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  1. #1
    Zocker Avatar von Nemoss
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    Standard NV-104 Atlantis [Midwayshuttle]

    Das Design des Shuttles vom Typ Atlantis war sehr schlicht. Ein röhrenförmiger Rumpf, circa neun Meter lang und mit einem Durchmesser von drei Metern, daran die Flügel, die sich über fast die gesamte Länge erstreckten, sich im hinteren Bereich, dort wo die Antriebe festgemacht waren, deutlich von ungefähr einem auf drei Meter verbreiternd. Ein kleines Höhenleitwerk und drei kräftige einfahrbare Landekufen vervollständigten das äußere Erscheinungsbild.

    Das Innere war von einer ebenso zweckmäßigen Schlichtheit bestimmt. Der Pilotensitz, flankiert von zwei breiten Konsolen, direkt vor einer schmalen vorderen Sichtluke. Dahinter eine Reihen mit zwei leichten Konturensitzen, die jeweils mit einem schwenkbaren Terminal ausgestattet waren, welches an der jeweils äußeren Lehne befestigt war. In diesem Bereich des Schiffes befanden sich auf jeder Seite auch zwei kleine Fenster.

    Hinter diesen Plätzen weitere sechs Passagiersitze. Darüber große und verschließbare Stauräume. Das hintere Drittel des Shuttles war eine Luftschleuse, die durch ein Schott vom restlichen Schiff getrennt werden konnte. Der Zugang erfolgte über eine kleine Rampe im Heck. Im Boden der Schleuse befand sich eine Notausstiegsluke.

  2. #2
    Let's Play-Gucker Avatar von Kyoko Young
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    Antirumgon - Narshad, Raumhafen --->

    Kyoko öffnete die Heckrampe mit der Chipkarte und begann sofort, das Innere des Shuttles zu inspizieren. ‚Hmm, keine Notsitze mehr, dies dürfte die Marines freuen. Und schon komisch, wie sich das Schicksal manchmal dreht. Ich hätte das Columbiashuttle behalten können, wenn da nicht Romeo und Julia gewesen wären. Dann hätte ich fast Vanessa ihre Dashor wegnehmen können, müssen oder ich hätte Noé die Nackte Asaribraut abgekauft. Stattdessen habe ich jetzt einen Fastzwilling der armen Columbia. Hallo Atlantis! Ich bin Kyoko, deine neue Pilotin. Wir haben uns ja schon mal kurz gesehen…‘
    Sie strich zärtlich über die Bordwand.

    Die Pilotin setzte sich und startete das Installationsprogramm. Auf ihrem Omnitool ließ sie parallel ein Checkprogramm mitlaufen. ‚Dürfte reichen. Naja, bis es dumpt… Oder ich habe Glück… Okay, die Lebenserhaltung springt auf Grün, jetzt die Kommunikation. Dann wollen wir mal…‘

    „Boss, hier ist die Pilotin. Ich bin im Haupthangar und beseitige ein kleines Problem am Schiff. Ehm. Wir haben ein neues Shuttle. Atlantistyp. Kennzeichnung NV-104. Stellplatz…“ ‚Verdammt, wo stehen wir eigentlich?‘ Kyoko stand auf, um mit verrenktem Hals das Schild über dem Shuttle zu entziffern. „Stellplatz Einhundertvier.“ ‚Wie witzig!‘ „Wiederhole NV-104 auf Einhundertvier. Ich warte auf ihre Nachricht. Over and out!“

    ‚Es ist genau 3.08 Uhr, zwei Stunden nach meinem letzten Lebenszeichen. Hoffentlich geht es ihnen gut, hoffentlich.‘ Kyoko lehnte sich bequem in ihrem Pilotensitz zurück. Die Fortschrittsanzeige des Diagnoseprogrammes stand bei 2%. Sie hatte eine Menge Zeit. ‚Ups, ich kriege auch schon irgendeine Nachricht rein… Nein, nicht der Boss, die Flugleitung? Ah, vielleicht hat Romeo mitgehört, als er den Konverter eingebaut hat… Gibt’s da was Interessantes?‘

    „… ist doch schon seit Tagen kaputt.“

    „Verdammter Drecksplanet. Wie soll man denn dann die landenden Schiffe identifizieren. He?“

    „Vielleicht will ja jemand, dass man sie nicht identifiziert. He?“

    ‚Interessanter Dialog. Und was sagt mir das? He? scheint eine gebräuchliche und planetenweite Aussagebekräftigungsfloskel zu sein und irgendetwas ist kaputt, wie überraschend, und irgendjemand steckt dahinter, wie noch viel überraschender! Für so einen kleinen Ort gehen hier eine Menge merkwürdige Dinge gleichzeitig vor sich. Manchmal scheint sich aber auch wirklich alles auf einen Punkt zu fokussieren. Zumindest glaubt man das, wenn man mitten drin steckt. Oh nein, ich muss aus dieser Stimmung raus. An irgendetwas Spannendes denken. Oder etwas Lustiges… Ich weiß, mein erstes Treffen mit Mandschu...


    3.10 Uhr
    Geändert von Kyoko Young (11.04.2009 um 00:48 Uhr) Grund: Rechtschreibung #159 [L]

  3. #3
    Let's Play-Gucker Avatar von Kyoko Young
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    Kyoko hörte das beruhigende Piepen des Diagnoseprogrammes und das einschläfernden Brummen der Schiffsaggregate und es fiel ihr zunehmend schwer, die Augen offenzuhalten. ‚Mandschu… Genau! Wie war das damals? Ach verdammt, man kann sich manchmal seine Gedanken gar nicht aussuchen… Diese Erinnerungen wollte ich jetzt gar nicht…‘

    -------------------------------------------------------------------------

    [November 2177 – AOE-13 SSV TESLA]

    Staff Lieutenant Eric stolzierte durch das Cockpit. Als „Stolzieren“ pflegte es die junge Pilotin jedenfalls zu bezeichnen, die zur Zeit auf dem rechten Sitz Dienst tat. Sie war fast 24 Jahre alt, bis zu ihrem Geburtstag waren es nur noch zwei Wochen, und dies war ihr erstes Bordkommando nach der Ausbildung auf der Vasco da Gama-Raumstation. Die Frau hatte eine schlaksige Figur, funkelnde dunkelbraune Augen, die fast schon schwarz wirkten und eine strubblige Flut schwarzen Haares, dessen Länge gerade noch so mit den Vorschriften vereinbar war.

    ‚Als wenn er Gottes ganz eigenes Geschenk an die Flotte und die Frauenwelt wäre. Nicht, dass er nicht einige Vorzüge hätte, äußerlich zumindest, aber jemand, der so von sich selbst überzeugt ist und so wenig Rücksicht auf die Gefühle und Beziehungen seiner Umgebung nimmt, hätte doch eigentlich schon längst einmal auf einen eifersüchtigen und schlagkräftigen Ehemann treffen müssen, der diese äußerlichen Vorzüge komplett neu arrangiert. Wo ist denn da die Gerechtigkeit? Und das wirklich Merkwürdige ist, dass einige weibliche Crewmitglieder tatsächlich auf ihn stehen scheinen. Ich würde sogar wetten, dass er eine Affäre mit einem der Chiefs hat, oder sogar mit zweien, was zwar verboten ist, aber was kümmern ihn schon Verbote! Wenn man auserwählt ist! Ich wünschte manchmal, wir dürften hier boxen, dann würde ich ihn gern mal zu einem Kampf fordern, wenn denn schon kein wütender Ehemann verfügbar ist… Ach vergiss es einfach, er ist eigentlich keinen einzigen Gedanken wert, konzentriere dich auf den Flug! Und es sind ja nur noch ein paar Monate.‘

    Schon ihre erste Begegnung hatte unter keinem guten Stern gestanden. Lieutenant Eric hatte die Pilotin von oben bis unten langsam fixiert, sie förmlich mit seinen Augen ausgezogen. Und die junge Frau hatte kein Mittel gefunden, sich gegen dieses Anstarren zu wehren. Sie stand einfach nur hilflos da, ihr fiel spontan einfach keine witzige oder sarkastische Bemerkung ein. Sie fühlte sich einfach nur bloßgestellt und so überfahren von der Situation, dass sie sich nicht einmal auf ihre geliebten Vorschriften berief.

    Die Pilotin war als Beste ihres Abschlussjahrganges von der Flugschule gekommen, einen Umstand, den der Senior Pilot des Schiffes auch sofort gegen sie verwendete, indem er diese Tatsache bei ihrer Meldung mehrmals süffisant vermerkte und dabei immer einen ungläubigen Gesichtsausdruck zur Schau stellte, der zu fragen schien: Warum bist Du dann auf einem Transporter gelandet? Was stimmt dann mit Dir nicht? Mit wem hast Du geschlafen, um diese Auszeichnung zu bekommen?

