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    Kapitel 25: Erinnerungen - Teil 3

    Inzwischen war es zu einer Art Tradition geworden, dass sich die restliche Crew der Normandy abends zusammen an das Feuer setzte und sich gegenseitig irgendwelche Geschichten erzählten. Von Tag zu Tag setzten sich mehr Mitglieder dazu und horchten den Geschichten von Joker, Karin, Tali, Garrus, Liara und Kaidan. Nach den ganzen Rückschlägen des Tages, dem Erfolg der ausblieb, war es einfach unheimlich erleichternd sich in eine Welt der Vergangenheit zu flüchten.
    Erstaunlicherweise schienen diese Geschichten Shepards Freunden auch zu helfen, über sie hinweg zu kommen. Zumindest über die Tatsache, dass sie sie vermutlich nicht so schnell wiedersehen würden. Tali arbeitete tagtäglich daran, Legion zu reparieren. Allerdings schien sich auch in dieser Hinsicht kein Erfolg einzustellen.
    Es war wieder einer dieser Abende, in den sie zusammen um das Feuer saßen und an längst vergangene Zeiten dachten.
    ¨...ist nicht wahr, ernsthaft?¨, Jeff grinste Dr.Chakwas fasziniert an. Er stellte schnell fest, dass es wirklich gut war, eine Ärztin hier zu haben, sie kannte Geschichten die sich niemand hätte ausdenken können. Nach einigen Monaten hatte er sie davon überzeugen können, die ärztliche Schweigepflicht wenigstens ein bisschen zu ignorieren. Und dabei kamen Dinge ans Licht, von den Jeff nicht einmal hätte träumen können. Inzwischen sah er einige seiner ehemaligen Crewmitglieder komplett anders wie vorher.
    Karin lachte leicht. ¨Ja, wirklich, Jeff. Grunt war richtig verlegen gewesen, als er mich nach den Asari gefragt hat. Außerdem hatte ich immer den Eindruck, dass er ein wenig in Sie verliebt war.¨, fügte sie hinzu und wandte ihren Blick dabei an Liara, die an Kaidan gelehnt, zwischen seinen Beinen auf dem Boden saß. Sie erwiderte Karins Blick mit einem ungläubigen Ausdruck im Gesicht.
    ¨Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, Doktor.¨, erwiderte sie und schüttelte leicht den Kopf.
    Kaidan lachte. ¨Mich wundert das nicht.¨
    Die Asari machte einen verächtlichen Laut und stieß Kaidan sanft in die Seite. ¨Grunt wollte nie etwas von mir. Das glaube ich nicht.¨
    ¨Findest du die Vorstellung wirklich so schlimm? Ich finde es durchaus verständlich. Schließlich ist doch bekannt, dass Kroganer sehr auf Asari stehen. Und du bist immerhin eine ganz besondere Schönheit.¨, erklärte Kaidan und lächelte Liara ein wenig zurückhaltend an. Jeff verdrehte die Augen. Anfangs hatte er es ganz interessant gefunden zu beobachten, wie die beiden sich näher gekommen waren, aber inzwischen ging ihm dieses ständige Rumgeturtel auf die Nerven.
    Liara erwiderte Kaidans Lächeln und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange. ¨Du bist süß.¨, meinte sie und kuschelte sich wieder an den Major.
    ¨Jedenfalls fand ich das wirklich ganz entzückend.¨, beendete Dr. Chakwas ihre Erzählung.
    ¨Was ist mit Ihnen? Wie sind Sie mit diesem... Kal zusammengekommen?¨, fragte Jeff an Tali gewandt. Die junge Quarianerin warf ihrer Tochter, die nahe an sie gekuschelt in ihren Armen schlief, einen kurzen Blick zu.
    ¨...Ich will nicht darüber sprechen.¨, meinte sie leise. Garrus setzte sich nahe neben sie und nahm tröstend ihre Hand in seine.
    ¨Du wirst ihn wiedersehen.¨, entgegnete er und klang sogar wirklich ein wenig aufmunternd. Tali lächelte, was ihr turianischer Freund nicht sehen konnte und drückte ihre Tochter noch etwas näher an sich.
    Jeff verdrehte wieder die Augen. Warum waren alle denn auf einmal so ungesprächig?
    ¨Garrus? Haben Sie noch eine Geschichte?¨, fragte der Flight Lieutenant und er dachte angestrengt darüber nach, was er über ihn schon so alles gehört hatte.
    ¨Wieso erzählen Sie uns nicht mal was?¨, entgegnete der Turianer.
    Jeff sah ihn kurz gespielt entsetzt an, so, als könnte er gar nicht fassen, dass Garrus sich wirklich an ihn wandte.
    ¨Mein halbes Leben hat sich im Cockpit abgespielt, Garrus. Denken Sie wirklich, dass ich da so viel erlebt habe?¨, Jeff zog ungläubig eine Augenbraue hoch.
    ¨Ich weiß, dass Jane Sie oft besucht hat. Also tun Sie mal nicht so, als gäbe es nichts zu erzählen.¨, erwiderte der Turianer.
    ¨Find ich gar keine schlechte Idee. Sie haben uns schon total ausgefragt, wie wär's wenn Sie da mal was erzählen würden?¨, stimmte Kaidan zu und inzwischen ruhten alle Blicke auf dem Flight Lieutenant.
    ¨Also gut, wie Sie meinen...ich war da mal mit Shepard auf der Citadel...

    ...Wissen Sie, Jeff, es ist so deprimierend. Ich wünschte ich wäre an EDIs Stelle.¨, seufzte Commander Shepard und kippte den Rest des Glases in einem Zug runter.
    Jeff, der unheimlich bescheidene Pilot des turianisch-menschlichen Meisterstücks eines Schiffes namens Normandy, räusperte sich verlegen und legte einen entschuldigenden Blick auf.
    ¨Ich weiß Ihre Bewunderung wirklich zu schätzen, Commander, aber ich dachte Sie wären mit Officer Vakarian liiert. Ich fühlte mich geehrt, dass Sie..


    ...solche starken Gefühle für mich hegen, und ich kann das Ihnen auch wirklich nicht verübeln, schließlich weiß ich wie gut ich aussehe und-¨
    ¨Jetzt reicht's aber, das ist doch Schwachsinn!¨, unterbrach ihn Garrus, der Jeff mit einem ziemlich giftigen Blick musterte. Tali kicherte und auch Liara musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Jeff hatte Sinn für Humor. Und wenn man Shepard kannte, war es umso amüsanter.
    ¨Was? Sie wollten eine Geschichte, ich habe nur versucht eine zu finden, die ein bisschen interessanter ist.¨, verteidigte sich Jeff mit einem Grinsen.
    ¨Jane hätte so etwas nie gesagt!¨, entgegnete Garrus und der genervte Ton war noch nicht aus seiner Stimme verschwunden.
    ¨Man, Sie können einem echt die Stimmung vermiesen.¨, meinte Jeff und warf dem Turianer einen gelangweilten Blick zu.
    ¨Ernsthaft Garrus, Lassen Sie ihn doch ausreden.¨, Kaidan grinste inzwischen auch schon und Garrus meinte darin sogar ein wenig Schadenfreude zu erkennen. Na super, da hatte Kaidan endlich eine andere Frau gefunden und trotzdem musste er Garrus noch so auf den Geist gehen.
    ¨Wenn Sie weiterreden wollen, dann würde ich Ihnen empfehlen bei der Wahrheit zu bleiben, Jeff.¨, knurrte der Turianer und lehnte sich wieder etwas nach hinten.
    Jeff seufzte. ¨Wie Sie wollen. Also wir saßen an dieser Bar und...

    ...drei.¨, riet Shepard und zog nachdenklich eine Augenbraue hoch.
    ¨Was? Nur drei? Ist das Ihr Ernst Commander? Trauen Sie mir nicht mehr zu?¨, Jeff konnte kaum glauben, wie Jane von ihm dachte. Irgendwie hatte er immer gedacht, Jane beeindruckt zu haben. Allein mit seinem Talent. Aber anscheinend schien er damit falsch gelegen zu haben.
    ¨Naja, ich dachte Sie haben nie gelächelt, Jeff.¨, Jane grinste entschuldigend. ¨Außerdem war die Rede von ihrer Zeit auf der Flugakademie.¨, konterte Jane.
    ¨Ja schon, aber... Na schön und bei Ihnen? Fünf?¨, fragte er und grinste sie wissend an. Shepard nahm noch einen Schluck aus ihrem Glas und starrte einige Sekunden lang auf ihre Finger bevor sie antwortete.
    ¨Zwei.¨, erklärte sie. ¨Es war aber nie was Ernstes. So gesehen bin ich in dieser Hinsicht ziemlich... Unerfahren.¨ Shepard bestellte noch einen Drink und warf Jeff einen fragenden Blick zu.
    ¨Nur zwei? Das ist echt wenig, Commander. Ich hätte gedacht sie wären schon mit mehr Männern im Bett gewesen.¨, kommentierte er ehrlich. Er fand es geradezu faszinierend, dass Jane anscheinend nie viel auf solche Dinge gegeben hatte.
    ¨Was soll ich sagen? Ich würde mich ja damit rausreden, dass ich keine Zeit für solche Sachen hatte, aber eigentlich lag es viel mehr daran, dass ich gedacht habe, keine Beziehung zu brauchen. Und bis ich Garrus kennen gelernt habe, hat das ja auch immer gestimmt.¨, erklärte sie und drehte das Glas in ihren Händen. Jeff starrte sie immer noch fasziniert an. Das hatte er beim besten Willen nicht erwartet.
    ¨... Das hätte ich nicht erwartet.¨, meinte er ehrlich und Jane lachte leicht.
    ¨Das kann ich mir gut vorstellen.¨, erwiderte sie und schmunzelte. ¨Sie haben mir noch nicht gesagt, wie viele es bei Ihnen waren. Lag ich richtig?¨
    ¨Fast. Genaugenommen war es nur eine. Ich-¨


    ¨Nur eine?! Das kann nicht Ihr Ernst sein! Ich dachte, so wie Sie immer reden, hatten sie schon etliche Frauen.¨, unterbrach Kaidan den Flight Lieutenant.
    ¨Es ist eben nicht so einfach eine Frau zu finden, wenn bei jeder Bewegung ein Knochen brechen könnte Major.¨, erwiderte Jeff bissig.
    ¨Dann war EDI aber doch sicher auch nicht unbedingt so... Die beste Partnerin, zumindest in dieser Hinsicht.¨, nuschelte Kaidan.
    Jeff warf ihm noch mal einen kurzen säuerlichen Blick zu und fuhr dann fort...

    ¨Hm.¨, machte Shepard und musterte Jeff mit einem seltsamen Blick. ¨Das ist....¨
    Jeff stöhnte. ¨Sagen Sie das nicht so! Es macht mir nichts aus, schließlich habe ich jetzt EDI. Und manchmal erwische ich mich sogar bei dem Gedanken, dass ich gar nicht mehr brauche. Ist das nicht verrückt? Ich ziehe sie sogar der Normandy vor.¨, erklärte er und lachte leicht.
    Jane erwiderte seinen Blick.
    ¨Kann ich gut nachvollziehen. Ich hätte auch nie gedacht, dass es einen so... Verändern kann. Besser gesagt, die eigenen Prioritäten.¨, stimmte sie zu und schob das leere Glas etwas weiter weg. Inzwischen war sie der Meinung schon genug gehabt zu haben.
    ¨Dann stellen Sie Garrus´ Gesundheit auch über alles andere?¨, fragte er und deutete dem Barkeeper, ihm noch einmal nachzuschenken.
    ¨Nicht direkt. Ich denke mehr daran einfach zu kündigen.¨
    Jeff hielt in der Bewegung inne und starrte Shepard mit offenem Mund an. ¨Bitte?! Sie und kündigen?!¨
    Jane grinste beim Anblick des entsetzten Ausdruckes ihres Piloten. ¨Ja. Verrückt nicht wahr? Genau wie bei Ihnen und EDI.¨
    ¨Sagen Sie jetzt aber bitte nicht irgendetwas Kitschiges wie: das muss Liebe sein. Damit würden Sie nur alles kaputt machen. Und es total unmännlich klingen lassen.¨, bat er und erntete ein Lachen seines Commanders.
    ¨Wissen Sie, Jeff, ich glaube, dass es gar nicht schlecht ist, dass wir so etwas haben. Vielleicht können wir das sogar zu unserem Vorteil nutzen. Motiviert es Sie nicht zu kämpfen, wenn Sie jemanden haben, den Sie beschützen wollen? Gerade dann, wenn ich am liebsten aufgeben würde, denke ich daran, was auf dem Spiel steht. Und dann fällt mir alles viel leichter...¨
    Es war ungewöhnlich Shepard so reden zu hören. Außerdem fiel Jeff auf, dass sie so offen nur bei sehr wenigen Personen war und insofern konnte er sich wirklich geschmeichelt fühlen. Er nahm noch einen Schluck von seinem Drink und starrte dann an den Grund des Glases.
    ¨Da haben Sie verdammt Recht, Commander.¨


    ...da ist mir aufgefallen, dass Shepard und ich gar nicht so unterschiedlich sind. Mal abgesehen von unseren Rängen.¨, Jeff grinste in die Runde und Liara hatte einen seltsam traurigen Blick aufgesetzt den der Flight Lieutenant zuerst gar nicht richtig deuten konnte, bis ihm einfiel, dass ihr Blick nicht traurig sondern viel mehr gerührt war.
    ¨Es tut mir leid, Jeff.¨, meinte Kaidan plötzlich und Joker meinte, diesen seltsamen Ton bei dem Major noch nie gehört zu haben. Wofür entschuldigte er sich denn bitte? ¨Ich meine, ich habe immer irgendwie... Es tut mir jedenfalls leid.¨, beendete er den Satz und Jeff verstand immer noch nicht so genau wovon er da eigentlich sprach.
    ¨Ich komme zwar nicht ganz mit aber gut, Entschuldigung angenommen. Wofür auch immer.¨, erwiderte er schulterzuckend. "Also um mal wieder ein wenig von der deprimierenden, melancholischen Stimmung abzulenken, haben Sie sich eigentlich mit Thane um Shepard gestritten? Ich meine da mal so etwas mitbekomme zu haben...", fragte Jeff und grinste Garrus wissend an. Er war sich sicher zu wissen, wie der Turianer sich gefühlt hatte, als Jane ihm gegenüber hin und wieder auch leicht nervös gewirkt hatte. Jeff war oft genug mit dem Gefühl Eifersucht konfrontiert worden.
    Der Turianer schwieg, erinnerte sich an den ruhigen Drell, seine seltsam höfliche Art. Natürlich hatte Garrus ihn damals gut im Auge behalten. Anfangs weil Jane seine beste Freundin gewesen ist, später weil er verhindern wollte, dass sich die beiden näher kamen, weil ihm bewusst geworden war, dass er mehr für Jane sein wollte als nur ihr Freund.
    "Gestritten... Ist vielleicht nicht ganz richtig. Wir haben über sie gesprochen...", erzählte er ehrlich und betrachtete wieder den Ring an seinem Finger. Wie waren Menschen eigentlich auf diese Idee gekommen? Ein Ring als Zeichen der Verbundenheit. Er dachte kurz darüber nach, wandte seinen Blick aber schnell wieder an die anderen. "Er hat mir eigentlich keinen Grund gegeben, mir Sorgen zu machen. Er hat damals sogar mehr gesehen wie ich und mir versichert, dass zwischen ihm und Jane nie etwas laufen könnte...", Liara und Kaidan musterten ihn erstaunt und selbst Joker schien interessiert zu sein. Und das obwohl diese Geschichte keine genaueren Erläuterungen von Sex versprachen.
    Also entschied sich der Turianer ihnen von Thane zu erzählen...

