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  1. #281
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    Die Citadel: Bezirke
    09:10 Uhr


    Callie zog die Brauen zusammen und spitzte die Ohren. Die laute Stimme des Mannes drang ihr ans Ohr und rief eine dumpfe Abscheu in ihr hervor. Mit leiser Verärgerung fragte sie sich, warum die C-Sec nicht gegen solcherlei Hetzreden vorging.

    Der bärtige, menschliche Prediger hatte die Hände leicht erhoben, das Gesicht glühte vor fanatischem Eifer, auf seinem Anzug leuchtete das Symbol der Terra Firma, während er mit heiserer Stimme schrie, ja kreischte: „Der Menschheit allein ist es zu verdanken, dass die Citadel noch steht! Wir haben ein großes Opfer gebracht, um die gottlosen Geth abzuwehren. Mutig und furchtlos warfen wir uns dem Feind entgegen, einer Bedrohung, die von einem Rat aus verblendeten Individuen stetig geleugnet wurde! Ist dies kein Beweis dafür, dass wir – die Menschen! – einzig dazu bestimmt sind, die Galaxis zu regieren? Ich sage euch, wir haben lange genug im Schatten der Aliens gestanden! Es ist Zeit für die Menschheit, sich zu erheben und die niederen Spezies zu unterwerfen. Bereits jetzt zittert dieser Abschaum vor unserer Macht. Wir besitzen sie bereits, also lasst sie uns nutzen! Mit der Menschheit an der Spitze wird diese Galaxis einem Zeitalter voller Ruhm und Glorie entgegen streben, während sie mit den Außerirdischen als Regenten in den Untergang und die totale Zerstörung getrieben wird! Wir Menschen haben uns unseren Platz an der Spitze verdient, denn wie bereits die Bibel uns predigte, sind wir der Höhepunkt der Schöpfung und alle anderen Spezies, egal wie intelligent sie scheinen, existieren nur, um zu unseren Füßen zu kriechen! Aliens sind nicht mehr als Tiere, und Tiere sind dazu da, dem Menschen unterwürfig zu dienen oder von ihm getötet zu werden. Darum sage ich euch, erhebt euch gegen die unwürdige Herrschaft der Aliens und stürzt sie, damit wir endlich unseren rechtmäßigen Platz in dieser Hierarchie einnehmen können – den an der Spitze! Wir werden-“

    „Ekelhaft“, murmelte Callie. „Das die C-Sec so etwas zulässt, geht über mein Fassungsvermögen.“

    „Halt den Mund, du Arsch!“, schrie einer der Männer aus der Menge. „Ich arbeite seit zwei Jahren mit salarianischen Wissenschaftlern zusammen und die Burschen sind brillant! Tiere, pah! So ein Unsinn!“

    „Er hat Recht!“, kreischte eine Frau dazwischen. „Wir sind die einzigen, die es schaffen können. Diese Aliens sind doch zu dumm, um sich selbst die Schuhe zu binden!“

    Callie seufzte. „Wollen Sie sich das wirklich ansehen, Lieutenant? Ich halte es für besser, die C-Sicherheit darauf aufmerksam zu machen und dann zu gehen. Verzeihen Sie, aber bei solchen Hetzreden wird immer schlecht.“ Bereits bei diesen Worten hatte sie ihren Kommlink gezückt und die Nummer der C-Sec eingegeben. Mit knappen Worten berichtete sie, was sich just in diesem Augenblick vor ihren Augen abspielte. Der C-Sec-Officer versicherte, so bald als möglich jemanden hinzuschicken, und beendete dann das Gespräch – aber nicht, ohne sich vorher noch für den Hinweis zu bedanken.

    „Das erinnert mich zu sehr an diese dummen Jungen, die einmal fast ein paar batarianische Zivilisten abgeschlachtet hätten“, murmelte sie. „Integration… davon verstehen solche Leute nichts.“

    09:11 Uhr

  2. #282
    ME-FRPG only Avatar von Galen Kent
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    Die Citadel: Bezirke
    09:11


    Galen stand mit verschränkten Armen da und blickte auf die Menge. Seine Ohren nahmen die Rede des Predigers auf, doch konnte sein Gehirn die einzelnen Worte irgendwie nicht richtig heraus filtern oder weigerte sich viel eher das zu tun. Was er verstand war, dass der Mann von blindem Hass benebelt war. Etwas abseits der Menge, schräg hinter dem Burschen stand ein anderer Mann i Anzug, der scheinbar irgendwie zu ihm gehörte und die Menge beobachtete, daneben zwei weitere, die den Anschein von Leibwächtern machten.

    Der junge Offizier wollte gerade nicken und Mrs. Morgan folgen, da wandte der Anzugträger hinter dem Prediger den Blick zu ihm und musterte ihn interessiert. Schließlich zog er ein Kommgerät und sprach etwas hinein. Galen starrte den Mann an, bis er erkannte, dass es ein alter Bekannter war. Roderick Brown, ein Mitarbeiter seiner Vaters. Galen verzog das Gesicht unwillig und setzte sich rasch, fast fluchtartig aber noch gehend und nicht rennend in Bewegung, doch Mrs. Morgan hatte schnell wieder zu ihm aufgeschlossen.

    „Man sollte meinen das Universum wäre groß, aber trotzdem trifft man immer irgendwelche Leute, die man nicht treffen will...“, murmelte Galen und warf noch einmal einen Blick über die Schulter.
    Brown warf ihm ein hässliches Grinsen hinterher, das nichts Gutes verhieß. Aber von diesem Typen würde er sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Er hatte nichts mehr mit ihm zu tun.

    „Welche dummen Jungen, Ma'am?“, fragte er, um auf Mrs. Morgans Bemerkung zurück zu kommen, „Und welche batarianischen Zivilisten? Was ist passiert?“

    09:12

  3. #283
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    Die Citadel: Bezirke
    09:12 Uhr


    Callie verzog leicht das Gesicht. „Das war vor einigen Jahren. Eigentlich ein einfacher Einsatz, wir sollten nur etwas untersuchen. Der Leiter der Operation war kurz abweisend und das haben einige Privates im Team ausnutzen wollen. Die waren wütend wegen des Skyllianischen Blitzes ein Jahr vorher und dachten, sie könnten ihre Hassgefühle an ein paar Batarianern auslassen. Dabei wollten die eigentlich nur weg. Zivilisten. Es war sogar ein Kind darunter.“ Callie schüttelte energisch den Kopf. Es war eine Sache, gegen feindliche Soldaten zu kämpfen, aber unschuldige Zivilisten zu töten, war abscheulich und feige. „Ich bin dazwischen gegangen, ehe die Privates den Abzug ziehen konnten. Die Batarianer sind noch einmal ungeschoren davon gekommen, die Privates allerdings weniger.“

    Callie warf einen Blick über die Schulter zu der Ansammlung von Alienfeinden und deren Gegnern. Ein kleiner Schauder kroch ihr über den Rücken. Es gab nichts, was diesen Hass rechtfertigte, nichts, was ein Blutbad an unschuldigen Zivilisten entschuldigte. Es war völlig gleich, ob es Menschen oder Aliens waren. So ein Verhalten war unentschuldbar.

