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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Invisible Hand - Deck 4 und Feuerleitzentrale



Shaiya Nessari
07.09.2010, 22:20
Beschreibung der Invisible Hand (http://www.globalgameport.com/showpost.php?p=519670&postcount=135) | Wichtige Ereignisse (http://www.globalgameport.com/showpost.php?p=525110&postcount=154)

Auf dem 4. Deck befindet sich unter anderem die Feuerleitzentrale.

Aufzüge und Wartungsschächte verbinden die Decks mit den anderen Ebenen. Die Aufzüge sind jedoch stark bewacht und auch durch verschiedene Codes gesichert, während es in den Schächten teilweise Sprengfallen gibt.

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<<< Invisible Hand - Bereitschaftsräume
Invisible Hand – Deck 4
Wartungsschächte
20:14 Uhr

Nachdem die Schritte der Nebelparder irgendwo in der relativen Ferne des Trägers verhallt waren, gab der Kroganer das Zeichen zum Aufbruch. In der vom Schein der Universalwerkzeuge unterbrochenen Finsternis der Wartungsschächte, welche bizarre Schattenbilder an die von Kabeln und Leitungen geschmückten Wände des schmalen Ganges warfen, herrschte eine nahezu absolute Stille vor. Lediglich die gedämpften Schritte ihrer zeitweiligen Kampfgruppe und das Knistern und Zischen der Leitungen und Kabel war zu vernehmen. Über dieser gespenstischen Stille lag Shaiya das Geräusch ihres leise rauschenden Blutes und ihres eigenen Herzschlages beinahe donnernd in den Ohren. Dennoch glitt die junge Asari wie ein Wesen aus einem Traum, wie ein Schatten, dahin. Jeder Schritt war wohl bemessen und sorgfältig gesetzt. Sie mochte sich lieber nicht vorstellen, was geschah, wenn sie sich hier durch ein lautes Geräusch bemerkbar machte.

Nach einiger Zeit, die sie dem hünenhaften Kroganer durch dunkle Schächte gefolgt war, erreichte die Gruppe eine Art Leiter, deren Sprossen beunruhigend weit in tintenschwarze Dunkelheit hinaufführten. Shaiya umklammerte die Sprossen mit erklammenden Händen und zog sich stetig weiter empor, leise betend, dass sie nicht den Halt verlieren und in die Schwärze, die hungrig unter ihr lauerte, hinabstürzen würde. Noch immer nicht ganz bei Kräften, gestaltete sich dies als besonders schwer. Mehrmals verloren ihre klammen Finger den Halt an den Sprossen und Shaiya spürte, wie ihr die Konzentration entglitt. Düstere Gedanken, noch schwärzer als die unter ihr liegende Finsternis, quälten ihren müden Geist. Was, wenn sie den Halt endgültig verlor, hinabstürzte und auf dem schwarzen Grund des Schachtes wie eine überreife Frucht zerplatzte? Schon jetzt sah sie, wie sich ihr Blut feucht und rot über Wänden und Boden verteilte, aus dem zerschellten Körper hervortrat und kontrastreich auf der violettfarbenen Haut glänzte…

Da erhellte endlich der Schein eines Universalwerkzeuges eine Luke über ihren Köpfen, die den Ausstieg in die Freiheit und sicheren Boden unter den Füßen verhieß. In just diesem Moment erklang auch bereits die dünne Stimme der Quarianerin und zerriss die quälende Stille in Fetzen.

„Scar, das ist die Luke, wo wir rausmüssen. Könnt Ihr die Luke öffnen?“

Shaiya umklammerte die Sprossen der Leiter fester und stieß leicht zitternd die Luft aus den angespannten Lungen aus. Langsam regte sich ihr Verstand und erinnerte sie mahnend daran, worin ihre Aufgabe bestand. Es war sicherer, in der Gruppe zu bleiben, gewiss. Doch das Ziel dieser Gruppe war es nicht, die Feuerleitzentrale zu infiltrieren. Ihres hingegen schon. Shaiya starrte sehnsuchtsvoll auf die lockende Luke. Nur einige Sprossen entfernt wartete ein breiter Gang auf sie, doch dieser Weg würde zur Hilfsbrücke führen. Shaiyas Herz verkrampfte sich ihrer Brust. Schmerzlich wurde ihr bewusst, dass ihr keine andere Wahl mehr blieb… Es war an der Zeit, den Weg alleine fortzusetzen. Die Wartungsschächte würden sie in Stille und relativer Sicherheit zu ihrem Ziel geleiten. Wenn sie jetzt jedoch mit dem Rest der Gruppe diesen Ausstieg benutzte, würde ihr Weg sie immer weiter vom gesuchten Ziel fortführen.

„Ich muss gehen“, ließ sie sich vernehmen. „Es tut mir leid, ich kann euch nicht weiter begleiten.“ Trotz der klammen Furcht, die ihr Herz im festen Griff gefangen hielt, kamen die Worte sicher und fest über ihre Lippen. Kein Zittern verriet den Widerstreit zwischen Pflichtbewusstsein und dem Wunsch nach der relativen Sicherheit, die ihr diese Gruppe geboten hatte. „Das ist jetzt meine beste Chance, die Feuerleitzentrale relativ ungesehen zu erreichen.“

Shaiya atmete tief durch. „Ich lasse euch nicht gerne im Stich, aber momentan bin ich für niemanden von euch eine große Hilfe. Es ist besser für uns alle, wenn ihr ohne mich weitergeht. Ich werde mich alleine schon irgendwie durchschlagen, aber für die Gruppe stelle ich eine Behinderung dar. Ihr könnt es euch nicht leisten, ständig darauf zu achten, ob ich noch mithalten kann.“

Wie sie es hasste! Die eigene Schwäche vollständig und in diesem Umfang einzugestehen kam einer persönlichen Niederlage gleich. Und doch war es wohl notwendig, auch wenn Shaiya in diesem Augenblick sehnlichst wünschte, ihre Pflicht vergessen zu können. Es war unumgänglich. Sie hatte nichts mehr von Zyon gehört, noch von Nalya oder den anderen aus ihrem ursprünglichen Team. Die Aufgabe, zur Feuerleitzentrale vorzudringen, lastete nun auf ihren Schultern allein. Es gab kein Zurück, kein Spielraum für Entscheidungen.

„Ob es euch gefällt oder nicht, ihr werdet mich zurücklassen müssen.“

Entschlossenheit, reine Entschlossenheit, klang in ihrer Stimme. Doch in ihrem Inneren sah es gänzlich anders aus.

20:17 Uhr

Kate Devereaux
08.09.2010, 20:37
<----- Invisible Hand - Bereitschafträume

Invisible Hand - Deck 4

Mit spielender Leichtigkeit kletterte Kate als letztes die Sprossen zum nächsten Deck hoch. Irgendjemand hatte sich um die Luke gekümmert und so stand sie im Korridor auf Deck 4. Sie war durch ihren Job und ihres Konditionstrainings, welche sie an den wenigen freien Tagen durchführte außerordentlich gut in Form und die Leitersprossen waren natürlich für die menschliche Anatomie ausgelegt.

Doch die nächste Überraschung aus dem Team kam sofort. Shaiya wollte sich ebenfalls verkrümeln. Kates Gesichtszüge verfinsterten sich, aber sie konnte nichts dagegen machen. Zumindest nichts Sinnvolles. Wenigstens hatte die Asari ihre Absicht von kundgetan und war nicht einfach ohne Wort verschwunden, so wie es bei Noé fast der Fall war.

„Also gut.“, meinte die Biotikerin, deren Tonfall wieder einmal nur knapp über den Gefrierpunkt war. „Baalia, begleite sie.“, fügte sie noch hinzu. Shaiyas Vorschlag, das Team um die geschwächten Mitglieder zu verringern war wohlmöglich nicht so dumm und außerdem vermutete Kate, dass Baalia ihr so oder so gefolgt wäre. Dem Gesichtsausdruck der Asari nach zu schließen, behielt Kate damit Recht.

„Nellie, du solltest auch nicht mit uns mitgehen.“, führte sie dann weiter aus und sah das kleine Mädchen an. Normalerweise würde Kate wirklich alle Ressourcen, die ihr zur Verfügung standen, einsetzen, aber in einem Feuergefecht auf engen Raum bestand ihrer Meinung nach, bei jemand wie Nellie, die erhöhte Gefahr von Eigenbeschuss. „Am besten du verdrückst dich irgendwo oder suchst eine Möglichkeit mit heiler Haut von dem Schiff runterzukommen.“
Das Mädchen blickte zuerst mürrisch, dann kurz fragend zu Chaos, die nickte. Das brachte Nellie dazu, dass sie einlenkte.

„Lasst euch nicht abknallen!“, verabschiedete sich die Biotikerin von den anderen und wandte sich der restlichen Gruppe, bestehend aus Scar, Chaos und Kiba zu. „Und wir gehen jetzt weiter.“

Shaiya Nessari
08.09.2010, 23:12
Invisible Hand – Deck 4
Wartungsschächte
20:17 Uhr

Mit kontrollierter, aber dennoch kühler Stimme stimmte Kate mit einem gewissen Widerwillen zu, sie gehen zu lassen. Shaiya spürte, wie eine Last von ihren Schultern fiel. Halb hatte sie erwartet, dass Kate mit ihr ebenso umspringen wollte wie mit Noé Chambers, kurz zuvor. Umso erleichternder war es nun zu hören, dass Kate ihren Entschluss relativ gut aufnahm. Zwar klang keinerlei Begeisterung in der Stimme der jungen Menschenfrau mit, ja gerade Kälte war darin zu vernehmen, und doch… es hätte um Welten schlechter kommen können.

Ich soll Baalia und Nellie mitnehmen?, registrierte sie auf einmal, was Kate noch gesagt hatte. Shaiya furchte die Stirn. Möglicherweise kam diese Aufforderung daher, dass Kate sie nicht allein zurücklassen wollte. Möglicherweise war es eine nett gemeinte Geste. Viel wahrscheinlicher schien es jedoch, dass Kate die Gelegenheit nutzte, den „Ballast“ der Gruppe loszuwerden. Na, wenn sie meint… das verringert zumindest meine Chancen, in einem Feuergefecht draufzugehen.

„Lasst euch nicht abknallen“, verabschiedete sich Kate schließlich in ihre Richtung, ehe sie den Rest ihrer Gruppe aufforderte, weiter zu gehen. Shaiya, die sich langsam die Leiter wieder hinab schob, umklammerte eine der Sprossen fest und hob den Kopf. Bald würde die Gruppe, die sie für eine lange Zeit – jedenfalls erschien es ihr so – durch die Eingeweide des Trägers begleitete hatte, in der tintenschwarzen Dunkelheit über ihr verschwinden. Und die meisten davon würde sie, so vermutete Shaiya, womöglich niemals wieder sehen. Sie wünschte der Gruppe nicht den Tod – Chaos vielleicht ausgeschlossen. Und ja, sie hoffte ehrlich, dass sie es schafften und ihr Ziel erreichten.

„Viel Glück!“, rief sie hinauf ins Dunkel. „Passt auf euch auf!“

Ihre Stimme erzeugte im dunklen Schacht kleine Echos, ehe sie gespenstisch hallend verklang. Shaiya schluckte die aufkeimende Angst hinunter und konzentrierte sich darauf, sicher auf den Boden des Wartungsschachtes zu gelangen. Nach kurzer Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit erschien, traf ihr Fuß auf festen Grund. Erleichtert trat Shaiya von der Leiter zurück. Es dauerte nicht lange, und auch Baalia sowie Nellie hatten den Boden des Schachtes erreicht. Im Licht von Baalias Universalwerkzeug ließen sich die Gesichter der Beiden nur undeutlich ausmachen, da Teile ihrer Gesichtszüge in tanzende Schatten gehüllt dalagen.

„Nellie… du hast gehört, was Kate gesagt hat, und wenn du willst, kannst du gehen und dich irgendwo verstecken…“ Shaiya versuchte sich an einem ermutigenden Lächeln, doch kam es ihr so vor, als ob es ihr schrecklich misslang. „Wenn du allerdings lieber bei mir… uns… bleiben willst, kannst du das natürlich gerne machen.“

Shaiya richtete sich etwas auf und stieß langsam die Luft aus ihren Lungen aus, ehe sie wieder anhob, zu sprechen. Sie mühte sich, genug Autorität in ihre Stimme zu legen, damit Baalia – und Nellie, falls diese sich entscheiden sollte, sie zu begleiten, was nicht wirklich Shaiyas Hoffnungen entsprach – erkannten, dass sie von nun das Sagen hätte. Obgleich ihr bewusst war, dass Baalia gut doppelt so alt war wie sie selbst, hatte sie starke Zweifel daran, ob die andere Asari rational genug handeln konnte, um in der Anführerrolle zu glänzen. Und Nellie war eindeutig zu jung und zu klein, um auch nur ansatzweise in die Rolle der Anführerin zu passen.

„In Ordnung. Unser Ziel ist die Feuerleitzentrale. Ich habe klare Regeln, an die du – ihr – euch halten solltet: Erstens, ihr hört auf mich. Wenn ich sage, ihr sollt schießen, dann schießt ihr. Wenn ich sage, ihr sollt in Deckung gehen, dann geht ihr in Deckung. Und wenn ich sage, dass ihr – siariverdammt noch mal – die Flatter machen solltet, dann werdet ihr auch das tun.“ Shaiya spürte, wie ihre Selbstsicherheit in sie zurückströmte. Ein beruhigendes Gefühl. Wie lange hatte sie darauf gewartet, dass ihr alter Mut sie wieder in seine starken Arme nahm und ihr Kraft und Zuversicht verlieh. Nun kehrte er zurück und sie hieß ihn willkommen als einen alten und geliebten Freund. „Zweitens: Keine Eigenmächtigkeiten. Ich will nicht nachher eure Leichen vom Boden schaufeln müssen, nur weil ihr zu dumm seid, um Befehle zu befolgen.“ Ein grimmiges Lächeln kroch auf ihre Lippen und nahm von ihrem Gesicht Besitz. „Drittens: Wir lassen uns nicht auf unnötige Kämpfe ein. Wir sind wenige, und ich kann euch momentan nicht durch zusätzliche biotische Barrieren schützen. Also gehen wir den Nebelpardern, wenn möglich, aus dem Weg. Viertens: Wir halten nicht an, um Verwundete zu versorgen oder etwas zu essen oder aus sonst irgendeinem Grund, der euch einfallen könnte. Unsere Aufgabe ist es, die Feuerleitzentale zu erreichen, und zwar lebend und an einem Stück, klar? Und je schneller wir das tun, desto besser. Da draußen wartet die PSY Behemoth nur darauf, dass wir das erledigen. Diese Aufgabe ist wichtig, vielleicht wichtiger als alle anderen. Alles andere ist zweitrangig. Soweit alles klar oder gibt es irgendetwas, was ihr nicht verstanden habt?“

Es kam keine Antwort. Nicht einmal Baalias „Ich bin dreimal so alt wie du, Kleine“-Gelaber erklang. Shaiya nickte zufrieden. Gut, genau darauf hatte sie gehofft.

Jetzt muss ich es nur noch überleben und es bis zur Feuerleitzentrale schaffen. Zumindest bin ich nicht völlig auf mich gestellt bei dieser Aufgabe. Sie ließ den Blick über ihr Team schweifen. Ein blutjunges Menschenkind, das vermutlich nicht einmal wusste, wie man eine Waffe richtig hält – und das sich wahrscheinlich sowieso gleich davon schleichen würde, um in irgendeiner Ecke zitternd und bibbernd zu verharren, bis alles vorüber war – und eine asarische Technikerin mit selbstmörderischen Tendenzen, die oben drein noch verwundet war und sie „Kleine“ nannte. Ein tolles Team. Göttin, was habe ich getan, dass du mich so sehr hasst?

20:18 Uhr

Shaiya Nessari
09.09.2010, 20:19
Invisible Hand – Deck 4
Wartungsschächte
20:18 Uhr

Unheimliche Schatten tanzten über die Wände des Wartungsschachtes und doch erregte keiner von ihnen auch nur den Hauch von Unbehagen bei Shaiya Nessari, die sich schleichend durch den schmalen Gang bewegte. Eine Hand lag locker auf der Tempest an ihrer Hüfte, die andere war zur Faust geballt. Immer schloss Shaiya konzentriert die Augen und suchte nach einem Anzeichen dafür, dass ihre biotischen Kräfte zurück gekehrt waren und sich weit genug regeneriert hatten, um sie gegen ihre Feinde einzuwenden. Bis jetzt war das Ergebnis eher unbefriedigend gewesen. Denn obgleich ihre Kräfte sich erholten, würde jeder Einsatz ihrer Biotiken sie sofort wieder erschöpfen und Shaiya für unbestimmte Zeit in die Bewusstlosigkeit entsenden. Noch war jeder Versuch, ihre Biotik zum Einsatz zu bringen, daher zum Scheitern verurteilt.

Nach einigen Schritten durch das dämmrige Zwielicht blieb Shaiya schließlich stehen und wandte sich an Baalia, die sich auffällig still verhalten hatte, seit sie die Wartungsschächte betreten hatten. Shaiya fragte sich, ob dies daran liegen mochte, dass der älteren Asari allmählich der Ernst der Lage und die Gefahr, in der sie alle schwebten, aufgefallen war. Sollte es so sein, war es auf jeden Fall ein Forschritt.

„Ich will den Plan der Invisible Hand sehen. Glaubst du, du kannst ihn aufrufen oder fühlst du dich dazu außerstande?“ Schärfe, fordernde Schärfe, klang in diesen Worten. Sie war die Anführerin, und wer ihr nicht gehorchte, würde die Konsequenzen zu Spüren bekommen. Shaiya würde alles tun, um ihr Ziel zu erreichen. Wirklich alles? Würde ich auch jemanden sterben lassen, der mich den ganzen Weg durch die Wartungsschächte geschleift hat, weil ich zu schwach war, um selbstständig aufrecht zu stehen? Shaiya biss sich die Lippen, fest. Sie schmeckte warmes Blut im Mund, als der Lebenssaft aus ihren Lippen quoll und ihr auf die Zunge lief. Ja. Definitiv. Ich kenne sie nicht, sie ist eine Fremde. Und wenn ich sie opfern muss, um mein Leben zu retten oder das Gelingen des Auftrags sicher zu stellen, werde ich es tun.

Shaiya straffte die Schultern und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die holografische Projektion, die von Baalia Dukahns Universalwerkzeug aufstieg und weitere, gespenstische Schatten an die Wände warf. Shaiya seufzte und starrte konzentriert den dreidimensionalen Plan der Invisible Hand an. Der Weg, der vor ihr lag, war noch recht weit. Aber die Feuerleitzentrale war nicht unerreichbar. Ob sie auch nicht uneinnehmbar war, würde sich allerdings noch herausstellen müssen.

„Wir kennen jetzt den Weg. Los, weiter.“ Shaiya setzte sich ohne ein weiteres Wort in Bewegung. Sie spürte eine grimmige Entschlossenheit in sich kochen, die jeden ihrer Schritte antrieb. Sie konnte es schaffen. Den Job erledigen, dessentwegen sie hier war. Zyon, Nalya und Nero mochten es vergessen haben – oder gezwungen worden sein, es zu vergessen, durch einen wohl gezielten Schuss, der ihr Lebenslicht verlöschen ließ – doch sie würde sich nicht aufhalten lassen. Ihr Weg war klar gezeichnet und schien im Dunkeln hell zu leuchten. Und das Ziel war bereits bekannt.

Und jeder, der es wagen mochte, sich ihr in den Weg zu stellen, würde in ihrem entschlossenen Feuer verglühen.

20:18 Uhr

Shaiya Nessari
11.09.2010, 00:00
Invisible Hand – Deck 4
Wartungsschächte
20:18 Uhr

Dort, wo der Lichtstrahl aus Baalias Universalwerkzeug endete, wurde der schmale Gang von Finsternis erobert, so dicht, dass Shaiya vermutlich wie eine Blinde umhergeirrt und sich furchtbar verletzt hätte. Wenn sie nicht, aus einer grausamen Laune des Schicksals heraus, in irgendein spitz hervorragendes Ding gerannt wäre oder sich an einem der Kabel stranguliert hätte.

Du hast eindeutig eine zu lebhafte Fantasie. Konzentriere dich einfach darauf, sicher durch dieses Dunkel zu schleichen und male dir nicht aus, was vielleicht passieren könnte. Du lebst, dir geht es mit jedem Schritt besser, und in ein paar Minuten oder so kannst du sogar wieder deine Biotiken anwenden.

Shaiya warf einen Blick über die Schulter. Baalias Gestalt war kaum mehr als ein Schattenriss, ihre Gesichtszüge, alle Details an ihr lagen in Schatten getaucht, verdeckt vom dem Licht des Universalwerkzeuges, das sie hoch hielt, um den Weg zu erleuchten. Von Nellie war keine Spur zu sehen, anscheinend hatte sich das kleine Menschenmädchen doch irgendwo versteckt und betete zu seinen menschlichen Göttern, dass sie es so lange beschützen würde, bis die Schlacht vorüber war. Shaiya zuckte die Achseln. Ihr sollte es recht sein. Das winzige Kind wäre ihr vermutlich sowieso nur im Weg gestanden. Feindkontakt schien unvermeidbar zu sein, zumindest auf lange Sicht. Denn bis jetzt war noch zu keinem Kampf gekommen, seid Shaiya in die Düsternis der Wartungsschächte hinab gestiegen war.

Die Zähne zusammen gebissen vor kochender Entschlossenheit, die jede Zelle ihres Körpers anzutreiben schien, drang Shaiya tiefer in die Wartungsschächte – und damit die Eingeweide der Invisible Hand – vor. Sie wusste nicht, ob sie sich noch unter den Wartungsschächten bewegte oder diese bereits hinter sich gelassen hatte, doch das Ziel rückte immer näher und Shaiya war fest entschlossen, es zu erreichen und ihren Job zu erledigen. Deswegen war sie hier, aus keinem anderen Grund.

Unter ihren Füßen knirschten leicht die sich umeinander windenden Kabel, die den Boden bedeckten wie die Leiber von Giftschlangen. Shaiya war dankbar für jedes bisschen Licht, dass die Finsternis in den dunklen Gängen etwas zurück trieb, aber es reichte bei weitem nicht aus, um auch alle Tücken des Bodens zu enthüllen. Es war äußerste Vorsicht geboten und jeder Fehltritt konnte einen Feind aus seinem Versteck locken.

Sie wusste nicht, wie lange sie sich durch die von Zwielicht und tanzenden Schatten erfüllten, von Kabeln, Leitungen und Rohren erfüllten Wartungsschächte bewegt hatte, ihr Zeitgefühl war ihr vollständig abhanden gekommen. Doch auf einmal schlug der Teil ihrer Selbst, der nach langem Schlaf erwacht zu sein schien, Alarm. Ihr sechster Sinn für Gefahr regte sich.