    ...Ich muss noch mal mit Mordin reden. Er hat gesagt, ihm sei etwas zu Ohren gekommen, worüber er gerne mit mir sprechen würde. Es ginge dabei sogar um meine Gesundheit. Irgendwie klingt das... Nicht unbedingt positiv. Ich hoffe ich habe mich nicht bei irgendjemand angesteckt. Schlimm genug zu wissen, dass wir anscheinend jemand an Bord haben der ein echter Varrenliebhaber ist.", Jane verzog unsicher das Gesicht und Garrus konnte ihren Blick nur mit einem ahnungslosen schulterzucken quittieren. Wieso dachte er bei Varrenliebhaber gleich an Kelly Chambers? Dass sie Aliens mochte war ja schön und gut, aber Varren? Und dann auch noch so...? Garrus schüttelte den Kopf. Nein, so genau wollte er das wirklich nicht wissen. Jane kicherte als sie den angewiderten Ausdruck in seinen Augen sah und er konnte nicht verhindern sie verdutzt anzusehen. Er hatte nicht gewusst, dass Commander Shepard das konnte. Kichern. Und dann auch noch so Mädchenhaft.
    "Keine Sorge, ich sag dir Bescheid, falls ich auch diese... Komische Krankheit haben sollte, ich will dich ja nicht anstecken.", meinte sie beruhigend und legte sanft ihre Hand auf seinen Arm, gerade so als könnte sie befürchten mit der kleinsten Berührung zu weit zu gehen. Er erwiderte ihren Blick mit einem turianischen Lächeln, dass Jane inzwischen nur zu gut kannte und nahm vorsichtig ihre Hand in seine. Sie waren sich näher gekommen. Vor zwei Jahren hätte er sich diese kleinen Zärtlichkeiten noch gar nicht erlaubt. Aber inzwischen dachte er oft daran, wie gern er sie berührte, wie weich sich ihre Haut anfühlte und wie seltsam gern er ihr mit den Fingern durch ihre außergewöhnlich roten Haare fahren würde. Das allerdings traute er sich noch nicht. So weit waren sie noch nicht. Zumindest glaubte er das.
    "Übrigens würde Thane dich mal gerne kennen lernen. Ich glaube ich habe etwas zu sehr von dir geschwärmt.", Jane gab wieder dieses leise Kichern von sich, und Garrus nahm sich vor zu beobachten, ob sie das bei den anderen auch tat.
    "Ich weiß nicht Jane, ich halte nicht viel von anderen Attentätern.", erwiderte er. Es war immer noch ungewohnt seinen Commander mit dem Vornamen anzusprechen, aber er tat es gern. Vor Allem weil er zu den wenigen galt, den es gestattet war. Sie starrte ihn einige Sekunden lang ungläubig an. Er wusste worauf sie hinaus wollte, sagte aber nichts dazu.
    "Er meint es nur gut. Und für einen Auftragskiller ist er wirklich sehr umgänglich.", meinte sie und machte noch einen kleinen Schritt auf ihren turianischen Freund zu. Garrus hätte am liebsten seine Stirn an ihre gelehnt, aber er beherrschte sich und bewunderte einfach ihre ungewöhnlich grünen Augen.
    "Umgänglich also, hm? Klingt ja nicht unbedingt... Einladend.", erwiderte er. Thane war erst seit zwei Wochen an Bord der Normandy. Garrus hatte ihn hin und wieder beim Mittagessen gesehen und andere Crewmitglieder auch schon über ihn reden hören, aber er persönlich hatte noch nicht viel mit ihm zu tun gehabt.
    Jane zog einen Schmollmund. "Komm schon, Garrus. Du musst mal ein bisschen rauskommen. So wie du dich den ganzen Tag auf dem Gefechtsstand verkriechst... Das kann doch nicht gesund sein.", erwiderte sie und klang dabei tatsächlich ein wenig wie seine Mutter. Garrus lachte leicht.
    "Du kannst mich gerne irgendwohin einladen, Jane, ich würde sicher nicht nein sagen.", raunte er und beobachtete, wie sich ihre Wangen leicht rot färbten. Er gab zu diese Konversationen mit ihr zu genießen, es war inzwischen ein Leichtes für ihn sie in Verlegenheit zu bringen, aber dennoch durfte er nicht vergessen, dass sie sein Commander war und er den Bogen nicht zu weit spannen durfte.
    "...Hör auf damit.", nuschelte sie verlegen und sah schnell auf den Boden.
    Der Turianer schmunzelte und wechselte schnell das Thema.
    "Gut, wenn du unbedingt möchtest, dass ich mit ihm rede, mache ich das. Aber du musst mir etwas versprechen, Jane.", er sah ihr noch einmal in die Augen, kostete das kurze Schweigen, ihren verliebten, neugierigen Blick aus, und fuhr dann fort: "Sobald du Zeit hast, erzählst du mir wie du von mir geschwärmt hast."
    Der Commander schien einen Auenblick lang vollkommen abwesend zu sein, dann errötete sie wieder und lehnte ihre Stirn an seine Brust.
    "Du bist grausam."
    Garrus lachte wieder.
    "Manchmal schon."
    "Du weißt ganz genau, wie schlecht ich in solchen Sachen bin.", stammelte sie immer noch unsicher und sah ihn nicht an. Es war angenehm zu spüren, wie sehr sie sich an ihn lehnte, sein Vertrauen genoss.
    "Umso schöner ist es, dir dabei zu zusehen.", Jane stöhnte genervt und ihm war wohl bewusst, dass er sich eben auf sehr dünnes Eis begab, aber mit Shepard konnte er das.
    Sie löste sich aus seiner Umarmung (er hatte selbst kaum registriert, dass er sie irgendwann in seine Arme gezogen hatte) und hielt ein wenig Abstand zu ihm.
    "Im Ernst, Garrus, wir sollten...", ja was eigentlich genau? Sie schien selbst nicht mehr genau zu wissen, was sie eigentlich sagen wollte und strich sich einfach nervös eine Strähne hinter das Ohr. "...also, rede einfach mal mit Thane. Ich muss zu Mordin.", meinte sie schüchtern, schenkte ihm noch mal einen kurzen, verliebten Blick und ließ ihn dann alleine auf dem Gefechtsstand zurück. Garrus versuchte sich dieses Gespräch eben einzuprägen. Insbesondere natürlich ihre liebevollen Blicke. Dann machte er sich daran, seinen Worten Taten folgen zu lassen und ging zu besagtem Drell.
    Thane saß an einem Tisch und schien zu meditieren. Für ein paar wenige Sekunden dachte Garrus daran, einfach wieder zu gehen, schließlich wollte er ihn nicht stören, aber eben als er das Zimmer wieder verlassen wollte, wandte der Drell seinen Blick an ihn.
    "Officer Vakarian. Es freut mich, dass Sie hier sind. Shepard hat nur gut von Ihnen gesprochen.", begrüßte Thane den verdutzten Turianer. 'Shepard? Das ging ja schnell...', dachte er grimmig und war insgeheim froh darüber, dass die Gestik der Turianer für andere Aliens nur schwer zu lesen war. Er hatte ewig gebraucht um Jane so zu nennen. Für ihn war sie lange Zeit immer nur der Commander gewesen. Thane kannte sie gerade mal gut zwei Wochen... Garrus versuchte den Kloß in seinem Hals einfach herunter zu schlucken und daran zu denken, dass er das hier nur für Jane tat. Er setzte sich gegenüber des Drells an den Tisch und musterte ihn nachdenklich.
    "Verzeihen Sie, dass ich Sie noch nicht früher besucht habe. Ich war...beschäftigt.", erwiderte Garrus und dachte an Janes mussbilligenden Blick, als er ihr sage, er müsste wieder die Kanonen der Normandy kalibrieren.
    Thane lächelte leicht. "Kalibrierungen, richtig? Shepard sage, dass Sie sich darum kümmern würden."
    Garrus verdrehte die Augen. Er konnte kaum glauben, dass Jane so über ihn gesprochen hatte. Er wusste nicht recht wie er darauf antworten sollte und starrte daher einfach nur auf seine Händer.
    ¨Und Sie sind also der Drellattentäter. Jane scheint von Ihrem Talent sehr beeindruckt zu sein.¨, erwiderte Garrus ohne auf Thanes vorherige Worte einzugehen. Er hatte Janes beeindruckten Blick gesehen, als sie Thane kennen gelernt hatten. Ihm hatte der bewundernde Ausdruck in ihren Augen überhaupt nicht gefallen.
    ¨Ich bezweifle, dass man mein Können als ¨Talent¨ bezeichnen kann. Es sind mehr... Erlernte Fähigkeiten. Die Hanar sind sehr strenge Ausbilder.¨; erzählte Thane überraschend offen. Garrus versuchte sich an seinen ersten Eindruck zu erinnern. Jane mochte den Drell, obwohl sie ihn noch gar nicht lang kannte und der Turianer konnte gar nicht richtig sagen, was seinem Commander an ihm wohl so gut gefiel. Vielleicht weil er Menschen ähnlicher war als er? Er wusste es nicht so genau, aber der Gedanke löste ein unangenehmes Gefühl in seiner Herzensgegend aus. Daran konnte es nicht liegen, oder?
    ¨Wann haben Sie Ihre Ausbildung angefangen?¨, fragte Garrus, vielleicht könnte er den Drell wenigstens in dieser Hinsicht schlagen. Immerhin hatte er auch schon früh angefangen von seinem Vater unterrichtet zu werden.
    ¨Ich kam mit sechs Jahren zu ihnen. Sie haben mich zu einer Waffe ausgebildet, die ständig ihren Besitzer wechselt. Nun folge ich voll und ganz Shepards Befehlen.¨, erläuterte der Drell und Garrus bemerkte, dass ihm seine distanzierte Haltung auffiel. ¨Sie mögen den Commander sehr, nicht wahr?¨, fragte er.
    Garrus überlegte wie er darauf antworten sollte. Natürlich mochte er Jane. Aber so sehr, dass er das Recht hätte, den Drell zu Recht zu weisen? Wohl nicht. Er konnte sich viel erlauben, mehr als die meisten ihrer Crew. Aber das würde sie ihm übel nehmen.
    ¨Wir kennen uns eben schon lange.¨, erwiderte er also nur ruhig und beobachtete sein gegenüber mit einem kritischen Blick.
    ¨Das ist aber nicht alles.¨, stellte er fest.
    Garrus Kieferplatten zuckten erstaunt.
    ¨Nicht?¨, hakte er nach und war gespannt, worauf der Drell hinaus wollte.
    ¨Ich habe es in ihrer Stimme gehört, als sie über Sie gesprochen hat. Es ist... Mehr. Ich kenne dieses Gefühl.¨, entgegnete er.
    Garrus musterte ihn noch einige Sekunden lang, bis er den Drang, den Drell neugierig nach Jane zu fragen kaum mehr unterdrücken konnte. ¨...was hat sie denn gesagt?¨
    Thane lachte leicht. Es klang ungewohnt und zugleich freundlich. Vielleicht würde sich Garrus ja irgendwann daran gewöhnen. Er hatte bisher nur selten mit Drell zu tun gehabt.
    ¨Das sollten Sie sie vielleicht selbst fragen. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen. Es wäre dumm zu versuchen um eine Frau zu kämpfen die schon längst jemand anderen hat. Außerhalb davon denke ich, dass Sie einen falschen Eindruck von mir hatten. Ich möchte Shepard beschützen und dabei bleibt es. Sie ist eine ungewöhnliche, starke Frau und erinnert mich ein wenig an Irikah. Aber das ist auch schon alles. Es gibt also keinen Grund, länger einen Rivalen in mir zu sehen, Vakarian.¨, erklärte der Attentäter und Garrus musste erst ein paar Mal blinzeln bis ihm bewusst wurde, was er da eben gesagt hatte.
    Einen Rivalen? Garrus verschränkte die Arme vor der Brust. Was dachte dieser Drell eigentlich von ihm? Er hatte nie vorgehabt Jane zu... Schließlich war sie sein Commander (und außerdem ein Mensch. Garrus hatte nie in Betracht gezogen mit einer anderen Spezies eine derartige Beziehung einzugehen).
    ¨Das verstehen Sie falsch.¨, erwiderte er schließlich nach kurzem Schweigen.
    ¨Tu ich das?¨ , fragte der Drell.
    Garrus sah ihn wieder irritiert an.
    ¨Es steht Ihnen ins Gesicht geschrieben, mein Freund.¨, bildete er sich das nur ein oder grinste Thane wissend?
    Der Turianer wusste nicht mehr was er darauf erwidern sollte. Also starrte er ihn einfach nur an, bis er das Öffnen der Türe vernahm und zu Jane blickte, die ein Datenpad lesend eintrat und ohne ihn zu bemerken geradewegs auf Thane zusteuerte.
    ¨Ich schätze Garrus war immer noch nicht bei Ihnen. Nehmen Sie es ihm nicht übel, ich denke auch manchmal, dass ihm die Kalibrierungen wichtiger sind als so ziemlich alles andere.¨, knurrte sie und bemerkte ihren turianischen Freund erst, als sie zu Thane sah. Beide schwiegen und Garrus musste beinahe grinsen, als er wieder den altbekannten roten Schimmer auf ihren Wangen wahrnahm. ¨...Oh....Garrus...¨, stammelte sie verwundert.
    ¨Jane.¨, erwiderte er, vergaß dabei total, dass sie nicht untereinander waren und versuchte sich schnell zu verbessern.¨ Shepard.¨
    Sie warf Thane einen kurzen verlegenen Blick zu und sah dann wieder zu ihrem besten Freund.
    ¨Ich äh... Ich wollte nicht stören, entschuldigt. Redet ruhig weiter.¨, meinte sie schnell, nervös und wollte den Raum eben wieder verlassen, als sie hörte, wie Garrus auch wieder aufstand.
    ¨Schon gut, Shepard, ich wollte eben gehen.¨
    Thane nickte dem Turianer zu und er erwiderte die Geste einfach nur um dann mit Jane sein Zimmer zu verlassen.
    ¨Habt... Habt ihr euch gut verstanden?¨, fragte sie als beide vor dem Aufzug inne hielten. Ihm war wohl bewusst, dass sie vermutlich in ihr Quartier wollte.
    ¨Er ist... Gar nicht so übel.¨, meinte er ehrlich, behielt aber im Hinterkopf, dass er den Drell weiterhin beobachten würde.
    ¨Hab ich dir doch gleich gesagt.¨, erwiderte sie und grinste leicht. Der Aufzug meldete sich hinter ihr und sie trat ein. Garrus gesellte sich zu ihr und nachdem sie den Knopf für ihr Quartier gedrückt hatte, schlossen sich die Türen wieder. ¨Du... Wolltest also zu mir?¨, fragte sie und obwohl sie wusste, keine Zeit für ihn zu haben, schien sie sich doch darüber zu freuen.
    ¨Ich habe meinen Teil der Vereinbarung erfüllt.¨, er warf ihr einen kurzen intensiven Blick zu und begann zu lachen, als sie ihn nervös erwiderte.
    ¨Ist das dein Ernst? Ich dachte das war nur ein Scherz!¨, entgegnete sie entsetzt. Er sah ihr förmlich an wie sie das kommende Gespräch fürchtete.
    ¨ Ich bin eitel, Jane, es ist mit Sicherheit angenehm von dir zu erfahren wie du über mich denkst.¨, er grinste sein typisches, turianisches Grinsen und Jane erwiderte seinen Blick unsicher. Sie biss sich auf die Lippe und starrte auf die Anzeige des Fahrstuhls.
    ¨Das weißt du doch längst.¨, nuschelte sie unzufrieden.
    ¨Vielleicht. Aber es ist etwas anderes es aus deinem Mund zu hören.¨, erwiderte er und starrte auch auf die Anzeige. Manchmal war es doch ganz angenehm, dass der Fahrstuhl so langsam war. Er mochte es Jane zu necken, er begann sogar langsam das gezielt zu machen.
    Er merkte, wie sie sich neben ihm anspannte und angestrengt darüber nachdachte, was sie nun wohl sagen sollte.
    ¨Wieso bist du auf einmal so scharf darauf? Du weißt doch, dass ich dich mag,¨, murmelte sie ahnungslos.
    Garrus dachte wieder an Thane, an den seltsam faszinierten Blick, den Jane immer auflegte wenn sie über ihn sprach. Erneut spürte er ein unangenehmes Ziehen in seinem Herzen.
    ¨Sagen wir einfach, ich möchte mir sicher sein, dass mir mein Platz an deiner Seite so schnell niemand streitig machen kann.¨, erklärte er und hoffte damit nicht zu viel gesagt zu haben. Aber was hatte er eigentlich erwartet? Schließlich sprach er hier mit Jane Shepard. Und sie war nicht dumm.
    Sein Commander sah ihn einen langen Moment einfach nur erstaunt an, bis sie antwortete.
    ¨Bist du... Eifersüchtig?¨
    Garrus zuckte zusammen.
    ¨Was?¨
    Und so schnell konnte das Blatt sich wenden.
    Jane grinste belustigt. ¨Du bist eifersüchtig.¨, stellte sie fest und das Grinsen wurde breiter. ¨Deswegen wolltest du auch nicht mit Thane sprechen.¨, sie kicherte wieder und er konnte kaum fassen, was sie sich da eigentlich einbildete.
    Nun genaugenommen, bildete sie sich nichts ein. Es schien offensichtlich zu sein, nur Garrus dachte in dieser Situation überhaupt nicht daran, dass sie damit Recht haben könnte.
    ¨Das ist Schwachsinn. Wieso sollte ich eifersüchtig sein?¨, erwiderte er und klang gereizter als er wollte.
    ¨Da hast du Recht, es ist Schwachsinn. Aber irgendwie...¨, sie musterte ihn einen Augenblick lang mit einem liebevollem Lächeln und legte ihm dann sanft eine Hand an seine Wange. ¨...irgendwie finde ich das richtig süß. Ich hätte nicht gedacht, dass du überhaupt eifersüchtig sein kannst.¨, setzte sie fort und lachte entzückt.
    Er schüttelte verlegen den Kopf und hoffte den Aufzug mit seinem Blick ein wenig beschleunigen zu können.
    ¨Ich bin nicht eifersüchtig.¨, leugnete er stur.
    Jane biss sich wieder auf die Lippe um nicht erneut laut los zu lachen.
    ¨Weißt du, ich kann dich beruhigen. Es gibt absolut keinen Grund eifersüchtig zu sein. Du bist und bleibst mein Lieblingsturianer. Das kann auch ein attraktiver Drellattentäter nicht ändern.¨, sie schmunzelte wieder als sie seine entsetzte Reaktion auf die Worte ¨attraktiver Drellattentäter¨ sah.
    ¨...Wie du meinst.¨, erwiderte er nur und Jane meinte zu hören, dass er immer noch beleidigt war.
    Sie zog die Stirn kraus und zog ihn in ihr Quartier, als sie endlich angekommen waren.
    ¨Na schön, du hast gewonnen. Ich erzähle dir, was ich Thane gesagt habe...¨


    ...und hier hören wir auf.¨, beendete Garrus seine Erzählung und erntete ein einstimmiges, unzufriedenes ¨Oh...¨ der anderen.
    ¨Ach komm schon Garrus, das ist fies. Ich hätte so gerne gehört wie sehr sie von dir geschwärmt hat.¨, meinte Liara beleidigt und warf ihrem turianischen Freund einen unglücklichen Blick zu.
    ¨Nein, tut mir leid, aber alles müsst ihr auch nicht wissen.¨, wehrte er ab. Außerhalb davon war die Erinnerung an Jane einfach zu kostbar. Dieser Abend, dieses Gespräch... Es gab ein paar Dinge, die er gerne für sich behielt.
    ¨Na schön. Ich hab auch noch eine Story! Ich hatte da mal ein ganz interessantes Gespräch mit Admiral Hackett und Steve Cortez geführt, gerade wegen Shepard als sie damals von der Allianz eingebuchtet worden war. Sie wollten also wissen, was ich über Shepard wusste und dann habe ich erzählt dass...¨
    Alle horchten wieder der Erzählung Kaidans und irgendwann neigte sich auch dieser Abend dem Ende und die Crewmitglieder gingen zurück auf das tote Schiff um sich schlafen zu legen.
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  2. #42

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    Kapitel 26: Rettung

    Angespannte Stille herrschte in dem großen Lager. Jane, James, Wrex und Kirrahe warteten geduldig an dem Tor. Sie wussten, dass Ish früher oder später kommen würde. Die Nervosität war förmlich greifbar und Janes Hand lag ständig auf dem Griff ihrer Waffe. Jederzeit dazu bereit, sie zu ziehen und abzudrücken.
    Von weitem konnten sie Fackeln erkennen und Jane konnte sich kaum erinnern in Ishs Lager so viele Leute gezählt zu haben. Er meinte es wirklich ernst. Einen Moment lang dachte sie wieder daran wie unglaublich absurd das alles war. Der salarianische Anführer kam mit zwei seiner Leuten zu ihnen und blieb nur wenige Schritte vor der kleinen Gruppe stehen.
    Ish musterte die Vier ihm gegenüber einmal kurz, bis er mit dem Blick an Jane hängen blieb.
    ¨Wie sieht es aus, Commander? Wer ist Sels Mörder? Ich möchte das hier schnell hinter mich bringe.¨, fragte er und in seiner Stimme lag ein faszinierender Ernst. Jane hätte nie gedacht, dass der sonst so quirlige Salarianer so einschüchternd sein konnte.
    ¨Ish, das ist doch nicht nötig. Sie müssen niemanden töten, wir haben alle durch die Reaper schon viel zu viel verloren. Sie müssen doch auch sehen, dass wir nur zusammen wieder alles aufbauen können.¨, meinte Jane in einem beruhigenden Ton.
    Ish besah Jane mit einem kurzen, kritischen Blick. Vermutlich überlegte er eben, ob er Jane noch trauen konnte oder sie letzten Endes töten müsste. Sie schluckte schwer und hielt seinem Blick stand. Bis ihr Lieutenant vortrat.
    ¨Es war meine Schuld. Ich habe Sels Tot zugelassen. Ich trage allein die Verantwortung dafür. Wenn Sie Rache wollen, dann töten Sie mich.¨, erklärte James.
    ¨Was?! James! Ich habe doch gesagt du sollst dich da raus halten!¨, funkelte der Commander wütend, an ihren Lieutenant gewandt.
    Ish grinste zufrieden, zog seine Waffe und richtete sie auf James. Jane merkte, dass nur wenige entscheidende Sekunden ihren Freund vor dem Tod bewahren konnten und stellte sich schnell vor ihn. Kirrahe zog nun auch seine Pistole und richtete sie auf Ish, dessen Begleiter wiederum ihre Waffen zogen und auf Kirrahe und Wrex zielten. Jane hielt angespannt den Atem an. So hätte es wirklich nicht kommen sollen.
    ¨Ish, bitte!¨
    Der Salarianer warf Jane noch einen letzten gnadenlosen Blick zu. Sein Finger glitt verdächtig nahe zum Abzug und bevor er ihn drücken konnte, schob James seinen Commander bei Seite.
    ¨Ich will nicht, dass du verletzt wirst.¨, sagte er knapp, deutete ihr aus dem Weg zu bleiben.
    Jane schüttelte den Kopf, das durfte doch alles nicht wahr sein! Ihr Blick hing an Ishs Pistole, die nun wieder direkt auf James gerichtet war.
    ¨Ish, ich bitte Sie, das muss doch wirklich nicht sein! Sie haben selbst gesagt, dass schon zu viel Blut vergossen wurde! Machen Sie sich nicht auch zu einem Mörder!¨, Jane wusste nicht mehr, was sie tun sollte, sie ging mit erhobenen Händen auf den Salarianer zu, versuchte ihn zu überzeugen, James nicht zu töten. Sie merkte, wie sie langsam Panik bekam, kaum noch Luft, daran denken musste, wie sie auf Anderson gezielt hatte, so sehr versucht hatte sich zu wehren und letzten Endes doch den Abzug gedrückt hatte. Das Blut, der Schock in seinen Augen, das zufriedene Lachen des Unbekannten. Jane keuchte, merkte wie ihr der Boden unter den Füßen entglitt, wollte irgendwo Halt finden und sah nur noch rot. Das Blut der vielen Menschen auf der Citadel. Die Hitze der Explosion. Was war das? Sie hörte James Stimme, spürte, wie er ihren Arm griff, konnte ihn kaum sehen. Und dann war alles schwarz.
    ¨Jane!¨, James wollte sie halten, stützen, brach aber selbst zusammen als er einen lauten Knall hörte und den darauffolgenden Schmerz in seinem Schienbein spürte.
    ¨Scheiße!¨, fluchte er, drückte eine Hand auf die blutende Wunde in seinem Bein und warf Ish dann einen entsetzten Blick zu. ¨Verdammt, ich wollte ihr doch nur helfen!¨, fluchte er wütend.
    Der Salarianer schüttelte leicht den Kopf, die Pistole immer noch auf ihn gerichtet.
    Kirrahes Finger lag immer noch auf dem Abzug und es schien beinahe so, als würde ihn James Anblick dazu ermutigen den Salarianer zu erschießen.
    ¨Warten Sie! Tun Sie´s nicht. Ist schon gut.¨, meinte James beruhigend, versuchte den Schmerz auszublenden. Er kniff die Augen zusammen und atmete ein paar Mal konzentriert durch, bis er den Blick wieder an Ish wandte, der ihn seltsam kalt musterte. James wusste, dass sein Leben gleich ein Ende nehmen würde und komischerweise bereute er nichts. Er fühlte sich sogar beinahe richtig leicht, dass gleich alles vorbei sein würde.
    Aber dazu kam es nie.
    Ishs Finger lag an dem Abzug seiner Pistole, aber bevor er abdrücken konnte, lenkte das gigantische Raumschiff, aus dessen Ladeklappe noch ein kleines Shuttle flog, ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Die ganze Gruppe starrte fassungslos zu dem riesigen Schiff am Himmel, beobachtete wie es langsam auf den Boden aufkam und das Shuttle sich nur wenige Meter von ihnen entfernt auf die Erde herabsank.
    Zwischenzeitlich waren vermutlich einige Minuten vergangen, in den sie alle regungslos an Ort und Stelle standen, überlegten ob sie sich nun auf einen Kampf vorbereiten müssten, oder ihnen endlich jemand zu Hilfe kam. Keiner wusste was zu tun war und selbst Ish schien richtiggehend von den Socken gerissen zu sein.
    Sie alle starrten schweigend das Shuttle an.
    James war einer der ersten, der seine Sprache wieder fand. Er nutzte die allgemeine Verwirrung und kniete sich neben Jane um zu prüfen ob sie in Ordnung war. ¨Hey, Lola...¨, flüsterte er vorsichtig und fuhr ihr behutsam über die Wange. Ihre Haut brannte förmlich auf seiner und er überlegte was genau eben mit ihr geschehen war.
    Janes Augenlieder flatterten als sie langsam wieder zu sich kam. ¨Was... Was war das eben...?¨, fragte sie irritiert und saß auf.
    ¨Es ist alles in Ordnung, Lola, mach dir keine Sorgen.¨, entgegnete er leise, bemüht sie anzulächeln. Jane merkte schnell, dass er nicht ganz ehrlich war, der Ausdruck in seinem Gesicht verriet nur zu deutlich, dass er Schmerzen hatte.
    ¨James?¨, fragte sie besorgt. Da war ein Geräusch, etwas, dass sie früher regelmäßig gehört hatte. Und erst als ihr einfiel wozu dieses Geräusch gehörte, fuhr sie herum und musterte mit einem ungläubigen Blick das Shuttle, wie sich die Klappe öffnete und sie endlich einige ihrer Freunde wiedersah.
    Miranda, Jacob, Zaeed und Mordin betraten den verbrannten Boden der Erde und warfen einen fragenden Blick in die Runde. Ish zog die Stirn in Falten. Mordin überblickte die Situation als erstes, verstand was hier vor sich ging. Jane konnte überhaupt nicht nachvollziehen, wie schnell das alles geschah, aber der Professor zog seine Carnifex und schoss Ish mit einer unheimlichen Kälte in den Kopf. Die beiden Helfer des Salarianers blickten einen Moment lang entsetzt auf den leblosen Körper ihres Anführers, bis sie ihre beiden Waffen auf die Neuankömmlinge richteten und nach einem weiteren lauten Knall ebenfalls zu Boden gingen. Zaeed grinste belustigt und erwiderte dann die schockierten Blicke der Erdlinge mit einem Schulterzucken. ¨Jeder der mit ner Waffe auf mich zielt, geht drauf.¨, erklärte er gelassen. Mordin schien ähnlichen Regeln zu folgen, denn er trat über Ish hinweg auf James zu.
    ¨Verletzung. Fleischwunde womöglich glatter Durchschuss.¨, begann der Professor und kniete sich neben James. Er untersuchte sein verwundetes Bein. ¨Hm. Brauche andere Geräte. Muss Sie mit auf das Schiff nehmen.¨, erklärte er und zog den verdutzten Lieutenant auf die Beine.
    Jane beobachtete fassungslos, wie Mordin mit Hilfe von Jacob den ächzenden James in das Shuttle hievte. Der Commander nahm eine Stimme war, die ihr auch nur allzu bekannt vorkam. Und dann stieg auch sie aus dem Shuttle, Captain Hannah Shepard.
    Die Mutter musterte ihre Tochter einen Moment mit einem erstaunten und unglaublich erleichterten Blick.
    ¨Jane...¨, murmelte sie sprachlos.
    ¨Mom!¨, entgegnete Jane und endlich fand sie ihre Stimme wieder. Ihre Mutter war am Leben und sie war hier um sie von diesem schrecklichen Planeten fort zu bringen. Hannah stürmte auf ihre Tochter zu, kniete sich zu ihr und zog sie fest in ihre Arme.
    ¨Meine kleine Jane...¨, sie schluchzte und dem Commander war sofort bewusst, dass sie weinte. Jane erwiderte die Umarmung, konnte kaum glauben, wie froh sie war, sie endlich wieder zu sehen. Ihr entging Mirandas Lächeln nicht und auch Zaeed schien keinen sarkastischen Kommentar für das Widersehen der kleinen Familie übrig zu haben.
    ¨Mom...¨, Jane lachte leicht, drückte ihre Mutter noch etwas fester an sich und wollte hier einfach nur noch weg.
    Miranda entschied die Shepards erst einmal in Ruhe zu lassen und ging schnurstracks auf Captain Kirrahe zu. Der Salarianer schien mehr oder weniger die Situation wenigstens etwas überblicken zu können.
    ¨Miranda Lawson. Ich unterstehe dem direkten Befehl von General Hackett. Wir sind hier um die Erde zu evakuieren.¨, erklärte sie sachlich. Sie hätte selbstverständlich lieber zuerst mit Shepard gesprochen, aber die junge Frau schien sich erst einmal voll und ganz ihrer Mutter widmen zu wollen.
    Kirrahe nickte, steckte seine Pistole weg und deutete Miranda sich mit ihr etwas weiter weg zu unterhalten. Er hatte genug Taktgefühl um Shepard nicht gleich wieder mit solchen Angelegenheiten zu konfrontieren.
    ¨Sie haben sich ja ganz schön Zeit gelassen.¨, scherzte er mit einem charmanten Lächeln.
    Miranda erwiderte diese Geste.
    ¨Nun, die Reparaturen der Massenportale haben leider sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Insbesondere das Sol-Portal. Wir haben lange gebraucht, bis wir überhaupt genug Ressourcen hatten es zu reparieren. Wir haben uns allerdings sofort auf den Weg gemacht, als wir ihr Notsignal erhalten haben.¨, erwiderte Miranda und ließ ihren Blick über das Lager schweifen. Es sah schlimmer aus, als sie erwartet hatte. Ihr war zwar bewusst gewesen, dass es die Bevölkerung der Erde ganz besonders schlimm getroffen haben musste, aber solch ein Anblick hätte sie sich nie ausmalen können. Miranda versteckte allerdings ihr Bedauern unter einem höflichen Lächeln.
    ¨Verstehe.¨, entgegnete Kirrahe nur und bemerkte dann Detective Anaya. Die Asari hatte die beiden schon eine Weile beobachtet und schließlich winkte er sie zu sich. ¨Miss Lawson, dass ist Detective Anaya. Sie hat uns in den letzten Monaten sehr geholfen, das Lager zu organisieren.¨
    Miranda nickte anerkennend.
    ¨Es freut mich Sie kennen zu lernen, Detective, Shepard hatte sie in einem ihrer Berichte erwähnt.¨, erwiderte sie.
    Die Asari grinste schelmisch. ¨Hoffentlich hat sie nichts schlechtes über mich geschrieben.¨
    Miranda lachte leicht und schüttelte den Kopf. ¨Ganz und gar nicht. Können Sie mir sagen, wie ernst die Lage ist? Wir könnten eventuell noch die Salarianer oder Turianer anfunken. Sie würden mit Sicherheit noch ein paar Schiffe schicken um den Planeten vollends zu evakuieren.¨
    Der Captain erklärte die momentane Situation so ausführlich wie möglich. Er erzählte von den vielen Toten, die unbedingt richtig bestattet werden mussten, dem Hunger der hier herrschte und gab ihr eine Liste der Verletzten. Miranda schien überraschend ruhig zu bleiben. Entweder, hatte sie damit gerechnet oder sie war eine verdammt gute Schauspielerin. Jedenfalls ließ sie sich das Entsetzen, das sie empfand überhaupt nicht anmerken. Die ausgefallenen Translatoren und die damit verbundenen Kommunikationsschwierigkeiten erwähnte er nur nebenbei.
    Miranda bot ihm und Anaya an, erst einmal mit an Bord zu kommen. Sie hätten in den letzten Monaten genug durchmachen müssen und sich eine Pause erst einmal mehr als nur verdient. Die Asari stimmte sofort zu und ließ sich von der Agentin zurück zu den Shuttles führen. Inzwischen waren noch zwei weitere gelandet. Hannah hatte ihre Tochter ebenfalls in eines der Shuttles begleitet, in das nun auch Kirrahe und Anaya stiegen. Es war eine unglaubliche Erleichterung für sie alle.
    Als Miranda sich neben Jane in das Shuttle setzte, wurde sie von ihr erst einmal heftig umarmt. Sie hatte damit überhaupt nicht gerechnet, empfand es aber als sehr angenehm, dass Shepard sie anscheinend auch vermisst hatte.
    ¨Danke, Miranda.¨, flüsterte Jane so leise, dass es nur sie hören konnte. ¨Ich bin mir sicher, Sie haben viel dazu beigetragen, dass sie so schnell wie möglich zu uns kommen konnten.¨, meinte sie.
    Miranda schüttelte leicht den Kopf. ¨Nicht doch Commander. Wir haben uns alle große Sorgen um Sie und Ihre Crew gemacht. Die anderen haben ebenso ihren Teil dazu beigetragen, Sie zu finden.¨, erwiderte sie bescheiden. ¨Sie sollten sich aber erst einmal ausruhen. Alles weiter können wir dann an Bord besprechen. Außerhalb davon schätze ich, ohne irgendjemanden damit zu Nahe treten zu wollen, brauchen sie alle dringend ein Bad.¨
    Jane hätte nie gedacht, dass Miranda sie einmal so zum Lachen bringen konnte. Tatsächlich lockerte sich die Stimmung in dem kleinen Shuttle. Es kehrte eine angenehme Stille ein, in der jeder seinen Gedanken nachhing und einfach darauf wartete, das Shuttle wieder zu verlassen und die Wärme des Schiffes zu genießen.