    Trucker, dieses Callsign hatte die junge Pilotin, war aber vollkommen freiwillig und mit großen Erwartungen auf dieses Schiff gekommen, doch dieser überhebliche, machohafte Seniorpilot schien eine echte Plage zu sein. ‚Ach was soll’s. Second Lieutenant Kyoko Paula Young, du hast gewusst, dass es unter den Millionen von Soldaten und Matrosen der Allianz eine statistisch signifikante Anzahl von Ar… Dummköpfen… geben muss. Wow, es fällt mir immer noch schwer, zu fluchen oder Schimpfworte zu verwenden. Trotz der Zeit auf der Akademie, wo es weiß Gott genügend und sehr phantasievollen Anschauungsunterricht durch die Ausbilder und meine Lehrgangskollegen gab.

    Aber wie auch immer, es ist äußerst bedauerlich, dass dieser Lieutenant zur Gattung der Allein-durch-meine-Existenz-beweise-ich-das-Vorhandensein-einer-höheren-Macht-denn-so-viel-Perfektion-kann-nicht-allein-menschengemacht-sein gehört! Tut es aber nicht! Und warum konnte ich nicht auf einen netten und freundlichen Chef treffen, der mich vertrauensvoll bei der Hand nimmt, im übertragenem Sinne natürlich, keine Beziehungen auf einem Schiff, eine meine Regeln. Also, der mich freundlich durch meine erste Tour auf einem Schiff führt und eine Art Mentor wird. Warum musste ich IHN treffen? Habe ich irgendwelche Sünden zu büßen? Ich?!? Aber warum bist du eigentlich auf einem Versorger, Lieutenant Eric? Warum? Denn wer im Glashaus sitzt…‘

    Der Dienst auf einem Versorgungschiff war nicht so prestigeträchtig, wie eine Erstverwendung auf einer Fregatte oder gar einem Kreuzer. Aber Kyoko hatte vor, so viel zu fliegen, wie sie nur konnte und dies war in den notorisch unterbesetzten Versorgungsflottillen viel einfacher zu bewerkstelligen. Und sie wollte irgendwann einmal auf einem der Schiffe dienen, die eingesetzt wurden, neue Masseportale zu finden und, sollten diese geöffnet werden, dann auch das erste Mal bemannt zu nutzen. Aus irgendwelchen merkwürdigen, traditionsschwangeren Gründen gehörten diese Schiffe zum Logistikkommando und aus dem, was die Pilotin in Erfahrung bringen konnte, ergab sich, dass Piloten, die in diesem Kommando dienten, eine viel bessere Chance hatten, auf ein solches Schiff versetzt zu werden.

    Genug gute Gründe also, diesen selbstverliebten und eingebildeten Lieutenant Eric zu ertragen. Doch um den Grad der Demütigung noch vollkommen zu machen, fing dieser bei der Vorstellung an, die in der Kantine des Schiffes stattfand und von einer Schar seiner Bewunderer mitverfolgt wurde, Kyoko über grundlegende Flugmanöver, Schiffsspezifika und triviale Aspekte der Vorschriften abzufragen. Sein Tonfall wurde bei jeder Frage und jeder richtigen Antwort immer herablassender. Irgendwann, nach der ersten falschen Antwort, entließ er sie mit einer sehr boshaften Bemerkung und so kam es, dass sie die erste Nacht in ihrem Quartier schlaflos verbrachte und sich dabei die Augen ausheulte.

    Alles in allem hatte die beiden Lieutenants nicht den besten Start gehabt und es war in den Monaten danach nicht wirklich besser geworden. Kyoko ignorierte Eric in ihrer Freizeit, soweit es die Enge des Schiffes zuließ und befolgte ansonsten strikt seine Befehle. Und wenn er wieder einen seiner anzüglichen Blicke über sie streifen ließ, dann stellte sie sich immer vor, wie er, abgelenkt durch sein eigenes Spiegelbild auf seinem protzigen Pilotenchronometer, in eine offene Luftschleuse marschierte und ihm dann beim Dekomprimieren der Kopf grotesk anschwoll, bis er platzte. Wenn Trucker allerdings besonders sauer auf Eric war, dann endete diese Phantasie damit, dass der Lieutenant rechtzeitig gerettet wurde, aber nun mit einem kürbisgroßen Kopf gesegnet war, der heillos auf seinen Schulter wackelte und mit dem er immer und überall gegenstieß. ‚Manchmal bist du ein gar wirklich gemeiner Mensch!‘

    -------------------------------------------------------------------------

    ‚Warum ist mir das jetzt eigentlich durch den Kopf gegangen? Ach ja, weil es so ziemlich das Erste war, was ich Mandschu erzählt habe. Wie genau war das und warum gerade das?‘

    3.12 Uhr

  4. #4
    Let's Play-Gucker Avatar von Kyoko Young
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    Kyoko rutschte auf ihrem Sitz umher. ‚Besser so. Bequemer. Stand? 4%. Toll, es geht voran… Langsam, aber stetig… Sehr langsam… Verdammt… Oh Gott, wie war das noch schön, als ich noch nicht so viel geflucht habe. Und irgendwann werde ich es nicht mehr nur gedanklich tun… Mandschu? Mandschu!‘

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    [Januar 2184 – SR-2 SSV MIDWAY]

    Trucker unterstrich ihre Erzählungen über Lieutenant Eric mit beredten Gesten. Ihr Gegenüber in der geräumigen Kantine des neuesten und modernsten Allianzschiffes, eine überaus attraktive junge Frau mit bestürzend grünen Augen und roten, fast orangenem Haar, klopfte lachend auf die Tischplatte. „Hör schon auf, Trucker, hör schon auf. Oder willst Du, dass ich hier gleich Kaffee versprühe.“

    Die beiden Pilotinnen hatten sich erst vor einigen Tagen kennengelernt, als sie hier auf den lunaren Werften an Bord gegangen waren. Als Pilotinnen der Midway teilten sie sich ein Quartier und schon das erste vorsichtige Beschnüffeln hatte sie beide merken lassen, dass sie sich sehr gut verstanden. Mandschu war impulsiv, etwas unordentlich, eine eher junge Pilotin und Absolventin eines Speziallehrganges für Tarnschiffe, während Kyoko überlegt, etwas übereifrig, was das Einhalten von Vorschriften betraf, und eine kampferprobte Veteranin war.

    Aber es schien, als ob sich ihre Charakterzüge sehr gut ergänzen würden. Noch lag das Schiff aber hier im Dock fest und außer einer Rumpfbesatzung war niemand an Bord. Und somit gab es nicht viel zu tun für eine Flugcrew und sie konnten ihre Zusammenarbeit bisher nur im Simulator erproben. Denn noch liefen die letzten Arbeiten und alle warteten auf die Freigabe zum Flug zur Citadel. Der Captain des Schiffes, die Marines und einige andere Crewmitglieder sollten erst dort an Bord kommen. So hatten sie auch Zeit, gemeinsam in der Kantine zu sitzen und einen Kaffee, oder in Kyokos Fall einen Tee, miteinander zu trinken.

    „Ach Gott, wenn ich gewusst hätte, dass es diesen Typus Offizier so oft in der Flotte gibt, dann wäre ich mit LT Eric vielleicht, wahrscheinlich, eher vielleicht, sogar etwas gnädiger umgegangen“, sagte Trucker etwas wehmütig.

    „Piloten sind nun mal Alphatiere, da kommt es vor, dass sie ihr Terrain verteidigen und als vermeintlicher Rudelchef, weisst Du, muss man eben keinen Beliebtheitspreis gewinnen. Solange er gute Erbanlagen weitergeben kann.“ Ihre Kollegin zuckte mit den Achseln und frage dann eifrig: „Aber ist denn damit die Geschichte schon vorbei? Ich hätte mehr als einen Phantasiekürbiskopf erwartet, komm schon!“

    „Nein, es“, Kyoko wurde kurz ernst, als sie an das Ende ihrer Zeit auf der Tesla dachte, doch sie wollte mit dieser Erinnerung nicht den Augenblick verderben. „Nein, nein. Nach einem Jahr oder so kam ein junger Service Chief an Bord. Afrikanische Wurzeln mit arabischem Einschlag. Eine Klasse, wie man sie sonst auf Titelblättern von Magazinen findet. So war es absolut nicht überraschend, dass sich der LT in den Jagdmodus begab. Er war da übrigens nicht der Einzige…“

    „Männer!“ Mandschu schnaubte verächtlich.

    „Und Frauen! Sind auch nicht viel besser“, warf Kyoko ein.

    „Frauen, Du meinst?“ Der Gesichtsausdruck der jüngeren Pilotin war nicht ganz zu deuten, eine Mischung aus Interesse und Belustigung.

    „Nein, meine ich nicht! Vielleicht doch? Keine Ahnung. Aber viel besser sind wir da manchmal doch auch nicht. Oder?“ Die Seniorpilotin breitete die Arme aus. „Oder hast Du Dich noch nie über den Hintern eines Kollegen unterhalten? Oder seine wohlgeformten Gesichtszüge, seine tiefen, scheinbar alles verschlingenden Augen?“

    „Wer ist es!“ Mandschu grinste wissend.

    „Nein, das war doch nur ein Beispiel“, rechtfertigte sich Kyoko etwas zu rasch.