Ohne zu zögern stieß sie Baalia mit einer Hand zur Seite, sodass diese, einen unterdruckten Fluch auf den Lippen, gegen eine der Wände fiel, ehe Shaiya neben sie glitt und ihr wild gestikulierte, das Licht verlöschen zu lassen. Baalia gehorchte sofort, es musste wohl irgendetwas in Shaiyas Gesicht zu lesen gewesen sein, das jedweden Widerspruch von vornherein verbot. Gut für Baalia, dass sie gehorchte. Das steigerte ihre Überlebenschancen ungemein.

Shaiya hielt den Atem an und lauschte angestrengt ins Dunkel. Ihre Augen waren in der Tintenschwärze, die sie wie ein dichter, schwerer Mantel umgab, nutzlos. Sie war nun vollständig auf ihre anderen Sinne angewiesen und konnte von Glück reden, dass diese so scharf waren.

Es dauerte nicht lange, und Schritte erklangen. Dumpf hallten sie von den Wänden der Wartungsschächte wider und kamen unaufhaltsam näher. Shaiya spähte angestrengt ins Dunkel, erwartete jedoch zu keinem Zeitpunkt, auch etwas zu sehen. Die Schwärze war undurchdringlich für jedes normale Auge.

„… du sicher? Ich will nicht völlig umsonst durch diese Schächte schleichen, bin ja kein Wartungstechniker.“

„Wir müssen das Schiff säubern, und dieser Abschaum müsste schon verdammt dumm sein, wenn er nicht früher oder später auf die Wartungsschächte stoßen würde. Ich sage dir, den einen oder anderen Eindringling treiben wir hier sicher auf.“

„Ja. Sicher. Und was bringt das? Wir sollten nicht durch diese Schächte kriechen, wenn die Brücke angegriffen wird und sich auf den anderen Decks dutzende, wenn nicht hunderte von dem Alienabschaum herumtreiben. Ich sage dir, das hier ist reine Zeitverschwendung!“

„Es ist niemals Zeitverschwendung, die Galaxie von diesen hässlichen Aliens zu säubern, Mann! Wenn wir Glück haben, stolpern wir sogar über eine Asari oder so, dann können wir noch etwas Spaß haben, ehe wir sie umlegen.“

Ein dreckiges Lächeln war zu vernehmen. „Da hast du Recht, aus dem Blickwinkel habe ich das noch gar nicht betrachtet. Eine dieser blauen Frauen unter mir und ich zeige denen, wie man richtig Spaß hat. Die Schreie dieser Missgeburt zu hören… ich weiß noch, wie ich damals diese Asari durchgezogen habe! Die hat gekreischt, sag ich dir.“

„Hat der Schlampe wahrscheinlich noch gefallen. Die sind doch völlig krank in ihren Tentakelköpfen. Ich hoffe, du hast es ihr so richtig gezeigt.“

Ein schwacher Schimmer ließ das Dunkel weichen und zeichnete schwach die Silhouetten zweier menschlicher Männer an die Wand. Mehr ließ sich beim besten nicht erkennen.

Shaiya zitterte in ihrem Versteck. Wut kochte in ihr, heiß wie in einem Siedekessel, und sengte an ihrem Verstand, fraß daran, drohte, ihn zu verschlingen und als Karrikatur seines früheren Daseins wieder auszuspucken. Jeder Zentimeter ihres Körpers stand unter Spannung. Die Zähne waren so fest aufeinander gepresst, dass ihr Kiefer schmerzte.

„Aber klar doch. Die war fix und fertig, als ich es beendet hatte. Ich hab ihr danach ’ne Kugel ins Hirn geblasen, geschah ihr Recht. Diese Asari verdienen doch nichts Besseres. Man zieht erst so richtig durch, bis sie schreien, und dann bläst man ihnen die Birne weg. Alles andere, sag ich dir, ist reine Zeitverschwendung.“

„Allerdings. In Ordnung, wenn wir eine dieser Weltraumschlampen treffen, überlasse ich dir den Vortritt. Und wenn was für mich übrig bleibt, umso besser.“

„Hey, hört sich gut an. Ich werde-“

Das reichte! Shaiya war speiübel, sie spürte nichts mehr außer heißem, mörderischem, versengendem Hass, der an jeder Faser ihres Wesens zehrte, ihr Ich verschlang und sie aus ihrem Versteck trieb. Jeder Gedanke an Zurückhaltung war fortgewischt, verbrannt von dem ohrenbetäubenden Schrei nach Vernichtung, Vernichtung dieser beider elenden Faschisten, der wie Sirenengeheul in ihrem Verstand widerhallte und ihn mehr und mehr verzehrte. Sie würde diese beiden nichtswürdigen Versager vernichten und es gab nichts, was ihr mehr Freude bereiten würde als das. Sie war beherrscht und rational gewesen – bis jetzt. Aber damit war jetzt Schluss. Mit anzuhören, wie diese Männer mit Stolz und sich brüstend darüber sprachen, wie sie Asari vergewaltigten, trieb ihr die Galle in die Kehle und brachte ihr Blut zum Kochen. Wer so etwas tat und auch noch reuelos, ja stolz, sich damit brüstete, verdiente nichts als den Tod.

„Ihr wollt eine Asari!?“, fauchte sie hasserfüllt. „Da bin ich, viel Spaß noch!“

„Ach du Scheiße!“, fluchte der eine.

„Heilige Mutter Gottes!“, kam es von dem anderen.

Banshee verzog die Lippen zu einem dämonischen Grinsen. Sie wusste, was die beiden Faschisten vor ihr sahen: Eine schlanke Asari mit violetter Haut, deren Gesicht zu einer Grimasse den Zorns und des Hasses verzerrt war, umflirrt von biotischer Energie, die ihre Umrisse zu verzerren schien. Ein Rachedämon, entstiegen aus den Albträumen dieser jämmerlichen Gestalten, erwacht, sie zu vernichten. Banshee fletschte die Zähne. Oh ja, genau so sollten diese Idioten sie sehen. Als ihren fleischgewordenen Albtraum, als Inkarnation ihres Todes.

So kurz davor, ihre biotischen Kräfte zu entfachen, hielt sie eine leise Stimme im Hinterkopf schließlich zurück. Sterben mussten diese Männer, ja, aber ihre Biotik war zu schade für sie. Banshee riss ihre Tempest hervor und feuerte wild auf die Männer. Die Schreie, die die beiden Nebelparder ausstießen und die gespenstisch von den Wänden des Wartungsschachtes widerhallten, klangen in ihren Ohren wie Musik.

Schließlich sackten die beiden Männer zusammen, mehrfach getroffen, umgeben von einer scharlachroten Lache ihres eigenen Blutes, die Augen und Münder vor Angst weit aufgerissen. Es war Banshee völlig egal, dass die beiden keinerlei Chance gehabt hatten, sich zu wehren. Sie waren wie Tiere im Leben gewesen und wie Tiere waren sie auch gestorben. Es gab an dieser Tat nichts zu entschuldigen. Wer sich wie diese beiden Männer mit einer Vergewaltigung brüstete, verdiente nichts Besseres.

Ein Röcheln drang an ihr Ohr und ließ sie den Blick senken. Ein wütendes Zischen drang von ihren Lippen. Einer dieser Mistkerle war noch am Leben! Und er wagte es auch noch, voller Angst und mit flehendem Blick zu ihr aufzuschauen. Banshee kniete sich neben ihn und verzog die Lippen zur Karikatur eines Lächelns.

„Bitte…“, keuchte der Mann. „Töte mich nicht, ich…“

„Wie oft haben dich die Asari angefleht, sie zu verschonen, als du dich an ihnen vergangen hast?“, kam es voller Hass und Wut von Banshees Lippen. „Und wie oft hast du sie doch vergewaltigt und dann getötet?“ Ein Schuss zerriss die Luft. Der Blick des Nebelparders brach, sein Kopf rollte zur Seite. „Du verdienst das Leben nicht!“

Banshee sprang auf, sie spürte den Blick ihrer Begleiterin im Nacken. Wütend wirbelte sie herum, ihre Gestalt noch immer umrahmt von knisternder, dunkler Energie, die danach lechzte, sich zu entladen.

„Sie haben es verdient“, fuhr sie Baalia an, die sie fassungslos anstarrte. „Und das hier ist kein Spaß! Du warst Söldnerin, du müsstest das eigentlich wissen.“ Ihre Stimme klang scharf und wütend. „Weiter jetzt, ich hab keine Zeit, hier herum zu stehen und zu warten, dass deren Freunde hier auftauchen, um nach ihnen zu suchen.“ Anstandslos stieg sie über die Leichen, und ließ sie achtlos hinter sich.

Das waren die Spielregeln, und wer sich nicht danach richtete, würde sterben. Das war bereits das ganze Geheimnis.

20:19 Uhr

Shaiya Nessari
12.09.2010, 19:13
Invisible Hand – Deck 4
Wartungsschächte
20:19 Uhr

Der Weg führte beide Asari lange Zeit durch tiefe Dunkelheit. Nur das Universalwerkzeug erleuchtete den Weg und trieb die Schatten zurück, so dass sie an den Wänden tanzten. Banshee spürte bei jedem Schritt einen unruhigen Drang in sich gären, der sie hinaus trieb und ihr riet, noch mehr Nebelpardern die abscheulichen Herzen herauszureißen. Doch kein Feind zeigte sich in den Wartungsschächten. Niemand kam hinabgestiegen. Alles war still, ereignislos und ruhig, abgesehen von ihren Schritten und dem Zischen der Leitungen entlang ihres Weges.

Nach einiger Zeit blieb Baalia stehen. Banshee öffnete den Mund, „Warum zur Ardat-Yakshi bleibst-“ und schloss ihn wieder, denn nun wies Baalia nach oben und ihr Universalwerkzeug enthüllte dabei, was zuvor noch in den Schatten verborgen gelegen hatte. Banshee funkelte die andere Asari verärgert an und stieß sie grob beiseite, trat auf die Leiter zu, die aus den Wartungsschächten hinaus führte und griff nach den Sprossen. Sie hatte sich den Weg eingeprägt, und der schnellste und zügigste Weg zur Feuerleitsysteme führte dort hinauf, ein paar Korridore entlang und noch durch eine Art Schiffsküche, ehe man durch einen Lüftungsschacht kriechend zu einem Gang gelangte, der direkt zur Feuerleitzentrale führte. Jedenfalls behauptete das der Plan der Invisible Hand, den Baalia auf ihrem Universalwerkzeug aufgerufen hatte.

Von Tatendrang getrieben kletterte Banshee die Leiter hinauf, jegliche Schwäche wütend ignorierend, durch teils tiefe Schatten, der Luke über ihrem Kopf entgegen. Schließlich ertastete ihre rechte Hand einen Hebel oder etwas ähnliches und mit einem leisen Knurren des Grimms bewegte Banshee ihn. Die Söldnerin schob die Luke auf, zog sich halb aus der Öffnung und spähte in den Gang hinaus. Weit und breit war kein Nebelparder zu sehen. Nicht mal Nebelparder-Leichen oder Nebelparder-Blut. Ausgestorben lag der Gang vor ihr, als wäre dieser Teil des Trägers vollkommen verlassen.

Korridore

„Ach, verdammt…“ Banshee presste die Lippen zusammen und stieg jetzt vollständig aus der Öffnung hervor. Geschickt kam sie auf die Füße und ließ ihren Blick nochmals suchend über die Umgebung wandern. Sollte es tatsächlich möglich sein, dass sich kein einziger Nebelparder zeigte, dass dieser Teil des Schiffes so leer war, wie er erschien? Das gefiel ihr nicht. Ihr erhitztes Blut schrie in ihren Adern in einem lauten, heulenden Chorus, heulte und verlangte danach, sich abzukühlen. Ihre Söldnerseele kreischte sehnsuchtsvoll nach Blut, Gewalt und Tod.

„Niemand zu sehen“, verkündete sie, wütende Enttäuschung klang unterschwellig in ihrer Stimme. „Los jetzt. Wir trödeln hier nur herum, während hier noch jede Menge Nebelparder herumschleichen und am liebsten alles und jeden zerpflücken würden, dem sie hier begegnen.“ Noch während sie dies aussprach, hatte sie sich in Bewegung gesetzt und stürmte entschlossenen Schrittes den Korridor entlang. Ihr Blick wanderte von links nach rechts, suchte den Feind und fand ihn nicht. Banshee hätte schreien können. Sie war mehr als bereit, sich zu schlagen, und ausgerechnet da hatten sich diese Rassisten dazu entschieden, sich feige vor ihr zu verstecken.

„Dreist“, fluchte sie mit bebender Stimme. „Wo stecken die alle? Meine Tempest rostet noch ein, wenn das so weitergeht!“ Irgendein Nebelparder musste doch so freundlich sein und sich ihr Schussfeld bewegen. Unglücklicherweise ließ sich nicht einer von ihnen dazu herab, dies auch tatsächlich zu tun. Banshee knirschte mit den Zähnen.

Eine Gangkreuzung zeigte sich vor ihnen, führte tiefer ins Herz des Trägers hinein. Oder die Herzen des Trägers. Denn davon gab es mehrere, und zu einem davon war sie unterwegs. Banshee presste sich an eine Wand und lehnte sich vor, lugte um die Biegung und starrte konzentriert in den gut ausgeleuchteten Korridor, der sich, gesäumt von mehreren Türen zu seinen beiden Seiten, tief ins Schiffinnere hinein erstreckte. Irgendwo in der Ferne glaubte Shaiya, eine magnetisch verriegelte Tür oder etwas Ähnliches ausmachen zu können. Was sich wohl dahinter verbergen mochte? Banshee kniff die Augen zusammen, schüttelte den Kopf und verscheuchte den Gedanken. Es war egal, absolut uninteressant. Dorthin führte ihr Weg sie nicht. Das einzig interessante an dem Korridor war, dass dort keine Feinde lauerten, um sie mit Schüssen zu zersieben. Schon wieder keine Gegner!

„Heute ist mein Glückstag“, knurrte Banshee verärgert und trat einen Schritt zurück, um sich den anderen Gang auch anzusehen, als… etwas Kaltes küsste ihren Nacken. Banshee spürte, wie ihr der Atem stockte. Sie kannte dieses Gefühl, und es versetzte sie in eine Mischung aus Wut und Angst. Jemand hatte ihr eine Pistole an den Nacken gesetzt…

„In der Tat, so kann man das bezeichnen“, erklang eine melodiöse Stimme in ihrem Rücken, nahe an ihrem Ohr. Eine lange nicht mehr gehörte und schrecklich vertraute Stimme. Eine Stimme, von der Shaiya geglaubt hatte, dass sie sie niemals wieder hören würde, außer in ihren Erinnerungen und ihren Träumen. Eine Stimme, von der Shaiya geglaubt hatte, dass sie für immer verstummt war.

Ehe Shaiya dazu kam, irgendetwas zu sagen oder zu tun, erklang die Stimme erneut: „Und jetzt dreh dich langsam um… Banshee.“

20:19 Uhr

Shaiya Nessari
13.09.2010, 17:13
Invisible Hand – Deck 4
Korridor/Kreuzgang
20:19 Uhr

Die Mündung der Waffe küsste ihren Nacken und flüsterte ihr gleichzeitig zu, dass Widerstand zwecklos wäre, ja, mehr als zwecklos – sogar lebensgefährlich. Shaiya gehorchte ohne ein Wort des Widerspruches, gelähmt angesichts der Ahnung – nein, der Gewissheit! – wer hinter ihr stand und mit dieser furchtbar vertrauten Stimme zu ihr gesprochen hatte.

Sie wandte sich um und blickte in das Gesicht der Asari, die sie für über vierzig Jahre für tot gehalten hatte. Ihre Kehle schnürte sich zu und ihr die Luft ab. Sie spürte kaum, dass ihr Gegenüber ihr die Waffe vom Nacken genommen hatte und damit jetzt locker, fast entspannt, auf ihre Brust zielte. Shaiya hatte nur Augen für dieses Gesicht.

Sie wusste nicht, was sie denken sollte. Oder was sie fühlen sollte. Sie war perplex, schockiert. Aber sonst… in ihrem Kopf herrschte Leere. Absolute, gähnende Leere. Leere, die sie hinab sog, sie verschlang. Shaiya blinzelte mehrfach und versuchte, ihren Verstand wieder dazu zu bringen, aus seinem Schweigen zu erwachen. Doch es half nichts.

„Überrascht, mich zu sehen?“

Shaiya schluckte kräftig. „Du… du bist… tot.“ Ihre Stimme klang trotzdem heiser.

„Sehe ich so tot aus?“ Ein boshaftes Lächeln erblühte auf ihrem Gesicht. „Nein, du hast mich nicht getötet, Shaiya. Ich war für mehrere Wochen ein Pflegefall und habe für sieben Tage in Lebensgefahr geschwebt, das schon… aber getötet hast du mich nicht.“

„Und jetzt bist du hier, um mich zu töten“, schlussfolgerte Shaiya mit noch immer krächziger Stimme. „So ist es doch, oder? Du willst Rache für… meinen Gegenangriff und das alles.“

Alora lachte auf. „Nein, natürlich nicht. Ich will dich nicht töten, Shaiya. Glaubst du, ich suche über vierzig Jahre lang nach dir, um dich dann einfach umzulegen? Du hast mich schwer erwischt, Banshee, aber ich bin eine Söldnerin. Ich weiß, wie das alles hier läuft. Töten oder getötet werden. Du hast dich gewehrt und, verdammt, das war dein gutes Recht. Ich hätte selbst nicht anders gehandelt.“

Shaiya schluckte. „Dafür, dass du mich nicht töten willst, zielt deine Waffe aber auffällig in meine Richtung meiner Herzgegend.“

Aloras Grinsen wurde breiter. „Nur zu meinem eigenen Schutz, Banshee. Ich weiß, wie explosiv du sein kannst.“

„Du lügst“, zischte Shaiya. „Warum schreibst du mir solche Mails, wenn du mich nur wiedersehen willst? Du hast mich bedroht! Du hast mir…“

Alora brach in schallendes Gelächter aus. „Habe ich dir Angst eingejagt, Banshee? Tatsächlich? Bei der Göttin, ich glaub’s ja nicht!“

Shaiya atmete tief durch. Auf einmal stieg ohnmächtige Wut in ihr hoch. Ihr Blut schien zu kochen und ihre Adern in Flammen zu setzen. Am liebsten hätte sie Alora kräftig eine reingehauen, aber glücklicherweise war ihr Verstand noch funktional genug, um ihr von solch einer Tat gründlich abzuraten. Alora hatte noch immer eine Pistole auf sie gerichtet. Aus dieser Nähe hatten ihre kinetischen Schilde keine Chance, den Schuss abzufangen. Sie würde sterben, noch bevor sie zum Schlag ausholen konnte.

„Was willst du, Alora. Sag es!“

Aloras Lachen verklang. Die sturmgrauen Augen blitzten. „Zuerst einmal will ich dafür sorgen, dass diese Nebelärsche bei ihrem Versuch, Omega zu erobern, gründlich versagen.“

Shaiya verengte die Augen. Das war nicht alles. Sie wusste es, sie sah es Alora an. Da war noch etwas, was Alora wollte. „Und was sonst? Rache? Mich foltern?“

Alora senkte die Pistole und hob die andere Hand, ihre Finger strichen sacht über Shaiyas Wange und jagten ihr kleine Schauder durch den Körper. Sie konnte nichts tun. Sie war einfach zu überrumpelt.

„Dich“, erwiderte Alora rau. „Du gehörst mir, Shaiya. Ob du jetzt eine Söldnerin bist oder einen Doktortitel hast, ist völlig egal. Du hast immer mir gehört, auch all die Jahre lang, die wir getrennt waren. Und jetzt will ich dich zurück.“

20:20 Uhr

Draggus 'Scar' Skarmang
14.09.2010, 23:59
Invisible Hand: Bereitschaftsräume ----------> Invisible Hand - Deck 4; Wartungsschächte


Die Gruppe rückte lautlos vor. Nachdem die Nebelparder abgerückt waren bezeichnete Draggus seinen Gefährten die Gespräche einzustellen und die unbedingt notwendigen Statusberichte im Flüsterton zu kommunizieren. Zu seiner eigenen Überraschung hielten sich auch alle die meiste Zeit daran. ‚So viel Disziplin? Bei so vielen Halsabschneidern?’ wunderte sich Draggus über die vorherrschende Stille der Gefährten. Hat er es doch von einem so bunt zusammengeworfenen Trupp, die so gut wie gar nichts miteinander gemein hatten, nicht erwartet. ‚Erinnert mich irgendwie an Camalla, als ich dort…’ Der Kroganer war gerade auf dem besten Weg sich in den Erinnerungen über die guten, alten Zeiten zu verlieren, als der Entertrupp die Steigleiter zum nächsten Deck überwunden hatte und die ersten bereits anfingen zu tratschen. Ganz offensichtlich konnte der unerwartete Lauschangriff auf die Nebelparder seine Wirkung - bei Infiltrationseinsätzen von unbekannten feindlichen Objekten Vorsicht walten zu lassen - nicht lange entfalten können.

- „Scar, …. könnt Ihr die Luke öffnen?“ fragte ihn die quarianische Mechanikerin. Draggus schaute nur verwirrt zurück. ‚Mädchen, hast du Fieber? Wer von uns schleppt den hier einen digitalen Universaldietrich mit sich herum?’ Der Kroganer hätte fast verächtlich geschnaubt, beherrschte sich jedoch und betrachtete anschließend die Mechanikerin abschätzend. Die Quarianerin schien sehr jung zu sein, soweit man es von ihrer Statur her schließen konnte. Die Körperhaltung bot nicht viele Anhaltspunkte, doch Draggus waren während seines Söldnertums schon viele Quarianer begegnet und so viel ihm die Einschätzung nicht schwer. ‚Gestern noch an den Konserven der Migrantenflotte genuckelt und heute schon musst du dir dein Abendessen selbst erlegen, was? Wilkommen auf Omega. Na, ich will mal nicht so sein.’

- „Alleine krieg ich das nicht hin.“ antwortete Draggus niedergeschlagen und zog eine enttäuschte Miene. „Doch wenn du mir Räuberleiter machst, sollten wir es zusammen schaffen.“ Mit einem schelmischen Zwinkern bedeutete er der Kleinen, dass er sie nur aufzog. Niemand konnte vorhersagen, wie das Universum einem zuspielte und so gab es keinen Grund abweisend zu sein. Bereits in den kommenden Minuten konnte die Quarianerin tot am Boden liegen – erschossen von einem fanatischen Nebelparder. Sollte sie die Schlacht trotz aller Erwartungen überleben, so würde sie noch genügend Leuten auf ihrem Weg begegnen, die sie mehr als abweisend behandeln würden. Dazu mussten sie nicht mal Rassisten sein, die bösen Erinnerungen an die Geth waren Quell genug für Vorurteile.

