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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bundesgerichtshof stoppt Polizei-Hacker!!



Warbeast
11.12.2006, 20:19
Der Bundesgerichtshof erklärt Online-Durchsuchungen von PCs für illegal. Damit sind andauernde Spekulationen über die „Polizei-Trojaner“ aus dem Weg geräumt. Die Bundesregierung will jedoch schon in Kürze eine gesetzliche Grundlage für den Einsatz von Spionage-Software in der Ermittlungsarbeit schaffen.

Laut dem Bericht der Tageszeitung taz sind Online-Durchsuchungen von PCs „nicht genehmigungsfähig“ und daher illegal, so der Beschluss eines BGH-Ermittlungsrichters vom 25. November. Der Beschluss wurde laut taz noch nicht veröffentlicht, weshalb es in den letzten Tagen zu den wüstesten Spekulationen von kleinen Trojanern bis hin zum „Polizei-Hacking“ gekommen war. Bei den angewandten Hacks der Polizei handle es sich „um einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, dem die „notwendige gesetzliche Gestattung“ fehle, heißt es in dem Beschluss weiter.

Die bisher genutzte Vorschrift zur Überwachung der E-Mail-Kommunikation - Paragraf 100a Strafprozessordnung (StPO) - genüge nicht, so der BGH-Ermittlungsrichter Ulrich Hebenstreit, weil „der Kommunikationsvorgang abgeschlossen ist“, wenn die E-Mail auf dem heimischen Rechner gespeichert wurde.

Doch dazu gibt es natürlich gleich Gegenwind von der Regierung. So hat die Generalbundesanwältin Monika Harms gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Sollte der Senat des BGH den Beschluss bestätigen, will die deutsche Bundesregierung eine gesetzliche Grundlage für Online-Durchsuchungen schaffen. Parallel dazu veröffentlichte ein Sprecher von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ein Statement: „Das Bundesinnenministerium hat Online-Durchsuchungen des Bundeskriminalamtes bis auf weiteres gestoppt“.

Doch das Rad dreht sich schon und kommt gerade richtig in Schwung. Die erste gesetzliche Erlaubnis für Online-Durchsuchungen schafft derzeit Nordrhein-Westfalen. Diese Maßnahmen sollen dann aber nicht von Gerichten genehmigt werden, sondern von einer im Landtag gewählten Kommission. Das Gesetz soll bereits in zwei Wochen beschlossen werden. Dann ist nur die Frage, wann die Bundesregierung nachzieht.
Quelle (http://www.computerbase.de/news/wirtschaft/recht_gesetz/2006/dezember/bundesgerichtshof_polizei-hacker/)

...man man man, was ist das für ein land in dem wir leben, ich sach nur bananenrepublik :rolleyes: -> die polizei dein freundlicher hacker !

MasterBlubb
11.12.2006, 20:41
Naja... wenn sie einfach nur Trojaner verwenden, werden sie zumindest bei mir nicht sehr weit kommen 8)
aber es werden ja nicht nur Trojaner sein?!
eigendlich ja unverschämt... die haben nichts auf dem Rechner einer Privatperson zu suchen... finde ich echt ungehäuerlich, wenn soetwas erlaubt würde :motz

Thelias
11.12.2006, 21:22
Der Bericht oben erklärt leider nicht, warum die Polizei auf diese Festplatte zugegroffen hat.

Aber eins sollten wir nicht vergessen, ehe wir über Polizeiwillkür, Bananenrepublik etc reden und das gleich auf uns herunterbrechen und befürchten, der nächste zu sein:

Es wird als gesetzliche Grundlage § 100 a STPO benannt. Um sich auf diesen berufen zu können, bedarf es konkreter Hinweise, dass man nur so Beweise auffindet, die in einem Strafverfahren von Bedeutung sind.
Es dürfen auch keine x-beliebige Straftaten sein, sodern es geht hier um Hausnummern wie z.B. Mord, Hochverrat, Sexualstraftaten diverse Drogendelikte, Geldfälscher etc.


In diesen Fällen geht es nicht darum, dass jemand "Killerspiele" spielt oder Raubkopien installiert hat.

