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  1. #21
    ME-FRPG only Avatar von Shaiya Nessari
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    Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
    Korridor/Feuerleitzentale
    20:22 Uhr


    Das Bedienfeld der Tür leuchtete provozierend rot, als wolle es Shaiya mit aller Macht entgegen schreien: „Du kommst hier nicht rein!“ Die junge Asari verengte die Augen konzentriert und verwünschte schließlich ihre geringen Technikkenntnisse, die verhinderten, dass sie das Türschloss einfach umgehen konnte. Ihr blieb nur die Hoffnung, dass sich in dem Trupp Blue Suns jemand befand, der damit zurecht kam – oder dass Alora dem Schloss zuleibe rückte, wie zuvor, als sie die Tür zur Küche gehackt hatte.

    „Ich mache das“, murmelte Alora. „Und benutz diesmal gefälligst deine Waffen früher. Es war reines Glück, dass die dich vorhin in der Küche nicht gleich abgeknallt haben.“

    „Als ob ich das nicht vorhätte“, zischte Shaiya ihr zu und zog demonstrativ ihre Maschinenpistole, um damit ebenso demonstrativ vor Aloras Gesicht herum zu wedeln. „Zufrieden?“

    „Ja... gut so. Und sei diesmal nicht so zimperlich. Du bist nämlich weich geworden in den letzten Jahrzehnten. Früher hättest du die Blue Suns einfach auseinander genommen. Und jetzt… Bah.“

    „Ich habe meinen Horizont erweitert“, zischte Shaiya zurück. „Das rate ich dir auch. Man kann Probleme auch ohne Gewalt lösen.“

    Alora grinste. „Ja, klar. Aber mit Gewalt macht es mehr Spaß.“ Mit diesen Worten schaltete sie ihr Universalwerkzeug ein und begann damit, das Schloss zu umgehen. Shaiya presste die Lippen aufeinander und beobachtete ihre einstige Gefährtin aus verengten Augen. Alora sah aus, als würde sie wieder ohne Rücksicht auf Verluste in den Raum stürmen und einfach alles verwüsten, was dumm genug war, sich auf ihrem Weg zu empfinden. Kroganerkind eben. Ich hoffe nur, dass sie, wenn es erst anfängt, noch wach genug ist, Freund und Feind voneinander zu unterscheiden. Denn darauf, erneut von Alora angegriffen zu werden, legte Shaiya Nessari nun wirklich keinerlei Wert.

    Nach einer endlos erscheinenden Wartezeit – wobei es sich eigentlich nur um Sekunden handeln konnte, wie Shaiya rein rational auch jenseits jeden Zweifels wusste, aber ihr persönliches Empfinden richtete sich nun einmal nicht strikt nach der tatsächlich vergangenen Zeit – färbte sich das Bedienfeld der Tür einladend grün und Alora brauchte es nur noch leicht zu berühren. Zischend tat sich die Tür vor der Söldnerin auf.

    Shaiya riskierte einen Blick in die Feuerleitzentrale. Sie erkannte Computer, verschiedene Stationen – vermutlich für Radar und ähnliches -, blinkende Lichter hie und da, und, wesentlicher wichtiger – deswegen fokussierte ihr Blick sich auch direkt darauf – schwer bewaffnete und ziemlich wütend aussehende Rassisten, aus deren strikt gen Tür gerichteten Waffenmündungen nun die ersten Projektile in Richtung der Gruppe Blue Suns und der beiden Asari flogen.

    „Tötet den Alienabschaum!“

    „Säubert das Schiff!“

    „Macht sie fertig!“

    „Für die Herrschaft der menschlichen Rasse!“

    Shaiya konnte gerade noch rechtzeitig in Deckung gehen, ehe die ersten Projektile sie trafen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange ihre Powerpacks sie noch schützen würden und eine biotische Barriere aufzubauen ging im Augenblick noch ein wenig über ihre Kräfte. Es war eine Sache, die Biotik fokussiert und schlagartig zu entladen, aber eine langwierige Konzentration auf etwas wie einen biotischen Schild war etwas ganz anderes. Die nötige Konzentration dazu fehlte ihr noch immer.

    Alora hatte längst die Feuerleitzentrale gestürmt und raste in halsbrecherischem Tempo auf eine Gruppe Nebelparder zu, um diese aus nächster Nähe mit Ladungen von Schrot zu durchsieben. Shaiya konnte ihre Schreie hören und sehen, wie ihr Blut in einem feinen roten Sprühregen auf die Apparaturen in der Zentrale niederging und auf dem Boden feuchte, leicht dampfende Pfützen bildete.

    Shaiya selbst beschränkte sich darauf, aus der Deckung Schüsse abzugeben und gleichzeitig langsam dunkle Energie zusammen zu ziehen, um diese dann gezielt entladen zu können. Die Blue Suns hingegen hatten sich längst selbst in den Kampf geworfen, ihre eigenen Kampfschreie ausstoßend – „Für Omega!“, „Bringt das Rassistenpack um!“, „Die Terminussysteme gehören uns, ihr Nebelratten!“, „Wir machen euch fertig!“ – und aus vollen Gewehrmündungen feuernd. Die Schreie, die aus der Leitzentrale hinaus an Shaiyas Ohren drangen, waren jedoch nicht allein solche des Kampfes. Immer mehr Schmerzenslaute mischten sich darunter. Auch solche der Angst waren inzwischen zu vernehmen.

    Shaiya wurde allmählich gezwungen, die Maschinenpistole zu senken. Zu groß war die Gefahr, in dem Getümmel einen Verbündeten zu treffen. Eine Verbündete… und nicht einmal bei ihr bin ich mir sicher… Allmählich sickerte die finstere Erkenntnis in ihr Hirn, dass sie nicht mehr lange mit dem Rücken zur Wand des Korridors herumstehen und einfach in den Raum feuern konnte. So würde es ihr kaum gelingen, produktiv etwas beizutragen.

    Also schön… Die ehemalige Söldnerin stieß sich von der Wand ab und hechtete in den Raum hinein. Hektisch sah sie sich um, suchte nach einer halbwegs brauchbaren Deckung, die sie erreichen konnte, ehe ihre Schilde zusammen brachen. Mehrere Schüsse trafen ihre kinetischen Schilde und wurden von selbigen absorbiert. Shaiya schickte ein Stoßgebet zu Siari – Ich will nicht sterben! Ich bin noch viel zu jung! Ich will meine matriarchale Phase noch erleben! – und erblickte die rettende Deckung einige Schritte links von sich, als hätte Siari ihr Flehen erhört und ihr gnädig den Weg gewiesen.

    Shaiya beschleunigte noch etwas, raste in halsbrecherischem Tempo auf die Deckung – die sich ihr in Form einer Radarstation präsentierte – zu und verlor in der Eile das Gleichgewicht. Ihre Füße rutschten auf irgendetwas… Glitschigem… aus, das den Boden wie ein Film bedeckte. Mit einem Fluch, der jeden kroganischen Warlord vor Neid hätte erblassen lassen, verloren ihre Füße auf dem glitschigen Untergrund den Halt und Shaiya landete äußerst „elegant“ mit dem Gesicht voran auf etwas weichem, feuchten. Augenblicklich füllten sich ihre Nase und ihr Mund mit etwas, dass leicht metallisch und ziemlich salzig schmeckte und einen heftigen Würgreiz in ihr auslöste. Zu allem Überfluss trommelten weiterhin Schüsse penetrant und unaufhörlich gegen ihre schmale Gestalt.

    Verdammt… Shaiya richtete sich langsam auf, blinzelte heftig und spuckte Blut aus – menschliches Blut. Wenigstens etwas. Aber nicht mehr lange und das da ist meines. Vorsichtig brachte die Asari die Füße wieder unter ihren Körper und starrte anschließend feindselig auf die heimtückische, leuchtend rote Blutlache, der sie ihren unrühmlichen Sturz zu verdanken hatte. Ihr nächster, wütender Blick zielte in Aloras Richtung. Auch, wenn Aloras Vater ein Kroganer gewesen war, musste sie deswegen auch wie ein Kroganer kämpfen?