Die Menschen, gegen die Draggus auf diesem, dem Untergang geweihten, Schiff antrat unterschieden sich nur wenig von den Fanatikern anderer Spezies. Sie alle waren fest davon überzeugt, die Krönung der interstellaren Schöpfung zu sein. Engstirnigkeit und Größenwahn waren wohl ein Virus und Bakterium, welche keine Inkompatibilitätsgrenzen unter den Spezies kannten. Solche Überheblichkeit machte Individuen wie die Nebelparder blind für die unendlichen Wunder des Universums, welche in jedem Lebewesen innewohnten: Intelligent oder nicht, ob nun zwei Herzen in jener Brust schlugen oder nur eines, ob es auf links- oder auf rechtsdrehenden Aminosäuren basierte, ob sie die unergründlichen Tiefen einer Ozeanwelt, oder die hoch in den Himmel ragenden Türme einer hoch zivilisierten Metropole bewohnten, gleich ob sie eine aride Wüste, oder eine Hochdruckatmosphäre ihr Zuhause nannten – sie alle waren Lebewesen. Jede einzelne dieser unterschiedlichen Spezies hatte ein Recht auf ihren Platz unter den Sternen. Doch statt ihr Wesen dem Leben zu verpflichten, war der Tod ihr Handwerk, Krieg ihre Wissenschaft, Erniedrigung, Sklaverei und Unterdrückung ihre Kunst. Sie machten sich seit Äonen ihren Platz gegenseitig streitig und überboten einander in ihren Gräueltaten. Hatte sich eine Spezies erdreistet sich zum Souverän über eine andere zu erheben, dann nur um später noch tiefer hinabgestürzt zu werden. Manche nannten es blinden Zufall, andere Schicksal – Draggus nannte es Ausgleichende Gerechtigkeit. ‚Die Kinder bezahlen die Sünden ihrer Väter. Uneinsichtig um aus der Vergangenheit zu lernen begehen sie ihre eigenen Sünden, für die die nächste Generation zahlen wird.’. So erging es den Rachni, selbst vor den stolzen Kroganern und den begabten Quarianern machte diese Wahrheit nicht halt. Jede Spezies für sich war nicht besser oder schlechter, nicht die Krönung und auch nicht die unterste Stufe. Vielmehr ein Beweis für die Unendlichkeit und die Unerschöpflichkeit an Ideen und ihren Verwirklichungen. Unendlichkeit und Unerschöpflichkeit an Möglichkeiten zu leben und zu sterben, aufzublühen und zu verwelken … um Platz zu schaffen für weitaus atemberaubendere Wunder.

Während Draggus so nachdachte hatte Kate sich bereits kurzerhand vom unnötigen Ballast in Form des Miniatur-Menschenmädchens Nellie und den beiden Asari entledigt. Letztere hatten offenkundig die Feuerleitzentrale als Ziel. Inwiefern Chaos’ neues Haustier die Alpha Chimera Gruppe mehr behinderte, als die angeschlagenen Asari war wohl eine Frage, deren Antwort die Weisheit einer Matriarchin erforderte. Draggus zuckte kurz mit den Schultern, teils um die schwermütigen Überlegungen abzuschütteln, teils um seine Gleichgültigkeit darüber kund zu tun ob sie nun zusammen blieben oder sich aufteilen. Der Kroganer verpasste der Luke einen kräftigen Tritt, riss sie damit aus der Verankerung, womit sie scheppernd auf den Boden auf der anderen Seite fiel. Zufrieden stellte er fest, dass brachiale Gewalt – das einzige Universalwerkzeug über welches er verfügte – beim "öffnen" von Zugängen immer noch auf dem aktuellsten Stand war und keine unnötigen Updates oder Upgrades benötigte.

Wenige Schritte hinter der kurz zuvor versperrten Luke befand sich eine weitere Steigleiter, die höchstwahrscheinlich einen weiteren Wegpunkt auf ihrer Route zur Hilfsbrücke darstellte. Draggus wollte gerade die Sprossen zu der Luke erklimmen, als ihm Kate zuvorkam. Während er seine Hand auf die erste Sprosse legte um sich bereit zu machen hochzuklettern, drängte sich die Menschenfrau an ihm vorbei und stieg mit viel Elan die Sprossen hoch. Sie hatte wohl keinen Gefallen daran zusammen mit Schäfer noch länger das buchstäbliche Schlusslicht zu bilden.
Draggus ließ sie gewähren und tat es ihr gleich, als die Nachwirkungen einer weiteren Explosion das Schiff erschütterten. Auf Kates Zuruf sie sollten sich beeilen, bevor die Omega-Flotte das Schiff komplett auseinander nahm, hob Draggus den Kopf. Feiner Staub rieselte von der Decke und traf sein Gesicht. Die Menschenfrau schaute zu ihm herunter und kletterte dabei unbeirrt weiter. Sein Atem stockte, sein Herzschlag setzte aus! Innerhalb von Bruchteilen von Sekunden verwarf der Kroganer den ursprünglichen Impuls einfach "Zurück!" oder "Halt!" zu schreien. Stattdessen packte er sofort das Fußgelenk der Menschenfrau über ihm und zerrte sie nach unten. Diese verlor den Halt und stürzte auf ihn zu. Unfähig noch rechtzeitig abzuspringen ließ er sich ebenfalls nach hinten fallen und bescherte der begabten Biotikerin eine weiche Landung.

Als er sich aufgerappelt hatte und dabei der Menschenfrau auf die Beine half, zeigte Draggus zur Erklärung seiner Tat lediglich stumm nach oben. Dort oben am Ende des Schachts, dicht unterhalb der Luke, der Schwelle zu den vitalen Systemen des Schiffs, welche das Alpha Chimera Team einnehmen sollte, bot sich dem Betrachter ein Bild von seltener Schönheit und ebensolcher Tödlichkeit zugleich. Ein feines Netz aus Strahlen monochromatischen Lichts, sichtbar gemacht durch die herabrieselnden Staubpartikel, bildete symmetrische Muster aus, welche sich periodisch ablösten. Dieses Netz deckte die untere Oberfläche der Zugangsluke makellos ab und schien an zwei klobig anmutende Metallstücke gekoppelt zu sein.

Eine Stolperfalle!

Kate Devereaux
15.09.2010, 10:34
Invisible Hand - Deck 4

Kate wartete gar nicht erst auf eine Reaktion ihrer restlichen Begleiter. Durch die Auftrennung wieder angestachelt und an das eigentliche Ziel erinnert, wollte sie keine Zeit mehr verlieren. Als Scar weiterklettern wollte, drängte sie sich wortlos vor, erzeugte ein kurzes Warpfeld, um die Luke aufzubrechen. Sie sprang ein paar Sprossen hoch, klammerte sich fest und kletterte weiter. Der Kroganer machte seine Arbeit zwar gut, aber für die neue Hektik, welche Kate erfasst hatte, war er ihr einfach zu langsam und zu vorsichtig. Die Nebelparder vorhin hätten die Gruppe in den Wartungsschächten vermutlich niemals gehört und somit war der Stopp, angeregt durch Scar, gar nicht notwendig gewesen. Jetzt würde sie die Dinge wieder in die Hand nehmen und für Tempo sorgen.

Plötzlich schien der ganze Träger zu beben und Kate musste sich festhalten, um nicht von der Leiter zu fallen. Dreck und Staub rieselte von oben herab und die Biotikerin senkte ihren Kopf. Für einen Moment war sie versucht, mithilfe ihrer Biotik einen schwachen Schutzschirm zu erzeugen, doch das wäre wirklich eine reine Energieverschwendung gewesen.
„Schneller!“, meinte sie dann nach unten. „Wenn wir den Träger nicht bald einnehmen, zerlegen die uns noch.“

Ihren Worten folgend, kletterte auch Kate schneller weiter, wurde aber brutal gestoppt. Irgendetwas zerrte an ihrem rechten Fußgelenk. Instinktiv klammerte sie sich an der Leiter fest und wollte nach der Fußfessel mit ihrem linken Fuß treten, aber soweit kam sie erst gar nicht. Die Sprossen entglitten ihren Fingern und der Sturz in die Tiefe war unvermeidlich. Die Zeit schien sich plötzlich zu verlangsamen, eine typisch menschliche Reaktion, um schneller reagieren zu können. Doch es gab nichts, womit sie reagieren konnte. Kate erkannte nur, dass Scar an ihrem freien Fall Schuld war.

‚Dieser verdammte Kroganer!’, verfluchte sie ihn innerlich. ‚Ich hätte ihn in der Andockbucht doch verrecken lassen sollen, als Aric ihn umbringen wollte.’ Die Gedanken rauschten bereits durch Kates Kopf, als sie noch nicht einmal einen halben Meter gefallen war. Trotz dieser Ablenkung erkannte sie eine letzte Möglichkeit. Sie versuchte sich auf ihre Biotik zu fokussieren, um den Sturz zu bremsen oder gar zu stoppen, doch ihre Konzentration war nicht ausreichend genug.
Unkontrolliert fiel sie weiter und schlug schließlich am unteren Ende auf. Doch die Landung fiel wesentlich sanfter aus, als sie erwartet hatte. Wie eine Sprungfeder war sie fast augenblicklich wieder auf ihren Beinen und dazu bereit, Scar so richtig zusammenzuputzen. Doch der Sturz, verbunden mit den Ereignissen zuvor, hatte Kates Gleichgewichtssinn ziemlich durcheinander gebracht und somit fand sie sich sehr schnell erneut auf dem Boden wieder.

„Was zur Hölle!?“, fuhr sie Scar trotzdem sofort an, doch er rappelte sich auf, reichte ihr die Hand und deutete dezent nach oben. Nachdem sie aufgestanden war, erkannte Kate nicht sofort, worauf er hinauswollte, doch dann wurde durch den Staub ein Netz aus Licht sichtbar und auf der Seite befand sich etwas, das einem Sprengsatz verdammt ähnlich sah. ‚Lichtschranken!’
Somit hatte Scar vermutlich nicht nur ihr Leben, sondern das aller Anwesenden, gerettet. Doch noch war sie nicht ganz über den Ärger hinweg. „Kroganer haben wirklich kein Feingefühl, oder? Du hättest mich ja nicht gleich zu Boden reißen müssen.“, meinte sie zu Scar, wobei ihre Stimme deutlich freundlicher klang, als sie es selbst erwartet hatte. ‚Wenn Kiba unter dir gewesen wäre, hätte das echt übel ausgehen können.’

„Chaos, Kiba: Könnt ihr diese Sprengfalle deaktivieren?“, wollte sie anschließend von den beiden Technikgenies wissen. Wenn nicht, würde sie eine andere Lösung finden. Irgendetwas hochwerfen oder so. Eine finstere Stimme sagte ihr in diesem Moment, dass sie Nellie vielleicht doch nicht wegschicken hätte sollen. Allerdings verwarf sie den Gedanken sofort wieder. Wenn sie sich so rücksichtslos gab, würde sie schneller eine Meuterei haben, als dass sie schauen könnte.

Shaiya Nessari
15.09.2010, 11:00
Invisible Hand – Deck 4
Korridor/Kreuzgang
20:20 Uhr

Erneut war jeder Gedanke wie weg gefegt. Ein gewaltiger Strudel aus Gefühlen, wirbelnd wie ein Kaleidoskop, riss sie in die Tiefe und wirbelte ihr Innerstes durcheinander, wühlte es auf und hinterließ dort nur Chaos und sonst nichts. Herzschlag und Atem hallte ohrenbetäubend in ihr wieder, ihr Blut stand in Flammen und versengte sie von innen.

Da war nichts, nichts außer Leere, die sie gähnend und hungrig verschlang. Leere, in der die Worte einer Totgeglaubten laut wie grollender Donner widerhallten und alles andere übertönten. Jede Sekunde hallte in ihren Inneren wieder wie ein ganzes Jahrhundert. Zeit war bedeutungslos, es gab kein Jetzt, kein Später und kein Zuvor.

Ein Ruck ging durch ihren Körper, erschütterte ihn, doch sie bemerkte es kaum. Von irgendwoher drang das Geräusch von… was eigentlich… zu ihr durch. Unwichtig. Sie spürte etwas warmes, dass sie zu Boden drückte, doch es war zu fern, zu undeutlich, um es zu identifizieren. Ihr Verstand hatte sich verabschiedet, war verschwunden, ebenso wie ihr bewusstes Denken. In ihrem Kopf herrschte Leere. Kein Gedanke wagte sich dorthin vor.

„Bleib unten!“ Die Worte erreichten sie wie durch einen dichten Schleier. Ihre Bedeutung verschwamm und zerrann. Und doch reagierte ihr Körper unweigerlich darauf und rührte sich nicht. Die Geräusche erklangen erneut, dann schallten Schreie durch den Gang und ertränkten alles andere. Etwas traf heiß und feucht ihren Nacken und rann langsam daran hinab. Ein warmer, salziger, leicht metallischer Geruch stieg ihr in die Nase.

Und dann… Stille. Stille, die wie ein Schock eintrat. Absolute Stille. Kein Laut drang zu ihr vor, nicht einmal ein Atemhauch. Nur ihr eigener Herzschlag und ihr Atem dröhnten ihr laut in den Ohren und verrieten ihr, dass ihr Gehör noch funktionierte.

Schockartig stürzten Gedanken und Gefühle auf sie ein und drängten sich aufdringlich in ihren Verstand, ihr Herz, ihr bewusstes und unbewusstes Empfinden und Denken. Ein Zittern erfasste sie und schüttelte sie durch, jeder einzelne Muskel wurde davon erfasst und brachte ihren schmalen, zierlichen Körper zum Erbeben.

„So, die sind tot. Du kannst aufstehen.“ Tot. Tot.

Als Shaiya sich aufrichtete, erfasste sie erneut ein Zittern. Paralysiert starrte sie, wie vom Blitz getroffen, auf drei tote Menschen, zwei Männer und eine Frau, umgeben von einer Lache roten Blutes, das ihre Kleidung und Waffen tränkte, benetzte.

Das könnte ich sein!

Alora senkte ihr Sturmgewehr und machte es an ihrem Rücken fest. Ein verächtlicher Ausdruck stand auf ihrem Gesicht, spiegelte sich in ihren sturmgrauen Augen, wurde durch ihre gesamte Haltung noch intensiviert. Achtlos trat sie über die Toten hinweg, ihre Stiefel bespritzt mit Blut, ebenso wie einige Teile ihrer geschmeidig an ihrem schlanken, aber kräftigen Körper anliegenden Kampfpanzerung.

„Und das nächste Mal passt du einfach besser auf, in Ordnung?“ Aloras Augen blitzten wütend. „Ich habe keine Lust, jedes Mal deinen süßen Arsch zu retten, weil du beschließt, einfach mal deine Gehirnleistung auf Sparflamme runter zu fahren.“

Sie hat recht. Das war einfach absolut dämlich… und es wäre mir nicht passiert, wenn ich es steuern könnte. „Kommt nicht wieder vor“, stieß Shaiya heiser hervor. Der Schock hallte deutlich in jedem ihrer Worte nach. „Ich… ich verstehe es nur nicht, Alora. Zuerst versuchst du, mich umzubringen, dann suchst du anscheinend viele Jahrzehnte lang nach mir und schickst mir diese Mails, dann hältst du mir eine Pistole an den Nacken und erklärst mir, dass du mich willst und dann das hier…? Wie soll ich sicher sein, was du wirklich willst?“

Aloras Augen blitzten boshaft. „Du kannst es ganz einfach rausfinden, Banshee. Sogar hier, sofort, wenn du willst. Ich hätte nichts dagegen.“

Shaiya riss die Augen auf. Sie meint doch nicht etwa…? Oh doch, Shaiya, genau das. „Ich… sag mal, bist du bescheuert? Du hast versucht, mich umzubringen! Wenn du glaubst, dass ich dir jetzt einfach so vertraue und so tue, als sei nichts gewesen, geht das Lichtjahre an der Realität vorbei!“

Falls Alora diese Abfuhr etwas ausmachte, so ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Sie zuckte lediglich die Schultern. „Dann halt nicht. Ich habe Zeit, wir haben beide Zeit.“

„Nicht, wenn uns in ein paar Minuten oder Stunden oder… wann auch immer der ganze Träger um die Ohren fliegt“, stellte Shaiya klar.

„Dein Gehirn funktioniert also wieder. Glückwunsch. Und, irgendwelche schlauen Pläne?“ Alora spielte gelangweilt an ihrer Pistole herum, doch ihr Blick blieb wachsam auf Shaiya gerichtet.

„Die Feuerleitzentrale“, erwiderte Shaiya. „Ich muss sie infiltrieren und dann Kontakt zur Behemoth herstellen, damit die… das Schiff unter ihre Kontrolle bringen kann. Danach müsste es eigentlich bald vorbei sein. Wenn wir Glück haben.“

Alora grinste raubtierhaft. „Alles klar.“

Oh oh… Nein! Das kommt überhaupt nicht in Frage! „Du kommst nicht mit“, knurrte Shaiya. „Ich habe keine Lust, dass sich diese Geschichte wiederholt und du mich noch mal niederstechen willst.“

„Ich steche höchstens die Nebelparder nieder“, erwiderte Alora. „Außerdem habe ich mich geändert, Shaiya. Und wir haben noch sehr viel zu besprechen. Ich komme mit. Und wenn es dir nicht gefällt, versuch doch, mich um zu stimmen.“

„Natürlich“, höhnte Shaiya. „Mit vorgehaltener Waffe oder was? Ich bin doch nicht völlig bescheuert.“

Alora trat unvermittelt einen Schritt vor und packte Shaiya an den Handgelenken. Nicht grob, sondern… Shaiya hätte alles dafür getan, damit die Erinnerungen, die dabei in ihr hochstiegen, sich zu Nichts verflüchtigten. Stattdessen entwich ihrer Kehle ein leises Keuchen. Die Intensität, mit der die Söldnerin sie ansah, war unfassbar.

„Ich glaube, du hast mich vorher nicht richtig verstanden, Shaiya: Ich will dich. Und deswegen werde ich auch mitkommen. Und dich nicht niederstechen. Außer, du tust es zuerst. Klar?“

Shaiya wollte ihr ins Gesicht schreien, dass sie sich verziehen und sie in Ruhe lassen sollte, nein, sie wollte Alora sogar jetzt und hier ins Gesicht schlagen und ihr den Kopf abreißen. Doch sie tat nichts von alledem. Das einzige, was ihre Kehle verließ, war ein heiseres, fast hilfloses „Ja“.

20:20 Uhr

Tanya Schäfer
15.09.2010, 12:30
Invisible Hand – Deck 4

Bis noch vor wenigen Sekunden hatte Tanya sich gedanklich noch damit beschäftigt, ob es eine kluge Idee war, ihr kleines Mini-Maskottchen einfach so weg zu schicken, denn immerhin mochte sie Nellie irgendwie und es wäre – ihrer Meinung nach – echt schade drum gewesen, hätten die Nebelparder oder irgendwelche Omegas der Kleinen was angetan. Nun jedoch lag ihre ganze Aufmerksamkeit auf einer ganz anderen Szene. Wie betäubt stand die Ex-Soldatin da, als sie realisierte, welcher Anblick sich ihr bot.

Kate. Auf Scar. – Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. – Kate. Auf. Scar. In einer normalen Situation hätte die Siebenundzwanzigjährige wahrscheinlich breit gegrinst, in Anbetracht der Tatsache, dass sie sich hier aber immer noch in einer Schlacht befand, gelang es ihr recht gut, dieses Verlangen nun zu unterdrücken – zumindest äußerlich. Was für eine schmutzige, kleine Schlampe.. erst diese Kiba, dann war da noch was mit dem anderem Mädchen und jetzt macht sie sich an Scar ran.. und ich dachte die Frauen beim Militär seien Flittchen.

Inzwischen hatte der Kroganer seiner neuen, heißen Liebe erklärt, wieso es ihm so stürmisch und wild nach ihr verlangt hatte – die Auflösung empfand Tanya zwar durchaus als Enttäuschung, aber sie konnte sowieso nichts daran ändern. Zu allem Überfluss verlangte Kity-Kate jetzt auch noch, dass Tanya etwas für ihre Credits tun sollte, was ihr zusätzlich die Zeit nahm, sich einen Kommentar zu dem eben gesehenem auszudenken. „Chaos, Kiba: Könnt ihr diese Sprengfalle deaktivieren?“

Chaos? Achja, Chaos. Der Deckname war ja neu. Die Hackerin sah sich kurz nach der Quarianerin um – welche unpassender Weise die zweite Technikerin in der Gruppe darstellte. Scheiße, dass die Kleine noch nicht verreckt ist, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Andererseits scheint die ja echt nichts drauf zu haben, also kann es mir sowieso egal sein. „Lass mich mal machen.“ warf sie dem Alienmädchen schließlich zu, bevor sie sich an Kate und Scar wandte - mit ein paar schnellen Schritten marschierte sie an dem Liebespärchen vorbei, konnte sich dabei aber ein „Alles was du willst, Lovergirl.“ an die jüngere Frau nicht verkneifen, die nächsten Worte gingen wieder an das ganze Team. „Macht euch mal weg hier.“

Sprengfallen deaktivieren? Als ob die Dinger nen Anschluss oder nen Netz hätten, damit man sich rein schmuggeln kann. Tanya legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die angebliche Falle erstmals. Ach, Abfuck!“ Scheiße, gibt es eigentlich keine Drecksmission, bei der ich nicht mit diesem Mist zu tun habe?“ Wie viele Leute diese Fuck-Fallen mir schon weggesprengt haben.. dabei sind die echt nicht schwer zu erledigen.

Die Hackerin achtete überhaupt nicht wirklich darauf, ob ihr Team bereits zumindest ansatzweise eine Art Sicherheitsabstand eingenommen hatte. Sie warf – womöglich das letzte Mal in ihrem Leben – einen Blick auf die Munitionsanzeige ihres Gewehrs - welche noch immer auf „1“ stand - und riss die Waffe dann hoch, innerhalb von Sekunden war sie im Anschlag und zielte genau auf einen der klobigen Metallklötze - Augenblicke später knallte es. Und zwar laut. Der Schuss aus der XM-8 ging in der Explosion der Sprengfalle unter. Tanyas grellgrüne Augen leuchteten kurz auf und spiegelten die roten Flammen wieder, welche sie sich gebannt anschaute. Als die Wucht der Explosion dann jedoch bei ihr ankam, versuchte sie sich schnellstmöglich zu ducken - allerdings vergebens. Wie zuvor im Hangar wurde die Frau zu Boden gerissen, die Hitze des Feuers brannte ihr im Gesicht – welches sie geschult mit den Armen schützte – richtete jedoch keinen direkten Schaden an und auch sonst schien die Reichweite der eigentlichen Explosion stark begrenzt gewesen zu sein.

