüsierten Zwinkern.
    „Als ob ich mich versteckt hätte…“
    „Oben auf dem Schiff ist nicht verstecken?“, entgegnete ihr Vater daraufhin, genau wie seine Tochter auf Fereldisch, nur dass man ihm noch immer die Schwierigkeiten anhörte, die er mit dieser fremden Sprache hatte.
    „Ich wollte mir nur die Stadt ansehen und auf dem Deck läuft inzwischen die ganze Mannschaft durcheinander.“
    „Wahrscheinlich der einzige Grund, dass sie dich noch nicht von da oben runtergezerrt hatten, was? Wenn der Kapitän dich noch einmal beim ‚Behindern der Schiffsarbeiten’ erwischt hätte, hätten wir dich womöglich vor Denerim aus dem Wasser fischen müssen!“, lachte Liam und trat mit einem fast schon sehnsüchtigen Blick auf seine Heimat neben Mhana an die Reling.
    „Der Käpt’n kann mich“, erwiderte sie mit einer dermaßen natürlichen Frechheit, dass Liam sich ein weiteres Auflachen nicht verkneifen konnte.
    „Mhai“, bemerkte ihr Vater mit mahnendem Unterton, doch Liam winkte mit einer lässigen Geste ab.
    „Keine Sorge, wir Fereldaner sind ein direktes Volk, da wird Höflichkeit nicht so groß geschrieben wie im feinen Orlais… ha, hab ich euch eigentlich schon von dieser orlaisianischen Adligen erzählt, der ich vor ein paar Jahren dieses Schmuckstück…“
    „Ja, schon etwa zehnmal und du wärst jedes Mal vor Lachen fast gestorben, als du erzählt hast wie sie in Ohnmacht gefallen ist und ihre Zofe gleich mit“, entgegnete Mhana mit einem dicken Grinsen im Gesicht.
    Liam kicherte leise in sich hinein.
    „Ja, das kann passieren, wenn man in Orlais versucht, jemandem seine ehrliche Meinung mitzuteilen…“
    … darüber dass ihr der Klunker halb in den Ausschnitt rutscht… und wenn man dann auch noch versucht, das zu korrigieren…, führte Mhana seine Ausführungen gedanklich weiter, ohne dabei jedoch den Mund aufzumachen.

    „Nun ja“, stellte der Fereldaner schließlich entschieden fest und kehrte aus seinen farbenfrohen Erinnerungen zurück. „Wir legen bald an und bis dahin sollten wir mit den Vorbereitungen fertig sein. Packt eure Sachen zusammen, danach können wir uns um meine Waren kümmern. Na los, ich komme gleich nach!“, scheuchte er sie also in geschäftigem Tonfall los und es war klar, dass er genau das eigentlich schon von Anfang an vorgehabt hatte. Der Händler ließ sich nun einmal gerne von der Arbeit ablenken und war dann für so ziemlich jeden Spaß zu haben - eine der Eigenschaften, die Mhana an dem Fereldaner sehr schätzte... die sie genau genommen bei allen Händlern schätzte, wenn auch aus anderen Gründen…

    „Natürlich, Meister“, gab Mhana mit einem kurzen Zwinkern und herzlich wenig Ernsthaftigkeit zurück, bevor sie sich auf den Weg unter Deck machte. Im Grunde hatte Liam ihr ja gar nichts zu sagen, da er lediglich ihren Vater für seine Arbeit bezahlte, aber darüber sah sie hin und wieder geflissentlich hinweg.
    Ihr Vater war bereits wenig später an ihrer Seite.
    „Was glaubst du, wie lang wir noch bei ihm bleiben?“, fragte Mhana und sah ihren Vater dabei nur flüchtig an, kaum dass sie außerhalb von Liams Hörreichweite waren.
    „Ein paar Wochen, schätze ich… aber so genau kann man das nicht wissen, mit dir als Tochter…“
    „Ich hab doch gesagt, dass ich mich diesmal zurückhalte.“
    „Natürlich…“
    Für einen kurzen Moment schien sich ein Schatten über das Gesicht ihres Vaters zu legen und das flüchtige Lächeln auf seinem Gesicht schien zu verblassen.
    „Ist irgendwas?“, fragte Mhana mit einem kurzen Anflug von Besorgnis, doch ihr Vater schien bereits im nächsten Moment wieder vollkommen bei der Sache zu sein.
    „Nichts. Ich dachte nur eben daran, dass Liam selbst Kinder hat… es muss hart sein, sie über ein Jahr nicht sehen zu können und jetzt nicht zu wissen, was ihn erwartet.“
    „Hm“, machte Mhana nachdenklich und drehte sich im Laufen schwungvoll auf den Fußballen herum, sodass sie auf Liam zurückblicken konnte, der noch immer an der Reling stand, den Blick in die Ferne gerichtet und das Gesicht von ihr abgewandt.
    Seltsamerweise kam ihr erst jetzt der Gedanke, dass er womöglich nicht nur Freude beim Gedanken an seine Familie empfand. Sie fragte sich, wie nah man sich wohl noch stehen konnte, wenn man sich über so lange Zeiträume kein einziges Mal sah… sie hatte ihren Vater immer in ihrer Nähe gewusst.

    Sie blieb stehen und konnte hören, wie ihr Vater hinter ihr erst langsamer ging, seine Schritte aber schnell wieder beschleunigte und sich von ihr entfernte.
    Sie betrachtete für einige Sekunden Liam, der mit wehendem Haar und Mantel aufs Meer hinausstarrte. Der Wind war noch stärker geworden und die großen weißen Segel des Schiffes über ihren Köpfen blähten sich mit ihm. Mhana blickte nach oben, einzelne Haarsträhnen umflatterten ihr Gesicht und ihre Lungen füllten sich mit der kalten, klaren Luft Fereldens. Sie betrachtete die wogenden weißen Segel über sich, hinter denen ein kalter stahlgrauer Himmel lag und eine blasse Sonne sich zaghaft durch die Wolken hindurch zeigte. Ein seltsamer Schauer überlief sie und diesmal lag es nicht an der Kälte.
    Es war viel mehr ein seltsames unerklärliches Gefühl der Einsamkeit und Weite, dass bereits wenige Sekunden später wieder verflogen war.
    Mit einem kurzen Blinzeln wandte sie den Blick von der Sonne ab und rief sich wieder ins Gedächtnis, was sie zu tun hatte.
    Sie musste ihre Sachen packen, damit alles bereit war… für Ferelden.

  3. #23
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    Denerim – Hafenbezirk

    Tag 3 – Morgen


    Es war ein seltsames Gefühl, nach all der Zeit auf hoher See wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Nicht, dass Mhana die Zeit an Bord des beständig schaukelnden Schiffes sonderlich genossen hätte, aber man hatte sich immerhin gerade daran gewöhnt gehabt. Sie vermutete allerdings, dass auch dieses befremdliche Gefühl schnell wieder verflogen sein würde, nun da sie Ferelden und Denerim endlich erreicht hatten.
    Zwar war die eiskalte Luft noch immer ein wenig ungewohnt, doch der Geruch des Meeres und der Fischverarbeitung, das Treiben der Leute am Hafen, die engen Straßen Denerims, die sich vor ihnen auftaten… all das sorgte dafür, dass Mhana sich hier zumindest zu einem Teil bereits heimisch fühlte. Sie hatte fast ihre gesamte Kindheit in der Nähe des Hafens von Antiva gelebt, in dem baufälligen kleinen Haus, das sie und ihr Vater damals von Ginevra übernommen hatten.
    Sie hatte sich damals oft gewünscht, auf eines der prächtigen Schiffe im Hafen zu steigen und über das Meer zu segeln, aber das waren nur kindische Träumereien gewesen, die man wohl nur haben konnte, wenn man noch nie einen Fuß auf das Deck eines Schiffes gesetzt hatte. Zumindest war das inzwischen Mhanas Ansicht und die hatte sogar noch das unglaubliche Glück gehabt, unter den Passagieren zu reisen und nicht auf dem Schiff arbeiten zu müssen. Sie wusste noch nichtmal genau, wie viel sie für die Überfahrt eigentlich hatten bezahlen müssen…