    „Ach komm schon, dafür war es viel zu anschaulich. Entweder hast Du eine begnadete Phantasie oder jemanden konkret im Auge. Den XO vielleicht?“ Die jüngere Frau klimperte mit den Augen.

    „Ach komm schon“, echote die ältere Pilotin. „Das ist nun absolut nicht mein Typ. Schon allein bei der Uhr muss ich immer an eine Luftschleuse denken.“

    Mandschu stutzte kurz, dann steckte sie sich eine Faust in den Mund und biss halb erstickt lachend darauf herum. „Okay, okay, also Du und diese afrikanisch-arabische Schönheit“, sagte sie dann, als sie sich wieder etwas beruhigt hatte.

    „Service Chief Kay Waninga. Sie arbeitete im Maschinenraum. Und komischerweise hatte unser guter LT dann plötzlich und auf einen Schlag größtes Interesse am Lauf der Maschinen entwickelt. Wann immer er konnte, stellte er sich hinter sie und starrte auf ihre Anzeigen… Ziemlich nah stand er dann immer hinter ihr.“ Mit den Händen zeigte Kyoko einen Abstand von höchstens zwei Zentimetern. „So nah!“

    „Und der Captain hat dies durchgehen lassen?“ Ungläubig sah Mandschu Kyoko in die Augen.

    „Ach, der machte seine letzte Tour und sah sich schon irgendwo im warmen Süden, golfspielend und angelnd. Der wollte einfach keinen Ärger mehr und machte vor allem, was nicht in seine heile kleine Welt passte, einfach die Augen zu.“

    „Und der XO?“, fuhr die jüngere Frau mit ihrer Befragung fort.

    „Die XO. Naja, obwohl man erst bei genauerem Hinsehen erkennen konnte, dass es eine Sie war. Versteh mich nicht falsch, sie war nett und kompetent und so, aber leider naja, am oberen Rand des Gewichts- und am unteren Rand des Größenlimits für Allianzoffiziere. Und ihre Art etwas dagegen zu tun, bestand dummerweise darin“, Kyoko nahm einen Schluck Tee, um ihr Lächeln zu verbergen. „Aus Frust zu essen!“

    Mandschu benutze ihre Kaffeetasse offensichtlich in derselben Absicht wie ihre Tischnachbarin. Bloß konnte man ihr Kichern hören. „Hölle, stimmt. Man wird auf diesen Sechsmonatspatrouillen körperlich wenig gefordert. Ich habe schon mal beim XO nachgefragt und er hat gesagt, ich könnte bei seinen Marines mittrainieren. Wenn sie denn erst an Bord sind. Auch Lust?“

    Kyoko starrte die andere Frau an, als ob sie ihr einen unsittlichen Antrag gemacht hätte. „Ehm… Sie fuhr sich nervös durch ihr Haar. „Vielleicht? Wenn die Zeit…“ ‚Unverfängliche Antwort, ich will ja nicht, dass sie mich gleich als Sportmuffel erkennt. Obwohl das stimmt so nicht. Ballspiele, mein Ding. Kampfsport, auch mein Ding. Aber Gewichtestemmen, Laufen? Leider gehört das mit dazu, zu den anderen, mir Spaß machenden Sportarten, aber naja, einfach so? FREIWILLIG?!?‘

    „Okay, werd Dich dran erinnern, aber weiter zum... Quadratischen? Würfelförmigen? Also zum XO der Tesla.“

    Kyoko sah sie indigniert an. Mandschu legte daraufhin den Kopf schief und lächelte treuherzig. ‚Wow, welch wirksame Masche. Ich schätze, sie übt das seit dem Kindergarten. Sehr erfolgreich aber… Wow, einfach sehr erfolgreich!‘

    „Okay, okay“, begann sie etwas stotternd. „Also der XO wurde vom LT Eric umschmeichelt. Darin war er echt gut und sie war sehr dankbar für die ganze Aufmerksamkeit. Naja und für die Pralinen.“ Mandschu lachte prustend los und auch Kyoko musste wieder widerwillig grinsen.

    Als sich beide etwas gefangen hatten, setzte Kyoko ihre Erzählung fort. „Also Kay. Sie hieß eigentlich anders, einer dieser ewig langen indischen Namen, aber wir nannten sie nun mal Kay. Irgendwann haben wir uns dann mal über LT Eric unterhalten. Und unter Kays attraktiver Schale schlug ein bitterböses Herz.“

    „Ach! Und was schlägt bei Dir?“ Mandschu lächelte schelmisch, den Kopf erneut so adrett geneigt.

    „Wenn, wenn Gedanken töten könnten, dann wäre der LT wohl in Gefahr gewesen, aber ich neige eher nicht zum Handeln. Im Privatleben meine ich… Das klang jetzt merkwürdiger, als es klingen sollte… Ich meine, ich mach… Bin halt so erzogen…“, plapperte Kyoko.

    „Kenn ich, kenn ich. War bei uns zu Hause ähnlich. Gesicht wahren, solche Dinge. Aber zurück zur bitterbösen Kay. Wir haben nicht mehr so viel Zeit.“ Mandschu tippte auf ihre auffällige Pilotenuhr

    „Toll, auch so ein Angeberding.“

    „Hey, wer mit den Wölfen heulen will. Um im Wettstreit um den größten….“ Sarah wies auf den Chronometer. „Hab ich ganz gute Chancen!“

    Kyoko rollte mit den Augen.

    „Was denn?“ Mandschu grinste selbstgefällig und hielt ihr die Uhr provozierend vor die Nase. „Stimmt doch. Ein echt großes… Ding!“

    „Kein Widerspruch, absolut kein Widerspruch. Also Kay war keine grundlegend pazifistische Seele und sie pflanzte die Saat für einen gemeinen Streich in mein bis dahin so reines und unverdorbenes Herz“, fuhr Trucker fort.

    „Aber klar doch!“

    „Naja, wir wussten, ich wusste von einer Alarmübung. Jemand hatte sich mal wieder verschwatzt. Und ich hab also Kay auch davon erzählt. Sie hat dann den LT kurz vorher unter einem Vorwand in ihr Quartier gelockt“, erzählte Kyoko.

    „So wie Du sie beschrieben hast, hat sie wahrscheinlich nur einmal mit den Augen geklimpert.“ Mandschu führte diese Verführungsgeste vor, etwas übertrieben zwar, aber in vollkommener Perfektion. ‚Wow!‘

    „Ehm, also. In ihr Quartier, wo sie zufälligerweise ganz allein waren…“ ‚Ich wär einfach zu gern dabei gewesen. Ich meine, um es zu sehen.. Also den Gesichtsausdruck vom LT... Oder Bilder, Bilder hätten auch gereicht... Aber weiter, Spannung halten. Sarah, oder nenn ich sie Mandschu? Egal, sie wirkt wirklich interessiert. Und ein echt sehr sehr nettes Mädchen!‘

    „Zufälligerweise.“

    „Genau und dann fand sich auch noch eine Flasche von diesem einem Asarischnaps, der so schmeckt wie Nektar, aber riecht wie das Innere einer Rüstung, die man zwei Wochen ununterbrochen angehabt hat.“

    „Den kenn ich, übler Stoff, dem man aber auch eine sehr geheimnisvolle Wirkung nachsagt.“ Trotz dieser Aussage, leuchteten Mandschus Augen, als irgendwelche Bilder vor ihrem inneren Auge vorbeizogen. „Und den hattet ihr an Bord?“

    „Versorger, schon vergessen? Wir hatten so ziemlich alles an Bord. Eben auch diesen vermeintlichen Liebesschnaps. Also Kay schenkt etwas von dem Schnaps ein und geblendet von der Attraktivität des LTs stolpert sie und verschüttet das ganze Zeug über seiner Flugkombi…“, Kyoko deutete das Stolpern und den Gesichtsausdruck von Chief Waninga an.

    „Ich ahne etwas.“

    Kyoko hob demonstrativ die Augenbrauen. „Natürlich gab es viel Es tut mir leid und So ein Pech und Man muss das Zeug schnell auswaschen. Und siehe da, nur Sekunden später stand der LT in seinen Boxershorts vor Kay und dann, perfekter hätte man es kaum timen können...“

    Mandschu führte schon wieder eine Faust in Richtung ihres Mundes. „Gefechtsalarm?“

    „Gefechtsalarm! Die Blicke vom Alten und von der XO waren unbezahlbar, als LT Eric in seinen geblümten Shorts auf die Brücke stürmte und dabei roch, wie ein brünftiges Stinktier… Und vor allem seine Rechtfertigungsversuche!“

    Laut und herzlich lachend, verließen die beiden Pilotinnen die Kantine.

