Angeloni
14.02.2010, 16:53
Ich habe gesehen, dass es möglich ist Selbstgeschriebenes zu posten (großes Lob an The Infected. Die Story ist ziemlich gut). Somit habe ich mich entschlossen auch eine kleine Geschichte zu posten. Ich wäre unglücklich sollte es keine negative Kritik geben, achtet nicht auf meine Gefühle. Sollte jemand Geschichten in denen ab und zu ein geringer Ekelfaktor auftritt verabscheuen, so lese er oder sie das hier nicht. Ich möchte keinen Post in dem steht: "Das war unnötig brutal." oder ähnliches. Zudem geht bitte nicht auf Rechtschreibfehler ein. Ich habe mich bemüht nach den Regeln der deutschen Sprache zu schreiben, aber man selbst überliest seine Fehler grundsätzlich. Doch genug der Vorrede, hier ist die Geschichte.
Epilog
John Harlow´s Puls lag bei 65. Das ist nicht verwunderlich, es gibt viele Menschen, bei denen dies so ist, allerdings sind die meisten Durschnittsbürger noch nie in eine derartige Situation geraten, wie er jetzt. John ist nämlich gerade dabei zu sezieren. Er befindet sich in einem Keller und greift zu einer Gehirnsäge, die Sekunden später das charakteristische hohe und vor allem nervtötende Geräusch erzeugt, das bedeutet, dass ein Schädel geöffnet wird. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, es gibt im Gegenteil sogar einen Haufen Leute auf der Welt, die Leichen in irgendwelchen dunklen Keller aufschneiden. Die meisten von denen werden sogar bezahlt, die nennt man dann Phatologen, Gerichtsmediziner oder Leichenschänder. Vermutlich erfreuen sich jedoch die wenigsten, an den Farben und an der Konsinstenz des Inneren ihrer Studienobjekte. John jedoch genießt es. Natürlich betrachten ihn seine Kollegen deshalb mit Abscheu und meiden ihn, aber das alles hat sich schon erledigt. John besitzt eine ungeheure berufliche Praxis und eine gewisse Art von Charme, dem man einfach nicht widerstehen kann. Nein, das alles ist nicht seltsam. Das alles hört sich ein bisschen an wie eine Erzählung über einen Typen namens John Harlow, der in einem Krankenhaus arbeitet. Nun gibt es jedoch ein paar Fakten, die dagegen sprechen. Unter anderem befinden wir uns im Keller eines schmuddeligen Reihenhauses, irgendwo in Maine. Zudem ist die Leiche an einem Tisch festgeschnallt und hieß gestern noch Mike Bornpeach. Mike war ein Hafenarbeiter und verabscheute seinen Namen. Bornpeach, Pfirsichgeboren oder so ähnlich, passte gar nicht zu dem bulligen Kerl dessen Auto an chronischer Geistaufgeberei litt. Leider machte er eines Morgens den Fehler per Anhalter zu fahren und von einem dünnen Kerlchen mit freundlichen Lächeln mitgenommen zu werden. Schrecklicherweise ist Mike nicht der Einzige. Damit er sich nicht so allein fühlte, hatte John schon mehrere Wochen vorher etliche andere Tramper mitgenommen und … verwertet. Verlassen wir ihn nun, den abnormalen Normalen und drehen das Rad der Zeit einige Jahre weiter.
John ist inzwischen in einer geschlossenen Anstalt. Als ein normaler Mörder hätte ihn vermutlich früher oder später ein schockierendes Schicksal ereilt, allerdings galt er zu seinem Glück als geisteskrank und durfte leben. Je nachdem, was man als Leben definieren würde. Wenn man Leben als Erhaltung des Stoffwechselprozesses bezeichnet, in den immer mal wieder mit hochwirksamen Medikamenten eingegriffen wird, dann ja, er durfte leben. Manch anderer hätte es natürlich als bloßes dahinvegetieren betrachtet, aber die meisten der hier Eingelieferten sind damit völlig zufrieden und etwa ein Viertel von ihnen ist sogar froh hier zu sein. Jeden Tag, manchmal sogar stündlich, bekommen einige von denen einen neuen Gesprächspartner. Zwar müssen ab und an einige der älteren Kommunikanten dafür gehen, aber das macht den Meisten nichts aus, da sie das oft gar nicht bemerken. Das einzig Störende für diese armen Geschöpfe sind die anderen hier eingesperrten Verrückten und die Wärter, die nie an diesen wunderbaren Gesprächen teilhaben dürfen. Doch genug von den Schizophrenen, wie geht es John? Der sitzt auf dem im Boden verankerten Metalgestell, das man in der Außenwelt vermutlich als das bezeichnet hätte was es war. Ein Stück Schrott, an dem sämtliche Kanten abgeschliffen worden waren. John musste es Bett nennen. Die meisten anderen seiner Mitbewohner, wie er die Leute in den Zellen ihm gegenüber und neben ihm nannte, störten sich auch daran nicht. Im Gegenteil, einer von ihnen schwang jeden Tag lange Reden über die „Gesundität unweichen Liegelens und die Verhindrigung von Sprech-nicht-gut´s“. Der Mann meinte vermutlich, dass hartes Liegen gesund sei und das er erfolgreich all seine Sprachfehler bekämpft hätte, aber es war ebensogut möglich, dass es sich um ein Rezept für Krautsalat handelte. John jedenfalls war das egal. Er saß nämlich aufgrund eines Verbrechens, dass er nicht begangen hatte. Natürlich sprachen die Fakten gegen ihn, wie sein Anwalt gesagt hatte. Na gut, man hatte ihn inmitten einer riesigen Sauerei gefunden, eine Darmschlinge um den Hals gelegt, als wolle er sich erwürgen und tatsächlich mit Ligaturmerkmalen am Hals, die auch wirklich von der selbigen herrührten, aber das beweiste gar nichts, schließlich hatte er ein gutes Leben gehabt und keinerlei Selbstmordabsichten. Ok, er hatte auch keine Wunden oder Abschürfungen, die auf Gewaltanwendung schließen lassen konnten, aber das war auch idiotisch, mann hätte ihn ja auch irgendwie Betäuben können oder so, aber das hatte die Polizei nicht nachgeprüft. Selbst das Hauptargument, die 0.6 Kilo Leber, die eindeutig von einem seiner Opfer stammte und in seinem Magen gefunden wurde, waren hinfällig, wenn man bedachte, dass John Vegetarier war. Er war völlig unschuldig, er selbst wusste das am besten, schließlich war er drei Wochen vor seinem Fund mit der Leiche, der übrigens einen Tag nach dem Tod von Mike Bornpeach geschehen war, in Las Vegas gewesen und hatte ordentlich Geld verprasst. Zwar gab es dafür keine Zeugen und sein Konto sagte angeblich etwas anderes, aber vermulich waren die Banken in so eine Art Verschwörung verwickelt und hatte ihm das Geld überwiesen. Trotz all dieser Unschuldsbeweise, die er auch alle vor Gericht vortrug, hatte John den Prozess verloren. Als sie ihn abführten hatte er ihnen noch schnell die einzig logische Erklärung dafür ins Gesicht gebrüllt, nämlich, dass UFOs ihn entführt hatten um ihm die Schuld an den grausamen Menschenexperimenten zu geben. Und die Geschworenen hatten sich immer noch nicht beeindrucken lassen, obwohl das für John doch völlig einleuchtend war. Als ihm dämmerte, dass offenbar auch der Richter, die Schöffen und die Geschworenen Aliens waren, die offenbar von Area 51 kamen, war es zu spät. Das einzige, was er wirklich verbrochen hatte, war die Attacke auf einen Anwalt, der mit zwei Brüchen und mehreren Bisswunden (unter anderem waren das Lid und die Linse des linken Auges so stark veletzt gewesen, dass dieser seither nur auf dem Rechten sehen konnte) in die Intensivstation eingeliefert werden musste. Aber an das konnte er sich nicht erinnern, im war als hätte ein anderer die Kontrolle über seinen Körper gehabt.