Link: § 100 a StPO (http://dejure.org/gesetze/StPO/100a.html)

Warbeast
12.12.2006, 07:31
...ich habe leider jegliches vertrauen in die deutsche politik und justiz verloren und bin deshalb ziehmlich verunsichert, wenn ich über behörden lese, die sich über gesetze hinwegsetzen.
komisch ist doch immer, das wenn privatpersonen gegen gesetze verstossen oder illegale sachen machen und dabei erwischt werden, es immer strafen gibt, von behörden les ich sowas nich, die haben narrenfreiheit, bis sich jemand erbarmt, um dem "unrecht" ein ende zusetzen.
niemand kann nachvollziehen, was ein konkreter hinweis ist, beamten willkür sind doch heutzutage an der tagesordnung, jeder muss doch aufpassen, das er nicht wg. irgendwelcher lapalien kriminalisiert wird, siehe killerspiele verbot!

Hamster
12.12.2006, 13:34
Ich hab auch erst mal geschluckt, als ich gestern die Meldung auf heise.de gelesen habe. War mir gar nicht klar, dass die so was vorhaben. Sozusagen der "Lauschangriff auf die Festplatte". Wenn es nun stimmte, dass tatsächlich nur die "ganz bösen Jungs" davon betroffen sein werden, so fragt sich doch: Warum löst man das nicht durch Hausdurchsuchung + Beschlagnahme des Rechners, wie man das bisher gemacht hat? Wozu das neue Mittel der Online-Durchsuchung? Antwort: Weil Online-Durchsuchung einfacher ist. Und "einfacher" heißt auch, dass man die Möglichkeit bekommt, das im großen Stil durchzuführen. Ich persönlich habe auch kein sehr großes Vertrauen darin, dass die Behörden nur lautere Motive haben, wenn sie solche Dinge einführen wollen.

Thelias
12.12.2006, 13:44
@ Warbeast:
Mit Verlaub, diese Betrachtungsweise ist nicht ganz richtig. Zunächst muss man teilen, worüber man reden möchte. Die Politik oder die Strafverfolgungsbehörden.

Zur Politik habe ich mich bereits geäußert. Ich hoffe inständig, dass der Gesetzesentwurf im Januar verworfen wird.

Zum anderen: beruft sich die Polizei auf § 100a StPO, so gibt es zig sogenannte Formvorschriften, die zwingend beachtet werden müssen. So gibt es z.B. bereits ein aktuelles Strafverfahren. D.h. es wird nicht stichprobenartig auf fremden Rechnern rumgestochert, um zu sehen, was man so findet. Und dieses Strafverfahren muss eine der vorher angeführten "Katalogstraftaten" (Mord, Kinderpornografie etc) beinhalten.

Weiterhin braucht die Polizei, um überhaupt Handeln zu dürfen, grundsätzlich eine richterliche Anordnung. Das bedeutet im Umkehrschluß, dass ein Richter im Vorfeld diese Maßnahme erlaubt hat. Der Begriff "Willkür" ist hier somit falsch platziert. Erst im Klageweg hat ein höheres Gericht (in diesem Falle der BGH) entschieden, dass die konkrete Maßnhame nicht von der Ermächtigungsgrundlage § 100a StPO gedeckt wird.

Noch ein Hinweis:
Der Artikel 20 III Grundgesetz regelt das sogenannten "Rechtstaatsprinzip". Hier werden u.a. die Grundsätze "kein Handeln ohne Gesetz" und "kein Handeln gegen das Gesetz" festgelegt, woran sich alle Behörden zu halten haben.

@Hamster
Der konkrete Sachverhalt würde mich auch interessieren. Aber wie gesagt, der Artikel gibt nicht sonderlich viel Hintergrundinfos preis. Aber es geht hier garantiert um eine Maßnahme in einem Einzelfall, nicht um standardisierte Praxis.

Warbeast
12.12.2006, 14:31
...naja, ich seh justiz und politik eng verknüpft, besonders wenn es um solche präventiv massnahmen geht, das erinnert mich nämlich stark an g.w.bush, der ja immer mit seiner terrorwarnungen politik gemacht hat und so entscheidungen herbeigeführt hat, die wahrscheinlich ohne solch panik mache nicht gefällt worden wäre.
ich muss mich da dem hamster anschliessen, es gibt bestimmt andere mittel und wege sich informationen zubeschaffen.

kurgan
12.12.2006, 14:37
Original von Thelias
(...)
Der konkrete Sachverhalt würde mich auch interessieren. Aber wie gesagt, der Artikel gibt nicht sonderlich viel Hintergrundinfos preis. Aber es geht hier garantiert um eine Maßnahme in einem Einzelfall, nicht um standardisierte Praxis.