Nach dem die Ex-Marine sich wieder aufgerappelt hatte, steckte sie ihr nun ohnehin nutzloses Sturmgewehr weg und drehte sich dem Publikum zu. „Entschärft.“ – Kurz weiteten sich ihre Augen, dann musste sie aber unweigerlich lachen. Echt dumm von mir. – „Man, wären dass Splitterbomben gewesen, hätte ich jetzt echt ein Problem.“

Kimaya'Baato nar Saralesca
15.09.2010, 23:58
UWG, Invisible Hand – Bereitschaftsräume >>>> UWG, Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale

Uhrzeit: 20:16 Uhr

Scar gab keine nützliche Antwort. Er wollte 'spaßen', '...ugh, bei Keelah, bitte nein...', aber Kiba konnte er so kein Grinsen oder gar ein Lachen abringen. Es war eher ein resigniertes, etwas genervtes Seufzen. Sie fragte sich, ob er stets so eigen reagierte, oder ob das einfach typisch kroganisch war, sodass quarianische Pilger, die in natura keine Kroganer kannten, nicht begriffen, wie witzig er wirklich war. Es konnte aber natürlich auch gut sein, dass Kiba an sich nichts kapierte, '...wäre nichts Neues...', aber eigentlich war das Ganze irrelevant. Scar brach die Luke auf, kletterte die Sprossen hinauf und kontrollierte kurz das Gebiet, aber soweit waren keine gegnerischen Truppen in Sicht. Kiba krabbelte auf die Flurplatten, klopfte sich Staub und Schmutz ab und rief die Schiffspläne auf, die restliche Gruppe folgte sogleich und nutzte die kurze Pause zum Ausruhen. So ein Aufstieg kostete nämlich ziemliche Kraft.

'Puh, ich bin platt...das gibt ekligen Muskelkater...', seufzte die quarianische Technikerin kraftlos, 'wehe, die kybernetische Prothese fällt aus...wehe!'

Es war wirklich selten, dass das kaputte Schrottding so gut funktionierte, aber so sollte es auch bitte bleiben – eine zweite Pause, nur damit Kiba die Prothese reparieren konnte, durfte sich die Gruppe keineswegs erlauben. Kiba nutzte die Gelegenheit und checkte das Ersatzstück kurz, bis Shaiya sagte, dass nun die Zeit der Trennung gekommen war. Sie entschuldigte sich, aber hielt es für den optimalen Zeitpunkt, um zur Feuerleitzentrale zu gehen. Kiba starrte die violettfarbige Asari irritiert an.

'Was? Aber so ganz auf sich gestellt ist das riskant!'

Kate wirkte angepisst, gab aber grünes Licht und sortierte die blaufarbige Asari sowie die menschliche Noé-Kopie auch gleich aus, was Kiba einerseits erleichterte – Shaiya brach so in Begleitung auf – aber gleichzeitig war die Entscheidung auch extrem kaltblütig.

Wie konnte Kate nur zwei Frauen aussortieren, die auf sich gestellt gar keine Chance besaßen? Wie? So konnte Kate praktisch gleich sagen: 'Sterbt gut.'

'...wie nutzlose Last, die keiner schleppen möchte...'

Protestieren oder die Klappe halten, das war die Frage. Aber eigentlich durfte Kiba kein Wort sagen, '...richtig, du hast Kate an bosh'tet Gregorew verraten...du bist selbst abscheulich...wie kannst du Kate also in Frage stellen?'

So sagte die quarianische Pilgerin kein Wort, die Augen ganz glasig, den Kopf schuldig gesenkt.

'Verräterin.'

Shaiya , die blaufarbige Asari sowie Noé-Kopie kletterten zurück in den Schacht, die Tentakelfrau rief „Passt auf euch auf!“, was Kiba auch beherzigen wollte, '...so sortiert Kate mich vielleicht nicht aus...', ehe die Schwärze die dreiköpfige Gruppe in sich saugte.

Sie schluckte hart.

'Ob Kate mich hasst, wenn ich die Wahrheit gestehe? Keelah, was für eine bescheuerte Frage, natürlich hasst mich Kate. Ich bin so ein bosh'tet...', dachte die Quarianerin traurig und registrierte gar nicht, wie Kate die Luke des nächsten Schachts biotisch aufbrach, die Sprossen hinauf kletterte, genauso wie Scar, bis das Schiff wie geschnappte Futterbeute geschüttelt wurde und die zwei zurück auf die Platten plumpsten.

„Was zur Hölle?!“, giftete Kate angepisst, aber Scar rappelte sich auf und zeigte in den Schacht, wo Kate offenkundig eine Sprengfalle erkannte, „Chaos, Kiba, könnt ihr die Sprengfalle deaktivieren?“

Chaos bestätigte, ehe die quarianische Technikerin auch nur die Lippen teilen konnte, aber das einzige, was die rothaarige Menschenfrau konnte, war meckern, die Schusswaffe auf die Sprengfalle richten und wie eine Geisteskranke feuern.

'Keelah, bist du bescheuert?!', schrie Kiba wutentbrannt in Gedanken auf, aber die roten Feuerflammen und die wuchtige Explosion platzte wie eine Gastasche aus dem Schacht und fegte Chaos auf die Platten, '...du kranker bosh'tet!' Chaos rappelte sich aber gleich auf, packte die Schusswaffe in Ruhe weg und erklärte ganz frech, dass die Sprengfalle nun entschärft wäre.

Kiba platzte der Kragen.

„Wie bitte?! Was, bei Keelah, hast du kranke Psychopathin dir dabei gedacht?! So ein Krach zieht die ganzen gegnerischen Truppen an! Subtilität schon mal gehört?!“

Kate Devereaux
17.09.2010, 08:57
Invisible Hand - Bereitschaftsräume

Chaos schien die Sache mit der Sprengfalle direkt in die Hand zu nehmen, doch anstelle des Omni-Tools ergriff sie ihre Waffe, nachdem sie das restliche Team um Abstand gebeten hatte. Kate wäre so oder so zur Seite gegangen, denn ein Fehler hätte die Falle jederzeit auslösen können und ihr war nicht danach, von einem Feuerball gebraten zu werden.
Ohne Zeitverzögerung feuerte die Technikerin nun auf die Sprengfalle und mit einem lauten Knall ging diese hoch. Einen Augenblick später schossen Flammen aus dem Schacht und rösteten Chaos, die zu Boden geworfen wurde.

‚Wie dumm kann…’ Kate konnte den Gedanken nicht zu Ende führen, da Chaos zum Glück wieder aufstand und sichtlich keinen bleibenden Schaden genommen hatte. ’Zumindest trifft das auf ihren körperlichen Zustand zu.’ Die Biotikerin schüttelte den Kopf. Wenn es nur darum gegangen wäre, die Falle auszulösen, so hätte sie das wesentlich sicherer selbst machen können, indem sie irgendetwas mithilfe ihrer Biotik nach oben geschleudert hätte.
Kiba schien jedoch noch entrüsteter als Kate selbst zu sein, denn die Quarianerin fauchte Chaos an. Dabei sprach sie noch die zusätzliche Gefahr, von Nebelpardern entdeckt zu werden, an. ‚Das kommt noch hinzu.’

„Sehr brillant! Ich hoffe du hast für die Hilfsbrücke eine andere Methode.“, meinte Kate schlussendlich zu Chaos und in ihrer Stimme schwang auch ein wenig Ärger mit. „Können wir den Schacht überhaupt noch benutzen, oder hat es alles zerfetzt? Außerdem ist die obere Luke sicherlich deformiert und jeder Nebelpardertrottel sieht, dass hier Eindringlinge am Werk waren.“

Tanya Schäfer
17.09.2010, 09:25
Invisible Hand – Bereitschaftsräume

Tanya strich sich flüchtig über die Harre und stellte erleichtert fest, dass diese immer noch vorhanden waren. Viel weiter kam sie aber nicht, denn zuerst keifte die kleine, unwichtige Quarianerin los und anschließend auch noch ihre Bettgespielin. Kranke Psychopathin? Das nehm ich als Kompliment. Danke! Und jetzt kommt mal von eurem Trip runter, ihr Nachwuchs-Schlampen. Die Hackerin wartete noch ab, bis sowohl Kiba als auch Kitty wieder die Schnauze hielten und ein, zwei Atemzüge nehmen konnte, bevor sie ihnen antwortete und dabei die Arme vor der Brust verschränkte.

„Kommt mal auf euer Leben klar, okay?“ Trotz der eher unfreundlichen Wortwahl blieb Tanyas Stimme fast schon gelassen, denn im Endeffekt waren die beiden Tussies auch nur dumme Kinder, die glaubten sie hätten die Ahnung vom Leben und dem, was sie grad taten. „Erst mal.. wie wolltest du..“ – Die Hackerin wandte ihren Blick direkt und eindringlich auf Kiba. - „.. das Ding denn entschärfen, hm? Ist ja nicht so, als hätten die Parder da nen Anschluss eingebaut oder die Dinger ins Netz gehangen. Die waren komplett geschlossen, keine Möglichkeit dran zu kommen, ohne die richtige Ausrüstung und so wie du aussiehst, hast du die genauso wenig dabei wie ich. Klar soweit?“

Sie ließ der Außerirdischen keine Zeit, sich zu rechtfertigen, sondern machte direkt damit weiter, Kitty anzufahren. „Und du. Du bist ne ganz Smarte, oder? Um die Hilfsbrücke kümmer ich mich schon, darüber musst du dir nicht dein hübsches Köpfchen zerbrechen, Princess. Und an euch beide.“ – Jetzt wechselte die Siebundzwanzigste den Blick zwischen beiden Frauen. – „Wir sind wie eine plündernde und vergewaltigende Meute Barbaren auf das Schiff gestürmt. Inzwischen gibt es nicht einen einzigen Gang, in dem nicht irgendwelche Toten liegen. Denkt Ihr ernsthaft, die wüssten noch nicht, dass wir hier sind? Oder dass sie die Zeit hätten, eine winzige Explosion wie diese aufzuklären? Hölle, wir haben keine verdammte Atombombe hochgejagt. Es wäre echt überraschend, wenn man über der Lucke überhaupt was gespürt hätte, das hier ist immer noch nen Raumschiff, keine afrikanische Lehmhütte.“

Erst jetzt stoppte sie ihren Vortrag, nahm einen tiefen Atemzug der staubigen Luft und wartete die trotzigen Proteste ihrer Begleiter ab. Verdammte Scheiße, das sind Söldner, keine Soldaten. Und ich hab keine Waffen mehr, außer so ein paar Technikspielereien.. ach, scheiß drauf.

Shaiya Nessari
17.09.2010, 16:35
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Korridor
20:20 Uhr

Die auf drei Leute angewachsene Gruppe setzte sich nur mehr in Bewegung. Shaiya kam nicht umhin, immer wieder voller Argwohn zur Seite zu blicken, wo sie zu ihrer Linken von Alora flankiert wurde. Die hochgewachsene Asari hielt ihr Sturmgewehr immer noch locker in der Hand, zielte damit aber, zu Shaiyas Erleichterung, nicht in ihre Richtung. Dennoch wich das Misstrauen nicht aus dem Herzen der jungen Asari. Obwohl es so lange her war, stand Shaiya noch immer jener Verrat vor Augen, als Alora versuchte, sie zu erstechen. Woher nahm sie die Garantie, dass es nicht erneut passieren würde?

Ich kann ihr vermutlich nie wieder vertrauen. Ich sollte es auch gar nicht. Immer wachsam bleiben. Das erspart mir eine Enttäuschung… und möglicherweise einen verfrühten Tod, ging es Shaiya düster durch den Kopf. Der Verrat schmerzte sie noch nach fast fünfzig Jahren. Das würde sie Alora nie vergeben können.

„Hey…“, ließ sich Alora nach einiger Zeit vernehmen, „… was ist da eigentlich zwischen dir und dieser Schlampe da?“ Bei diesen Worten wies sie auffällig – gerade zu provozierend auffällig – in Baalia Dukahns Richtung. Ihr Tonfall klang eindeutig herausfordernd.

Bitte? Shaiya verengte wütend die Augen. „Gar nichts. Ich kenne sie gerade erst seit ein paar Minuten.“ Irgendwo in ihrem Inneren rumorte ein wütendes Tier und verlangte, dass sie es freiließ. Alora hatte überhaupt kein Recht dazu, eifersüchtig zu sein. Schließlich war sie es gewesen, die die Beziehung einfach so verraten hatte. Wenn es wegen jemand anderem gewesen wäre, hätte Shaiya vielleicht noch Verständnis gehabt, aber wegen ein paar Credits… Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. „Und selbst wenn da etwas wäre, geht es dich nichts an. Wir sind nicht mehr zusammen.“

Alora sah aus, als würde sie Baalia gleich an die Kehle springen wollen. Sie streichelte den Lauf ihres Sturmgewehrs auf diese bestimmte Art und Weise… Shaiya stieß einen genervten Seufzer aus. Die ganze Geschichte war einfach absolut lachhaft! Alora – die sie angegriffen und damit ihre Beziehung mit Füßen zertreten hatte – war eifersüchtig auf eine Asari, die Shaiya kaum kannte und die möglicherweise alt genug war, ihre Mutter zu sein. Am liebsten hätten Shaiya ihrer Belustigung durch lautes Lachen Luft gemacht, doch sie war zu klug, um dem Drang nachzugeben. Sie erinnerte sich lebhaft an Aloras Temperament.

„Ich bin besser für dich als die da“, stellte Alora klar. „Ich kenne dich.“

„Ich bin nicht mit ihr zusammen“, erwiderte Shaiya, die sich allmählich vorkam, als spiele sie in einem kuriosen und ziemlich schlechten Liebesdrama mit – und die Hauptrolle. Ohne das Drehbuch zu kennen. „Mit dir allerdings auch nicht, also geht es dich gar nichts an. Mit wem ich jetzt verschmelze ist meine Sache.“

Alora sah nicht so aus, als ob sie Shaiya da so ohne weiteres zustimmen würde, aber die junge Söldnerin hielt den Mund – was ein Wunder war, aber eines, dass Shaiya jetzt nicht hinterfragen wollte. So, wie sie Alora in Erinnerung hatte, würde diese sich noch bald genug erneut zu Wort melden. Vorerst schien Alora sich jedoch damit zufrieden zu geben, böse Blicke in Richtung der großen Asari zu verschießen. Wenn Blicke töten könnten, wäre Baalia Dukahn wahrscheinlich längst tot umgefallen.

Stille breitete sich über die Gruppe aus und hüllte sie sanft ein. Ihre Schritte hallten, nahezu unheimlich, von den Wänden des Korridors wieder und waren vielleicht dazu angetan, Nebelparder auf sie aufmerksam zu machen. Shaiyas alarmierte Sinne sondierten bei jedem Schritt den Weg vor, hinter und neben sich. Trotzdem war ihr Schritt fest und entschlossen, nicht einmal zögerte sie.

Dennoch nagte eine gewisse Sorge an ihr. Nicht um sich selbst, sondern um jene anderen aus ihrem ursprünglichen Team. Lebten sie noch oder waren sie bereits tot, eingegangen in die Unendlichkeit des Universums, zu ihrem Ursprung zurück gekehrt, um dort ihre Energie in alles Lebende weiter zu leiten und neuem Leben zugute zu kommen? Was war mit Zyon geschehen, nachdem der Kontakt abbrach? Wie war es Charon Krunsh nach der Trennung durch jene Explosion ergangen? Lebte der junge Quarianer namens Nero’Garyn nar Medina noch oder hatten ihm die Projektilgeschosse der Nebelparder ihm bereits Schutzanzug und Herz zerrissen? Und hatte sich Nalya Dalinari ihrer Feinde erwehren können, oder war sie bereits tot, gestorben durch heillose Überschätzung ihrer Fähigkeiten und im Glauben daran, ihre große Schwester würde rechzeitig zu ihrer Rettung herbeieilen?

Der Gang verzweigte sich vor ihnen. Shaiya wählte, geleitet von der Erinnerung des Plans, eine Abzweigung und beschleunigte ihre Schritte. Wenn sie sich beeilte, wie vielen rettete sie damit noch das Leben? Auch, wenn ihr das Schicksal Nalyas oder Charons keine Betroffenheit abringen würde, wenn sie denn tot waren, so wünschte sie den Tod nicht für Zyon oder den Quarianer.

Dumpf hallten ihre Schritte von Wänden und Boden des Trägers wieder. Zeit war ein entscheidender Faktor, in jeder Schlacht, egal ob zu Boden oder im Raum. Je schneller die Kämpfe endeten, desto weniger Verluste forderte der Krieg. Und obwohl dies ein Krieg ohne Unschuldige war, gab es genügend Leute, deren Leben Shaiya etwas bedeuteten. Für diese – und für den unbändigen Wunsch, die Nebelparder für ihren rassistischen Feldzug leiden und sterben zu lassen – würde sie sich beeilen und die Feuerleitzentrale erobern.

Dafür und für die Credits.

Vor den drei Asari endete der Korridor an einer magnetisch verriegelten Tür. Das Kontrollfeld leuchtete rot und verkündete, dass die Tür verschlossen war und es entweder den entsprechenden Code oder Schlüssel, oder gewisse Technik- und Computerkenntnisse benötigen würde, um die Tür zu öffnen. Shaiya presste die Lippen aufeinander. Ihre biotischen Kräfte erholten sich, sie spürte es deutlich. Dennoch wäre jeder vorzeitige Biotikeinsatz ein Risiko gewesen, und ein solches wollte sie nicht eingehen. Glücklicherweise standen ihr noch andere Optionen zur Verfügung, auf die andere Seite jener Tür zu gelangen.

„Baalia, kannst du die Tür öffnen? Meine Biotik hat sich für eine Anwendung dieser Art noch nicht genug erholt.“

Baalia schaltete ihr Universalwerkzeug ein, doch ehe sie dazu kam, selbiges auch zu benutzen, hatte Alora sie angerempelt und sich vor die Tür gestellt, um jene zu mustern und an ihrem eigenen Universalwerkzeug herum zu tippen. Schließlich färbte sich das Kontrollfeld grün, von Alora mit einem „Na bitte, geht doch!“ kommentiert, und wurde von der Söldnerin berührt, woraufhin sich die Tür vor ihr auftat.

Ohne das geringste Zögern und mit einem heiseren Kampfschrei auf den Lippen stürmte Alora in den Raum hinein…

20:21 Uhr

Shaiya Nessari
18.09.2010, 11:50
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Korridor/Küche
20:21 Uhr

Shaiya stoppte im Türrahmen und ballte die Fäuste in hilfloser Wut. Alora mochte tausendmal behaupten, sie habe sich geändert: Dieser Charakterzug hatte sich jedenfalls nicht im Geringsten geändert. Alora war ein Adrenalinjunkiee, sie suchte und liebte die Gefahr und nichts gab ihr einen größeren Kick als der Kampf gegen einen Feind.

Die Nebelparder, welche sich in der Küche hinter der Tür hinter einigen umkippten Tischen und der Küchentheke ängstlich zusammen drängten, waren auf die Söldnerin gar nicht vorbereitet und ehe Shaiya etwas tun konnte, um das Blutbad zu verhindern, schieden die ersten von ihnen unter lauten Angst- und Schmerzensschreien aus dem Leben.

Doch dabei blieb es nicht. Kaum hatten die Nebelparder sich aus ihrer angstvollen Erstarrung gelöst, eröffneten sie auch bereits das Feuer. Begleitet von johlenden Rufen – „Tötet den Alien-Abschaum!“, „Bringt die blaue Hure um!“, „Für die Überlegenheit der menschlichen Spezies!“ – pfiffen feine Projektile durch die Luft und auf Alora zu. Die hochgewachsene Asari stieß einen wüsten, kroganischen Fluch aus und schlitterte hinter eine der Theken in Deckung.

„Verdammt, Shaiya! Wie lange willst du da eigentlich noch blöd herumstehen?“, schrie die größere Asari in die Richtung der Wissenschaftlerin. „Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich könnte hier echt deine Hilfe gebrauchen!“

Shaiya warf Alora einen wütenden Blick zu – für wen hielt sich diese Verräterin eigentlich? – und zog ihre Tempest, um ebenjene auf die inzwischen verbittert schießenden Nebelparder abzufeuern. Mehrmals durchzuckte sie der hinterhältige Gedanke, ob sie nicht doch auf Alora zielen und diese aus dem Leben reißen sollte. Wer war das schlimmere Übel – die Parder oder die Asari, die sie vor langer Zeit aufrichtig geliebt hatte? Doch Shaiya gab der Versuchung nicht nach. Wenn sie Alora erschoss, war sie selbst nicht besser als die Söldnerin.

Zwischen Alora und Shaiya gerieten die Nebelparder ins Kreuzfeuer und wurden rasch vom Stakkato der Projektilsalven, welche ihre Schilde und ihr Fleisch zerfetzten, niedergestreckt. Shaiya spürte das Verlangen, mit ihrer Biotik nachzuhelfen, sie einem wütenden Sturm gleich zu entfesseln, damit sie die Nebelparder vernichtete. Doch sie hielt sich zurück. Die Feuerleitzentrale war zu nahe, das Ziel fast erreicht. Sie durfte dies nicht zunichte machen durch eine leichtsinnige Handlung wie diese. Wenigstens eine in dieser Gruppe musste einen klaren Kopf behalten und rational Entscheidungen treffen.

Shaiya spürte mehr, als dass sie es sah, wie zwei Projektile direkt auf sie zu pfiffen. Hastig wich sie zurück, ihr Rücken presste sich fest an die Wand des Korridors. Aus dem Inneren des Raumes drangen Schreie und Aloras wütendes Gefluche – größtenteils kroganisch. Ein kurzer Pfeifton zerriss diese Geräuschkulisse und sie hörte Alora beifällig murmeln.

Nach einiger Zeit wagte es Shaiya, aus der Deckung hervor zu spähen. Unwillkürlich strich ein anerkennendes Lächeln über ihr Gesicht. Alora war vielleicht eine miese Verräterin, die sie ohne zu zögern für ein paar Credits hatte abstechen wollen, aber kämpfen konnte sie. Der größte Teil der Nebelparder in der Küche war tot, und Shaiya vermutete kühn, dass der kleine Rest ihm bald nachfolgen würde. Jedenfalls, wenn es nach ihr ging.

Shaiya sah sich schnell um, ehe sie nach dem frisch erbeuteten Scharfschützengewehr griff und es anlegte. Durch das Zielfernrohr hindurch erspähte sie deutlich die übrigen Nebelparder, sie füllten ihr gesamtes Blickfeld aus. Kein Problem, eben jene zu treffen. Sie brauchte keine umfassenden Kenntnisse im Umgang mit Präzisionsgewehren, um dies zu erkennen.

Shaiyas Finger krümmte sich um den Abzug und zog diesen durch. Der Schuss zerriss die Luft und wurde gleich darauf von einem zweiten gefolgt. In kurzer Folge trafen die tödlichen Projektile ihr erstes Ziel und streckten dieses sauber nieder.

Shaiya atmete tief durch und nahm den nächsten aufs Korn. Ein Scharfschützengewehr auf diese kurze Entfernung zu verwenden war nicht ohne Risiko. Und in den meisten Fällen nicht einmal besonders klug. Dennoch, diese Konfrontation musste beendet werden, ehe sie noch länger andauerte. Jede Sekunde, die sie verloren, war vergeudete Zeit. Shaiya zog den Abzug und erledigte, ebenso sauber wie zuvor, den nächsten Nebelparder.