    „Abscheulich“, murmelte sie halblaut. „Ich bin der Menschheit verpflichtet, Lieutenant, und natürlich liegt mir viel an unserem Fortbestehen und unser Weiterentwicklung. Aber das heißt nicht, dass wir deswegen alles andere intelligente Leben gering schützen und mit Füßen treten dürfen. Für so etwas gibt es keine Entschuldigung.“

    09:12 Uhr
    Geändert von Andauril (18.09.2010 um 14:45 Uhr)

  4. #284
    ME-FRPG only Avatar von Galen Kent
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    Die Citadel: Bezirke
    09:12


    Galen lauschte und nickte dann etwas abwesend. Brown spukte noch immer in seinem Schädel und vor allem der Anruf, den er getätigt hatte. Hatte er Galens Vater angerufen und ihm mitgeteilt, dass Galen sich auf der Citadel befand? Der junge Offizier schnaubte kurz. Und wenn schon. Was sollte er ihm schon anhaben können?

    „Wie viele Einsätze im Dienste der Allianz hatten sie eigentlich schon, Ma'am?“, fragte Galen schließlich, „Ich fühle mich fast, als hätte ich mir meinen Platz erschlichen mit dem Studium an der Akademie. Es hatte den Vorteil für mich, dass ich nebenher einen Bachelor-Abschluss machen konnte, aber ich bin mir nicht sicher, ob einige der alt-gedienten Offiziere nicht vielleicht Recht haben, wenn sie auf frische Akademieabgänger herab blicken. Die paar Einsätze, die wir während der Semesterferien hatten, kann man an einer Hand abzählen.“

    Der junge Offizier blickte zu Mrs. Morgan hinüber, Bewunderung schien in seinem Blick zu liegen und vielleicht ein wenig Verlegenheit, dass er bei Weitem und nicht einmal ansatzweise wahrscheinlich würde mithalten können mit den Dingen, die sie erlebt und gemeistert hatte.
    „Würden Sie mir ein wenig erzählen, Ma'am? Von ihren Einsätzen?“, bat er höflich.

    09:13

  5. #285
    Newbie Avatar von Malik Buono
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    Die Kinder starrten immer noch herunter und auf ihren jungen Gesichtern meinte er Anzeichen von Angst, von Zorn und Hass, aber viel häufiger Erleichterung und ungläubiges Staunen zu erkennen. In ihm machte sich eine gewisse Unsicherheit breit, wie sie immer dann aufkommt, wenn man sich bewusst wird, dass man seine Nase zu tief in etwas gesteckt hat und sie einem gleich abgebissen werden könnte.
    'Wenn sie sich entscheiden mich anzugreifen, hilft wohl nur eine sofortige Flucht.'
    Bevor er allerdings das Wort ergreifen konnte, um die Situation zu entspannen, rief das Mädchen den anderen Kindern zu, sie können runter kommen, denn er stelle keine Gefahr dar. Er habe sie sogar behandelt.
    'Keine Gefahr? Ein Arzt kann sogar noch leichter töten, als er heilen kann.'
    Aber er freute sich über das Vertrauen, das sie ihm plötzlich entgegenbrachte. 'Oder haben die anderen Kinder ihr das Gefühl vermittelt jetzt wieder die Oberhand zu haben?'
    Doch dieser leise Zweifel konnte ihn seinem von Gutmütigkeit beherrschten Verstand keinen Halt finden.

    Manche energisch, andere zögerlich näherten sie sich ihnen schließlich und bildeten einen Halbkreis um sie. Das Mädchen versuchte aufzustehen, drohte aber halbaufgerichtet wieder umzufallen, sodass der Doc ihr kurzerhand unter die Schulter fasste und ihr zu ihren Kameraden half, wo sofort zwei Kinder, ein Junge und ein jüngeres Mädchen, seine Stelle einnahmen.
    „Warum hast du ihr geholfen? Und weshalb bist du hier?“, kam es von einem der älteren Jungen.
    „Ich bin hier, weil mich meine Füße hierher getragen haben. Man könnte auch sagen ich habe mich verirrt, aber das stimmt nicht ganz, denn ich weiß den Weg zurück. Ich bin schlicht und einfach durch Zufall hier gelandet, und von meiner Neugier getrieben.“, der Junge schaute kurz etwas verwirrt drein, schaffte es aber schnell wieder diesen Ausdruck zu kaschieren, indem er eine grimmige Mine aufsetzte. Zeit für Zwischenbemerkungen ließ Malik ihm aber nicht und auch sein Ton ließ nichts in diese Richtung zu, „Warum ich ihr geholfen habe ist sehr viel einfacher zu beantworten. Ich trage immerhin die Mitschuld an ihrer Verletzung.“

    Der Junge zögerte kurz, unschlüssig was er jetzt sagen sollte und vermutlich auch darüber, ob er, Malik, die Wahrheit gesagt hatte, dann meinte er, „Egal, am besten vergisst du, dass wir hier sind, oder noch besser, was du die letzte Stunde getan hast und gehst wieder.“ er machte ein ernstes Gesicht, dass dann aber von einem ehrlich erleichterten Lächeln abgelöst wurde, „Und danke, dass du ihr geholfen hast.“
    „Ich werde sicherlich nicht vergessen, was hier passiert ist, aber ich verspreche euch, dass kein Wort in falsche Ohren gerät.“. Bei seinen ersten Worten verhärteten sich die Gesichter einiger Kinder, doch sie entspannten sich recht schnell wieder und als er abschließend in die Rund winkte, erwiderten ein paar die Geste.
    Doch am meisten, und da war er sich sicher, würde ihm Gedächtnis bleiben, wie ihn das Mädchen, trotz der Schmerzen, die sie sicherlich noch hatte, angelacht hat, nachdem er sie bei seinen letzten Worten mit einem Zwinkern bedacht hatte. Sie sagte leise, „Ich glaube dir.“
    Eine schönere Art sich zu verabschieden hätte er sich im Moment nicht vorstellen können.


    Schon bald hatte er auf die üblichen Straßen im Bezirk zurückgefunden, die ihn mit Geschäftigkeit und Lärm willkommen hießen. Irgendwo in der Nähe redete jemand mit fanatischem Eifer auf eine Gruppe Menschen ein. Er war gespannt welchen Unsinn dieser geblendte Eiferer von sich geben würde und lief in seine Richtung.

