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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Klaus Kinski - Jesus Christus Erlöser



Avantenor
09.07.2008, 04:23
Ich habe es mir tatsächlich angetan, da ich Klaus Kinski nach wie vor für einen der großartigsten Schauspieler halte, die Deutschland hervorgebracht hat. Er hatte mit Sicherheit einen Knacks, so wie er sich in der Öffentlichkeit aufgeführt hat, aber das schmälert seine Leistungen nicht im Mindesten.

Jesus Christus Erlöser ist die Dokumentation seines gleichnamigen Bühnenprogramms aus dem Jahr 1971 in Berlin (West). Worum es sich handelt, ist schnell erzählt. Kinskis steht auf der Bühne und spricht einen selbstgeschriebenen Text, der von der Person Jesus Christus, basierend auf den biblischen Geschichten, erzählt.

Der Film ist eigentlich weniger wegen des Stückes interessant, in Wirklichkeit ist der Text eher durchschnittlich spannend. Interessanter ist der Mann, der ihn vorträgt und die Umstände unter denen er vorgetragen wurde. Es ist eine beständige Geräuschkulisse im Hintergrund. Viele Gegner Kinskis sind erschienen und v. a. Studenten, geprägt von den 68ern, versuchen permanent, die Veranstaltung zu stören.

Kinski unterbricht mehrmals seinen Vortrag, verschiedenste Leute meinen, auf und neben der Bühne ihre Meinung kundtun zu müssen. Kinskis lässt gewohnt unfreundliche Kommentare von sich, und so geht es weiter. Das ganze ist - aus heutiger Sicht - ein riesig großer Kindergarten. Besonders die Studenten, die der Meinung sind, ihren Sermon vom Stapel zu lassen, der a) nicht in die Situation passt und b) keine Sau interessiert. Das hat sich bis heute in vielen Bereichen übrigens nicht geändert.

Was aber ebenfalls gut rüberkommt, ist die Faszination, die dieser Schauspieler ausübt. Kinski tritt komplett ohne Bühnenbild auf, keine Mitspieler, und trotzdem hat er eine Präsenz, die heute kaum noch ein Schauspieler aufbringt. Das ist unbestreitbar ein Talent, das nicht jedem gegeben ist. Er nudelt seinen text auch nicht einfach runter, sondern er verkörpert ihn. Das macht einen selbst eher mittelmäßigen Text trotzdem zu einem Erlebnis. Durch die Kamera sieht man richtig, wie Kinski sich auch emotional einbringt. Er ist hochkonzentriert und lässt sich auch von den Einwürfen nicht abbringen. Manchmal bindet er die Antworten auf die Reinrufe sogar in seinen Vortrag ein und schafft so an manchen Punkte eine skurile Verknüpfung der beiden eigentlich vollkommen getrennten Themenbereiche. Die Konzentration verlässt ihn nur in den Situationen, wenn er wutentbrannt von der Bühne stürmt.
Was aber überrascht, obwohl Kinski sich aufführt wie Rumpelstilzchen, weiß er trotzdem noch zu trennen zwischen Leuten, die zum stören gekommen sind, und Leuten, die wegen des Vortrags da sind. Er beschimpft nicht sein komplettes Publikum und gibt sich sichtlich Mühe, seinen Vortrag zu beenden, bis er es einfach nicht aushält (ob berechtigt oder unberechtigt, kann ich nicht beurteilen). Das Ende vom Lied war, daß die Veranstaltung beendet wurde und die Leute nach Hause gingen. Nur eine kleine hartgesottene Gruppe hatte sich dann am Ende vor der Bühne zusammengerottet und Kinski kam tatsächlich nochmal, um seinen Vortrag von Anfang an nochmal zu halten. Dies hat er dann auch tatsächlich bis zum Ende durchgezogen, das ganze endete um 2 Uhr nachts. Ein heutiger Superstar würde sowas gar nicht erst mitmachen, der wäre bereits bei der zweiten Unterbrechung ohne weiteren Kommentar ins Hotel verschwunden.

Der Film ist eine sehr interessante Charakterstudie von Klaus Kinski und ein zeitgeschichtliches Dokument. Die Bildqualität ist daher in Zeiten von HD jenseits von gut und böse und die Tonqualität natürlich teilweise unterirdisch. Das ist aber an manchen Stellen notwendig, da der aufbereitete Ton, der überwiegend verwendet wurde, die Umgebungsgeräusche herausfiltert. Es ist sehr anstrengend und auf keinen Fall unterhaltsam, wenn man sich nicht für Schauspielerei oder die Person Kinski insbesondere interessiert. Der Clou daran ist schließlich, daß man Kinskis Vortrag eigentlich nie in ganzer Länge zu hören bekommt, sondern v. a. immer wieder den Anfang und die Tumulte drumherum. Sicherlich kein Kandidat für meine DVD-Sammlung, aber ein interessanter Dokumentarfilm.

Keine Wertung, da kein Spielfilm

Der Börner 3000
09.07.2008, 07:14
Ah das kenn ich, habs irgendwann mal gehört, aber nie gesehen.

Der Doktor
09.07.2008, 11:51
Habe mir auch überlegt, ob ich mir diesen Film angucke, schließlich geht von Kinski eine unglaubliche Faszination aus, am meisten in den Filmen, die er mit Werner Herzog zusammen gemacht hat.
Dazu empfehle ich auch mal die Dokumentation "Mein liebster Feind", aber die kennst du wahrscheinlich schon. ;)