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Appartementbalkon unweit der Syran Nevath Zwischenstelle [Delhali-Straße 721]
8:38 Uhr
Zwei Personen. Turianer. Wachmänner. Versuchen ihre außerordentliche Kampfausbildung zu verstecken. Jeweils seitlich der Tür positioniert., dachte sich Kain während er durch das Zielvorrichtung seiner Viper schaute. Es sah dem Drell keineswegs ähnlich völlig unvorbereitet bei einer fremden Asari aufzutauchen, die zu allem Überfluss vielleicht seinen Freund Bintho als Geisel missbrauchte. Genauer genommen gefiel es ihm gar nicht, dass ihm nicht die Zeit geblieben war über Nellaris Castarian etwas in Erfahrung zu bringen. Büro wird sich in oberen Etagen befinden. Weitere Wachleute auf jedem Stockwerk zu erwarten. Gebäudestruktur völlig unbekannt., jagten Kain weitere Gedankenfetzen durch den Kopf. Sein Verstand arbeitete nun in seinen gewohnten Mustern, wenn ihm die Zeit für die Erfüllung eines Auftrages davonlief. Er fokussierte die wichtigsten Details und filterte gleichzeitig alle äußeren Reize, die nicht von Bedeutung waren, heraus, um somit eine schnelle Reaktionsgabe oder Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Tatsache hatte er nur noch wenige Minuten bis er zu dem Treffen erscheinen musste. Das war auch vorhin der Grund gewesen, weshalb er wie ein Besessener durch die Gebäudeschluchten Nos Astras mit seinem Shuttle gerast ist. Zum Glück kannte der Assassine einige nützliche Abkürzungen, die normalerweise weniger frequentiert waren und somit meist ein gutes Durchkommen versprachen.
Der Attentäter ließ seinen Blick weiterhin durch die Eingangshalle wandern. Für einen Augenblick verharrten die Augen von Thalia auf der Asari, welche hinter dem Empfang Platz genommen hatte. Ebenfalls Kriegerin Dank der völlig durchsichtigen gläsernen Fassade links und rechts neben der futuristischen Eingangstür konnte der Drell wunderbar die Leute im Innenraum erkennen. Und scheinbar war es so, dass Nellaris Castarian sich ihre Leute sehr genau aussuchte. Es schien so, als versuchten sie alle sowohl ihre kriegerische Natur als auch ihre Ausbildung in den Künsten des Kampfes vor neugierigen Augen zu verstecken. Sie sollten wahrscheinlich die meiste Zeit ihres Dienstes wie ganz gewöhnliche Angestellte wirken. Die Tarnung funktionierte wunderbar und im Falle eines törichten Angriffs würden die armen Würmer, die ein derartig aussichtsloses Unterfangen geplant hatte, keine Zeit haben zu reagieren bis sie von einer Meute Elitesoldaten umzingelt wären. Eine wirklich gute Tarnung und eine noch bessere Strategie. Solange bis jemand einen Fuß in die Türe des Gebäudes setzt, der selbst ein Meister der Tarnung war.
Zwei Aufzüge. Vermutlich Treppe vorhanden, lässt sich aber nicht ausmachen. Kain senkte seine Waffe. Das waren alle Informationen, die er in der Kürze der Zeit hatte sammeln können. Sie stellten nicht gerade die beste Grundlage dar, um sich in die Höhle eines Dreschlund zu begeben. Und dieser Dreschlund war diese Asari namens Nellaris Castarian ganz gewiss. Der Drell klappte sein Gewehr wieder zusammen und verstaute es am gewohnten Platz auf seinem Rücken. Als nächstes überprüfte der Attentäter den Rest seines Equipment. Seine Hände griffen nach den beiden Carnifex, wobei die eine links und die andere sich rechts an seinem Körper befand. Der aufmerksame Blick eines Wesens, dass sein gesamtes Leben nichts anderes als getötet hatte, checkte die Handfeuerwaffen auf irgendwelche Auffälligkeiten. Da ihm nichts Ungewöhnliches ins Auge stach, ließ Kain die beiden Waffen noch einmal gleichzeitig in seinen Händen kreisen ehe sie wieder verschwanden. Der nächste Punkt auf seiner imaginären Kontrollliste waren seine Klingen. Kain machte die gewohnte Handbewegung, um das speziell für seinen Kampfanzug entwickelte Klingenssystem zu aktivieren. Beinahe ohne Zeitverzögerung rutschte jeweils ein Messer in seine beiden Handflächen. Die schwarzen kalten Augen des Drell starrten auf das Spiegelbild, welches die tödlichen Mordinstrumente zu ihm zurückwarfen.