    Aber jetzt blieb Shaiya keine Zeit, sich über diese Tatsache zu beschweren, denn die Schüsse trommelten weiterhin auf ihre Schilde ein, nur allzu begierig, diese nieder zu reißen und Shaiyas junges Leben zu beenden. Eilig hechtete Shaiya los, diesmal allerdings mit mehr Umsicht. Sie musste diese Deckung erreichen, ehe ihre Lebensgeschichte hier und jetzt ein blutiges, gewaltsames Ende fand! Diese Deckung war jetzt alles, was zählte. Alles andere war unwichtig. Sie musste nur diese Deckung erreichen!

    Da! Endlich! Höchst willkommen begrüßte die Deckung Shaiya und die junge Asari klammerte sich daran fest wie eine Ertrinkende an einem Stück Treibholz, um sich mit Schwung dahinter in Sicherheit zu bringen. Erst, als ihr Rücken sich fest gegen das eine relative Sicherheit versprechende Pult berührte, fiel der jungen Asari auf, dass sie zitterte. Tausend Gedanken spielten in ihrem Kopf Fang mich! Tausend Gefühle tobten in ihrem gesamten Körper und gaben einfach keine Ruhe. Ihr Herz hämmerte so laut gegen ihre Rippen, als versuche es, aus ihrem Brustkorb zu entkommen.

    Das war knapp! Verdammt noch mal, das war knapp! Das war… wirklich… knapp…

    Mut hin oder her, sie hatte keine Lust zu sterben, und sie würde nicht zulassen, dass die Nebelparder ihre Leiche zu sehen bekamen. Dass hatte sie sich geschworen und, bei Siari, sie würde dafür sorgen, dass sie diesen Schwur erfüllen würde. Sie würde heute Nacht nicht sterben. Und schon gar nicht an diesem Ort. Sie hatte noch nicht lange genug gelebt, und an das Prinzip eines Heldentodes glaubte sie nicht. Jedes Opfer dieser Schlacht würde vergessen werden, aber an die Überlebenden würde man sich erinnern.

    Und da behaupte ich auch noch, mir liegt nichts am Ruhm. Soviel dazu.

    20:23 Uhr
    Geändert von Shaiya Nessari (16.10.2010 um 22:39 Uhr)

  2. #22
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    Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
    Feuerleitzentale
    20:23 Uhr


    In einigen menschlichen Religionen existierte ein mystischer Ort, der „Hölle“ genannt wurde. Laut deren Mythologie wurde diese Hölle von einem bösen Wesen beherrscht, das „Teufel“, „Satan“ oder auch „Luzifer“, manchmal jedoch auch „Mephistopheles“ genannt wurde. Diese Hölle wurde als ein Ort des Feuers und der Qualen, des Chaos und der Schmerzen beschrieben. Kurz: Wie ein Ort, der keinen Besuch wert war.

    Wenn Shaiya sich jetzt in der Feuerleitzentrale umsah, kam ihr sofort „Hölle“ in den Sinn und ihr drängte sich die Frage auf, ob solche Kämpfe – voller Blutvergießen, Hass und Brutalität – die Menschheit dazu veranlasst haben könnte, sich einen solchen Ort auszudenken. Ein gemütliches Plätzchen war dies hier mit Sicherheit nicht. Eher ein Ort, an dem einen der Tod erwartete, wenn man nicht aufpasste.

    Die junge Asari saß noch immer mit dem Rücken dicht an das Pult gedrängt in der relativen Sicherheit ihrer Deckung und konzentrierte sich eher darauf, schwarze Energie zu kanalisieren, als darauf, ihre Waffen in Richtung der Nebelparder abzufeuern. Ihre Nerven kribbelten bereits vor anschwellender, biotischer Kraft und dieses Kribbeln wurde von Sekunde zu Sekunde stärker. Ihre stärkste Waffe erholte sich sehr gut und es wenn sie nun mit ihrer Biotik angriff, würde dies wesentlich mehr Schaden anrichten als jede, von ihrer Hand abgefeuerte, Waffe es vermochte.

    Shaiya fuhr aus der Deckung hoch und fokussierte einige Nebelparder, die nicht weit von ihr auf die aus dem Schutz auftauchende junge Asari zu feuern begannen. Eine Bewegung und Konzentration, und das von Shaiya erschaffene Verzerrungsfeld zerriss die Nebelparder auf molekularer Ebene. Shaiya glitt in ihre Deckung zurück und atmete tief durch. Sie hörte ihr Herz unangenehm laut in der Brust pochen. Vielleicht hatte sie ihre Biotiken etwas zu früh eingesetzt…

    Aber ich kann es jetzt auch nicht mehr ändern. Den Rest heb ich mir für die Blue Suns auf. Jetzt müssen wir erst einmal diese Zentrale erobern. Bei der Göttin, ich hoffe, danach gibt es nicht Nessari am Spieß… ich bin zu jung zum Sterben!

    Shaiya tastete nach ihrer Maschinenpistole, lehnte sich etwas aus der Deckung hervor und begann, auf die nächsten Nebelparder zu feuern, die so dumm waren, in ihrem Schussfeld herum zu laufen. In langen Serien, schnell aufeinander folgend, wurden die Projektile abgefeuert und bearbeiteten unerbittlich die Schilde der Parder. Kurz darauf hatte sie den ersten ausgeschaltet.

    „Verdammte Asari-Schlampe! Macht sie endlich fertig!“, drang der wütende Kampfschrei zu Shaiya Nessari durch und ließ in ihrem Kopf ein ungemütliches „Oh-oh!“ entstehen. Einer der Nebelparder starrte sie voller Hass und Wut an und raste wie ein Irrer auf sie zu… viel zu schnell, als dass es natürlichen Ursprungs sein konnte! Seine Bewegungen waren verschwommen, und ehe Shaiya ausweichen oder in irgendeiner anderen Form reagieren konnte, hatte er sie umgerissen und quer durch den halben Raum geschleudert.

    Mit einem Ächzen und einem wilden, jedoch unausgesprochenen Fluch auf der Zunge, krachte die Asari-Wissenschaftlerin gegen einen der Computer in der Feuerleitzentrale und sah Sterne. Und Lichter. Blinkende Lichter, die sie von allen Seiten umgaben und sich durch ihre Netzhaut brannten. Ein einziger Gedanke schaffte es in ihren Kopf, eine einzige, hinterhältige Erkenntnis: Verdammte Scheiße, ein Biotiker!

    Zu mehr kam sie nicht, denn der Nebelparder-Biotiker holte bereits mit einer, von schwarzer Energie umflirrten, Faust aus und zielte damit ausgerechnet auf Shaiyas Gesicht. Die Asari riss voller Entsetzen und hilflos die Augen aus. Noch immer viel zu benommen, würde sie diesem Hieb niemals ausweichen können! Und ein mit Biotik verstärkter Faustschlag besaß, wie sie als Biotikerin sehr genau wusste, die Kraft eines Vorschlaghammers… wenn sie Glück hatte. Wenn sie Pech hatte, würde dieser Schlag ihren Kopf in eine blutige Masse aus Blut, Gehirn, Haut und Kochen verwandeln.

    Shaiya atmete tief durch und versuchte, wenigstens im Augenblick ihres Todes einen klaren Kopf zu bewahren. Sie würde als Dr. Shaiya Nessari sterben, nicht als Banshee die Söldnerin. Sie würde als die Asari sterben, die sie geworden war und nicht als die Asari, die sie gewesen war.

    Mach schon, du Mistkerl. Ich bin direkt vor dir, ging es ihr durch den Kopf. Und der Kopf des Nebelparders explodierte. Knochensplitter und Gehirnmasse spritzten, vermischt mit einem feinen Sprühregen aus Blut, in alle Richtungen davon und auch in Shaiyas Gesicht.