Doch genug der Vorrede. In dem Epilog ging es nur um John. Sie sollten wissen, was er getan hat und lernen seine Denkweise zu verstehen. Tatsächlich ist John Harlow unschuldig. John Harlow ist ein liebender Vater, ein guter Ehemann und ein durch und durch ehrlicher Mensch. Der wahre Mörder ist ein Mann namens John Harlow, ein Psychopat, eine Bestie in Menschengestalt, stets lauernd, stets bereit den nächsten Unschuldigen zu quälen und zu töten. Dieser John Harlow hat die Gabe John Harlow nur das sehen zu lassen, was er ihn sehen lassen will. Meistens darf der gute John sein dummes kleines Leben leben, aber manchmal kann er nicht anders. Dann muss er töten, sonst verzehrt er sich selbst. Sie haben sicher schon bemerkt: Bei John Harlow und John Harlow handelt es sich, so dämlich es klingen mag, um ein und dieselbe Person. Der Mann ist ein höchst interessanter Fall einer multiplen Persönlichkeit, deren Verhältnis fast so wie das von Dr. Jekyll und Mister Hyde zu beschreiben ist. Zwar gibt es Unterschiede zu Stephensons Geschichte, unter anderem weiß nur der Böse, gewissermaßen der Mr. Hyde der beiden, von der Existenz des anderen, aber es ist eine ähnlich perfekte Persönlickeitsspaltung. Der böse John Harlow hat keinerlei Ähnlichkeit mit dem Guten. Der Eine ist mehr als hochintelligent, der Andere mehr als nur ein bisschen naiv. Der Eine hat die Augen immer halb geschlossen, als würde er seit Jahren Marihuana konsumieren, der Andere geht mit weit geöffnetem Blick durch die Welt, aus dem immer noch eine kindliche Faszination spricht. Nun verstehen sie hoffentlich was ich meine. Die zwei sind so unterschiedliche Charaktere, dass manch einer bei einem Gespräch mit diesen verrückt werden würde. Was dem Einen schmeichelt, beleidigt den Anderen und so weiter. Doch genug von John, wenden wir uns dem eigentlichen Protagonisten zu.
Kapitel 1
Arnold Cunningham liebte diesen Tag. Es war kein besonderes Datum, keines seiner Kinder war heute geboren, es war auch nicht sein Hochzeitstag (wie auch, er war ledig und hatte keinen Nachwuchs). Heute hatte er sich endlich einen lang ersehnten Traum erfüllt. Er hatte sich nämlich ein Auto gekauft. Dabei war es noch nichtmal sein erster Wagen, aber er war etwas ganz besonderes. Um den Grund für diese Euphorie festzustellen, müssen sie einige Dinge über ihn wissen. Arnold ist ein recht lebenslustiger Mensch und hat sich in den 36 Jahren, die er nun schon auf der Welt ist nie unterkriegen lassen. Deshalb hat er auch seinen Namen mit großem Humor bedacht. Der Wagen war nämlich nicht nur irgendein Wagen, sondern ein rot-weißer Plymouth Fury mit dem Wort Christine auf dem Nummernschild. Sie haben es sich bestimmt schon gedacht: Der Mann ist ein großer Fan von Stephen King. Zwar hätte man nicht allein aufgrund des Autos darauf schließen können, aber ein Blick in sein Bücherregal hätte völlig ausgereicht. Nun befindet sich Arnie, wie er oft von seinen Freunden genannt wird, auf dem Weg zu jener Klapsmühle in der auch John Harlow `untergebracht` worden ist. Tatsächlich befindet er sich nur wegen dieses Mannes auf dem Weg zu dem schmuddelig wirkendem Betonklotz von einer Anstalt. Er möchte nämlich eine Art neuen Test an ihm durchführen. Er hat sich von Thomas Harris Buch `Roter Drache` dazu inspirieren lassen. Es interessierte ihn, was ein mehr oder weniger genialer Mörder sagen würde, wenn man ihn um Hilfe bäte. Auf dem Parkplatz für Besucher angekommen, stieg er aus und betrat das Gebäude. Sofort überfiel ihn ein leichter Anfall von Klaustrophobie, den er jedoch erfolgreich abschütteln konnte. Eigentlich war dieser Anfall höchst irrational, da er sich in einer recht großen Halle befand. Er durchschritt diesen ersten Raum zügig und ermahnte sich mehrmals nicht an die Tonnen von Beton zu denken, die über ihm schwebten, nur getragen von noch mehr Beton, der viel zu leicht zusammenbrechen konnte. Er klopfte kurz und betrat das Büro des Anstaltsleiters. „Guten Tag, ich bin Arnold Cunningham. Ich bin hier, weil ich John…“ „Harlow besuchen möchte, ich weiß.“, wurde er unterbrochen, „Jim hier wird sie instruieren und zu ihm bringen.“, bei diesen Worten winkte er einen großen, fetten Kerl heran. „Tag. Mitkommen.“, quakte dieser ihm entgegen. Tatsächlich hatte der Mann eine seltsame Froschstimme und eine leichte Ähnlichkeit mit einem gewissen Tier. Arnie folgte ihm, hielt jedoch respektvoll Abstand, da der Kerl einen sehr starken Eigengeruch besaß. Es war eine Mischung aus Socken, die man seit etwas 8 Wochen anhatte und öffentlicher Toilette. Der Wärter führte Arnie in einen kleinen Raum. „So. Sie werden sich ruhig verhalten und immer in der Mitte des Ganges bleiben. Die sind wie Tiere. Schauen sie auch keinem in die Augen, das macht sie unruhig. Legen sie bitte alle harten oder scharfkantigen Gegenstände ab. Wir wollen keine Selbstmorde. Zudem ist hier schonmal einer mit einem Blatt Papier fast umgebracht worden.