“Seien sie bitte ohne Furcht und verhalten sich ruhig. Ich bin nicht ihretwegen hier und störe ihren Frieden nur sehr ungern. Für die Tatsache, dass ich ihren Balkon benutze, möchte ich mich entschuldigen. Aber ich werde sie voraussichtlich nicht mehr allzu lange mit meiner Anwesenheit belästigen“, meinte Kain, der immer noch auf die Reflektion auf der blitzblanken Klinge schaute. Die sehr alte Menschenfrau stand in der offenen Balkontüre und starrte den Eindringling aus ihren eingefallenen Augen misstrauisch an. Es dauerte scheinbar einen Augenblick bis sie die Worte des Unbekannten, der einfach ohne zu Fragen ihren Balkon belagert hatte, verstand. Dann löste sich ihre finstere Miene in Wohlgefallen auf. “Jungchen, ich wusste bereits, dass du nicht hier bist um mich zu holen. Das haben mir die Karten gesagt“, antwortete die alte Dame und hob stolz ein Deck buntbemalter Tarotkarten hoch. Ein fast zahnloses Lächeln schmückte ihr Gesicht. Kain konnte nichts mit dieser Aussage anfangen, er kannte die Bedeutung der Karten nicht und hatte sich sowieso noch nie großartig für irgendwelche Karten interessiert, falls es seine Aufträge nicht erforderten. “Ja ich weiß genau was sie nun denken. Lass die alte Frau nur reden, wahrscheinlich leidet ihr Gehirn unter Altersermüdung. Ich sag dir nur eins, mein lieber Drell. Unterschätz niemals eine alte Hexe“, fuhr die Frau in ihrem langen Blümchenkleid fort und lachte bei ihren letzten Worten, wobei das Lachen sehr schnell in ein heftiges Husten überging. Als sie sich wieder gefangen hatte, stapfte die Frau mehr oder weniger sicher auf ihren alten Beinen zum Balkon raus. Ihre Füße verzierten merkwürdige Schuhe, wie Thalia fand. Sie mussten von der Erde stammen und aus irgendeinem Stoff gemacht worden sein, der sehr weich wahr. Außerdem hatten sie eine gewisse Ähnlichkeit mit der Abbildung eines Erdentieres, dass die Menschen sehr gerne als Haustier hielten. Der alte Drache bemerkte den Blick ihres „Gastes“ und schaute daraufhin etwas beleidigt drein. “Noch nie ein paar Pantoffeln gesehen? Okay ich gebe zu, dass sie etwas aus der Mode gekommen sind und die Hundeform ihnen etwas Albernes verleiht. Aber ich hänge an ihnen.“, meinte die Frau und Kain wollte gerade seine Stimme erheben, um der Frau zu versichern, dass es nicht seine Absicht war sie oder ihre Schuhe zu beleidigen, doch sie hinderte ihn daran. Die alte Frau mochte zwar langsam zu Fuß sein, aber ihre Zunge war immer noch pfeilschnell, Aber wieso erzähle ich dir, Bübchen, das überhaupt? Bist ja nicht das erste Alien, das ich sehe und bis jetzt ist mir noch keines untergekommen, dass irgendeinen guten Geschmack in Sachen Bekleidung besessen hätte. Aber vielleicht ist ein Drell-Assassine in der Lage mich eines Besseren zu belehren“, sagte sie und hielt sich am Geländer fest während ihr Blick über die Häuser wanderte, [b]„Ich war nur etwas sauer, da ich dachte, sie wären derart dreist und benutzen einfach meinen Balkon für ihre Machenschaften ohne sich dann wenigstens bei mir zu entschuldigen. Aber scheinbar habe ich mich getäuscht. Es gibt wohl doch noch junge Leute, die Anstand besitzen und eine gute Kinderstube genossen haben “