    „Das ist jetzt schon das verdammte, zweite Mal heute“, drang Aloras ziemlich wütende Stimme eher undeutlich zu ihr durch. „Ich kann dir nicht jedes Mal den Arsch retten, wie oft soll ich das noch wiederholen. Und jetzt vergiss endlich mal für zwei Minuten deinen beschissenen Doktortitel und fang an, zu ballern.“

    Shaiya blinzelte – gerade schickte sich ein Tropfen menschlichen Blutes dazu an, ihr ins Auge zu laufen – und wollte dazu anheben, ihrer ehemaligen Gefährtin zu erklären, dass sie genau das bis vor wenigen Sekunden noch getan hatte, unterließ es dann jedoch. Sie hatte sich wirklich nicht gerade wie eine Kämpferin, sondern sehr zögerlich verhalten. Und je schneller die Feuerleitzentrale sich in ihrer Kontrolle befand, desto besser war es.

    Shaiya packte die Schrotflinte, die Leihgabe Zyon Galens, und nickte mit neuer Entschlossenheit. Es war Zeit, diese Farce zu beenden und die Feuerleitzentrale endlich endgültig zu erobern. Der Kampf um diese wichtige Stellung war noch immer nicht ganz beendet.

    „Mach sie fertig, Banshee!“

    Shaiya atmete tief durch und ließ die Bestie frei. Zum ersten Mal völlig willentlich nach fast fünfzig Jahren. Biotik baute sich in ihrem Körper auf und ließ sie an Alora vorbei flitzen, ihre Finger zogen den Abzug, immer wieder… Die Schmerzens- und die Todesschreie klangen in ihren Ohren wie Musik. Wie die Musik des Triumphes und des Sieges.

    Ihr Sturmlauf riss einen der Nebelparder um und die Schrotprojektile zerrissen seinen Körper in Fetzen. Banshee wirbelte herum und stürzte sich auf den nächsten Nebelparder. Sie spürte, wie er versuchte, die Hände um ihre Handgelenke zu schließen und ihr die Waffe zu entreißen… ihr Knie schnellte hoch und krachte ihm in die Leistengegend. Zwei Schüsse später war er tot. Ein feiner Sprühnebel aus Blut legte sich über ihr Gesicht.

    Banshee gönnte sich keine Pause, sondern griff sofort den nächsten an. Kurz durchfuhr sie Schmerz, als eine Kugel ihre linke Wade streifte – offenbar gaben ihre Schilde langsam den Geist auf – doch sie ignorierte es und riss den nächsten Nebelparder um. Blut spritzte, das Schrotgewehr bebte. Ein toter Nebelparder mehr.

    „Banshee!“ Der Ruf ließ die Asari herum wirbeln, automatisch hob sie ihr Gewehr und richtete es auf diejenige, die sie angesprochen hatte. Alora feuerte ihre Pistole ab und schickte den letzten Nebelparder in den Tod. Den letzten! Banshee grinste breit. Die Feuerleitzentrale gehörte ihnen! „Ich wusste, dass du nicht alles vergessen hast. Ich habe es immer gewusst!“

    Alora steckte ihren Schießprügel weg und stieg über die Leichen der Verteidiger zu ihr hinüber. Banshee spannte sich an. Wenn Alora jetzt Anstalten machte, sie zu erschießen oder sonst etwas zu tun, würde sie ihr den Kopf mittels Biotik platzen lassen. Doch was Alora dann tat, überraschte sie viel mehr als alles andere… Die warmen, mit einigen Tropfen Blut benetzten Lippen streiften auf vertraute und dennoch neuartig-fremde Weise ihre eigenen Lippen, und Banshee war verschwunden. Shaiya erstarrte, kämpfte gegen den Drang an, zu verschwinden, sich in Luft aufzulösen, war jedoch unfähig, sich dagegen zu wehren. Es war zu vertraut. Zu überraschend. Sie konnte nichts tun, nicht einmal denken.

    Der Augenblick verging, urplötzlich, und Shaiyas Verstand begann wieder zu arbeiten. Voller Unglauben und Wut starrte sie Alora an. Das ging einfach zu weit! Dafür sollte sie… „Was sollte das eben? Ich bin nicht mehr mit dir zusammen, du hast kein Recht dazu!“

    Alora grinste breit, absolut unverschämt, ohne jede Reue. Sie wirkte geradezu pervers befriedigt. „Schön möglich, dass ich es nicht darf. Aber darin liegt ja der Reiz des Verbotenen, oder? Und jetzt reg dich ab und tu, was auch immer du hier tun sollst.“

    Shaiya zitterte, bebte. Doch Alora hatte Recht. Zumindest, was das allerletzte anging. Sie war nicht hier, um ihre ehemalige Gefährtin zu Recht zu weisen, sondern um die Schlacht voran zu bringen, vielleicht sogar zu wenden.

    Zurück zum Wesentlichen.

    20:24 Uhr
    Geändert von Shaiya Nessari (16.10.2010 um 22:39 Uhr)

  3. #23
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    Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
    Feuerleitzentale
    20:24 Uhr


    Shaiya atmete langsam aus, ehe sie ihr Universalwerkzeug anschaltete und gleichzeitig den Kommlink aktivierte, um Kontakt zur Behemoth aufzunehmen. Sie klinkte sich ARGUS’ Frequenz ein. Keine sehr schwierige Aufgabe, auch mit nur begrenzten Tech-Kenntnissen. Ihre Atmung beruhigte sich. Den gefährlichsten Teil hatte sie bereits überstanden, der wichtigste Teil stand jedoch noch bevor.

    „PSY Behemoth, Captain Yamashe“, begann Shaiya, um eine ruhige, gleichmäßige Stimme bemüht. „Hier spricht Shaiya Nessari. Ich habe gerade zusammen mit einer Gruppe Blue Suns die Feuerleitzentrale eingenommen. Erbitte weitere Anweisungen.“

    Shaiya hielt den Atem an. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass die PSY Behemoth dort draußen nicht selbst zu beschäftigt oder sogar bereits abgeschossen worden war. Sie biss sich auf Lippen und schmeckte Blut im Mund. Diesmal ihr eigenes. Die Sekunden verstrichen quälend langsam. Doch dann…

    „Shaiya Nessari, hier spricht ARGUS!“, erklang die synthetische Stimme der VI. „Befolgen Sie bitte genau meine Anweisungen. Sind Sie bereit?“
    Bin ich bereit? Gute Frage, nächste Frage. „Ja.“
    „In Ordnung, Shaiya Nessari. Verbinden Sie bitte als erstes Ihr Universalwerkzeug mit dem Hauptcomputer der Feuerleitzentrale. Den Plänen zufolge ist es der größte Computer in der Feuerleitzentrale.“
    Shaiya nickte. Natürlich konnte die VI es nicht sehen, aber das war im Augenblick auch nachrangig. Shaiya näherte sich dem besonders großen Computer – der gefechtsbereit blinkte, wie freundlich! – und richtete die Verbindung zwischen ihrem Universalwerkzeug und dem Computer ein.
    „Sehr gut. Nun stellen Sie eine Verbindung zwischen ARGUS und dem Hauptcomputer her, und zwar in dem sie…“ ARGUS ratterte die komplette Liste ab und Shaiya befolgte Wort für Wort jede Anweisung.
    „Sehr gut. Jetzt tun Sie bitte folgendes…“ Erneut erfolgte eine genaue Anweisung, wobei es diesmal darum ging, die Firewalls zu senken und um dergleichen. Shaiya verstand nur die Hälfte davon, aber da ARGUS es so gut erklärte, brauchte sie es auch gar nicht gut zu verstehen, sie musste es bloß tun.
    „Sehr gut, Shaiya Nessari. ARGUS hat nun volle Kontrolle über die Feuerleitsysteme der Invisible Hand. Die Verbindung wurde hergestellt. Sie können Ihr Universalwerkzeug jetzt gefahrlos deaktivieren.“
    Shaiya nickte, erneut natürlich für ARGUS und die gesamte PSY Behemoth unsichtbar, ehe sie das Universalwerkzeug abschaltete und zurücktrat. ARGUS meldete sich mit einem synthetisch-höflichen Satz ab und dann herrschte Stille in der Feuerleitzentrale.