“. Arnie runzelte die Stirn: „Wie soll denn das gehen?“, fragte er, da er sich das nicht vorstellen konnte. „Der Seelenklempner hat nicht aufgepasst und dafür ist ihm das Papier in den Rachen gestopft worden. Der Mann hatte Glück, dass er nicht gebissen wurde. Da fällt mir ein, machen sie irgendeine Art von Kampfsport.“ Arnie schnaubte leise. Kampfsport machen, was war das bitte für eine Formulierung? „Ich habe bis vor einiger Zeit Judo praktiziert.“, antwortete er. „Versuchen sie keines Ihrer blöden Tricks, die Jungs sind unberechenbar. Wenn sie die in einem Hebel haben winden die sich wieder raus. Vor ein paar Jahren war auch so ein besserwisserischer Psychodoktor hier und hat einen der Kerle in einen Streckhebel genommen.“, Arnie hörte erstaunt zu. Wenn jemand Übung besass war es fast unmöglich sich zu befreien. „Und was ist dann passiert? Wenn der Verrückte versucht hätte sich zu befreien, hätte er sich den Arm gebrochen …“ „Genau das ist passiert.“, wurde er unterbrochen, „Es hat Knack gemacht und unser Freund war wieder auf den Beinen. Dann hat er Ihrem Kollegen den Kehlkopf zerdrückt.“ „Aber wird man bei einem Armbruch nicht wenigstens kurzzeitig bewusstlos?“ „Ich glaub das ging aufs Gelenk, aber ist egal. Die jedenfalls nicht. Die Viecher verhalten sich, als hätte man sie mit Tildin abgefüllt.“. Arnold schwieg betroffen und ließ sich filzen. Erst mit einem Metalldetektor, dann wurde er nochmal oberflächlich abgetastet. Er überlegte hingegen, wie man von einem Menschen wie von einem Tier sprechen konnte. Klar, es waren Verrückte, aber sie hatten oft wenigstens einen kleinen Kern Menschlichkeit. Zumindest, die harmloseren Fälle. Es war bis jetzt das erste Mal, dass er richtig Geisteskranke untersuchte, also nicht nur so Zeug wie Kleptomanie oder Paranoia. Es war schon ein seltsames Gefühl bals mit einem echten Mörder zu sprechen. „Aber trotz allem“, dachte er sich, „sind es keine Tiere“. Als er jedoch in den Zellentrakt eintrat musste er seine Meinung revidieren. Das Erste, was ihm entgegenschlug war ein durchdringender Geruch nach Fäkalien. Dann hörte er eine kindliche Stimme, die in ziemlicher Lautstärke brüllte: „Du kriegst mich nicht. Schneller du lahmer Arsch.“, und ähnliches, als würde dort unten jemand Fangen spielen. Insgesamt war es aber relativ ruhig. „Warum ist es hier so still? Ich habe mir das immer viel lauter vorgestellt.“, traute er sich den gigantischen Rücken vor ihm zu fragen. „Ist es normalerweise auch, die haben nur vor ´ner Viertelstunde ihre Medizin bekommen, da sind die ruhig. He Dick, Mattes kommte mal!“. Nach diesem Aufruf erschienen zwei weitere Typen vom Kaliber fett, groß und stinkend. Sie gingen zu dritt weiter wobei Arnie offenbar der einzige war, der durch den Mund atmete. Nach zwei Metern, sah er rechts von sich eine Tür, an der oben ein kleines Gitter angebracht worden war. Daraus schien ein äußerst helles Licht. Die Warnungen vergessend ging er auf die Tür zu und schaute durch das Gitter. Er wusste zwar, dass er das nicht durfte, aber er wollte schon immer einmal wissen ob die Wände einer Gummizelle wirklich mit Gummi verkleidet waren oder ob das nur so ein moderner Mythos war. Leider konnte er nicht viel erkennen, da eine ungemein grelle Lichtquelle an der Decke installiert war. Plötzlich schoss ein Horrormonster von einem ehemaligen Menschen hoch. Es war ein Mann mit irrem Blick und müdem Gesicht, dass von langen verfilzten Haaren eingerahmt wurde. Speichel troff der Gestalt über das Kinn und sprühte durch das Gitter, während er unverständlichen Nonsens brüllte. Riesige Hände mit schrecklich langen Nägeln krachten gegen die Gitterstäbe und eine Sekunde später versuchte der Verrückte die Tür mit dem Kopf einzuschlagen, was wie bei einem Bruchtest irgendeiner grausigen Kampfsportart aussah. Diese Konfrontation kam so plötzlich, dass Arnie erschrocken aufschrie und einen halben Meter zurücksprang. Um ihn herum brach eine Hölle an Geräuschen los, die an ein Affenhaus erinnerte. Blut lief dem Verrückten nun von der aufgeschlagenen Stirn und trotzdem ließ er nicht davon ab seinen Kopf gegen die Tür zu schmettern. Arnie drehte sich um und sah mitten in das riesige Gesicht eines der Typen, die Jim herbeigerufen hatte. Ein ekliger Knoblauchgestank schlug ihm entgegen, wärend sein Gegenüber das allgemeine Geschrei überbrüllte: „Geht es Ihnen übermäßig? Haben Sie nicht zugehört?