    Als Commander Shepard das Shuttle verließ wurde sie sofort von General Hackett begrüßt, der ihr stolz erklärte, was viele zwischenzeitlich vielleicht vergessen hatten, dass die Reaper nur dank ihr ausgelöscht wurden konnten und nun endlich die Chance auf einen weitestgehend galaktischen Frieden bestand. Er erzählte ihr von der erstaunlich guten Zusammenarbeit jeder am Krieg beteiligten Spezies. Nur dank Jane, waren alle bereit zu helfen die Massenportale zu reparieren. Bakara, die für Wrex auf Tuchanka erst einmal das Sagen übernommen hatte, hatte sogar vielen Flüchtlingen angeboten, sie bei sich aufzunehmen. Er erklärte Jane, wie stolz er auf sie war und dass die Galaxie ihren Einsatz nie vergessen würde. Nachdem er sah, wie zerbrechlich Jane wirkte, bat er Miranda sie erst einmal in ihr Quartier zu bringen. Sie sollte sich ausruhen und erst mit ihm sprechen, wenn sie richtig ausgeschlafen hatte. Hannah wich nicht von der Seite ihrer Tochter und begleitete Miranda zu ihrem Quartier.
    Miranda stützte Jane, als sie sich auf das Bett setzte und erst einmal realisieren musste, dass das hier kein Traum war. Sie war auf einem Schiff - auf Hacketts Schiff um genauer zu sein - und sie würden die Erde nun in ein paar Stunden verlassen. Jane seufzte erleichtert und legte das Gesicht in die Hände. ¨Danke. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Sie hier sind.¨, meinte sie leise, an Miranda gewandt. Hannah hatte sich neben ihre Tochter gesetzt und sie in den Arm genommen.
    ¨Jetzt wird alles gut, mein Schatz.¨, flüsterte sie tröstend und gab ihrer Tochter einen sanften Kuss auf die Stirn. ¨Du siehst so furchtbar aus, was ist passiert? Mein Herz ist stehen geblieben, als ich dich auf der Citadel gesehen hatte und dann die Explosion...¨, der Captain verstummte.
    Jane versuchte nicht an Anderson zu denken, aber als ihre Mutter die Citadel erwähnte, sah sie ihn wieder vor sich. Wie er neben ihr saß und ihr sagte, wie stolz er auf sie war. Wie er trotz dieser beschissenen Indoktrination an sie geglaubt hatte und sie bis zum letzten Atemzug als das gesehen hatte, was sie für ihn immer gewesen ist.
    Jane schwieg einige Sekunden lang. Eigentlich hatte sie es Leid ständig darüber reden zu müssen, aber andererseits hatten Miranda und ihre Mutter ein Recht darauf zu wissen, was vorgefallen war. Der Commander musterte erst einmal den Raum, um ihrer Stimme wieder etwas Zeit zu geben, sich zu festigen. Das Zimmer erinnerte sie ein wenig an ihr Quartier auf der Normandy. Es hatte ein eigenes Badezimmer und zwei Sofas. Allerdings kein Aquarium. Jane vermisste ihre Fische. Und ihren Hamster. Was aus ihm wohl geworden war?
    ¨Captain, ich weiß Sie haben Ihre Tochter lange nicht gesehen, aber könnten Sie mich einen Moment mit ihr alleine lassen?¨, fragte Miranda plötzlich und Hannah sah sie kurz erstaunt an. Nickte schließlich, gab Jane noch einen letzten Kuss auf die Wange und verließ dann den Raum.
    Jane warf Miranda einen dankbaren Blick zu.
    ¨Sie wirken nicht gerade so, als wären sie froh darüber, dass die Reaper besiegt sind.¨, meinte Jane mit einem skeptischen Unterton.
    Die schwarzhaarige Frau antwortete nicht sofort. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Jane mit einem angespannten Blick.
    ¨Haben Sie etwas gesehen?¨, fragte sie schließlich und Jane zog beide Augenbrauen hoch.
    Bitte?
    ¨Was meinen Sie? Auf der Citadel?¨, erwiderte der Commander verwirrt.
    ¨Das Licht. Was war danach?¨
    Jane verstand immer noch nicht so Recht, was Miranda von ihr wollte. Sie erinnerte sich an den Katalysator, das rote Licht und schließlich Dunkelheit. Das nächste an das sie sich erinnern konnte war Zurr. Wie er sie über den Boden geschleift hatte und zu James‘ Lager gebracht hatte.
    ¨Ich... Weiß immer noch nicht so genau, was Sie meinen, Miranda.¨, entgegnete Jane ehrlich.
    ¨Sie müssen etwas gesehen haben. Sie hätten die Explosion nicht einfach so überleben können, Shepard. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich freue mich sehr, dass Sie am Leben sind, ich würde der Ursache dafür nur gerne auf den Grund gehen.¨, erklärte sie.
    Ihr Überleben. Natürlich. Jane wusste selbst nicht, wie das von Statten gegangen war. Immerhin hatte sie unheimliche Schmerzen gehabt als sie aufgewacht war. Und sie hatte nicht den Eindruck gehabt, dass während ihrer Bewusstlosigkeit sechs Monate vergangen waren. Sie starrte Miranda nachdenklich an.
    ¨...ich war sechs Monate bewusstlos. Ich habe immer gedacht, dass ich in einer Art Koma gelegen haben musste. Aber um ehrlich zu sein, verstehe ich das alles auch nicht. Als ich aufgewacht bin, hatte ich gedacht, der Krieg wäre erst vor wenigen Stunden beendet worden. Und dann erfuhr ich von James, dass ich Monate lang bewusstlos gewesen bin. Ich weiß es nicht, Miranda. Wirklich nicht.¨, erklärte Jane so gut es ging. Miranda schien ihr zu glauben, aber allem Anschein nach gefiel ihr nicht, was sie da hörte.
    ¨Haben Sie den Katalysator gesehen?¨
    Einen Moment lang herrschte Schweigen.
    Woher zum Henker wusste Miranda davon?!
    ¨Ja. Er sagte, die Ernte wäre nicht länger eine Lösung für das Chaos. Also gab er mir die Möglichkeit, zwischen drei Optionen zu entscheiden. Ich dachte, es wäre das Beste die Reaper zu zerstören. Ich habe auf dieses... Ding geschossen und schließlich ist alles explodiert. Ich weiß nicht was dann passiert ist, Miranda, ich erinnere mich nicht.¨, erklärte Jane energisch. Irgendwie kam ihr der Gedanke, dass Miranda viel mehr wusste, als sie Preis gab. Und das gefiel ihr ganz und gar nicht. Sie hatte ihr vertraut und eigentlich auch gedacht, dass sie sie unterstützte. Aber so wie sie sich momentan verhielt war das mehr als nur verdächtig.
    ¨Verstehe. Da müsste aber noch mehr sein...¨
    Jane sah wieder diesen unzufriedenen Ausdruck in ihren Augen. Was wollte Miranda von ihr hören? ¨Der Katalysator verschwindet nicht einfach so. Er... Ist nicht greifbar, hat keinen richtigen Körper. Man kann ihn nicht einfach so zerstören.¨, erklärte sie weiterhin und schien dabei zu denken, nicht die richtigen Worte zu finden.
    Jane starrte die Frau ihr gegenüber verdutzt an. Sollte das etwa heißen, dass es eben noch nicht vorbei war? Die Reaper zwar zerstört, aber der Katalysator am Leben?
    ¨Was zum Teufel meinen Sie damit?¨, fragte sie und konnte die aufgestaute Wut kaum unterdrücken.
    Es herrschte wieder Schweigen und Miranda sah ganz so aus als focht sie einen inneren Konflikt aus. Sollte sie ihr die Wahrheit sagen oder lieber lügen? Jane hoffte, sie entscheide sich für Ersteres, denn sonst könnte sie für nichts garantieren.
    ¨...Es tut mir Leid, Commander, ich wollte Sie nicht beunruhigen. Ich hatte nur gehofft, Sie könnten mir ein paar Antworten geben. Aber so wie es scheint, werde ich die so schnell nicht bekommen. Ich vermute, dass der Katalysator etwas mit Ihrem Überleben zu tun hat, Shepard. So eine Explosion... Machen Sie sich keine Gedanken darum. Ich wollte nicht... Entschuldigen Sie.¨, entgegnete Miranda und in ihrer Stimme schwang eine Art Bedauern mit, das Jane noch nie bei ihr gehört hatte. Die Agentin setzte sich neben sie auf das Bett und sah angestrengt auf ihre Hände. ¨Ich bin froh, dass Sie zurück sind Shepard. Sie sind etwas ganz Besonderes.¨
    Jane biss sich konzentriert auf die Lippe. Inzwischen bereute sie, Miranda - wenn auch nur in Gedanken - unterstellt zu haben, sie würde sie belügen.
    ¨Danke.¨
    Miranda lachte leicht. ¨Brauchen Sie noch etwas?¨, fragte sie und lächelte offen.
    Jane war überrascht wie freundlich Miranda sein konnte. Sie überlegte kurz.
    ¨Um ehrlich zu sein... Ich habe seit Wochen nichts Richtiges mehr gegessen, also wenn es Ihnen nichts ausmacht... Ich schätze ich habe keine Ahnung wo die Küche ist.¨, erklärte Jane verlegen.
    ¨Selbstverständlich. Ich besorge Ihnen etwas.¨, meinte Miranda und stand auf.
    Eben, als sie das Zimmer verlassen wollte, zog Jane noch mal ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie kam zu ihr und umarmte sie. ¨Danke, Miranda. Für alles. Dass sie mich zurückgeholt haben, mir diese Chance gegeben haben... Und vor Allem, dass Sie an mich geglaubt haben.¨, flüsterte Jane leise und Miranda erwiderte schnell ihre Umarmung. Die beiden Frauen schwiegen wieder und hätte Miranda es nicht besser gewusst, hätte sie gedacht, dass Jane sogar weinte. Aber ihr Commander ließ sich das natürlich nicht anmerken und löste sich schließlich von ihr.
    ¨Sie müssen sich nicht bedanken, Shepard. Sie haben all meine Erwartungen bei Weitem übertroffen und mein Vertrauen mehr als nur verdient. Ich bewundere Sie, für Ihre Stärke und vor Allem auch für Ihre Selbstlosigkeit.¨, sie lächelte wieder ehrlich und Jane lachte leicht.
    ¨Danke.¨, sagte sie noch einmal und war sicher, dass das nicht das letzte Mal war.

    James stöhnte vor Schmerzen als Mordin die Kugel aus seinem Bein entfernte. Der Lieutenant schloss angestrengt die Augen und verfluchte den Salarianer gedanklich, dass er so ruhig dabei blieb.
    ¨Ich frage mich, wie Sie nur immer in solche Situationen geraten, James. Es schien ganz so als wollte Sie der Salarianer erschießen.¨, meinte Steve mit einer hochgezogenen Augenbraue.
    James knirschte mit den Zähnen und warf dem Piloten einen kurzen, schmerzverzerrten Blick zu. ¨Also gut, die Kurzfassung: Nachdem die Citadel explodiert ist, hat Wrex mit mir ein Lager gegründet. Wir haben nach Überlebenden gesucht und sie bei uns aufgenommen. Versucht irgendwie ein neues zu Hause aufzubauen. Nach sechs Monaten haben wir Shepard gefunden. Dann war da dieser Ish. Er hatte einen Kumpel, Sel. Er war verletzt und ich wollte ihn retten, aber wir hatten nicht genug Medikamente, also starb er. Ish hat mir die Schuld für den Tod seines Freundes gegeben, ein eigenes Lager gegründet und schließlich - scheiße tut das weh!¨, fluchte James kurz und setzte dann fort: ¨...wollte er Rache. Er ist mit seiner ganzen Armee angerückt und wollte mich umbringen. Lola hat aber...¨, er dachte kurz an Jane, merkte wie er mit seinen Gedanken schon wieder vollkommen abschweifte und verstummte.
    ¨Shepard hat sie gerettet.¨, vollendete Cortez für ihn den Satz. ¨Und dann sind Sie gekommen und haben dem Salarianer einen Kopfschuss verpasst.¨, folgerte der Pilot mit einem leichten Grinsen an Mordin gewandt.
    ¨So in etwa.¨, erwiderte James ebenfalls grinsend. „Unfassbar, wie kalt Sie sein können.“, fügte er noch hinzu und sah fragend zu dem Professor.
    Steve musterte seinen Freund einen Moment lang fragend. Er schien mit seinen Gedanken wo ganz anders zu sein. ¨Sie... Ist sonst noch irgendetwas vorgefallen?¨, fragte er schließlich neugierig und beobachtete, wie James verlegen zur Seite sah.
    ¨Nein. Nichts nennenswertes.¨, meinte er schnell.
    ¨Sind Sie sicher?¨, Cortez grinste noch ein ganzes Stück breiter, als er sah, wie unangenehm James die Situation war.
    Er stöhnte und gab schließlich nach. ¨Ich habe Lola geküsst.¨
    Cortez zog beide Augenbrauen hoch und sah James erstaunt an. ¨...ernsthaft?!¨
    ¨Ja. Und jetzt ist es... Seltsam. Ich weiß nicht wie ich mit ihr umgehen soll. Ich kann mich in ihrer Gegenwart kaum beherrschen.¨, setzte er leise fort und verzog das Gesicht als Mordin ihm irgendeine durchsichtige Flüssigkeit auf die Wunde schmierte die unheimlich brannte.
    Cortez schüttelte den Kopf. ¨Da haben Sie sich wirklich was eingebrockt.¨, meinte er nur mit einem fassungslosen Unterton. ¨Das war ziemlich unklug von Ihnen.¨
    ¨Danke, das weiß ich selbst.¨, knurrte James wütend.
    ¨Haben Sie schon mit ihr darüber geredet?¨, fragte er.
    ¨....nein. Ich weiß ja nicht mal ob sie sich daran erinnert.¨, erklärte der Lieutenant.
    ¨Das ist... Schlecht. Aber nichts was man nicht aus der Welt schaffen könnte. Sie können sicher bald mit ihr sprechen und dann reden Sie am besten darüber.¨, schlug Cortez vor und James war dankbar für seine Unterstützung.
    ¨Ja, mach ich.¨, erwiderte er leise.
    ¨Ich bin froh, dass Sie den Kampf heil überstanden haben, nicht alle hatten so viel Glück.¨, sagte Steve schließlich und beobachtete Mordin, wie er James verletztes Bein behandelte. Der Professor sah dabei hoch konzentriert aus. Ein interessanter Anblick.
    Die Krankenstation war auch nicht unbedingt riesig aber groß genug um einen Patienten gut behandeln zu können, ohne ständig einen anderen Arzt zu behindern.
    James war so oder so überrascht, dass er der einzige Patient auf der Station war. Er fragte sich, wo die anderen Verletzten waren und ob alle, die den Krieg überlebt hatten schon wieder gesund waren oder einfach nur wo anders hingebracht worden sind.
    James dachte kurz über Cortez´ Worte nach. ¨Wussten Sie, wie nahe Jane und Anderson sich gestanden haben? Sie sah so... Sie war völlig am Boden zerstört...¨, fragte er und erinnerte sich an den herzzerreißenden Anblick, wie Jane zusammengekauert auf dem dreckigen Boden gesessen und geweint hatte. Er hatte noch nie in seinem Leben so viel Mitleid empfunden wie in diesem Augenblick.
    ¨Ich habe den Admiral bei meiner Ausbildung kennen gelernt. Er hat oft von Shepard gesprochen, wie großartig sie sei und dass er unheimlich stolz auf sie wäre. Soweit ich weiß hat er sich auch gut mit ihrer Mutter verstanden. Ich bin Shepard damals hin und wieder über den Weg gelaufen, aber eigentlich hatten wir nie viel miteinander zu tun gehabt. Viele hatten auch immer viel zu großen Respekt vor ihr um sich mit ihr zu unterhalten. Eine N7 Soldatin. Ich habe auch immer so von ihr gedacht, sie war stark, distanziert, hat immer an ihre Mission gedacht und so gut wie nie gelächelt. Sie wirkte... Einschüchternd. Aber mit Anderson war sie ganz anders. Ich habe sie nur zwei oder drei Mal zusammen erlebt und Shepard war... Wie ausgewechselt. Offen, freundlich, sie gab dem Admiral sogar Widerworte. Ich war total überrascht, sie hat mich unheimlich beeindruckt und damals habe ich mir gewünscht irgendwann unter ihrem Kommando dienen zu dürfen.¨, erzählte Steve und lächelte, als er sich an die damals noch junge Jane Shepard erinnerte.
    ¨Warum haben Sie mir das nie erzählt?¨, fragte James erstaunt.
    ¨Ich hatte nicht gedacht, dass es Sie so interessieren würde. Da fällt mir ein, haben Sie eigentlich etwas von der Normandy gehört?¨, entgegnete Cortez und rückte seinen Stuhl etwas zurecht.
    ¨Jane hatte etwas erwähnt, glaube ich... Ich bin mir aber nicht sicher.¨, erklärte James kurz.
    Mordin verband sein Bein und horchte aufmerksam dem Gespräch der beiden Männer.
    Cortez zog die Stirn kraus. ¨Ich spreche mit dem Commander, sobald sie Zeit hat.¨, meinte er anschließend.
    ¨Empfehle, sie vor erst in Ruhe zu lassen. Viel Stress in den letzten Monaten, wunderliches Überleben. Vermutlich auch psychische Schäden. Schätze, sie braucht mehr Ruhe.¨, mischte sich Mordin ein und James hatte fast vergessen, dass er ja auch noch da war.
    James verzog unzufrieden das Gesicht. Ja, Stress hatte sie wirklich genug gehabt. Ihm gefiel es gar nicht, dass er auch einen erheblichen Beitrag dazu geleistet hatte. Er schwor, so bald wie möglich mit Jane zu sprechen. Er wollte das aus der Welt schaffen.
    Mordin bemerkte die plötzliche Stille. ¨Schmerzen?¨, fragte er an James gewandt. Vielleicht hatte er den Verband ja tatsächlich etwas zu fest gezogen.
    ¨Nein, geht schon.¨, antwortete James und sah angestrengt an die Decke.
    ¨Sicher? Da ist doch noch etwas anderes das Sie beschäftigt, James.¨, meinte Cortez und zog besorgt die Stirn in Falten. Er hatte genug Zeit mit James in dem Hangar verbracht um zu wissen, wann es seinem Freund schlecht ging.
    ¨...haben Sie die Explosion der Citadel gesehen, Esteban?¨, fragte der Lieutenant nach kurzem Schweigen. ¨Ich meine, es war heftig. Das konnte ich sogar von der Erde aus sehen. Jane hat das aber überlebt. Sie hat sechs Monate unter Schutt begraben gelegen und dennoch...¨, er verstummte. Dachte daran, wie unglaublich das alles war. Natürlich wusste er, wie stark Shepard war, dass sie schon andere Sachen überlebt hatte, aber hierbei war nicht Cerberus im Spiel gewesen, Miranda hatte nicht an ihrer Leiche herumoperiert um sie zurückzubringen. Jane hatte einfach auf wundersamer Weise überlebt. Sechs Monate lang ohne Nahrung oder sonst etwas. Und dann kam der Gedanke zurück, der ihn seit ihrem Auftauchen verfolgt hatte. Was, wenn Jane etwas verheimlichte? Was, wenn sie diese sechs Monate gar nicht bewusstlos gewesen war, wie sie behauptet hatte? Er schüttelte den Kopf. Der Gedanke war unheimlich und es passte nicht zu ihr. Aber er hatte oft genug gehört, was die Reaper mit anderen Lebewesen anstellen konnte. Er wollte nicht glauben, dass sie ihr irgendetwas angetan hatten. Das konnte er einfach nicht.
    Der Professor schien sofort zu wissen wovon James sprach. Er legte nachdenklich einen Finger ans Kinn. ¨Muss Shepard erst genauer untersuchen.¨, meinte er und James stellte fest, dass er fast immer im gleichen Ton sprach. Kirrahe war nicht so, dann lag das also nicht an seiner Spezies.
    ¨Da wird sie aber ziemlich viel zu tun haben, wenn sie aufwacht.¨, versuchte Cortez die Stimmung etwas aufzulockern und lachte leicht.
    ¨Ja. Ist aber notwendig. Möchte nur ungern falsche Schlüsse ziehen, habe aber die Befürchtung, dass Shepard indoktriniert sein könnte.¨, erklärte Mordin mit einer faszinierenden Gelassenheit, gerade so als wäre es das normalste der Welt nach der Zerstörung der Reaper noch die Vermutung anzustellen, dass jemand indoktriniert sein könnte.
    ¨Aber... Das ist doch unmöglich, die Reaper sind zerstört.¨, erwiderte Steve ungläubig.
    ¨Stimmt. Habe mit Hannah gesehen, wie Shepard auf Anderson geschossen hat. Auf der Citadel. Shepard war indoktriniert. Möglichkeit besteht, dass ein Rest des Reaperbewusstseins noch in ihrem Kopf ist. Darum Untersuchungen notwendig.¨, erklärte er immer noch ruhig.
    James wollte nicht glauben was der Professor da eben gesagt hatte, aber andererseits bestätigte es seinen Verdacht. Es war gruselig. Zu denken, dass Jane indoktriniert sein könnte. Zu denken, dass sie nicht sie selbst war. Er hatte zwar oft daran gedacht, dass sie sich komisch verhalten hatten, aber eigentlich hatte er das damit erklärt, dass die Situation einfach so unsagbar frustrierend gewesen ist. Nicht wegen Indoktrination.
    Cortez schwieg ebenfalls. James las in seinen Gesichtszügen, dass ihm dieser Gedanke genauso wenig gefiel wie ihm. Aber man konnte Mordins Verdacht auch nicht einfach ausschließen.
    Mordin bemerkte die angespannte Stille. ¨Schlage vor, sich keine Gedanken darüber zu machen bis die Ergebnisse vorliegen. Wird einige Tage dauern. Bis dahin am besten Stillschweigen bewahren.¨, schlug er vor. James und Cortez nickten.
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  3. #43
    Newbie Avatar von xsm4sh3r
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    sally, kann nur immer wieder ein Kompliment aussprechen, für diese unsagbar tolle Story