    Die junge Wissenschaftlerin atmete erleichtert aus. Es war erledigt. Sie hatte ihren Part übernommen, ihre Rolle gespielt, ihren Teil beigetragen. Wo die anderen aus ihrem Team sich abgesetzt und die Wichtigkeit dieser Aufgabe schlichtweg vergessen hatten, hatte sie das Ziel nicht aus den Augen verloren. Vielleicht war der Ausgang der Schlacht zum Teil auch ihr Verdienst. Aber ganz sicher nicht der Zyon Galens oder Nalya Dalinaris.

    Zyon… Nalya… mein Team… verdammt, und wenn sie jetzt auf dem Weg hierher sind? Hier gibt es für sie nichts mehr zu tun. Ich sollte Bescheid geben.

    Shaiya schaltete auf die Frequenz ihres Teams. „Team Delta, hier spricht Shaiya Nessari. Die Feuerleitzentrale ist gesichert, ARGUS hat soeben die Kontrolle über die Feuerleitsysteme übernommen. Nessari Out.“

    Mehr konnte sie nicht tun. Nicht mehr. Ihr Part war erledigt, ihre Rolle gespielt, ihr Ziel erreicht, ihr Teil war beigetragen. Wenn es nach ihr ginge, würde sie die Invisible Hand sofort verlassen. Aber ihr schwante, dass sie das noch nicht konnte. Die Schlacht mochte an einen Wendepunkt gelangt sein, aber sie war noch nicht geschlagen.

    „Rührt sie an und ihr seid tot!“, hörte sie Aloras Stimme in ihrem Rücken fauchen.

    Shaiya wirbelte herum und erkannte, dass mehrere Blue Suns ihre Waffen nun auf sie gerichtet hatten. Ein zarter Seufzer kam von ihren Lippen. Es war noch nicht vorbei, noch lange nicht. Die Nebelparder in der Feuerleitzentrale waren tot, doch der Feind war es noch nicht. Vorerst würden die Kämpfe weiter gehen. Als ob sie nichts anderes zu tun hätte. Oder nichts anderes tun wollte.

    Ihre Gestalt verschwamm vor biotischer Energie. Sie würde nicht sterben, nicht jetzt und nicht hier. Wenn die Kämpfe erneut beginnen sollten, dann musste es so sein. An ihr würde es nicht scheitern. Aber dies würde nicht ihr letzter Kampf sein, und auch nicht die letzte Stunde in ihrem Leben. Nicht einmal das letzte Jahrhundert. Herausforderung schrie aus ihrem Blick. Ihr Körper bebte vor biotischer Anspannung, nicht vor Furcht.

    „Kommt doch“, stieß sie hervor, herausfordernd, entschlossen. In diesem Augenblick verschwand Banshee vollständig und verschmolz mit der Person, die sie jetzt war, zu einer Einheit. Vergangenheit und Gegenwart vereinten sich. Jetzt endgültig. „Die Nebelparder haben mich nicht umbringen können, glaubt ihr, da habe ich Angst vor euch?“

    20:25 Uhr
    Geändert von Shaiya Nessari (16.10.2010 um 22:38 Uhr)

  4. #24

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    Invisible Hand; Bereitschaftsräume - Deck 4

    Auf dem nächsten Deck angekommen, kontrollierte Draggus als Erstes die Umgebung. Die Schrotflinte im Anschlag schaute sich der Kroganer wachsam um. Die antrainierte Vorsichtsmaßnahme, die im Laufe der Jahrhunderte zu einem lebensrettenden Reflex geworden war, konnte diesmal lediglich das Gewissen beruhigen. Weit und breit war niemand zu sehen. Die Gänge waren vollkommen verlassen und erweckten den Eindruck, als sei das Schiff bereits in den Händen der Omega-Verteidiger. ‚Allerdings würde es hier in dem Fall wohl ganz anders aussehen.’ korrigierte er seinen Ersteindruck.
    Draggus stellte sich vor, wie euphorische Söldner mit lautstarkem Jubel durch die Korridore torkelten, nachdem sie aus sämtlichen Spirituosen Omegas die abenteuerlichsten Cocktails gemischt und sich diese auch exzessiv hinter die Binde gekippt hatten um ihren Sieg gebührend zu feiern. Sowie wilde Salutschüsse als musikalische Untermalung, welche dabei mehr Kollateralschaden am Schiff und Leben forderten, als die eigentlichen Kämpfe. Leicht bekleidete Asari-Tänzerinen, die bei den Kombattanten für Stimmung sorgten, nur um die Alkoholleichen anschließend um die frisch verdienten Credits zu erleichtern. Einheimische Freudenmädchen als Trostpreis für diejenigen Söldner, welche keine versklavte Frau als Beute ergreifen konnten.

    Die Waffe locker in Händen haltend schlenderte der Kroganer den Korridor entlang und blieb ein paar Schritte von der weggesprengten Luke entfernt stehen. Den Blick abwesend auf das Ende des Korridors gerichtet fühlte sich Draggus um mehrere Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt. Schweigend stand er da, der Geräusche, welche seine Gefährten beim Besteigen der Leiter verursachten, nicht gewahr. Erneut durchlebte er die Eindrücke jener Raubzüge auf Omega und in den umliegenden Systemen, deren Zeuge und oft genug auch Mittäter er gewesen war. Damals hatten ihn die erlebten Gräueltaten nie berührt. Sowohl sein Auge, als auch sein Herz war in dieser Hinsicht unempfindsam und abgehärtet, wie die Haut eines Vorcha, den man bis an die Schwelle des Todes geprügelt hatte. Töten war ein Beruf wie jeder andere, vielleicht etwas besser bezahlt und man kam öfter in der Galaxie herum, doch im Grunde unterschied er sich kaum von dem eines Metzgers. Zumal er einigen Individuen begegnet war, welche die jeweils anderen Spezies durchaus als Tiere betrachteten. Hatte er auch immer ein Bedauern empfunden, wenn er ein Mitglied seiner eigenen Spezies – einen Bruder, in gewisser Hinsicht – hat töten müssen, so schreckte er auch davor nicht zurück, wenn es die Umstände erforderten.

    „Zeit verändert alles.“ hatte sein Vater ihm einst gesagt. Draggus hatte den Worten seinerzeit kaum Beachtung geschenkt und sie als eine weitere „Weisheit“ eines alten Mannes abgetan. Erst Jahre, Jahrzehnte später sollte ihre Bedeutung zu ihm durchdringen.

    Der Übergang war fließend und Draggus merkte es nicht mal, als er nur noch Aufträge annahm, bei denen es nicht um reine Zerstörung ging oder das Kopfgeld nur auf lebendig und nicht auf tot ausgezahlt wurde. Er wollte es sich nicht eingestehen, dass die selbst auferlegten Regeln, mit denen er sich im Kampf beschränkte nicht dazu dienten, die Jagd für sich interessanter oder herausfordernder zu gestalten, sondern um das Leben des Gegners zu schonen. Die Einsicht viel umso schwerer, als dass er nie von Alpträumen geplagt wurde anders als die wenigen Söldner, welche während seiner Laufbahn ihr Handwerk aufgegeben hatten. Überhaupt träumte Draggus nur selten und wenn, dann von seinem Heimatplaneten. Auch wenn Omega für eine sehr lange Zeit zu seiner Wahlheimat geworden war, gab es nur einen Ort, den der Kroganer Zuhause nennen konnte – Tuchanka. Alles andere war Fremde.

    ‚Das Auge ist noch hart, doch die Herzen sind weich geworden.’ Musste Draggus sich schließlich eingestehen als er nach einer Revision mehr nichttödliche als tödliche Waffen in seinem Arsenal feststellte. Die Einsicht fiel umso schwerer, da er gerade einen kleinen Vorrat an neuartigen Haftminen auf den Märkten erworben hatte und der Frust über das vergessene Wechselgeld sich nicht darin äußerte die frisch erworbene Ware an den zahlreichen Passanten auszuprobieren.