    09:10

  6. #286
    FRPG-Account Avatar von Octavian Visconti
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    Citadel Bezirke – Anwesen der Viscontis

    Das Gelächter der Meute untermalte Octavians Aufstieg ins vierte Stockwerk über die Treppen. Das Haus war in einem antiken Stil gehalten und dadurch, dass es kaum Türen gab, und diese beim Leichenschmaus alle offen standen, hätte er sogar die einzelnen Stimmen identifizieren können, wenn er sich denn darum geschert hätte. Er schritt die Treppe hoch, entlang an den Familienportraits und Kruzifixen, Relikte aus den Tagen, in denen die Eltern noch lebten, und die er nicht beachtete. Stattdessen widmete er sich dem ‚Chandler‘ Bourbon und trank mehrere Schlucke, wirkte dabei mehr wie ein Obdachloser als wie der reiche Sohn eines Unternehmens, der er war. Dadurch dass er während dem Aufwärtsgehen trank, kam es, dass er unvorsichtig auf die Stufen stieg und drohte zu stolpern oder gar zu stürzen. Er hielt sich deshalb immer am Gelände fest, zog sich teilweise schon an ihm hinauf und keuchte schwer, ob den Bauchschmerzen, die ihn heimfielen, aufgrund seines Alkoholkonsums in der letzten Stunde. Octavian war sich nicht recht sicher, was ihn hinauftrieb in die oberen Stockwerke, wo niemand auf ihn wartete – aber vermutlich war es gerade das, dass niemand sich dort oben um ihn kümmern würde. Der ideale Zeitpunkt, um die Gedanken formen zu können und sie anschließend einzusammeln. An den Decken, stets in der äußersten Ecke, waren Kameras angebracht worden, die jeden seiner Schritte beobachteten, da es sich aber um Kameras hielt, die keine Meinung hatten, und die nur starr das Bild aufzeichneten, dass sie sich ihnen bot, kümmerte er sich nicht um sie.

    Er überlegte kurz, ob er schroff zu Anna gewesen wäre, aber er tat dies als Hirngespinst seines Alkoholkonsums ab – und schwor sich ihr, wenn sie sich heute Nacht treffen würden, eine Flasche Vodka und eine Flasche Tomatensaft mitzubringen. Als er oben angekommen war, hätte er noch zwei Stockwerke weiter gehen müssen, um in den Dachboden zu gelangen, von dem aus her aufs Dach gelangen konnte, aber das wollte er jetzt nicht. Er brauchte nicht die Freiheit zu spüren, die er zweifellos empfinden würde, wenn er dort oben stand und die Citadel im Blickfeld hatte, wie sie sich ihm zu präsentieren gewöhnt war. Stattdessen betrat er schwer schnaufend den Raum am Ende des Flurs, trocknete sich auf dem Weg die Schweißperlen ab und verfluchte Vater innerlich, dass jener so stur war, keine Lifte im Anwesen anzubringen. Als wollte er irgendwem etwas zeigen, den Besuchern klar machen, dass sie hier in einer noblen, luxuriösen, aber auch antiken Welt festsaßen, solange sie sich innerhalb dieser Mauern befanden. Auch wurde es somit natürlich Dieben erschwert sich zu orientieren, denn abgesehen von der zentralen Stiege, die vom Erdgeschoss bis hinauf in den sechsten Stock führte, war das Anwesen kompliziert gehalten und erinnerte an einen Irrgarten eines französischen Königs. Es war gut vorstellbar, dass jemand, der sich nicht auskannte, sich leicht verlieren würde, denn es gab viele Zimmer, die gewiss früher einen Zweck erfüllten, jetzt aber leer standen, und es gab noch mehr Zimmer, die schön dekoriert waren mit allem möglichen Mobiliar, aber dennoch nichts wertvolles enthielten, aber dennoch den Eindruck erweckten, als wären sie die Schatzkammer des spanischen Königs. Und zweifellos verschlimmerte der Innenhof, der ganz und gar nicht königlich wirkte, die Orientierungslosigkeit der Besucher nur noch, denn durchquerten sie ihn erst, so konnten sie sich gewiss sein, nicht mehr die Tür zu finden durch die sie gegangen waren, womit sie hiermit auch den einzigen Ausgang hinter sich ließen, schließlich bot das Anwesen nur einen echten Zugang, denn sowohl Hintertür als auch Fenster stellten keinen Fluchtweg da, aufgrund der hohen, naheliegenden Mauer, die die Residenz umgaben und den Mauern, der englischen Königin in nichts nachstanden.

    Der Raum war gefüllt von Erinnerungsschätzen, aber an keinen der Gegenständen konnte sich Octavian erinnern, da sie nichts miteinander verband und die Erinnerungsgegenstände waren schon alle leicht staubbefangen und zeigten damit, dass sie, seit der alte Mann gestorben war, scheinbar in Vergessenheit geraten sind und sich somit niemand mehr um sie kümmerte.. Er hatte Vaters heiligstes Sanktuarium betreten, einen Raum auf den der alte Mann gepocht hatte, den er unbedingt brauchte. Wohlgemerkt, es stand außer Frage, dass der Raum bei der Planung des Anwesens wirklich gebaut wurde, aber viel mehr stand es zur Debatte, wie er ihn gedachte zu nutzen. Die vorher erwähnten Kameras, sie alle zeichneten Bilder auf, und all diese Bilder kamen hier zum Ende ihrer ‚Reise‘. Sie lieferten nicht ans Sicherheitsbüro von Corefield Design und auch nicht in einen streng abgeschotteten Raum, in dem ein einsamer Wachmann täglich die verschiedenen Monitore anstarrte. Jede Kamera im Anwesen, und in jedem Raum befand sich mindestens eine – ausgenommen dieser Raum, und jede lieferte die Dateien einzig und allein ans Terminal, das direkt unbeachtet in der Ecke stand, und leicht übersehen werden konnte. Octavian erinnerte sich an die hitzigen Debatten zwischen Julius, Lepidus und ihm, in denen er seinem Vater klar machte, dass er nicht in diesem Haus wohnen würde, hätte er keinen Zugriff auf die Dateien, da er als Sicherheitschef von Corefield Design, wohl der einzige war, der das Recht besaß, die anderen – zu ihrem Schutze – zu beobachten. Doch der alte Mann blieb stur und die Diskussion war beendet, als Julius Octavian an den Kopf stieß, indem er ihm mitteilte, dass für ihn kein Zimmer geplant sei und er dieses Anwesen sowieso nicht als ‚sein‘ Zuhause betrachten solle. Dies stieß Octavian sauer auf, und obwohl er sich anfangs dagegen gewehrt hatte, während seiner geschäftlichen Dienste auf der Citadel, hier in diesem Haus aufzukreuzen, gestand er sich schlussendlich doch irgendwann ein, dies als sein Zuhause zu betrachten, denn schließlich wohnte hier sein Vater, und der Eindruck der leeren Residenz erweckte das unerschütterliche, sentimentale Gefühl in Octavian, dass er hier hätte seine Kindheit verbringen können. Vielleicht war es sogar so, (und diese Vermutung könnte wohl höchstens ein Psychiater bestätigen, nach zahlreichen, teuren Sitzungen, versteht sich) dass Octavian in gewisser Weise seine früheren Erinnerungen an sein Zuhause in Wien – ebenfalls eine prunkvolle Villa, die beiden Häuser ähnelten sich also – hier auf dieses neue Gebäude projizierte und es deshalb als so heimisch empfand. Und entgegen den konträren Annahmen Vaters, Octavian würde nie in dem Gebäude schlafen, sicherte sich sein Sohn relativ früh ein leeres Zimmer, klein und nur mit dem nötigsten eingerichtet. Aber so kam es schlussendlich auch dazu, dass die beiden durchaus ihre versöhnlichen Abende hatten in der Bibliothek, wo sie gemeinsam ihre Drinks zu sich nahmen, sich Anekdoten erzählten oder sich einfach schweigend flüchtig betrachteten, während sie in den Büchern ihrer Wahl blätterten. Es war nicht alles schlecht zwischen ihnen, dachte sich Octavian, ihnen fehlte nur häufig, die Fähigkeit miteinander zu kommunizieren. Denn, wie sie beide wussten, waren sie sich durchaus ähnlich, auch wenn ihr Urteil vorwiegend durch die gemeinsamen negativen Eigenschaften verbunden war.