Der Drell kniete immer noch auf dem Balkon und hatte es bis jetzt nicht fertig gebracht sich zu erheben und der Frau direkt ins Gesicht zu sehen. Langsam fanden die Klingen wieder den Weg in ihr Versteck im Kampfanzug und der Drell baute sich nun endlich in seiner vollen Größe vor der Frau auf. Was für eine groteske Szene, dachte sich Kain als sein Blick sich mit dem der Dame traf. “ Sie sind nicht hier um jemanden dort in dem Gebäude zu ermorden“, erkannte die Menschenfrau. “Nur wenn die Auslöschung eines Individuums eine unausweichliche Notwendigkeit darstellt, werde ich heute morgen einige Leben nehmen“, antworte Kain während seine Hand unauffällig zu seinem Gürtel wanderte. Die schlanken Finger fuhren über die Granaten und den kleinen Sprengsatz. Geprüft, dachte sich der Drell.“Ja ja so manche Sachen verlernt man doch wohl nicht auf seine alten Tage hin“, meinte die Dame und blickte in Gedanken verloren vor sich hin, “ Sie müssen wissen, es gab eine Zeit in meinem Leben in der ich ebenfalls einige schlimme Dinge tun musste. Warum ich das ihnen, einem Wildfremden, erzähle? Ganz einfach, weil es nichts an der Situation ändert. Es ist völlig belanglos. Jedenfalls habe ich damals den Fehler gemacht und mich an diese Tatsache, das ich Verbrechen begehen muss, gewöhnt. Es wurde zu etwas Alltäglichen und ich verlor jegliche Relation.“, sie stoppte kurz, “ Es hat angefangen mir Spaß zu machen. Ich habe mich in der Sünde gesuhlt und erkannte nicht, wie alles vom Keim der Mordslust zerfressen wurde. Und was ist nun aus mir geworden? Ein alt einsam Weib, das sich mit seinem Selbsthass zerfleischt. Ich weiß es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten und ich vermag es auch nicht meine Fehler zu korrigieren. Mir läuft die Zeit fort und ich werde auf meinem Sterbebett traurig erkennen, dass ich es nicht geschafft habe auch nur ein kleines Fünkchen an Hoffnung in dieser Galaxie zu säen. Begehe nicht denselben Fehler, mein Junge. Du wirst dort drüben reingehen, aber du weißt nicht wie du wieder hinauskommst. Als was du hinauskommst. Halte dir das immer wieder vor Augen, ja?“.
Anfangs hatte der Drell wirklich versucht die krampfen Unternehmungen zum Aufbau einer Konversation seitens der alten Frau zu ignorieren, doch als sie über ihre Leben gesprochen hatte, musste Kain ihr einfach zu hören. Er wusste nicht wieso. Vielleicht war es eine Art Verbundenheit, die er zu dieser Person aufgrund ähnlicher Hintergrundgeschichten, aufgebaut hatte? Verdammt, er wusste es nicht und es interessierte ihn auch nicht. Ihm war lediglich klar, dass diese Menschenfrau, welche die Blüte ihres Lebens schon vor langer Zeit durchwandert hatte, die Wahrheit sprach. Kain hatte sich noch nie mit jemand anderes über dieses Thema unterhalten, dennoch konnte er sich vorstellen, was diese Frau durchgemacht haben musste. Auch er hasste sich abgrundtief für all die Schandtaten, welche er im Namen von Pontos Ashynn hatte begehen müssen. Ihm hatte es nur nie Spaß gemacht zu töten. Das war der feine Unterschied.