Vor ihrer Linse gefror einer der Nebelparder zu Eis. Alora fiel förmlich wie eine Furie über ihn her und feuerte aus nächster Nähe eine Salve aus dem Sturmgewehr auf ihn ab. Der Mann zersprang in blutige Splitter aus Eis. Shaiya verzog angewidert das Gesicht und senkte das Präzisionsgewehr. Ihr Blick wanderte über die Küche, sondierte jeden Winkel. Sie konnte keine weiteren Feinde mehr erspähen.

„Die sind alle tot“, verkündete Alora – sie klang tatsächlich enttäuscht. Shaiya kämpfte gegen den Drang an, ihrer ehemaligen Gefährtin die geballte Faust ins Gesicht zu rammen. Alora war stärker als sie und ihr im Nahkampf hoffnungslos überlegen. Nur, weil sie der anderen Asari nicht traute, musste sie diese ja nicht gleich gegen sich aufbringen. „Also dann, wohin jetzt?“

Shaiya wagte sich in den Raum vor und blickte sich suchend um. Dem Plan nach musste sich der Lüftungsschacht irgendwo an der gegenüberliegenden Seite des Raumes befinden. Nach einigem Gesuche der entsprechenden Wand erspähte sie schließlich das Gitter, welches die Lüftungsschächte verbarg. Ein leiser Seufzer schlüpfte von ihren Lippen. Sie konnte nicht sagen, dass es sie mit Entzücken erfüllte, durch einen engen Schacht kriechen zu müssen, aber dies war und blieb nun einmal der schnellste Weg.

„Dort hinein und den Schacht entlang“, erwiderte sie, auf den Wartungsschacht weisend.

„Nett“, knurrte Alora. Sie klang ebenfalls wenig begeistert. „Ich gehe zuerst. Wenn ich da durch passe, tust du es auch.“

„Und sie?“ Shaiya nickte zu Baalia hinüber.

Alora fletschte die Zähne. „Lass sie hier. Während du dich da hinten an die Wand gepresst hast, ist diese Irre fast ins Feindfeuer gelaufen. Ich habe keine Lust, für die den Babysitter zu spielen. Wir haben so auch schon genug Ärger mit den Pardern.“ Alora spähte zum Lüftungsschacht hinauf. „Außerdem glaub ich nicht, dass die da durchpasst. Sie bleibt wahrscheinlich stecken und das war’s dann.“

Die Erkenntnis widerte Shaiya regelrecht an, doch sie musste zugeben, dass Alora recht hatte. Der Gedanke, Baalia zurück zu lassen, missfiel ihr gründlich. Nicht, weil ihr so viel an der älteren Asari gelegen hätte, sondern weil sie dann mit Alora allein wäre. Und allein mit Alora zu sein erschien ihr, im Licht der Vergangenheit betrachtet, als keine besonders gute Idee. Woher nahm sie die Gewissheit, dass Alora sie nicht erneut angreifen würde? Sie hatte es bereits einmal getan. Sie konnte es wieder tun.

„Was ist?“ Alora wirkte zunehmend ungeduldiger. „Ich hätte vorhin tausend Male versuchen können, dich umzulegen, und hab’s nicht getan. Und sie wird ja nicht gleich verrecken, wenn sie hier bleibt. Ist ja nicht so, als würde ich sie zum Sterben zurücklassen.“

Womit du aber sicher auch kein Problem hättes, schoss es Shaiya durch den Kopf. Laut sagte sie jedoch: „Na, meinetwegen. Dann knallst du sie wenigstens nicht ab, wenn sie anfängt, dich zu nerven.“

Alora zuckte unbekümmert die Achseln. „Dann ist ja alles klar, oder? Oder willst du noch länger hier herumstehen und warten, bis die Freunde von den Leichen hier auftauchen?“

„Nein“, erwiderte Shaiya. „Gehen wir, genug Zeit verschwendet.“

20:21 Uhr

Draggus 'Scar' Skarmang
18.09.2010, 22:49
Wartungsschächte

Anstatt sich zu bedanken warf Kate dem Kroganer Grobmotorik vor. Draggus konnte es ihr nicht verübeln, schließlich musste die Menschenfrau bei seiner plötzlichen Aktion den Eindruck haben vom eigenen Teammitglied überrumpelt worden zu sein. Er bekam jedoch keine Gelegenheit sich zu beschweren, denn die andere Menschenfrau sollte ihn schon bald als Schikaneopfer ersetzen. Die Technikerin in der schwarzen Rüstung reagierte als erste auf Kates Zuruf, trat unter den Zugangsschacht, legte ihr Gewehr an und feuerte. Der Anblick, der sich Draggus daraufhin bot war berauschend. Der einzelne Schuss ließ die unmittelbare Umgebung unter dem Donner der Explosion erzittern und füllte den Ausstiegsschacht mit einem Flammenmeer, welches Chaos zwang sich auf den Boden zu werfen, was sie jedoch nicht davor bewahren konnte, dass einige ihrer ebenso feurig roten Frisuren versengt wurden.

Draggus blieb der Mund offen stehen. Allerdings weniger des Feuerwerks wegen, dass sich ihm bot, sondern vielmehr auf Grund der unerwarteten Vorgehensweise, welche die menschliche Technikerin an den Tag legte. ‚Verdammt! Und wieso wird mir nachgesagt ich hätte kein technisches Verständnis? So mach ich’s doch auch immer.’ Diese Menschen überraschten ihn immer wieder. Hatte der Kroganer solch eine Rücksichtslosigkeit und Unbesonnenheit bisher nur seiner eigenen Spezies zugetraut, so wurde er spätestens jetzt eines besseren belehrt. Das Gekeife, welches anschließend folgte, bestätigte Draggus hingegen in seiner Auffassung, dass weibliche Wesen der unterschiedlichen Spezies sich mental in nichts unterschieden.

Die Quarianerin legte Schäfer nahe einen Therapeuten aufzusuchen, woraufhin die menschliche Technikerin eine sehr speziell anmutende Erklärung über die Beschaffenheit des Sprengsatzes und der zur Entschärfung notwendigen Ausrüstung abgab. In Draggus Augen klang es eher danach, als wollte Schäfer damit andeuten, der Anzug der Quarianerin würde nicht der diesjährigen Mode der Bombenentschärfer entsprechen.
Eigentlich war der Kroganer froh, dass die beiden Tech-Spezialisten sich endlich aussprachen. Durch den Vorschlag die Quarianerin als Kanonenfutter an die Spitze zu setzen, hatte sie sich bei dieser eindeutig unbeliebt gemacht. Es war an der Zeit die Berührungsängste abzubauen – und es war besser es jetzt zu tun, als unter Feindfeuer. Als Kate jedoch in die Nörgelei mit einstimmte und ein Ende nicht in Sicht war, zwang sich Draggus wortlos an den drei Frauen vorbei Richtung des Ausgangsschachtes, um sich die Ausstiegsluke genauer anzusehen. Letztere war im Grunde nicht mehr vorhanden. An ihrer Stelle klaffte ein breites Loch, dessen Ränder es durch die Wucht der Explosion nach außen gedrückt und ausgefranst hatte. Die angeschweißte Leiter hatte es leicht verzogen und die obersten Sprossen glühten noch in einem tiefen Rot. ‚Dann will ich mal sehen ob ich Kates Erwartungen - mich als wandelnde Lehre zu bewähren - erfüllen kann.’

- „Wenn ihr dann soweit seid, ich warte oben auf euch.“ meinte er an das Enterteam gewandt, bevor er mit dem Aufstieg begann. ‚Wenn das Ding mich – so fett wie ich angeblich bin – aushält, dann dürfte der Rest der Gruppe sicher vorankommen können.’ Die Luke beinahe erreicht, brach dem Kroganer eine Sprosse unterm Fuß weg. Wie vor kurzem Kate und er selbst segelte diese ungebremst in die Tiefe. Behänd schaffte Draggus es sich am Rand der ehemaligen Ausstiegsluke festzuhalten und ein „Aufpassen!“ an seine Begleiter unten im Schacht zu brüllen. Draggus suchte mit einer Hand nach besserem Halt. ‚Na, zumindest die Taillenweite dürfte kein Problem sein. Chaos kleine Retterin würde hier mit Sicherheit quer durchpassen.’ rief sich der Kroganer die Körpergröße des kleinen Menschenmädchens in Erinnerung und versuchte sich durch den geräumigen Explosionskrater hoch zu ziehen.

- ‚Also wenn du schon Berührungsängste abbauen willst, dann hättest du mit gutem Beispiel vorangehen sollen.’ erklang plötzlich Dremmus Stimme und Draggus hatte einen Augenblick lang zu kämpfen um nicht abzurutschen. ‚Bei so viel Sprengstoff, wie die Nebelparder hier verbaut haben, wäre es kurz und schmerzlos gewesen.’

Draggus seufzte schwer als er es endlich schaffte sich aus dem Loch auf das nächste Deck zu ziehen „Und ich war gerade dabei gute Laune zu haben.“

Shaiya Nessari
19.09.2010, 16:31
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Küche/Lüftungsschächte
20:21 Uhr

Alora ließ sich nicht lange bitten, sondern erklomm geschickt die Küchentheke, werkelte an dem Lüftungsgitter herum, bis dieses sich löste und legte es dann weg. Die große Asari verschwand halb im Schacht, als sie ihren Kopf hinein schob und die Dunkelheit selbigen verschluckte. Aloras Stimme klang dumpf, hallte ein wenig von den Wänden des schmalen Schachtes wieder, als sie zu sprechen anhob: „Tja, sieht nicht sehr geräumig aus. Wird eine ziemliche Kriecherei, aber was soll’s. Das geht schon… irgendwie.“

„Das hört sich ja ermutigend an“, murmelte Shaiya vor sich hin, die Brauen zusammen ziehend. „Passt du wenigstens durch?“

„Ich denke schon“, kam Aloras Antwort aus der Dunkelheit, die sie halb verschlungen hatte. „Also schön, bleib hübsch hier, während ich schon mal reinklettere. Und komm, bei der Göttin, erst nach, wenn ich es sage. Wird sonst wahrscheinlich unschön.“

Das glaube ich. Shaiya verkniff sich jeden Kommentar, der sich anschickte, von ihrer Zunge über ihre Lippen zu gleiten, und beobachtete schweigend, wie Alora in den Schacht kletterte, bis die Dunkelheit sie schließlich vollständig verschlang. Sekundenlang hörte Shaiya nur ein gewisses Schaben, das dumpf aus dem Lüftungsschacht hervordrang, und sonst nichts weiter – abgesehen vom allgegenwärtigen Geräusch ihres Atems und ihres Herzschlages. Und selbst jenes Schaben und Kratzen wurde allmählich zaghafter, leiser. Als wäre dem Geräusch aufgefallen, dass es auffällig war. Die Zeit schien sich in Gummi zu verwandeln, zu verziehen, dahin zu kriechen. Als hätte sie sich dazu entschieden, Shaiya Nessari zu verhöhnen.

„Komm jetzt!“, klang dumpf Aloras Stimme aus dem Lüftungsschacht. Ein erleichterter Seufzer entrang sich Shaiyas Brust und schien noch Sekunden später in der Luft nachzuhallen. Rasch kletterte die kleinere Asari auf die Theke und zog sich geschmeidig in den Lüftungsschacht, was ihr etwas schwerer fiel als Alora – vielleicht, weil sie neun Zentimeter kleiner war und daher deren Größenvorteil nicht besaß. Doch dann war es geschafft.

Ein feiner Lichtstrahl drang noch in den Schacht hinein und hüllte die ersten Meter, die Shaiya auf allen vieren krabbelnd zurück legte, in Zwielicht. Doch allmählich verblasste jenes Licht immer mehr, und der Schacht wurde von Dunkelheit erobert. Shaiya konnte Alora nicht mehr sehen, doch sie war direkt vor ihr. Shaiya konnte den angespannten Atem der nur wenig jüngeren Asari vernehmen und das Geräusch ihrer Hände und Knie auf dem Boden des Schachtes. Lediglich die Hand musste sie ausstrecken, um den Hintern der Söldnerin zu berühren.

Zentimeterweise arbeiteten sich die beiden Asari durch die Dunkelheit. Das kalte Metall unter Shaiyas Händen war neben Aloras Atem vor sich und den dumpfen Geräuschen, die ihre ehemalige Gefährtin verursachte, alles was Shaiya in jener Dunkelheit noch wahrnahm. Shaiya krabbelte weiter, geleitet nur von ihrem Gedächtnis. Mehrmals ersehnte sie sich während jener endlos erscheinenden Krabblerei das perfekte Gedächtnis eines Salarianers oder eines Drell. Wie viel einfacher wäre es dadurch gewesen, sich in diesem Kriechgang zu orientieren. Ihr Gedächtnis war sehr gut und genau, doch an das jener beiden Spezies reichte es nicht heran.

Wie gerne hätte sie jetzt etwas gesehen. Nicht zu wissen, welche Strecke noch vor ihr lag und wie viel sie bereits hinter sich gebracht hatte, zehrte an ihren Nerven. Hinzu kam ein weiteres Gefühl, ein tiefes bohrendes Unbehagen, das ihr Herz zusammenpresste und ihr die Luftröhre zuschnürte. Es war so eng, dass sie sich nicht umdrehen konnte, und über ihrem Kopf befanden sich Tonnen an Stahl. Etwas Kaltes perlte über ihre Stirn und brannte in ihren Augen.

Endlose Dunkelheit, ein enger Schacht, aus dem es kein Entkommen zu geben schien. Und vor ihr eine Asari, der sie nicht weiter traute als dieser Schacht in der Breite maß. Ihr Herzschlag dröhnte laut in ihren Ohren. Shaiyas Muskeln begannen, sich vom herumkriechen zu verkrampfen.

Es ist nicht so weit. Es ist nicht so weit. Wir sind bald da. Wir müssen bald da sein. Wir müssen… Die Litanei in ihrem Kopf geriet ins Stocken. Shaiya blinzelte. Täuschte sie sich oder…? Vor ihr schälten nach und nach Aloras Umrisse aus der Finsternis. Oder täuschte sie sich? War dies nur ein Trick, den ihr strapazierter Verstand ihr vorspielte? Zentimeter um Zentimeter schmolz unter ihren verkrampften Händen dahin, und mit jedem Zentimeter schälten sich mehr Details aus der Schwärze. Die Dunkelheit schien an Intensität zu verlieren. Ein grauer Schimmer hüllte die Wände ein…

Licht! Es war bald geschafft. Shaiya spürte, wie der Druck in ihrem Inneren sich langsam verflüchtigte, das boshafte Unbehagen allmählich zerrann. Bröckchenweise wich die dumpfe Panik, blätterte von ihr ab wie alter Putz von einer Mauerfassade. Schon glaubte sie, das Lüftungsgitter vor sich zu erkennen. Mit jedem dahin schmelzenden Zentimeter traten mehr Einzelheiten hervor.

Stimmen drangen leise durch das Gitter zu ihr in den Schacht. Nebelparder? Verbündete? Shaiya war es beinahe egal. Sie sehnte sich nur danach, den engen Schacht zu verlassen und wieder aufrecht gehen zu können. Dieser enge Kriechgang nahm ihr Luft zum Atmen.

Vor ihr erstarrte Alora und stieß einen leisen Fluch aus. „Zur Ardat-Yakshi, verdammt noch mal!“

„Was ist?“, zischte Shaiya. „Wir sind doch fast hier raus, worauf wartest du denn noch? Öffne endlich das verdammte Gitter!“

„Scheiße“, lautete Aloras gepresste Antwort. „So – eine – verdammte – Scheiße.“

„Klärst du mich bitte mal darüber auf, was du damit meinst?“ Shaiyas Stimme triefte vor kaum unterdrückter Aggression. Sie wollte endlich hier heraus. Noch eine Minute länger in diesem widerlich engen Schacht und sie würde qualvoll ersticken. Die Panik saß ihr fest in den Knochen und saugte ihr die Entschlossenheit aus. Sie musste hier raus! Sofort!

„Blue Suns“, erwiderte Alora knapp. „Scheiße, verdammt. So war das hier echt nicht geplant.“

„Na und? Was soll daran so tragisch sein?“ In Shaiyas Stimme mischte sich allmählich echte Panik. „Ich will hier raus. Es ist mir egal, ob da draußen die Suns herum laufen.“

„Jetzt halt die Klappe, okay?“ Alora klang eher panisch als wütend, obwohl sie offenkundig versuchte, es zu kaschieren. „Wenn wir da rausklettern, habe ich ein ernstes Problem, und du auch, verdammt!“

„Was? Bitte? Was willst du damit jetzt andeuten?“ Shaiyas Panikattacken machten einem anderen Gefühl platz – einem noch ekelhafteren. Einer unbestimmten, unheilvollen Ahnung. Ihr sechster Sinn für Gefahr schlug lärmend in ihrem Kopf Alarm. Wäre Shaiya eine Warntafel gewesen, würden längst alle Lichter blutrot leuchten.

Alora zögerte, ehe sie knurrend Antwort gab: „Dass du eigentlich längst tot irgendwie verrotten müsstest.“

20:21 Uhr

Kate Devereaux
19.09.2010, 19:46
Invisible Hand - Deck 4

Kate wurde von Tanyas Erklärung nicht wirklich ruhiger, erst als ihr eine innere Stimme erklärte, warum sie sich eigentlich so aufregte, legte sich ihre Wut - etwas.
„Du hättest dich umbringen können, indem du so unüberlegt handelst.“, meinte die Biotikerin noch, ließ es dann aber gut sein. Scar schien sich in die Streitereien auch nicht einmischen zu wollen, sondern testete einfach, ob der Schacht noch tauglich war. ‚Er ist wohl praktisch veranlagt…’ Bevor Kate ihm folgen konnte, meldete sich jemand per Funk.

„Team Beta? Hier Kaneshtis von Team Gamma. Befinde mich auf dem Weg zur Hilfsbrücke, der Rest rückt unter T'Karrs Leitung weiter direkt zum Maschinenraum vor. Ich nehme den Aufzug, der direkt an die Hangars und Lagerräume grenzt und werde versuchen die Nebelparder davon zu überzeugen, dass sie von dieser Seite aus angegriffen werden, oder zumindest zu schwächen.“, vernahm sie die schnell gesprochenen Worten des Salarianers. ‚War so klar, dass er mit T’Karr nicht zu Rande kommt.’, dachte sich Kate und musste dabei unweigerlich grinsen. Die Vorstellung, dass T’Karr Kaneshtis um jede Ecke vorausschickte und sich hämisch darüber freute, wie dieser in Schusswechsel gelangte, wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen.

„Bestätigt!“, erwiderte Kate neutral. Sie wusste nicht wirklich, ob es ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, dass der Salarianer sich von seiner Gruppe trennte. „Wir kommen von unten und bei uns ist eine Quarianerin mit rotem Visier.“, fügte sie noch erklärend an. Sie vermutete zwar nicht, dass der Salarianer blind auf alles feuern würde, was nicht dem Team angehörte, aber sicher war sicher.

„Kaneshtis kommt ebenfalls zur Hilfsbrücke.“, sagte Kate schließlich ihren Kollegen, vornehmlich aber Kiba, da die beiden anderen den Funkspruch theoretisch auch vernommen haben müssten. ‚Also beeilen wir uns. Wäre peinlich, wenn er vor uns da ist. Wobei es von einem Salarianer zu erwarten wäre.’
Die Biotikerin ging erneut zur Leiter und machte sich auf, um in das nächste Deck hochzuklettern. Als sie an der Stelle vorbeikam, wo der Sprengsatz war, bemerkte sie die Panzerung unter der weg gesprengten Verkleidung. Scheinbar waren die Nebelparder intelligent genug, ihre Raumschiffe so zu bauen, dass sie nicht von den eigenen Fallen beschädigt wurden.

Die von Scar zerbrochene Sprosse vermied sie sorgfältig und wenig später stand sie auf dem nächsten Deck. Abermals war der Ausstieg in einem Korridor und Wegweiser zeigten die Richtung der Messe und der Kantine an. Doch viel erfreulicher als diese Wegweiser, war die Treppe in etwa zehn Metern Entfernung, die den halben Korridor einnahm. Davor war ebenfalls ein Wegweiser an der Wand. Deck 2 stand auf darauf.
‚Der schnelle und bequeme Weg zur Kantine…’, dachte sich Kate und eine Erinnerung aus der Schulzeit blendete sich ein. Als die Pause läutete, stürmten einige ihrer Klassenkameraden, wie von der Tarantel gebissen, in Richtung Kantine. Wäre der Mob von einem Aufzug behindert worden, so hätte es bestimmt schwer Verletzte gegeben. ‚Ähnliche Erinnerungen hatten vermutlich auch die Konstrukteure dieses Trägers.’

„Wir sind fast da.“, meinte Kate nüchtern, als das gesamte Team versammelt war. Mit einem nicht zu verachtenden Grinsen fuhr sie fort: „Was haltet ihr von einem Sturmlauf. Die werden uns so oder so kommen sehen, je schneller wir sind, umso besser. Wenn Kaneshtis dann noch von der anderen Seite kommt, dann stehen die Chancen ganz gut.“

Invisible Hand - Deck 3 ----->

Shaiya Nessari
19.09.2010, 20:45
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Lüftungsschächte/Korridor
20:21 Uhr

„Was?“ Shaiya verspürte in diesem Augenblick den unglaublichen Drang, Alora mit dem Kopf voran durch das Lüftungsgitter zu stoßen. Ein angestrengter Atemzug entfuhr ihren Lungen, vor allem aus dem Grunde ausgestoßen, die plötzlichen Gewaltfantasien im Keim zu ersticken.

„Ich kann dir das jetzt nicht erklären. Aber die Blue Suns halten dich für tot. Zumindest diese Blue Suns da.“

„Reizend“, murmelte Shaiya. „Weißt du, das ist mir jetzt eigentlich ziemlich egal. Ich muss in die Feuerleitzentrale, um die Suns kann ich mich später immer noch kümmern. Und dann kannst du mir auch gleich sagen, was der ganze Mist eigentlich soll.“

Alora stöhnte. „Na schön. Wie du willst. Aber trau denen bloß nicht.“

„Ich mag keine Söldnerin mehr sein, aber das bedeutet nicht automatisch, dass ich jedwede Vorsicht aus der Luftschleuse geworfen habe“, entgegnete Shaiya gereizt. Die Bestie tobte in ihr und schrie nach Befreiung. Shaiya atmete tief durch. Der ganze Tag wurde mehr und mehr zu einer Katastrophe. Aber sich jetzt davon beeinflussen zu lassen kam für sie dennoch nicht eine Sekunde lang in Frage. Sie würde die Feuerleitzentrale infiltrieren, Argus Zugang zu den Systemen der Invisible Hand verschaffen und dabei jede Sekunde lang beten, dass die Göttin so gnädig wäre, ihr Leben zu verschonen.

„Schon klar“, murmelte Alora. Sie robbte einige Zentimeter vor, hob die Arme und drückte von innen kräftig gegen das Lüftungsgitter. Einige quälende Augenblicke tat sich nichts, doch dann löste sich das Gitter mit einem Knall und flog von den beiden Asari weg, um hart an der gegenüberliegenden Wand abzuprallen und scheppernd gen Boden zu krachen.