    Einer Erschütterung durchzog den wackeligen hölzernen Wagen, auf dem Mhana eben noch gedankenverloren herumgestanden und ihren Blick über den Hafen hatte schweifen lassen. Ein kurzer Blick verriet ihr, dass ihr Vater die nächste Kiste aus Liams Warenbestand auf die Ladefläche gestellt hatte und bereits nach der nächsten griff. Mhana hätte viel lieber die Menschen am Hafen beobachtet, als hier bei der Arbeit zu helfen, aber manchmal musste sowas eben sein – mit genervtem Gesichtsausdruck ging sie die zwei Schritte zu der Kiste hinüber, zog sie etwas unbeholfen auf den hinteren Teil der Ladefläche und stieß sie letztlich so lange mit dem Fuß in Position, bis sie sie möglichst platzsparend an die anderen Behältnisse anschmiegte, die bereits verladen worden waren.
    Die nächste Erschütterung kündete davon, dass ihr diesmal keine Pause gestattet wurde.
    Mit einem kurzen sehnsüchtigen Blick auf die verwinkelten Gassen der Stadt widmete sie sich wieder der Arbeit.

    Nach ihrer Ankunft hatte Liam erstaunlich schnell den Holzkarren aufgetrieben, der von einem ziemlich alten Klepper gezogen wurde und hatte es sich anschließend zur Aufgabe gemacht, die Seeleute beim Ausladen seiner Ware zu beaufsichtigen, während ihr Vater die bereits am Hafen liegenden Kisten auf den Wagen beförderte, wo Mhana sie mehr oder minder begeistert aufstapelte. Sie hatte bisher kaum Zeit gehabt, sich am Hafen umzusehen und sobald sie hier fertig waren, mussten sie das ganze Zeug auch noch in irgendein Lagerhaus schaffen…
    „Sag mal…“, begann sie also recht laut, um ihren Vater auf sich aufmerksam zu machen, während sie die nächste Kiste bereits zu sich heranzog.
    „… eigentlich braucht ihr mich hier doch gar nicht, oder?“
    „Nein, ich könnte mir durchaus die doppelte Arbeit machen, wenn ich wollte. Zieh nicht so ein Gesicht, es ist nicht zu viel verlangt, wenn du zur Abwechslung auch deinen Teil beitragen musst“, antwortete ihr Vater prompt, stellte ihr die nächste Kiste vor die Füße, bevor sie einen nennenswerten Fortschritt gemacht hatte.

    „Ich bin euch doch so oder so keine große Hilfe oder kannst du mir erklären wie ich das ganze Zeug hier aufstapeln soll? Das ist viel zu schwer für mich und ansonsten würde ich auch nur im Weg rumstehen… da könnte ich mir doch eigentlich schon mal die Stadt…“
    „Vergiss es Mhana, du wirst dich nicht einfach vor der Arbeit drücken und außerdem lasse ich dich nicht alleine durch irgendeine vollkommen fremde Stadt spazieren“, entgegnete ihr Vater ein weiteres Mal ohne sie auch nur ausreden zu lassen.
    Mhana stieß ein leises Stöhnen aus und versuchte, eine der Kisten hochzuheben, die noch immer vor ihren Füßen standen. Es kostete sie tatsächlich einige Anstrengung und gedanklich verfluchte sie Liam bereits dafür, dass er nicht einfach irgendetwas leichtes hatte zusammenkaufen können, anstatt diesen elend schweren Krimskrams.

    „Aber“, setzte sie mit einer schwungvollen Drehung erneut an, kaum dass sie ihre Last auf den anderen Kisten abgestellt hatte, von der Anstrengung nur zusätzlich motiviert, einen Ausweg zu finden. „… vielleicht ist Denerim ja so oder so völlig öde und ich komm gleich wieder zurück. Und dann könnte ich dir auch nicht mehr damit auf die Nerven gehen…“
    „So wie ich dich kenne würdest du selbst dann nicht früher zurückkommen als du es vorhattest, wenn die ganze Stadt in Flammen stünde“, bemerkte ihr Vater mit einem inzwischen etwas angestrengt wirkenden Gesichtsaudruck und scheinbar ohne auch nur einen Gedanken daran verschwendet zu haben, nachzugeben.
    „Aber…“
    „Warum kannst du nicht einfach durchhalten, bis wir hier fertig sind und dir dann auf dem Weg die Stadt ansehen? Mir wäre es zumindest wesentlich lieber, dich nicht sofort aus den Augen zu verlieren.“
    „Ihr müsst doch nur Liams Zeug wegschaffen und danach zu seinem Haus gehen, oder? Das könnte ich auch alleine finden, Liam kann mir einfach den Weg beschreiben. Dann hätte ich genug Zeit, um mir den interessanten Teil von Denerim anzusehen.“
    „Nein, Mhana. Abgesehen davon, dass wir so oder so nicht direkt zu Liam gehen werden, nicht wir beide. Er sollte erst ein wenig Zeit mit seiner Familie haben, bevor wir uns einmischen. Eine eigene Unterkunft werden wir uns so oder so suchen müssen – das erledigen wir in der Zwischenzeit.“

    Er wuchtete eine weitere Kiste auf die Ladefläche, wobei Mhana auffiel, dass sie mit ihrer Arbeit ein wenig in Verzug geraten war und sie wieder ein wenig in Bewegung kam.
    „Dazu brauchst du mich doch nicht und um den Mist hier wegzukarren auch nicht…“
    „Mhana, es genügt langsam.“
    „Es ist nur…“, begann Mhana stockend, nicht ganz sicher, wie sie es am besten formulieren sollte und nebenbei darauf bedacht, den Bogen nicht zu überspannen. Ihr Vater war nie besonders glücklich über ihre Einzelgänge und das beruhte nicht zuletzt auf den Erfahrungen, die er mit deren Ausgängen bereits gemacht hatte.
    „… wir waren die ganze Zeit nur auf diesem engen Schiff und ich war seit einer Ewigkeit in keiner richtigen Stadt mehr. Es ist einfach was anderes, wieder an einem Ort zu sein, der zumindest so ähnlich ist wie Antiva und außerdem… brauch ich auch mal wieder Zeit für mich, ohne dich oder Liam ständig in der Nähe zu haben. Ich brauch einfach einen gewissen Freiraum, das weißt du am allerbesten… und selbst wenn ich nichts anstelle ist Denerim immer noch aufregend genug. Ich bin kein kleines Kind mehr, ich kann sehr gut selbst auf mich aufpassen und es ist ja nicht so, als wäre ich noch nie alleine unterwegs gewesen – ohne dass etwas passiert ist!“, fügte sie energisch hinzu, als sie den vorwurfsvollen Gesichtsausdruck ihres Vaters bemerkte.
    Eigentlich wäre ich alt genug, mir von dir nicht mehr sagen zu lassen, was ich tun und lassen soll…

    Ihr Vater ließ einen gedehnten Seufzer vernehmen. „Als ob ich dich noch davon abhalten könnte. Also gut, es ist deine Entscheidung. Sobald wir mit dem Verladen fertig sind, kannst du gehen – aber in spätestens drei Stunden treffen wir uns wieder, verstanden?“
    Mhanas Gesicht begann augenblicklich zu strahlen.
    „Danke! Keine Sorge, ich bin da, wo auch immer…“
    „Auf dem Marktplatz, vor der Kirche – das sollte laut Liam ja nicht allzu schwer zu finden sein. Und wehe dir, wenn ich dich wieder erst suchen muss!“
    „Ich bin da, versprochen“, grinste sie und griff ohne jegliches weitere Zögern nach der nächsten Kiste. Je schneller das hier erledigt war, desto eher konnte sie sich auf den Weg machen.
    Die Freiheit rief und Mhana würde ihr mit Sicherheit nicht länger fern bleiben.