    Octavian schlenderte an den Tisch von Vater, der – im Gegensatz zum restlichen Zimmer – sich als sehr modern gab und dessen Metall rot angestrichen war. Ein Terminal befand sich unter dem Tisch und der Monitor visualisierte alles im traditionellen, gewohnten Stil für Menschen. Vater hatte es schwer sich an die Hologramme zu gewöhnen, war verwirrt von der Bedienung und er wollte zumindest in diesem Raum dieser Technik entgehen, in dem er eine Maus und eine Tastatur verwendete und damit ein kleines bisschen an den liebgewonnen Eingabetechniken festhielt. In Kreisbewegungen fuhr Octavian über die Tastatur, man hätte es auch als streicheln bezeichnen können, und dann schaltete er das Terminal mit einem Tastendruck an. Augenblicklich erschien das Logo des Herstellers auf dem Monitor und eine kleine Loop-Melodie kündigte an, dass das Betriebssystem nun bereit war. Das alles ging innerhalb von wenigen Sekunden von statten und war damit kaum vergleichbar mit den Wartezeiten schwächerer Terminals. Es war für Octavian ungewohnt an einem alten Rechner zu arbeiten. Die Ergonomie bei den modernen Hologramm-Terminals stellte klare Arbeitsvorteile dar, gestaltete sich effizienter und auch freundlicher in allen Belangen. Insofern war es merkwürdig an einem direkt antik wirkenden Gerät zu arbeiten, das man aber keineswegs unterschätzen sollte.
    Octavian hatte einst versucht sich ins System einzuhacken, aber selbst seine besten quarianischen Tech-Spezialisten sahen sich außer Stande durch die kniffligen Passwörterhürden und Firewall-Einstellungen durchzukommen. Er rief sich den Bericht ins Gedächtnis und das Fazit lautete: Zugriff auf das System, erhalten Sie nur wenn Sie es selbst bedienen. Dadurch, dass das System sich nur auf sich selbst berief, war es keine Hexenkunst, es nahezu undurchdringbar zu gestalten, aber trotzdem waren seine Tech-Spezialisten angetan von der Konsequenz mit dem das System aufgebaut war. Octavian war nun wissbegierig darauf, was sein Vater auf dem System so versteckt hatte, und wie es ihm weiterhelfen konnte den Mörder zu fassen.

    Im Monitor spiegelte sich nicht nur Octavians Gesicht, sondern auch das Gemälde das hinter Octavian hing und die Erde zeigte in einem gelungenen, aber abstrakten Aquarellzeichenstil. In der rechten Ecke des Bildes waren graue Schattierungen zu erkennen, womit man wohl annehmen konnte, dass der Maler als Vorlage ein Foto gewählt hatte, dass auf dem Mond entstanden ist. In der rechten Ecke stand das Terminal, welches ununterbrochen arbeitete, die Vids speicherte und synchron die Dateien stets für das operierende System unter dem Tisch freigab, womit ein unkomplizierter, jedoch sicherer Arbeitsablauf bewerkstelligt wurde. Durch das mehrere Meter lange Fenster, welches mit Jalousien verkleidet war, die zwar stets hinuntergezogen waren, aber sich meistens dennoch geöffnet präsentierten, drang nur ein fahles, gebrochenes Licht ein. Auf der anderen Seite war ein langer Spiegel angebracht, der vorwiegend das Fenster erfasste und damit den Eindruck erweckte, als wäre das Zimmer größer als es eigentlich war. Die Dekoration, unter anderem eine Rüstung eines Deutschritters aus dem dreizehnten Jahrhundert nach Christus und ein Kopf eines Elches, den Julius Visconti in einem Tierschutzreservat erledigt hatte, vermittelte einen abstoßenden Eindruck auf die Besucher des Raums, brachte sie unweigerlich in eine Position, in der sie sich wohl etwas eingedrängt füllten. Man hätte dieses Privatgemach von Julius Visconti also durchaus auch als Verhörzimmer verwenden können. Ein Eindruck der durch die alten Lampen nur noch verstärkt wurde, da diese äußerst schwach waren, oft flackerten und generell den Raum in einen dämmrigen Zustand versetzten.