“. Mit möglichst schuldbewusstem Gesicht ging Arnie weiter den Gang entlang. Normalerweise ließ er sich so etwas nicht gefallen, aber dieses mal gab er nach, da der Mann vermutlich wusste, was er tat. Ganz abgesehen davon, das er einen solchen Todeshauch nie wieder riechen wollte. Er ging an einer Zelle entlang in der ein Mann auf dem Boden saß und leise vor sich hinmurmelte. Arnie blieb kurz stehen und hörte zu. Der Monolog erinnerte von den Grundzügen her schrecklich an die Endszene von Alfred Hitchcocks Psycho. „Mutter ich habe ihn nicht umgebracht. Doch, natürlich warst du es. Du hast ihn doch aus dem Fenster geschubst, ich habe es genau gesehen. Doch, natürlich lebst du noch. Von so einem kleinen Stich mit dem Messer…“, Arnie ging schnell weiter. Plötzlich verwandelte sich das monotone Gerede des Mannes in der Zelle hinter ihm in lautes, irgendwie wortloses Gebrüll, das auch gleich von einem der Pfleger beantwortet wurde: "Schnauze Ian!", tatsächlich war danach Ruhe. Arnie verfiel nun in ein leichtes Joggen um die Männer einzuholen, die schon in der Mitte des Ganges standen. Vorbei an einer Zelle in der ein Typ saß und über etwas philosphierte, dass bedenklich nach einem Rezept für Krautsalat klang, nur das er immer wieder betonte, dass `hartiges Liegelein gut ist`. Und dann kamen sie endlich zu der Zelle, die Arnie interessierte. Er erwartete ein weiteres psychisches Wrack zu sehen, einen weiteren schreienden Wahnsinnigen, aber er wurde völlig überrascht. Auf einem im Boden verschraubte Stuhl saß ein Mann und las irgendetwas. Stirnrunzelt drehte sich er zu Jim um: „Sagten sie nicht, dass kein Papier in die Zellen gebracht werden dürfte?“ „Is´ ja auch Pappe. Mattes und ich gehen rein.“, bei diesen Worten hatte Jim die Tür geöffnet, Arnie reingeschubst und war selbst eingetreten. Einen Augenblick später war auch der Mann namens Matthes in der Zelle, die Tür wurde verschlossen und der Schlüssel durch eine kleine Klappe, kurz unter der Decke hinausgeworfen zu dem dritten Mann. „Und seien sie vorsichtig.“, raunte Jim ihm ins Ohr. Arnie schaute auf den Massenmörder und wunderte sich, wie harmlos der Mann aussah. Das einzig verwirende waren die Augen, die er halb geschlossen hatte, wie ein Marihuanajunkie. „Guten Tag Mister Cunningham, es freut mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen.“, sagte der John gerade, erhob sich und ging auf Arnie zu um ihm die Hand zu schütteln. Dieser streckte den Arm aus und wurde brutal zurückgerissen. „Geht´s noch?“, rief Jim erschrocken, „Der Mann hat 27 Leute umgebracht und einen davon Jack-the-Ripper-mäßig angefressen und Sie wollen ihm die Hand schütteln? Der Typ ist ein Killer!“. Der `Killer` korrigierte: „Es waren 29 Jim, eine Primzahl. Und ich muss sagen, sie sehen heute auch wieder recht lecker aus.“, der Angesprochene zuckte ängstlich zurück. Arnie schaute völlig verwirrt. Was war nur in ihn gefahren? „Der Kerl hätte mich umbringen können.“, dachte er geschockt. Tatsächlich hatte er nur deshalb so dumm reagiert, weil der Mann ganz normal erschienen war. „Mister Harlow“, bemühte er sich die Situation unter Kontrolle zu bekommen, „Ich bin Arnold Cunningham von der Polizei. Wir brauchen Ihre Hilfe in einem Fall. Ein Massenmörder…“, mit gelangweiltem Ton unterbrach John ihn, „Haben die Lämmer aufgehört zu schreien Clarice?“ „Äh was bitte?“, Arnie war völlig perplex. Irgendwo hatte er den Spruch schonmal gehört aber wo wusste er nicht. „Die Lämmer, verdammt. Die Lämmer!“ „Ich weiß nicht wovon…“, dann fiel es ihm wieder ein. Thomas Harris, das Schweigen der Lämmer. Während dieser Offenbarung redete John weiter. „Versuchen sie nicht mir einen Bären aufzubinden. Sie sind einer von vielen Psychologen und versuchen irgendeinen neuartigen Test an mir.“ „Nein, ich bin von der Polizei…“ „Verarschen sie mich nicht!“, brüllte John und sprang auf. Arnie hingegen wurde erneut zurückgezerrt und Jim ging auf Harlow zu, wobei er eine Art Elektroschocker bedrohlich vor sein Gesicht hielt. Der Rest ging ganz schnell. Harlow packte Jim´s Arm, verdreht ihn, entwand ihm den Elektroschocker und schlug ihm mit der Handkante von unten gegen die Nase. Es gab ein leises Knacksen und Jim erschlaffte. Arnie ging zur Wand zurück und hob abwehrend die Arme vor sein Gesicht. So etwas durfte in einer guten Klapsmühle nicht passieren. Neben ihm brüllte Mattes los: „Hilfe! John Harlow hat eine Waffe! Ich wiederhole, er hat eine Waffe und ist aggressiv!“. Mattes hatte zwar auch einen Schocker, wagte es aber nicht Harlow zu nahe zu treten. Dieser setzte sich auf den Boden und begann vor und zurück zu schaukeln, wobei er leise schluchzte. Arnie schaute zu Mattes, der völlig verwirrt auf den heulenden Massenmörder starrte. So blieb es, bis das Verstärkung eintraf.