Alora kroch vorwärts, schon ragte ihr Kopf aus der Öffnung in der Wand. Shaiya presste die Lippen zusammen und beobachtete, wie Alora sich – quälend langsam – in die richtige Position brachte, um irgendwie aus dem Lüftungsschacht zu kommen. Mehrmals sah es fast so aus, als würde die größere Asari stecken bleiben. Doch schließlich war es geschafft und Alora landete relativ sicher auf dem Boden des Korridors.

Shaiya folgte ihr nach. Erleichtert stellte sie hierbei fest, dass ihre geringere Größe und schlankere Statur ihr nun doch zum Vorteil gereichten. Nach vergleichsweise kurzer Zeit hatte sie sich aus dem Schacht gezwängt und landete sicher auf beiden Füßen auf dem Boden. Ein erleichterter Atemzug entwich ihr. Sofort konnte sie freier atmen. Eine wahre Wonne.

Eine Wonne, die just in diesem Augenblick jedoch wie heiße Luft verpuffte. Die Blue Suns, zuvor bereits an ihnen vorbei gezogen, hatten die beiden Asari nun scheinbar bemerkt. Und sie sahen entschieden nicht erfreut aus. Shaiya spürte erneut jenes ungute Gefühl in sich aufsteigen. Ihre Fingerspitzen begannen, vor biotischer Energie zu knistern. Am liebsten wäre sie auf Nummer Sicher gegangen und hätte einen biotischen Sturm entladen, um mit der geballten Macht ihrer Gedanken diese Gruppe Blue Suns zu zerschmettern. Doch sie verhielt sich ruhig. Die Wissenschaftlerin in ihr meldete sich zu Wort und begann sofort damit, jedes einzelne Wort Aloras und das Verhalten der Suns zu analysieren. Ihr Verstand wälzte alles durch, wollte jede Kleinigkeit durchleuchten. Und nach einer gewaltfreien Lösung suchen. Einer Lösung, die sich im bereits gesagten und geschehenen verbergen musste…

„Fury?“ Die Stimme kam von einem der Blue Suns, einem Batarianer. „Verdammt noch mal, du hast gesagt, du kriegst das hin! Was soll der Scheiß?“

Alora schoss einen wütenden Blick auf die Blue Suns und vor allem den Batarianer ab. „Halt’s Maul, Hal’ok. Wie ich die Sache angehe, ist meine Angelegenheit.“

„Auch noch frech werden, was?“ Hal’ok sah aus, als würde er Alora am liebsten den Kopf abreißen und ihre Knochen zu Staub zermahlen. Er bebte. „Du hast uns verraten, so sieht’s aus!“

Aloras Brust entwich etwas, dass sich verdächtig nach einem Knurren anhörte. Oder einem Grollen. Und dann platze es aus ihr heraus: „Du verdammter Idiot, wir befinden uns mitten im Kampf gegen einen Haufen Scheißrassisten. Glaubst du ehrlich, ich hätte da nichts Besseres zu tun, als unsere eigenen Leute abzuknallen?“

Shaiya seufzte. Wieder eine Charaktereigenschaft, an der sich nicht das Geringste geändert hatte. Alora konnte einfach nicht, niemals, unter keinen Umständen, ihre große Klappe halten. Noch lebhaft stand der jungen Wissenschaftlerin vor Augen, wie oft gerade diese Eigenschaft sie beide damals in Schwierigkeiten gebracht hatte. Taktgefühl war einfach nicht Aloras Stärke. Wenn das so weiter ging, würde die Lage vermutlich unweigerlich eskalieren, was zur Folge hätte, dass nicht nur das halbe Schiff auf sie alle aufmerksam würde, sondern auch, dass die Feuerleitzentale für sie auf ewig außer Reichweite blieb. Und keines von beiden war sonderlich verlockend.

„Jetzt halt einfach mal den Mund“, fuhr sie Alora an, ehe jene noch eine weitere Schimpftirade zum Besten geben konnte. Alora verengte wütend die Augen und hob dazu an, etwas zu sagen – was Shaiya dazu veranlasste, der nur um wenige, lächerliche Jahre jüngeren Asari den Ellbogen in die Seite zu rammen. Alora murmelte etwas wenig schmeichelhaftes, hielt nun aber tatsächlich den Mund. Gut. Shaiya wandte sich den Blue Suns zu. „Ich habe keine Ahnung, weswegen Sie mich tot sehen möchten, aber wir haben im Augenblick ernsthaftere Probleme. Ich schlage daher vor, dass wir uns erst einmal darum kümmern, den Nebelpardern den Tag zu verderben. Was Sie danach tun, ist Ihre Sache.“

Der Batarianer schien zu zögern, ein wenig ratlos sah er zu seinem Kameraden hinüber. Einer davon – ein Turianer – nickte knapp. Der Batarianer richtete seine Augen – alle vier – auf Shaiya. „In Ordnung. Ich schätze, es macht keinen Unterschied, ob Sie jetzt sterben oder ein wenig später. Was wollen Sie jetzt unternehmen, Asari?“

Shaiya atmete erleichtert auf. Nicht, dass es sie sonderlich entzückt hätte, dass ein Haufen Söldner sie tot sehen wollte, aber zumindest würde zuerst einmal niemand eine Ladung Schrot in ihren Rücken jagen. Und zeitweilige Verbündete waren besser als gar keine Verbündeten. Selbst wenn jene zeitweiligen Verbündeten sich demnächst in Feinde verwandeln würden.

„Ich muss die Feuerleitzentrale einnehmen und dafür sorgen, dass die VI der Behemoth Zugriff darauf erhält.“

Der Batarianer brach in schallendes Gelächter aus. Alle seine vier Augen leuchteten vor ungläubigen, höhnischen Vergnügen. „Du? Du ganz alleine willst das hin bekommen? Du bist doch bloß eine halbe Portion, die Nebelparder schießen dich in Stücke.“

„Halt die Klappe, Vierauge!“, entfuhr es Shaiya. Das Ungeheuer in ihr brüllte laut und schrie danach, dass sie es losließ. Ihre Gestalt flimmerte urplötzlich vor biotischer Energie. „Ich könnte dir mit einer einzigen Berührung alle Knochen brechen, und deinen Kumpels ebenfalls. Sei froh, dass ich dich als Kanonenfutter für die Parder brauche, andernfalls wärst du jetzt längst tot!“

Der Batarianer knurrte etwas in seiner Sprache, das Shaiya nicht verstand – weniger wegen des Wortlautes als wegen der Lautstärke. Die vier Augen des Aliens verengten sich. „Ist ja gut, Kleine. Komm wieder runter.“ Der Batarianer schielte zu jener Tür, hinter der sich die Feuerleitzentrale befand. „Die Feuerleitzentrale klingt jedenfalls nach ’ner guten Idee. Alles, was die Nebelparder umbringt, soll mir Recht sein.“

Mit einer übertriebenen Geste wies er zur Tür, die spitzen Zähne gefletscht. Shaiya warf ihm einem giftigen Blick zu – sie konnte es kaum erwarten, das Vierauge wegen seiner dreisten Äußerung in Fetzen zu reißen – und stolzierte an ihm vorbei der Tür entgegen.

„Sie zuerst, Asari.“

20:22 Uhr

Shaiya Nessari
20.09.2010, 19:15
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Korridor/Feuerleitzentale
20:22 Uhr

Das Bedienfeld der Tür leuchtete provozierend rot, als wolle es Shaiya mit aller Macht entgegen schreien: „Du kommst hier nicht rein!“ Die junge Asari verengte die Augen konzentriert und verwünschte schließlich ihre geringen Technikkenntnisse, die verhinderten, dass sie das Türschloss einfach umgehen konnte. Ihr blieb nur die Hoffnung, dass sich in dem Trupp Blue Suns jemand befand, der damit zurecht kam – oder dass Alora dem Schloss zuleibe rückte, wie zuvor, als sie die Tür zur Küche gehackt hatte.

„Ich mache das“, murmelte Alora. „Und benutz diesmal gefälligst deine Waffen früher. Es war reines Glück, dass die dich vorhin in der Küche nicht gleich abgeknallt haben.“

„Als ob ich das nicht vorhätte“, zischte Shaiya ihr zu und zog demonstrativ ihre Maschinenpistole, um damit ebenso demonstrativ vor Aloras Gesicht herum zu wedeln. „Zufrieden?“

„Ja... gut so. Und sei diesmal nicht so zimperlich. Du bist nämlich weich geworden in den letzten Jahrzehnten. Früher hättest du die Blue Suns einfach auseinander genommen. Und jetzt… Bah.“

„Ich habe meinen Horizont erweitert“, zischte Shaiya zurück. „Das rate ich dir auch. Man kann Probleme auch ohne Gewalt lösen.“

Alora grinste. „Ja, klar. Aber mit Gewalt macht es mehr Spaß.“ Mit diesen Worten schaltete sie ihr Universalwerkzeug ein und begann damit, das Schloss zu umgehen. Shaiya presste die Lippen aufeinander und beobachtete ihre einstige Gefährtin aus verengten Augen. Alora sah aus, als würde sie wieder ohne Rücksicht auf Verluste in den Raum stürmen und einfach alles verwüsten, was dumm genug war, sich auf ihrem Weg zu empfinden. Kroganerkind eben. Ich hoffe nur, dass sie, wenn es erst anfängt, noch wach genug ist, Freund und Feind voneinander zu unterscheiden. Denn darauf, erneut von Alora angegriffen zu werden, legte Shaiya Nessari nun wirklich keinerlei Wert.

Nach einer endlos erscheinenden Wartezeit – wobei es sich eigentlich nur um Sekunden handeln konnte, wie Shaiya rein rational auch jenseits jeden Zweifels wusste, aber ihr persönliches Empfinden richtete sich nun einmal nicht strikt nach der tatsächlich vergangenen Zeit – färbte sich das Bedienfeld der Tür einladend grün und Alora brauchte es nur noch leicht zu berühren. Zischend tat sich die Tür vor der Söldnerin auf.

Shaiya riskierte einen Blick in die Feuerleitzentrale. Sie erkannte Computer, verschiedene Stationen – vermutlich für Radar und ähnliches -, blinkende Lichter hie und da, und, wesentlicher wichtiger – deswegen fokussierte ihr Blick sich auch direkt darauf – schwer bewaffnete und ziemlich wütend aussehende Rassisten, aus deren strikt gen Tür gerichteten Waffenmündungen nun die ersten Projektile in Richtung der Gruppe Blue Suns und der beiden Asari flogen.

„Tötet den Alienabschaum!“

„Säubert das Schiff!“

„Macht sie fertig!“

„Für die Herrschaft der menschlichen Rasse!“

Shaiya konnte gerade noch rechtzeitig in Deckung gehen, ehe die ersten Projektile sie trafen. Sie hatte keine Ahnung, wie lange ihre Powerpacks sie noch schützen würden und eine biotische Barriere aufzubauen ging im Augenblick noch ein wenig über ihre Kräfte. Es war eine Sache, die Biotik fokussiert und schlagartig zu entladen, aber eine langwierige Konzentration auf etwas wie einen biotischen Schild war etwas ganz anderes. Die nötige Konzentration dazu fehlte ihr noch immer.

Alora hatte längst die Feuerleitzentrale gestürmt und raste in halsbrecherischem Tempo auf eine Gruppe Nebelparder zu, um diese aus nächster Nähe mit Ladungen von Schrot zu durchsieben. Shaiya konnte ihre Schreie hören und sehen, wie ihr Blut in einem feinen roten Sprühregen auf die Apparaturen in der Zentrale niederging und auf dem Boden feuchte, leicht dampfende Pfützen bildete.

Shaiya selbst beschränkte sich darauf, aus der Deckung Schüsse abzugeben und gleichzeitig langsam dunkle Energie zusammen zu ziehen, um diese dann gezielt entladen zu können. Die Blue Suns hingegen hatten sich längst selbst in den Kampf geworfen, ihre eigenen Kampfschreie ausstoßend – „Für Omega!“, „Bringt das Rassistenpack um!“, „Die Terminussysteme gehören uns, ihr Nebelratten!“, „Wir machen euch fertig!“ – und aus vollen Gewehrmündungen feuernd. Die Schreie, die aus der Leitzentrale hinaus an Shaiyas Ohren drangen, waren jedoch nicht allein solche des Kampfes. Immer mehr Schmerzenslaute mischten sich darunter. Auch solche der Angst waren inzwischen zu vernehmen.

Shaiya wurde allmählich gezwungen, die Maschinenpistole zu senken. Zu groß war die Gefahr, in dem Getümmel einen Verbündeten zu treffen. Eine Verbündete… und nicht einmal bei ihr bin ich mir sicher… Allmählich sickerte die finstere Erkenntnis in ihr Hirn, dass sie nicht mehr lange mit dem Rücken zur Wand des Korridors herumstehen und einfach in den Raum feuern konnte. So würde es ihr kaum gelingen, produktiv etwas beizutragen.

Also schön… Die ehemalige Söldnerin stieß sich von der Wand ab und hechtete in den Raum hinein. Hektisch sah sie sich um, suchte nach einer halbwegs brauchbaren Deckung, die sie erreichen konnte, ehe ihre Schilde zusammen brachen. Mehrere Schüsse trafen ihre kinetischen Schilde und wurden von selbigen absorbiert. Shaiya schickte ein Stoßgebet zu Siari – Ich will nicht sterben! Ich bin noch viel zu jung! Ich will meine matriarchale Phase noch erleben! – und erblickte die rettende Deckung einige Schritte links von sich, als hätte Siari ihr Flehen erhört und ihr gnädig den Weg gewiesen.

Shaiya beschleunigte noch etwas, raste in halsbrecherischem Tempo auf die Deckung – die sich ihr in Form einer Radarstation präsentierte – zu und verlor in der Eile das Gleichgewicht. Ihre Füße rutschten auf irgendetwas… Glitschigem… aus, das den Boden wie ein Film bedeckte. Mit einem Fluch, der jeden kroganischen Warlord vor Neid hätte erblassen lassen, verloren ihre Füße auf dem glitschigen Untergrund den Halt und Shaiya landete äußerst „elegant“ mit dem Gesicht voran auf etwas weichem, feuchten. Augenblicklich füllten sich ihre Nase und ihr Mund mit etwas, dass leicht metallisch und ziemlich salzig schmeckte und einen heftigen Würgreiz in ihr auslöste. Zu allem Überfluss trommelten weiterhin Schüsse penetrant und unaufhörlich gegen ihre schmale Gestalt.

Verdammt… Shaiya richtete sich langsam auf, blinzelte heftig und spuckte Blut aus – menschliches Blut. Wenigstens etwas. Aber nicht mehr lange und das da ist meines. Vorsichtig brachte die Asari die Füße wieder unter ihren Körper und starrte anschließend feindselig auf die heimtückische, leuchtend rote Blutlache, der sie ihren unrühmlichen Sturz zu verdanken hatte. Ihr nächster, wütender Blick zielte in Aloras Richtung. Auch, wenn Aloras Vater ein Kroganer gewesen war, musste sie deswegen auch wie ein Kroganer kämpfen?

Aber jetzt blieb Shaiya keine Zeit, sich über diese Tatsache zu beschweren, denn die Schüsse trommelten weiterhin auf ihre Schilde ein, nur allzu begierig, diese nieder zu reißen und Shaiyas junges Leben zu beenden. Eilig hechtete Shaiya los, diesmal allerdings mit mehr Umsicht. Sie musste diese Deckung erreichen, ehe ihre Lebensgeschichte hier und jetzt ein blutiges, gewaltsames Ende fand! Diese Deckung war jetzt alles, was zählte. Alles andere war unwichtig. Sie musste nur diese Deckung erreichen!

Da! Endlich! Höchst willkommen begrüßte die Deckung Shaiya und die junge Asari klammerte sich daran fest wie eine Ertrinkende an einem Stück Treibholz, um sich mit Schwung dahinter in Sicherheit zu bringen. Erst, als ihr Rücken sich fest gegen das eine relative Sicherheit versprechende Pult berührte, fiel der jungen Asari auf, dass sie zitterte. Tausend Gedanken spielten in ihrem Kopf Fang mich! Tausend Gefühle tobten in ihrem gesamten Körper und gaben einfach keine Ruhe. Ihr Herz hämmerte so laut gegen ihre Rippen, als versuche es, aus ihrem Brustkorb zu entkommen.

Das war knapp! Verdammt noch mal, das war knapp! Das war… wirklich… knapp…

Mut hin oder her, sie hatte keine Lust zu sterben, und sie würde nicht zulassen, dass die Nebelparder ihre Leiche zu sehen bekamen. Dass hatte sie sich geschworen und, bei Siari, sie würde dafür sorgen, dass sie diesen Schwur erfüllen würde. Sie würde heute Nacht nicht sterben. Und schon gar nicht an diesem Ort. Sie hatte noch nicht lange genug gelebt, und an das Prinzip eines Heldentodes glaubte sie nicht. Jedes Opfer dieser Schlacht würde vergessen werden, aber an die Überlebenden würde man sich erinnern.

Und da behaupte ich auch noch, mir liegt nichts am Ruhm. Soviel dazu.

20:23 Uhr

Shaiya Nessari
21.09.2010, 19:02
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Feuerleitzentale
20:23 Uhr

In einigen menschlichen Religionen existierte ein mystischer Ort, der „Hölle“ genannt wurde. Laut deren Mythologie wurde diese Hölle von einem bösen Wesen beherrscht, das „Teufel“, „Satan“ oder auch „Luzifer“, manchmal jedoch auch „Mephistopheles“ genannt wurde. Diese Hölle wurde als ein Ort des Feuers und der Qualen, des Chaos und der Schmerzen beschrieben. Kurz: Wie ein Ort, der keinen Besuch wert war.

Wenn Shaiya sich jetzt in der Feuerleitzentrale umsah, kam ihr sofort „Hölle“ in den Sinn und ihr drängte sich die Frage auf, ob solche Kämpfe – voller Blutvergießen, Hass und Brutalität – die Menschheit dazu veranlasst haben könnte, sich einen solchen Ort auszudenken. Ein gemütliches Plätzchen war dies hier mit Sicherheit nicht. Eher ein Ort, an dem einen der Tod erwartete, wenn man nicht aufpasste.

Die junge Asari saß noch immer mit dem Rücken dicht an das Pult gedrängt in der relativen Sicherheit ihrer Deckung und konzentrierte sich eher darauf, schwarze Energie zu kanalisieren, als darauf, ihre Waffen in Richtung der Nebelparder abzufeuern. Ihre Nerven kribbelten bereits vor anschwellender, biotischer Kraft und dieses Kribbeln wurde von Sekunde zu Sekunde stärker. Ihre stärkste Waffe erholte sich sehr gut und es wenn sie nun mit ihrer Biotik angriff, würde dies wesentlich mehr Schaden anrichten als jede, von ihrer Hand abgefeuerte, Waffe es vermochte.

Shaiya fuhr aus der Deckung hoch und fokussierte einige Nebelparder, die nicht weit von ihr auf die aus dem Schutz auftauchende junge Asari zu feuern begannen. Eine Bewegung und Konzentration, und das von Shaiya erschaffene Verzerrungsfeld zerriss die Nebelparder auf molekularer Ebene. Shaiya glitt in ihre Deckung zurück und atmete tief durch. Sie hörte ihr Herz unangenehm laut in der Brust pochen. Vielleicht hatte sie ihre Biotiken etwas zu früh eingesetzt…

Aber ich kann es jetzt auch nicht mehr ändern. Den Rest heb ich mir für die Blue Suns auf. Jetzt müssen wir erst einmal diese Zentrale erobern. Bei der Göttin, ich hoffe, danach gibt es nicht Nessari am Spieß… ich bin zu jung zum Sterben!

Shaiya tastete nach ihrer Maschinenpistole, lehnte sich etwas aus der Deckung hervor und begann, auf die nächsten Nebelparder zu feuern, die so dumm waren, in ihrem Schussfeld herum zu laufen. In langen Serien, schnell aufeinander folgend, wurden die Projektile abgefeuert und bearbeiteten unerbittlich die Schilde der Parder. Kurz darauf hatte sie den ersten ausgeschaltet.

„Verdammte Asari-Schlampe! Macht sie endlich fertig!“, drang der wütende Kampfschrei zu Shaiya Nessari durch und ließ in ihrem Kopf ein ungemütliches „Oh-oh!“ entstehen. Einer der Nebelparder starrte sie voller Hass und Wut an und raste wie ein Irrer auf sie zu… viel zu schnell, als dass es natürlichen Ursprungs sein konnte! Seine Bewegungen waren verschwommen, und ehe Shaiya ausweichen oder in irgendeiner anderen Form reagieren konnte, hatte er sie umgerissen und quer durch den halben Raum geschleudert.

Mit einem Ächzen und einem wilden, jedoch unausgesprochenen Fluch auf der Zunge, krachte die Asari-Wissenschaftlerin gegen einen der Computer in der Feuerleitzentrale und sah Sterne. Und Lichter. Blinkende Lichter, die sie von allen Seiten umgaben und sich durch ihre Netzhaut brannten. Ein einziger Gedanke schaffte es in ihren Kopf, eine einzige, hinterhältige Erkenntnis: Verdammte Scheiße, ein Biotiker!

Zu mehr kam sie nicht, denn der Nebelparder-Biotiker holte bereits mit einer, von schwarzer Energie umflirrten, Faust aus und zielte damit ausgerechnet auf Shaiyas Gesicht. Die Asari riss voller Entsetzen und hilflos die Augen aus. Noch immer viel zu benommen, würde sie diesem Hieb niemals ausweichen können! Und ein mit Biotik verstärkter Faustschlag besaß, wie sie als Biotikerin sehr genau wusste, die Kraft eines Vorschlaghammers… wenn sie Glück hatte. Wenn sie Pech hatte, würde dieser Schlag ihren Kopf in eine blutige Masse aus Blut, Gehirn, Haut und Kochen verwandeln.

Shaiya atmete tief durch und versuchte, wenigstens im Augenblick ihres Todes einen klaren Kopf zu bewahren. Sie würde als Dr. Shaiya Nessari sterben, nicht als Banshee die Söldnerin. Sie würde als die Asari sterben, die sie geworden war und nicht als die Asari, die sie gewesen war.

Mach schon, du Mistkerl. Ich bin direkt vor dir, ging es ihr durch den Kopf. Und der Kopf des Nebelparders explodierte. Knochensplitter und Gehirnmasse spritzten, vermischt mit einem feinen Sprühregen aus Blut, in alle Richtungen davon und auch in Shaiyas Gesicht.

„Das ist jetzt schon das verdammte, zweite Mal heute“, drang Aloras ziemlich wütende Stimme eher undeutlich zu ihr durch. „Ich kann dir nicht jedes Mal den Arsch retten, wie oft soll ich das noch wiederholen. Und jetzt vergiss endlich mal für zwei Minuten deinen beschissenen Doktortitel und fang an, zu ballern.“

Shaiya blinzelte – gerade schickte sich ein Tropfen menschlichen Blutes dazu an, ihr ins Auge zu laufen – und wollte dazu anheben, ihrer ehemaligen Gefährtin zu erklären, dass sie genau das bis vor wenigen Sekunden noch getan hatte, unterließ es dann jedoch. Sie hatte sich wirklich nicht gerade wie eine Kämpferin, sondern sehr zögerlich verhalten. Und je schneller die Feuerleitzentrale sich in ihrer Kontrolle befand, desto besser war es.