  4. #44

    Standard

    Vielen, vielen Dank xsm4Sh3r!! <3

    Kapitel 27: Geständnisse

    Dunkelheit. Kälte. Einsamkeit.
    Jane öffnete die Augen und plötzlich war alles weiß. Keine Finsternis mehr, nur weiß. Seltsamerweise kam ihr dieses Gefühl bekannt vor. Dieser unendliche Raum, das endlose Meer aus weiß. Träumte sie? Wenn ja, wieso fühlte sich das alles dann so real an? Sie sah an sich herab, bemerkte den weichen Übergang ihrer Füße auf dem undefinierbaren Boden. Wo war sie? Doch tot? Hatte sie sich die letzten Wochen, Monate nur eingebildet? Irritiert sah sie um sich. Versuchte etwas wahrzunehmen, irgendjemanden. Einen Weg zu finden. Einen Hinweis, einen Anhaltspunkt wo sie sich befand.
    ¨Sie sind hier.¨
    Jane wirbelte herum und erstarrte.
    Die Gestalt des kleinen Jungen stand wieder direkt vor ihr, im gleichen blauen Licht wie damals auf der Citadel. Die Erinnerung an das Gespräch war so klar, als hätte sie es erst gestern mit ihm geführt.
    ¨Katalysator...¨, murmelte Jane. Dann war es wohl doch kein Traum.
    Der kleine Junge deutete ein Lächeln an. ¨Sie verstehen das richtig. Es ist ein Traum.¨, erklärte er und Jane zog erstaunt eine Augenbraue hoch.
    ¨Dann... Können Sie meine Gedanken lesen?¨, fragte sie irritiert und fand diese Tatsache gruselig. Warum zum Teufel noch mal konnte er das?! ¨Sind Sie...¨, sie schluckte einmal schwer, ¨...in meinem Kopf?¨
    Der Katalysator lachte leicht.
    ¨Nein. Nicht so wie Sie denken. Nicht um Ihnen zu schaden.¨, erwiderte er und klang dabei sogar richtig ehrlich. Jane wusste nicht ob sie ihm vertrauen konnte, entschied aber, dass ihr nichts anderes übrig blieb.
    ¨Okay. Und wo sind wir hier?¨, sie sah sich um, suchte nach etwas, an das sie sich erinnern konnte. Seltsamerweise hätte sie schwören können, genau diese Frage ihm schon einmal gestellt zu haben.
    ¨Wir sind uns hier schon einmal begegnet, Shepard. Sie würden es eine Zwischenwelt nennen. Sie erinnern sich nicht an unser letztes Gespräch weil der Organische Sie geweckt hat.¨, erklärte er und Jane meinte zu sehen, wie er seufzte. ¨Das spielt aber keine Rolle. Zumindest nicht jetzt. Es reicht, wenn ich Ihnen sage, dass sie die erste Hürde überwunden haben. Sie leben. Das ist wichtig.¨
    Jane starrte den Jungen lange an. Dann wandte sie ihren Blick wieder von ihm und beobachtete, wie sich aus dem weißen Raum langsam aber sicher eine kleine Wohnung bildete. Andersons Apartment. Zumindest dachte sie das im ersten Moment. Aber dann veränderte es sich und wirkte etwas kleiner, gemütlicher.
    ¨...und warum genau sind Sie jetzt noch mal hier?¨, fragte sie verwirrt und erschrak, als ein kleines turianisches Kind an ihr vorbeirannte. Es lachte und schien vor irgendjemanden wegzurennen.
    ¨Bleib hier du kleine Pissnelke!¨, brüllte Jack wütend. Jane ging schnell einen Schritt zur Seite und beobachtete, wie die Biotikerin den kleinen Turianer verfolgte. Das Kind versteckte sich hinter einem Sofa und starrte sie aus großen Augen neugierig an.
    Jane sah erstaunt zu, wie Jack anfing zu Grinsen und den Turianer mit ihrer Biotik in die Luft hob. Er quietschte vergnügt und Jane hatte gar nicht gewusst, dass Turianer so etwas überhaupt konnten.
    ¨Da guckste, was?¨, grinste Jack überheblich und balancierte das Kind näher zu Shepard. ¨Schauen Sie mich nicht so an, ich weiß ich soll nicht so viel Ausdrücke vor ihrem Balg benutzen, aber manchmal hat er's einfach nicht anders verdient.¨, meinte sie schulterzuckend und ließ das Kind direkt in Janes Arme fliegen. Sie hielt den Turianer fest und musterte Jack mit einem unglaublich verwirrten Blick. Was zum Teufel ging hier vor sich?!
    ¨Ich geh dann mal wieder. Eezo wartet bestimmt schon. Wir sehen uns, Shepard.¨, verabschiedete sich Jack und verließ das Apartment. Jane blieb einen Moment lang erstarrt an Ort und Stelle stehen, bis sie wieder das leise Lachen des kleinen Turianers in ihren Armen vernahm.
    ¨...Äh...alles ok?¨, fragte sie und das Kind sah sie glücklich an.
    ¨Ja Mama.¨
    Jane hätte den Kleinen beinahe fallen gelassen. Mama?!
    Der Commander starrte den Katalysator entsetzt an, als sie seine fremde Lache vernahm.
    ¨Sie müssen noch viel erreichen, bevor Sie das bekommen, was Sie sich wünschen.¨, erklärte er und deutete auf das turianische Kind.
    ¨Mo...Moment. Wovon reden Sie da?¨, fragte sie verwirrt und langsam auch ein bisschen wütend. Das alles war so... Unrealistisch. Und trotzdem fühlte es sich so unsagbar schön an, dieses kleine Kind in ihren Armen zu halten. Seinen festen Griff um ihren Hals zu spüren. Er liebte sie, das fühlte sie nur durch diese harmlose Berührung. Und sie liebte dieses Kind genauso sehr. Aber warum?!
    ¨Sie werden sich irgendwann an meine Worte erinnern, Mensch. Aber jetzt ist nur wichtig, dass Sie Ihr Schiff finden und sich dann vorbereiten.¨, erklärte der Katalysator.
    ¨Halt, ich verstehe das nicht. Ich verstehe gar nichts. Was geht hier vor? Wer ist der Kleine?¨, fragte sie und musterte das Kind in ihren Armen. Eigentlich war die Frage vollkommen überflüssig gewesen. Er hatte sie Mama genannt. Er musste ihr Adoptivsohn sein.
    ¨Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich Ihnen helfen werde, zumindest im Bezug auf Ihren Wunsch. Finden Sie Ihre Crew, Shepard, sonst werden Sie es nicht schaffen.¨, erwiderte der Katalysator, ging zwei Schritte rückwärts und löste sich schließlich in Millionen kleine Teile auf. Jane starrte eine Weile noch verwirrt dort hin, wo der Katalysator eben noch gestanden hatte. Was ging hier eigentlich vor sich?
    ¨Die Bedrohung besteht noch immer. Es war Ihre Entscheidung. Sie haben es so gewollt. Es dauert nicht mehr lange.¨
    Jane suchte nach der Stimme und als dann die Wohnung ebenfalls begann sich aufzulösen, drückte sie das unschuldige Kind in ihren Armen näher an sich. Obwohl Jane sicher war, dass das hier nur ein Traum war, fühlte sich das alles viel zu real an. Ihr Sohn. Jane warf dem Kind noch einen letzten Blick zu, bis ihren ganzen Körper ein fürchterlicher Schmerz durchfuhr und alles wieder schwarz wurde.

    Jane wachte mit einem entsetzten Schrei auf. Sie zitterte, schwitzte, starrte gebannt in die Dunkelheit ihres Zimmers und saß auf. Sie legte das Gesicht in ihre Hände und atmete erst ein paar Mal durch, bis sie sich beruhigt hatte. Was war das eben? Definitiv kein Traum. Dafür erinnerte sie sich zu gut daran. Der Katalysator. Er hatte mit ihr gesprochen. Gott, dann war er also nicht vernichtet. Einerseits meinte sie sich daran zu erinnern, dass er gesagt hatte, ihr helfen zu wollen aber andererseits war der Gedanke extrem unheimlich, dass er einfach so Kontakt zu ihr aufnehmen konnte. Sie hatte die Citadel in die Luft gejagt, verdammt. Dieses Ding sollte gar nicht mehr existieren! Jane dachte daran, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte. Sie stand auf, zog sich schnell an und verließ den Raum.
    Mordin.
    Sie musste zu ihm. Wenn ihr irgendjemand sagen konnte, was mit ihr nicht stimmte, dann er. Sie lief schnellen Schrittes durch das Schiff. Jane meinte, schon einmal hier gewesen zu sein, vor etlichen Jahren mit ihren Eltern. General Hackett kannte Jane, seit sie ein kleines Kind gewesen ist. Sie schüttelte den Kopf und suchte nach Mordins Station.
    Er befand sich Gott sei Dank nur wenige Stockwerke über ihrem Zimmer. Das Schiff war um einiges imposanter, größer, wirkte in jederlei Hinsicht fortschrittlicher als die Normandy. Obwohl sie immer geglaubt hatte, ihr Schiff sei das Beste gewesen, zweifelte sie inzwischen daran.
    Mordin schien noch wach zu sein. Beziehungsweise, Jane wusste, dass Salarianer nicht viel Schlaf brauchten, daher war es eigentlich nicht verwunderlich, dass er wach war.
    Der Professor sah sofort zu ihr, als Jane sich der Türe näherte und sie sich von selbst öffnete.
    ¨Mordin... Könnten Sie mich bitte untersuchen?¨, fragte sie leise.
    Der Salarianer musterte sie einen kurzen Moment lang, nickte und deutete ihr sich auf eines der Krankenbetten zu setzen. Jane ging seiner Bitte nach und merkte erst dann, wie kalt ihr war. Ihre Hände zitterten unaufhörlich und ihr Kopf schmerzte.
    Mordin dachte einen Augenblick daran, Jane von seinem Verdacht, in ihrem Kopf könnten sich Reste der Reaperindoktrination befinden, zu erzählen, glaubte dann aber, dass es nicht richtig wäre und schwieg. Er scannte sie mit seinem Universalgerät und Jane sah währenddessen ungewohnt abwesend auf einen Punkt, den er nicht sehen konnte.
    Er hielt inne und sah sie fragend an. ¨Habe mit Lieutenant Vega und Cortez über Ihr Überleben gesprochen. Frage mich, wie Sie das geschafft haben.¨
    Jane sah ihn an. Er bemerkte wie verwirrt sie war. Was auch immer sie dazu getrieben hatte mitten in der Nacht zu ihm zu kommen - und er wusste wie viel Schlaf Menschen brauchten - es schien sie unheimlich zu verängstigen.
    ¨...ich.... Ich weiß es nicht, Mordin. Ich... Habe seltsame Träume. Der Katalysator. Ich glaube... Ich glaube nicht, dass ich ihn zerstört habe.¨, erklärte sie langsam und legte sich auf eine weitere Bitte Mordins auf das Bett. Er scannte nochmal ihren Körper und nahm ihr schließlich Blut ab.
    Jane erinnerte sich, dass sie von ein paar wenigen ihrer Crewmitgliedern hin und wieder Beschwerden bekommen hatte, der Professor arbeite zu laut. Er singe und rede zu viel. Aber Jane hatte das immer als sehr angenehm empfunden. Umso einschüchternder war die plötzliche Stille. Der Salarianer war sonst nie so ruhig.
    ¨...Sagen Sie bitte etwas.¨, bat sie und schloss konzentriert die Augen. ¨Ich weiß, dass irgendwas mit mir nicht stimmt.¨
    Er scannte sie noch einmal und räusperte sich schließlich. ¨Kann Sie vorerst beruhigen. Keine Reaperüberreste in Ihrem Körper vorhanden. Kann Genaueres erst sagen, wenn weitere Tests durchgelaufen sind.¨, erklärte er versucht tröstend und Jane lächelte leicht. ¨Außerdem ist laut Scans... Allergie gegen dextro Aminosäuren seltsamerweise verschwunden. Könnte etwas mit Ihrem Überleben zu tun habe. Bräuchte dafür aber mehr Zeit.¨
    ¨...Okay.¨, erwiderte sie erstaunt und blieb noch eine Weile schweigend liegen. Inzwischen hatte sie aufgehört sich über solche Nachrichten zu wundern. Es waren schließlich genug seltsame Dinge passiert, die sie nicht erklären konnte.
    ¨Andere Schmerzen, Sorgen?¨, fragte Mordin.
    Er stand dicht an ihrem Krankenbett und beobachtete angespannt ihre Gesichtszüge.
    ¨...Ich weiß nicht. Ich... Ish hat mir einen Sender gegeben. Ich weiß, wo die Normandy ist. Er hat... Ich habe die Nachrichten gehört. Auf ihrem Planeten sind fünf Jahren vergangen. Fünf Jahre, Mordin. Ich habe Angst.¨, gestand sie leise und saß auf. Sie zog die Knie nah an ihren Körper und legte den Kopf darauf. ¨Ich weiß, das ist lächerlich. Ich habe mir so oft gewünscht sie wiederzusehen und... Aber ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll.¨
    Mordin musterte sie eine Weile bis er zu einer Antwort ansetzte.
    ¨Werde den Sender General Hackett geben. Bezweifle, dass Angst angemessen oder notwendig ist.¨, erklärte er, ging zu einem Schrank und gab Jane ein paar Tabletten. ¨Helfen um besser schlafen zu können.¨, fügte er hinzu. ¨Freuen Sie sich auf das Wiedersehen. Freunde haben Sie sicher auch vermisst.¨
    Jane sah Mordin noch einige Sekunden lang beeindruckt an. Sie war es sich definitiv nicht gewohnt, dass er so einfühlsam war.
    ¨Danke, Mordin.¨, meinte sie leise und verließ die Krankenstation.