  4. #24
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    Denerim – Hafenbezirk

    Tag 3 – Morgen


    Es herrschte noch immer klirrende Kälte in den Straßen Denerims, die in der Gegend nahe am Hafen düster, dreckig und teilweise recht unappetitlich dalagen. Der vertraute Geruch des Hafens war ebenfalls präsent, doch er wurde schwächer, je näher Mhana den inneren Bezirken der Stadt kam.
    Das alles störte sie nicht im Geringsten, nicht einmal das Frösteln, das ihr die Kälte bereitete, konnte ihre gute Laune in jenem Moment trüben. Alles was zählte, war dieses vollkommen unbeschwerte Gefühl der Freiheit, das sie durchströmte, seit sie ihren Vater und Liam am Hafen zurückgelassen hatte.
    Sie war frei und die Straßen gehörten ihr, genauso wie sie ihr in Antiva gehört hatten, in Rialto und Starkhaven, egal was ihr Vater ihr für Regeln hatte auferlegen wollen, egal was irgendwer ihr vorzuschreiben versuchte. Sie glaubte es in jenem Moment, auch wenn ihr unterbewusst stets klar war, dass sie sich dem Wunsch ihres Vaters nicht einfach so widersetzen würde.

    Vermutlich lag dieses tiefe Gefühl der Freiheit, das sie in diesen Momenten durchströmte, da sie allein durch die dunklen Gassen und Winkel stolzierte schlicht und einfach in ihrer Vergangenheit begründet. Sie besaß keine wirkliche Macht über diese Straßen, sie war durch die Regeln ihres Vaters gebunden und sie kannte diesen Ort ebenso wenig wie seine Einwohner und Geheimnisse und dennoch fühlte es sich so an. Einfach, weil es so war wie damals, ein Abglanz des Lebens, das sie vor langer Zeit gelebt hatte und an das sie bis heute sehnsüchtig zurückdachte.
    Es kam ihr vor als wären es die gleichen dreckigen Gassen und Hinterhöfe, durch die sie damals sowohl allein als auch in Begleitung ihrer Freunde gestreift war, auf der Suche nach Beute, nach einem Abenteuer. Es fühlte sich noch immer an wie ihr Jagdrevier und das wäre es unter anderen Umständen wohl auch gewesen, hätte ihr Vater dem nicht einen Riegel vorgeschoben.

    Sie vermisste Antiva, die Hitze, die überfüllten Straßen, ihre Freunde von damals, ihre Bande… es hätte alles ganz anders enden sollen. Sie war jetzt allein, aber an dem zu was sie diese Jahre gemacht hatten war nichts mehr zu ändern.
    Lieber ein einsamer Wolf als ein Schaf bei der Herde… seltsamer Satz, woher hatte sie den eigentlich?
    Mit einem kaum merklichen Schulterzucken setzte Mhana ihren Weg unbeirrt fort, huschte zielstrebig durch die verwinkelten Gassen, fast als wüsste sie, wohin sie eigentlich ging. Sie hatte später noch genügend Zeit, den Marktplatz ausfindig zu machen, bis dahin würde sie einfach dorthin gehen, wohin ihre Füße sie trugen – die besten Gelegenheiten begegneten einem für gewöhnlich sowieso, wenn man es am wenigsten erwartete und nicht, wenn man nach ihnen suchte, egal wie sie aussehen mochten.

    Hier und da zeigten sich einige Menschen auf den Straßen, doch die wenigsten von ihnen schenkten dem fremdländischen Mädchen große Beachtung. Die, die es doch taten starrten sie meistens etwas entgeistert an und gingen dann schnell ihres Weges, vermutlich am Rätseln, was ihnen da eigentlich gerade über den Weg gelaufen war. Menschen die Mhana nur flüchtig ansahen hielten sie immer noch manchmal für einen Jungen und einen recht seltsamen noch dazu, bei dem auffälligen Körperschmuck und der dunklen Hautfarbe. Mhana genoss ihre Verwunderung zu einem gewissen Teil. Sie war schon immer anders gewesen als die meisten Menschen in ihrer Umgebung, allein schon, was ihre Herkunft anging. Sie fühlte sich immer wie etwas besonderes, egal wie negativ der Eindruck sein mochte, den sie hinterließ – besser als gar keinen Eindruck zu hinterlassen… allerdings nicht in jeder Situation. Sie hatte Leute getroffen, die großartige Diebe waren, weil sie allein durch ihre äußere Erscheinung nicht im geringsten auffielen, sich ebenso unauffällig verhielten und so schnell zuschlugen, dass am Ende jeder der Beteiligten hätte schwören können, es sei nicht das geringste geschehen.
    Mhana konnte selbstverständlich auch unauffällig sein, wenn es notwendig war, auf ihre eigene Art und Weise.
    Wirklich zu schade, dass sie ihrem Vater versprochen hatte, sich zurückzuhalten.

    Mhana wanderte noch einige Minuten ohne ein festes Ziel durch die Seitengassen, in Gedanken mal mit diesem, mal mit jenem beschäftigt, ohne dabei jedoch ihre Umgebung aus dem Blick zu verlieren. Man musste vor allem in solchen Gegenden immer auf der Hut sein, das hatte sie schon als kleines Kind gelernt.
    Allerdings sollte sich schon bald eine Art Ziel finden, das Mhana zumindest vorübergehend verfolgen würde, denn manche Gelegenheiten trafen einen nicht nur unvorbereitet, sondern auch noch in derart imposanter Gestalt, dass man sie schlicht und einfach nicht übersehen konnte.
    Diese spezielle Gelegenheit trat in Form eines Bergs von einem Kerl auf, den Mhana beim Abbiegen in eine weitere Seitengasse kurz zu Gesicht bekommen und sich daraufhin augenblicklich hinter die letzte Ecke zurück verzogen hatte. Die Reaktion war wohl ein reiner Reflex gewesen, den sie beim Anblick der seltsamen Gestalt nicht hatte verhindern können und im Nachhinein war sie durchaus dankbar dafür.

    Mhana stand flach an die raue Steinwand der Mauer in ihrem Rücken gedrückt und wagte einen kurzen Moment nicht, erneut um die Ecke zu spähen. Sie hatte ja schon seltsame, bedrohliche oder widerliche Gestalten in irgendwelchen dunklen Gassen angetroffen, aber das hier war ihr so noch nicht untergekommen. Hatte sie das eben überhaupt richtig erkannt?
    Mit ein wenig schnellerem Herzschlag schob sich Mhana vorsichtig näher an den Rand ihrer Deckung und spähte ganz vorsichtig in die Seitengasse, die sie soeben beinahe betreten hätte.
    Ganz offensichtlich stand dort noch immer der riesige Kerl. Nicht, dass seine Größe das Auffällige an ihm gewesen wäre, es war viel mehr seine imposante Statur in Kombination mit der grausam anmutenden karmesinroten Panzerung, dem pelzbesetzten Mantel und dem Zackenbewehrten dämonenhaften Helm, von dem Mhana momentan lediglich die Rückseite erkennen konnte, die ihr einen Schauer über den Rücken jagten.
    Was ist das denn für einer? Der sieht ja aus als käme er direkt aus irgendeiner Erzählung über grausame Barbarenkönige oder Dämonenkrieger oder weiß der Geier was! Dem möchte ich nicht in 'ner dunklen Gasse begegnen… zum Glück bin ich grad zurückgezuckt…
    Aber ernsthaft, was ist das für ein Kerl? Sehen so die fereldischen Barbaren aus? Ich dachte die liefen in Fellen und Leder durch die Gegend, aber nicht in sowas… vielleicht ist er ja wirklich ein Barbarenkönig, wenn er sich die Panzerung leisten kann… wie Cormag… Oder es ist nur irgendein Söldner… quatsch, nichtmal die laufen so rum… kein normaler Mensch läuft so rum… oder tun sie das in Ferelden?


