Bardan drehte und wog das nun leere Glas gelangweilt in seiner rechten Hand hin und her. Den Inhalt hatte er schon lange getrunken und mehr sollte er lieber nicht zu sich nehmen. Ein Übermaß an Alkohol, eine Pistole und eine gehörige Portion Biotik wären eine gefährliche Mischung.
Andererseits ich könnte auch einfach etwas weniger starkes trinken.
Wie aufs Stichwort hörte er plötzlich wie ein volles Glas über die Platte der Theke zu ihm rüber rutschte. Er fixierte es an bis es schließlich wenige fingerbreit von seinem auf die Platte gestützten Ellenbogen zum Stehen kam. Es war nur ein kleines Glas mit einer leicht sprudelnden roten Flüssigkeit. Ohne den Kopf weiter zu drehen blickte er misstrauisch nach oben und um zu sehen wer der spendable Absender war. Korrektur: Absenderin.
Neben ihm saß eine menschliche Frau und lächelte ihm zu. Sie hatte schulterlanges blondes Haar mit sandfarbenen Strähnchen, strahlend blaue Augen und hielt in ihrer Hand ebenfalls ein Getränk. Ihre Haar- wie Augenfarbe war mittlerweile bei Menschen eine wahre Rarität also bezweifelte Bardan das es ihre natürlichen Farben waren. Ihr hübsches Gesicht hatte größtenteils europäische Züge, mit einigen asiatischen Einflüssen wie ihre Mandelaugen. Sie trug ein schwarzes T-Shirt mit einem ziemlichen Ausschnitt und darüber eine weiße Stoffjacke. Unterhalb der Gürtellinie trug sie eine enge schwarze Jeans. Bardan kam zu dem Schluss, dass sie hoch attraktiv war.
„Darf ich dir einen ausgeben, Großer?“, trällerte sie kokett.
Irgendwie kam Bardan das seltsam vor. Nicht das ihn Frauen ansprachen. Nein, nicht nur er selbst war der Meinung er wäre gutaussehend. So etwas wie das, oder ähnliches hatte er schon erlebt. Aber irgendwie auch nicht. An ihr haftete irgendetwas. Etwas das Bardan misstrauisch machte. Ihr Geruch war es jedenfalls nicht, ihr Parfüm roch einladend.
„Hast du ja schon gemacht.“, antwortete Bardan vorsichtig. In seiner Stimme schwang Freundlichkeit aber auch ein gewisses Maß an Misstrauen.
„Warum denn so misstrauisch?“, fragte sie immer noch lächelnd. Sie rutschte ein bisschen näher an Bardan.
Bardan wollte sicherheitshalber ein Stück von ihr weg rutschen aber dann würde er mit dem Gast hinter ihm zusammenstoßen.
„Brauchst dir keine Mühen zu machen. Ich hab bereits eine Freundin und die würde dir wohl die Augen auskratzen und mir den Kopf abreißen wollen wenn sie uns sieht.“, antwortete Bardan freundlich grinsend.
Bleib mir vom Leib.
Sie kicherte.
Als ob das jetzt so witzig wäre.
„Wo ist sie denn dann?“, konterte sie.
„Tja, sie ist…“, begann Bardan.
„Sie muss ja von nichts erfahren.“, unterbrach sie kokett lächelnd. Sie rutschte noch ein Stückchen näher. Jetzt berührten sich schon ihre Knie. Sie griff in ihre Jackentasche und als Bardan ein Teil eines metallischen Gegenstandes blitzen sah, schlugen bei ihm nun alle Alarmglocken.
Er wollte ausholen. Ihr einen kräftigen Schwinger verpassen. Sie wäre nicht dazugekommen den Gegenstand auch nur aus der Tasche zu holen. Doch plötzlich verkrampfte sich sein gesamter Arm. Schmerzen schossen durch die Sehnen und seine Faust ballte sich so fest das er sie nicht rühren konnte.
Einen schlechteren Augenblick hätten sich meine verdammten Implantate auch nicht aussuchen können.
Ob sie das nun merkte oder nicht, sie nutze es aus drückte ihm blitzschnell den länglichen Gegenstand an den Hals. Der Gegenstand entpuppte sich als ein Stunner. Etliche Volt schossen durch Bardans Körper. Er wollte schreien aber mehr als ein qualvolles Ächzen, das in der Musik unterging, brachte er nicht hervor. Bardan sackte schlaf wie ein Sack Kartoffeln nach vorne. Die Frau fing ihn auf. Sie war erstaunlich stark.
Er versuchte sich zu wehren aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Sie stand auf und stütze ihn, wie eine Freundin die ihren Freund, der zu viel getrunken, hatte stütze. Ein anderer Mensch, männlich, tauchte auf und half ihr dabei. Sie trugen den wehrlosen Kopfgeldjäger zusammen in Richtung Ausgang.
Langsam driftete Bardan ab. Seine Gedanken waren ungeordnet. Er war kurz davor in Ohnmacht zu fallen aber dank einer enormen Willensanstrengung schaffte er es zumindest nicht das Bewusstsein zu verlieren. Hilflos wollte er sich nach Hilfe umsehen.
Erwin! Brok! Wo seid ihr Tölpel, wenn man euch mal braucht?!?
-> Die Straßen von Omega