    -------------------------------------------------------------------------

    ‚6%. Es geht echt voran. Hö… Aber so was auch, ein Credit gespart, juchu, ich muss wohl noch eine Menge Erinnerungen abrufen, um die Zeit zu überbrücken. Es sei denn, das Landungsteam…. Nein, noch nicht!‘

    3.18 Uhr
    Geändert von Kyoko Young (11.04.2009 um 18:51 Uhr) Grund: Rechtschreibung #161

  5. #5
    Let's Play-Gucker Avatar von Kyoko Young
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    Kyoko sehnte sich plötzlich, nach etwas zu trinken. Nach einigem Wühlen fand sie schließlich ein Paar Wasserflaschen. ‚Der COB wird mir bestimmt den Kopf abreißen wollen, dass ich sein so schön aufgeräumtes Shuttle geschrottet habe. Da muss er sich aber wahrscheinlich hinten anstellen, erst kommt LT Weber, dann wohl der Captain. Und dann erst darf der COB. Wie hieß doch diese Gestalt, der die Köpfe immer nachwuchsen? Hydra? Mann, hier in den Fächern sieht es ja aus, wie keine Ahnung… Bei Renegade im Schrank?‘

    Sie nahm kichernd wieder Platz. ‚10%. Cool. Das war also mein erstes wirklich privates Gespräch mit Mandschu. Davor war eher so: Hi, ich bin Kyoko oder Trucker. Ah Sarah. Schöner Name. Mandschu! Interessant. Bin aus Seattle. Hongkong? War ich mal, schöne Stadt. Nein, nicht verheiratet, muss jetzt wieder auf die Brücke. Man sieht sich!

    Tut man aber nicht, wenn man im Wachrhythmus ist, höchstens die Minuten während der Übergabe oder während der Übungen oder im Simulator. Aber da schwatzt man ja auch nicht über solche Dinge, wie den knackigen Hintern von XYZ. Naja, insoweit war es an diesem Tag ganz gut, dass sie im Cockpit noch etwas installieren mussten und das gesamte Kommandodeck geräumt war. Haben an dem Tag noch über eine Menge Dinge geredet. Auch über Theshaca…‘

    -------------------------------------------------------------------------

    [Oktober 2178 – FF-47 SSV TICONDEROGA]

    „Okay. Zuhören!“ Der Einsatzoffizier der Achtundsechzigsten klopfte energisch gegen die Schautafel und die versammelten Piloten der neun Fregatten, die zu dieser Aufklärungsflottille gehörte, verstummten sofort. Der Staff Commander war eine lebende Legende in der Einheit. Er hatte mehr Einsätze gegen Piraten, Schmuggler und sonstiges Pack überlebt, als alle anderen Anwesenden zusammen. Außerdem hatte er als ganz junger Lieutenant unter Admiral Drescher gedient und die Befreiung von Shanxi mitgemacht.

    „Wir operieren mit einer Kreuzergruppe und einem Träger zusammen in dem Cluster. Das erste Angriffsziel ist eine mittlere Basis in folgendem System.“ Auf der Holodarstellung erschien eine unscheinbare Konstellation: Eine große gelbe Sonne, zwei Eiszwerge, ihr Zielplanet und die obligatorischen Gasriesen. Klarnamen wurden nicht verwendet, man benutzte die guten alten Decknamen. „Zu dieser Kampfgruppe gehören die Ticonderoga, die Poitiers und die Marengo. Der Planet Zet Vierzehn wird von einer Piratengruppe in folgender Stärke…“

    Kyoko, mittlerweile seit drei Monaten First Lieutenant, machte sich eifrig Notizen. Als Juniorpilotin wurde dies von ihr verlangt. Der Staff Lieutenant neben ihr, Michel Duc war sein Name, war absolut professionell, abgeklärt und ein großes Vorbild für die junge Frau. Er näherte sich aber rapide dem Ende seiner Dienstzeit und plante danach in ein privates Sicherheitsunternehmen einzusteigen. Und in der Zwischenzeit versuchte er eben, aus Trucker eine annehmbare Fregattenpilotin zu machen.

    Nun beugte er sich in einer kurzen Pause hinüber. „Tja, sieht so aus, als ob wir diesmal zum Schuss kommen. Wenn wir diese Typen auf ihrer Basis überraschen, dann wird es so oder so krachen. Scheint der Geheimdienst mal ausnahmsweise wirklich gute Arbeit geleistet zu haben.“ Kyoko nickte und notierte weiter.

    Nur einige Stunden nach der Einsatzbesprechung blickte die junge Frau durch das Sichtfenster der Brücke auf ein sich näherndes Masseportal. ‚Es sieht wirklich so aus. Ich werde in einen Kampf kommen. Himmel, ich sollte mich nicht darüber freuen, dafür wurde ich ausgebildet. Aber es werden Mensch… intelligente Wesen sterben. Und ich werde daran mit die Schuld tragen. Aber jetzt ist es irgendwie wirklich etwas spät für Gewissensbisse...‘

    Duc der bemerkte, dass seiner Copilotin ihre scheinbar unerschütterliche Konzentrationsfähigkeit abhanden zu kommen schien, sprach sie an: „Hey, Kleine. Wer vor dem ersten Kampf nicht nervös ist, Angst oder Zweifel hat, ist entweder eine Maschine, ein Idiot oder ein Krog. Wobei sich die meisten Krogs allerdings auch für Punkt Zwei qualifizieren würden. Du siehst mir aber nach keinem davon aus. Ist also normal, was immer Du auch fühlst und ich weiß, Du wirst trotzdem Deinen Job verdammt gut tun.“

    Kyoko lächelte gequält, aber dankbar zurück. ‚Und da hast du verdammt recht!‘ „Und jetzt lass uns diesem Pack zeigen, wie ein Allianzpilot fliegt, dafür sind wir schließlich hier!“ Duc grinste ein perfektes Pilotengrinsen und zeigte die Daumen-hoch-Geste mit beiden Händen.

    Der Plan war einfach. Sie würden durch ein Nebenportal springen, den Vorposten der Piraten ausschalten und dann die vor Anker liegenden Hauptstreitmacht angreifen. Die Kampfgruppe bestand aus dem Kreuzer Liverpool, den drei Fregatten, dem Transportschiff Schirra und einer Staffel Abfangjäger. Die Ticonderoga hatte die Spitze.

    „Drei, zwei, eins. Also dann“, sagte Duc gelassen. Das Schiff wurde von dem gewaltigen Sog des Masseportals erfasst und faktisch im allernächsten Augenblick materialisierte sich ein neues Sternensystem vor den Sichtfenstern. ‚Mein erster Gefechtssprung! Wow. Die Kontrollen! Los! Los! Los!‘

    „Ziel erfasst“, die Stimme des Seniorpiloten blieb emotionslos. Das Hauptgeschütz der Fregatte entließ ein schweres und tödliches Geschoss in das kalte, lebensfeindliche Nichts, das das Schiff umgab. Nur Sekunden später zerriss dieses Geschoss gnadenlos die Hülle eines kleinen Shuttles und hinterließ nicht mehr, als eine sich ausdehnende Trümmerwolke. „Wir gehen in ÜLG“, sagte die junge Pilotin, die keinen Blick mehr von den Anzeigen nahm. „In drei, zwei, eins… Jetzt!“

    Kyoko nahm die Befehle, die Meldungen der verschiedenen Gefechtsstationen, selbst Ducs Anweisungen wie ein Netz wahr, aus dem sie die für sich wichtigen Informationen einfach herausgreifen konnte. Es waren intensive, fordernde, erschöpfende Momente, die aber ebenso von einer unfassbaren Klarheit durchdrungen waren. Kyoko fühlte sich plötzlich wie in einem Nebel, der alles Unwichtige zu verschlucken schien und nur ein einzelner Sonnenstrahl war dort, der ihr die Richtung wies, in die sie gehen, in die sie das Schiff steuern musste, um dem Abwehrfeuer der Piraten zu entgehen.

    „Volltreffer!“ Duc lachte triumphierend auf. Dieser magische Augenblick verschwand und es war wieder harte Arbeit, die startenden Schiffe der Piraten zu verfolgen, sie zur Aufgabe zu bewegen oder zu vernichten und zu guter Letzt, den landenden Marines Feuerunterstützung zu leisten.

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    ‚Ich glaube an dem Abend habe ich das zweite Mal in meiner Militärkarriere geheult. Aber diesmal eher, um die Anspannung abzubauen. Keine Ahnung, es war nicht einmal ein wirklich großes Gefecht, geschweige denn eine Schlacht, wie um die Citadel, aber irgendetwas habe ich an diesem Tag verloren und auch wenn ich nicht wusste was und es auch heute noch nicht weiß, es hat mich unglaublich traurig gemacht. 15%. Das ging jetzt aber schnell voran…‘

    3.20 Uhr

  6. #6
    Let's Play-Gucker Avatar von Kyoko Young
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    Kyoko hatte ihren Durst gelöscht, verspürte nun aber ein anderes Bedürfnis. ‚Ich hasse diese Anzüge. Aber naja, irgendwie doch praktisch in dieser Hinsicht, oder? Und ich habe mich vorhin tatsächlich auf dieses Warten gefreut. Klassischer Fall von Gefechtsneurose…‘

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    [Januar 2184 – SR-2 SSV MIDWAY]

    „Nun sag schon, wem gehört dieser knackige Hintern, von dem Du vorhin so geschwärmt hast?“ Die beiden Pilotinnen waren in ihr Quartier zurückgehrt und vertrieben sich die Zeit mit einem Holospiel. Doch Mandschu ließ nun ihren Controller sinken und äugte fragend zu Trucker.