    Draggus hätte vermutlich noch einige Jahre damit verbracht die Augen vor der Wahrheit zu verschließen ohne zum Clan zurück zu kehren, wäre ihm damals nicht so schmerzhaft vor Augen geführt worden, dass das Handwerk mit dem Tod seinem Dasein nie den Sinn geben wird, um es Leben nennen zu können.
    Das Gefühl nach Hause zu kommen war unbeschreiblich. Kein Rauschmittel der bekannten Galaxie hätte es je simulieren können. Kein Blutrausch hätte es je zu ersetzen vermocht.

    „Schlussendlich hat es mir nur das Allerletzte geraubt, was mir bedeutet hat.“ Murmelte der Kroganer und musste unweigerlich an die Ereignisse denken, die seiner Rückkehr folgten.

    - „Scar. Hilf mir hoch.“ Die Stimme riss den Kroganer aus seiner Starre. Draggus machte auf dem Absatz kehrt und eilte zu dem gewalttätig geöffneten Zugang zurück um seinen Gefährten beim Aufstieg zu helfen. Als er die Luke erreicht hatte war Kate gerade dabei rauszuklettern. Die Menschenfrau ignorierte seine ausgestreckte Hand und zog sich durch eigene Kraft auf das Deck. Plötzlich realisierte Draggus, dass die eindeutig weibliche Stimme weder Kate noch Schäfer gehörte und auch nicht durch die quarianische Atemmaske verzerrt wurde um die der jungen Technikerin zu sein. Trotzdem vernahm er die Worte erneut.

    - „Scar. Hilf mir.“

    Irritiert hob Draggus den Kopf um sich umzuschauen. Zufällig erblickte er in einme der Gänge, welcher hier abzweigte, eine weibliche Gestalt. Die Stimme gehörte offenkundig einer Asari, welche mit ausgestrecktem Arm am Ende des Korridors stand und nach ihm rief. Draggus stand mit weit aufgerissenen Augen da und ignorierte erneut seine Gefährten, die mittlerweile allesamt die Wartungsschächte verlassen und sich zu einer - von Kate initiierten - Kurzbesprechung zusammengefunden hatten.

    - „Was haltet ihr von einem Sturmlauf. Die werden uns so oder so kommen sehen, je schneller wir sind, umso besser.“ Draggus hörte die Menschenfrau sprechen ohne den Wortlaut zu vernehmen. „Wenn Kaneshtis dann noch von der anderen Seite kommt, dann stehen die Chancen ganz gut.“ Verwirrt betrachtete der Kroganer seine Gefährten, welche offenbar weder die Stimme gehört, noch die Gestalt am Ende des Korridors bemerkt hatten.

    - „Unmöglich!“ redete sich der Kroganer ein, nicht bewusst, dass die Worte laut ausgesprochen waren und rieb sich ungläubig mit einer Hand die Augen. Den Blick erneut an die entfernte Stelle des Ganges gerichtet, stellte er fest, dass dieser ebenso leer und verlassen war wie bei seiner Ankunft. „Das kann nicht sein!“

    -------------> Invisible Hand: Deck 2 (Quartiere; Hilfsbrücke)
    Geändert von Draggus 'Scar' Skarmang (26.09.2010 um 21:13 Uhr) Grund: Ortswechsel nachgereicht

  5. #25
    ME-FRPG only Avatar von Shaiya Nessari
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    Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
    Feuerleitzentale
    20:25 Uhr


    Man musste kein Genie sein, um den Ernst der Lage zu erkennen: Eine Gruppe Blue Suns, bewaffnet, sehr feindselig und absolut bereit, ihr das Lebenslicht auszublasen, wäre selbst für einen Idioten ein leicht zu erkennendes Problem gewesen. Shaiya zählte sich selbst nicht im Geringsten zu den Idioten – und niemand, der sie kannte, hätte es getan. Das änderte aber rein gar nichts an der Situation.

    „Lass diesen biotischen Hokuspokus, Kleine“, knurrte der augenscheinliche Anführer dieser Gruppe Blue Suns, der große Batarianer, der zuvor den Waffenstillstand mit ihr ausgemacht hatte. „Du änderst sowieso nichts mehr daran, dass du gleich tot sein wirst.“

    Shaiya hob das Kinn und starrte den Batarianer herausfordernd an. „Du bist ebenso groß wie blöd, oder? Glaubst du, diese Drohungen machen mir Angst? Ich bin schon mit Schlimmeren fertig geworden.“

    „Auch noch großkotzig, was?“ Der Batarianer presste die Augen zu Schlitzen zusammen, alle vier. Shaiyas Gesicht verlor nicht eine Sekunde etwas von seinem herausfordernden, entschlossenen Ausdruck. Wenn es nötig sein sollte – und momentan deutete alles darauf hin, dass dem so war – würde sie den hässlichen Batarianer wie eine reife Frucht platzen lassen. Die biotische Kraft jagte bereits stoßweise durch ihren Körper und ihre Haut kribbelte, als stünde sie unter Strom. „Und du bist wirklich verdammt falsch, Fury. Du hast dem Boss gesagt, dass du das Miststück umlegst. Und jetzt verbündest du dich mit ihm?“

    „Dumm gelaufen für deinen Boss“, erwiderte Alora flapsig. „Richte ihm schöne Grüße aus und sag ihm, dass er meinetwegen an seiner Scheiße ersticken soll.“
    Der Batarianer sah aus, als würde er Alora am liebsten die Kehle herausreißen. Seine Zähne wären auf jeden Fall scharf genug dafür gewesen. „Halt dein Maul, Asari-Schlampe. Das wird ein Nachspiel haben, ich schwöre es dir.“
    „Wird es nicht“, entgegnete Alora selbstsicher. „Du bist so gut wie tot, Arschloch.“

    Shaiya wusste, dass sie Alora nicht trauen konnte. Dass sie ihr niemals wieder würde vertrauen können. Und dass sie sich auch niemals dazu durchringen könnte, ihr den Verrat zu verzeihen. Aber noch stand die Söldnerin auf ihrer Seite, und wenn Alora sich nicht dazu entschied, doch noch die Seiten zu wechseln – wie sie es offenbar schon einmal getan hatte – standen ihre Chancen, als Überlebende aus der unmittelbar bevorstehenden Konfrontation hervorzugehen gut.

    „Ich mach dich kalt, Drecksschlampe!“, brüllte der Batarianer. „Worauf wartet ihr noch, ihr Feiglinge? Das sind bloß zwei kleine Schlampen. Machen wir sie kalt!“

    Ein langer Seufzer der Resignation entwich Shaiyas Lippen – es war wohl unvermeidbar gewesen, trotzdem hätte sie es vorgezogen, nicht auch noch gegen jene kämpfen zu dürfen, die eigentlich ihre Verbündeten sein sollten. Und natürlich hatte Alora die Konfrontationsschiene fahren müssen. Wie immer. Shaiya war nicht so dumm zu glauben, dass Aloras Worte diese Reaktion ausgelöst hatten, aber sie hatten sie sicher beschleunigt.

    Die Blue Suns eröffneten das Feuer und die ersten Schüsse prallten von Shaiyas Schilden ab. Allerdings nur die ersten. Die nächsten durchdrangen ihn bereits und Shaiya hechtete hinter die nächste Deckung, die sich ihr bot – den Hauptcomputer. Ein tiefer Atemzug brachte die aufschäumende Wut unter Kontrolle, die sie möglicherweise die Konzentration gekostet hätte. Sie hörte Schüsse knallen. Einen wilden Fluch in einer kroganischen Sprache, allerdings von einer melodischen Asaristimme ausgestoßen. Shaiya blendete das alles aus.

    Sieben. Einer ist gefallen, als wir die Leitzentrale übernommen haben. Sieben Blue Suns – zwei Batarianer, drei Turianer, zwei Menschen. Keine Biotiker darunter, soweit ich es feststellen konnte. Den Anführer ausschalten. Schlag der Schlange den Kopf ab und der Rest wird sterben. Der Anführer. Ein tiefer Atemzug, ihr ganzer Körper schmerzte vor angestauter, biotischer Kraft. Die Energie wollte hinaus, wollte ihre Zerstörungskraft entfalten und einem wütenden Sturm gleich unter den Blue Suns wüten. Je schneller das alles vorbei ist, desto besser. Alora aus dem Weg schaffen. Angreifen. Sofort.