    In dem Moment schien sich der Helm des Mannes ein wenig in Mhanas Richtung zu drehen und veranlasste sie somit augenblicklich dazu, ihren Kopf ruckartig zurückzuziehen und sich erneut mit pochendem Herzen an die Mauer zu drücken.
    Der kann einen ganz schön erschrecken… will ich überhaupt wissen, was das für einer ist? Wäre wahrscheinlich am besten, einfach abzuhauen, bevor er mich noch sieht…
    Ohne auf die Stimme der Vernunft zu hören, die sich eben noch zu Wort gemeldet hatte, lugte Mhana ein weiteres Mal vorsichtig um die Ecke. Der Gepanzerte schien sie nicht bemerkt zu haben und sich inzwischen auf den Weg gemacht zu haben, denn Mhana konnte seine Kehrseite gerade noch in einer anderen Straße verschwinden sehen.
    Sie entspannte sich ein wenig und stieß sich wieder von der Wand ab.
    Mich würde wirklich interessieren, was das für ein Kerl war… wirklich ein Barbar? Oder haben die in Ferelden irgendeinen Orden, der so aussieht? Ich könnte natürlich auch einfach weitergehen, aber… wo bliebe da der Spaß?

    Mit einem versteckten Lächeln, das man wohl als selbstmörderisch hätte
    bezeichnen können, schob sich Mhana in die Gasse, in der sie den Fremden eben noch hatte stehen sehen und huschte geradezu lautlos an deren anderes Ende, lugte um die Ecke und folgte dem Saum eines Mantels, den sie eben noch um eine andere Abbiegung hatte wehen sehen.
    Selbstverständlich kam ihr kurz der Gedanke, dass das möglicherweise dumm war und ihrem Vater ganz und gar nicht gefallen würde oder die Frage, warum zur Hölle sie einem völlig Fremden folgte, der auch noch aussah, als könne er sie mit bloßen Händen vierteilen. Die Antwort war recht simpel: Blanke Neugier.
    An der nächsten Abzweigung spitzte sie ein weiteres Mal in Richtung des Fremden und erhaschte einen etwas genaueren Blick. Abgesehen von der Panzerung trug er auch ein Schild bei sich, ein Schwert und eine Axt, die in etwa einen ebenso freundlichen Eindruck vermittelten wie seine restliche Erscheinung. Ihr fiel außerdem ein lederner Rucksack auf, in dem sich womöglich Wertgegenstände oder Geld befanden, aber selbst ihr schien der Gedanke lächerlich, sich daran zu versuchen.

    Das waren auch schon alle Beobachtungen, die ihr gelangen, bevor der Fremde ein weiteres Mal aus ihrem Blickfeld verschwand. Mhana wartete einige Sekunden, bevor sie sich erneut lautlos hinter ihm herwagte.
    Sie folgte dem Fremden auf diese Weise noch die nächste Gasse entlang, bis er schließlich auf eine wesentlich bevölkertere Straße hinaustrat und sich mehr oder weniger unter die entsetzte dreinschauende Stadtbevölkerung mischte, die sich augenblicklich größte Mühe gab, ihm nicht zu nahe zu kommen.
    Dürfte zumindest leicht sein, ihn im Auge zu behalten…, ging es Mhana durch den Kopf, als sie am Rande der Straße kurz zögerte. Wohin er wohl geht? Will ich das wirklich so dringend wissen? Ja, eigentlich schon…

    Schnellen Schrittes verließ Mhana die Seitengasse und mischte sich binnen weniger Sekunden unter die geschäftig hin und her eilenden Menschen und Elfen Denerims, denen sie wohl größere Beachtung geschenkt hätte, wäre da nicht dieser seltsame Fremde gewesen. Sie hatte tatsächlich noch nie zuvor eine derart unnatürliche Erscheinung inmitten einer bevölkerten Hauptstraße gesehen… obwohl da vor ein paar Jahren natürlich dieser Qunari gewesen war…
    Ohne jede Mühe schlängelte Mhana sich durch die Massen an Menschen, näherte sich dem seltsamen Krieger hin und wieder ein Stück und ließ sich dann wieder zurückfallen, ohne ihn dabei längere Zeit aus den Augen zu lassen.
    Ob der überhaupt irgendein Ziel hat? Vielleicht ist er ja auch gerade von irgendeinem Schiff gefallen… obwohl er doch ziemlich nach einem Barbaren aussieht. Hm, soll ich… nein, ich glaube lieber nicht… mal sehen, was er vorhat, dann kann ich immer noch die Taktik ändern… ich würde wetten der ist wirklich einer von diesen fereldischen Barbaren…

    Die Stadt Denerim oder deren Bevölkerung, die Mhana eigentlich genauer hatte betrachten wollen, waren ihr in diesem Moment bereits vollkommen egal.

  5. #25
    Newbie Avatar von Anveena Arien
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    Denerim – Hafenbezirk
    8 Uhr 05 morgens


    Anveena war zu überrumpelt als der Fremde sie plötzlich in die Arme schloss und sie als seine tanzende Perle bezeichnete, um irgendetwas dagegen zu tun. Sie lauschte ihm, wie er ihr den Auftrag ins Ohr flüsterte um sich anschließend von ihr zu lösen. Noch ein wenig verdutzt blickte sie den Menschen an und dachte gleichzeitig über das erfahrene nach. Es klang nach einer gerechten Sache aber nicht unbedingt nach etwas wo sie sich als nützlich betrachtete. Dennoch die Informationen die er ihr zugeflüstert hatte stimmte Anveena ein wenig optimistischer. Sie würde sich eher im Hintergrund halten können, zudem war der Lohn wirklich verlockend. Ob sie ihm wohl sagen sollte das sie nochnie wirklich gekämpft oder gar getötet hatte? Andererseits könnte sie mit ihrer Magie nützlich sein... Magie die sie eigentlich nie vor anderen einsetzen wollte.

    Anveena war unschlüssig, andererseits reizte es sie mal etwas anderes zu erleben als nur auf dem Marktplatz zu stehen und von der Meute beim Tanzen beobachtet zu werden und zu hoffen das sie etwas Geld bei ihr liesen. Denn wenn man so lebte wie die Elfe konnte man sich keinen Tag Ruhe leisten, außer man verdiente sich durch eine solche Gelegenheit noch etwas extra.

    Die Augen der Elfe suchten die des Menschen wieder und versuchten in dessen Gesicht irgendwelche Emotionen erkennen zu können. Es schien ihr mehr eine persönliche Angelegenheit zu sein.

    Schließlich schüttelte Anveena lächelnd den Kopf. Auf was lies sie sich da nur ein?
    "Werden wir uns später wiedersehen Sir?"

    8 Uhr 08 morgens

  6. #26
    Newbie Avatar von Semih Tala
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    Denerim – Hafenbezirk
    8 Uhr 08 morgens



    Er schaute sich wieder um und offensichtlich wurde ihm diesmal weniger Aufmerksamkeit geschenkt.

    Das war gut so, denn so könnte er mit ihr nun offener Sprechen.

    "Das Sir lässt du in Zukunft weg. Du kannst mit Semih Tala nennen." stellte er sich und lächelte dann. Bisher lief alles besonders gut und wenn es weiter so gehen würde, müsste alles sogar noch besser werden. Er durfte sich aber nicht auf den Erfolg verlassen. Bis zwölf Uhr hatte er noch eine letzte wichtige Sache übrig, um seine beide Rekruten mit Informationen auszurüsten. Sie mussten es schließlich schaffen, bis ins innere des Anwesens zu durchdringen. Das hieß: Es musste sich vorher mit seinem Spion unterhalten um genauere Informationen zu erfahren. Seine Gedanken wurden Unterbrochen, als die Elfe ihm ne Frage stellte. Nachdem er diese beantwortet hatte, würde er sich wohl oder übel mit der letzten Aufgabe befassen müssen. "Ich habe etwas zu erledigen. Theoretisch könntet ihr
    sofort mit mir kommen, wenn ihr bis dahin nichts zu erledigen habt." erklang es von ihm intuitiv von ihm. Natürlich gehörte diese Tätigkeit auch zur Mission - die Informationannahme. Sie mitzunehmen, war fürs erste sicherer. Schließlich kannte er sie nicht."Ihr musst sowieso früher oder später dahin. Ansonsten ..."Semih näherte sich der Elfe erneuert, legte die Rechte Hand auf vertrauliche Art und Weise auf ihre Schulter und flüsterte ihr das Ende. Anschließend zog er sich wieder etwas zurück und wartete auf ihre Reaktion. Sollte sie noch weitere Fragen haben, dann würde er sich selbstverständlich die Zeit nehmen um sie zu beantworten.