    Als Jane das nächste Mal die Augen öffnete, tat sie es nicht weil sie aus einem Albtraum hochschreckte, sondern viel mehr weil sie Geräusche vernahm, die ihr ganz und gar nicht gefielen. Sie saß auf und musterte den Söldner mit einem irritierten, schlaftrunkenen Blick.
    ¨Zaeed?¨
    Er wollte eben wieder den Kopf aus ihrem Schrank nehmen, als er sich anstieß und fluchend das Stück Metall betrachtete. Jane könnte schwören, dass er ihren Schrank am liebsten auseinander genommen hätte, aber er beherrschte sich und machte sich lieber schnell an eine Erklärung.
    ¨Morgen Shepard, oder besser Mittag? Ich hab in der Küche nach Speck gesucht und da Sie in Ihrem Apartment so viel vorrätig hatten, hab ich gedacht, haben Sie hier vielleicht auch was versteckt. Aber mit dieser Schinkenscheiße kann ich nichts anfangen.¨, meinte er und deutete auf die Verpackungen auf ihrem Tisch. Jane zog noch ein Stück irritierter beide Augenbrauen hoch und war komplett sprachlos. ¨Tut mir leid wegen dem Lärm, wollte Sie eigentlich gar nicht wecken. Aber ich hab gedacht, es würde Ihnen so wieso nichts ausmachen, immerhin ist es schon nach 15 Uhr.¨, fügte er noch hinzu und verließ ihr Zimmer.
    Jane verharrte noch immer in der Bewegung und starrte einige Minuten länger fassungslos auf die Türe. Er hatte tatsächlich in ihrem privaten Kühlschrank herumgewühlt nur um ein Stück Speck zu finden? Sie hatte nicht einmal gewusst, dass sie einen Kühlschrank besaß!
    Sie schüttelte den Kopf, stand auf und stellte sich erst einmal unter die Dusche. Es war angenehm nach so langer Zeit die Möglichkeit zu haben, dieses heiße Wasser zu genießen. Jane stand länger unter der Dusche als sie gewollt hatte und drehte das Wasser erst ab, als sie die KI des Schiffes informierte, dass sie ungelesene Nachrichten auf ihrem Universalgerät hatte.
    Jane zog sich schnell an und überlegte, was sie heute alles tun musste. Sie wollte auf jeden Fall noch mal mit ihrer Mutter sprechen und mit Hackett. Sie musste ihn bitten, Kurs auf die Normandy zu setzen. Sie wollte so bald wie möglich ihr Team wiedersehen. Außerdem meinte sie sich auch noch mal bei James entschuldigen zu müssen. Sie hatte sich ihm gegenüber ziemlich eklig verhalten und das wusste sie. Und zu Mordin wollte sie auch noch mal. Vielleicht hatte er ja inzwischen ein paar Ergebnisse, mit den sie etwas anfangen konnte.
    Jane warf einen faszinierten Blick auf das Universalgerät an ihrem Arm. Sie erinnerte sich, dass sie es sich in den letzten Jahren nie hätte vorstellen können, einmal ohne dieses Multifunktionsgerät auskommen zu müssen. Und jetzt fiel ihr die Bedienung fast schon wieder richtig schwer. Sie schickte ihrer Mutter eine kurze Nachricht und wartete dann geduldig auf sie.
    Die Begrüßung fiel seit sie sich wiedergesehen hatten immer gleich aus. Ihre Mutter hielt sie lange in ihren Armen und ließ Jane erst wieder los, als diese sie darauf aufmerksam machte, dass sie sie definitiv zu fest drückte.
    Hannah setzte sich zu Jane auf das Sofa und sah ihre Tochter erst einmal lange und glücklich an. ¨Ich habe so oft an dich gedacht, Schatz. Die Reparaturen an den Massenportalen waren furchtbar ermüdend. Alles ist so langsam voran gegangen und ich hatte mir solche Sorgen gemacht. Niemand wusste ob du noch am Leben warst.¨, sie schwieg einen Moment und fuhr dann fort, ¨Aber jetzt bist du ja hier und das alles spielt keine Rolle mehr. Ich freue mich so sehr, dass es dir gut geht.¨, meinte sie begeistert und nahm Jane noch mal in ihre Arme.
    Okay, richtig gut ging es ihr nicht, aber sie wollte ihrer Mutter diese Sorgen ersparen und lächelte daher so überzeugend wie möglich. Sie wollte nicht wieder so schwach werden wie auf der Erde und versuchte daher wieder die Commander Shepard zu werden, die sie vor dem Angriff der Reaper immer gewesen ist. Stark und selbstbewusst.
    ¨Ich weiß ganz genau was du meinst...¨, murmelte sie und seufzte. ¨Auf der Erde sah es nicht viel besser aus. Da gab es diesen Salarianer der James töten wollte und-¨
    ¨Oh dieser James ist ja wirklich ein sehr charmanter Kerl.¨, Hannah grinste Jane wissend an.
    ¨Mom, ich hoffe du weißt noch, dass ich mit Garrus zusammen bin.¨, erwiderte Jane ausdruckslos. Das war so typisch für ihre Mutter.
    ¨Natürlich. Ich mein ja nur.¨, erwiderte sie und grinste immer noch.
    Jane ignorierte ihren Kommentar und erzählte weiter. Von den beiden Lagern, dem ganzen Stress, Ish, Sel, Zurr das ganze Chaos, das auf der Erde geherrscht hatte. Wie schlecht sie sich gefühlt hatte und wie dankbar sie für ihren Translator war. ¨Außerdem freut es mich zu sehen, dass es dir gut geht. Ich wusste nicht was passiert ist, während ich auf der Citadel gewesen bin.¨, erklärte Jane und sah ihre Mutter skeptisch an. Hannah nahm ihre Hände in ihre und lächelte sie einen Moment lang erleichtert an. Dann bemerkte sie den goldenen Ring an ihrem Finger und beäugte ihn etwas genauer.
    ¨Ist das...¨, begann sie, sprach die Frage aber nie aus.
    Jane spürte förmlich wie ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg. Das hatte sie ja ganz vergessen! Sie hatte ihrer Mutter ja nie gesagt, dass sie mit Garrus verlobt war!
    ¨...Äh....ja. Also...¨, stammelte sie hilflos und musterte ihre Mutter, wie sie den Ring von allen Seiten betrachtete und ihn Jane schließlich vom Finger nahm um ihn genauer ansehen zu können.
    ¨Immer dein, in ewiger Liebe...¨, las sie vor und sah dann erstaunt zu Jane. Ihre Tochter war kurz davor zu weinen. Sie erinnerte sich einfach zu gut daran, wie Garrus sie gefragt hatte, wie er ihr den Ring vorsichtig über den Finger gestreift hatte und gestanden hatte, wie wichtig sie ihm sei. Sie seufzte frustriert und ließ sich von ihrer verdutzten Mutter einfach in die Arme nehmen. ¨Ach Schatz...das wird schon. Es geht ihm bestimmt gut.¨, meinte sie tröstend und fuhr ihr liebevoll über den Rücken.
    Jane saß eine Weile schweigend neben ihrer Mutter auf dem Sofa. Sie wusste gar nicht wie viel Minuten vergangen waren, aber irgendwann löste sie sich schließlich wieder aus der Umarmung ihrer Mutter. Hannah legte ihr wieder den Ring in die Hand. Jane sah ihn einige Sekunden lang an und lächelte schließlich. ¨Er... Er hat mich gefragt kurz bevor wir runter auf die Erde sind.¨, erzählte sie und fuhr mit dem Finger behutsam über das kleine goldene Stück. ¨Er hat gesagt, dass er mich auch gerne in seinem Clan aufnehmen würde.¨, fuhr sie fort.
    Hannah hörte ihr schweigend zu und auch wenn sie sich fragte, was genau das hieß, blieb sie stumm
    ¨Das mit dir und diesem... Turianer. Ich hatte nicht gewusst, dass es so ernst ist.¨, meinte sie nur leise
    ¨Ich habe dir ja auch nicht viel über ihn erzählt, oder? Tut mir leid. Ich weiß, ich hätte dich vielleicht öfter kontaktieren sollen...Garrus ist... Er ist etwas ganz Besonderes, Mom, ich habe noch nie jemanden so geliebt wie ihn.¨, erklärte sie und zog den Ring wieder über ihren Finger. ¨Ich will ihn wiedersehen. Mehr als alles andere.¨
    Hannah lächelte. ¨Ich weiß, Schatz. Wir werden die Normandy finden.¨, versprach sie und küsste ihre Tochter auf die Wange. ¨Ich kann dir nicht sagen, wie froh ich bin, dass du jemanden gefunden hast. Ich hatte immer gedacht, dass du dich irgendwann aufraffen würdest und Kaidan an dich ranlassen würdest. Aber Garrus ist mir eigentlich lieber. Ich weiß, wie sehr er dich liebt. Und es ist schön zu sehen, dass du ihn genauso liebst.¨, Hannah lächelte wieder verständnisvoll und strich Jane eine rote Strähne hinter das Ohr.
    ¨Danke, Mom.¨, erwiderte Jane ehrlich und umarmte ihre Mutter noch einmal. Sie sah überrascht auf, als sie das mechanische Öffnen der Türe vernahm und ein ziemlich nervös wirkender James eintrat. Er musterte die beiden mit einem kurzen, überraschten Blick und wollte sich eben schon entschuldigen, als Jane ihm deutete zu bleiben.
    ¨Mom, ich muss noch mal mit James reden. Wir sehen uns später.¨, meinte Jane schnell. Ihre Mutter nickte nur und verließ mit einem letzten interessierten Blick auf James den Raum.
    Der Lieutenant stand einige Sekunden lang da wie bestellt und nicht abgeholt bis Jane ihn dazu aufforderte sich neben sie zu setzen. Ein paar Minuten lang herrschte eine angespannte Stille. Beide wussten, dass sie reden mussten, aber keiner wusste, wie er anfangen sollte. Jane starrte auf ihre Finger, erinnerte sich nur zu gut daran, wie sehr sie James angebrüllt hatte und bereute es insgeheim so sehr die Fassung verloren zu haben.
    ¨Wie geht es dir?¨, fragte er schließlich und Jane war dankbar, dass er endlich die Stille brach und sie auf andere Gedanken brachte.
    ¨Körperlich gut so weit, ein paar Kopfschmerzen. Psychisch? Ich weiß nicht, James. Wir waren so lange auf der Erde... Ich hatte nicht damit gerechnet, dass überhaupt noch jemand kommt. Wie geht es deinem Bein?¨, erwiderte sie und sah ihn forschend an.
    James warf einen kurzen prüfenden Blick an sich herab und schüttelte dann den Kopf. ¨Nicht weiter schlimm. Mordins Heilmittel wirken Wunder.¨, meinte er grinsend.
    ¨Das stimmt, er ist ein wirklich guter Professor.¨, erwiderte sie ebenfalls grinsend.
    Es herrschte wieder Stille und Jane fragte sich, seit wann es zwischen ihnen so seltsam geworden war. Wieso dachte sie die ganze Zeit, etwas sagen zu müssen?
    James nahm vorsichtig ihre Hände in seine. Zuerst wollte Jane ihm ihre Hände wieder entziehen, aber sie unterdrückte diesen plötzlichen Impuls und merkte, dass ihr der Körperkontakt eigentlich ganz gut gefiel. Ihr fiel auf, wie stark seine Hände wirkten und dann glaubte sie, dass schon einmal gedacht zu haben.
    ¨Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist, Lola. Das mit Ish hätte echt schief gehen können.¨, meinte er ungewohnt leise.
    Diesen sanften Ton hörte sie auch nicht zum ersten Mal, aber trotzdem kam es ihr so vor, als sei es etwas Besonderes. Normalerweise war er nicht der Typ für solche Gespräche. Und dann sah sie es. Die Erinnerung an jenen Abend auf der Erde, als James sie zurück in ihr Zelt gebracht hatte. Sie hatten geredet, sie hatte sich viel zu weit aus dem Fenster gelehnt, an ihn gekuschelt und er hatte sie geküsst. Er dachte doch jetzt nicht wirklich...
    Sie musste das beenden. Sofort.
    ¨James. Lass das.¨, meinte sie streng.
    Er sah ihr für den Bruchteil einer Sekunde verletzt in die Augen und wandte den Blick dann von ihr ab.
    ¨...Empfindest du etwas für mich, Jane?¨, fragte er ruhig.
    Sie schwieg einen Moment lang.
    ¨Ja. Aber es ist nicht das, was ich für Garrus empfinde. Ich mag dich, James, aber mehr kann ich dir nicht anbieten.¨, erwiderte sie leise, entschuldigend.
    Sie erinnerte sich an Kaidan. Ihm hatte sie schon ziemlich früh klar gemacht, dass sich zwischen ihnen nie etwas ergeben würde. Aber James hatte sie Hoffnungen gemacht. Und das nur weil sie betrunken gewesen ist. Am liebsten hätte sie sich nun selbst eine Ohrfeige verpasst. Wie blöd musste sie eigentlich gewesen sein? Es tat ihr unheimlich leid, das so beenden zu müssen.
    Beide schwiegen wieder und Jane merkte, dass es ihm nun unangenehm war, ihre Hände zu halten. Aber Jane wollte, dass ihre Freundschaft blieb. Also drückte sie seine Hände etwas fester.
    ¨Tut mir Leid, Lola. Ich wollte nie...¨, begann er, ließ den Satz aber unvollendet.
    Sie schüttelte schnell den Kopf. ¨Es ist nicht deine Schuld. Ich glaube, ich habe mich ziemlich... Falsch verhalten.¨, erwiderte sie, ¨Mir tut es leid, James.¨, sie seufzte. ¨Ich bin dankbar, dass du da warst. Ich glaube, ich hätte das ohne dich nicht so gut durchgestanden. Daher... Es tut mir leid. Dass ich so... ¨, sie wollte es nicht dumm nennen, sich von ihm küssen zu lassen war schließlich nicht unbedingt unangenehm gewesen, ganz im Gegenteil, ¨...ich hätte es nicht zulassen dürfen.¨
    Er lächelte leicht, aber sie sah, dass es nur gespielt war.
    ¨Schon gut, Lola.¨, erwiderte er.
    Jane brach es fast das Herz, zu sehen, wie sehr sie ihn damit verletzte.
    ¨Es tut mir Leid, James.¨, war alles was sie noch sagen konnte.
    Er nickte nur stumm und verließ dann ihr Zimmer.
    Sie hatte mit ihm reden wollen um das zu klären und jetzt fühlte sie sich schlimmer wie je zuvor.

    Miranda wartete angespannt vor Janes Kabine, bis James heraustrat und ihr einen ungewöhnlich traurigen Blick zu warf, bevor er mit einem ¨Hey Bonita Señora¨ an ihr vorbei ging. Die Agentin sah ihm noch einen Augenblick lang rätselnd hinterher, bevor sie Shepards Zimmer betrat und die nicht weniger erschütterte Jane auf ihrem Bett sitzen sah. Hatten sie sich eben gestritten? Dafür waren aber beide ziemlich leise gewesen.
    ¨Ist... Alles in Ordnung, Commander?¨, fragte Miranda besorgt.
    Jane schüttelte den Kopf und machte eine wegwerfende Handbewegung. ¨Schon gut, setzten Sie sich.¨, erwiderte sie und seufzte. ¨...mir ist aufgefallen, dass Sie gestern so gesprochen haben, als hätten Sie gewusst, was passieren würde. Was verheimlichen Sie mir, Miranda?¨, fragte Jane. Sie hatte diese ganze Situation mit James so satt. Sie fühlte sich furchtbar und irgendwie begrüßte sie nun Mirandas Anwesenheit. Sie würde sie auf andere Gedanken bringen und Jane könnte sich später Vorwürfe machen. In den letzten Monaten hatte sie sowieso mehr als genug davon gehabt.
    Miranda schien nicht genau zu wissen, wovon Shepard sprach. Sie setzte sich neben sie und schwieg erst mal ein paar Minuten.
    ¨Als ich Cerberus verlassen habe, habe ich so viel wie möglich mitgenommen. Es waren hauptsächlich Informationen über geheime Einrichtungen, Forschungsprojekte. Aber das war nicht alles. Es gab da ein paar... Heiklere Informationen und ich schätze, dass der Unbekannte mich vermutlich deswegen unbedingt aus dem Weg schaffen wollte. Ich musste mich verdeckt halten, Shepard und ich hatte nur wenig Gelegenheit mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Ich hatte bereits damals den Verdacht, dass der Unbekannte indoktriniert war. Außerdem gab es da diese Datei...¨, Miranda verstummte und tippte auf ihrem Universalgerät herum. ¨Sie hatte eine extrem hohe Codierung und ich konnte sie nur mühsam entschlüsseln. Aber was dabei herauskam... Ich konnte es Ihnen nicht mehr sagen, Sie waren bereits auf der Erde und auf dem Weg zur Citadel.¨, erklärte sie angespannt.
    Jane sah die schwarzhaarige Frau neben ihr irritiert an. ¨Und... Was war das für eine Datei?¨, hakte sie nach.
    ¨Shepard. Ich wusste was der Katalysator ist und was er auslösen würde.¨, erklärte sie. Jane musterte Miranda einige Sekunden lang mit einem ausdruckslosen Blick.
    ¨Dann wussten Sie von den drei Optionen... Die mir der Katalysator angeboten hatte?¨
    Die Agentin schwieg wieder.
    ¨Antworten Sie mir, Miranda.¨, befahl Jane schon beinahe.
    ¨So genau wusste ich es nicht, Shepard. Ich habe lediglich gehört, wie die Reaper Sie im Austausch mit dem Unbekannten erwähnten.¨
    Dieses Mal war es an Jane zu schweigen. Sie hatte ja gewusst, dass die Reaper sie kannten, ihren Namen benutzten, aber dass sie allem Anschein nach so eine große Rolle gespielt hatte...
    ¨Was haben sie über mich gesagt?¨, fragte sie und ihr kam wieder der unangenehme Gedanke, dass sie bis heute vielleicht nur ein Spielzeug der Reaper war. Vielleicht hatten sie ja doch irgendetwas bei ihr hinterlassen. Sie fürchtete sich vor dem Moment, wenn Mordin ihr die Testergebnisse mitteilen würde. Sie wollte gar nicht mehr so genau wissen, was mit ihr nicht stimmte.
    ¨Es wäre dumm, Ihnen das zu sagen, Sie haben genug durchgemacht, Shepard.¨, meinte Miranda zögernd.
    ¨Was soll der Scheiß, Miranda? Das einzige was ich will sind Antworten.¨, erwiderte Jane energisch. Sie hatte genug davon, von allen immer nur in Watte gepackt zu werden. Sie war Commander Shepard verdammt noch mal und sie war schon mit ganz anderen Dingen fertig geworden. Wie kamen die Leute in ihrer Umgebung nur dazu, ihr ständig Informationen vorenthalten zu wollen?
    ¨...Gut, wie Sie möchten.¨, Miranda seufzte, ¨Die... Reaper hatten dem Unbekannten befohlen, Sie auf die Citadel zu bringen.¨, erzählte sie und sah dabei auf den Boden. Sie wollte nicht wissen, was Jane in diesem Moment dachte. Diese Information könnte alles verändern.
    Jane war sprachlos. Zumindest für einige unerträgliche Sekunden. Sollte das etwa heißen, das...
    ¨...dann war das alles manipuliert? Der beschissene Strahl, der Reaper, der ihn beschützt hatte... Er hat mich absichtlich nur gestreift, damit ich es noch auf die Citadel schaffe? Und Anderson, wieso hat dann er...¨, sie verstummte. Natürlich, mit Anderson hatten sie nicht gerechnet. Er hatte ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wozu auch immer sie Jane hatten haben wollen, es hatte nicht funktioniert, weil Anderson da gewesen ist. Nur wegen ihm, hatte sie es geschafft, den Unbekannten zu erschießen, die Arme der Citadel zu öffnen. Der Captain hatte sie alle gerettet, nicht sie. Jane schüttelte fassungslos den Kopf.
    ¨Shepard.... Ich kann Ihnen nichts davon bestätigen. Das einzige, das ich weiß ist, dass der Unbekannte an Ihrer Stelle sein wollte.¨, erklärte Miranda ruhig.
    Jane antwortete nicht mehr.
    ¨...Was hatte der Katalysator von Ihnen gewollt?¨
    Sie hörte ihre eigene Stimme kaum, antwortete Miranda automatisch, erzählte von den drei Möglichkeiten, die Reaper zu kontrollieren, zu zerstören oder die Synthese von organischem und synthetischem Leben. Sie erklärte, dass sie sich erinnerte, wie sie geschossen hatte, zurückgeschleudert wurde und dann alles schwarz wurde. Und dann schwieg sie wieder, dachte daran, was Miranda eben gesagt hatte. Dieser ganze verdammte Mist war manipuliert gewesen und sie hatte überhaupt nichts davon gewusst.
    ¨Hat... Der Katalysator noch etwas anderes zu Ihnen gesagt?¨, fragte Miranda. Es war beinahe unheimlich diesen abwesenden Blick in Janes Augen zu sehen.
    ¨...eine andere Bedrohung.¨, murmelte Shepard. Sie legte das Gesicht in die Hände und seufzte. Warum konnte nicht einfach alles endlich gut werden? Was musste sie denn noch tun um endlich wenigstens ein bisschen Frieden zu haben?
    ¨Eine andere Bedrohung? Was ist damit gemeint?¨
    Jane schüttelte den Kopf. ¨Ich weiß es nicht, Miranda, ich erinnere mich nur schlecht an das Gespräch und um ehrlich zu sein bin ich mir nicht einmal sicher ob es überhaupt stattgefunden hat oder ob ich es nur geträumt habe.¨, erklärte Jane frustriert. Inzwischen wollte sie nichts anderes als ihre Ruhe.
    ¨Das ist... Ich werde dieser Sache nachgehen, Shepard. Sie sehen müde aus, ich denke Sie sollten noch ein wenig schlafen¨, schlug Miranda vor und stand auf.
    ¨Nein, ich habe schon genug geschlafen.¨, erwiderte Jane mürrisch und stand ebenfalls auf. Sie musste sich bewegen. In den letzten Monaten hatte sie kaum irgendwelches körperliches Training gehabt. Das musste sie dringend nachholen. Außerdem lenkte sie sich gerne mit etwas Sport ab, wenn sie gerade derart aus der Bahn geworfen wurde. ¨Außerhalb davon kann ich nicht still sitzen, ich will endlich meine Crew retten.¨, erklärte Jane. Miranda nickte, sagte, dass sie das so weitergeben würde und verschwand dann aus dem Zimmer.
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  5. #45
    Newbie Avatar von xsm4sh3r
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    as always super geschrieben und warte schon sehnsüchtig auf mehr

  6. #46

    Standard

    Vielen Dank, xsm4sh3r!!

    Kapitel 28: Wiedersehen

    Wie gelähmt. Unfähig sich zu bewegen oder zu denken. Für sie war das alles wie in Zeitlupe geschehen. Sie sah wie Kai Leng, sein Schwert hob und es Thane in die Brust rammte. Die blutverschmierte Spitze, die aus dem Rücken des Drell ragte. Und Commander Shepard hatte nur dabei gestehen und zu gesehen, wie das von statten gegangen war.
    Dumm. So unglaublich dumm.
    Sie seufzte, schloss die Augen und ließ sich auf das Sofa nieder. Im oberen Teil des Apartments befand sich Gott sei Dank niemand. Endlich ein wenig Ruhe, Abstand von mitleidigen Blicken ihrer Crew. Die anderen wussten, wie nahe sie und Thane sich gestanden haben und ihr Mitleid schmerzte. In Janes Augen hatte sie es gar nicht verdient bemitleidet zu werden, es war ihre Schuld und das wusste sie. Warum hatte sie nicht reagiert? Warum hatte sie nur zugesehen?
    Sie schüttelte den Kopf und sah auf das Datenpad mit Thanes Bild herab. `Er hatte einen Sohn, verdammt. Einen Sohn.`, dachte sie frustriert. Jane war es sich nicht gewohnt Kameraden zu verlieren. Sie erinnerte sich an Ashleys Tod. Obwohl sie sich auch dafür die Schuld gab, hatte sie sich damals viel mehr leer als schuldig gefühlt. Sie hatte eine Entscheidung treffen müssen und war dazu gezwungen worden, jemanden zurückzulassen.
    Aber bei Thane war es anders.
    Sie hatte sich nicht rühren können, war da gestanden wie erstarrt. `Warum?`, fragte sie sich immer wieder. Sie hatte noch nie einen Kameraden so im Stich gelassen wie ihn. Wie hatte sie nur...
    ¨Shepard.¨
    Jane sah auf. Samara. Gut, wenigstens waren es nicht Tali oder Garrus. Damit wäre sie nun wirklich nicht klar gekommen. Sie wollte kein Mitleid, sie hatte Thanes Tod zu verschulden. Hätte sie ihre Waffe gezogen auf Leng gezielt während er gegen ihn gekämpft hatte... Es hätte alles ganz anders kommen können.
    Die Justikarin musterte Jane und in ihrem Blick lag kein Mitleid sondern nur Trauer. Shepard hatte mitbekommen, dass Samara und Thane des Öfteren gemeinsam meditiert hatten. Vermutlich waren sie auch gute Freunde gewesen.
    ¨Kann ich mich zu Ihnen setzen?¨, fragte sie und Jane glaubte zu wissen, dass die Justikarin auch lieber etwas mehr für sich sein wollte.
    Jane mochte Samara. Sie konnte mit ihr manchmal auch einfach nur da sitzen und schweigen. Es war nie unangenehm, sondern viel mehr ein stilles Übereinkommen, dass jedes Wort unnötig war.
    Der Commander nickte und die Asari setzte sich neben sie.
    ¨Ich weiß, was Sie jetzt denken, aber es war nicht Ihre Schuld.¨, meinte sie in ihrer gewohnt leisen Stimme.
    Jane erwiderte darauf nichts. Sie hatte das von Garrus, Kaidan und Tali gehört. Sie alle hatten gesagt, Jane trüge daran keine Schuld. Es war Kai Leng, der Thane umgebracht hatte. Sie sollte ihre Wut auf ihn konzentrieren, nicht auf sich selbst. Jane schüttelte nur leicht den Kopf.
    ¨Sie klingen schon wie die anderen...¨, erwiderte sie ebenso leise und biss sich konzentriert auf die Lippe. Jane hasste es über solche Sachen zu sprechen. Sie spürte förmlich wie ihre Stimme brach, die Tränen sich ihren Weg nach außen suchten und Jane als genau das zeigten was sie war: ein einfacher Mensch. Sie wollte keine Schwäche zeigen und weil sie wusste, dass sie anfangen würde zu weinen, wenn sie noch länger sprach verstummte sie und horchte einfach nur dem regelmäßigem Atem der Justikarin.
    ¨Mag sein.¨
    Jane zuckte etwas zusammen, als sie Samaras Hand auf ihrer spürte. Die Wärme, die von ihr ausging. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie ausgekühlt ihr Körper war. Vermutlich ein weiterer Fakt den sie ihrer Wut zuzuschreiben hatte.
    ¨Mein...Bindungspartner hatte einen Unfall. Ich habe zwei meiner Töchter verloren.¨, begann sie und Jane sah sie nun doch sehr erstaunt an. Samara war schweigsam. Sehr schweigsam. Sie sprach eigentlich nie viel über ihre Vergangenheit und Jane war schon extrem überrascht gewesen, als sie ihr von ihren Töchtern erzählt hatte. Und selbst über Morinths und Rilas Tod hatte sie nicht viel gesprochen. Aber von ihrem Partner hatte sie noch nie etwas gehört. ¨Wir haben uns gestritten und dann ging er. Ein paar Stunden später bekam ich die Nachricht von seinem Tod. Ich hätte früher nach Lesuss kommen können und Rila wäre jetzt nicht tot. Sie war... Sie hat nie jemanden verletzt, wissen Sie? Rila hatte den Tod nicht verdient.¨, setzte sie fort. ¨Ich habe lange daran geglaubt, dass ich diesen Unfall hätte verhindern können, dass der Tod meiner Töchter meine Schuld ist. Inzwischen weiß ich, dass es nicht an mir ist, mich schuldig zu fühlen.¨, die Justikarin wandte ihren Blick an Jane, die angefangen hatte zu weinen. Sie hielt Samaras Hand und ihr Griff wurde noch um einiges fester als sie schluchzte. ¨Commander, es gibt Dinge, die geschehen müssen. Es wird nie jemanden geben, der sie uns erklären kann. Aber sie passieren. Ich weiß, es ist ein schreckliches Gefühl, aber sie haben Freunde die für Sie da sind.¨, Samara versuchte Jane anzusehen. Sie hatte ihren Commander noch nie so gesehen. Seltsamerweise erinnerte Jane sie auch ein wenig an Falere. Die Justikarin drückte Janes Hand noch etwas fester. ¨Sie haben nichts falsch gemacht. Ich habe Thane kennen gelernt und Sie haben ihm sehr viel bedeutet. Er hat nie einen Groll gegen Sie gehegt, Commander. Er wollte, dass Sie am Leben bleiben.¨
    Jane zitterte. Sie legte das Datenpad auf den Tisch und schluchzte.
    Sie wusste, dass er ihr nie die Schuld für seine Verletzung gegeben hatte. Er hatte sogar für sie gebetet. Für sie! Obwohl er im sterben lag! Jane konnte kaum glauben, wie aufrichtig er gewesen ist. Der Gedanke daran, wie er auf diesem Krankenbett gelegen hatte, sie mit seinen dunklen Augen fixiert hatte...
    ¨Shepard.¨, sagte Samara wieder, aber Jane reagierte nicht darauf. Schließlich kniete die Justikarin vor ihr und nahm sie in ihre Arme. Etwas, dass sie seit sehr langer Zeit nicht mehr getan hatte. Samara erinnerte sich an ihre Kinder, an ihren Bindungspartner. Wie lange das wohl her war...? Und nun Jane. Die erste richtige Freundin die sie gefunden hatte, seit sie Justikarin war. Und sie litt, wusste nicht wie sie mit dem Tod ihres Freundes umgehen sollte. ¨Ist schon gut.¨, flüsterte sie und drückte ihre Freundin etwas näher an sich. Samara wusste mehr über Shepard als ihr lieb war. Wie viel sie bereits verloren hatte. Und sie wusste auch, dass sie Jane nicht versprechen könnte, dass Thane der letzte Freund war, den sie verloren hatte. Sie befanden sich in einem Krieg gegen beinahe zu unbesiegbare Gegner.
    Jane weinte, Samara wusste nicht wie lange, aber sie war froh, dass so lange niemand zu ihnen stieß. Wahrscheinlich hätte Jane auch jeden anderen weggeschickt. Es fühlte sich beinahe schon wie eine Ehre an, bei ihr bleiben zu dürfen. Nach einigen Minuten hatte sie sich ein wenig beruhigt und Samara setzte sich wieder neben sie auf das Sofa.
    ¨Sie haben viel durchgemacht. Ich weiß, es ist schwer, aber glauben Sie mir, es war nicht ihre Schuld.¨, sagte sie wieder leise.
    Dieses Mal war es Jane, die ihre Hand suchte.
    ¨Aber...¨, sie schloss die Augen, strich sich eine nasse Strähne hinter das Ohr. ¨Ich habe nichts getan, Samara. Ich... Ich stand nur da, sah zu, wie Leng ihn...¨, sie verstummte wieder. Kalt. Hatte sie Glyph nicht gesagt, er solle die Raumtemperatur im Auge behalten? Sie zitterte, bemerkte das unangenehme, leere Gefühl in ihrem Magen. Wann hatte sie zuletzt etwas gegessen? Sie wusste es nicht. Vermutlich würde sie das auch gar nicht bei sich behalten.
    ¨ Dann wissen Sie, dass Leng die Waffe hielt, mit der er Thane verletzte. Nicht Sie.¨, erwiderte die Justikarin.
    Jane schwieg wieder.
    ¨Commander, es ist in Ordnung zu trauern, aber tun Sie das nicht alleine. Ihre Freunde sorgen sich um sie. Stoßen Sie sie nicht weg.¨, fügte sie liebevoll hinzu und lächelte Jane ehrlich an. ¨Sie sind für sie da. Genau wie ich.¨
    Jane erwiderte ihren Blick und versuchte ebenfalls wenigstens ein bisschen zu lächeln.
    ¨Danke...¨, murmelte sie und hätte sich nun am liebsten wieder an Samara gelehnt, aber das traute sie sich nicht wirklich. Irgendwie wirkte die Justikarin auf sie manchmal ziemlich distanziert.
    Samara allerdings schien entweder Gedanken lesen zu können, oder Jane stand das Bedürfnis nach einer weiteren Umarmung so offensichtlich ins Gesicht geschrieben, dass sie es selbst nicht einmal bemerkt hatte. Jedenfalls zog Samara sie wieder in ihre Arme und hielt sie einige weiter Minuten einfach nur fest. Sie schwiegen beide und Jane war so dankbar, dass die Justikarin nun bei ihr war.
    Jane hatte die Trauerfeier kaum ausgehalten. Sie war ständig kurz davor gewesen zu weinen und schließlich hatte sie sich einfach davon geschlichen um im oberen Stockwerk etwas alleine zu sein. Es hatte sich richtig angefühlt, die anderen nicht länger um sich zu haben und Shepard hatte auch gedacht, diese Einsamkeit nun zu brauchen, aber jetzt, wo sie so nahe neben Samara saß, die sie beschützend und tröstend in ihre Arme genommen hatte, bemerkte Jane nur noch diese seltsame Müdigkeit die über sie kam. Sie schloss wieder ihre Augen.
    ¨Commander?¨, fragte Samara sanft, bekam aber keine Antwort mehr. Die Justikarin lächelte leicht. Vielleicht würde ihr etwas Schlaf auch ganz gut tun. Die letzten Tage mussten hart gewesen sein.
    ¨Samara.¨
    Die Asari sah erstaunt auf. Sie hatte ihn gar nicht kommen gehört.
    ¨Garrus.¨
    Der Turianer warf einen kurzen, besorgten Blick auf Shepard.
    ¨Sie schläft.¨, erwiderte Samara.
    Garrus nickte.
    ¨Ich bringe sie in das Schlafzimmer.¨, schlug er vor und kam zu den beiden Frauen. Samara nickte. Sie bewunderte Garrus` unerwartete Fürsorglichkeit und Vorsicht, wie sanft er Jane berührte.
    ¨Sie hat geweint.¨, stellte er fest. Samara bemerkte seinen konsternierten Blick. Wahrscheinlich fragte er sich, warum Jane nicht zu ihm gekommen war.
    ¨Ja, aber ich glaube, es geht ihr nun besser.¨, bestätigte die Justikarin und beobachtete den Turianer, wie er Jane langsam in das Schlafzimmer trug. Sie folgte ihm, musterte ihn, konnte das Erstaunen, dass sie über seine sanfte Art empfand nicht unterdrücken. Sie hatte viel gesehen in ihrem langen Leben, aber einen Turianer der einen Menschen liebte, noch nie aus der Nähe beobachtet.
    ¨Das hoffe ich.¨ , erwiderte er und Samara musste kurz nachdenken, worauf er sich damit bezog, bis ihr wieder einfiel, was sie eben gesagt hatte.
    ¨Sie sollten bei ihr bleiben. Sie braucht jemand, wenn sie wieder aufwacht.¨, meinte die Justikarin leise.
    Garrus warf ihr noch einen kurzen, überraschten Blick zu. ¨...Gut.¨
    Samara wollte den Raum verlassen, blieb aber noch in der Türe stehen und sah den Turianer mit seiner menschlichen Partnerin noch einen Moment lang an. ¨Beschützen Sie sie, Garrus. Und sterben Sie nicht, ich glaube, das würde sie wirklich nicht verkraften können.¨, sagte sie, genoss den irritierten Ausdruck in Garrus´ Gesicht und verließ dann das Apartment.


