Gesindeviertel

Tag 3 -7:38 Uhr


Ceirinns Brust entfuhr ein tiefer Seufzer, bevor sie Leithil alles andere als die erhoffte Antwort gab: „Ich weiß es nicht, Leithil. Ich kenne ihn nicht gut genug, um mich in ihn hinein zu versetzen… und ich bin mir auch nicht sicher, was ich tun würde, wenn ich in seiner Situation wäre. Ich würde mich womöglich sofort am Hafen nach einem Schiff erkundigen… aber das hat er vermutlich bereits getan. Danach würde ich vor allem den Templern aus dem Weg gehen… und ich bräuchte Verpflegung, ein Versteck, vielleicht einen Platz an dem ich mich ausruhen kann…“

Ceirinn versuchte angestrengt, weitere Möglichkeiten zu finden, was Darren tun könnte und blieb letztlich vor allem an der Suche nach einer vorläufigen Bleibe hängen.
„Wohin geht man, wenn man nicht gefunden werden will? Irgendeine schäbige Herberge am Hafen? Versteckt man sich in einem verfallenen Gebäude? Oder geht man in irgendein beliebiges Gasthaus, in dem man ohnehin nicht vermutet wird? Vielleicht wird er auch kein Geld ausgeben, wenn er sich noch die Überfahrt leisten will… in dem Fall findet man vielleicht bei der Kirche Unterstützung, aber dort ist natürlich alles voller Templer. Oh, Erbauer, wohin sollte man gehen?“

„Braucht Ihr etwa Hilfe?“
Die Elfenmagierin, die eben noch grüblerisch im Kreis gegangen war, fuhr augenblicklich herum und erblickte wie befürchtet einen jungen Elfen, der sie scheinbar einfach nicht in Ruhe lassen wollte. Wie viel hatte er mit angehört?
„Ich dachte mir nur, dass man wirklich dringend eine Wegbeschreibung braucht, wenn man schon höhere Mächte um Hilfe bittet! Nicht dass ich eine höhere Macht wäre, aber ich kenne mich in Denerim wirklich gut aus. Für ein paar Kupferstücke…“
„Ich dachte, ich hätte Euch gesagt, dass wir keine Hilfe brauchen, Kail“, seufzte sie.
„Wirklich nicht? Ihr scheint doch nach etwas zu suchen! Wenn ihr mir nur sagen würdet, was es ist, könnte ich…“
„Wisst Ihr was? Gut, warum nicht.“
Zugegeben, Kail war ein aufdringlicher Kerl von der Straße, der ihnen für etwas Geld im Grunde alles mögliche erzählen konnte, aber angesichts ihrer Ahnungslosigkeit, was Darren anging… es war einen Versuch wert. Sie dürfte lediglich nicht durchblicken lassen, wonach genau sie suchten.

Ceirinn öffnete ihre Ledertasche und zog einige Kupfermünzen hervor.
„Zwanzig Kupfermünzen? Ist das genug?“
„Ich bin Euer Mann, Lady Ceirinn!“ Kails Augen begannen beim Anblick des Geldes zu glänzen, selbst wenn er damit keine paar Tage über die Runden hätte kommen können. Die Elfen hier waren hoffentlich nicht alle so arm…
„Nur eine Bitte, Kail: Spart Euch diese lächerliche Anrede, in Ordnung? Und nennt mich bitte auch nicht Ser oder was auch immer Euch noch einfällt.“
„Wie möchtet Ihr denn angesprochen werden?“
„Einfach mit meinem Namen. Und es wäre mir auch Recht, wenn Ihr in Zukunft nicht jedem erzählen würdet, dass ich eine Magierin bin.“
„Natürlich, Ihr könnt Euch auf mich verlassen. Also, wonach sucht Ihr?“
Ceirinn dachte einen Moment über die beste Formulierung nach, bevor sie antwortete:
„Ich suche nach einem Ort, an dem sich ein Mensch verstecken würde, wenn er niemandem auffallen will. Jemand, der nicht viel Geld hat und vor allem den Wachen und Templern aus dem Weg geht. Und dieser jemand kennt sich in Denerim nicht besonders gut aus. Habt Ihr eine Idee?“

Der Elf dachte ein paar Sekunden nach.
„Ja, das wäre ein guter Ort… ich könnte Euch sofort hinbringen, wenn Ihr wollt.“
„Wohin?“
Kailaen lächelte entschuldigend und streckte eine schmutzige Hand aus. Ceirinn zögerte kurz und ließ dann die Hälfte des Geldes hineinfallen.
„Ihr bekommt die andere Hälfte wenn wir dort sind.“
„Gut, ich schätze, das ist fair.“ Mit einer flinken Geste ließ der Elf die Kupferstücke in seiner Tasche verschwinden.
„Also, folgt mir!“ Und schon war Kail losgerannt und bedeutet ihnen mit einem Winken, ihm zu folgen.
„Wartet, wohin…“
Ceirinn schüttelte leicht den Kopf, bevor sie Leithil einen zögerlichen Blick zuwarf. Es würde sich noch herausstellen, ob es eine gute Idee war, Kail zu vertrauen, aber vorerst war es ihre einzige Chance, Darren einen Schritt näher zu kommen…