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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : OLG Hamburg stützt Forenbetreiber



zyklop
22.03.2009, 11:51
Nachdem in den letzten Jahren immer häufiger Forenbetreiber vom Landgericht Hamburg durch offensichtliche Fehlurteile und Rechtsbeugung diskriminiert wurden, hat das Oberlandesgericht Hamburg dem Spuk nun ein Ende gesetzt. In einem Grundsatzurteil wurde Anfang Februar anhand eines exemplarischen Urteils zu Abmahnungen wegen angeblicher Urheberrechtsverstösse durch Forenbetreiber die (Un)Rechtsprechung der unteren Instanz in allen Punkten für nichtig erklärt - ohne Möglichkeit einer Revision. Nun liegt auch die schriftliche Begründung vor.

Zitat heise:

Kläger des Verfahrens waren die Betreiber von "Marions Kochbuch", die vor allem durch die massenhafte Abmahnung angeblicher Urheberrechtsverletzungen in die Diskussion geraten waren. Diese hatten den Betreiber der Fußballforen-Community Foros für die Veröffentlichung eines Fotos durch einen Forenteilnehmer in Haftung nehmen wollen und Klage vor dem Landgericht Hamburg eingereicht. Wenig überraschend verurteilten die Richter des Landgerichts den Beklagten daraufhin zur Unterlassung sowie zur Zahlung von Anwalts- und Lizenzgebühren. Dieser sei als Störer für die Urheberrechtsverletzung mitverantwortlich. Insbesondere sei dieser in der Lage gewesen, die Rechtsverletzung zu unterbinden, etwa dadurch, "dass er das Einstellen von Bildern durch Dritte auf die von ihm betriebene Webseite grundsätzlich nicht ermöglicht".

Das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung nun auf und urteilte in allen Punkten zugunsten des Forenbetreibers. Entgegen der Ansicht des LG Hamburg seien solche Inhalte nicht als eigene Inhalte im Sinne des § 7 TMG zu bewerten. Vielmehr handele es sich bei Postings in Foren um fremde Informationen, für die der Betreiber nach § 10 TMG nur eingeschränkt haftet. Etwas anderes ergäbe sich auch dann nicht, wenn es sich um ein geschäftliches Angebot handeln würde.

Auch den Ausführungen des Landgerichts, wonach der Betreiber als Störer hafte, erteilt das OLG eine klare Absage. Insbesondere habe dieser keine ihm obliegenden Prüfungspflichten verletzt. Denn der Betreiber eines zulässigen Geschäftsmodells im Internet sei nicht zur vorsorglichen Überprüfung sämtlicher Inhalte auf etwaige Rechtsverletzungen verpflichtet. Dabei beruft sich das Gericht vor allem auf das Heise-Foren Urteil des OLG aus dem Jahr 2006. Bereits dort wurde festgestellt, dass eine solche Pflicht "die Überwachungspflichten des Betreibers überspannen und die Presse- und Meinungsäußerungsfreiheit, unter deren Schutz Internetforen stünden, verletzen würde". Zudem käme bei Bildern noch das Problem dazu, dass diesen in aller Regel noch weniger als Textbeiträgen anzusehen sei, ob durch ihre Veröffentlichung Rechte Dritter verletzt werden.

Weiterhin hafte der Beklagte auch nicht deshalb auf Unterlassung, weil er nach der Abmahnung keine ausreichenden Anstrengungen unternommen hatte, zukünftige Rechtsverletzungen zu vermeiden. Insoweit sei es unstreitig nicht zu weiteren Rechtsverletzungen gekommen. Vielmehr habe der Forenbetreiber seine Verpflichtung damit erfüllt, die ihm bekannt gewordene Rechtsverletzung unmittelbar nach Kenntnis zu beseitigen. Auch die Möglichkeit für die Nutzer, ihre Beiträge in die Foren anonym einzustellen, führe nicht dazu, dass schon nach einer einzigen Rechtsverletzung die Veröffentlichung von Bildern in den Nutzerbeiträgen generell zu verhindern ist. Denn auch anonym oder unter Pseudonym nutzbare Internetforen stellen nach Ansicht des OLG Hamburg ein grundsätzlich zulässiges und auch übliches Geschäftsmodell im Internet dar und stehen unter dem Schutz der Meinungsäußerungs- und Pressefreiheit. Wie die Regelung des § 13 TMG zeigten, sei die anonyme Nutzung des Internets sogar ausdrücklich geschützt.