“ Ich werde ihre Worte stets im Hinterkopf behalten und danke ihnen dafür“, Kains Lippen zeichneten ein schmales Lächeln, “Sagen sie, gute Frau, haben sie sich zufällig für heute Morgen schon etwas vorgenommen?““Ach eigentlich wollte ich mit meinem Lieblingskroganer ein paar Trunkenbolde aufmischen, aber wenn ich es mir recht überlege....“
Syran Nevath Zwischenstelle [Delhali-Straße 721] – Eingangshalle
8: 45 Uhr
Die alte Frau, deren Name, wie sich herausstellte, Rosalinda lautete, watschelte auf die Eingangstür zu und betrat das Innere des Gebäudes. Ohne sich zu den Wachmännern, die der Dame sowohl prüfende als auch kritische Blicke zuwarfen, umzudrehen setzte sie ihren Weg zum Empfang schnurstracks fort. Trotz ihres hohen Alters und der daraus resultierenden physischen Gebrechlichkeit, konnte jeder, der sich mit der Materie auseinandergesetzt hatte, deutlich erkennen, dass diese Frau früher einmal eine Kriegerin gewesen sein musste. Ihre Haltung, ihr Blick, die Art und Weise wie sie sich innerlich zum Weitergehen motivierte und noch vieles mehr, waren Relikte alter Tage. Rosalinda kam am Empfang an. Die Asari dahinter runzelte für einen Augenblick etwas ungläubig die Stirn, als sie das Urgetier längst vergessener Tage vor sich erblickte und hielt das ganze scheinbar für einen schlechten Witz. Im nächsten Moment entspannten sich die Gesichtszüge der Empfangsdame und sie spulte ihr gewohnt freundliches Begrüßungsprogramm ab. “Guten Tag, wie kann ich ihnen die“, weiter kam die Asari nicht ehe Rosalinda ihr ins Wort fiel. “Wunderschönen guten Morgen, meine Liebe“, entgegnete die ehemalige Erdenbewohnerin, “Und ja es hat durchaus seinen Sinn, weshalb ich hier vor dir stehe, Schätzchen. Mein Freund hat einen Termin mit deiner Chefin und ich soll ihr etwas von ihm ausrichten. Ich denke es wird in Ordnung gehen, wenn ich ihnen die Informationen gebe und sie diese weiterleiten. Er dankt ihrer Chefin außerdem für die herzliche Einladung und ist sich im Klaren darüber vielleicht nicht ihre Vorstellung bezüglich des Treffens zu 100% erfüllen zu können, dennoch möchte er ihre Chefin darum bitten, dass sie doch bitte Verständnis dafür habe, dass er ihr nicht blind ins Netz gehen wird. Ach streichen sie das mit dem Netz, das hat er so nicht gesa....Wobei? lassen sie es lieber so, das klingt nämlich gar nicht mal so schlecht. Wo war ich stehen geblieben?““Er sei nicht bereit ihr blind ins Netz zu gehen...“, half die Asari ihrem Gegenüber auf die Sprünge und war sichtlich nicht über den Verlauf der Dinge erfreut.
“Daher will er ihre Chefin dazu einladen, dass sie sich in 5 Minuten hier unten vor dem Gebäude mit ihm trifft, damit er die Chance erhält seine Unhöflichkeit wiederauszubügeln. Außerdem ist er so großzügig und gestattet einem ihrer Elitesoldaten, zu denen sie übrigens auch gehören, wie ich gehört habe, dem Gespräch beizuwohnen. Er habe seinen Teil der Abmachung eingehalten in dem er sich zur vereinbarten Uhrzeit in dem Gebäude eingefunden hat und hofft deshalb darauf, dass ihre Chefin sich einsichtig zeigt und die Situation nicht eskalieren lässt. Dies wäre – Achtung O-Ton- mit Sicherheit weder in ihrem noch in seinem Interesse. Das wäre soweit alles. Danke für ihre Aufmerksamkeit, junger Hüpfer, sagte Rosalinda und drehte sich mit ihrem gewohnt zahnlosen Grinsen um. Das freundliche Gesicht der Asari verwandelte sich in eine Grimasse. Diese Worte hatte die Außerirdische weder erwartet noch gerne vernommen. Jemand hatte ihre Funktion als Soldatin enttarnt und das kratzte an ihrem Ego. Darüber hinaus war sie sich sicher, dass Frau Castarian nicht sonderlich erfreut über die Entwicklung der Dinge sein wird. Vor allem hat die alte Dame gemeint, dass Nereus sich bereits im Gebäudekomplex befinde und das ohne dabei beobachtet worden zu sein. Das alles konnte nichts Gutes bedeuten. Die blauen Finger hämmerten etwas auf der Tastatur ein und öffneten einen Intercom-Kanal. Nellaris, musste schließlich so schnell wie möglich von dem Angebot des Drells erfahren, falls sie sich doch darauf eingehen wollte.
Es dauerte ein paar Minuten bis Rosalinda aus dem Foyer geschlappt war. Sie hatte sich da drinnen derartige zusammengerissen und all ihre verbliebenen Kraftreserven aufgebracht, dass ihr nun die Knie zitterten. Sie fühlte sich müde, alt und schwach. Die Ermüdungserscheinungen setzten postwendend ein als sie an die frische Luft kam. Ihr Blick gen Himmel gerichtet lief ihr eine Träne über die Wange Pass auf dich auf, mein grüner Freund, dachte sie sich und verschwand um die nächste Ecke.