    „Ich hab von keinem speziellen Hintern geschwärmt. Das, das war nur ein Beispiel“, versuchte diese eine lahme Erklärung.

    „Natüüürlich. Ein Beispiel. Klar! Und Du hattest nicht zufällig irgendein Bild vor Augen, etwas, dass das breite Grinsen in Deinem Gesicht erklären würde? Komm schon, ich sag’s auch niemandem weiter“, bohrte Sarah weiter.

    „Ha!“ Kyoko konnte diesen Ausruf nicht unterdrücken und es tat ihr sofort leid, denn Mandschu zog einen Schmollmund und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

    „Ehm, ich hab’s nicht so gemeint, ich wollte nicht sagen, dass Du eine, ehm, eine…“, stammelte Trucker.

    „Klar. Natürlich denkst Du auch, dass ich eine Tratschtante bin, ist ja echt toll, wie sich so ein Ruf verbreitet“, grummelte die jüngere Frau. „Und so vollkommen ungerechtfertigt. Oder habe ich Dir etwa erzählt, mit wem sich unser erster Waffenmaat so seine Freizeit vertreibt. Da würdest Du vielleicht Augen machen!“

    „Mit wem denn? Verdammt! Vergiss es, dumme Frage, wirklich dumme Frage und ich wollte auch nicht sagen, also dass Du, Du weißt schon…“ Kyoko hatte wirklich nicht vorgehabt, Mandschu ihre vermeintliche Schwatzhaftigkeit vorzuwerfen. ‚Verdammt, verdammt, verdammt!‘ „Okay, um Dir zu beweisen, dass ich das nicht so gemeint habe, werde ich Dir jetzt den Hinternbesitzer verraten.“ ‚Gott, ich glaube nicht, dass ich das wirklich tue.‘

    „Also, ich warte?“ Immer noch waren die Arme der jüngeren Pilotin verschränkt, aber sie hatte schon wieder den Kopf etwas schiefgelegt.

    „Er heißt Philip und ist… Naja, ich hab ihn… Und…“ ‚Verdammt warum kriege ich kein klares Wort raus, wenn ich über ihn rede.‘ „Ich…“ ‚Aber nicht mal Mam weiß darüber Bescheid.‘ „Kenne ihn aus dem Flottillenstab, war dort in der Operationsabteilung. Und er hat mir einen Heiratsantrag gemacht, also bevor ich hierher versetzt wurde und naja, ich hab ihn offensichtlich nicht angenommen…“, sagte Kyoko versucht beiläufig.

    „Ist das denn so unwahrscheinlich?“, fragte Trucker nach einer Weile etwas verärgert, denn Mandschu saß nur mit offenem Mund da und starrte sie an.

    „Nein, nein, natürlich nicht, aber… aber“ versuchte sich, ihre Kollegin zu fangen.

    „Ich bin KEIN Eisklotz! Ich habe auch ein… ehm Privatleben.“ ‚Verdammt, jetzt wäre mir das Wort doch beinahe nicht eingefallen.‘

    Die beiden Frauen sahen sich an und mussten plötzlich beide laut lachen.

    Nachdem dieser kleine hysterische Anfall abgeklungen war, wischte sich Kyoko eine Träne aus dem Auge. „Und da Du fragen wirst. Ich hätte als Fluglehrerin anfangen können. Auf einer idyllischen und ruhigen Basis, weitab von allen Geth und Krogs und Abschaum dieser Galaxis. Naja, in so einem Job hätte man auch schwanger werden können.“

    Mandschu versuchte tapfer, ihre erneute Ungläubigkeit zu verbergen.

    „Ja stell Dir vor, auch darüber haben wir geredet. Phil hätte auch einen Posten da bekommen können, beziehungsweise er hat ihn ja bekommen und auch angetreten und naja, ich wollte nicht. Kam mir irgendwie... Ach verdammt, Fluglehrerin, mit einem Kind vielleicht und einem Ehemann, der die große Karriere macht. Ich wäre nie wieder in ein richtiges Cockpit gekommen. Und, naja, dafür war ich noch nicht reif. Stell Dir mal vor, ich hätte das alles hier verpasst“, beschloss Kyoko ihre Ausführungen.

    Mandschu rieb sich die Nase. „Nicht auszudenken.“

    „Eben.“

    „Aber der XO hat auch einen schönen Hintern.“

    „Und diese Idiotenuhr.“

    „Allerdings. Dann trage ich meine ja auch zu Recht, ich hätte nicht so nachbohren sollen, tut mir leid.“ Die jüngere Frau hob entschuldigend die Schultern.

    „Ach irgendwie ist es auch schön, mit jemanden darüber zu reden. Stell Dir vor, ich hatte schon das Hochzeitskleid ausgesucht“, erwiderte Trucker.

    „Echt? Ganz in weiß, mit einem Blumenstrauß?“

    „So in etwas. Und dann noch den Kimono für den japanischen Teil der Zeremonie. Im Schrein und so.“

    „Klingt, ehm, klingt traditionell.“

    „Ach naja, ich hab irgendwann mal als Kind das Hochzeitsholo meiner Eltern gefunden. Da waren auch beide Teile dabei. Erst die Zeremonie mit dem weißen Kleid und dann eben die andere. Du weißt ja, wie Kinder so sind. So wollte ich es dann unbedingt auch haben, war eine ganze Weile richtig besessen davon. Naja bis auf das Ende“, erzählte Kyoko und in ihrer Miene spiegelte sich eine leichte Melancholie.

    „Ende?“

    Die Seniorpilotin lächelte, als sie sich an diesen Teil des Holos erinnerte. „Naja. Mein Vater kommt ja aus Schottland und die ganze Sippschaft war dabei. Die haben etwas komisch geschaut, als sie die ganze Trippelei, den Priester und so gesehen haben. Ich meine, das war eigentlich ziemlich vermessen, dass sich eine Horde Männer in Röcken, und es sind Röcke, auch wenn sie sie Kilt nennen… Und dann scheuen die sich auch nicht, ihre behaarten Knie der Allgemeinheit zu präsentieren, aber über andere Traditionen… Naja, sie haben zumindest versucht, sich zu beherrschen. Das ist für diesen Familienteil eine ganze Menge wert!“

    „Und? Das klingt irgendwie doch gar nicht so dramatisch. Mittlerweile müssten sie sich doch auch schon daran gewöhnt haben, oder?“, fragte Mandschu betont vernünftig.

    Kyoko fuhr sich nervös durch ihr Haar. „Naja, ging ja noch weiter. Also die Schotten der Familie packten ihre Dudelsäcke aus und den Whisky und veranstalteten einen derartigen Krach und Radau, dass sich der japanische Teil wohl am liebsten in seine Schwerter gestürzt hätte. Vielleicht hätten sie auch lieber die Dudelsackspieler beseitigt, man wird es wohl nie erfahren, denn Gott sei Dank, waren alle unbewaffnet.“

    „Merk Dir das besser auch für Deine Hochzeit“, merkte Mandschu trocken an.

    „Haha! Also ging der japanische Familienteil dazu über, die peinliche Situation und den Krach mit Sake zu bekämpfen. Und ab hier wurde es etwas unscharf. Also auch das Holo, denn wer immer es gemacht hat, war wohl in den heroischen Kampf gegen den Alkohol involviert.“

    „Vernünftig. Betrunkene Dudelsackspieler können nerven“, mischte sich Mandschu wieder ein, worauf Kyoko sie nur fragend ansah.

    „Hallo! Hongkong? Ex-Kolonie der Briten? Wir kennen auch dieses Instrument. Wenn auch bei den meisten Spielern wesentlich mehr Begeisterung als Talent oder gar Können dabei ist. Aber besser zurück zu Deiner Geschichte“, erklärte Sarah.

    Trucker nickte. „Ah okay. Verstehe. Also weiter im Text. Nun, im Zuge interkulturellen Austausches versuchten sich nun beide Familienteile am jeweils anderen Nationalgetränk und nachdem diese große Hürde genommen und es durch weitere tapfere und ausdauernde Anstrengung endlich gelungen war, sämtliche Alkoholvorräte zu vernichten, da setzte eine große Verbrüderung ein. Zumindest weiß ich heute, dass es eine Verbrüderung war.“

    „Heute? Wieso?“

    „Naja, beim ersten Mal, als ich diesen Teil sehen durfte, habe ich echt gedacht, da beginnt eine Massenschlägerei. Und erst, als zu sehen war, dass die ganze Sippschaft um ein großes Feuer stand, die Dudelsackspieler spielten und alle zusammen The Bonnie Banks Of Loch Lomond sangen, übrigens unglaublich laut und unglaublich falsch, und sich dann dabei ständig umarmten, wurde mir damals klar, wie die ganze Sache wirklich geendet hat. Zumindest der beweisbare Teil“, beantworte Kyoko die Fragen.