    Shaiya fuhr aus der Deckung und stürzte vor, wobei sie Alora unsanft beiseite und zurückstieß. „Bleib bloß zurück!“, schrie sie ihr zu, ehe sie plötzlich vor der Gruppe Blue Suns anhielt und ihre gesamte biotische Kraft in Richtung des Anführers entließ, allerdings in einem Winkel, der auch den Rest der Gruppe schädigen würde.

    Die dunkle Energie zerriss in Form einer heftigen Verzerrungskraft den Körper des Batarianers von innen, raste dann in einer heftigen Kettenreaktion keilförmig nach hinten und zerriss einen der Menschen sowie einen Turianer, die zu nahe am Anführer gestanden hatten. Der Rest der Blue Suns wurde zurück geschleudert und, am äußersten Rand des Wirkungsgebietes, umgeworfen.

    „Alora, jetzt!“, schrie Shaiya, mit heiserer weg brechender Stimme. Zittrig holte sie Luft und stützte sich am großen Hauptcomputer ab, um wieder zu Kräften zu kommen. Ihr Atem kam ihr schwer und rasselnd über die Lippen. Doch zumindest war ihr nicht erneut speiübel. Sich vor Alora zu übergeben, wäre eine Schmach, die Shaiya nicht ertragen hätte.

    Aus dem Augenwinkel bekam sie mit, wie Alora den Rest der Blue Suns mit dem Sturmgewehr niedermähte. Blut spritzte auf, die Schreie der Sterbenden erfüllten den Raum. Shaiya schenkte dem kaum Beachtung. Sie konzentrierte sich bloß darauf, regelmäßig ein und aus zu atmen.

    „Tot“, kommentierte Alora schließlich und riss Shaiya damit ruckartig vollständig in die Realität zurück. „Gut gemacht, Banshee. Die sind jedenfalls Geschichte.“
    Shaiya stieß langsam den Atem aus. „Ja, sieht so aus. Aber ich verstehe nicht ganz, was sie von mir wollten.“
    „Ich erklär’s dir, sobald diese Scheiße hier vorbei ist. Zuerst aber sollten-“

    Alora kam nie dazu, den Satz zu beenden, denn in diesem Augenblick schallte eine synthetische Stimme, begleitet von einem heftigen Beben, durch die Zentrale. Shaiya klammerte sich reflexartig am Hauptcomputer fest, konnte aber nicht verhindern, dass sie heftig gegen selbigen knallte und sich schmerzhaft das Becken stieß. Alora, die mitten im Zimmer stand, landete würdelos mit dem Gesicht voran in einer Blutlache.

    „Warnung, Hauptreaktor in kritischem Zustand! Überladung steht unmittelbar bevor! Sofort Evakuierungsmaßnahmen einleiten!“

    Shaiya fluchte lautlos. Wenn es so schlimm um die Invisible Hand stand, sollten sie am besten schleunigst verschwinden, bevor ihnen hier alles um die Ohren flog! Sie hatte ganz sicher nicht vor, zusammen mit einem Haufen faschistischer Rassisten zu sterben.

    Nein! Halt! Solche Warnungen werden doch normalerweise ausgelöst, wenn irgendetwas mit den Feuerleitsystemen nicht stimmt, wenn die eine Störung oder etwas in der Art registrieren. Und ARGUS hat jetzt die Kontrolle über die Leitsysteme. Ich muss es ja wissen, ich habe sie ihm verschafft… Respekt, Yamashe!, schaltete sich auf einmal ihr Verstand ein und fügte die einzelnen Puzzleteile in gewohnter Manier blitzschnell zusammen.

    Kurz darauf drang bereits Captain Elena Yamashes Stimme durch ihr Kommlink zu ihr durch: „Achtung an alle Mitglieder des Entertrupps! Ignorieren sie den Alarm. Es handelt sich dabei um einen Trick, damit die Nebelparder das Schiff aufgeben. Halten sie ihre Stellung oder ziehen sie sich etwas zurück. Sobald wir den Alarm deaktivieren rücken sie wieder vor und schalten alle Feinde aus die noch auf dem Schiff geblieben sind. Yamashe Ende.“

    Alora richtete sich nun langsam wieder auf. „Schlauer Trick“, kommentierte sie die List. „Also, was jetzt? Gehen wir zwei auf Nebelparderjagd? Wie in alten Zeiten?“

    „Meinetwegen“, murmelte Shaiya. Was hatte sie sonst noch groß anderes zu tun als das?

    20:25 Uhr
    Geändert von Shaiya Nessari (16.10.2010 um 22:38 Uhr)

  6. #26
    Rookie Avatar von Nellie O'Connor
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    Invisible Hand – Deck 4
    Wartungsschächte
    20:18 Uhr


    'Oh nein, ich hätte mich eben nicht umdrehen sollen. Aber ein Deck tiefer gab es doch das, was ich wollte.'
    Nellie schlich langsam durch die dunklen und verzweigten Wartungsgänge.
    'Bestimmt haben die Schmuck oder so - sind ja schließlich Soldaten, die verdienen bestimmt viel mit töten.'
    Das junge Mädchen nahm ihre Pistole aus dem Halfter und begutachtete diese, doch relativ kleine Waffe.
    'Töten, das sollte ich mal ausprobieren. Ist bestimmt wie klauen: Hingehen, am besten ungesehen und dann etwas weg nehmen. Oh ja, töten ist garantiert einfach.'
    Im leichten Schein ihres Omni-Tools zielte Nellie auf mehrere vorstehende Platten und Rohre, welche sie sich als böse Männer vorstellte.
    „Bäm.“ rief sie jedes mal ganz leise, musste dann aber zugeben, wie kindisch das doch sei.
    „Ja, sterbt ihr quadratischen Monster aus der Varrenhölle …“, spottete die Jugendliche. Der Gedanke an Varren, Höllenvarren, ließ ihre Mimik verfinstern und löste eine gewisse Angst aus. 'Enge Gänge, Sprengfallen und rote, halbtote Varren. Bestimmt kommt gleich einer von hinten und … ihh!' Dem Mädchen lief es kalt den Rücken runter, als sich etwas auf ihren Nacken lag. 'Varren! Varren!'
    „Bitte nicht beißen!“, schrie sie vor Angst, drehte sich auf die Knie und gab blind einen Schuss nach hinten ab. Nichts. Verwundert griff sie sich auf den Nacken und strich einmal drüber. 'Was ist das … ist ja voll eklig und schwarz. Bestimmt Varrenblut … argh! Hör auf damit, hier sind keine Varren! Doch! Aber im Hangar … aber was wenn.' Was wenn die Varren bereits mit ihr im Schacht waren und sie wie kranke Perverse beobachteten? Rasch wendete sich Nellie und drehte das Licht vom Tool weiter auf. 'Dunkel ist nicht gut. Man weis nie, was vor sich geht. Nein, dunkel ist gut, gerade deshalb!' Unentschieden drehte sie das Licht wieder runter.

    Nellie streifte schon seit Minuten durch die dunklen Gänge, ohne jeglichen Sinn für Zeit und Raum. Langsam wurde sie panisch und legte einen Laufgang zu. Links und rechts nur Wände, die keinerlei Orientierung zu unterstützen vermochten. Alles fing gleich auszusehen. War Nell schon mal im Kreis gelaufen? Hatte sie sich verirrt? Wird sie bald von Varren gefressen werden? 'Scheiße. Den nächsten Ausgang nehme ich, egal wohin er führt! Nur raus hier. Zum Glück habe ich keine Klausphobie … ich wette, dass alle die Klaus heißen blöd sind. Deshalb mag man sie nicht.'