    Er hatte keine sonderlich großen Schwierigkeiten das System arbeitsfähig zu machen. Da er vom Terminal operierte, brauchte er nur ein Passwort und dies dabei handelte es sich um dasselbe wie bei seinem Firmenaccount: ‚Gabriela‘.
    Octavian wurde bei der Durchforstung der Mails seines Vaters hellhörig, da einige der Mails unwiderruflich gelöscht wurden, was ihm auffiel, da beim Lesen der, meistens recht knapp formulierten, Mitteilungen auf andere Mails Bezug genommen Eine genauere Analyse würde allerdings die gelöschten Mails sicherlich wieder zu Tage fördern. Es waren einige persönliche Mitleidsbekundungen zu lesen von Leuten, die es nicht zur Einäscherung geschafft hatten und aufgrund von Ermangelung genauerer Informationen über seine Söhne, ihre Nachricht an den Account des Vaters geschickt hatten. Die Namen sagten Octavian nichts, aber es war selbstverständlich, dass er sich die Namen im PDA zumindest notieren würde. Weitere Mails vor dem Tod seines Vaters brachten Octavian aber keine weitere Informationen preis, zumindest nicht, was er nicht schon gewusst hatte. Julius Visconti selbst hatte einige Mitteilungen an Claudia geschickt, in denen er um ein Treffen bat und aus dem Nachrichtenverlauf zu schließen, verliefen die Treffen stets gleich. Julius wollte sie, sie war sich nicht sicher, sie trafen sich, er wollte sie anschließend noch mehr. Claudias Position blieb dabei unschlüssig, da auf dem System keine Nachrichten von ihr zu finden waren und Octavian bereute es, dass er vermutlich nicht der Erste war, der Zugriff auf das System hatte. Während dieser ersten Phase der Recherche beachtete Octavian den Bourbon nicht, zu fest hatte er die Witterung aufgeschnappt und wollte mehr erfahren. Jedoch stillten die persönlichen Mails seines Vaters ihn nicht wirklich. Zumindest fiel ihm bereits in dieser frühen Phase der häufige Mail-Verkehr zwischen Sezuluv, einem salarianischen Wissenschaftler, angestellt bei Corefield Design, Holden, dem, bei der Einäscherung, schmerzlich vermissten Raumfahrer, sowie seinem Vater auf. Dabei schien es um Corefield Design zu gehen, jedoch verwendete keiner von ihnen ihre Firmenaccounts hierfür, womit sie auch aus Octavians genauerer Beobachtung fielen. Beide verfügten zudem, besonders durch ihre freundschaftliche Beziehung zu Octavians Vater, über genügend Vertrauen, dass man nicht ihre privaten Aktivitäten verfolgt hatte. Er durchforstete weitere Mails, die sich zu einem Großteil als bedeutungslos herausstellten, unter anderem drehte es sich um Julius Anmeldungen bei einigen nicht-jugendfreien Extranet-Seiten sowie um diversen freundschaftlichen und familiären Mailkontakt, unter anderem auch mit Octavian selbst, wobei ihm auffiel, dass sein Vater äußerst viele Entwürfe von Mails abgespeichert hatte, die Octavian aber alle schon in der ein oder anderen Form kannte. Die thematische Bandbreite erstreckte sich von der ‚anstehenden‘ Kündigung über Belobigungen, Gratulationen und Kritik an Octavians Führungsstil sowie um alltägliche Mails, wie es Octavian ginge. Seltsamerweise erhielt Octavian nie eine Nachricht von seinem Vater, in der jener nachfragte, wie sich Octavian fühlte. Ihm wurde etwas schwermutig, als er den einfachen Satz; Wie war das Wiedersehen mit Jacqueline‘, las und er griff nach der Flasche Bourbon und nahm einen kräftigen Schluck, was sich gut anfühlte.

  7. #287
    FRPG-Account Avatar von Octavian Visconti
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    [Fortführung, geteilt aufgrund Zeichenlimitierung]

    Er versuchte im nächsten Schritt Zugriff auf die geschäftlichen Informationen Vaters zu erlangen. Im Dunst seiner Zigaretten erschienen aber nur Passwortanfragen auf dem Monitor als Reaktion auf seine Kommandos. Verbittert starrte er den Bildschirm an und in ihm kam die Frage hoch, warum, wenn Vater schon sein persönlichstes Terminal so abgeschottet hatte, nun auch noch weitere Passwörter Octavians Weg pflasterten, auf der Suche nach Antworten. In Octavian kam die Befürchtung auf, dass sein Vater wohl gewisse paranoide Züge besaß, andererseits war dies auch nicht verwunderlich, wenn man einen Sohn wie ihn hatte. Und in der nächsten Frage, die er sich stellte, und die er sich viel zu spät stellte, ging es darum, ob die C-Sec dieses Terminal bereits untersucht hatte. Vermutlich war dies der Fall und er befürchtete, dabei strich er sich mehrere Male nervös durch die Haare und über das Gesicht, dass diverse firmeninterne Angelegenheiten somit unweigerlich – ob nun durch die verantwortlichen Ermittler oder einen wertlosen Beamten, der die Akten zur Kontrolle durchging – nach außen durchdringen konnten.

    Er entschied sich dazu Sarvil zu kontaktieren, zückte seine Kommunikationseinheit und rief ihn an. „Ja, Erhabener“, meldete sich der Batarianer nach nur kurzem Klingeln. „Ich bräuchte ein paar Passwörter für gewisse Dateien. Eine sichere Verbindung durch das Omni-Tool stellt kein Problem dar, aber könnt ihr die Dateien relativ schnell entschlüsseln?“
    „Hängt ganz davon ab, Erhabener. Wir werden unser bestes probieren. Um was für Dateien handelt es sich?“
    „Firmeninterne Dokumente, so wie es aussieht. Ich schicke euch einfach den ganzen Ordner, entschlüsselt sie, aber seht sie euch noch nicht an.“
    „Verstanden, Erhabener.“
    Octavian legte auf. Via dem Omni-Tool baute er eine geschützte Leitung zum Bordcomputer von Corefield Design #3 auf. Anschließend verband er das Omni-Tool kabellos mit dem Terminal mit Hilfe des DOS, lud die Dateien auf das Omni-Tool und schickte sie an seine Batarianer. Natürlich war es höchst diskutabel solch möglicherweise wichtige Dateien an einen Haufen von Batarianer zu senden, deren fragwürdige Loyalität in der Galaxie wohl bekannt war, aber Octavian vertraute seinen Männern mehr als irgendwelchen dahergelaufenen Technikspezialisten und aufgrund der Software an Bord der Corefield Design #3 würden sie die Passwörter wohl innerhalb einer Stunde geknackt haben.

    Er zündete sich eine weitere Zigarette an, überlegte was er tun sollte, bis die erforderlichen Passwörter eintreffen würden. Er legte die Zigarette in den smaragd-grünen, durchsichtigen Aschenbecher und wollte zuerst das System noch etwas durchforsten, doch wie sich alsbald, innerhalb weniger Minuten herausstellte, war nur noch uninteressantes Zeugs auf dem Terminal zu finden. Ehrlich gesagt, hatte sich Octavian mehr von Vaters gut geschütztem Heiligtum erwartet. Er hatte gehofft Geheimnisse aufzudecken, Fragen, die ewig quälten. Er wollte vor allem das Testament sehen, aber offenbar befand sich keine Vid-Kopie auf dem Terminal, zumindest behaupteten dies die Such-Filter, die Octavian angewendet hatte. Er löschte die Zigarette, nahm sich ein Glas vom Regal, das unter dem Gemälde dezent positioniert war und vor allem dazu diente Julius Visconti regelmäßigen, schnellen Alkoholschub zu gewähren, und starrte etwas ins Fenster hinaus, ohne recht zu wissen, was er erhoffte zu erkennen. Nur eine Reihe von geparkten Shuttles, die den Gästen gehörten. Dann kam es ihm und er ging zum Terminal in der Ecke. Mit einem einzigen Klick hatte er die Verbindung zum Hauptsystem hergestellt und konnte nun gemütlich vom Monitor durch die Überwachungskameras alles registrieren, was sich im Hause Visconti so abspielte.