Shaiya packte die Schrotflinte, die Leihgabe Zyon Galens, und nickte mit neuer Entschlossenheit. Es war Zeit, diese Farce zu beenden und die Feuerleitzentrale endlich endgültig zu erobern. Der Kampf um diese wichtige Stellung war noch immer nicht ganz beendet.

„Mach sie fertig, Banshee!“

Shaiya atmete tief durch und ließ die Bestie frei. Zum ersten Mal völlig willentlich nach fast fünfzig Jahren. Biotik baute sich in ihrem Körper auf und ließ sie an Alora vorbei flitzen, ihre Finger zogen den Abzug, immer wieder… Die Schmerzens- und die Todesschreie klangen in ihren Ohren wie Musik. Wie die Musik des Triumphes und des Sieges.

Ihr Sturmlauf riss einen der Nebelparder um und die Schrotprojektile zerrissen seinen Körper in Fetzen. Banshee wirbelte herum und stürzte sich auf den nächsten Nebelparder. Sie spürte, wie er versuchte, die Hände um ihre Handgelenke zu schließen und ihr die Waffe zu entreißen… ihr Knie schnellte hoch und krachte ihm in die Leistengegend. Zwei Schüsse später war er tot. Ein feiner Sprühnebel aus Blut legte sich über ihr Gesicht.

Banshee gönnte sich keine Pause, sondern griff sofort den nächsten an. Kurz durchfuhr sie Schmerz, als eine Kugel ihre linke Wade streifte – offenbar gaben ihre Schilde langsam den Geist auf – doch sie ignorierte es und riss den nächsten Nebelparder um. Blut spritzte, das Schrotgewehr bebte. Ein toter Nebelparder mehr.

„Banshee!“ Der Ruf ließ die Asari herum wirbeln, automatisch hob sie ihr Gewehr und richtete es auf diejenige, die sie angesprochen hatte. Alora feuerte ihre Pistole ab und schickte den letzten Nebelparder in den Tod. Den letzten! Banshee grinste breit. Die Feuerleitzentrale gehörte ihnen! „Ich wusste, dass du nicht alles vergessen hast. Ich habe es immer gewusst!“

Alora steckte ihren Schießprügel weg und stieg über die Leichen der Verteidiger zu ihr hinüber. Banshee spannte sich an. Wenn Alora jetzt Anstalten machte, sie zu erschießen oder sonst etwas zu tun, würde sie ihr den Kopf mittels Biotik platzen lassen. Doch was Alora dann tat, überraschte sie viel mehr als alles andere… Die warmen, mit einigen Tropfen Blut benetzten Lippen streiften auf vertraute und dennoch neuartig-fremde Weise ihre eigenen Lippen, und Banshee war verschwunden. Shaiya erstarrte, kämpfte gegen den Drang an, zu verschwinden, sich in Luft aufzulösen, war jedoch unfähig, sich dagegen zu wehren. Es war zu vertraut. Zu überraschend. Sie konnte nichts tun, nicht einmal denken.

Der Augenblick verging, urplötzlich, und Shaiyas Verstand begann wieder zu arbeiten. Voller Unglauben und Wut starrte sie Alora an. Das ging einfach zu weit! Dafür sollte sie… „Was sollte das eben? Ich bin nicht mehr mit dir zusammen, du hast kein Recht dazu!“

Alora grinste breit, absolut unverschämt, ohne jede Reue. Sie wirkte geradezu pervers befriedigt. „Schön möglich, dass ich es nicht darf. Aber darin liegt ja der Reiz des Verbotenen, oder? Und jetzt reg dich ab und tu, was auch immer du hier tun sollst.“

Shaiya zitterte, bebte. Doch Alora hatte Recht. Zumindest, was das allerletzte anging. Sie war nicht hier, um ihre ehemalige Gefährtin zu Recht zu weisen, sondern um die Schlacht voran zu bringen, vielleicht sogar zu wenden.

Zurück zum Wesentlichen.

20:24 Uhr

Shaiya Nessari
22.09.2010, 18:10
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Feuerleitzentale
20:24 Uhr

Shaiya atmete langsam aus, ehe sie ihr Universalwerkzeug anschaltete und gleichzeitig den Kommlink aktivierte, um Kontakt zur Behemoth aufzunehmen. Sie klinkte sich ARGUS’ Frequenz ein. Keine sehr schwierige Aufgabe, auch mit nur begrenzten Tech-Kenntnissen. Ihre Atmung beruhigte sich. Den gefährlichsten Teil hatte sie bereits überstanden, der wichtigste Teil stand jedoch noch bevor.

„PSY Behemoth, Captain Yamashe“, begann Shaiya, um eine ruhige, gleichmäßige Stimme bemüht. „Hier spricht Shaiya Nessari. Ich habe gerade zusammen mit einer Gruppe Blue Suns die Feuerleitzentrale eingenommen. Erbitte weitere Anweisungen.“

Shaiya hielt den Atem an. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass die PSY Behemoth dort draußen nicht selbst zu beschäftigt oder sogar bereits abgeschossen worden war. Sie biss sich auf Lippen und schmeckte Blut im Mund. Diesmal ihr eigenes. Die Sekunden verstrichen quälend langsam. Doch dann…

„Shaiya Nessari, hier spricht ARGUS!“, erklang die synthetische Stimme der VI. „Befolgen Sie bitte genau meine Anweisungen. Sind Sie bereit?“
Bin ich bereit? Gute Frage, nächste Frage. „Ja.“
„In Ordnung, Shaiya Nessari. Verbinden Sie bitte als erstes Ihr Universalwerkzeug mit dem Hauptcomputer der Feuerleitzentrale. Den Plänen zufolge ist es der größte Computer in der Feuerleitzentrale.“
Shaiya nickte. Natürlich konnte die VI es nicht sehen, aber das war im Augenblick auch nachrangig. Shaiya näherte sich dem besonders großen Computer – der gefechtsbereit blinkte, wie freundlich! – und richtete die Verbindung zwischen ihrem Universalwerkzeug und dem Computer ein.
„Sehr gut. Nun stellen Sie eine Verbindung zwischen ARGUS und dem Hauptcomputer her, und zwar in dem sie…“ ARGUS ratterte die komplette Liste ab und Shaiya befolgte Wort für Wort jede Anweisung.
„Sehr gut. Jetzt tun Sie bitte folgendes…“ Erneut erfolgte eine genaue Anweisung, wobei es diesmal darum ging, die Firewalls zu senken und um dergleichen. Shaiya verstand nur die Hälfte davon, aber da ARGUS es so gut erklärte, brauchte sie es auch gar nicht gut zu verstehen, sie musste es bloß tun.
„Sehr gut, Shaiya Nessari. ARGUS hat nun volle Kontrolle über die Feuerleitsysteme der Invisible Hand. Die Verbindung wurde hergestellt. Sie können Ihr Universalwerkzeug jetzt gefahrlos deaktivieren.“
Shaiya nickte, erneut natürlich für ARGUS und die gesamte PSY Behemoth unsichtbar, ehe sie das Universalwerkzeug abschaltete und zurücktrat. ARGUS meldete sich mit einem synthetisch-höflichen Satz ab und dann herrschte Stille in der Feuerleitzentrale.

Die junge Wissenschaftlerin atmete erleichtert aus. Es war erledigt. Sie hatte ihren Part übernommen, ihre Rolle gespielt, ihren Teil beigetragen. Wo die anderen aus ihrem Team sich abgesetzt und die Wichtigkeit dieser Aufgabe schlichtweg vergessen hatten, hatte sie das Ziel nicht aus den Augen verloren. Vielleicht war der Ausgang der Schlacht zum Teil auch ihr Verdienst. Aber ganz sicher nicht der Zyon Galens oder Nalya Dalinaris.

Zyon… Nalya… mein Team… verdammt, und wenn sie jetzt auf dem Weg hierher sind? Hier gibt es für sie nichts mehr zu tun. Ich sollte Bescheid geben.

Shaiya schaltete auf die Frequenz ihres Teams. „Team Delta, hier spricht Shaiya Nessari. Die Feuerleitzentrale ist gesichert, ARGUS hat soeben die Kontrolle über die Feuerleitsysteme übernommen. Nessari Out.“

Mehr konnte sie nicht tun. Nicht mehr. Ihr Part war erledigt, ihre Rolle gespielt, ihr Ziel erreicht, ihr Teil war beigetragen. Wenn es nach ihr ginge, würde sie die Invisible Hand sofort verlassen. Aber ihr schwante, dass sie das noch nicht konnte. Die Schlacht mochte an einen Wendepunkt gelangt sein, aber sie war noch nicht geschlagen.

„Rührt sie an und ihr seid tot!“, hörte sie Aloras Stimme in ihrem Rücken fauchen.

Shaiya wirbelte herum und erkannte, dass mehrere Blue Suns ihre Waffen nun auf sie gerichtet hatten. Ein zarter Seufzer kam von ihren Lippen. Es war noch nicht vorbei, noch lange nicht. Die Nebelparder in der Feuerleitzentrale waren tot, doch der Feind war es noch nicht. Vorerst würden die Kämpfe weiter gehen. Als ob sie nichts anderes zu tun hätte. Oder nichts anderes tun wollte.

Ihre Gestalt verschwamm vor biotischer Energie. Sie würde nicht sterben, nicht jetzt und nicht hier. Wenn die Kämpfe erneut beginnen sollten, dann musste es so sein. An ihr würde es nicht scheitern. Aber dies würde nicht ihr letzter Kampf sein, und auch nicht die letzte Stunde in ihrem Leben. Nicht einmal das letzte Jahrhundert. Herausforderung schrie aus ihrem Blick. Ihr Körper bebte vor biotischer Anspannung, nicht vor Furcht.

„Kommt doch“, stieß sie hervor, herausfordernd, entschlossen. In diesem Augenblick verschwand Banshee vollständig und verschmolz mit der Person, die sie jetzt war, zu einer Einheit. Vergangenheit und Gegenwart vereinten sich. Jetzt endgültig. „Die Nebelparder haben mich nicht umbringen können, glaubt ihr, da habe ich Angst vor euch?“

20:25 Uhr

Draggus 'Scar' Skarmang
23.09.2010, 22:58
Invisible Hand; Bereitschaftsräume - Deck 4

Auf dem nächsten Deck angekommen, kontrollierte Draggus als Erstes die Umgebung. Die Schrotflinte im Anschlag schaute sich der Kroganer wachsam um. Die antrainierte Vorsichtsmaßnahme, die im Laufe der Jahrhunderte zu einem lebensrettenden Reflex geworden war, konnte diesmal lediglich das Gewissen beruhigen. Weit und breit war niemand zu sehen. Die Gänge waren vollkommen verlassen und erweckten den Eindruck, als sei das Schiff bereits in den Händen der Omega-Verteidiger. ‚Allerdings würde es hier in dem Fall wohl ganz anders aussehen.’ korrigierte er seinen Ersteindruck.
Draggus stellte sich vor, wie euphorische Söldner mit lautstarkem Jubel durch die Korridore torkelten, nachdem sie aus sämtlichen Spirituosen Omegas die abenteuerlichsten Cocktails gemischt und sich diese auch exzessiv hinter die Binde gekippt hatten um ihren Sieg gebührend zu feiern. Sowie wilde Salutschüsse als musikalische Untermalung, welche dabei mehr Kollateralschaden am Schiff und Leben forderten, als die eigentlichen Kämpfe. Leicht bekleidete Asari-Tänzerinen, die bei den Kombattanten für Stimmung sorgten, nur um die Alkoholleichen anschließend um die frisch verdienten Credits zu erleichtern. Einheimische Freudenmädchen als Trostpreis für diejenigen Söldner, welche keine versklavte Frau als Beute ergreifen konnten.

Die Waffe locker in Händen haltend schlenderte der Kroganer den Korridor entlang und blieb ein paar Schritte von der weggesprengten Luke entfernt stehen. Den Blick abwesend auf das Ende des Korridors gerichtet fühlte sich Draggus um mehrere Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt. Schweigend stand er da, der Geräusche, welche seine Gefährten beim Besteigen der Leiter verursachten, nicht gewahr. Erneut durchlebte er die Eindrücke jener Raubzüge auf Omega und in den umliegenden Systemen, deren Zeuge und oft genug auch Mittäter er gewesen war. Damals hatten ihn die erlebten Gräueltaten nie berührt. Sowohl sein Auge, als auch sein Herz war in dieser Hinsicht unempfindsam und abgehärtet, wie die Haut eines Vorcha, den man bis an die Schwelle des Todes geprügelt hatte. Töten war ein Beruf wie jeder andere, vielleicht etwas besser bezahlt und man kam öfter in der Galaxie herum, doch im Grunde unterschied er sich kaum von dem eines Metzgers. Zumal er einigen Individuen begegnet war, welche die jeweils anderen Spezies durchaus als Tiere betrachteten. Hatte er auch immer ein Bedauern empfunden, wenn er ein Mitglied seiner eigenen Spezies – einen Bruder, in gewisser Hinsicht – hat töten müssen, so schreckte er auch davor nicht zurück, wenn es die Umstände erforderten.

„Zeit verändert alles.“ hatte sein Vater ihm einst gesagt. Draggus hatte den Worten seinerzeit kaum Beachtung geschenkt und sie als eine weitere „Weisheit“ eines alten Mannes abgetan. Erst Jahre, Jahrzehnte später sollte ihre Bedeutung zu ihm durchdringen.

Der Übergang war fließend und Draggus merkte es nicht mal, als er nur noch Aufträge annahm, bei denen es nicht um reine Zerstörung ging oder das Kopfgeld nur auf lebendig und nicht auf tot ausgezahlt wurde. Er wollte es sich nicht eingestehen, dass die selbst auferlegten Regeln, mit denen er sich im Kampf beschränkte nicht dazu dienten, die Jagd für sich interessanter oder herausfordernder zu gestalten, sondern um das Leben des Gegners zu schonen. Die Einsicht viel umso schwerer, als dass er nie von Alpträumen geplagt wurde anders als die wenigen Söldner, welche während seiner Laufbahn ihr Handwerk aufgegeben hatten. Überhaupt träumte Draggus nur selten und wenn, dann von seinem Heimatplaneten. Auch wenn Omega für eine sehr lange Zeit zu seiner Wahlheimat geworden war, gab es nur einen Ort, den der Kroganer Zuhause nennen konnte – Tuchanka. Alles andere war Fremde.

‚Das Auge ist noch hart, doch die Herzen sind weich geworden.’ Musste Draggus sich schließlich eingestehen als er nach einer Revision mehr nichttödliche als tödliche Waffen in seinem Arsenal feststellte. Die Einsicht fiel umso schwerer, da er gerade einen kleinen Vorrat an neuartigen Haftminen auf den Märkten erworben hatte und der Frust über das vergessene Wechselgeld sich nicht darin äußerte die frisch erworbene Ware an den zahlreichen Passanten auszuprobieren.

Draggus hätte vermutlich noch einige Jahre damit verbracht die Augen vor der Wahrheit zu verschließen ohne zum Clan zurück zu kehren, wäre ihm damals nicht so schmerzhaft vor Augen geführt worden, dass das Handwerk mit dem Tod seinem Dasein nie den Sinn geben wird, um es Leben nennen zu können.
Das Gefühl nach Hause zu kommen war unbeschreiblich. Kein Rauschmittel der bekannten Galaxie hätte es je simulieren können. Kein Blutrausch hätte es je zu ersetzen vermocht.

„Schlussendlich hat es mir nur das Allerletzte geraubt, was mir bedeutet hat.“ Murmelte der Kroganer und musste unweigerlich an die Ereignisse denken, die seiner Rückkehr folgten.

- „Scar. Hilf mir hoch.“ Die Stimme riss den Kroganer aus seiner Starre. Draggus machte auf dem Absatz kehrt und eilte zu dem gewalttätig geöffneten Zugang zurück um seinen Gefährten beim Aufstieg zu helfen. Als er die Luke erreicht hatte war Kate gerade dabei rauszuklettern. Die Menschenfrau ignorierte seine ausgestreckte Hand und zog sich durch eigene Kraft auf das Deck. Plötzlich realisierte Draggus, dass die eindeutig weibliche Stimme weder Kate noch Schäfer gehörte und auch nicht durch die quarianische Atemmaske verzerrt wurde um die der jungen Technikerin zu sein. Trotzdem vernahm er die Worte erneut.

- „Scar. Hilf mir.“

Irritiert hob Draggus den Kopf um sich umzuschauen. Zufällig erblickte er in einme der Gänge, welcher hier abzweigte, eine weibliche Gestalt. Die Stimme gehörte offenkundig einer Asari, welche mit ausgestrecktem Arm am Ende des Korridors stand und nach ihm rief. Draggus stand mit weit aufgerissenen Augen da und ignorierte erneut seine Gefährten, die mittlerweile allesamt die Wartungsschächte verlassen und sich zu einer - von Kate initiierten - Kurzbesprechung zusammengefunden hatten.

- „Was haltet ihr von einem Sturmlauf. Die werden uns so oder so kommen sehen, je schneller wir sind, umso besser.“ Draggus hörte die Menschenfrau sprechen ohne den Wortlaut zu vernehmen. „Wenn Kaneshtis dann noch von der anderen Seite kommt, dann stehen die Chancen ganz gut.“ Verwirrt betrachtete der Kroganer seine Gefährten, welche offenbar weder die Stimme gehört, noch die Gestalt am Ende des Korridors bemerkt hatten.

- „Unmöglich!“ redete sich der Kroganer ein, nicht bewusst, dass die Worte laut ausgesprochen waren und rieb sich ungläubig mit einer Hand die Augen. Den Blick erneut an die entfernte Stelle des Ganges gerichtet, stellte er fest, dass dieser ebenso leer und verlassen war wie bei seiner Ankunft. „Das kann nicht sein!“

-------------> Invisible Hand: Deck 2 (Quartiere; Hilfsbrücke)

Shaiya Nessari
24.09.2010, 23:38
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Feuerleitzentale
20:25 Uhr

Man musste kein Genie sein, um den Ernst der Lage zu erkennen: Eine Gruppe Blue Suns, bewaffnet, sehr feindselig und absolut bereit, ihr das Lebenslicht auszublasen, wäre selbst für einen Idioten ein leicht zu erkennendes Problem gewesen. Shaiya zählte sich selbst nicht im Geringsten zu den Idioten – und niemand, der sie kannte, hätte es getan. Das änderte aber rein gar nichts an der Situation.

„Lass diesen biotischen Hokuspokus, Kleine“, knurrte der augenscheinliche Anführer dieser Gruppe Blue Suns, der große Batarianer, der zuvor den Waffenstillstand mit ihr ausgemacht hatte. „Du änderst sowieso nichts mehr daran, dass du gleich tot sein wirst.“

Shaiya hob das Kinn und starrte den Batarianer herausfordernd an. „Du bist ebenso groß wie blöd, oder? Glaubst du, diese Drohungen machen mir Angst? Ich bin schon mit Schlimmeren fertig geworden.“

„Auch noch großkotzig, was?“ Der Batarianer presste die Augen zu Schlitzen zusammen, alle vier. Shaiyas Gesicht verlor nicht eine Sekunde etwas von seinem herausfordernden, entschlossenen Ausdruck. Wenn es nötig sein sollte – und momentan deutete alles darauf hin, dass dem so war – würde sie den hässlichen Batarianer wie eine reife Frucht platzen lassen. Die biotische Kraft jagte bereits stoßweise durch ihren Körper und ihre Haut kribbelte, als stünde sie unter Strom. „Und du bist wirklich verdammt falsch, Fury. Du hast dem Boss gesagt, dass du das Miststück umlegst. Und jetzt verbündest du dich mit ihm?“

„Dumm gelaufen für deinen Boss“, erwiderte Alora flapsig. „Richte ihm schöne Grüße aus und sag ihm, dass er meinetwegen an seiner Scheiße ersticken soll.“
Der Batarianer sah aus, als würde er Alora am liebsten die Kehle herausreißen. Seine Zähne wären auf jeden Fall scharf genug dafür gewesen. „Halt dein Maul, Asari-Schlampe. Das wird ein Nachspiel haben, ich schwöre es dir.“
„Wird es nicht“, entgegnete Alora selbstsicher. „Du bist so gut wie tot, Arschloch.“

Shaiya wusste, dass sie Alora nicht trauen konnte. Dass sie ihr niemals wieder würde vertrauen können. Und dass sie sich auch niemals dazu durchringen könnte, ihr den Verrat zu verzeihen. Aber noch stand die Söldnerin auf ihrer Seite, und wenn Alora sich nicht dazu entschied, doch noch die Seiten zu wechseln – wie sie es offenbar schon einmal getan hatte – standen ihre Chancen, als Überlebende aus der unmittelbar bevorstehenden Konfrontation hervorzugehen gut.

„Ich mach dich kalt, Drecksschlampe!“, brüllte der Batarianer. „Worauf wartet ihr noch, ihr Feiglinge? Das sind bloß zwei kleine Schlampen. Machen wir sie kalt!“

Ein langer Seufzer der Resignation entwich Shaiyas Lippen – es war wohl unvermeidbar gewesen, trotzdem hätte sie es vorgezogen, nicht auch noch gegen jene kämpfen zu dürfen, die eigentlich ihre Verbündeten sein sollten. Und natürlich hatte Alora die Konfrontationsschiene fahren müssen. Wie immer. Shaiya war nicht so dumm zu glauben, dass Aloras Worte diese Reaktion ausgelöst hatten, aber sie hatten sie sicher beschleunigt.

Die Blue Suns eröffneten das Feuer und die ersten Schüsse prallten von Shaiyas Schilden ab. Allerdings nur die ersten. Die nächsten durchdrangen ihn bereits und Shaiya hechtete hinter die nächste Deckung, die sich ihr bot – den Hauptcomputer. Ein tiefer Atemzug brachte die aufschäumende Wut unter Kontrolle, die sie möglicherweise die Konzentration gekostet hätte. Sie hörte Schüsse knallen. Einen wilden Fluch in einer kroganischen Sprache, allerdings von einer melodischen Asaristimme ausgestoßen. Shaiya blendete das alles aus.

Sieben. Einer ist gefallen, als wir die Leitzentrale übernommen haben. Sieben Blue Suns – zwei Batarianer, drei Turianer, zwei Menschen. Keine Biotiker darunter, soweit ich es feststellen konnte. Den Anführer ausschalten. Schlag der Schlange den Kopf ab und der Rest wird sterben. Der Anführer. Ein tiefer Atemzug, ihr ganzer Körper schmerzte vor angestauter, biotischer Kraft. Die Energie wollte hinaus, wollte ihre Zerstörungskraft entfalten und einem wütenden Sturm gleich unter den Blue Suns wüten. Je schneller das alles vorbei ist, desto besser. Alora aus dem Weg schaffen. Angreifen. Sofort.