    Ohne es wirklich wahrgenommen zu haben, rannte Nellie bereits durch die verminten Gänge, bis sie plötzlich ihren Fuß weg zog und das Gleichgewicht verlor. Sie landete auf ihren Händen, direkt über einer Sprengfalle.
    'Das war knapp. Wenn Chaos da gewesen wäre, hätte sie mich bestimmt gewarnt. Das hätte dieses Ding auch mal machen können!'
    Vorsichtig drückte sich das Mädchen hoch und stieg noch vorsichtiger über die hinterhältige Falle. Erst jetzt wurde Nellie ihr immenses Glück ganz und gar bewusst: 'Ich sollte Glücksspiel betreiben. Glück hab ich ja voll viel. Vor allem mit meiner Familie.' Sie schüttelte die sich anbahnenden Gedanken ab, zumindest versuchte sie es.
    'Gleich kommt Vaters Leiche als Zombie vorbei ... bring ich ihn halt nochmal um.' Nellie nieste und hielt sich die Hand vor das Gesicht. 'Verdammt, ich bin ja voll laut. Warum hab ich noch keine Parder gesehen? Alle tot? Dann kann ich ja … man bin ich blöd. Leise jetzt! Das ist ein verdammter Diebeszug auf einem verkackten Raumschiff.' Oder war es doch ehr eine Plünderung? Schließlich war dies ein Schlachtfeld, auf dem sie etwas stehlen wollte.

    20:22 Uhr
    Waffenkammer und Lagerräume ---->

  7. #27
    ME-FRPG only Avatar von Shaiya Nessari
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    Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
    Feuerleitzentale
    20:25 Uhr


    Die Toten starrten schweigend zur Decke, schlaff, erkaltend. Blut – rot und blau – fleckte ihre Gesichter, zeichnete bizarre, willkürliche Muster auf ihre Kleidung, ihre Haut, die aus den erschlafften Fingern geglittenen Waffen. Die Toten schwiegen. Natürlich schwiegen sie. Tote hatten ihr letztes Wort gesprochen. Ihre Energie floss zum Ursprung aller Dinge zurück. Ihr Lebensfunke war ausgeblasen. Die Toten schwiegen für immer. Für die Ewigkeit. Alles, was sie dereinst zu sagen gehabt hatten, war für die Nachwelt auf ewig verloren.

    Shaiya näherte sich ihnen, behutsam. Einen Schritt setzte sie vor den nächsten. Langsam trugen sie ihre Füße zu jenen, die mit verdrehten Gliedern und gebrochenen Augen zur Decke starrten. Menschen, Turianer, Batarianer. Sie, die vorgehabt hatten, ihre Henker zu werden, waren nun selbst gehenkt geworden. Bizarre Ironie. Ihr Herz zog sich zusammen. Es war so allgegenwärtig, so erschreckend real. Kalte, knochige Finger schienen nach ihr zu greifen und sich in ihre Haut zu graben, mit scharfen Klauennägeln daran zu reißen. Shaiya schluckte.

    Ihre Hände streckten sich, in einer flehenden Geste, nach den Toten aus. Berührten nahezu zaghaft erkaltende Haut. Berührten nahezu zaghaft ebenso blutverschmierte Waffen und Kleidung. Ihre Finger tauchten in Blut. Blau und rot kontrastierte es auf violettfarbener Haut. Perlte leise von ihren Fingern, rann hinab, bis zu jener Stelle, an der der Anzug begann und ihren schmalen Körper sicher umschloss.

    Doch die Toten schwiegen. Ihre ungesagten Worte waren für die Nachwelt auf ewig verloren.

    „Bist du hier bald mal fertig?“, ließ sich Aloras ungeduldige Stimme vernehmen und die Blase der Paralyse zersprang in tausend stiebende Scherben. Shaiya riss den Blick von den schweigenden Toten ab los und richtete sich auf.
    „Ja“, erwiderte sie, um eine feste Stimme bemüht.
    „Großartig“, kommentierte Alora trocken. „Hast du noch Magazine oder sind die alle verballert? Ich brenne nämlich drauf, diesen Pardern ein paar zwischen die Rippen zu verpassen. Oder in die hässliche Visage. Oder in den Arsch.“
    „Ich habe noch welche“, murmelte Shaiya. Kalte, tote Augen bannten ihren Blick erneut. Shaiya schauderte unwillkürlich und riss den Blick von ihnen los. Morbide Faszination hatte sie erfasst. Kalte Klauen in ihr Herz gegraben. Shaiya wich instinktiv davor zurück. „Aber lass uns den Suns aus dem Weg gehen. Ich will nicht wieder…“ Es war zwecklos, es zu leugnen. Sie fürchtete das Déjà-vu.
    „Du hast doch nicht etwa Angst?“ Alora klang abfällig.
    „Und wenn?“ Shaiya zuckte die Achseln. „Ich will nicht, dass sich das hier“ – sie wies auf die kalt starrenden, erkaltenden Leichen der Blue Suns, die dicht gedrängt den Boden bedeckten – „sich noch mal wiederholt.“
    „Du hast doch Angst“, murmelte Alora abfällig, so leise, dass Shaiya es kaum mitbekam. Doch die Wissenschaftlerin ging nicht darauf ein.

    Shaiya umrundete die Leichen, die schweigenden Toten, deren Sinne und deren Geist für immer erloschen waren, und trat durch die Tür der Feuerleitzentrale auf den Gang hinaus. Klinisch weiß und unpersönlich erstreckte er sich vor ihr. Stumm wie die Toten lag er da, kein Zeichen von Leben zeigte sich. Shaiyas schlanke Gestalt wurde von einem Zittern ergriffen und durchgeschüttelt. Mit einer Hand stützte sie sich an der Wand ab und fing sich, als tausend Gefühle in ihr aufstiegen und sie zu überwältigen drohten. Sie schloss die Augen, ein heiseres Stöhnen drang zwischen ihren Lippen hervor. Sie war das alles so leid. Das Kämpfen, das Töten, das Sterben – den allgegenwärtigen Tod. Es riss sie auseinander.

    „Alles klar?“
    Shaiya atmete tief durch. „Seh’ ich so aus?“
    „Nein. Du siehst scheiße aus.“
    „Danke“, murmelte Shaiya. Sie wünschte sich keinen Spiegel herbei, um den Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu überprüfen. Sie glaube es Alora sofort. Ihr Äußeres war der Spiegel ihrer Seele.
    „Glaubst du, du kriegst das hin?“
    „Ja“, murmelte Shaiya. „Es ist mehr psychisch. Damit werde ich fertig. Und irgendwer muss hier ja aufräumen.“ Sie rang sich etwas wie ein Lächeln ab. „Lass uns von hier verschwinden.“
    „Das erste vernünftige, was du von dir gibst“, behauptete Alora. Sie streichelte ihr Sturmgewehr, als wäre es ein liebgewonnener Freund… oder ein Bettgefährte. Shaiya unterdrückte einen aggressiven Kommentar. Sie war einfach nicht in der Stimmung für einen Streit. „Wohin jetzt?“

    Eine berechtigte Frage. Bis eben war es so deutlich, so klar gewesen, wohin der Weg sie führen musste. Doch nun war das Ziel erreicht. Und der Träger war groß. Der Nebelparder waren viele. Eigentlich hatte sie hier nichts mehr zu suchen. Oder wollte zumindest nichts mehr hier zu suchen haben. Die ganze Schlacht hing ihr furchtbar zum Halse heraus. Sie wollte nur noch, dass es endlich endete. Die Schlacht höhlte sie aus, riss sie auseinander und fraß sie auf. Sie hatte genug.

    „Machen wir dem einfach ein Ende“, erwiderte sie auf die Frage hin. „Geh du voran.“
    „Du willst nicht die Anführerin raushängen lassen?“ Alora klang überrascht.
    „Nein… “, kam müde die Antwort von Shaiya. Sie wollte Daten analysieren. Auf einen Computerbildschirm starren. Tabellenkalkulationen durchführen. Tausend Notizen schreiben. Sie wollte sich von irgendeinem Penner abschleppen und „durchziehen“ lassen. Sie wollte sich auf dem spiegelglatten Parkett der Politik bewegen, und sich dabei blamieren. Sie wollte Nalya Dalinari küssen. Sie wollte sich von Yayla verprügeln lassen. Denn all das kam ihr verlockender vor, als noch eine weitere Sekunde hier zu bleiben.
    „Darauf warte ich schon ewig, Süße!“, strahlte Alora. „Deswegen liebe ich dich so.“ Die schlanke, doch kräftige Hand der nur vier Jahre jüngeren Asari schloss sich um Shaiyas Handgelenk. Shaiya wehrte sich nicht, sondern ließ sich einfach mitziehen. Sie gab die Zügel aus der Hand. Weiter, weiter ins Verderben.