    Er zog seine Stiefel aus, legte die Jacke kokett über den Sessel, in dem er versank, knüpfte sich das Hemd auf, füllte sich das Glas mit Chandler Bourbon, zündete sich die Zigarette an und aktivierte das Überwachungsprogramm. Augenblicklich öffneten sich die zahlreichen Perspektiven der Kameras vor seinem Auge und er hatte, das musste er sich eingestehen, die Anzahl der Kameras gehörig unterschätzt. Dank der unglaublichen Rechenkapazität des Terminals stellten aber die verschiedenen Videokanäle kein Problem dar und auch wenn es sich als ausgesprochen ungewohnt darstellte auf einem 20 Zoll Monitor Videos anzuschauen, (er war es normalerweise gewohnt Überwachungsvideos über Hologramme zu sehen, in denen man über einfache Körperbewegungen jederzeit die volle Kontrolle über das Bild hatte) gewöhnte sich Octavian nach einiger Einarbeitungszeit recht schnell an das antik anmutende Programm. Er schaltete auf Vollbild und klickte etwas durch die verschiedenen Aufnahmen, die gerade in Echtzeit übertragen wurden. Um seine Augen und seine Fähigkeiten beim Programm etwas zu testen, inspizierte er zuerst nur Kameraaufnahmen, in denen sich niemand aufhielt, anschließend wechselte er in den Speisesaal. Die durchmischten Stimmen der Gäste schockten ihn kurz und erweckten den Eindruck einer wirren Lawine, die über ihn hinweg zu rollen drohte. Perplex richtete er seinen Sessel, nahm gar die Füße vom Tisch, und versuchte hastig Befehle in die Tastatur einzugeben, um das Stimmengewirr zu entflechten, verschiedene Personen heraus zu kristallisieren. Es dauerte einige Minuten bis er die Tricks heraushatte und durch einfache Mausbefehle konnte man direkt die Audioaufnahme auf einen bestimmten Kreis von Personen einschränken, wodurch eine bestmögliche Wiedergabe möglich war – so als stünde Octavian mitten in ihrer erlauchten Gesprächsrunde. Er scrollte etwas durch die verschiedenen Gruppen, die sich gebildet hatten.

    „Ja, wirklich sehr traurig“, meinte Stella, eine führende Geschäftsfrau bei Conatix Industries.
    „Wie wohl die Zukunft von Corefield Design ausschauen wird?“, meinte Kergas, der bei ExoGeni angestellt war und der in den letzten Jahren, so war sich Octavian sicher, immer wieder Andeutungen gemacht hatte Corefield Design übernehmen zu wollen. Bis jetzt hatte es dieser Mann aber noch nicht geschafft seine Kollegen im Vorstand davon zu überzeugen.
    „Sie denken immer ans Geschäft, oder?“
    „Irgendjemand muss es tun, meine liebe Stella.“
    „Dies ist eine Einäscherung, beziehungsweise jetzt ein ‚Leichenschmaus‘.“
    „Glauben Sie mir, das weiß ich, aber ExoGeni unterhält eine sehr ‚enge‘ Partnerschaft mit Corefield Design. Es ist uns wichtig, dies nicht außer Acht zu lassen, trotz der Tragödie, die sich ereignet hat.“
    „Sie sind manchmal ganz schön… kalt, wissen Sie das?“
    „Ich bin nur rationell veranlagt, mein Täubchen.“
    „Lassen sie das.“
    „Was lassen?“
    „Fürs erste: Ihren merkwürdigen Blick, den sie haben, sobald sie an ihrem Manhattan nuckeln. Und zweitens: Das gesamte Gesprächsthema. Ich würde es bevorzugen über Julius zu reden. Niemand wird Corefield Design übernehmen wollen, die Firma ist kurz vor dem Niedergang. Seit dem Citadel-Blitz haben sie mit keiner neuen Technologie auftrumpfen können, kaum neue Verträge abgeschlossen, die – dies muss erwähnt werden – zusätzlich auf äußerst wackeligen Beinen stehen, und sowieso ist für solch elitäre Firmen im Krieg kaum Platz. Das müssten Sie doch wissen: Große Konzerne – wie unsereins – profitieren vom ‚Krieg‘. Relativ kleine Firmen wie Corefield Design gehen daran zu Grunde, vor allem wenn die Geschäftsinhaber einen solch“, Octavian fiel auf wie sie ihren Blick durch den Speisesaal streifen ließ, „extravaganten Lebensstil wie die Viscontis führen.“
    „Tztz, Stella, nun sind Sie es die äußerst geschäftlich wirkt.“
    „Nicht geschäftlich, ich mache mir Sorgen um das Erbe von Julius.“
    „Sie meinen, wer der nächste… Fürst wird? Das klingt allzu geschäftlich für mich.“
    „Sie machen es nur geschäftlich, lieber Kergas.“

    Octavian stöhnte und zoomte wieder heraus. Er war angewidert von den Zweien, die sich gegenseitig flirtende Blicke zuwarfen, sich gegenseitig dabei über den jeweils anderen aufgrund des geschäftlichen-fokussierten Gesprächs mokierten und somit die ganze traurige Veranstaltung in den Dreck zogen, ob der geheuchelten Beachtung des wehmütigen Anlasses des Essens; und zudem schienen die Beiden sowieso eine scheinbar erotische Intimität – so empfanden es die beiden vielleicht – zu entwickeln, in dem sie sich gegenseitig an ihren Rängen innerhalb ihrer Konzerne aufgeilten. Octavian gefiel dies nicht.
    Im Speisesaal waren nur wenige andere Leute noch, die meisten von ihnen machten sich über die Reste des Essens her, teilten lautstark mit wie gut es ihnen schmecke und Octavian erkannte den turianischen Partner der hauptermittelnden Asari, wie er sich an einem edlen Varren-Steak gütlich tat, das sicherlich extra für Turianer zubereitet worden war.

    Er wechselte die Kamera zur Bibliothek und sofort sprang ihm natürlich Pavel ins Auge, wie er gerade Anna vollquatschte. Er zog genüsslich an seiner Zigarette und nahm einen Schluck Bourbon zu sich, wusste er doch, dass dies jetzt sicherlich äußerst amüsant werden würde.

    „Wie schon Teilhard de Chardin gesagt hat, der Mensch ist…“
    Oh verfluchter Chardinismus-Rotz!. Next! In der darauffolgenden Sekunde hatte Octavian auch schon wieder die Audiowiedergabe unterbrochen und konnte die Stimme von Pavel nicht mehr ausmachen. Er erkannte nur die Gesichter und wie Anna, minder beeindruckt, ihre Augenbrauen hochzog, immer wieder andächtig nickte, um höflich zu wirken, aber Pavel nicht die notwendigen Signale gab um ihm zum Schweigen zu bringen, wodurch dieser sie weiter zu schwafelte.
    In der Bibliothek waren noch weitere Personen, mehrere standen rund um die Bar, während der unfähige Kellner Drinks an die Leute verteilte. Octavian schaute kurz auf die Uhr und es war etwas nach siebzehn Uhr. Die Zeit schien zu verfliegen. Aber zumindest hatte sich der Turianer an die Zeit gehalten, die Octavian vorgab, mehr konnte er wohl nicht erwarten, auch wenn es ihm sauer aufstieß, dass sich die Gäste an Vaters Alkoholvorrat labten, anstatt den billigen Fusel des Caterings zu trinken. Aber das war wohl auch zu viel verlangt für solch ‚noble‘ Herrschaften.