    8 Uhr 12 morgens
    Geändert von Semih Tala (04.04.2011 um 18:51 Uhr)

  7. #27
    Newbie Avatar von Anveena Arien
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    Denerim – Hafenbezirk
    8 Uhr 12 morgens

    Anveena zuckte kurz unter der erneuten Berührung des Fremden zusammen. Die Elfe war es nicht gewohnt das Andere sie anfassten, besonders nicht in einer solch vertrauten Geste. Die letzte Person die sie auf diese Art berührt hatte war Lady Adeliz gewesen. Ein kurzes Ausdruck von Trauer huschte bei dem Gedanken über den Verlust der Adeligen über das Gesicht der Elfe, ehe sie sich selbst wieder straffen konnte und den trüben Ausdruck von ihrem Antlitz bannte. Es war schon seltsam was das Leben hier in Ferelden für sie bereit hielt. Irgendwie fühlte sie sich wie ein Spielball des Schicksals. Nie hätte sie beim betreten der Schenke gedacht das dieser Tag einen solch... merkwürdigen Verlauf nehmen würde und sie nun hier mit einem Menschen stand der von sich selbst wohl mehr als überzeugt war, ganz anders als Anveena die mehr an ihren eigenen Fähigkeiten zweifelte. Allerdings musste Anveena zugeben das sie dies auch ein wenig beruhigte. Sie konnte sich selbst immernoch nicht entscheiden ob das was sie hier tat überhaupt sinnvoll war. Eine Tänzerin ist keine Kriegerin.. und doch hatten damals nahezu alle die im Wanderzirkus gelebt hatten sich ihrer Haut zu erwehren gewusst.. oder zumindest bis zu jener Nacht. Vielleicht sollte sie auch einfach endlich damit aufhören ihre Bogenkünste vor sich selbst und anderen zu schmälern. Sie wusste das sie gut in dieser Kunst war, lediglich die Tatsache das sie nochnie jemanden getötet hatte war auch angesichts des Auftragen ein wenig problematisch... Denn eigentlich stand Anveena nichts so fern wie das töten.. aber in diesem Falle.. wenn es für eine gerechte Sache geschah..

    Grüblerisch hatte die Elfe vor sich hingestarrt ehe sie aus ihren eigenen Gedanken aufschreckte. Sie hatte noch soviele Fragen und doch wagte sie es nicht sie zu stellen. 'Deine Neugier steht dir nur im Weg.' hatte Adeliz sie immer gescholten. Dennoch blickte sie schließlich ihren Gegenüber an und fragte sich wie jemand wie er, jemanden wie sie nicht davon geschickt hatte.

    "Sir.." Setzte die Elfe erneut an ehe sie sich ins Gedächtnis rufen konnte das er sie ja gebeten hatte ihn bei seinem Namen zu nennen. "Entschuldigt, aber ich weiss nicht ob ihr meine Fähigkeiten bezüglich dieser Angelegenheit richtig einschätzt... ich habe zuvor nochnie soetwas... gemacht. Eigentlich bin ich nur eine umherwandernde Tänzerin und weiss wie man sich ein paar Banditen und Wildtiere vom Leib hält aber soetwas.." stammelte sie ein wenig verlegen vor sich hin und kam sich bei ihren eigenen Worten ein wenig einfältig vor. Bestimmt dachte er sich nun was sie dann wohl überhaupt hier wollte. "Mein Name ist übrigens Anveena!" setzte sie schnell noch nach um in dieser für sie unangenehmen Situation wenigstens etwas sinnvolles gesagt zu haben. Ein wenig verlegen zupfte sie an einem der goldfarbenen Armreifen herum und hoffte das das Gesagte nicht halbwegs so dumm klang wie sie es selbst glaubte. Beim Erbauer, was war heute nur mit ihr los?

    8 Uhr 17 morgens

  8. #28
    DA FRPG only Avatar von Justinus
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    Blut und Schrecken hallte es nochmals durch seinen Kopf, dann wischte der Chaosritter das Blut an der Plattenrüstung ab und sah noch einmal in die Richtung in der die Frau verschwunden war, allerdings war von ihr keine Spur.
    Justinus wandte sich um und ging weiter durch die Gassen, noch immer verspürte er diesen höllischen Zorn in sich. Sein Blut schrie geradezu nach einem Gewaltakt und das kleine Intermezzo von eben hatte dieser Lust nur noch weiter angestachelt. In diesem Zustand wollte er nicht unter die Leute kommen.
    Ein paar Minuten ging er so ziellos durch die verlassenen Gassen und schreckte lediglich ein paar Ratten und Kakerlaken auf, die sich an den Exkrementen der Stadt gütig taten. Es war schon eine bittere Ironie des Schicksals, dass dieses Ungeziefer der wirkliche Gewinner in den Städten war. Am Ende würde, nach einer langen Periode von Tot und Zerstörung, nur noch diese Schädlinge übrigbleiben, die sich an den Kadavern der Leute fett fraßen. Genau wie das Chaos warteten diese Kreaturen nur auf ihre Zeit, den Tag X, an dem sie aus dem Schatten treten würden und ihren rechtmäßigen Platz an der Spitze einnehmen würden und genau wie das Chaos konnte man gegen sie keinen Sieg davontragen. Selbst wenn man jede Ratte in der Stadt erschlagen würde, so würden schon nach kurzer Zeit bereits wieder welche durch die Gassen und den Untergrund huschen, zahlreicher und gerissener als zuvor.
    Gedankenverloren ging er durch die Gassen bis er sich auf einer Straße wiederfand und sich wieder umgeben sah, von einer Vielzahl von unterschiedlichen Leuten und Geräuschen. Nur einen Moment zögerte Justinus bevor er weiterging, zumindest hatte er sich soweit beruhigen können. Zornige Blicke nach links und rechts werfend ließen die anderen Passanten ihn klugerweise in Ruhe.

    Gutes tun, Gutes tun, Gutes tun, Gutes tun! rief sich der Chaoskrieger in Erinnerung was er sich selbst geschworen hatte. Justinus stöhnte leise auf als im bewusst wurde, dass der Tag noch lange nicht vorbei war und er einen schwierigen Spagat vor sich hatte. Das Erlebte in der Schenke hatte bewiesen, dass er nicht glaubhaft den völlig Guten vortäuschen konnte sondern, dass er einen gemäßigteren Ansatz versuchen sollte und hier lag auch sein Problem. In seinem ganzen Leben war er immer dem Prinzip, entweder das Extreme oder gar nichts, gefolgt und dies mit Erfolg. Jetzt aber nur zum Teil etwas zu sein viel ihm unglaublich schwer.

    Der Chaoskrieger war so in Gedanken versunken, dass er nicht bemerkte wie jemand versuchte ihn anzusprechen. „He, starker Mann……He bleib mal stehen!“ forderte nun die Stimme und Justinus hob bedächtig seinen Blick. Vor ihm standen zwei junge Soldaten der Stadtwache die irgendein Schreiben in den Händen hielten. „Hör zu! Wenn ihr auf der Suche nach gutem Geld bist dann schreib euch jetzt für das Heer Loghains ein! Gute Bezahlung, Verpflegung und die Möglichkeit eine lange und glorreiche Karriere warten auf euch….“
    Justinus war doch wirklich stehengeblieben und hörte zu was der eine junge Soldat mit ehrlicher Euphorie vortrug und dabei mit dem Schreiben vor der Nase des Chaoskriegers herumfuchtelte. Der andere Soldat schenkte ihm dabei ein aufforderndes Lächeln und nickte eifrig.
    Der Kultist schnappte sich mit einer blitzschnellen Geste das Schreiben und stieß es dem einen Soldaten ins Gesicht, sodass dieser mehrere Meter zurücktaumelte und schließlich über einen streunenden Hund stolperte und sich überschlug. Den anderen Soldaten der mit geöffnetem Mund und geschocktem Gesichtsausdruck dastand schmettere er mit einer Kopfnuss, verstärkt durch den Helm zu Boden und ging einfach weiter vorbei an verängstigen Passanten.
    Sie sollten froh sein, dass heute Heute ist und nicht irgendein anderer Tag. Der Chaosritter setzte seinen Weg weiter fort.