    20:26 Uhr
    Geändert von Andauril (16.10.2010 um 22:45 Uhr)

  8. #28
    ME-FRPG only Avatar von Shaiya Nessari
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    Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
    Korridore
    20:26 Uhr


    Es war hell und still. Die Deckenbeleuchtung funktionierte nach wie vor tadellos und tauchte klinisch weiße, mit schimmerndem Metall verkleidete Wände in einen hellen, fast weißen Schein. Vor diesem Licht blieb nichts verborgen. Kein Blutstropfen, kein zerfetzter Körper, keine fallen gelassene Waffe konnte sich vor dem Licht verstecken. Umso befremdlicher schien die völlige Abwesenheit jedweder lebender Seele, selbst die Toten hielten sich hier nicht auf. Ausgestorben schien der Gang, tot und leer.

    Shaiya schwankte zwischen Erleichterung und Beunruhigung, schien einem Pendel gleich von einer Seite zur nächsten zu schwingen. Einerseits war sie froh darüber, keinem Feind zu begegnen, doch andererseits löste die völlige Stille – dem Schweigen eines Grabes gleich – klamme, kalte Furcht in ihr aus. Erneut gruben sich knochige Klauen in ihr Herz und pressten es zusammen. Sie glaubte zu spüren, wie ihr Herz in ihrer Brust stolperte, stoppte, sich überschlug und unregelmäßige Takte schlug. Was war hier los? Flohen die Nebelparder bereits, in panischer Angst, unwissentlich von der List vertrieben? Waren Alora und sie am Ende die einzigen Lebewesen, die sich hier aufhielten? Die nicht geflohen waren, in der panischen Hoffnung, das drohende Verhängnis zu überleben, koste es, was es wolle?
    Shaiya hörte ihre Schritte überlaut von den Wänden widerhallen. Dröhnend klang der dumpfe Ton, den ihre Stiefel auf dem harten Boden hervorriefen, ihr in den Ohren. Wie Donnerschläge hallten dagegen Aloras Schritte wieder, die Abstände zwischen ihnen verkürzten sich mehr und mehr. Neben ihrem Herzschlag und dem leise gehenden Atem waren dies die einzigen Geräusche, die das Innere des Korridors erfüllten.

    Die Invisible Hand schien zum Geisterschiff geworden. Nur noch die Seelen der Toten irrten ziellos umher, herausgerissen aus ihren Leibern, die gewaltsam zerstört worden waren. Wäre Shaiya abergläubisch gewesen, hätte sie das glauben mögen. Doch dergleichen gab es nicht, und Shaiya empfand diesen Gedanken als beruhigend.

    „Ist ziemlich tot hier“, murmelte Alora. „Die können doch noch nicht alle weg sein?“
    „Ich denke, sie sind alle bereits zu den Rettungskapseln geflohen“, erwiderte Shaiya müde, jedoch in einem Tonfall der besagte, dass sie dieses Wissen eigentlich voraussetzte.
    „Ich weiß“, knurrte Alora. „Aber so schnell können die doch unmöglich rennen.“
    „Du wärst überrascht. Todesangst setzt ungeheure Kräfte frei. Selbsterhaltungstrieb nennt sich das“, erwiderte Shaiya. „Es ist egal. Die Parder werden in jedem Fall sterben. Entweder hier oder sie werden gemeinsam mit ihren Rettungskapseln abgeschossen.“
    „Ich habe heute nur nicht genug von diesen faschistischen Mistkerlen umgenietet“, murmelte Alora missgestimmt. „Die haben das so was von verdient.“
    „Das hindert sie auch nicht darum, um ihr Leben zu laufen.“
    „Stimmt. Nervig ist es trotzdem.“

    Dem Gang folgend, gingen die beiden Asari weiter. Shaiya sah wilde, brennende Entschlossenheit in Aloras Augen glimmen. Die Söldnerin sehnte sich nach dem Kampf, dem Blutvergießen. Sie wollte ihre Feinde demoralisieren und zerstören, einem Unwetter gleich mit Blitz und Donner über sie hinwegfegen. Sie war ein angespanntes Raubtier auf der Jagd. Sie sehnte herbei, was Shaiya verdammte.

    Die Schlacht war nicht geschlagen. Das Ziel war erreicht, doch noch immer ging es ums Überleben. Shaiya ahnte dumpf, was am Ende stand. Was kam, wenn alles Blut vergossen war. Sie würde unter den Leichen, die zahllos und namenlos blieben, nach den Resten ihres Selbst suchen.

    Vor Kampf, Tod und Blutvergießen selbst hatte Shaiya Nessari keine Angst. Sie hatte tausendmal gekämpft, hunderte Male getötet, Millionen Liter von Blut vergossen. Nein, sie fürchtete, was Kampf, Tod und Blutvergießen aus ihr machen würden. Sie wusste, wer sie gewesen war, bevor die Schlacht begann. Wer – oder was – würde sie sein, wenn alles vorüber war? Eine von vielen, namenlosen Leichen, die alsbald vergessen werden würden? Oder ein zerbrochener Schatten der Persönlichkeit, die sie früher ausgemacht hatte?

    Der Gang endete. Am Ende des Korridors erblickte Shaiya einen Lift, die Türen verhöhnend geschlossen. Dicht verschlossen sie den Weg hinab in tiefere oder höher gelegene Decks. Den Weg, der zur Erlösung führen konnte oder ins Verderben. Shaiya riss das Handgelenk aus dem Griff ihrer einstigen Gefährtin, und eilte auf den Lift zu. Ihre Hand betätigte das Panel. Rief hektisch den Fahrstuhl. Das Herz schlug, raste, trommelte. Ein Zittern erfasste den schlanken Körper.

    Warum war sie nicht auf der Behemoth geblieben? Was wollte sie noch hier? Erlösung oder Verderben. Hinauf oder hinab? Welcher Weg war richtig, welcher falsch? Befreiung oder Annexion? Shaiya zitterte. Sie wollte, konnte, durfte nicht mehr. Nicht weiter. Nie wieder. Tränen stiegen auf, brannten, rannen über ihre Wangen. Sie war ratlos. Hilflos. Verloren.

    Der Lift hielt. Öffnete sich. Erlösend? Verschlingend? Sichere Zuflucht oder Rachen des Monsters? Shaiya zitterte. Tränen rannen über ihr Gesicht. Nur ein Schritt, und es wäre getan. Ein Schritt, zur Erlösung, oder zur Verdammnis. Die schwerste Entscheidung war stets die, die einfach schien.

    Und sie wurde ihr abgenommen, denn jemand stieß sie in den Lift hinein. Shaiya taumelte, fing sich ab und rutschte im Innern der Kabine zu Boden. Zitternd, bebend, weinend. Die Hände verkrampften sich, der Körper verspannte. Sie war keine Söldnerin mehr, keine Wissenschaftlerin, war nicht Shaiya und nicht Banshee. Sie war ein Kind, hilflos, verlassen, allein. Von Ängsten geschüttelt, gepeitscht, die niemand erahnte. Sie war hilflos, verlassen, allein. Und sie weinte. Weinte um ihre eigene, zerstörte Persönlichkeit, die immer weiter zerbrach, zersplitterte.

    Der Lift fuhr hinauf. Weiter, weiter ins Verderben.

    20:27 Uhr
    >>> Invisible Hand - Deck 2 (Quartiere, Hilfsbrücke)
    Geändert von Andauril (17.10.2010 um 13:35 Uhr)

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