Arnie saß in seinem geliebten Fury und war froh, dass er wieder nach Hause fahren konnte. Alles in allem war der Test schlecht gelaufen, er hatte kein einziges Ergebnis. Morgen würde er wiederkommen und den Mann erneut befragen. Harlow saß jetzt vermutlich in einer Zwangsjacke und bekam Beruhigungsmittel injiziert. Es war herausgekommen, dass er seine Tabletten immer wieder ins Klo erbrochen hatte. Arnie hatte stundenlang dasitzen müssen und Fargen beantwortet. Aber das war jetzt egal. Er wollte nur noch ins Bett.
So, das war der erste Teil. Bitte möglichst viel kommentieren.
Epilog
John Harlow´s Puls lag bei 65. Das ist nicht verwunderlich, es gibt viele Menschen, bei denen dies so ist, allerdings sind die meisten Durschnittsbürger noch nie in eine derartige Situation geraten, wie er jetzt. John ist nämlich gerade dabei zu sezieren. Er befindet sich in einem Keller und greift zu einer Gehirnsäge, die Sekunden später das charakteristische hohe und vor allem nervtötende Geräusch erzeugt, das bedeutet, dass ein Schädel geöffnet wird. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, es gibt im Gegenteil sogar einen Haufen Leute auf der Welt, die Leichen in irgendwelchen dunklen Keller aufschneiden. Die meisten von denen werden sogar bezahlt, die nennt man dann Phatologen, Gerichtsmediziner oder Leichenschänder. Vermutlich erfreuen sich jedoch die wenigsten, an den Farben und an der Konsinstenz des Inneren ihrer Studienobjekte. John jedoch genießt es. Natürlich betrachten ihn seine Kollegen deshalb mit Abscheu und meiden ihn, aber das alles hat sich schon erledigt. John besitzt eine ungeheure berufliche Praxis und eine gewisse Art von Charme, dem man einfach nicht widerstehen kann. Nein, das alles ist nicht seltsam. Das alles hört sich ein bisschen an wie eine Erzählung über einen Typen namens John Harlow, der in einem Krankenhaus arbeitet. Nun gibt es jedoch ein paar Fakten, die dagegen sprechen. Unter anderem befinden wir uns im Keller eines schmuddeligen Reihenhauses, irgendwo in Maine. Zudem ist die Leiche an einem Tisch festgeschnallt und hieß gestern noch Mike Bornpeach. Mike war ein Hafenarbeiter und verabscheute seinen Namen. Bornpeach, Pfirsichgeboren oder so ähnlich, passte gar nicht zu dem bulligen Kerl dessen Auto an chronischer Geistaufgeberei litt. Leider machte er eines Morgens den Fehler per Anhalter zu fahren und von einem dünnen Kerlchen mit freundlichen Lächeln mitgenommen zu werden. Schrecklicherweise ist Mike nicht der Einzige. Damit er sich nicht so allein fühlte, hatte John schon mehrere Wochen vorher etliche andere Tramper mitgenommen und … verwertet. Verlassen wir ihn nun, den abnormalen Normalen und drehen das Rad der Zeit einige Jahre weiter.
John ist inzwischen in einer geschlossenen Anstalt. Als ein normaler Mörder hätte ihn vermutlich früher oder später ein schockierendes Schicksal ereilt, allerdings galt er zu seinem Glück als geisteskrank und durfte leben. Je nachdem, was man als Leben definieren würde. Wenn man Leben als Erhaltung des Stoffwechselprozesses bezeichnet, in den immer mal wieder mit hochwirksamen Medikamenten eingegriffen wird, dann ja, er durfte leben. Manch anderer hätte es natürlich als bloßes dahinvegetieren betrachtet, aber die meisten der hier Eingelieferten sind damit völlig zufrieden und etwa ein Viertel von ihnen ist sogar froh hier zu sein. Jeden Tag, manchmal sogar stündlich, bekommen einige von denen einen neuen Gesprächspartner. Zwar müssen ab und an einige der älteren Kommunikanten dafür gehen, aber das macht den Meisten nichts aus, da sie das oft gar nicht bemerken. Das einzig Störende für diese armen Geschöpfe sind die anderen hier eingesperrten Verrückten und die Wärter, die nie an diesen wunderbaren Gesprächen teilhaben dürfen. Doch genug von den Schizophrenen, wie geht es John? Der sitzt auf dem im Boden verankerten Metalgestell, das man in der Außenwelt vermutlich als das bezeichnet hätte was es war. Ein Stück Schrott, an dem sämtliche Kanten abgeschliffen worden waren. John musste es Bett nennen. Die meisten anderen seiner Mitbewohner, wie er die Leute in den Zellen ihm gegenüber und neben ihm nannte, störten sich auch daran nicht. Im Gegenteil, einer von ihnen schwang jeden Tag lange Reden über die „Gesundität unweichen Liegelens und die Verhindrigung von Sprech-nicht-gut´s“. Der Mann meinte vermutlich, dass hartes Liegen gesund sei und das er erfolgreich all seine Sprachfehler bekämpft hätte, aber es war ebensogut möglich, dass es sich um ein Rezept für Krautsalat handelte. John jedenfalls war das egal. Er saß nämlich aufgrund eines Verbrechens, dass er nicht begangen hatte. Natürlich sprachen die Fakten gegen ihn, wie sein Anwalt gesagt hatte. Na gut, man hatte ihn inmitten einer riesigen Sauerei gefunden, eine Darmschlinge um den Hals gelegt, als wolle er sich erwürgen und tatsächlich mit Ligaturmerkmalen am Hals, die auch wirklich von der selbigen herrührten, aber das beweiste gar nichts, schließlich hatte er ein gutes Leben gehabt und keinerlei Selbstmordabsichten. Ok, er hatte auch keine Wunden oder Abschürfungen, die auf Gewaltanwendung schließen lassen konnten, aber das war auch idiotisch, mann hätte ihn ja auch irgendwie Betäuben können oder so, aber das hatte die Polizei nicht nachgeprüft. Selbst das Hauptargument, die 0.6 Kilo Leber, die eindeutig von einem seiner Opfer stammte und in seinem Magen gefunden wurde, waren hinfällig, wenn man bedachte, dass John Vegetarier war. Er war völlig unschuldig, er selbst wusste das am besten, schließlich war er drei Wochen vor seinem Fund mit der Leiche, der übrigens einen Tag nach dem Tod von Mike Bornpeach geschehen war, in Las Vegas gewesen und hatte ordentlich Geld verprasst. Zwar gab es dafür keine Zeugen und sein Konto sagte angeblich etwas anderes, aber vermulich waren die Banken in so eine Art Verschwörung verwickelt und hatte ihm das Geld überwiesen. Trotz all dieser Unschuldsbeweise, die er auch alle vor Gericht vortrug, hatte John den Prozess verloren. Als sie ihn abführten hatte er ihnen noch schnell die einzig logische Erklärung dafür ins Gesicht gebrüllt, nämlich, dass UFOs ihn entführt hatten um ihm die Schuld an den grausamen Menschenexperimenten zu geben. Und die Geschworenen hatten sich immer noch nicht beeindrucken lassen, obwohl das für John doch völlig einleuchtend war. Als ihm dämmerte, dass offenbar auch der Richter, die Schöffen und die Geschworenen Aliens waren, die offenbar von Area 51 kamen, war es zu spät. Das einzige, was er wirklich verbrochen hatte, war die Attacke auf einen Anwalt, der mit zwei Brüchen und mehreren Bisswunden (unter anderem waren das Lid und die Linse des linken Auges so stark veletzt gewesen, dass dieser seither nur auf dem Rechten sehen konnte) in die Intensivstation eingeliefert werden musste. Aber an das konnte er sich nicht erinnern, im war als hätte ein anderer die Kontrolle über seinen Körper gehabt.