    Der Kultist war nicht mal hundert Meter gekommen als auch schon das nächste Ärgernis sich ihm in den Weg stellte. Scheinbar hatte es einen Raub gegeben, denn ein relativ großer Pulk stand vor ihm und diskutierte wild miteinander und Beschuldigungen wurden ausgetauscht. Die Stimmung schien mit seinem Eintreffen zu kippen, denn plötzlich fingen die Leute an sich anzuschreien und sich gegenseitig am Kragen zu packen. Eine kleine Rangelei entstand. Der Kultist stand gelangweilt daneben, hatte er doch für einen Moment gehofft echte Gewalt mitansehen zu dürfen, stattdessen musste er miterleben wie niemand wirklich etwas riskieren wollte und man sich mit Schwitzkästen, feigen Tritten und Beißen begnügte. Ein Geräusch neben ihn ließ ihn schmerzhaft die Augen zusammenpressen, ein kleines Kind, grob geschätzt 6 Jahre alt stand da und schrie unter Tränen und rief immer wieder nach seiner Mutter. Justinus konnte dieses Geplärre nicht länger ertragen. Er wollte das Kind schon grob am Halse packen als ihm wieder einfiel warum er es heute nicht dürfte.
    Justinus zögerte einen Moment und überlegte wie er das zerbrechliche Ding am besten anpacken konnte. Schließlich packte er das Kind, dass in ganz normale Kleider gehüllt war, seitlich an den Schultern mit leichtem Druck. „Was ist euer Problem?“ fragte er das Kind und musste sich zusammenreißen um das Kind nicht anzuschreien. Das Kind schien völlig verdutzt von diesem Auftritt zu sein, denn es hörte abrupt auf zu weinen und erklärte ihm, dass es seine Mutter verloren hatte und sehr große Sehnsucht nach ihr hatte. Justinus seufzte schwer stand auf und wollte wieder seinen Weg fortsetzten als das Kind wieder anfing zu weinen.
    Das war zu viel für den Chaoskultisten, er drehte sich wider zu dem Kind um, packte es an der Jacke im Rücken und hielt es hoch. „So, siehst du deine Mutter jetzt?“ fragte er zornig doch das Kind machte Anstalten vor Angst noch stärker zu weinen woraufhin Justinus das Kind kurz schüttelte und seine Frage wiederholte, jedoch ohne Erfolg. Das Kind schrie jetzt noch stärker als zuvor.
    bring niemanden um, bring niemanden um….. ermahnte er sich selbst, ohne zu wissen wie lange er das noch ertrug. Justinus holte tief Luft Die Mutter muss noch hier in der Nähe sein!.
    Mit einem gewaltigen „HEY“ brachte er alles in der näheren Umgebung zum Schweigen, nun hatte er die volle Aufmerksamkeit aller. „Hört zu, denn ich frage das nur einmal: Wem gehört das?“ fragte der Kultist während mit der einen Hand das Kind so hoch hielt wie er konnte und mit der anderen darauf zeigte. Zuerst geschah nichts, doch dann ertönte eine weibliche Stimme aus den hinteren Reihen der Menge und rief etwas was er nicht verstand und schließlich schälte sich eine Frau aus der Menge und lief auf ihn zu. An der Reaktion des Kindes konnte jeder erkennen, dass diese Frau die Mutter war. Justinus übergab etwas schwungvoll das Kind in die Arme der Mutter die sich ohne zu bedanken gleich davonmachte.

    Während sich die Menge langsam wieder auflöste und nun normale Zustände einzukehren schien, legte Justinus seinen Rucksack ab, zog seinen Wasserschlauch hervor und trank kurz etwas, wobei er den Helm kurz anhob.
    Er hatte ja schon viele Geschichten über die großen Städte gehört aber nie hätte er sich gedacht, dass es hier so zugeht. Viel hätte nicht mehr gefehlt… dachte er sich während er genervt seufzte.
    Geändert von Justinus (30.03.2011 um 21:22 Uhr)

  9. #29
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    Denerim – Hafenbezirk

    Tag 3 – Morgen


    Mhana hatte eigentlich nicht ernsthaft damit gerechnet, dass der fremde Kerl irgendetwas anstellen würde, für das sich die Mühe gelohnt hätte, doch sie sollte überrascht werden.
    Es dauerte nicht lange bis sich zwei Männer aus der Menge absetzten und sich dem gepanzerten Krieger zielstrebig näherten, irgendeinen Wisch in den Händen und anscheinend vollkommen von sich selbst überzeugt.
    Wachhunde, stellte Mhana fest, ohne die beiden allzu genau unter die Lupe zu nehmen.
    … oder eher niedliche kleine Wachwelpen… das sollte interessant werden.
    Ein vorfreudiges kleines Lächeln zeigte sich auf Mhanas Lippen. Sie näherte sich der Dreiergruppe ein kleines Stück, um hören zu können, was gesagt wurde.
    Anscheinend wollten die beiden Welpen den Fremden für irgendeine Armee rekrutieren, winkten ein wenig mit dem Wisch und grinsten eifrig, nur um wenige Sekunden später die Antwort des Fremden zu erhalten.

    Mhana empfand ehrliche Erleichterung darüber, vorhin in der Gasse nicht ein paar Schritte zu weit gelaufen zu sein, als der erste der jungen Männer das Papier ins Gesicht geknallt bekam und heftig zurückgeschleudert wurde. Mhana entfuhr ein anerkennender Laut der Überraschung, als kurz darauf auch noch die zweite Wache zu Boden geschlagen wurde. Sobald die Sache innerhalb weniger Sekunden erledigt gewesen war, machte der anscheinend wirklich übellaunige Barbarenkrieger – oder was auch immer er sein mochte – sich aus dem Staub und ließ die beiden geschundenen Männer winselnd hinter sich zurück.
    Mhana konnte sich ein ungläubiges Kichern nicht verkneifen. Zugegeben, den beiden jungen Männern schien es mit ihren blutenden Nasen und den tief schockierten Minen nicht gerade gut zu gehen, aber es waren schließlich nur Wachhunde. Sollten sie doch eine Abreibung bekommen, bevor sie anfingen zu vergewaltigen und zu erpressen oder was auch immer sie unter dem Deckmantel des Gesetzes sonst so trieben. Das Gesetz mochte Mhana schon nicht allzu gerne, aber sobald diese verdammten Regeln auch noch als Ausrede für genau das hergenommen wurden, wofür andere am Galgen endeten, konnten sie von ihr aus so viele wütende Barbaren am Hals haben wie gerade zur Verfügung standen… und diese Wachhunde waren alle so…

    Hmm, wenn der Kerl so leicht zu reizen ist, könnte er noch einigen anderen Ärger verursachen… womöglich die Art von Ärger, die in einem Blutbad mit jeder Menge Toten endet und darauf kann ich gerne verzichten… aber vielleicht hat er ja auch nur was gegen die Köter? Vielleicht ja eine verwandte Seele?
    Mhana kicherte bei dem Gedanken kurz in sich hinein.
    Vergiss es… manche Menschen genießt man wohl besser aus sicherer Entfernung…
    Mit einem letzten kurzen Blick und einem schadenfrohen Lächeln in Richtung der Wachen, denen inzwischen einige Leute zur Hilfe geeilt waren bemühte Mhana sich, wieder zu ihrem Beobachtungsobjekt aufzuschließen.
    Wer weiß, es könnte auch noch richtig interessant werden…

