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kurgan
11.04.2006, 10:38
Vorab: wenn mir jemand mal verraten kann warum ständig mein Browserfenster zugeht wenn ich diesen Beitrag abschicken will dem sei gedankt. Ich schreibe nun schon zum dritten mal und ...


Rom (rpo). Der Wahl-Krimi in Italien geht weiter: Mit einem hauchdünnen Vorsprung hat Herausforderer Romano Prodi die meisten Sitze im Abgeordnetenhaus holen können. Bei der Wahl zur zweiten Parlamentskammer, dem Senat, liegt hingegen Berlusconi vorn. Jetzt droht eine Patt-Situation. Und sofort hat der Staatschef eine Lösung parat: Er will die Stimmen noch einmal zählen lassen.

Hier war das Ergebnis so knapp, dass die Stimmen der im Ausland lebenden Italiener den Ausschlag geben dürften.

Nach fünfjähriger Regierungszeit hat der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi seine Mehrheit im Abgeordnetenhaus verloren. Berlusconis bisherige Regierungskoalition kam nach dem vorläufigen Ergenbis auf 49,7 Prozent der Stimmen, während die Opposition 49,8 Prozent erhielt.

Trotz des knappen Vorsprungs wird Prodi im Abgeordnetenhaus über eine klare Mehrheit verfügen. Das Wahlrecht sieht vor, dass das Parteienbündnis mit den meisten Stimmen mindestens 340 der 630 Sitze erhält - unabhängig davon, wie groß sein Vorspung bei der Stimmenzahl ist. Laut Innenministerium betrug der Unterschied zwischen den beiden politischen Blöcken lediglich rund 25.000 Stimmen.

Ob Prodi eine stabile Regierung bilden kann, wird allerdings davon abhängen, ob sein Mitte-links-Bündnis auch im Senat eine Mehrheit erzielt. Unterschiedliche Mehrheiten in den beiden Kammern schienen in der Nacht möglich. Berlusconi konnte Zwischenergebnissen zufolge mit mindestens 155 der 315 Sitzen rechnen, Prodi mit 154. Die restlichen sechs Sitze in der Parlamentskammer sind für Italiener im Ausland reserviert, deren Stimmen noch nicht ausgezählt waren. Sollte der Senat an Berlusconis Bündnis fallen, erwarten Beobachter extrem schwierige Regierungsverhältnisse.

Der Verkündung des Endergebnisses für das Abgeordnetenhaus war ein wahrer Wahlkrimi vorangegangen. Während Umfragen nach Schließung der Wahllokale am Montag um 15 Uhr das Oppositionsbündnis klar in Führung gesehen hatten, schmolz dessen Vorsprung im Verlauf der Stimmenauszählung immer mehr zusammen. Am Montagabend deuteten Hochrechnungen dann darauf hin, dass Berlusconis Koalition mit einer Mehrheit im Abgeordnetenhaus rechnen konnte. Kurz vor 03.00 Uhr in der Nacht erklärte sich Prodi vor tausenden Anhängern in Rom zum Sieger. Kurze Zeit später wurde das vorläufige Endergebnis verkündet.

Auf der nächtlichen Siegesfeier kündigte Prodi ein "neues Kapitel" in der italienischen Politik an. "Wir werden mit Heiterkeit regieren, um das Land zu einen" rief er seinen Anhängern zu. "Wir müssen jetzt beginnen, gemeinsam unser Programm umzusetzen, um Italien zu ändern." Die Opposition habe einen "mitreißenden, unbestreitbaren Sieg" errungen. Er verwies darauf, dass ausgerechnet die von Berlusconi betriebene Änderung des Wahlrechts der Opposition eine stabile Mehrheit im Abgeordnetenhaus sichert. "Sie haben ein Wahlgesetz gemacht, um uns verlieren zu lassen, und wir haben dennoch gesiegt."

Das Regierungslager gestand die Niederlage zunächst nicht ein. "Ein derart knappes Ergebnis erfordert eine detaillierte Überprüfung", sagte Berlusconis Sprecher Paolo Bonaiuti. Es gebe "mindestens eine halbe Million Stimmen", die möglicherweise ungültig seien. Da die Mehrheitsverhältnisse im Senat zunächst noch offen waren, könne nicht von einem "politischen Sieg" der Opposition gesprochen werden. Industrieminister Claudio Scajola kritisierte scharf, dass sich Prodi schon vor Bekanntgabe des Endergebnisses zum Sieger ausrief. "Was ist das hier?", sagte Scajola in der Wahlnacht. "Ein Putsch? Das erinnert mich an Südamerika und verfassungswidrige Selbstproklamationen."

In Hinblick auf die künftige Kräfteverteilung wird auch das neue Wahlrecht eine Rolle spielen. Berlusconis Regierung hatte das seit 1993 geltende Mehrheitswahlrecht zugunsten des Verhältniswahlrechts geändert. Durch einen neu eingeführten Siegerbonus wird dasjenige Parteienbündnis, das die Wahl gewinnt, gestärkt. Die künftige Regierungskoalition bekommt also auf jeden Fall mindestens 340 der 630 Sitze im Abgeordnetenhaus, unabhängig vom tatsächlichen Stimmenanteil.



Italien hat gewählt. Prodi feiert. Berlusconi schmolllt. Doch noch ist alles unklar. Siegt Prodi mit seinem Mitte-Links Bündnis oder doch wieder Berlusconi? Denn das Wahlergebnis ist knapp. So knapp, das man im Radio schon die ersten Schreie nach Neuwahlen hört. Gut, man kann solange wählen bis das Ergebnis passt. Auch eine Art von Demokratie. Welches in Italien eh ein wenig überstrapaziert und anders ausgelegt wird wie hier in good old Germany.

Denn Berlusconi hat bekanntlich seine Populatität nicht nur als Medienmogul erworben, auch diese reichlich überlegten und passenden Kommentare ala "Sie KZ-Aufseher" taten ihrerseits ihren Zwecke der selbigen Populatitätssteigerung.

Und Prodi? Wurde schon einmal abgewählt. Stützt sich als Mitte-Links Bündnis auf die Stimmen der italienischen Kommunisten. Ob dies eine wirtschaftlich gute Idee ist.

In einem Interview im ORF nahm gestern Abend der südtirolische Landeshauptmann zu den Wahlen Stellung. Er hat seinen Landsleuten empfohlen, Prodi und somit Mitte- Links zu unterstützen, weil dort die für südtiroler Interessen besser vertretbaren Strömungen vorhanden seien. Damit spielte er auf die Autonomie des Norditalienischen Landesteils an. Und demnensprechend sorgt diese Wahlaussage für Irritationen in der österreichischen Regierung, weil diese Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis als Besser darstellt.

Nun. Italien hat gewählt. Und das ist das Ergebnis. Oder doch nicht? Was nun, Italien? Forza, oder Prodi?