Doch genug der Vorrede. In dem Epilog ging es nur um John. Sie sollten wissen, was er getan hat und lernen seine Denkweise zu verstehen. Tatsächlich ist John Harlow unschuldig. John Harlow ist ein liebender Vater, ein guter Ehemann und ein durch und durch ehrlicher Mensch. Der wahre Mörder ist ein Mann namens John Harlow, ein Psychopat, eine Bestie in Menschengestalt, stets lauernd, stets bereit den nächsten Unschuldigen zu quälen und zu töten. Dieser John Harlow hat die Gabe John Harlow nur das sehen zu lassen, was er ihn sehen lassen will. Meistens darf der gute John sein dummes kleines Leben leben, aber manchmal kann er nicht anders. Dann muss er töten, sonst verzehrt er sich selbst. Sie haben sicher schon bemerkt: Bei John Harlow und John Harlow handelt es sich, so dämlich es klingen mag, um ein und dieselbe Person. Der Mann ist ein höchst interessanter Fall einer multiplen Persönlichkeit, deren Verhältnis fast so wie das von Dr. Jekyll und Mister Hyde zu beschreiben ist. Zwar gibt es Unterschiede zu Stephensons Geschichte, unter anderem weiß nur der Böse, gewissermaßen der Mr. Hyde der beiden, von der Existenz des anderen, aber es ist eine ähnlich perfekte Persönlickeitsspaltung. Der böse John Harlow hat keinerlei Ähnlichkeit mit dem Guten. Der Eine ist mehr als hochintelligent, der Andere mehr als nur ein bisschen naiv. Der Eine hat die Augen immer halb geschlossen, als würde er seit Jahren Marihuana konsumieren, der Andere geht mit weit geöffnetem Blick durch die Welt, aus dem immer noch eine kindliche Faszination spricht. Nun verstehen sie hoffentlich was ich meine. Die zwei sind so unterschiedliche Charaktere, dass manch einer bei einem Gespräch mit diesen verrückt werden würde. Was dem Einen schmeichelt, beleidigt den Anderen und so weiter. Doch genug von John, wenden wir uns dem eigentlichen Protagonisten zu.
Kapitel 1
Arnold Cunningham liebte diesen Tag. Es war kein besonderes Datum, keines seiner Kinder war heute geboren, es war auch nicht sein Hochzeitstag (wie auch, er war ledig und hatte keinen Nachwuchs). Heute hatte er sich endlich einen lang ersehnten Traum erfüllt. Er hatte sich nämlich ein Auto gekauft. Dabei war es noch nichtmal sein erster Wagen, aber er war etwas ganz besonderes. Um den Grund für diese Euphorie festzustellen, müssen sie einige Dinge über ihn wissen. Arnold ist ein recht lebenslustiger Mensch und hat sich in den 36 Jahren, die er nun schon auf der Welt ist nie unterkriegen lassen. Deshalb hat er auch seinen Namen mit großem Humor bedacht. Der Wagen war nämlich nicht nur irgendein Wagen, sondern ein rot-weißer Plymouth Fury mit dem Wort Christine auf dem Nummernschild. Sie haben es sich bestimmt schon gedacht: Der Mann ist ein großer Fan von Stephen King. Zwar hätte man nicht allein aufgrund des Autos darauf schließen können, aber ein Blick in sein Bücherregal hätte völlig ausgereicht. Nun befindet sich Arnie, wie er oft von seinen Freunden genannt wird, auf dem Weg zu jener Klapsmühle in der auch John Harlow `untergebracht` worden ist. Tatsächlich befindet er sich nur wegen dieses Mannes auf dem Weg zu dem schmuddelig wirkendem Betonklotz von einer Anstalt. Er möchte nämlich eine Art neuen Test an ihm durchführen. Er hat sich von Thomas Harris Buch `Roter Drache` dazu inspirieren lassen. Es interessierte ihn, was ein mehr oder weniger genialer Mörder sagen würde, wenn man ihn um Hilfe bäte. Auf dem Parkplatz für Besucher angekommen, stieg er aus und betrat das Gebäude. Sofort überfiel ihn ein leichter Anfall von Klaustrophobie, den er jedoch erfolgreich abschütteln konnte. Eigentlich war dieser Anfall höchst irrational, da er sich in einer recht großen Halle befand. Er durchschritt diesen ersten Raum zügig und ermahnte sich mehrmals nicht an die Tonnen von Beton zu denken, die über ihm schwebten, nur getragen von noch mehr Beton, der viel zu leicht zusammenbrechen konnte. Er klopfte kurz und betrat das Büro des Anstaltsleiters. „Guten Tag, ich bin Arnold Cunningham. Ich bin hier, weil ich John…“ „Harlow besuchen möchte, ich weiß.“, wurde er unterbrochen, „Jim hier wird sie instruieren und zu ihm bringen.“, bei diesen Worten winkte er einen großen, fetten Kerl heran. „Tag. Mitkommen.“, quakte dieser ihm entgegen. Tatsächlich hatte der Mann eine seltsame Froschstimme und eine leichte Ähnlichkeit mit einem gewissen Tier. Arnie folgte ihm, hielt jedoch respektvoll Abstand, da der Kerl einen sehr starken Eigengeruch besaß. Es war eine Mischung aus Socken, die man seit etwas 8 Wochen anhatte und öffentlicher Toilette. Der Wärter führte Arnie in einen kleinen Raum. „So. Sie werden sich ruhig verhalten und immer in der Mitte des Ganges bleiben. Die sind wie Tiere. Schauen sie auch keinem in die Augen, das macht sie unruhig. Legen sie bitte alle harten oder scharfkantigen Gegenstände ab. Wir wollen keine Selbstmorde. Zudem ist hier schonmal einer mit einem Blatt Papier fast umgebracht worden.