    Mandschu hatte Tränen in den Augen. „Ach komm schon, das klingt doch lustig!“

    „Ich weiß ja nicht. So wie Mam und Dad auf den Bildern vom nächsten Tag aussahen und wenn man den geflüsterten Familienlegenden so trauen darf, die erst tief in der Nacht erzählt werden, wenn die Kinder schon sicher und fest schlafen, dann ging der Abend noch eine ganze Weile weiter… Oh Gott, ich stelle mir immer noch vor, wie nacktknieige Kilt- und kimonogewandete Sandalenträger durch das dunkle, schlafende Seattle vagabundieren und dabei abwechselnd schottische und japanische Volkslieder durch die Nacht brüllen... Ich frage mich noch heute, wie sie alle dem Knast entrinnen konnten. Durch schnelles gerades Weglaufen mit Sicherheit nicht!“ Trucker schüttelte sich.

    „Also gut, auf diesen Teil… Nein, eigentlich klingt das am Aller-, Allerbesten!“ Mandschu ließ sich auf die Sitzgruppe fallen und hielt sich lachend die Seiten.

    Kyoko runzelte die Stirn, aber sie war ihrer neuen Freundin nicht wirklich böse. „Gott, ich glaube, ich würde vor Aufregung tot umfallen, wenn ich so eine Hochzeit voraus hätte. Mam und Dad konnten damals ja nicht ahnen, wie ihre ausgeht. Aber ich weiß ja nun, was kommen kann, könnte. Könnte reicht mir aber schon vollkommen. Gott, ich wünschte manchmal, ich hätte das Holo nie gesehen und würde ganz und gar unbedarft in meine eigene Katastrophe schlittern…“

    „Phil war was für ein Landsmann?“, fragte Sarah unschuldig, während sie sich wieder aufsetzte.

    „Stellst Du Dir jetzt etwa vor, wie dieser keltojapanische Mix noch zu verschlimmbessern wäre. Tut mir leid, aber diese Info enthalte ich Dir einfach vor. Punkt!“ Nun verschränkte die ältere Pilotin demonstrativ die Arme vor der Brust.

    Mandschu grinste noch, dann aber wurde ihr Gesichtsausdruck weich. „Es tut mir wirklich leid, dass es nicht geklappt hat.“ Schnell zog wieder ein freches Lächeln auf. „Aber auch den schärfsten Hintern vergisst man irgendwann. Die Galaxis ist voll von diesen Dingern. Wo man auch hinschaut, Typen mit knackigen Sitzmöbeln. DAS ist unbestreitbar ein Vorteil beim Militär.“

    „Ich vermute, Du sprichst da auch aus Erfahrung?“ Die jüngere Pilotin nickte verhalten und etwas schüchtern. Kyoko lehnte sich entspannt zurück. „Also dann! Nun zu Deinem Liebesleben…“

    -------------------------------------------------------------------------

    Diesen Teil der Erinnerung konnte Kyoko aber nicht mehr nachvollziehen, denn sie fiel in einen dämmrigen Halbschlaf.

    3.22 Uhr
    Geändert von Kyoko Young (12.04.2009 um 03:24 Uhr) Grund: Rechtschreibung #163

  7. #7
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    Kyoko wachte abrupt auf. Einen Moment sah sie sich verwirrt um, dann fielen ihr die Ereignisse der vergangenen Stunden schlagartig wieder ein. ‚Himmel, ich kann nicht glauben, dass ich wirklich etwas geschlafen habe und anscheinend...’ Sie sah auf eine Anzeige im Cockpit. „Was?“ ‚Verdammt, da war ich aber wirklich richtig aus dem Rennen, wie konnte mir das denn nur passieren...’ Mit einem ärgerlichen Kopfschütteln vertrieb sie diese unproduktiven Gedanken. Es war nun einmal passiert und sie würde einfach an dieser Stelle weitermachen müssen.

    Die Pilotin kramte in den Taschen ihres Kampfanzuges. Mit einem triumphierenden „Ha!“ hob sie ein kleines Päckchen hoch und dann widmete sie sich einer kurzen Morgentoilette. Mit verklebten Augen und dem schalen Geschmack im Mund wollte sie diesen Tag nicht beginnen. Deutlich besser gelaunt saß sie einige Minuten später wieder im Pilotensitz und beobachtete durch die Frontscheibe die Aktivitäten auf dem Flugdeck.

    ‚Irgendwie habe ich den Eindruck, dass mein Kommunikator nicht richtig funktioniert. Irgendjemand hätte sich doch … Verdammt ganz schön viele Irgends hintereinander. Ist aber auch ein komisches Wort. Worte sind sowieso eine komische Sache. Womit ich jetzt aber in einem Aufsatz Ärger bekommen hätte. Wiederholungen! Andererseits war es ja eine Art Wortspiel. Mann, ich bin in der Tat immer noch ziemlich fertig. Ich sollte mir weiß Gott über andere Dinge Gedanken machen. Aber stimmt schon, was in einer Sprache ganz harmlos klingt, kann in der nächsten schon eine tödliche Beleidigung sein… Und Menschen, und was das betrifft, Außerirdische auch, sind sehr oft und sehr schnell aus den verschiedensten, eigentlich nichtssagenden, Gründen beleidigt.’

    -------------------------------------------------------------------------
    [Dezember 2177 – Arcturus-Raumstation – Bar „Teufelshunden“]

    „Herzlichen Glückwunsch, Kyoko“, murmelte die junge Frau vor sich hin, die allein an einem großen Tisch im hinteren Teil der Bar saß, der von einigen farbenfrohen Lichtspots erhellt wurde. „Damit bist du nun offiziell und unwiderruflich vierundzwanzig Jahre alt.“ Sie klopfte sich selbst auf die linkte Schulter. „Gut gemacht! Und eine echt tolle Geburtstagsparty hast Du da auf die Beine gestellt.“ Enttäuscht blickte die Pilotin auf die durcheinandergeworfenen Gläser und Teller. Ihr besonderes Augenmerk galt einer großen Bierlache, die sich stetig und unaufhaltsam auf den Tischrand zugearbeitet hatte und nun fröhlich tropfend der Schwerkraft folgte. Kyoko hatte aber einfach nur ihren Kampfstiefel etwas beiseite gestellt und lustlos weiter darauf gestarrt.

    Sie war erst vor ein paar Wochen auf die Raumstation versetzt worden. In ihren Befehlen stand, dass sie im Stab der Zweiten Flotte einzufinden hatte, um an der Verbesserung der Sicherheitsvorschriften mitzuarbeiten. Eine Namen musste man dem Kind schließlich geben und nachdem die TESLA nun in Reparaturdock war und für lange Zeit keine Piloten mehr brauchen würde, war dieser Job so gut oder so schlecht, wie jeder andere auch. Aber wie so oft im Leben steckte dahinter mehr. Es gab schließlich eine Untersuchung der Militärjuristen zu dem Unfall der TESLA und diese Juristen hatten dafür gesorgt, dass die Schiffsoffiziere weit genug voneinander getrennt worden waren, um sich nicht abzusprechen. Nicht, dass Kyoko daran ein Interesse gehabt hätte, aber so lief das Spiel nun einmal.

    „Wenn es ganz dumm läuft, dann war das deine ganze Militärkarriere. Siebzehn Monate auf einem Versorger. Nicht einmal eine ganze Dienstzeit.“ Erneut fiel ihr Blick auf das Durcheinander auf dem Tisch und schließlich auf eine Whiskypfütze, die sich just in diesem Moment mit der tropfenden Bierlache vereinigte.

    Kyoko hatte sich mit einigen Junioroffizieren und Chiefs angefreundet und vorgehabt, den heutigen freudigen Anlass gebührend zu feiern. Es hatte auch ganz nett begonnen, Bier wurde getrunken und Scherze gemacht, es gab die unvermeidlichen Flirtversuche und natürlich ein paar derbe Sprüche über die jeweilige Herkunft und die bisherige Karriere. Standardsachen wie: „Woran erkennt man einen Matrosen in der Dusche...“ oder „Wenn ein Marine denken könnte…“.

    Dummes Geschwätz eben, so wie es wohl seit Anbeginn der Zeit zum Militär dazugehörte. Unglücklicherweiserweise hatte ein Waldschrat von einem Marine, der am Nachbartisch saß und einen Schnaps nach dem anderen in sich hineingeschüttet hatte, etwas davon auf sich bezogen. Eigentlich hatte jemand nur gemeint, dass es mit dem irdischen Mond immer mehr abwärts gehen würde und er zu einer Brutstätte von kriminellen Banden verkommen sei, er aber anerkanntermaßen die dümmsten Marines der Galaxis hervorbringen würde, was aber wieder ganz gut für den Rest der Menschheit sei, zwecks Verbesserung des Genpools und so. Es konnte ja wirklich niemand ahnen, dass der Waldschrat offenbar lunarer Abstammung und von patriotischen Gefühlen erfüllt war. Eigentlich traute man ihm überhaupt keine menschlichen Emotionen zu, wenn man ihn da so sitzen saß.