    Tatsächlich musste sie nicht lange warten bis der fremde Krieger bereits in die nächste Misere stolperte und in einen kleineren Aufruhr geriet, bei dem sich wohl nur ein paar Kerle von der Straße in de Haare gekriegt hatten – allzu genau konnte Mhana das nicht erkennen, da ihr die Leute die Sicht versperrten. Es gab einiges Geschrei, die Leute redeten und irgendwo heulte ein Kind, aber an sich schien es keine allzu große Sache zu sein.
    Mhana beobachtete den Gepanzerten lediglich aus den Augenwinkeln und ließ den Blick stattdessen lieber ein wenig über die vollkommen abgelenkte Masse schweifen… wie viele Geldbeutel sie bei dieser Gelegenheit hätte einsacken können… sie versuchte, sich damit zu trösten, dass es ohnehin keine große Herausforderung gewesen wäre, vollkommen uninteressant… dennoch spürte sie ein gewisses Verlangen zuzugreifen.
    Sie musste nicht lange mit sich ringen, denn auf einmal tat der Fremde wieder etwas ziemlich auffälliges: er hatte das plärrende Kind an den Klamotten gepackt und in die Luft gehoben, sodass es etwa zwei Meter über dem Boden in der Luft hing und vor Angst nur noch lauter anfing zu schreien. Mhana spürte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Bei Wachen war sowas ja noch in Ordnung, aber was hatte der jetzt mit dem Kind vor?
    Der Körper eines Kindes war nicht besonders widerstandsfähig und mit einem Mal kam ihr die Sache mit dem Vierteilen mit bloßen Händen wieder in den Sinn…

    „HEY!“, brüllte der Kerl mit einem Mal so laut, dass sämtlicher Lärm in seiner Umgebung augenblicklich verstummte und die gesamte Menge, einschließlich Mhana gebannt auf ihn und das Kind starrte.
    „Hört zu, denn ich frage das nur einmal: Wem gehört das?“, donnerte er über ihre Köpfe hinweg und zeigte dabei auf das noch immer panisch zappelnde Kind, dessen Mutter sich auch sogleich aus den Umstehenden löste, das Kind an sich riss und so schnell sie nur konnte verschwand.
    Mhana wusste einige Augenblicke lang wirklich nicht, was sie davon halten sollte. Erst schlug er ohne zu zögern brutal zwei Männer nieder und im nächsten Moment brachte er verirrte Kinder zu ihren Müttern zurück?
    Was ist das denn für einer?, fragte sich Mhana ein weiteres Mal, doch diesmal mit einem durchaus amüsierten Unterton.
    Der Fremde hatte unterdessen einen Wasserschlauch aus seinem Rucksack hervorgeholt und genehmigte sich einen Schluck.

    Mhana legte den Kopf leicht schief und betrachtete ihn mit einer gewissen Nachdenklichkeit und einem winzigen interessierten Lächeln auf den Lippen.
    Besonders höflich ist er ja nicht, aber das war wohl so oder so nicht zu erwarten… prügelt Wachhunde, rettet kleine Kinder aus Menschenmengen… ich frage mich, was er tun würde, wenn ich ihn von der Seite anquatsche? Probieren geht über studieren, nicht wahr? Aber das würde Papa nicht besonders gefallen… wenn der wüsste was ich schon wieder treibe… er muss es ja nicht erfahren. Und so lange ich den wütenden Barbarenkrieger nur mit einem Stock anpieke, wird wohl nichts passieren, ich bin schließlich kein dummes Gör, dass alles mit sich machen lässt…

    Mhana biss sich kurz auf die Unterlippe, um ein gespanntes Grinsen zu unterdrücken, dann machte sie einige leichtfüßige Schritte auf den Fremden zu, natürlich scharf darauf bedacht, einen gewissen Sicherheitsabstand zu wahren, der es ihr im Notfall gestattete, sich aus dem Staub zu machen, ohne dass er ihr zu nahe kam. Das ihn eine ganze Menschenmenge nicht an irgendwelchen Angriffen hinderte, hatte er ja bereits unter Beweis gestellt.

    „Seltsame Leute, die erst Wachen zusammenschlagen und danach kleine Kinder zu ihren Müttern zurückbringen. Ich hätte mir die fereldischen Barbaren ein wenig anders vorgestellt“, bemerkte sie in einem gezielt zur Schau gestellten amüsierten Tonfall und umrundete den Fremden dabei mit leicht tänzelnden Schritten, jederzeit bereit, das Weite zu suchen, sollte es erforderlich sein.
    „Zu denen gehört Ihr doch, oder?“, hakte sie mit kaum verhohlener Neugier nach und lächelte ihn dabei ein wenig schief an, jegliche Nervosität mit ihrem selbstsicheren Auftreten überspielend.
    Ihre Augen waren in Erwartung einer Antwort auf den fremden Krieger gerichtet, in ihrem Inneren ein füchsischer Glanz. Sie suchte im Grunde nur nach ein wenig Unterhaltung, fragte sich nur, ob der Fremde mitspielen wollte oder sie einfach fortjagen würde.

  10. #30
    Newbie Avatar von Ceirinn Velaenor
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    < Denerim - Marktbezirk

    Denerim – Hafenbezirk

    Tag 3 – Morgen


    Dank der Beschreibung des Zwerges, die Ceirinn glücklicherweise trotz des Zwischenfalls im Gedächtnis hatte behalten können, gelang es der elfischen Magierin, den Hafen ohne Probleme zu erreichen.
    Zwischen all den Menschen die sich bereits auf den Straßen drängten konnte sie schon bald das Meer aufblitzen sehen und wenige Minuten später hatte sie die Docks erreicht, wo zahlreiche Schiffe vor Anker lagen, Waren verladen wurden, Seeleute ihren Arbeiten nachgingen und Fischerboote ausliefen, um weiter draußen auf eine guten Fang zu hoffen.

    Ceirinn wusste, dass es vermutlich das klügste war, die Hafenverwaltung aufzusuchen und nach dem nächsten Schiff in Richtung Rivain zu fragen, doch der Anblick des Meeres und der Fischerboote ließen sie für einen Moment inne halten. Sie blieb einfach stehen, mitten an den Docks, wo sie von geschäftig umhereilenden Menschen umgeben war und blickte hinaus auf das trübe Wasser und den Horizont, der sich in weiter Ferne abzeichnete.
    Das Meer… wie lange habe ich es nicht mehr gesehen? Es ist so lange her, ich konnte mich fast nicht mehr daran erinnern… damals als ich noch ein Kind war, als sie mich noch nicht zum Zirkel gebracht hatten, habe ich jeden Tag das Meer gesehen und mein Vater ist hinausgefahren… ich habe so oft bei den Klippen gestanden und versucht, ihn zu entdecken, obwohl sie es mir beide verboten hatten…
    Bei Andraste, es erscheint mir heute alles wie ein Traum, so unwirklich… nur eine verblasste Erinnerung… Ich wüsste so gern, was aus ihnen geworden ist…


    Ceirinn schloss die Augen und versuchte das beklemmende, stechende Gefühl in ihrem Herzen nicht zuzulassen, es wieder zu verdrängen. Sie durfte solche Gedanken nicht zulassen, sie musste zum Turm zurückkehren, ohne jeden weiteren Umweg… sobald sie Darren gefunden hatte.
    Mit einem letzen kurzen Blick aufs Meer hinaus wandte sich die Elfe letztlich ab und durchstreifte den Hafen auf der Suche nach jemandem, der Willens war, ihr dien Weg zur Hafenverwaltung zu beschreiben…