Shaiya fuhr aus der Deckung und stürzte vor, wobei sie Alora unsanft beiseite und zurückstieß. „Bleib bloß zurück!“, schrie sie ihr zu, ehe sie plötzlich vor der Gruppe Blue Suns anhielt und ihre gesamte biotische Kraft in Richtung des Anführers entließ, allerdings in einem Winkel, der auch den Rest der Gruppe schädigen würde.

Die dunkle Energie zerriss in Form einer heftigen Verzerrungskraft den Körper des Batarianers von innen, raste dann in einer heftigen Kettenreaktion keilförmig nach hinten und zerriss einen der Menschen sowie einen Turianer, die zu nahe am Anführer gestanden hatten. Der Rest der Blue Suns wurde zurück geschleudert und, am äußersten Rand des Wirkungsgebietes, umgeworfen.

„Alora, jetzt!“, schrie Shaiya, mit heiserer weg brechender Stimme. Zittrig holte sie Luft und stützte sich am großen Hauptcomputer ab, um wieder zu Kräften zu kommen. Ihr Atem kam ihr schwer und rasselnd über die Lippen. Doch zumindest war ihr nicht erneut speiübel. Sich vor Alora zu übergeben, wäre eine Schmach, die Shaiya nicht ertragen hätte.

Aus dem Augenwinkel bekam sie mit, wie Alora den Rest der Blue Suns mit dem Sturmgewehr niedermähte. Blut spritzte auf, die Schreie der Sterbenden erfüllten den Raum. Shaiya schenkte dem kaum Beachtung. Sie konzentrierte sich bloß darauf, regelmäßig ein und aus zu atmen.

„Tot“, kommentierte Alora schließlich und riss Shaiya damit ruckartig vollständig in die Realität zurück. „Gut gemacht, Banshee. Die sind jedenfalls Geschichte.“
Shaiya stieß langsam den Atem aus. „Ja, sieht so aus. Aber ich verstehe nicht ganz, was sie von mir wollten.“
„Ich erklär’s dir, sobald diese Scheiße hier vorbei ist. Zuerst aber sollten-“

Alora kam nie dazu, den Satz zu beenden, denn in diesem Augenblick schallte eine synthetische Stimme, begleitet von einem heftigen Beben, durch die Zentrale. Shaiya klammerte sich reflexartig am Hauptcomputer fest, konnte aber nicht verhindern, dass sie heftig gegen selbigen knallte und sich schmerzhaft das Becken stieß. Alora, die mitten im Zimmer stand, landete würdelos mit dem Gesicht voran in einer Blutlache.

„Warnung, Hauptreaktor in kritischem Zustand! Überladung steht unmittelbar bevor! Sofort Evakuierungsmaßnahmen einleiten!“

Shaiya fluchte lautlos. Wenn es so schlimm um die Invisible Hand stand, sollten sie am besten schleunigst verschwinden, bevor ihnen hier alles um die Ohren flog! Sie hatte ganz sicher nicht vor, zusammen mit einem Haufen faschistischer Rassisten zu sterben.

Nein! Halt! Solche Warnungen werden doch normalerweise ausgelöst, wenn irgendetwas mit den Feuerleitsystemen nicht stimmt, wenn die eine Störung oder etwas in der Art registrieren. Und ARGUS hat jetzt die Kontrolle über die Leitsysteme. Ich muss es ja wissen, ich habe sie ihm verschafft… Respekt, Yamashe!, schaltete sich auf einmal ihr Verstand ein und fügte die einzelnen Puzzleteile in gewohnter Manier blitzschnell zusammen.

Kurz darauf drang bereits Captain Elena Yamashes Stimme durch ihr Kommlink zu ihr durch: „Achtung an alle Mitglieder des Entertrupps! Ignorieren sie den Alarm. Es handelt sich dabei um einen Trick, damit die Nebelparder das Schiff aufgeben. Halten sie ihre Stellung oder ziehen sie sich etwas zurück. Sobald wir den Alarm deaktivieren rücken sie wieder vor und schalten alle Feinde aus die noch auf dem Schiff geblieben sind. Yamashe Ende.“

Alora richtete sich nun langsam wieder auf. „Schlauer Trick“, kommentierte sie die List. „Also, was jetzt? Gehen wir zwei auf Nebelparderjagd? Wie in alten Zeiten?“

„Meinetwegen“, murmelte Shaiya. Was hatte sie sonst noch groß anderes zu tun als das?

20:25 Uhr

Nellie O'Connor
27.09.2010, 21:10
Invisible Hand – Deck 4
Wartungsschächte
20:18 Uhr

'Oh nein, ich hätte mich eben nicht umdrehen sollen. Aber ein Deck tiefer gab es doch das, was ich wollte.'
Nellie schlich langsam durch die dunklen und verzweigten Wartungsgänge.
'Bestimmt haben die Schmuck oder so - sind ja schließlich Soldaten, die verdienen bestimmt viel mit töten.'
Das junge Mädchen nahm ihre Pistole aus dem Halfter und begutachtete diese, doch relativ kleine Waffe.
'Töten, das sollte ich mal ausprobieren. Ist bestimmt wie klauen: Hingehen, am besten ungesehen und dann etwas weg nehmen. Oh ja, töten ist garantiert einfach.'
Im leichten Schein ihres Omni-Tools zielte Nellie auf mehrere vorstehende Platten und Rohre, welche sie sich als böse Männer vorstellte.
„Bäm.“ rief sie jedes mal ganz leise, musste dann aber zugeben, wie kindisch das doch sei.
„Ja, sterbt ihr quadratischen Monster aus der Varrenhölle …“, spottete die Jugendliche. Der Gedanke an Varren, Höllenvarren, ließ ihre Mimik verfinstern und löste eine gewisse Angst aus. 'Enge Gänge, Sprengfallen und rote, halbtote Varren. Bestimmt kommt gleich einer von hinten und … ihh!' Dem Mädchen lief es kalt den Rücken runter, als sich etwas auf ihren Nacken lag. 'Varren! Varren!'
„Bitte nicht beißen!“, schrie sie vor Angst, drehte sich auf die Knie und gab blind einen Schuss nach hinten ab. Nichts. Verwundert griff sie sich auf den Nacken und strich einmal drüber. 'Was ist das … ist ja voll eklig und schwarz. Bestimmt Varrenblut … argh! Hör auf damit, hier sind keine Varren! Doch! Aber im Hangar … aber was wenn.' Was wenn die Varren bereits mit ihr im Schacht waren und sie wie kranke Perverse beobachteten? Rasch wendete sich Nellie und drehte das Licht vom Tool weiter auf. 'Dunkel ist nicht gut. Man weis nie, was vor sich geht. Nein, dunkel ist gut, gerade deshalb!' Unentschieden drehte sie das Licht wieder runter.

Nellie streifte schon seit Minuten durch die dunklen Gänge, ohne jeglichen Sinn für Zeit und Raum. Langsam wurde sie panisch und legte einen Laufgang zu. Links und rechts nur Wände, die keinerlei Orientierung zu unterstützen vermochten. Alles fing gleich auszusehen. War Nell schon mal im Kreis gelaufen? Hatte sie sich verirrt? Wird sie bald von Varren gefressen werden? 'Scheiße. Den nächsten Ausgang nehme ich, egal wohin er führt! Nur raus hier. Zum Glück habe ich keine Klausphobie … ich wette, dass alle die Klaus heißen blöd sind. Deshalb mag man sie nicht.'

Ohne es wirklich wahrgenommen zu haben, rannte Nellie bereits durch die verminten Gänge, bis sie plötzlich ihren Fuß weg zog und das Gleichgewicht verlor. Sie landete auf ihren Händen, direkt über einer Sprengfalle.
'Das war knapp. Wenn Chaos da gewesen wäre, hätte sie mich bestimmt gewarnt. Das hätte dieses Ding auch mal machen können!'
Vorsichtig drückte sich das Mädchen hoch und stieg noch vorsichtiger über die hinterhältige Falle. Erst jetzt wurde Nellie ihr immenses Glück ganz und gar bewusst: 'Ich sollte Glücksspiel betreiben. Glück hab ich ja voll viel. Vor allem mit meiner Familie.' Sie schüttelte die sich anbahnenden Gedanken ab, zumindest versuchte sie es.
'Gleich kommt Vaters Leiche als Zombie vorbei ... bring ich ihn halt nochmal um.' Nellie nieste und hielt sich die Hand vor das Gesicht. 'Verdammt, ich bin ja voll laut. Warum hab ich noch keine Parder gesehen? Alle tot? Dann kann ich ja … man bin ich blöd. Leise jetzt! Das ist ein verdammter Diebeszug auf einem verkackten Raumschiff.' Oder war es doch ehr eine Plünderung? Schließlich war dies ein Schlachtfeld, auf dem sie etwas stehlen wollte.

20:22 Uhr
Waffenkammer und Lagerräume ---->

Shaiya Nessari
16.10.2010, 22:37
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Feuerleitzentale
20:25 Uhr

Die Toten starrten schweigend zur Decke, schlaff, erkaltend. Blut – rot und blau – fleckte ihre Gesichter, zeichnete bizarre, willkürliche Muster auf ihre Kleidung, ihre Haut, die aus den erschlafften Fingern geglittenen Waffen. Die Toten schwiegen. Natürlich schwiegen sie. Tote hatten ihr letztes Wort gesprochen. Ihre Energie floss zum Ursprung aller Dinge zurück. Ihr Lebensfunke war ausgeblasen. Die Toten schwiegen für immer. Für die Ewigkeit. Alles, was sie dereinst zu sagen gehabt hatten, war für die Nachwelt auf ewig verloren.

Shaiya näherte sich ihnen, behutsam. Einen Schritt setzte sie vor den nächsten. Langsam trugen sie ihre Füße zu jenen, die mit verdrehten Gliedern und gebrochenen Augen zur Decke starrten. Menschen, Turianer, Batarianer. Sie, die vorgehabt hatten, ihre Henker zu werden, waren nun selbst gehenkt geworden. Bizarre Ironie. Ihr Herz zog sich zusammen. Es war so allgegenwärtig, so erschreckend real. Kalte, knochige Finger schienen nach ihr zu greifen und sich in ihre Haut zu graben, mit scharfen Klauennägeln daran zu reißen. Shaiya schluckte.

Ihre Hände streckten sich, in einer flehenden Geste, nach den Toten aus. Berührten nahezu zaghaft erkaltende Haut. Berührten nahezu zaghaft ebenso blutverschmierte Waffen und Kleidung. Ihre Finger tauchten in Blut. Blau und rot kontrastierte es auf violettfarbener Haut. Perlte leise von ihren Fingern, rann hinab, bis zu jener Stelle, an der der Anzug begann und ihren schmalen Körper sicher umschloss.

Doch die Toten schwiegen. Ihre ungesagten Worte waren für die Nachwelt auf ewig verloren.

„Bist du hier bald mal fertig?“, ließ sich Aloras ungeduldige Stimme vernehmen und die Blase der Paralyse zersprang in tausend stiebende Scherben. Shaiya riss den Blick von den schweigenden Toten ab los und richtete sich auf.
„Ja“, erwiderte sie, um eine feste Stimme bemüht.
„Großartig“, kommentierte Alora trocken. „Hast du noch Magazine oder sind die alle verballert? Ich brenne nämlich drauf, diesen Pardern ein paar zwischen die Rippen zu verpassen. Oder in die hässliche Visage. Oder in den Arsch.“
„Ich habe noch welche“, murmelte Shaiya. Kalte, tote Augen bannten ihren Blick erneut. Shaiya schauderte unwillkürlich und riss den Blick von ihnen los. Morbide Faszination hatte sie erfasst. Kalte Klauen in ihr Herz gegraben. Shaiya wich instinktiv davor zurück. „Aber lass uns den Suns aus dem Weg gehen. Ich will nicht wieder…“ Es war zwecklos, es zu leugnen. Sie fürchtete das Déjà-vu.
„Du hast doch nicht etwa Angst?“ Alora klang abfällig.
„Und wenn?“ Shaiya zuckte die Achseln. „Ich will nicht, dass sich das hier“ – sie wies auf die kalt starrenden, erkaltenden Leichen der Blue Suns, die dicht gedrängt den Boden bedeckten – „sich noch mal wiederholt.“
„Du hast doch Angst“, murmelte Alora abfällig, so leise, dass Shaiya es kaum mitbekam. Doch die Wissenschaftlerin ging nicht darauf ein.

Shaiya umrundete die Leichen, die schweigenden Toten, deren Sinne und deren Geist für immer erloschen waren, und trat durch die Tür der Feuerleitzentrale auf den Gang hinaus. Klinisch weiß und unpersönlich erstreckte er sich vor ihr. Stumm wie die Toten lag er da, kein Zeichen von Leben zeigte sich. Shaiyas schlanke Gestalt wurde von einem Zittern ergriffen und durchgeschüttelt. Mit einer Hand stützte sie sich an der Wand ab und fing sich, als tausend Gefühle in ihr aufstiegen und sie zu überwältigen drohten. Sie schloss die Augen, ein heiseres Stöhnen drang zwischen ihren Lippen hervor. Sie war das alles so leid. Das Kämpfen, das Töten, das Sterben – den allgegenwärtigen Tod. Es riss sie auseinander.

„Alles klar?“
Shaiya atmete tief durch. „Seh’ ich so aus?“
„Nein. Du siehst scheiße aus.“
„Danke“, murmelte Shaiya. Sie wünschte sich keinen Spiegel herbei, um den Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu überprüfen. Sie glaube es Alora sofort. Ihr Äußeres war der Spiegel ihrer Seele.
„Glaubst du, du kriegst das hin?“
„Ja“, murmelte Shaiya. „Es ist mehr psychisch. Damit werde ich fertig. Und irgendwer muss hier ja aufräumen.“ Sie rang sich etwas wie ein Lächeln ab. „Lass uns von hier verschwinden.“
„Das erste vernünftige, was du von dir gibst“, behauptete Alora. Sie streichelte ihr Sturmgewehr, als wäre es ein liebgewonnener Freund… oder ein Bettgefährte. Shaiya unterdrückte einen aggressiven Kommentar. Sie war einfach nicht in der Stimmung für einen Streit. „Wohin jetzt?“

Eine berechtigte Frage. Bis eben war es so deutlich, so klar gewesen, wohin der Weg sie führen musste. Doch nun war das Ziel erreicht. Und der Träger war groß. Der Nebelparder waren viele. Eigentlich hatte sie hier nichts mehr zu suchen. Oder wollte zumindest nichts mehr hier zu suchen haben. Die ganze Schlacht hing ihr furchtbar zum Halse heraus. Sie wollte nur noch, dass es endlich endete. Die Schlacht höhlte sie aus, riss sie auseinander und fraß sie auf. Sie hatte genug.

„Machen wir dem einfach ein Ende“, erwiderte sie auf die Frage hin. „Geh du voran.“
„Du willst nicht die Anführerin raushängen lassen?“ Alora klang überrascht.
„Nein… “, kam müde die Antwort von Shaiya. Sie wollte Daten analysieren. Auf einen Computerbildschirm starren. Tabellenkalkulationen durchführen. Tausend Notizen schreiben. Sie wollte sich von irgendeinem Penner abschleppen und „durchziehen“ lassen. Sie wollte sich auf dem spiegelglatten Parkett der Politik bewegen, und sich dabei blamieren. Sie wollte Nalya Dalinari küssen. Sie wollte sich von Yayla verprügeln lassen. Denn all das kam ihr verlockender vor, als noch eine weitere Sekunde hier zu bleiben.
„Darauf warte ich schon ewig, Süße!“, strahlte Alora. „Deswegen liebe ich dich so.“ Die schlanke, doch kräftige Hand der nur vier Jahre jüngeren Asari schloss sich um Shaiyas Handgelenk. Shaiya wehrte sich nicht, sondern ließ sich einfach mitziehen. Sie gab die Zügel aus der Hand. Weiter, weiter ins Verderben.

20:26 Uhr

Shaiya Nessari
17.10.2010, 12:38
Invisible Hand – Deck 4 und Feuerleitzentrale
Korridore
20:26 Uhr

Es war hell und still. Die Deckenbeleuchtung funktionierte nach wie vor tadellos und tauchte klinisch weiße, mit schimmerndem Metall verkleidete Wände in einen hellen, fast weißen Schein. Vor diesem Licht blieb nichts verborgen. Kein Blutstropfen, kein zerfetzter Körper, keine fallen gelassene Waffe konnte sich vor dem Licht verstecken. Umso befremdlicher schien die völlige Abwesenheit jedweder lebender Seele, selbst die Toten hielten sich hier nicht auf. Ausgestorben schien der Gang, tot und leer.

Shaiya schwankte zwischen Erleichterung und Beunruhigung, schien einem Pendel gleich von einer Seite zur nächsten zu schwingen. Einerseits war sie froh darüber, keinem Feind zu begegnen, doch andererseits löste die völlige Stille – dem Schweigen eines Grabes gleich – klamme, kalte Furcht in ihr aus. Erneut gruben sich knochige Klauen in ihr Herz und pressten es zusammen. Sie glaubte zu spüren, wie ihr Herz in ihrer Brust stolperte, stoppte, sich überschlug und unregelmäßige Takte schlug. Was war hier los? Flohen die Nebelparder bereits, in panischer Angst, unwissentlich von der List vertrieben? Waren Alora und sie am Ende die einzigen Lebewesen, die sich hier aufhielten? Die nicht geflohen waren, in der panischen Hoffnung, das drohende Verhängnis zu überleben, koste es, was es wolle?
Shaiya hörte ihre Schritte überlaut von den Wänden widerhallen. Dröhnend klang der dumpfe Ton, den ihre Stiefel auf dem harten Boden hervorriefen, ihr in den Ohren. Wie Donnerschläge hallten dagegen Aloras Schritte wieder, die Abstände zwischen ihnen verkürzten sich mehr und mehr. Neben ihrem Herzschlag und dem leise gehenden Atem waren dies die einzigen Geräusche, die das Innere des Korridors erfüllten.

Die Invisible Hand schien zum Geisterschiff geworden. Nur noch die Seelen der Toten irrten ziellos umher, herausgerissen aus ihren Leibern, die gewaltsam zerstört worden waren. Wäre Shaiya abergläubisch gewesen, hätte sie das glauben mögen. Doch dergleichen gab es nicht, und Shaiya empfand diesen Gedanken als beruhigend.

„Ist ziemlich tot hier“, murmelte Alora. „Die können doch noch nicht alle weg sein?“
„Ich denke, sie sind alle bereits zu den Rettungskapseln geflohen“, erwiderte Shaiya müde, jedoch in einem Tonfall der besagte, dass sie dieses Wissen eigentlich voraussetzte.
„Ich weiß“, knurrte Alora. „Aber so schnell können die doch unmöglich rennen.“
„Du wärst überrascht. Todesangst setzt ungeheure Kräfte frei. Selbsterhaltungstrieb nennt sich das“, erwiderte Shaiya. „Es ist egal. Die Parder werden in jedem Fall sterben. Entweder hier oder sie werden gemeinsam mit ihren Rettungskapseln abgeschossen.“
„Ich habe heute nur nicht genug von diesen faschistischen Mistkerlen umgenietet“, murmelte Alora missgestimmt. „Die haben das so was von verdient.“
„Das hindert sie auch nicht darum, um ihr Leben zu laufen.“
„Stimmt. Nervig ist es trotzdem.“

Dem Gang folgend, gingen die beiden Asari weiter. Shaiya sah wilde, brennende Entschlossenheit in Aloras Augen glimmen. Die Söldnerin sehnte sich nach dem Kampf, dem Blutvergießen. Sie wollte ihre Feinde demoralisieren und zerstören, einem Unwetter gleich mit Blitz und Donner über sie hinwegfegen. Sie war ein angespanntes Raubtier auf der Jagd. Sie sehnte herbei, was Shaiya verdammte.

Die Schlacht war nicht geschlagen. Das Ziel war erreicht, doch noch immer ging es ums Überleben. Shaiya ahnte dumpf, was am Ende stand. Was kam, wenn alles Blut vergossen war. Sie würde unter den Leichen, die zahllos und namenlos blieben, nach den Resten ihres Selbst suchen.

Vor Kampf, Tod und Blutvergießen selbst hatte Shaiya Nessari keine Angst. Sie hatte tausendmal gekämpft, hunderte Male getötet, Millionen Liter von Blut vergossen. Nein, sie fürchtete, was Kampf, Tod und Blutvergießen aus ihr machen würden. Sie wusste, wer sie gewesen war, bevor die Schlacht begann. Wer – oder was – würde sie sein, wenn alles vorüber war? Eine von vielen, namenlosen Leichen, die alsbald vergessen werden würden? Oder ein zerbrochener Schatten der Persönlichkeit, die sie früher ausgemacht hatte?

Der Gang endete. Am Ende des Korridors erblickte Shaiya einen Lift, die Türen verhöhnend geschlossen. Dicht verschlossen sie den Weg hinab in tiefere oder höher gelegene Decks. Den Weg, der zur Erlösung führen konnte oder ins Verderben. Shaiya riss das Handgelenk aus dem Griff ihrer einstigen Gefährtin, und eilte auf den Lift zu. Ihre Hand betätigte das Panel. Rief hektisch den Fahrstuhl. Das Herz schlug, raste, trommelte. Ein Zittern erfasste den schlanken Körper.

Warum war sie nicht auf der Behemoth geblieben? Was wollte sie noch hier? Erlösung oder Verderben. Hinauf oder hinab? Welcher Weg war richtig, welcher falsch? Befreiung oder Annexion? Shaiya zitterte. Sie wollte, konnte, durfte nicht mehr. Nicht weiter. Nie wieder. Tränen stiegen auf, brannten, rannen über ihre Wangen. Sie war ratlos. Hilflos. Verloren.

Der Lift hielt. Öffnete sich. Erlösend? Verschlingend? Sichere Zuflucht oder Rachen des Monsters? Shaiya zitterte. Tränen rannen über ihr Gesicht. Nur ein Schritt, und es wäre getan. Ein Schritt, zur Erlösung, oder zur Verdammnis. Die schwerste Entscheidung war stets die, die einfach schien.

Und sie wurde ihr abgenommen, denn jemand stieß sie in den Lift hinein. Shaiya taumelte, fing sich ab und rutschte im Innern der Kabine zu Boden. Zitternd, bebend, weinend. Die Hände verkrampften sich, der Körper verspannte. Sie war keine Söldnerin mehr, keine Wissenschaftlerin, war nicht Shaiya und nicht Banshee. Sie war ein Kind, hilflos, verlassen, allein. Von Ängsten geschüttelt, gepeitscht, die niemand erahnte. Sie war hilflos, verlassen, allein. Und sie weinte. Weinte um ihre eigene, zerstörte Persönlichkeit, die immer weiter zerbrach, zersplitterte.

Der Lift fuhr hinauf. Weiter, weiter ins Verderben.

20:27 Uhr
>>> Invisible Hand - Deck 2 (Quartiere, Hilfsbrücke)