    „Ihr blöden Flottenärsche…“ Mit dieser wenig einladenden und darüber hinaus komplett unzutreffenden Bemerkung, denn schließlich saßen an ihrem Tisch Marines und Matrosen bunt durcheinander, war er schließlich aufgestanden und unerwartet gerade auf sie zugekommen. Kyoko hatte die Gefahr nicht richtig wahrgenommen, weil sie gerade eine Bestellung aufgab und so nahm sich ein ziemlich durchtrainierter Schiffstechniker der Sache an. Die Pilotin hatte ihn bis dahin eigentlich ganz nett gefunden, aber er reagierte nun so auf die Situation, indem er sich vor dem Waldschrat aufbaute und ihn vor die massive Brust stieß. „Pass auf, was Du hier sagst, Du unterbelichteter…“ Der Rest des Satzes, dessen Ende, soviel stand wohl fest, nicht sehr freundlich gewesen wäre, blieb ihm förmlich im Mund stecken, denn der Waldschrat reagierte seinerseits mit einem bösen Fausthieb in den Magen des Technikers.

    An den umliegenden Tischen wurden nun Marines und Matrosen auf diese zwanglose Unterhaltung aufmerksam und aus allen Richtungen strömten sie fröhlich herbei, um ihren Beitrag zu leisten und die Ehre ihrer Waffengattung zu schützen. Ein Teil von Kyokos Geburtstagsgästen ergriff nun ebenfalls Partei, während sich der Rest fluchtartig in Richtung der Ausgänge zurückzog. Die Pilotin selbst blieb resigniert am Tisch sitzen und schüttelte immer wieder mal still den Kopf.

    Man kann rückblickend sagen, dass es eine denkwürdige Schlägerei war, die sich schließlich aus der Bar heraus auf die davor liegende Empore verlagerte und von der Küstenpatrouille erst nach mehreren Stunden beendet werden konnte.

    Schließlich aber kam der Techniker freudestrahlend auf die junge Frau zugewankt. Er hatte zahlreiche Blessuren davongetragen, schien sie aber als Auszeichnung zu empfinden und er lechzte offensichtlich nach einer Belohnung. „Denen haben wir es aber gegeben, was!“ Er grinste, sah dann auf seine Uhr und lachte meckernd. „Hey, es ist ja Mitternacht durch. Glückwunsch zum Geburtstag! Ich werd Dir dann mal ein Geschenk machen.“ Er fuhr sich ordnend durch die Haare, wischte sich etwas Blut und Schweiß unter der Nase weg und kam dann in der offensichtlichen Absicht, sie zu umarmen, weiter auf Kyoko zu.

    Diese schob schnell ihren Stuhl zurück und erhob sich. „Ehm hör mal zu, das ist ja ganz nett gemeint, aber…“

    „Aber was. Vorhin hast Du mich doch die ganze Zeit angestarrt Und anscheinend hat Dir gefallen, was Du gesehen hast.“

    Kyoko wurde knallrot. ‚Ich habe doch nicht gestarrt! Aber verdammt, er hat da ja nicht ganz unrecht. Genaugenommen und zu meiner Schande hat er eigentlich komplett recht. Er ist schon ein ganz erbaulicher Anblick, aber da wusste ich nicht, dass er ein Schläger? Ja Schläger passt schon. Also ein tumber Schläger ist. Ich habe aber auch einen furchtbaren Geschmack, was Männer anbetrifft. Seine blöde teure Protzuhr hätte mich doch eigentlich warnen sollen!’

    „Oder hast Du etwa auf die heiße Sanitöterin neben mir gestarrt? Also weißt Du, gegen so etwas hätte ich auch nichts einzuwenden!“ Der Techniker war gefährlich nah.

    ‚Ein Schläger und ein Widerling. Oh Mann, warum gerate ich immer an solche Typen.’ „Stimmt, Lexa sieht ganz nett aus, ehrlich gesagt, mehr als nett, sie ist eine echte Schönheit, aber im Gegensatz zu Dir hat sie auch noch so etwas wie Anstand im Leib. Aber selbst wenn Du der letzte Mann im Universum wärst. Und jetzt lass mich verdammt noch einmal in Ruhe, oder…“

    „Oder was? Willst Du mich dann auch verpetzen? Weißt Du, niemand mag solche Verräter, die nur ihren eigenen Arsch retten wollen und dafür alle anderen an Bord verpfeifen“, erwiderte der Techniker und stützte sich mit seinem rechten Arm an einer Wand ab, Kyoko so den Weg versperrend. „So denken hier alle über Dich, aber Du bist eigentlich ganz schnuckelig und…“

    Die Pilotin bebte schier vor Empörung und Wut. Sie holte mit dem rechten Arm aus, um dem Techniker eine Ohrfeige zu verpassen. Dieser fing den Schlag aber schnell ab und drängte Kyoko dann gegen die Wand. „Ziemlich schnuckelig“, grunzte er und die junge Frau war in eine widerliche Geruchsmischung aus Alkohol, Schweiß und Knoblauch gehüllt. „Und Du schlägst wirklich wie eine Fr…“

    Weiter kam er nicht, denn Kyoko hielt nun in der linken Hand einen Elektroschocker, den sie während des Ohrfeigenversuches herausgezogen hatte. Mit einem eiskalten Lächeln aktivierte sie ihn. Der Techniker fiel einfach nach hinten um und wand sich zitternd am Boden. „Wie schon Gunny de Kronk gesagt hat, man muss als Soldat seine Augen einfach überall haben. Und mir ist vollkommen egal, was hier wer denkt. Ihr wart alle nicht dort!“

    Kyoko stieg achtlos über den Mann hinweg und war schon fast aus der Tür der Bar heraus, als sie plötzlich stehenblieb, leise fluchte und sich wieder zum Tisch zurückbegab. Sie transferierte die Credits für die Rechnung und beugte sich dann über den nun ruhig daliegenden Mann. Sie überprüfte schnell seinen Puls und rollte ihn dann widerstrebend auf die Seite. Mit einem schiefen Grinsen sah sie zu, wie nun die Whiskybiermischung vom Tisch in seine Haare tropfte.

    -------------------------------------------------------------------------

    Die junge Frau rümpfte die Nase, den ihr schien der Geruch aus der Bar wieder in die Nase zu steigen, und ermahnte sich dann mit strenger Stimme: „Kyoko Paula Young. Lass die Vergangenheit da wo sie und konzentrier dich auf das Wesentliche! Und du weißt auch, was das ist!“ Ehe sie sich selbst darauf die Antwort geben konnte, ertönte draußen Lärm und jemand brüllte durch die hohe Halle: “Flieh nur du elendiger Bastard, aber mir wirst du nicht entkommen.!“
    Geändert von Kyoko Young (14.07.2009 um 16:54 Uhr)

  8. #8
    Let's Play-Gucker Avatar von Kyoko Young
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    Kyoko rollte theatralisch mit den Augen und ignorierte das Gebrüll vor dem Shuttle. ‚Wenn ich für jede Todesdrohung, die ich auf diesem vermaledeiten Eisklotz gehört habe, nur je einen Credit bekommen würde, dann, dann…. Ja was dann? Was würde ich wohl machen, wenn ich wirklich reich wäre? Man sagt ja in einigen Philosophien, dass nur unendlicher Reichtum oder vollkommener Verzicht zu wirklicher Freiheit führen. Vollkommene Freiheit ist aber auch so ein blöder Begriff. Jeder versteht doch wirklich etwas vollkommen anderes darunter. Vielleicht die kroganische Freiheit, jeden Konflikt mittels massiver nonverbaler Kommunikation austragen zu dürfen.

    Oder die asarische Freiheit, sich lasziv tanzend allen männlichen und in diesem Fall sogar vielen weiblichen Wesen der Galaxis darzubieten und es mit salbungsvollen Geschwafel über die Verbesserung ihrer genetischen Basis oder so was in der Art zu rechtfertigen. Ha, da bin ich bin doch tatsächlich etwas eifersüchtig auf diese blauen… Ehm, da fällt mir gerade kein passender, angemessen beleidigend, aber nicht vulgär wirkender, Begriff ein. Wie auch immer. Andererseits muss man vielleicht wirklich tausend Jahre alt werden, um einen Elcor attraktiv zu finden. Oder einen Hanar. Ups, ich bin doch tatsächlich etwas vom Weg abgekommen. Freiheit? Freiheit! Genau darum ging es gerade noch. Also einfach zusammengefasst: Freiheit ist vielleicht nur, dass man tun oder lassen kann, was man will. Keinen Zwängen unterworfen zu sein…’


    Kyoko lachte laut und etwas überdreht auf. ‚Aber klar, als ob dir ein Leben ohne Regeln und Vorschriften gefallen würde. Vielleicht den ganzen Tag im Bett liegen, die Holokanäle durchschaltend und jedwedes Vergnügen auf ein Fingerschnippen verfügbar oder in eine kargen Höhle über den Sinn des Existenz zu sinnieren.’ Immer noch kicherte die junge Frau vor sich hin. ‚Naja, meine Philosophie ist sowieso recht simpel, es würde wohl recht schnell recht langweilig werden in dieser Nachdenkhöhle. Denn ich glaube, wir existieren nur aus Zufall, wahrscheinlich zumindest, ein bisschen Rückversicherung kann ja nie schaden, und da wir nun schon mal da sind, sollten wir unseren Lebensraum erkunden und erkennen und begreifen und außerdem unsere Existenz sichern. Sprich Reproduktion.’