    Jane lehnte den Kopf nach hinten und sah an die Decke des Fahrstuhls. Einerseits wollte sie unbedingt zu ihren Freunden, sie retten, wiedersehen, aber andererseits fürchtete sie sich so sehr vor dem Moment, falls etwas in der Zwischenzeit schief gelaufen sein sollte. Was, wenn Garrus tot war? Oder Tali? Oder Liara? Sie schüttelte den Kopf, versuchte den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken, das eklige, knotige Gefühl in ihrer Brust zu ignorieren. Die Erinnerung an Thanes Gedenkfeier war so schmerzhaft. Jane dachte an Samara und wie erwachsen sie mit der Situation umgegangen war, wie überraschend fürsorglich sie gehandelt hatte und wie wohl sich Jane bei ihr gefühlt hatte. Die Justikarin hatte etwas erstaunlich Taktvolles an sich und das, obwohl sie immer so kalt und distanziert gewirkt hatte.
    Jane schloss die Augen. Sie wusste nicht einmal ob Samara noch in dem Kloster war. Ob Falere es geschafft hatte. Hoffentlich war alles gut gegangen.
    Die Aufzugtüren öffneten sich und brachten Jane wieder zurück in die Realität. Richtig, sie war auf Hacketts Schiff. Und sie würde ihn nun bitten, in den Pylas-Nebel nach Zaherin zu fliegen um ihre Freunde zu retten. Der General stand vor der Galaxiekarte und diskutierte eben noch mit seinem Yeoman. Jane räusperte sich verlegen und Hackett wandte sich sofort an sie. Er deutete seinem Assistenten ihn mit Jane allein zu lassen. Der junge Mann gehorchte und verschwand schnell um die Ecke.
    ¨Commander, ich hoffe Sie haben sich gut erholt.¨, begrüßte er sie und lächelte erleichtert. Jane war zwar immer noch weit entfernt davon, frisch und gesund auszusehen, aber immerhin schien sie nicht mehr ganz so labil zu sein, wie bei ihrer Ankunft auf seinem Schiff.
    ¨Ja, danke General. Ich hätte da eine Bitte...¨, begann sie und der General sah sie sofort interessiert an. ¨Wir haben auf der Erde ein Notsignal der Normandy empfangen. Ich möchte Sie bitten, den Planten Namakli anzupeilen. Ich möchte meine Crew retten.¨, erklärte Jane und versuchte seinem strengen Blick Stand zu halten.
    ¨Geben Sie mir die Koordinaten, Commander, wir machen uns sofort auf den Weg.¨, stimmte er zu und Jane fiel ein Stein vom Herzen.
    Der General brüllte ein paar Befehle und gab die Koordinaten an seinen Piloten weiter. Währenddessen ging Jane zurück zum Aufzug und traf zwei Stockwerke tiefer auf Jack. Die Biotikerin hielt ein Datenpad in der Hand und trat lesend ebenfalls in den Fahrstuhl.
    ¨Hey, Jack.¨, begrüßte Jane ihre Freundin.
    ¨Shep.¨, erwiderte sie bloß und hob ihren Blick nicht von dem Datenpad.
    ¨...Haben Sie gerade ein bisschen Zeit?¨, fragte der Commander. Sie wollte nicht zugeben, dass sie sich nutzlos fühlte und im Moment ungern alleine wäre. Sie hoffte einfach, dass Jack sie verstehen würde und nicht weiter nachhaken würde.
    ¨Klar.¨, entgegnete die Biotikerin ruhig und folgte Jane in ihr Quartier. ¨Was ist eigentlich mit Ihnen passiert?¨, fragte sie und ließ sich auf Janes Bett fallen. Es war um einiges gemütlicher als ihres in den Manschaftsquartieren und sie fragte sich, warum Jane eigentlich immer eine Sonderbehandlung bekam. Nur weil sie Commander war? Unfair.
    ¨Was genau meinen Sie?¨, fragte Jane und legte sich neben Jack auf das Bett.
    Die Biotikerin warf das Datenpad auf den Boden und sah Jane mit gerunzelter Stirn an. ¨Was meine ich wohl? Die Erde natürlich. Ich hab Sie nie drauf angesprochen weil der Spanier gemeint hat, ich sollte Sie in Ruhe lassen. Sie haben da ja anscheinend sechs Monate irgendwo rumgelegen, halb tot. Das klingt so absurd, dass ich es einfach nicht glauben kann. Ich traue Ihnen viel zu, Shep, aber nicht, dass sie so eine krasse Scheiße ohne bleibende Schäden überleben.¨, erklärte sie.
    Jane schwieg eine Weile. Sie wusste ja selbst nicht was passiert war.
    ¨Ganz ehrlich, Jack? Ich habe keine Ahnung. Ich schätze, dass dieser Katalysator irgendetwas mit meinem Überleben zu tun hat. Aber mehr kann ich dazu auch nicht sagen. Ich wüsste auch gerne, was passiert ist, glauben Sie mir es ist unheimlich wenn man weiß, dass irgendetwas mit einem nicht stimmt.¨, erwiderte Jane. Sie sah nachdenklich an die Decke und fragte sich, ob Jack ihr gleich an die Gurgel gehen würde. Jack mochte schließlich keine ungenauen Antworten.
    ¨Das kann ich besser nachvollziehen, als ihnen vermutlich bewusst ist.¨, entgegnete die Biotikerin und schloss die Augen. Sie erinnerte sich nur zu gut an die vielen Experimente, das Gefühl der Einsamkeit, die Gedanken, die sich wie kleine Käfer durch ihr Gehirn kämpften und Erinnerungen hinterließen, die sie so schnell nicht vergessen würde. Sie wusste nur zu gut, wie es Jane momentan ging. Und obwohl sie seit Jahren niemanden mehr an sich heran gelassen hatte, fühlte sie eine gewisse Verbundenheit zu ihrem Commander.
    ¨Hey.¨, sagte sie schließlich.
    ¨Hm?¨, erwiderte Jane leise.
    ¨Ich find das gar nicht so schlecht. Immerhin bin ich dann nicht der einzige Psycho hier an Bord. Danke für die Gesellschaft, Shepard.¨, erklärte Jack und grinste Jane verschmitzt an.
    ¨Keine Ursache, Jack.¨, erwiderte Jane und grinste ebenfalls. Das war etwas, dass sie an der Biotikerin wirklich mochte. Es herrschte nie eine unangenehme Stille zwischen ihnen, entweder man sagte etwas oder eben nicht. Es war nie seltsam. Vermutlich hatte Jack ihr mit ihrem Kommentar eben auch irgendwie auf eine verrückte Art und Weise ein Kompliment gemacht. Jane lächelte über diesen Gedanken, sprach ihn lieber aber gar nicht aus. Sie wusste, dass Jack nie dazu stehen würde ihr eben ein Kompliment gemacht zu haben.
    ¨Hey, ähm... Möchten Sie mit mir runter nach Namakli kommen? Ich hätte Sie gerne in meinem Team wenn wir die anderen evakuieren.¨
    Jack sah wieder an die Decke.
    ¨Klar. Aber wenn Sie Garrus wiedersehen, möchte ich nicht dabei sein. Ich bin offen für vieles Shepard, aber wie sie mit ihrem Turianer rumvögeln muss ich wirklich nicht sehen.¨, stimmte Jack zu und brachte Jane wieder zum Lachen.
    ¨Sie sind wirklich eine faszinierende Frau, Jack.¨, meinte Jane grinsend.
    ¨Faszinierend, hm? Sie sind die erste, die so etwas zu mir sagt. Nichts für ungut, Shep, aber ich bin nicht interessiert. Außerdem scheinen Sie ja auf härtere Sachen zu stehen.¨, Jack grinste ebenfalls als Jane wieder anfing zu lachen.
    ¨So war das auch nicht gemeint, Jack. Übrigens, finden Sie nicht auch, dass diese Förmlichkeiten vollkommen unnötig sind?¨, meinte Jane und saß auf.
    ¨Tatsache. Also, Lola, so nennt James dich doch, wie wär´s mit ein bisschen Sparring im Hangar? Ist bestimmt ein gutes Training nach so langer Zeit.¨, schlug Jack vor und stand auf. Jane nickte nur lächelnd und folgte der Biotikerin dann aus dem Raum.

    Es war ein seltsames Gefühl. Fremd, ungewohnt. Nach so langer Zeit wieder eine Panzerung anzulegen, die ihr wie angegossen passte. Jane bewunderte die feine Ausarbeitung des Metalls und wunderte sich über das leichte Gewicht. Jack hatte auch eine Panzerung bekommen, sie schien damit aber überhaupt nicht zufrieden zu sein. Die junge Frau mochte ihren Körper, die Tattoos. Sie zeigte gerne, was sie hatte, aber letzten Endes hatte Jane sie davon überzeugen können, die Panzerung anzulegen. Es sei nur zu ihrer eigenen Sicherheit.
    Der Planet Namakli war im Grunde genommen nichts Besonderes. Jane war unsagbar froh, dass er für organisches Leben mehr als nur geeignet war. Warum bisher noch keine Spezies eine Kolonie darauf hatte, war Jane ein Rätsel. Vielleicht lag es auch daran, dass der Planet nicht unbedingt viel wertvolle Ressourcen zu bieten hatte. Hauptsächlich Iridium und Palladium. Aber im Moment spielten Ressourcen ja auch keine sonderlich große Rolle. Es ging viel mehr um das Überleben allgemein. Und das war auf anderen Planeten, die nicht halb so weit weg waren genauso gut möglich.
    Jane war nervös. Als sie das letzte Mal auf einem derart tropischen Planeten gelandet waren, hatte sie Tali und Garrus dabei gehabt. Tali hatte sich über die vielen Insekten beschwert, die um einiges größer waren wie auf der Erde und Jane hatte sie nur immer wieder damit beruhigen wollen, dass sie nur hier waren um eine abgestürzte Sonde zu untersuchen und bald wieder gehen würden. Garrus hatte der Planet gefallen. Er hatte immer wieder gemeint, wie angenehm warm es dort gewesen ist und warum Shepard nicht öfter Missionen auf solchen Planeten annahm. Sie hatte nur mit dem Kopf geschüttelt und gesagt, dass sie sich das nicht aussuchen konnte.
    Jack riss Jane wieder aus ihren Gedanken als sie ihr behutsam eine Hand auf den Arm legte. ¨Alles klar?¨, fragte sie leise und Jane merkte erst jetzt, dass ihre Hände zitterten.
    ¨Ja. Danke.¨, erwiderte sie schnell und rüstete ihre letzten Waffen aus.
    ¨Shepard.¨
    Jane sah überrascht zu Mordin.
    ¨Alles in Ordnung?¨, fragte sie schnell und merkte, wie ihr ganz heiß wurde. Wusste er nun, was mit ihr nicht stimmte?
    ¨Empfehle den anderen Crewmitgliedern nicht sofort zu sagen, wie viel Zeit vergangen ist. Könnte womöglich zu einem Schock führen.¨, meinte er in seinem gewohnt ruhigen Tonfall und Jane atmete erleichtert aus.
    ¨Verstanden, danke Mordin.¨, erwiderte sie. Der Professor nickte nur und verließ wieder die Shuttlebucht.
    Cortez saß bereits im Shuttle und unterhielt sich noch ein wenig mit James, bis Jane, Jack und Wrex hinzustießen.
    ¨Wie sieht´s aus, Lieutenant?¨, fragte Jane an ihren Piloten gewandt.
    ¨Wir können die Koordinaten nicht direkt anfliegen, dafür ist die Landefläche viel zu klein, daher werden wir sie ein bisschen weiter weg absetzen. Sie müssen einfach nur nach Norden gehen, dann müssten sie theoretisch direkt auf die Normandy zu laufen.¨, erklärte Cortez und flog aus dem Hangar.
    Jane musste sich festhalten um nicht hinzufallen. Sie war sich diese Shuttles einfach nicht mehr gewöhnt. Shepard war froh nach wenigen Minuten endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Der Planet bot einen unglaublichen schönen Anblick. Jane musterte ihre Umgebung mit einem faszinierten Ausdruck.
    Wrex, Jack und James schienen mindestens genauso begeistert zu sein. Nach Allem was sie über den Planeten von Liara gehört hatte, hatte sie eigentlich gedacht, er wäre über und über mit außerirdischen Pflanzen überwuchert. Sie blieb einige Sekunden lang stehen und versuchte sich das schöne Bild, das ihr das Tal vor ihr bot einzuprägen. Im Prinzip hatte es den Rest ihrer Crew eigentlich ganz gut erwischt.
    Schließlich riss sie sich los und deutete ihrem Squad ihr zu folgen. Jane war aufgeregt, vielleicht sogar etwas zu sehr. Shepard führte ihren Squad in den Wald. Sie lief langsam voraus, immer darauf bedacht auf einen ihrer Freunde zu treffen. Jane wusste nicht, wie lange sie sich schon durch die ganzen Pflanzen kämpften ohne das irgendetwas Nennenswertes geschah, aber dann hörte Jane ein Rascheln und verharrte sofort in der Bewegung. Sie gab ihren Leuten ein kurzes Zeichen, sich ein bisschen zurückzuziehen. Sie zog ihr Präzisionsgewehr und sah durch den Diopter.
    Jane hielt den Atem an. Das war Talis Tochter!
    Die kleine Quarianerin kniete auf dem Boden und hielt etwas seltsam Rundes in der Hand. Jane beobachtete das Mädchen, wie sie schließlich aufstand und die undefinierbare Frucht einer anderen Person in die Hand drückte.
    Kaidan.
    Jane sprang ohne Vorwarnung auf, steckte ihr Präzisionsgewehr weg und lief direkt auf ihren Major zu. ¨Kaidan!¨, rief sie begeistert und umarmte ihn. Er schien vollkommen überrumpelt zu sein, denn er erwiderte die Umarmung erst nach einigen Sekunden, in den er nur fassungslos den Rest der Truppe mustern konnte.
    Talis Tochter war erschrocken und versteckte sich hinter Kaidan.
    ¨Geht es dir gut? Was ist passiert? Kaidan, du musst mir alles erzählen.¨, meinte Jane schnell. Da waren so viele Dinge, die sie ihn fragen wollte, so viel was sie einfach wissen musste. Aber am Wichtigsten waren erst einmal die anderen.
    Wrex schlug Kaidan zur Begrüßung auf die Schulter und James nickte dem Major nur anerkennend zu. Jack sagte nicht viel. Sie verzog nur immer wieder das Gesicht und murmelte, wie eng diese blöde Panzerung doch sei. Kaidan war in den ersten Minuten vollkommen sprachlos. Es dauerte eine Weile, bis er wusste, was er sagen konnte.
    ¨Ich hätte nicht gedacht, dass du noch kommen würdest. Wir sitzen hier schon ewig fest.¨, meinte er an Jane gewandt.
    Der Commander sah betroffen zu Boden. Ja, das wusste sie.
    ¨Hey, wir sind so früh gekommen wie wir konnten.¨, verteidigte James sie.
    Kaidan warf dem Lieutenant einen kurzen erstaunten Blick zu, bis er Talis Tochter bemerkte, die ängstlich an seiner Hose zupfte. Und da fiel ihm wieder ein, dass die Anderen ja gar nichts von ihr wissen konnten. Er kniete sich zu dem kleinen Mädchen und nahm sie auf den Arm.
    ¨Das ist Thessia. Talis Tochter.¨, erklärte er und der Rest der Anwesenden betrachtete das Mädchen mit einem faszinierten Blick. Jane hatte noch nie ein quarianisches Kind gesehen. ¨Thessia, das sind Commander Jane Shepard, James Vega, Wrex - vor ihm musst du keine Angst haben - und Jack. Vor ihr schon eher.¨, stellte er die kleine Truppe vor. Das Mädchen musterte kurz die Neuankömmling und klammerte sich dann wieder ängstlich an Kaidan.
    ¨Nehmt es ihr nicht übel. Sie hat schließlich noch nicht viel gesehen von unserem Universum.¨, meinte er ruhig.
    ¨Hat sie... Einen Translator?¨, fragte Jane und zog verwundert eine Augenbraue hoch.
    ¨Ja. Wir hatten im Lager der Normandy Gott sei Dank noch ein paar gefunden.¨, erklärte Kaidan, Thessia blieb aber schüchtern hinter dem Major stehen.
    Jane nickte nur und hätte das Mädchen am liebsten selbst in die Arme genommen. Sie sah so klein und zerbrechlich aus. Fast schon wie Tali in klein. Shepard lächelte.
    ¨Kaidan, wo sind die anderen? Geht es ihnen gut?¨, fragte sie schließlich. Eigentlich wollte sie es nicht so genau wissen. Aber andererseits musste sie es erfahren, es ging hier immerhin um ihre besten Freunde.
    ¨Vermutlich auf der Normandy. Den meisten ja. Liara hatte einen Unfall.¨, meinte er nur zerknirscht und deutete Jane und ihrem Squad ihm zu folgen. ¨Hast du eigentlich ein Schiff? Wie bist du hier hergekommen?¨, fragte er und Thessia streckte eine Hand nach Jane aus.
    Shepard schmunzelte und hielt der kleinen ihre Hand hin.
    ¨Hackett hat uns von der Erde abgeholt. Wir sind sofort hier hergekommen.¨, erklärte sie und war regelrecht fasziniert, was die Kleine für einen festen Griff hatte.
    ¨Alle sprechen von dir.¨, sagte sie schüchtern und musterte den Commander fasziniert.
    ¨...oh? Interessant.¨, meinte sie immer noch lächelnd.
    ¨Du siehst genauso aus, wie auf Jokers Bildern.¨, stellte Thessia fest.
    Jane ließ diesen Satz erst einmal wirken. Jeff. Jokers Bilder? Er... Zeichnete? Sie? Jane wusste nicht recht was sie davon halten sollte. War das rührend oder eher seltsam? Sie wusste es nicht und lächelte schließlich nur.
    ¨Ja, Jeff hat versucht die ganze Crew zu zeichnen. Du weißt schon, die ganze Technik ist hinüber, daher mussten wir eben auf andere Mittel zurückgreifen. Jeff kann wirklich ziemlich gut zeichnen.¨, erklärte Kaidan.
    ¨Dann hat er auch uns gemalt?¨, fragte James hinter ihnen.
    ¨Ja. Und Jack. Aber Jack hat er ein bisschen... Anders gezeichnet. Er hat sich nicht an alle Ihre Tattoos erinnert.¨, meinte der Major und warf einen kurzen, grinsenden Blick zu der Biotikerin hinter ihnen. Sie zeigte ihm zur Antwort nur den Mittelfinger.
    ¨Mir egal was der Fic-¨
    ¨Jack!¨, unterbrach Jane sie schnell. Sie deutete auf Thessia und Jack starrte das Kind nur ein paar Sekunden an, bevor sie ihren Satz beendete.
    ¨...Flight Lieutenant in seiner Freizeit macht.¨
    Kaidan seufzte hörbar erleichtert. Er hätte nicht gedacht, dass Jack sich beherrschen würde.
    Einige Minuten lang liefen sie einfach nur still durch den Wald. Jane warf Kaidan immer wieder neugierige Blicke zu. Sie musste wissen was passiert war.
    ¨Wie ist es Ihnen ergangen?¨, fragte Jane schließlich. Der Planet sah um einiges schöner aus, als sie es sich vorgestellt hatte. Genaugenommen hatte sie immer befürchtet, die Normandy sei auf einem staubtrockenen Wüstenplaneten gelandet. Aber so wie hier alles wucherte, war sie froh, dass ihre Sorgen unbegründet gewesen sind.
    ¨Wir...haben uns eingelebt.¨, meinte er nach kurzem Schweigen. Nachdem Thessia ihm irgendetwas ins Ohr geflüstert hatte - so fern man das durch einen Helm konnte - stellte er sie auf den Boden und sie lief quietsch vergnügt voraus.
    ¨Wie alt ist sie jetzt?¨, fragte Jane leise neben Kaidan. Der Major beobachtete das Mädchen.
    ¨Vier einhalb.¨, antwortete er und behielt die Kleine gut in den Augen. ¨Sie ist unheimlich lebendig. Wahrscheinlich war sie sogar die Lebendigste von uns allen.¨, er lachte leicht und es klang fast schon ein bisschen bitter. ¨Weißt du, Jane, irgendwann gibt man die Hoffnung eben auf und dann versucht man das Beste aus der momentanen Situation zu machen.¨, erklärte er in einem für ihn ungewohnt melancholischen Tonfall.
    Jane schwieg einen Augenblick lang und beobachtete einfach fasziniert, wie ähnlich das Mädchen seiner Mutter sah. ¨Ich schätze, es war für uns alle nicht leicht. Kaidan, du hast meine Frage nicht genau beantwortet, geht es den anderen allen gut? Ich habe Liaras Nachrichten alle abgehört aber... Sie hat ja nicht immer sehr viel über euch gesagt.¨, meinte Jane leise.
    ¨...gut, hm. Ich würde eher sagen, den Umständen entsprechend sind alle so weit gesund.¨, erwiderte der Major und Jane bekam den Gedanken nicht los, dass er ihr etwas verschwieg.
    Sie spürte, wie die Aufregung stieg. Ihr Herz schlug schneller und ihre Hand begann zu zittern. Jane versuchte das aber zu verstecken und verstärkte den Griff um ihr Präzisionsgewehr.
    ¨Da.¨, meinte Kaidan plötzlich und der Commander hatte überhaupt nicht bemerkt wie sie den Wald verlassen hatten und nun vor der Tod wirkenden Normandy standen. Es war still und Jane musste den Anblick erst einmal auf sich wirken lassen. Ihr Schiff, ihre Crew.
    ¨Komm.¨, Kaidan nahm Janes Hand und führte sie näher an das Schiff. Jack staunte ebenfalls nicht schlecht und Wrex schien die Normandy auch zumindest ein wenig vermisst zu haben. James sagte nichts, musterte einfach nur mit einem interessierten Blick das menschlich-turianische Schiff.
    Kaidan führte Jane in das Innere der Normandy. Das Cockpit sah unheimlich dunkel aus und die Brücke allgemein ziemlich demoliert. Aber durch die vielen Blumen und Steine in jeder nur erdenklichen Farbe, wirkte das Schiff gar nicht so tot wie es von außen aussah. Jane musterte fasziniert ihr Schiff, wie schön es eigentlich gestaltet war, wenn man die Tatsache, dass hier absolut nichts funktionierte so wie es sollte außer Acht ließ.
    Jane drehte sich einmal im Kreis und war zwischen Entsetzten, in was für einem fürchterlichen Zustand sich ihr Schiff befand und Faszination, wie schön ihre Freunde das Schiff eingerichtet und dekoriert hatten hin und hergerissen. Dann sah sie in Richtung Galaxiekarte und erstarrte.
    ¨Was... Ist das?¨, fragte sie mit einer hochgezogenen Augenbraue und betrachtete die kleinen hellblauen Punkte in den aufgestellten Gläsern.
    ¨So etwas Ähnliches wie Quallen. Wir hatten kein Licht, also haben wir diese kleinen Dinger eingesammelt und in Gläser gepackt. Thessia füttert sie regelmäßig und passt auf sie auf. Sie hat auch die meisten gesammelt. Ich glaube, für sie sind sie so etwas wie Haustiere. Jede Qualle hat einen Namen.¨, erkläre Kaidan beiläufig.
    Ein begeistertes, erstauntes Lächeln schlich sich auf Janes Lippen, als sie die funkelnden kleinen Meeresbewohner beobachtete.
    ¨Das... Ich habe so etwas noch nie gesehen.¨, meinte sie beeindruckt. Zumindest keine Qualle die so leuchtete.
    ¨Wir vorher auch nicht.¨, erwiderte Kaidan.
    ¨Shepard!¨
    Jane sah auf und staunte nicht schlecht, als sie sofort von Tali umarmt wurde. Ihre heftige Reaktion musste erst einmal zu ihrem Gehirn durchdringen, bis sie ihre Arme ebenfalls um die Quarianerin legte. ¨Hey, Tali...¨, murmelte sie nur perplex, drückte sie aber fest an sich.
    ¨Shepard!¨, erwiderte sie und es klang noch ein Stück ungläubiger wie zuvor.
    ¨Ja, ich bin's.¨, Jane lachte leicht und löste langsam die Umarmung. ¨Du hast eine unheimlich süße Tochter. Sie ist dir ziemlich ähnlich.¨, meinte Jane und grinste schelmisch. Talis Schultern bebten und Jane wusste sofort, dass sie weinte. ¨Hey, das ist ein Wiedersehen, du solltest dich freuen.¨, meinte sie und zog ihre Freundin wieder in ihre Arme.
    ¨Shepard... Ich hab dich so vermisst.¨, murmelte sie und schniefte.
    Jane hielt sie einige Minuten lang einfach nur fest.
    Bis Jack mit Wrex und James ebenfalls die Normandy betrat.
    ¨Heilige Scheiße, das sieht ja richtig kacke aus hier.¨, kommentierte die Biotikerin und Jane schüttelte nur fassungslos den Kopf.
    ¨Also von außen könnte dein Schiff echt nen neuen Anstrich vertragen, Jane.¨, stimmte Wrex zu.
    Tali lief wider Erwarten an Jane vorbei und umarmte Jack. Zuerst schien sie etwas überrascht zu sein, erwiderte dann aber die Umarmung. Sogar mit einem Lächeln. Tali löste sich wieder von der Biotikerin und umarmte sogar Wrex. Jane war nie aufgefallen, dass die beiden auch eine Art Freundschaft verband. Sie müsste Tali später unbedingt darauf ansprechen. Wrex sprach mit ihr, fragte sie ob alles in Ordnung war, ob sie gesund war und irgendetwas brauchte. Er würde sie und ihre Tochter zu Hacketts Schiff bringen. Jane konnte ihr Erstaunen über Wrex' so ungewohnt fürsorgliche Art kaum verstecken. War er doch sonst nicht so taktvoll. James hatte Tali auch kurz in den Arm genommen. Die Beiden kannten sich schließlich nicht so gut und da war es nur verständlich, dass sie einander nicht so lange drückten.
    Jane prägte sich kurz diese schöne Szene ein, bis Kaidan ihr deutete ihm zu folgen.
    ¨Die anderen sind wahrscheinlich noch auf dem Crewdeck.¨, meinte er, schob die Türe auf und kletterte die Leiter hinab. Jane warf kurz einen verwirrten Blick auf den Fahrstuhl, der aussah als wäre er seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Dann folgte sie ihm.