Mich würde auch der konkrete Fall interessieren. Offensichtlich hat diese polizeiliche Maßnahme gefruchtet, anders kann ich mir die Bekanntmachung dieser für mich neuen Praxis der Polizei nicht erklähren. Was nun die Ursache war, warum eben diese Festplatte durchsucht wurde, wird nicht weiter erwähnt. Das ist sehr schade und lässt lediglich Platz für Mutmaßungen.

Schon seit längerem geistert ja die Vermutung durch die verschiedensten Foren das es eine sog. Backdoor im Betriebssystem gäbe, womit der Computer lückenlos von außerhalb durchsucht werden könne. Nun, ich kenne mich nicht sonderlich gut mit den Innereien des Betriebssystems aus, aber nicht umsonst gibt es Hacker und deren oftmals schadhafte Erzeugnisse. Daher sollte eigentlich jedem klar sein das es eine wirkliche Datensicherheit niemals geben wird, gerade für Computer die ans Internet angeschlossen sind. Egal ob Verschlüsselung, mit dem Brechen des Bankgeheimnisses sind auch diese Sicherheitstechniken überflüssig geworden. Der Mensch wird zusehends zum Glasobjekt, egal ob man sich -wie ich jüngst verspüren durfte- einen neuen Telefonanbieter sucht.

Ich glaube in diesem konkreten Falle soll vom Tatbestand eines Verbrechens abgelenkt werden und die Methode der Polizei angeprangert werden. Im falschen Forum würde wieder "Polizeistaat" und ähnliches Gezetere losgelassen werden, hier zum Glück nicht ;) . Wir müssen uns an moderne Zeiten gewöhnen, ählich war es vor 100 Jahren als der Fingerabdruck zum Beweismittel zugelassen wurde, der Gen-Test ist ein aktuelleres Beispiel. Immer wird den Behörden das Misstrauen ausgesprochen, aber bis heute habe ich von noch keinen auf diese Daten gestützten Entscheid (Verträge et.) gehört.

Die Behörden haben einen Auftrag, den Bürger zu schüzten. Seit 9/11 ist ein Wandel in der Gesellschaft, und die Diskussion um die Sicherheit und Freiheit spiegelt sich mMn in diesem Beispiel der "Online-Hausdurchsuchung" wieder. Wird durch diese Maßnahme ein Attentat verhindert, würde selbiger Autor vielleicht anders schreiben....

Thelias
12.12.2006, 14:59
Das mit den "moderneren Methoden" hatte ich mir für meinen nächsten Beitrag aufgespart, aber schön, dass es von anderer Stelle kam :)

Ich kann mich nur nochmal wiederholen: man darf nicht aus den Augen verlieren, dass es um eine hochkarätige Straftat gegangen sein muss.
Mir würden auch einige Szenarien einfallen, warum hier so gehandelt wurde (Ermittlungstaktik etc), aber es wäre reine Spekulation und daher nicht wirklich hilfreich.

Leider gibt es auch keine entsprechende Pressemitteilung auf der Seite des BGH. (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2006-11)

Brokkr
12.12.2006, 15:37
Ihr redet so, als könne man den Richtern vertrauen, wenn es um Kapitalverbrechen gänge, weil sie dann ernsthafter ermitteln und urteilen würden.

Was ist aber mit den vielen als geheilt entlassenen Kinderschändern, die prompt rückfällig wurden? Da haben sich die Richter auch blind auf einen (seltenst mehrere) Gutachter verlassen und ihr Urteil gesprochen. Wenn sie in solchen Fällen versagen, wieso sollten sie dann in diesem Fall richtig liegen?

Trojaner schicken ist vor Allem eine Straftat, bei auf falschem Verdacht hin geschädigten PCs (und die wird es geben, wie auch die rückfälligen "Geheilten") sollten Richter, Staatsanwalt und Polizisten auf der Anklagebank landen. Das wär das Mindeste. Verurteilt werden sie eh nicht, genausowenig wie die falsch liegenden Gutachter von Sexualstraftätern.

Thelias
12.12.2006, 15:48
Ich denke, dass ist wie die Sache mit den Äpfeln und Birnen: man kann sie nicht miteinader vergleichen.

Und ich sehe nicht ein, dass pauschal die Arbeit der deutschen Justiz schlechtgeredet wird.
Der arme Verbrecher und die bösen Justiz....