“. Arnie runzelte die Stirn: „Wie soll denn das gehen?“, fragte er, da er sich das nicht vorstellen konnte. „Der Seelenklempner hat nicht aufgepasst und dafür ist ihm das Papier in den Rachen gestopft worden. Der Mann hatte Glück, dass er nicht gebissen wurde. Da fällt mir ein, machen sie irgendeine Art von Kampfsport.“ Arnie schnaubte leise. Kampfsport machen, was war das bitte für eine Formulierung? „Ich habe bis vor einiger Zeit Judo praktiziert.“, antwortete er. „Versuchen sie keines Ihrer blöden Tricks, die Jungs sind unberechenbar. Wenn sie die in einem Hebel haben winden die sich wieder raus. Vor ein paar Jahren war auch so ein besserwisserischer Psychodoktor hier und hat einen der Kerle in einen Streckhebel genommen.“, Arnie hörte erstaunt zu. Wenn jemand Übung besass war es fast unmöglich sich zu befreien. „Und was ist dann passiert? Wenn der Verrückte versucht hätte sich zu befreien, hätte er sich den Arm gebrochen …“ „Genau das ist passiert.“, wurde er unterbrochen, „Es hat Knack gemacht und unser Freund war wieder auf den Beinen. Dann hat er Ihrem Kollegen den Kehlkopf zerdrückt.“ „Aber wird man bei einem Armbruch nicht wenigstens kurzzeitig bewusstlos?“ „Ich glaub das ging aufs Gelenk, aber ist egal. Die jedenfalls nicht. Die Viecher verhalten sich, als hätte man sie mit Tildin abgefüllt.“. Arnold schwieg betroffen und ließ sich filzen. Erst mit einem Metalldetektor, dann wurde er nochmal oberflächlich abgetastet. Er überlegte hingegen, wie man von einem Menschen wie von einem Tier sprechen konnte. Klar, es waren Verrückte, aber sie hatten oft wenigstens einen kleinen Kern Menschlichkeit. Zumindest, die harmloseren Fälle. Es war bis jetzt das erste Mal, dass er richtig Geisteskranke untersuchte, also nicht nur so Zeug wie Kleptomanie oder Paranoia. Es war schon ein seltsames Gefühl bals mit einem echten Mörder zu sprechen. „Aber trotz allem“, dachte er sich, „sind es keine Tiere“. Als er jedoch in den Zellentrakt eintrat musste er seine Meinung revidieren. Das Erste, was ihm entgegenschlug war ein durchdringender Geruch nach Fäkalien. Dann hörte er eine kindliche Stimme, die in ziemlicher Lautstärke brüllte: „Du kriegst mich nicht. Schneller du lahmer Arsch.“, und ähnliches, als würde dort unten jemand Fangen spielen. Insgesamt war es aber relativ ruhig. „Warum ist es hier so still? Ich habe mir das immer viel lauter vorgestellt.“, traute er sich den gigantischen Rücken vor ihm zu fragen. „Ist es normalerweise auch, die haben nur vor ´ner Viertelstunde ihre Medizin bekommen, da sind die ruhig. He Dick, Mattes kommte mal!“. Nach diesem Aufruf erschienen zwei weitere Typen vom Kaliber fett, groß und stinkend. Sie gingen zu dritt weiter wobei Arnie offenbar der einzige war, der durch den Mund atmete. Nach zwei Metern, sah er rechts von sich eine Tür, an der oben ein kleines Gitter angebracht worden war. Daraus schien ein äußerst helles Licht. Die Warnungen vergessend ging er auf die Tür zu und schaute durch das Gitter. Er wusste zwar, dass er das nicht durfte, aber er wollte schon immer einmal wissen ob die Wände einer Gummizelle wirklich mit Gummi verkleidet waren oder ob das nur so ein moderner Mythos war. Leider konnte er nicht viel erkennen, da eine ungemein grelle Lichtquelle an der Decke installiert war. Plötzlich schoss ein Horrormonster von einem ehemaligen Menschen hoch. Es war ein Mann mit irrem Blick und müdem Gesicht, dass von langen verfilzten Haaren eingerahmt wurde. Speichel troff der Gestalt über das Kinn und sprühte durch das Gitter, während er unverständlichen Nonsens brüllte. Riesige Hände mit schrecklich langen Nägeln krachten gegen die Gitterstäbe und eine Sekunde später versuchte der Verrückte die Tür mit dem Kopf einzuschlagen, was wie bei einem Bruchtest irgendeiner grausigen Kampfsportart aussah. Diese Konfrontation kam so plötzlich, dass Arnie erschrocken aufschrie und einen halben Meter zurücksprang. Um ihn herum brach eine Hölle an Geräuschen los, die an ein Affenhaus erinnerte. Blut lief dem Verrückten nun von der aufgeschlagenen Stirn und trotzdem ließ er nicht davon ab seinen Kopf gegen die Tür zu schmettern. Arnie drehte sich um und sah mitten in das riesige Gesicht eines der Typen, die Jim herbeigerufen hatte. Ein ekliger Knoblauchgestank schlug ihm entgegen, wärend sein Gegenüber das allgemeine Geschrei überbrüllte: „Geht es Ihnen übermäßig? Haben Sie nicht zugehört?