    Shepard schwieg. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Ihre Gedanken kreisten sich um Angst, Ungeduld und Neugier. Sie wusste nicht, wie der Rest ihrer Crew auf sie reagieren würde. Hatten Sie erwartet, sie würde früher kommen? Waren sie wütend auf sie? Jane schüttelte den Kopf. Schwachsinn.
    Kaidan öffnete die Türe zum Aufenthaltsraum und der Commander hielt in ihrer Bewegung inne.
    ¨Hey Kaidan, wollen Sie ne Runde mitspiel...¨, Jeff zog überrascht eine Augenbraue hoch und es schien tatsächlich so, als hätte ihm Janes Anwesenheit die Sprache verschlagen.
    Dr.Chakwas sah nun auch erstaunt auf. ¨Commander.¨, sagte sie nur, aber Jane hörte das nicht. Sie sah nur ihn, Garrus.
    Er sah sie mindestens genauso überrascht und entsetzt an, wie Jeff und für einen kurzen Moment dachte Jane daran einfach zu fliehen. Aber dann schüttelte sie diesen Gedanken ab und blieb einfach stehen. Sah ihn an. Sprachlos.
    Jeff und Karin beobachteten die Szene mit zwei hochgezogenen Augenbrauen während Kaidan ihnen einen mehr als deutlichen Blick zu warf.
    Jane merkte förmlich, wie ihr ein gigantischer Stein vom Herzen fiel, als sie seine überrumpelte Stimme hörte. ¨Jane...¨
    Dr. Chakwas bemerkte Kaidans drängenden Blick und war ebenfalls der Meinung sie und Jeff waren hier überflüssig und Jane würde später mit Sicherheit noch mal auf sie zurückkommen. Sie deutete dem Piloten den Raum mit Kaidan wieder zu verlassen um ihrem Commander und dessen Partner ein wenig Zeit für sich zu geben. Jeff stimmte nur widerwillig zu, es würde sich vermutlich gleich eine Szene abspielen, die er nur ungern verpassen würde, aber Karin sprach ein kurzes Machtwort und schob ihn aus dem Raum.
    Die Türe schloss sich mit einem ungewohnt lautem Geräusch. Jane hatte sich schon wieder so an das automatische Öffnen und Schließen gewöhnt, dass ihr dieses Geräusch richtig unangenehm war.
    ¨Hey.¨, brachte sie schließlich hervor. Sie spürte wie ihr Herz ihr die Kehle zuschnürte und sie keine Ahnung hatte was sie sagen sollte oder konnte. Es war so viel Zeit vergangen und er sah so unheimlich fertig aus. Da waren Narben die sie nicht kannte, einige hätten von dem Krieg gegen die Reaper stammen können, aber andere schienen noch relativ frisch zu sein. Sie wollte ihn küssen, ihm sagen wie sehr sie ihn vermisst hatte und liebte aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund blieb sie einfach wie angewurzelt stehen und sah ihn einfach nur an.
    Schließlich stand er auf legte die Karten auf den Tisch und kam mit langsamen bedächtigen Schritten auf sie zu.
    ¨Hey.¨, erwiderte er und nahm endlich ihre Hand in seine.
    Es war nur so eine kleine Berührung, etwas, das eigentlich nichts Besonderes sein sollte, aber für Jane fühlte es sich so unbeschreiblich schön an. Sie merkte, wie ihre Augen feucht wurden. Wie lange hatte sie auf diesen Augenblick gewartet? Und wieso zum Teufel noch mal, stand sie nur rum? Sie sah ihm wieder in die Augen und legte vorsichtig eine Hand an seine Wange.
    ¨Ich liebe dich.¨, sagte sie schließlich leise.
    Garrus erwiderte ihren Blick, lehnte seine Stirn an ihre. ¨Ich liebe dich auch, Jane.¨, entgegnete er.
    Er zuckte etwas zusammen, als er ihr Schluchzen vernahm.
    ¨Hey...¨, murmelte er hilflos. Sollte sie sich denn nicht freuen? Er legte vorsichtig seine Hände an ihre Hüften und zog sie etwas näher zu sich. Jane kuschelte sich an ihn und konnte kaum aufhören zu weinen. Er hielt sie fest, lange. Ihr Haar war länger, er fragte sich kurz, ob sie es nun länger trug, entschied dann aber schnell, dass das egal war. Sie roch gut, genauso wie er es in Erinnerung hatte. Er schloss die Augen und genoss diesen kleinen Moment der Zweisamkeit. Er hatte sie vermisst und ihm war endlich bewusst geworden, dass er sie mehr liebte, als alles andere in der gesamten Galaxie. Und das würde er ihr auch zukünftig öfter sagen.
    Er hielt sie so lange, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte und nur minimal von ihm löste. ¨Es tut mir so leid. Ich wollte früher kommen, ich hätte...¨, sie verstummte, schniefte und kuschelte sich an ihn.
    ¨Hör auf. Es ist nicht deine Schuld.¨, meinte er leise und strich ihr liebevoll durch das Haar. Das hatte er auch unheimlich vermisst. Janes Haare hatten einen besonderen Rotton und das Gefühl durch ihre Strähnen zu fahren war unvergleichbar. Er wollte nicht, dass sie länger weinte und versuchte eine Art Kuss auf ihren Scheitel anzudeuten. Jane schien das richtig zu verstehen, sie lächelte leicht und sah schließlich zu ihm auf.
    ¨Du musst mir erzählen was passiert ist. Ich will alles wissen.¨, meinte sie und fuhr wieder vorsichtig über die Narben in seinem Gesicht.
    ¨Wie wär´s wenn wir erst einmal von hier verschwinden. Ich erzähl dir meine Geschichte und du mir deine.¨, schlug er vor und Jane schmunzelte.
    ¨Wie in alten Zeiten, hm?¨, erwiderte sie und grinste leicht.
    ¨Wie in alten Zeiten.¨, bestätigte er und lehnte seine Stirn an ihre.
    Er würde sie nie wieder loslassen.
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  7. #47
    Newbie Avatar von xsm4sh3r
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    Standard

    Wahnsinnig emotional und fesselnd geschrieben. Freu mich auf die Fortsetzung
    MfG
    xsm4sh3r

  8. #48

    Standard

    Vielen, vielen Dank für deine treuen Kommentare xsm4sh3r <3

    Ich möchte an dieser Stelle eine kurze Warnung aussprechen, da es sich in der nächsten Szene um eine Sexszene handelt.
    Wer das nicht lesen möchte kann nach diesen Zeichen ------------ weiterlesen.

    Kapitel 29: Glück?

    Janes Stöhnen war wie Musik in seinen Ohren. Ihren Körper so nahe an seinen gepresst zu spüren wie der Himmel auf Erden. Er kostete den rostigen Geschmack von Blut, als er in das gerötete Fleisch zwischen ihrem Hals und ihrer Schulter biss und damit ein Zeichen hinterließ, dass jedem Turianer dieses Universums zeigen würde, dass sie die seine war. Er spürte, wie sie kurz zusammenzuckte, ihn nach einem schmerzverzerrten Keuchen aber gewähren ließ.

    Garrus betrachtete seine schlafende Partnerin neben sich. Sie sah so unbeschreiblich schön aus, wie sie dort neben ihm lag, erschöpft ihre Haut an einigen Stellen gerötet. Er fuhr sanft über die Wunde an ihrem Hals, fragte sich, ob er ihr sehr wehgetan hatte und ob er das zukünftig lieber sein lassen sollte. Es würde ihn ganz schön viel Beherrschung kosten, es nicht zu tun, aber wenn er sie damit zu sehr verletzte wollte er es nicht. Jane gab ein leises Geräusch von sich und er musste schmunzeln. Sie hatte vermutlich keine Ahnung, wie viel sie im Schlaf redete.

    Janes Finger fuhren langsam an seinem Körper nach unten, fanden ihren Weg zu den sensiblen Stellen unter seinen Platten und massierten ihn dort mit bedächtigen Bewegungen. Garrus stöhnte, schlang seine Arme fester um ihren Körper und versuchte Jane noch enger an sich zu pressen.
    Sie hielt einen kurzen Moment den Atem an, biss sich konzentriert auf die Lippe, und legte ihre Hände dann wieder an seine Wangen um ihren Mund wieder auf seinen zu legen.


    Sein Blick glitt über ihr Gesicht weiter nach unten, über ihren Oberkörper und schließlich hielt er dort inne, wo die Decke den Rest ihres nackten Körpers bedeckte. Er dachte kurz daran, die störende Decke einfach auf das Sofa zu werfen, Janes Anblick war zu kostbar. Aber damit würde er sie vermutlich wecken, schließlich war die Raumtemperatur in ihrem Zimmer auf Hacketts Schiff nicht unbedingt sehr hoch. Trotzdem schien Jane nicht zu frieren. Ihre Haut fühlte sich weich und warm an. Er lächelte und fuhr langsam, jede Regung ihres Gesichts beobachtend, mit der Hand über ihren Körper weiter nach unten...

    ¨Ich liebe dich!¨, keuchte sie, lehnte ihre Stirn an seine, behielt die rhythmischen Bewegungen in seinem Schoß bei und genoss seinen stockenden Atem, der ganz eindeutig mit ihren Aktionen zu tun hatte. Jane grinste leicht, prägte sich jedes einzelne Stöhnen seinerseits ein.

    ¨Ich liebe dich.¨, flüsterte er und legte seinen Mund auf ihre Lippen. Jane grummelte irgendetwas, das er nicht verstand und überrascht stellte er fest, dass er sie durch diese sanfte Berührung doch geweckt hatte.
    ¨Hey...¨, murmelte sie und sah ihn müde aber unheimlich glücklich an. Er erwiderte ihren Blick, lehnte seine Stirn an ihre und ließ sich von ihr küssen. Er konnte immer noch kaum glauben, dass sie hier war. Dass sie wieder zusammen waren, nach so langer Zeit. Er hatte ihr damals versprochen auf sie zu warten, aber dass es so unerträglich sein würde, damit hatte er beim besten Willen nicht gerechnet. Umso schöner waren die letzten Stunden gewesen. Er hatte sich kaum beherrschen können...

    Garrus knurrte ungeduldig, verschloss ihren Mund wieder mit seinem, schob seine Zunge zwischen ihre Lippen, um die ihre mit seiner zu umfahren. Er konnte sich kaum erinnern, dass ihr letztes Mal der Intensivität dieses Mal gleich kam. Es war noch nie so schön gewesen, Jane zu halten, ihre erregte Stimme zu hören, sie zum Erzittern zu bringen. Sie ließ kurz von ihm, strich sich eine störende Strähne aus dem Gesicht und lehnte wieder ihre Stirn an seine.

    Garrus beugte sich über sie und leckte sanft über ihre Lippen. Sie schmeckte so eigenartig, faszinierend, betörend. Er hatte nie gedacht, dass sie ihm so den Verstand rauben könnte. Jane schien das zu wissen und er vernahm ein leises Kichern ihrerseits. Er ließ widerwillig von ihr, lehnte seine Stirn an ihre und sah ihr fragend in die Augen.
    ¨Du bist so süß.¨, meinte sie entzückt, biss sich grinsend auf die Lippe und strahlte ihn an. Es war schön zu sehen, dass sie mindestens genauso glücklich war wie er. Und er würde alles dafür tun, dass es so blieb...

    Jane wechselte wieder einen hoffnungsvollen Blick mit Garrus, bevor sie ihn runter in die Kissen drückte, sich zu ihm hinunter beugte und mit ihren Küssen fortsetzte. Seine Hände wanderten langsam zu ihrer Hüfte und Jane spürte wie er sie dazu animieren wollte, ihren Rhythmus noch etwas zu beschleunigen. ¨Wir haben alle Zeit der Welt, Garrus.¨, flüsterte sie, lachte leicht als sie einen unzufriedenen Laut seinerseits vernahm und führte seine Hände wieder weiter nach oben zu ihren Brüsten.

    Er erwiderte ihren Blick. Jane grinste immer noch, er hatte sie vermutlich noch nie so glücklich gesehen. ¨Ich wollte dich nicht wecken.¨, sagte er schließlich und bereute fast schon, das getan zu haben. Er erinnerte sich, dass sie ihm vor einigen Jahren mal gesagt hatte, dass sie es nicht mochte, wenn man sie im Schlaf beobachtete. Wenn sie nun wach war, konnte er damit gar nicht weitermachen. Er hätte sie schlafen lassen sollen...

    Garrus saß wieder auf, biss ihr vorsichtig in die Schulter und mit einer schnellen Bewegung, hatte er Jane auf das Bett geschmissen und sich über sie gebeugt. Sie warf ihm kurz einen erstaunten Blick zu und ließ sich dann wieder von ihm küssen.
    ¨Schatz...¨, begann sie leise und schob ihn ein klein wenig von sich. Als sie seinen ungeduldigen, sehnsüchtigen Blick sah, schob sie den Gedanken an ihre Allergie sofort wieder beiseite und zog ihn wieder zu sich herab.

    ¨Schon gut.¨, erwiderte sie und gähnte demonstrativ. Sie brauchte Schlaf, dringend. Er hatte sie lange genug wach gehalten.
    ¨Du solltest schlafen.¨, meinte er, sah zu wie sie die Augen schloss und sich an ihn kuschelte.
    ¨Weißt du, ich habe ziemlich oft von dir geträumt. Gerade wieder.¨, murmelte sie und presste ihren Körper fester an seinen. Er dachte kurz daran, was sie meinte. Er hatte genauso oft von ihr geträumt. Eigentlich, nur von ihr. Seine Träume waren nicht unbedingt immer sehr angenehm gewesen, oft hatte er auch von ihrem Tod geträumt. Umso länger er daran dachte, desto größer wurde wieder sein Verlangen nach ihr...

    Garrus war schon längst nicht mehr Herr seiner Sinne, dafür hatte er Jane einfach viel zu lange nicht gesehen oder berühren können. Jeder noch so kleinste Kontakt zwischen ihren Körpern fühlte sich so unbeschreiblich richtig an. Er konnte kaum glauben, dass sie endlich wieder zusammen waren. Jane schrie erneut auf, als er noch einmal tief in sie stieß. Sie schloss die Augen, zitterte, grub ihre Finger tief in seinen Nacken. Er stöhnte ebenfalls, beugte sich tiefer, um wieder seine Stirn an ihre lehnen zu können und dachte einen kurzen Moment daran, sie für diese Nacht zumindest schlafen zu lassen. Aber als er wieder seine Augen öffnete, ihren nackten, von Schweiß bedeckten Körper vor sich sah konnte er sich kaum beherrschen. Er würde sie - wohl oder übel - nicht so schnell ruhen lassen...

    Jane stöhnte als er ihr sanft mit seiner rauen Zunge über den Hals fuhr. Sie legte ihr Bein um seine Hüfte und zog ihn näher an sich. Er bemerkte wie schwach ihr Versuch war, ihre Körper näher aneinander zu bringen und dachte wieder daran, wie viel Kraft sie die letzte Nacht gekostet haben musste. Er sollte sie wirklich schlafen lassen. Aber andererseits konnte er ihrem erregten Gesichtsausdruck kaum widerstehen. Sie wollte ihn, und er wollte sie genauso.
    ¨Jane.¨, begann er leise.
    ¨Nicht reden.¨, meinte sie zog ihn wieder nahe zu sich und verschloss seinen Mund mit ihren Lippen. Sie würden in Zukunft genug Zeit zum Reden haben. Aber für diesen Moment wollte sie nichts anderes als ihn bei sich, in sich zu spüren. Und das so nahe wie irgend möglich...