    Von jäher Unruhe erfüllt stand die Pilotin auf. ‚Ein ziemlich kaltes Wort für ein Baby, oder? Wo sie doch so süß und knuddelig sind. So süß! Und so knuddelig! Süß! Wirklich süß! Hab ich schon knuddelig gesagt? Zumindest wenn sie nicht die ganze Nacht dazu nutzen, ihr wachsendes Lungenvolumen auszuprobieren. Woher nur nimmt ein so kleiner Wurm eigentlich die Energie dafür? Er soll sie doch eigentlich dafür benutzen, um zu wachsen! Oder wenn sie versuchen den Rekord im Tageswindelverbrauch zu brechen. Aber irgendwann sind sie dann endlich groß und man blickt verklärt auf diese Zeit zurück. Und dann stellt man fest, dass sie im Teenageralter dazu neigen… Okay! Stopp! Aufhören! Keine Zeit an so etwas zu denken! Nein, Schluss! Aus! Vorbei! Aber so süß!’

    Das Schreien und Lärmen vor dem Shuttle hielt an und Kyoko begab sich zu den Passagiersitzen. ‚Gott, ich weiß nicht, wie die anderen Spezies ihr Testosteron nennen, aber warum in alles in der Welt, muss sich männliche Anspannung immer nur so laut entladen. Könnte nicht einer Spezies einfach der Kopf anschwellen und eine andere wird vielleicht nur grün oder blau vor Wut. Das würde wenigstens etwas Abwechslung bedeuten. Andererseits, da läufst du nichtsahnend durch die Citadelbezirke und siehst du nur ein Alien mit einem ballongroßen Kopf, das seine Tentakel in Richtung eines anderen schwingt, dass immer grünblauer werdend dasteht und wiederum mit seinem Armen winkt. Cool, denkst du dir, eine Performance und bist dann, eh du dich es versiehst, mitten in eine tödliche Schießerei hineingeraten.

    Vielleicht ist das mit dem Schreien, dem ganzen:
    Stirb, du Abschaum. Nimm dies und jenes und das auch noch! ja doch gar nicht so schlecht! Aber ich wünschte, ich würde den Schalter für die Außenmikrofone schnell finden. Gott, finden die denn da draußen gar kein Ende? Bla, ich beleidige dich, dann, Bla, beleidigst du mich und wenn wir uns genügend beleidigt haben, Blabla, dann tragen wir es sowieso auf die kroganische Art und Weise aus, denn das auf diesem Eisklotz jemand ordnend eingreift, ist ja nun nicht gerade zu erwarten...’

    In diesem Moment landete etwas Dunkles krachend auf der Cockpitscheibe. ‚Verdammt! Allianzuniform? Welcher Dämon hat den Kerl den geritten, oder ist die nur geklaut? Aber das wäre ein allzu blöde Verkleidung!’ Das Dunkle, das sich als junger Mann entpuppte, klopfte hilfesuchend gegen die Scheibe und rutschte dann plötzlich herunter. ‚Na toll! Blut auf meinem Schiff! Vielen Dank auch! Könnt ihr euch nicht woanders umbringen? Oder einfach nur blau anlaufen und dann in einer Ecke still wieder die Luft ablassen? Aber nein, es muss laut und gewaltsam gelöst werden und natürlich genau vor meinen Shuttle passieren! Wo denn auch sonst?! Aber wenn der Typ nun wirklich zur Allianz gehört?’

    Kyoko riss einen mobilen Raketenwerfer aus seiner Halterung an der Schiffswand. ‚Wenn schon, denn schon. Kleine Frau mit großer Knarre gleich großer Eindruck!’ Sie spähte durch die sich öffnende Heckluke und schlich dann eng an das Shuttle gepresst nach vorn.

    < --- ANTIRUMGON, RAUMHAFEN

  9. #9
    Rookie Avatar von Amanda Phoenix
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    <------ Narshad - Raumhafen

    4:10 Uhr
    Midway-Shuttle "Atlantis"



    "Sir, in dem Shuttle ist niemand..." Amanda erstarrte augenblicklich. "Es tut mir Leid euch das sagen zu müssen, aber ich hab schlechte Nachrichten." Ein Satz, der diesen Zustand nicht unbedingt zum Guten wenden konnte. "Eure Pilotin wurde vor wenigen Minuten gemeinsam mit einem zweiten Menschen entführt..." Am liebsten wäre sie jetzt schreiend zusammengebrochen. Doch diese bittere Überraschung kam noch gar nicht dazu, ihre volle Wirkung zu zeigen. Mit leerem Blick starrte die 29-jährige wie gelähmt in den leeren Innenraum der Atlantis, bevor sie sich fast selsbtverständlich durch das lange, braune Haar fuhr. Das kann doch gar nicht sein. So viel Pech hat doch niemand an einem einzigen Tag. Und was heißt entführt? Ist sie in Gefahr? Hoffentlich wird sie gefunden, bevor es zu spät ist. Sorgte die Wissenschaftlerin sich um eine Frau, die sie kaum kannte. Doch diese Frau war es, die sie genau in diesen Momenten schon zurück zur Midway fliegen sollte. Nein. Eigentlich sollten sie schon längst alle in ihren Betten liegen. Doch dieser Planet, der schon jetzt als denkbar schlechtester Startpunkt für eine Mission galt, ließ nichts so geschehen, wie es geplant war. Sie hatten eine Menge Zeit verloren, eine große Summe in etwas investiert, von dem sie nicht mal wussten, ob es etwas taugen würde. Doch vor allem mussten sie personelle, menschliche Verluste einstecken, die niemals zu ersetzen sein würden.

    Mit einem recht unbewussten Schritt machte die Amerikanerin Platz für das Geth-Artefakt aus Cortez Lagerhalle, das gerade noch transportfest gemacht wurde. Wesentlich interessanter als das Befestigen der Fracht war jedoch etwas anderes. Oder eher jemand. John, der Mann, der die letzten Stunden immer wieder überraschte, machte es sich auf dem Pilotensitz bequem - mehr oder weniger. Amanda ahnte bereits, was kommen sollte. Erneut versuchte ein kleiner Hoffnungsschimmer durch die dunkle Wolkendecke der Enttäuschungen zu brechen. Doch vorher brauchte sie Gewissheit. Waren das vielleicht doch die letzten Augenblick auf Antirumgon?

    "John?", fragte sie zaghaft und trat hinter den Lieutenant und die fast schon einschüchternden Konsolen vor ihm, während sich der Rest des Teams bereits einige der freien Sitze ergatterte. "Du kannst das Ding fliegen?" Bitte sag ja, bitta sag ja. Und dann bring uns nach Hause.

  10. #10
    ME-FRPG only! Avatar von John Weber
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    <------ Narshad - Raumhafen

    Midway-Shuttle "Atlantis"

    John musterte die Steuerkonsole vor ihm, als währe diese ein gefährliches Raubtrier und versuchte sich sein letztes Flugtraining in Erinnerung zu rufen. "John?", ertönte plötzlich hinter dem Agenten eine zaghafte Frauenstimme und als sich der Agent umsah erblickte er Amanda, die hinter dem pilotensitz stand, während sich der Rest des Teams auf die Sitzgelegenheiten verteilte: "Du kannst das Ding fliegen?" Theoretisch ja, praktisch... wir werden sehen...

    John blickte der Wissenschaftlerin in ihre haselnussbraunen Augen und antwortete zuversichtlich: "Ich hab im zuge meiner Ausbildung als Außenagent ein Flugtraining absolviert... ich bin zwar kein Profi aber für einen einfachen Flug zurück zur Midway wird es reichen... Trotzdem solltest du dich lieber hinsetzen und anschnallen." Bei seinen letzten Worten deutete der Agent auf einen der Konturensitze im Cockpit die noch frei waren und wandte sich wieder den Flugkontrollen zu.

    Er orientierte sich noch einmal und begann dann die Systeme des Shuttles hochzufahren. Während der Aufwärmphase schickte John eine Nachricht an die Flugkontrolle von Narshad und bat um Starterlaubnis. Nachdem er diese erhalten hatte prüfte er noch einmal alle Systeme und steuerte das Schiff vorsichtig aus dem Hangar. Keine Sorge John... das Ding ist im Prinzip nichts anderes als ein neun Meter großer Gleiter... es ist nur wesentlich schneller, komplizierter zu fliegen und erzeugt eine größere Explosion wenn es abstürtzt...

    Bis der Agent, dass Shuttle aus der Atmosphäre des Eisplaneten gesteuert hatte sprach er kein Wort, erst als er einen sicheren Abstand zwischen sich und den anderen Schiffen die im Orbit von Antirumgon lagen, gebracht hatte, gestattete er sich aufzuatmen. "Na bitte war ja gar nicht so schwer..." bemerkte er mehr zu sich selbst als zu den Anderen, doch es gelang ihm nicht ganz die Erleichterung aus seiner Stimme zu verbannen: "Jetzt müssen wir nur noch die Midway kontaktieren und wir können Feierabend machen..."

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