    „Schiff nach Rivain?“, knurrte der Hafenmeister und betrachtete sie mit einem Blick der irgendwo zwischen Ablehnung und Skepsis hin und her pendelte. Er hatte seiner Ansicht nach anscheinend wesentlich besseres zu tun, als irgendwelchen Elfen Auskünfte zu geben, selbst wenn sie sich als Magier des Zirkels vorstellten.
    „Warum wollt Ihr das wissen? Wenn ich helfen soll, irgendwelche Abtrünnigen von hier wegzuschaffen, dann vergesst es – diese Templer sind schlimmer als eine Schar Bluthunde, ich will die nicht am Arsch hängen haben, zusammen mit dem Zorn des Erbauers“, bemerkte er, gefolgt von einem abfälligen Schnauben, das Ceirinn nicht recht zu deuten wusste.
    Sie war sich allerdings sehr wohl darüber im Klaren, dass sie den untersetzten bärtigen Mann nicht ausstehen konnte, doch das durfte sie sich nun nicht anmerken lassen.
    „Ich versichere Euch, ich steh mit keinen Abtrünnigen im Bunde – es trifft viel mehr das Gegenteil zu. Ich befürchte, dass sich womöglich einer der unseren ohne die Erlaubnis des Zirkels nach Rivain absetzen will. Und da ihr die Templer bereits zur Sprache gebracht habt – ich habe ihre Erlaubnis erhalten, mich dieses Falles persönlich anzunehmen. Es würde ihnen sicher nicht gefallen, wenn ihr mir grundlos die Antworten verweigert, die ich benötige.“

    Der Hafenmeister zog misstrauisch eine seiner buschigen Augenbrauen nach oben.
    „Die schicken jetzt schon ihre Magier los um ihresgleichen einzufangen? Ha, scheint ja doch ein Hirn in deren Rüstungen zu stecken – sollen die Magier sich doch mal nützlich machen, statt in ihrem Turm zu sitzen… sofern es stimmt natürlich.“
    „Dessen könnt ihr euch sicher sein“, entgegnete Ceirinn kühl und blickte dem Menschen eisern in die Augen.
    „Wisst Ihr was?“, bemerkte der Hafenmeister, dessen Geduld rapide zu sinken schien und beugte sich über sein schlichtes Schreibpult hinweg nach vorne.
    „Wenn die Herren Templer etwas von mir wollen, sollen sie selbst herkommen und nicht ihre Magier-Mätressen vorbeischicken, sagt denen das und lasst mich weiterarbeiten!“

    Ceirinn zwang sich zur Beherrschung und schloss für eine Sekunde die Augen. Sie brauchte diese Information und allein, dem Mann von einem Abtrünnigen zu erzählen konnte bereits gefährlich gewesen sein. Diese Lüge war ihre einzige Chance gewesen, aus diesem Narren etwas herauszuholen, doch der schien sie schlicht und einfach nicht ernst nehmen zu wollen.
    … weil ich eine Elfe bin… Erbauer steh mir bei, ich muss in Erfahrung bringen, wie Darren von hier fliehen will…

    „Jetzt hört mir mal genau zu“, begann Ceirinn und in ihre Stimme mischte sich nun ehrlicher Zorn. „Ich brauche diese Information, es stehen womöglich Menschenleben auf dem Spiel! Entweder ihr verratet mir freiwillig, ob in den nächsten Tagen ein Schiff nach Rivain ausläuft oder der Erbauer möge euch beistehen!“
    „Warum habe ich das Gefühl, dass Eure lieben Templer doch nicht so genau wissen, was Ihr hier tut?“, hakte der Mann gehässig nach und lehnte sich auf einen Ellenbogen, den Blick noch immer fest auf Ceirinn gerichtet und ein böswilliges Lächeln auf den Lippen.
    Ceirinn verspürte mit einem Mal einen eiskalten Stich im Herzen. Wenn der Mann sie den Templern meldete…
    „Wisst ihr was?“, sagte er ein weiteres Mal, lehnte sich in einer selbstgefälligen Geste zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
    „Ich verrate Euch, welches Schiff ihr sucht, dann bin ich Euch wenigstens los, aber wenn ihr außerdem wollt, dass eure Templer-Freunde nicht erfahren, dass ihr hier wart oder mich bedroht habt… wir verstehen uns?“
    Ceirinn fehlten einen Moment lang die Worte. Dieser dreckige, widerliche…
    „Ich könnte euch mit meiner Magie zerteilen ohne auch nur einen Finger zu rühren und Ihr wagt es, mich zu erpressen?“
    „Es wäre ziemlich ungeschickt, mich zu töten und damit die Aufmerksamkeit auf Euch zu lenken, nicht wahr? Ich wette ihr seid am Hafen einigen Leuten aufgefallen, die könnten bestätigen, dass Ihr hier wart…“

    Ceirinn hätte ihm ohnehin nichts tun können und der Mann schien das verdammt genau zu wissen. Wie hatte sie sich von ihm derart über den Tisch ziehen lassen können? Sie fühlte sich nicht nur wütend sondern auch gedemütigt, als sie letztendlich mit einem wütenden Zischen ausstieß: „Ihr wollt Geld? Wie viel?“
    „Oh, ich bin ein bescheidener Mann, ein Sovereign würde mir bereits völlig genügen…“
    „Ich habe keinen Sovereign“, entgegnete Ceirinn, wobei sie sich allmählich wieder zur Ruhe zwang. Es half nichts, hierüber die Fassung zu verlieren, schließlich war alles, was zählte, Darren zu finden und sie dürfte jetzt nichts riskieren… selbst wenn sie es in jenem Moment verabscheute.
    „Wirklich? Zu schade, aber vielleicht könntet Ihr das ja ausgleichen…“
    Ceirinns Augen verengten sich zu Schlitzen.
    „Ich warne Euch, Mensch, Ihr solltet es nicht übertreiben! Achtzig Silber und ihr verliert kein Wort über meinen Besuch, verstanden?“
    Der Mann grinste sie vollkommen zufrieden an. „Gut, wir sind im Geschäft.“

    Wenige Minuten später stürmte Ceirinn innerlich noch immer vor Wut kochend aus dem stickigen Büro des Hafenmeisters hinaus in die Stadt.
    Das Schiff, das er ihr genannt hatte, würde noch am Abend des selben Tages auslaufen – es hatte sich aufgrund von Reparaturen bereits so weit verspätet, dass der Kapitän sich anscheinend weigerte, mit dem Auslaufen bis zum nächsten Morgen zu warten.

    Ceirinn konnte also bis dahin ihre Zeit darauf verwenden, Darren andernorts zu suchen, doch sie hatte nicht den geringsten Anhaltspunkt, wo sie mit der Suche beginnen sollte.
    Alles was sie hatte war eine teuer erkaufte Information, die sie sich mit einem gewissen Verhandlungsgeschick wohl auch umsonst hätte beschaffen können und ein leerer Geldbeutel… ihr waren gerade mal einige Silberstücke geblieben…

    Die Elfe lief ziellos durch den Hafen, bog letztendlich in eine kleine Seitengasse ein und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die eiskalte Steinwand.
    Wie hatte sie so dumm sein können? Es wäre einfacher gewesen, am Hafen zu fragen, doch das hatte sie für zu auffällig gehalten… und dann hatte sie diesem Mistkerl auch noch zu viel erzählt oder vermutlich einfach das falsche. Sie war noch keine Stunde hier und war bereits von den Templern verhört und von einem gierigen Dreckskerl über den Tisch gezogen worden… Allmählich wünschte sie sich, den Turm niemals verlassen zu haben. Man vergaß dort so schnell wie hart die Außenwelt sein konnte und wenn man es dann am eigenen Leib erfuhr, war man schlicht und einfach nicht vorbereitet…

    Erbauer, steh mir bei… ich dachte, ich könnte es alleine schaffen, aber… nein. Ich darf nicht aufgeben… Ich bin die einzige, die Darren noch aufhalten kann und es ist zu riskant, ihn an die Templer zu verraten… ich muss durchhalten… ich habe Ostagar überlebt, diese Stadt wird mich nicht zu Fall bringen.
    Als sie ihre Augen wieder öffnete, rann ihr eine einzelne Träne die Wange hinab, die sie sogleich mit dem Ärmel hinfort wischte.
    Sie konnte sich solche Schwäche jetzt nicht erlauben. Sie musste Darren finden, egal wie.

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