    „Also wirklich, ich kann Ihnen dies in bestem Gewissen sagen, wir Menschen verdienen mehr Anerkennung, nicht… nicht nur in der Citadel, sondern auch vor allem im wirtschaftlichen Bereich. Wir haben uns nicht nur etabliert, wir sorgen für Entwicklung, tja man könnte sogar sagen, für Revolutionen in der Technik. Corefield, ExoGeni, Binary Helix und so weiter. Das sind menschliche Firmen und ich finde es durchaus angebracht zu sagen, dass es auch menschliche Firmen bleiben sollen. Ich unterstütze deshalb Terra Firma nicht einfach nur aus einer Laune heraus, sondern aus tiefsten menschlichen(!) Überzeugungen, die ich bis zu meinem Leben vertreten werde.“
    „Amüsant wie sich aufspielen.“
    „Ja, der Fisch war wirklich gut.“
    „Oh nein, ich spiele mich nicht auf. Ach, wenn… wenn Sie doch bloß etwas Einblick hätten in die komplifi… komplizierten politischen und ökonomischen Entwicklungen, die sich heudfudage…ovenbar... äh, entwickeln.“
    „Ich werde mich verabschieden, aber davor bedanke ich mich für den Fisch.“
    „Ich trinke gerade noch aus, dann geh‘ ich gleich mit.“
    „Sie sind schon etwas betrunken. Sie sollten etwas weniger trinken, und viel weniger reden.“
    „Wie meinen S-S-Sie denn das?“
    „Sie sind ganz schön rassistisch unterwegs. Und ich bin eine Asari übrigens!“
    „Wirklich?“
    „Das Steak fand ich auch gut. Der Officer von der C-Sec hatte es mir empfohlen, ich weiß aber nicht, ob seines wirklich gut schmeckte. Und diese Turianer schmatzen alle so, also die schmatzen wirklich!“
    „Ich fühle mich etwas angegriffen, ehrlich gesagt.“
    „S-Sie sind eine Asari? Und ich dachte einfach nur, ich wäre schon blau, haha!“
    „Das ist nicht lustig, zumindest ist es nicht lustig, wie wenig Alkohol sie vertragen.“
    „Ich bin auch kein Visconti.“
    „Auf Wiedersehen und danke für den Fisch.“
    „Etwas mehr Trinkgeld hätte mir die dumme Sau schon geben können.“

    Kopfschüttelnd wechselte Octavian die Kamera und hatte nun die Küche auf dem Monitor, wo sich ihm ein wahrlich erschreckender Anblick offenbarte. Claudia beugte sich über einen schmächtigen, blonden Kellner, der etwas Ähnlichkeit mit Octavian in jungen Jahren hatte, und flüsterte ihm lasziv nach vorne gebeugt ins Ohr: „… du hast also nicht?“
    „Ma’am, ich bitte Sie, ich arbeite hier, ich bin abhängig von diesem Job. I-ich brauche ihn.“ Sie küsste ihn zärtlich in der sonst menschenleeren Küche auf die Lippen, verführte ihn mit einem gespielt-kindlichen Lächeln, raubte dem jungen Kind die Sinne. Sie zeigte ihm ihre voluminösen Brüste, ihr üppiges Becken presste sie an ihn. „Ich bitte dich. Wir sind alleine hier, niemand wird es erfahren. Es bleibt unser kleines Geheimnis, ja?“
    „Ich bin mir nicht sicher, Ma’am.“
    Claudia hickste und lachte auf, meinte dann, sie wäre die Freundin von Lepidus Visconti und er solle sich nicht so anstellen, denn genieße er nicht diese Liebkosungen, so würde sie Lepidus erzählen, was eigentlich gar nicht passiert wäre.
    „Ma’am, das können Sie nicht tun! Ich bitte Sie!“
    „Ich bitte dich um einen Kuss, ist das so viel verlangt? Ein Kuss, meine Lippen, sie sehnen sich nach solch bleichen Unerfahrenen wie deinen.“ Sie berührte mit ihrer Hand seine Mundwinkel, die auf und ab bebten. Der junge Kellner klammerte sich an den Herd hinter sich, lehnte sich immer weiter nach ihnen, aber Claudia kam unweigerlich näher und berührte schlussendlich seinen Mund, küsste ihn intensiv und voller Leidenschaft, ehe auch der Kellner sich seiner Lust hingab, sie an den Armen ergriff und nach vorne stieß. Die beiden stolperten ein paar Schritte, während der Mann, in seiner ganzen Unerfahrenheit, versuchte die Kontrolle über die Situation zu erlangen. „Ich kann nicht“, hauchte er ihr ins Ohr, aber Octavian verschwand dieses Eingeständnis wohl besser als Claudia, die aufgewühlt vor dem Burschen stand und voller Hingabe seinen Hals küsste, vermutlich gar reinbiss. Ein gestöhntes Aufstoßen war die Folge beim Mann, ehe er sie erneut kräftig packte und auf den Herd legte, sich über sie beugte, an ihrem Kleid zog, seinen Kopf in ihrer brünetten Haarpracht untergehen ließ und in seiner Unkenntnis des derzeitigen modischen Trends versuchte ihr Kleid von vorne zu öffnen. Claudia lachte auf. Der Mann, irritiert, wanderte mit seinem Mund nach unten, küsste sie an ihrem Hals, aber Claudia gab sich schon ihrem Lachanfall hin. Der arme Kellner, vollkommen erregt, versuchte anschließend noch seine Hose zu öffnen, aber Claudia schupfte hin weg, lächelte über seine nicht vorhandene Erfahrung und bescherte dem Burschen wohl somit die erste, schlechte, sexuelle Erfahrung in seinem Leben. „Du bist noch ein Jüngling, mein Hübscher.“
    „Du gehst, wieso?“
    „Ach, versteh‘ mich nicht falsch“, Claudia zog eine Zigarette aus ihrem Etui hervor und öffnete die Tür zur Küche, „aber du bist nicht das nach was ich in diesem Moment gesucht habe. Schade, dass du dich hingeben hast. Merk dir, du hast mehr Charme, wenn du am ganzen Leib zitterst.“ Sie zündete die Zigarette an, hinterließ einen verdatternden Kellner, der sich diesen Arbeitstag wohl ganz anders vorgestellt hatte, und verließ die Küche, und so tat es auch Octavian.