Auch in einem weiteren für die Betreiber von Foren wichtigem Punkt erteilt das OLG der Rechtsprechung des Landgerichts eine klare Absage: Der Beklagte sei nicht zur Erstattung der Anwaltskosten für das Abmahnschreiben der Kläger verpflichtet. Denn erst mit diesem Schreiben habe der Forenbetreiber Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Die Kosten für die erste Information über eine Rechtsverletzung habe der Rechteinhaber zu tragen, weil diese Maßnahme allein in seinem Interesse liege, um den Betreiber zu einer Entfernung des Beitrags zu bewegen und gegebenenfalls bei künftigen Folgeverstößen als Störer in Anspruch nehmen zu können.
Quelle: http://www.heise.de/newsticker/OLG-Hamburg-Gute-Nachrichten-fuer-Forenbetreiber--/meldung/134962

Dieses Urteil ist auch für Globalgameport von großer Bedeutung, gibt es doch den Frauen und Männern im Hintergrund bei uns ein Stück Rechtssicherheit zurück. Unsere vielen Kolleginnen und Kollegen in der Moderation achten seit Gründung unseres Netzwerkverbunds darauf, das offensichtliche Verstösse gegen geltendes Urheberrecht schnellstmöglich gelöscht werden - aber auch wir sind nur Menschen. Die pauschale Kriminalisierung durch die Fehlurteile des Landgerichts Hamburg der letzten Jahre brachte viel Unruhe in die Forenszene und viele Betreiber stellten aus Furcht vor dem finanziellen Ruin ihre Aktivitäten komplett ein. Denn vor allem zwielichtige Vertreter der Anwaltschaft suchten durch fragwürdige Abmahnungen teilweise sogar im rechtswidrigen Verbund mit vermeintlichen Urheberrechtsinhabern das schnelle Geld zu machen - und sie alle pilgerten mit ihren Klagen vornehmlich nach Hamburg. Bei dessen berüchtigtem Landgericht konnten sie bisher sicher sein, auf blinde Richter bar jeglichem gesunden Rechtsempfinden zu stossen. Doch nun müssen die "Pilger in Sachen Abzocke" sich eine neue Bleibe suchen - gute Reise...

tenochtitlan
22.03.2009, 14:37
Er sprach es werde Hirn und es wurde Hirn. Endlich mal Richter mit einem realistischen Verständnis des Internets und seinen Besonderheiten, traumhaft. Ein wichtiges Stück Vertrauen der Forenbetreiber in die Justiz ist damit wieder hergestellt, das war lange überfällig. Und mit einem OLG-Urteil sollte auch für alle anderen LGs klar sein, dass die Zeiten der Abmahnkoalitionen mit Unterstützung von Richtern vorbei sind.

Furi Kuri
22.03.2009, 17:25
Ahhh wunderbar, erinnere ich mich doch noch an Zeiten wo man mir mit einem Anwalt drohte weil doch der Text in der gleichen Form wo anders vertreten war ;)

Aber Leuten mit Anwälten auf die Pelle zu rücken ist ein ziehmlich hinterhältiger Weg! Mann kann ja zB. einfach versuchen das offene Gespräch zu suchen aber vielen Menschen scheint das zu kompromissbehaftet zu sein...
Das die Forenbetreiber immer eine Mitschuld hatten ist mindestens genauso lächerlich (gewesen), da kenn ich einen Fall wo ein Forenuser sich mit einem Administrator 800€ Rechtskosten teilen musste weil der besagte User in einem Pictureowned-Thread eine Zeichnung (die dazu noch super schlecht war) von einer Malerin gepostet hat. So kann man sich natürlich auch seine Brötchen verdienen wenn man schon nicht malen kann und sich trotzdem Künstler nennt. (meine Empfehlung: Jura studieren und "nebenberuflich" Künstler werden :P )

Dass die Klägerin nun auf ihren Anwaltskosten sitzen bleibt, macht mich ein bisschen Schadenfroh :P