Außerdem steht ja nirgendwo was darüber, dass der Verdacht unbegründet sei. Lediglich reichte das angewandte Gesetz nicht als Eingriffbefugnis aus.

zur Verdeutlichung:
Jeder hat schonmal in einem US-Film eine Gerichtsverhadlung gesehen, in der "der Beweis XY" nicht zugelassen wird. Deswegen wird aber die Sicherstellung nicht automatisch zum Diebstahl. Es wird darf halt nicht für das Verfahren genutzt werden.

PS: das Beispiel kann man zum Vergleich nehmen ;)

kurgan
12.12.2006, 15:50
Ich glaube eher das unser Zwerg ein wenig den Frust gezeigt hat den jeder normale Streifenpolizist mit sich trägt. Eingebuchtet -> freigelassen.

Brokkr
12.12.2006, 15:57
Richtige Verbrecher sollen natürlich richtig eingebuchtet werden.

Mir ging es um die falsch Verdächtigten. Was willst du denen sagen? "Tut mir leid, dass dein PC durch den Trojaner hin ist und du dein Unternehmen nun mit Papier und Bleistift führen musst. Aber wir sind die Guten und dürfen alles kaputt machen."

Dann sollen sie lieber beschlagnahmen und die Festplatte durchsuchen, bis sie schwarz werden. Dabei machen sie wenigstens nichts kaputt. Hoffentlich.

Und die falsch Verdächtigten wird es eben genauso viel geben, wie die rückfälligen Geheilten.

Edit um es noch einfacher zu erklären: Jemand auf Verdacht einen Trojaner zu schicken, ist wie einem in der belebten Innenstadt zu schnell Fahrenden zu rammen und von der Strasse zu drängen.

Thelias
12.12.2006, 16:35
Ich hoffe ja immer noch, dass der BGH diese Entscheidung veröffentlicht. Langsam beschleicht mich aber das Gefühl, dass es die in dieser Form so gar nicht gegeben hat.

Ich habe nun die Pressemitteilungen des BGH durchforstet und auch Stichworte wie z.B. Durchsuchung - Trojaner - Polizei - 100a - Kommunikationsvorgang verwendet. Ohne Erfolg.

Außerdem hat der Verfasser des Textes es nicht mal für nötig befunden, irgendwelche Links mit anzugeben.

Thelias
12.12.2006, 16:51
Original von Warbeast

.... so der Beschluss eines BGH-Ermittlungsrichters vom 25. November.

Nur mal so nebenbei, das war ein Samstag. Ich glaube nicht, dass der BGH samstags Entscheidungen fällt.

Warbeast
12.12.2006, 19:44
...ich glaube trotzdem das diese meldung autentisch ist, auf taz.de gibt es auch einen netten komentar (http://www.taz.de/pt/2006/12/11/a0053.1/text) dazu !
leider kommt man dort zu dem schluss, dass " ...Schäuble die große Koalition von seinen Plänen überzeugen wird und eine "Chaos Computer Polizei" kommt! "

Thelias
12.12.2006, 20:28
Hier ist der vollständige Artikel (http://www.taz.de/pt/2006/12/11/a0060.1/text).


Das Bundesinnenministerium hat Online-Durchsuchungen des Bundeskriminalamtes bis auf weiteres gestoppt", sagte gestern ein Sprecher von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur taz. Bisher habe das BKA solche Maßnahmen aber nur "in wenigen Fällen" angewandt.

Die Sachlage war folgende: in einem bei BKA anhängigen Verfahren sollte der PC heimlich durchsucht werden. Heimliche Maßnahmen sind unter gewissen Voraussetzungen erlaubt, z.B. Observation etc. Man hat hierzu - wie rechtlich vorgeschrieben - sich über de Bundesanwaltschaft einen richterlichen Beschluß dafür besorgen wollen. Im Gegensatz zu den bisherigen BGH-Richtern hat dieser aber den Antrag abgelehnt, weil es seiner Auffassung nach keine rechtliche Grundlage dafür gibt.

Das heißt nichts anderes, als dass weder was verbotenes noch was unrechtstaaltiches vorging. Also, weder von "Bananenrepublik" noch "Narrenfreiheit"von kann hier die Rede sein.

Ist aber typisch Juristerei. Es gibt kein richtig oder falsch - frag 1 Richter, 1 Anwalt und 1 Staatsanwalt und du hast 5 Meinungen, die alle richtig sein können....