    Für Claudia interessierte er sich nicht weiter, eher fragte er sich wo die anderen Gäste waren und vor allem seine Brüder. Zweifellos, und davon überzeugte sich Octavian, waren alle im Erdgeschoss, die meisten gar im grausig hergerichteten Innenhof, so auch Sejan und Tante Gruska, die gerade ein erhitztes Gespräch führten. Er wollte lauschen, aber dann dachte er sich, dass die Beiden, mit Verlaub, zu uninteressant dafür waren. Er bemerkte auch seine Brüder, wie jene gerade den Hof verließen. Mit den Kameras folgte er ihnen und als sie die Treppe bestiegen, wusste er, dass sie nun zu ihm hinaufkommen wollten.

    17:25

  8. #288
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    Die Citadel: Bezirke
    09:12 Uhr


    Ein kleiner Seufzer schlüpfte von Callies Lippen. Sie hätte sich darauf einstellen sollen, dass eine solche Frage früher oder später gestellt werden würde. Vermutlich hatte sie in den letzten zwölf Stunden mehr über ihre Einsetze geredet als in den vorangegangen zwölf Monaten.

    „Ja, ich hatte den einen oder anderen Einsatz“, erwiderte sie mit ruhiger, gemäßigter Stimme. „Aber ich ziehe es eigentlich vor, meine Erfahrungen nicht offen auszubreiten.“

    Der Staff Lieutenant furchte leicht die Stirn, zögerte. „Außerdem wüsste ich nicht, wo ich einen Anfang machen sollte. Ich kann mich an jeden Einsatz erinnern – an manche zwar nur recht schwach, aber immerhin. Solche Bilder vergisst man nicht so schnell…“

    Ein Kopfschütteln, sanft, unmerklich fast. Callie hob eine Hand und strich sich nachdenklich eine dreiste, blonde Strähne aus dem Gesicht, die sich aus dem Knoten in ihrem Nacken gelöst hatte. „Der skyllianische Blitz, der Citadel-Blitzkrieg, diverse Kampagnen, Aufklärungseinsätze… Irgendwann werden sie selbst auf solche Einsätze zurückblicken und feststellen, dass es größtenteils… die Realität hat wenig mit heroischen Fantasien zu tun, Lieutenant.“

    09:13 Uhr

  9. #289
    ME-FRPG only Avatar von Galen Kent
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    Die Citadel: Bezirke
    09:13


    „Ich weiß, dass die Realität nichts mit Army-Romantik zu tun hat, Ma'am.“, erwiderte Galen leise und zuckte mit den Schultern, „Aber wenn Sie nicht erzählen wollen, dann muss ich mir wohl ein anderes Gesprächsthema einfallen lassen. Oder hätten Sie eins.“

    Ein Seitenblick auf Mrs. Morgan verriet ihm, dass dem wohl nicht so war. Galen rieb sich kurz den Nacken, dann verschränkte er die Hände hinter dem Rücken. Wortlos schritten die beiden für eine Weile nebeneinander her. Galen betrachtete die ihm entgegen kommenden Leute ein wenig, lächelte hier einer jungen Dame zu, musterte dort ein wenig heimlich die interessanten Zeichnungen im Gesicht eines Turianers.

    Ein kräftiger Kroganer stampfte plötzlich um die nächste Ecke, er schien es eilig zu haben und noch dazu recht mies drauf zu sein. Galen konnte nicht mehr ausweichen und der Kroganer rannte halb in ihn hinein oder eher ihn um.

    „Uff...“, gab Galen von sich, als ihm die Luft aus den Lungen entwich wegen des heftigen Aufpralls und er ein paar Schritte zurück taumelte, um sich zu fangen.
    Um ein Haar wäre er auf dem Hintern gelandet, während der Kroganer unbeeindruckt stehen geblieben war.

    „Hey!“, die tiefe, dröhnende Stimme des Kroganers klang gereizt, „Pass doch auf, wo du hin rennst, Mensch!“
    Das letzte Wort spuckte er schon fast angewidert aus. Galen rückte in aller Ruhe sein Barett zurecht.
    „Verzeihung, Sir, aber Sie sind plötzlich um die Ecke gebogen … “, erklärte er schlicht.
    „Willst du dich mit mir streiten?!“, der wütende Kroganer packte ihn am Kragen und schüttelte ihn kurz, so dass das eben zurecht gerückter Barett herunter fiel.
    „Keineswegs.“, erwiderte Galen, „Ich wollte das nur klar stellen. Sehen Sie, Sir, ich bin keine leichtfüßige Ballerina, die da so einfach mit einer Pirouette ausweichen kann, oder?Und seien wir ehrlich, ein rosa Tütü würde mir auch gar nicht stehen, oder wie sehen Sie das?“
    Das wütende Gesicht des Kroganers verzog sich zur ungläubigen Grimasse. So eine Entgegnung hatte er vielleicht nicht erwartet. Galen wartete ab. Entweder der mächtige Kroganer lachte nun, oder gab ihm eine aufs Maul.

    09:16

  10. #290
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    Die Citadel: Bezirke
    09:16 Uhr


    Callie konnte nicht anders, als ungläubig mit dem Kopf zu schütteln. Galen Kents Gehirn war entweder durch diesen Zusammenprall ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen worden, so dass er nicht mehr Herr seiner Zunge war, oder – was fast erschreckender wäre – der junge Mann war einfach naiv. Was auch immer es war, der Kroganer fand es anscheinend nicht witzig, denn er begann damit, den schlankeren, kleineren Menschen kräftig durchzuschütteln und anschließend sein echsenhaftes Gesicht ganz nahe an das des Second Lieutenant heran zu schieben.

    „Machen wir uns über uns lustig, Kleiner?“, knurrte er und klang entschieden nicht freundlich dabei. „Pass auf, was du sagst, oder ich stecke dich wirklich noch in so ein… Tüü-Tüü oder wie das heißt und dann…“

    Callie seufzte leise. Ihr tat der junge Offizier zwar Leid, aber wenn sie sich jetzt mit einem zweieinhalb Meter großen, aufgebrachten Kroganer anlegte, würde sie sich wegen ernsthafter Verletzungen dienstfrei melden müssen. Lebensmüdigkeit war niemals eine Charaktereigenschaft gewesen, die Calliope Morgan auszeichnete.

    Dennoch glitt ihre Hand bereits in Richtung schwerer Pistole – nur für den Fall, dass die Situation eskalierte und Galen wirklich noch Hilfe brauchen würde. Momentan sah es jedoch noch nicht so aus, als sei der Kroganer darauf aus, den jungen Mann mitsamt Haut und Haaren aufzufressen. Akuter Handlungsbedarf bestand also vorerst noch nicht.

    Ich hoffe, Sie nehmen diese Erfahrung mit und gehen das nächste Mal vorsichtiger vor.

    09:17 Uhr

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