“. Mit möglichst schuldbewusstem Gesicht ging Arnie weiter den Gang entlang. Normalerweise ließ er sich so etwas nicht gefallen, aber dieses mal gab er nach, da der Mann vermutlich wusste, was er tat. Ganz abgesehen davon, das er einen solchen Todeshauch nie wieder riechen wollte. Er ging an einer Zelle entlang in der ein Mann auf dem Boden saß und leise vor sich hinmurmelte. Arnie blieb kurz stehen und hörte zu. Der Monolog erinnerte von den Grundzügen her schrecklich an die Endszene von Alfred Hitchcocks Psycho. „Mutter ich habe ihn nicht umgebracht. Doch, natürlich warst du es. Du hast ihn doch aus dem Fenster geschubst, ich habe es genau gesehen. Doch, natürlich lebst du noch. Von so einem kleinen Stich mit dem Messer…“, Arnie ging schnell weiter. Plötzlich verwandelte sich das monotone Gerede des Mannes in der Zelle hinter ihm in lautes, irgendwie wortloses Gebrüll, das auch gleich von einem der Pfleger beantwortet wurde: "Schnauze Ian!", tatsächlich war danach Ruhe. Arnie verfiel nun in ein leichtes Joggen um die Männer einzuholen, die schon in der Mitte des Ganges standen. Vorbei an einer Zelle in der ein Typ saß und über etwas philosphierte, dass bedenklich nach einem Rezept für Krautsalat klang, nur das er immer wieder betonte, dass `hartiges Liegelein gut ist`. Und dann kamen sie endlich zu der Zelle, die Arnie interessierte. Er erwartete ein weiteres psychisches Wrack zu sehen, einen weiteren schreienden Wahnsinnigen, aber er wurde völlig überrascht. Auf einem im Boden verschraubte Stuhl saß ein Mann und las irgendetwas. Stirnrunzelt drehte sich er zu Jim um: „Sagten sie nicht, dass kein Papier in die Zellen gebracht werden dürfte?“ „Is´ ja auch Pappe. Mattes und ich gehen rein.“, bei diesen Worten hatte Jim die Tür geöffnet, Arnie reingeschubst und war selbst eingetreten. Einen Augenblick später war auch der Mann namens Matthes in der Zelle, die Tür wurde verschlossen und der Schlüssel durch eine kleine Klappe, kurz unter der Decke hinausgeworfen zu dem dritten Mann. „Und seien sie vorsichtig.“, raunte Jim ihm ins Ohr. Arnie schaute auf den Massenmörder und wunderte sich, wie harmlos der Mann aussah. Das einzig verwirende waren die Augen, die er halb geschlossen hatte, wie ein Marihuanajunkie. „Guten Tag Mister Cunningham, es freut mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen.“, sagte der John gerade, erhob sich und ging auf Arnie zu um ihm die Hand zu schütteln. Dieser streckte den Arm aus und wurde brutal zurückgerissen. „Geht´s noch?“, rief Jim erschrocken, „Der Mann hat 27 Leute umgebracht und einen davon Jack-the-Ripper-mäßig angefressen und Sie wollen ihm die Hand schütteln? Der Typ ist ein Killer!“. Der `Killer` korrigierte: „Es waren 29 Jim, eine Primzahl. Und ich muss sagen, sie sehen heute auch wieder recht lecker aus.“, der Angesprochene zuckte ängstlich zurück. Arnie schaute völlig verwirrt. Was war nur in ihn gefahren? „Der Kerl hätte mich umbringen können.“, dachte er geschockt. Tatsächlich hatte er nur deshalb so dumm reagiert, weil der Mann ganz normal erschienen war. „Mister Harlow“, bemühte er sich die Situation unter Kontrolle zu bekommen, „Ich bin Arnold Cunningham von der Polizei. Wir brauchen Ihre Hilfe in einem Fall. Ein Massenmörder…“, mit gelangweiltem Ton unterbrach John ihn, „Haben die Lämmer aufgehört zu schreien Clarice?“ „Äh was bitte?“, Arnie war völlig perplex. Irgendwo hatte er den Spruch schonmal gehört aber wo wusste er nicht. „Die Lämmer, verdammt. Die Lämmer!“ „Ich weiß nicht wovon…“, dann fiel es ihm wieder ein. Thomas Harris, das Schweigen der Lämmer. Während dieser Offenbarung redete John weiter. „Versuchen sie nicht mir einen Bären aufzubinden. Sie sind einer von vielen Psychologen und versuchen irgendeinen neuartigen Test an mir.“ „Nein, ich bin von der Polizei…“ „Verarschen sie mich nicht!“, brüllte John und sprang auf. Arnie hingegen wurde erneut zurückgezerrt und Jim ging auf Harlow zu, wobei er eine Art Elektroschocker bedrohlich vor sein Gesicht hielt. Der Rest ging ganz schnell. Harlow packte Jim´s Arm, verdreht ihn, entwand ihm den Elektroschocker und schlug ihm mit der Handkante von unten gegen die Nase. Es gab ein leises Knacksen und Jim erschlaffte. Arnie ging zur Wand zurück und hob abwehrend die Arme vor sein Gesicht. So etwas durfte in einer guten Klapsmühle nicht passieren. Neben ihm brüllte Mattes los: „Hilfe! John Harlow hat eine Waffe! Ich wiederhole, er hat eine Waffe und ist aggressiv!“. Mattes hatte zwar auch einen Schocker, wagte es aber nicht Harlow zu nahe zu treten. Dieser setzte sich auf den Boden und begann vor und zurück zu schaukeln, wobei er leise schluchzte. Arnie schaute zu Mattes, der völlig verwirrt auf den heulenden Massenmörder starrte. So blieb es, bis das Verstärkung eintraf.
Arnie saß in seinem geliebten Fury und war froh, dass er wieder nach Hause fahren konnte. Alles in allem war der Test schlecht gelaufen, er hatte kein einziges Ergebnis. Morgen würde er wiederkommen und den Mann erneut befragen. Harlow saß jetzt vermutlich in einer Zwangsjacke und bekam Beruhigungsmittel injiziert. Es war herausgekommen, dass er seine Tabletten immer wieder ins Klo erbrochen hatte. Arnie hatte stundenlang dasitzen müssen und Fargen beantwortet. Aber das war jetzt egal. Er wollte nur noch ins Bett.
So, das war der erste Teil. Bitte möglichst viel kommentieren.