    -----------------------------

    Tali konnte nicht schlafen. Sie war mindestens fünf Mal panisch aufgewacht. Jedes Mal hatte sie nicht gewusst, wo sie eigentlich war, bis ihr wieder einfiel, dass Shepard sie abgeholt hatten. Sie befanden sich auf General Hacketts Schiff. Die Quarianerin seufzte leise. Thessia schlief tief und fest in ihren Armen. Was hätte sie nun alles dafür gegeben einen genauso festen Schlaf wie ihre Tochter zu haben!
    Tali dachte daran, wie erschüttert Jane ausgesehen hatte, als sie von Liaras Unfall erfahren hatte. Es war einige Jahre her, als das giftige Gas Liara hatte erblinden lassen. Die Quarianerin hatte unheimlich großes Mitleid mit der Asari gehabt, vor Allem weil sie diejenige war, die am meisten dafür getan hatte, dass sie eines Tages irgendjemand abholen konnte. Schließlich hatte Tali ihre Tochter nach Liaras gefallenen Heimatplaneten benannt. Sie war sich nicht ganz sicher ob Kal damit einverstanden gewesen wäre, aber andererseits hatte sie auch langsam die Hoffnung aufgegeben, dass er diesen Krieg überhaupt überlebt hatte.
    Jane hatte sich ziemlich bald mit Garrus zurückgezogen. Die beiden hatten viel nachzuholen, das wusste sie, aber irgendwie hätte sie auch gerne noch ein wenig mit Shepard gesprochen. Immerhin war sie ihre beste Freundin gewesen. Wrex verstand sich unerwartet gut mit Thessia. Die Kleine hatte anfangs große Angst vor ihm gehabt, immerhin war sie noch nie einem Kroganer gegenüber gestanden aber nachdem Wrex ein paar heroische Geschichten über sein Volk erzählt hatte, war Thessia ganz hingerissen gewesen.
    Tali lehnte ihre Stirn an die ihrer Tochter. Es war faszinierend, wie glücklich ihr Kind immer gewirkt hatte. Aber wie sollte es auch anders sein? Sie hatte schließlich nichts von dem Krieg gewusst, war durch und durch unschuldig in diese Welt geboren. Tali freute sich über die friedvollen Aussichten, die Zukunft, die ihrer Tochter bevorstand. Aber andererseits dachte sie auch an Legion, der immer noch abgeschaltet, tot, kalt auf der Normandy war. Sie wollte ihn nicht aufgeben und sie war fest davon überzeugt, ihn wieder einschalten zu können. Gleich morgen würde sie Shepard fragen, ob sie der Sache nicht auf den Grund gehen konnten. Der Geth war ihr wichtig.
    Tali akzeptierte, dass sie diese Nacht wohl keinen Schlaf mehr finden würde, deckte Thessia behutsam zu und verließ dann ihr Zimmer.
    Allem Anschein nach war sie nicht die einzige die nicht schlafen konnte, denn Mordin werkelte noch munter auf der Krankenstation herum und James unterhielt sich mit Cortez in der Kantine des Schiffes. Tali beschloss sich zu den beiden Soldaten zu setzen, vielleicht könnten Sie sie ja ein wenig unterhalten. Außerdem bekäme sie vielleicht endlich ein paar Antworten, was in den letzten Jahren auf der Erde geschehen war.
    ¨Hey Sparks.¨, begrüßte James sie und sie stellte sofort fest, dass da etwas in seinem Blick lag, was ihn irgendwie bedrückt wirken ließ.
    ¨Kann ich mich zu Ihnen setzen? Ich kann nicht schlafen.¨, meinte sie und Cortez deutete ihr sich zu setzen.
    Es war angenehm warm in der Kantine und Tali war dankbar für die Gesellschaft. Es war eine angenehme Abwechslung mal mit jemand anderem zu reden als ihre Freunde von der Normandy. Außerdem hatte sie diese ausgelassene Stimmung vermisst.
    ¨Geht es Ihrer Tochter gut? Sie sieht Ihnen ja wirklich ausgesprochen ähnlich.¨, meinte Steve lächelnd.
    Tali nickte.
    ¨Ja, sie ist... Sehr lebendig,.¨, erwiderte sie und schmunzelte, was der Lieutenant nicht sehen konnte. ¨Waren Sie auch auf der Erde?¨, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
    ¨Ich? Nein, ich war hier als die Citadel explodierte. James war aber auf der Erde.¨, erklärte der Pilot und nahm einen Schluck von seinem Wasser.
    ¨Was ist passiert?¨, fragte die Quarianerin und musterte James mit einer hochgezogenen Augenbraue
    ¨Nachdem die Citadel explodiert ist, sind unsere Translatoren ausgefallen. Ich habe mit Wrex zusammen ein Lager gegründet. Nach sechs Monaten haben wir Shepard gefunden und schließlich hat Ish - der Anführer des zweiten Lagers - unserem Lager mehr oder weniger den Krieg erklärt. Dann kam Hackett und Mordin hat Ish eiskalt erschossen - ¨
    ¨- und das Problem gelöst¨, fügte Cortez grinsend hinzu.
    ¨Ja. Jane hatte einen Sender der Ihre Notsignale empfangen konnte. Damit sind wir dann hier hergeflogen.¨, erklärte James und Tali überlegte die ganze Zeit, warum er auf sie so abwesend wirkte. Da war irgendetwas, das ihn unheimlich beschäftigte. Außerdem hatte er eben ¨Jane¨ gesagt und nicht Shepard. Dann hatte sie ihm also erlaubt, sie endlich zu duzen.
    ¨Das... Ist eine ziemlich kurze Zusammenfassung für fünf Jahre.¨, meinte Tali erstaunt.
    Cortez schwieg einen Moment und auch James verstummte. Die Quarianerin warf ihnen einen fragenden Blick zu. Hatte sie irgendetwas verpasst? Oder falsch verstanden?
    ¨Nun... Wissen Sie, auf der Erde waren es keine fünf Jahre.¨, begann Steve.
    Tali sah ihn erstaunt an. Was sollte das denn bitte heißen?
    ¨Was meinen Sie damit?¨, fragte sie verwirrt.
    ¨Namakli befand sich in der Nähe eines schwarzen Lochs. Es hat das Raum-Zeit-Kontinuum beeinflusst und somit ist die Zeit bei Ihnen um einiges... Schneller vergangen als bei uns. Bei Ihnen waren es fünf Jahre bei uns dreizehn Monate.¨, erklärte Steve.
    Tali sagte nichts mehr, sie sah die beiden Soldaten abwechselnd irritiert und fassungslos an. Sie hatten... Fünf Jahre auf diesem leeren Planeten zugerbacht, während es für den Rest der Galaxie nur dreizehn verdammte Monate waren?! Einige Minuten lang herrschte betretenes Schweigen.
    James wusste nicht, ob er irgendetwas sagen sollte, Tali sah so ungewöhnlich geknickt aus und sie tat ihm Leid. Er kannte sie zwar nicht so gut wie die anderen, aber er verstand, was Jane damals meinte, als sie ihm die junge Quarianerin vorgestellt hatte. Er erinnerte sich genau daran, wie Jane ihm gesagt hatte, dass Tali etwas an sich hatte, das sie sehr liebenswert machte. Anscheinend habe Jane oft den Drang verspürt sie zu umarmen und vielleicht war auch das ein Grund warum sich die beiden Frauen so nahe standen. ´Tali hat ein sehr großes Herz. Ich habe sie unheimlich gern, sollten Sie ihr irgendwie zu nahe treten, Lieutenant, schmeiße ich sie eigenhändig aus der Luftschleuse´, hatte sie gesagt und James hatte sich sofort vorgenommen, Tali bloß nicht zu beleidigen. Wie denn auch? Jeder mochte sie.
    Es vergingen noch einige Minuten mehr, in den die drei einfach nur schweigend an Ort und Stelle saßen.
    ¨...das...Wieso haben Sie mir das nicht schon früher gesagt?¨, fragte sie schließlich bedrückt.
    Es war immer schwer die Gefühle von Quarianern richtig zu deuten, immerhin konnte man ihr Gesicht nicht sehen, wusste nie wie sie einen eben ansah. Aber an ihrer Stimme hörte Cortez eindeutig, dass sie diese Information ziemlich traf.
    ¨Der Professor meinte, es könnte eine Art Schock auslösen. Wir wollten Ihnen nicht schaden.¨, erklärte der Pilot und Tali nickte nach kurzem Zögern anerkennend.
    ¨Das...verstehe ich. Aber...¨, Tali verstummte wieder. Fünf Jahre. Sie hatte immer gedacht, sie waren alle gleich weit, aber das...
    ¨Es tut mir wirklich sehr leid, ich weiß, das muss hart für Sie sein.¨, meinte James mitfühlend.
    ¨...Ich muss zu meiner Tochter.¨, erwiderte sie leise und verließ den Raum.
    Thessia schlief noch immer tief und fest. Es schien gerade so, als gefiele ihr das neue, warme, kuschelige Bett. Sie hatte ihre Mutter gefragt, ob sie bei ihr schlafen könnte, sie traue dem neuen Schiff noch nicht so. Tali hatte selbstverständlich nicht nein gesagt und das kleine Mädchen fest in ihre Arme genommen.
    Die Quarianerin seufzte hörbar und legte sich vorsichtig wieder unter die Decke zu ihrer Tochter. Sie wollte Thessia nicht wecken. Sobald sie Jane wieder sah, würde sie mit ihr reden müssen. Wegen Legion, wegen ihrer Tochter, wegen diesen fünf verdammten Jahren...

    Als Jane ihre Augen aufschlug war sie unbeschreiblich glücklich. Sie glaubte sich noch nie in ihrem Leben so gut gefühlt zu haben. Sie drehte sich herum, wollte ihren turianischen Lebensgefährten begrüßen, musste dann aber enttäuscht feststellen, dass er gar nicht mehr neben ihr lag. ¨Garrus?¨, fragte sie verwirrt und saß auf.
    Sie gab einen schmerzverzerrten Laut von sich und bemerkte erst dann das Blut an ihrer Schulter. Sie zog erstaunt eine Augenbraue hoch und betrachtete das getrocknete Blut. ¨Wow...¨, murmelte sie und beschloss erst einmal unter die Dusche zu springen. Ihr Partner war ja ganz offensichtlich nicht da und sie fragte sich unwillkürlich wo er hingegangen war. Sie mochte es überhaupt nicht, nach dem Sex ohne ihn aufzuwachen.
    Gerade als sie ihre Beine aus dem Bett schwang spürte sie ein entsetzliches Ziehen dazwischen und verharrte in der Bewegung. Sie stöhnte und ließ sich wieder nach hinten auf die Matratze fallen. Was zum Henker hatten sie letzte Nacht nur getrieben?
    Jane schmunzelte. Sie musste zugeben, dass sie sich überhaupt nicht beherrscht hatte, sie hatte es nicht einmal versucht. Und so wie es schien war es Garrus da gar nicht anders gegangen. Sie lächelte selig und ignorierte das eklige Ziehen in ihrem Unterleib und den pochenden Schmerz in ihrer Schulter. Es war unglaublich gewesen. Genauso wie es hätte sein sollen. Und jetzt wo sie so auf dem Bett lag und an die Liebe ihres Lebens dachte, fiel ihr auf, wie sehr sie ihn vermisste, obwohl er gar nicht lange weg sein konnte. Sie wollte ihn sehen, am besten sofort.
    Jane verdrängte den Schmerz, stand auf, duschte, zog sich frische Klamotten an und zog ihr Bett ab. Sobald irgendjemand die blutverschmierten Laken sehen würde, müsste sie sich mit Sicherheit irgendwelche blöden Kommentare anhören. Und darauf hatte sie definitiv keine Lust.
    Nachdem sie ihr Bett abgezogen hatte, machte sie sich auf den Weg, ihren Partner zu finden. Sie traf auf Jack, Jeff, Wrex und Thessia in der Kantine, begrüßte sie kurz und erkundigte sich ob irgendwer Garrus gesehen hatte. Jeff zog irritiert eine Augenbraue hoch, Wrex meinte, sie sollte das doch am besten wissen und Jack fragte - nachdem Wrex Thessia die Ohren zu hob (so gut es ging) - ob sie letzte Nacht vielleicht etwas zu viel gevögelt hätten, dass Jane schon nicht mehr wusste wo ihr Liebhaber war.
    Jane schüttelte nur den Kopf und verließ knallrot die Kantine. Wieso musste Jack auch immer so... Direkt sein?!
    Shepard fuhr noch zwei Stockwerke tiefer und fand Garrus schließlich mit ein paar Technikern diskutierend vor einer Konsole stehen.
    Sie lehnte sich an die Wand und wartete, bis er das Gespräch beendet hatte und zu ihr kam.
    ¨Hey...¨, begrüßte sie ihn und biss sich konzentriert auf die Lippe. Sie hätte sich am liebsten auf ihn gestürzt! Aber ihr entgingen die prüfenden, teilweise grinsenden Blicke der Crew nicht, also versuchte sie sich zu beherrschen. Der Aufzug war ja nicht weit entfernt...
    ¨Tut mir leid, dass ich nicht da war, als du aufgewacht bist.¨, flüsterte er leise und nahm ihre Hände in seine. Diese Stimme!
    ¨Schon gut. Ich nehme an du hast das Kalibrieren nicht verlernt?¨, es schlich sich ein leichtes, amüsiertes Grinsen auf ihre Lippen und Garrus bemerkte das aufgeregte Funkeln in ihren Augen und lachte leicht.
    ¨Ich schätze, das kann man nicht verlernen. Selbst nach fünf Jahren nicht.¨, erwiderte er und lehnte seine Stirn an ihre. Jane blendete die anderen Techniker für einen Augenblick vollkommen aus und war kurz davor, sich auf die Zehenspitzen zu stellen und mit ihren Lippen über seinen Mund zu fahren. Aber das leise Kichern einer Technikerin brachte sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Später.
    ¨...Hast du schon was gegessen? Ich dachte, wir könnten vielleicht etwas mit in mein oder besser...unser Quartier nehmen und... Ein bisschen reden.¨, schlug sie vor und beobachtete seine Reaktion auf ihren Vorschlag.
    Er schien einen Moment lang darüber nachzudenken und zuckte schließlich mit den Schultern. Eine Geste, die er sich bei ihr oder einem anderen menschlichen Crewmitglied abgeguckt hatte.
    ¨Gerne.¨, entgegnete er und brachte Jane erneut zum Lächeln.
    Er konnte die faszinierten Blicke der anderen Anwesenden nur zu gut nachempfinden, schließlich kannte man Jane fast ausschließlich nur mit ihrem strengen, autoritären Blick der keinen Widerspruch duldete. Sie dann so offen und vor Allem glücklich lächeln zu sehen, war einfach ein seltener Anblick. Und dann auch noch dieser leichte, rötliche Ton auf ihren Wangen... Sie sah dabei so unbeschreiblich schön aus.
    Jane nahm seine Hand und zog ihn Richtung Fahrstuhl. Sobald sich die Türen hinter ihnen geschlossen hatten, stellte sie sich auf Zehenspitzen und küsste ihn lang und innig. Garrus schlang seine Arme um ihren Körper und drückte sie etwas fester an sich. Jane keuchte als sie von ihm ließ und seinen Blick lächelnd erwiderte.
    ¨Seit wann bist du eigentlich wach? Du hättest mich ruhig wecken können.¨, meinte sie leise und schmiegte sich näher an ihn.
    ¨Ein paar Stunden. Ich hatte vermutet, dass wir gar nicht aus dem Bett kommen, wenn ich dich wecken würde.¨, erklärte er und Jane kicherte.
    ¨Da kann ich dir nicht widersprechen.¨, erwiderte sie amüsiert.
    Garrus grinste leicht. Jane zog ihn hinter sich her in die Kantine. Jack, Jeff und Wrex waren immer noch anwesend. Tali hatte Thessia vermutlich schon wieder abgeholt und befand sich zurzeit irgendwo anders auf dem Schiff. Jane erwischte sich dabei, dass ihr das momentan ziemlich egal war, sie wollte nur mit Garrus zusammen sein.
    ¨Hackett hat ein paar echt gute Dextrovorräte im Kühlschrank.¨, meinte sie, öffnete den Schrank und zeigte auf ein spezielles Fach.
    Garrus war offensichtlich ziemlich erstaunt über die gute Ausstattung des Schiffes. Damit hatte er nicht gerechnet. Wie lange war es wohl her als er das letzte Mal etwas Richtiges gegessen hatte? Eine halbe Ewigkeit...
    ¨Bist du sicher, dass ich nicht träume?¨, fragte er schließlich und Jane lachte leicht.
    Sie gab ihm einen liebevollen Kuss auf die Wange. ¨Glaub mir, die Frage hab ich mir heute auch schon ein paar Mal gestellt.¨
    Jane war sich wohl bewusst wie viele Augenpaare auf ihnen ruhten, und nahm wieder ein wenig Abstand zu ihrem Partner, Garrus hingegen schien ihre Beobachter vollkommen egal zu sein, er zog sie nahe zu sich und küsste sie innig. Jane schmolz förmlich in seinen Armen dahin und Jack konnte nur die Augen verdrehen.
    Wrex beobachtete die beiden lachend und Jeff grinste erwartungsvoll. Vielleicht würde es ja nicht nur beim Küssen bleiben...
    Jane spürte wie ihre Beine langsam nachgaben. Er sollte definitiv damit aufhören!
    ¨Garrus...¨, murmelte sie verlegen und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. ¨Wir sollten vielleicht besser, erst einmal in unser Quartier gehen.¨, schlug sie vor und stattete ihr Tablett mit möglichst viel Nahrung aus. Sie hatte einen riesen Hunger, was vielleicht auch auf den ausgiebigen Sex zwischen ihnen letzter Nacht zurückzuführen war. Er genoss sichtlich ihren schüchternen Blick, wollte ihre Verlegenheit aber nicht noch verstärken und nahm sich ebenfalls ein Tablett. Janes glücklicher Blick war unbezahlbar. Er folgte ihr zurück zum Aufzug, streckte Jeff noch einmal kurz die Zunge raus, als dieser ihm noch ein ¨Übertreiben Sie´s nicht, wir brauchen Shepard noch!¨ zurief.
    Der Fahrstuhl war wesentlich schneller als das lahme Teil der Normandy und Jane war erleichtert als sie in ihrem Quartier ankamen und sie endlich etwas zwischen die Zähne bekam. Irgendwie hatte sie sich regelrecht ausgehungert gefühlt.
    ¨Also. Fünf Jahre ist eine lange Zeit, was ist passiert?¨, fragte sie, kuschelte sich neben ihn auf das Sofa und schob sich ein Stück Frikadelle in den Mund.
    Garrus seufzte. ¨Ich würde lieber erst einmal erfahren, wie du diese Explosion überstanden hast, Jane.¨, erwiderte er und beobachtete sie, wie sie sich genüsslich mit der Zunge über die Lippen fuhr. Dann wanderte sein Blick zu der halben Frikadelle, die alles andere als appetitlich aussah und warf Jane wieder einen faszinierten Blick zu.
    ¨Gott ist das gut.¨, stellte sie zufrieden fest, merkte, dass er neugierig auf ihre Antwort wartete, und versuchte sich besser auf ihr Gespräch zu konzentrieren. ¨Ich weiß es nicht.¨, sagte sie schließlich ehrlich. ¨Ich... War auf der Citadel und ich habe den Katalysator gesehen.¨
    ¨Gesehen? Ich dachte die Citadel wäre der Katalysator.¨, unterbrach er sie kurz und Jane schüttelte den Kopf.
    ¨Mehr oder weniger. Eigentlich schon aber der Katalysator konnte auch so... Ich weiß gar nicht wie ich das erklären soll. Es hat sich angefühlt wie ein Traum. Ein sehr schmerzhafter Traum, zugegeben, aber irgendwie kam mir das alles so surreal vor.¨, erklärte sie und Garrus beobachtete weiterhin, wie sie den Rest der Frikadelle aß. Das Stück hatte gedampft und er fragte sich, wie sie zum Frühstück nur so etwas essen konnte. Daran würde er sich wohl nie gewöhnen.
    ¨...Und dann?¨, hakte er nach.
    ¨Dann hat er mich vor die Wahl gestellt.¨, Jane schluckte und verstummte. Sie zögerte. ¨Ich hätte die Reaper kontrollieren, zerstören oder eine Art Synthese wählen können. Ich dachte... Wir hatten die ganze Zeit dafür gekämpft sie zu zerstören, also habe ich mich dafür entschieden.¨, erklärte sie ruhig. ¨Ich weiß nicht ob das richtig war, Garrus, als ich auf der Erde aufgewacht bin, habe ich mich so oft gefragt, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Es war furchtbar.¨, sie erinnerte sich an Zurr, wie er ihr geholfen hatte, es bis zu seinem Tod versucht hatte. ¨Ich weiß, für mich waren das eigentlich nur sieben Monate. Aber es war trotzdem schlimm, so viele Tote, Verletzte und keiner wusste-¨
    ¨Sieben Monate? Moment, was meinst du damit?¨, Garrus unterbrach sie erneut und der entsetzte Tonfall gefiel ihr ganz und gar nicht.
    ¨...ich war bewusstlos. Sechs Monate lang. Dann bin ich aufgewacht und... Hackett hat uns abgeholt. Wir sind sofort los um euch zu holen.¨, erklärte sie aber für Garrus ergab das alles noch keinen Sinn.
    ¨Du...meinst, auf der Erde ist die Zeit anders verlaufen wie auf Namakli?¨, fragte er knapp und Jane nickte.
    ¨So habe ich es zumindest verstanden. Für mich waren es keine fünf Jahre, Garrus.¨
    Er verstummte.
    Jane versuchte ihm in die Augen zu sehen. Sie nahm sanft seine Hände in ihre und sah ihn fragend an. ¨Schatz?¨
    Er antwortete nicht. Jane verstand überhaupt nicht, was in diesem Moment in ihm vorging. Sie waren wieder zusammen, was spielte es da für eine Rolle, wie viel Zeit dazwischen vergangen war. Alles was sie gewollt hatte, war wieder mit ihm zusammen zu sein. Und nun waren sie es. Warum schwieg er?
    Sie legte vorsichtig eine Hand an seine Wange und versuchte seinen Blick zu deuten. Da war...Unsicherheit, Entsetzen, Ratlosigkeit.
    ¨Garrus?¨, fragte sie noch einmal und er schüttelte schließlich nur den Kopf.
    ¨Jane, ich...¨, er wusste nicht was er sagen sollte. Das alles war so... Er fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Er hatte fünf verdammte Jahre lang auf sie gewartet, gebetet, gehofft, sie habe diesen beschissenen Krieg heil überstanden. Dann sehen sie sich wieder und bei ihr waren... Was, sieben Monate vergangen? Sie war gar nicht so lange...
    ¨Schatz, was ist los?¨, fragte sie stellte den Teller auf den Tisch und setzte sich ihm gerade gegenüber. ¨Liebling...¨
    ¨Jane es... Tut mir leid, ich...¨, er sah noch immer entsetzt aus und Jane fragte sich, warum ihn das so fertig machte. Sie beobachtete ihn einige Sekunden lang, wie seine Kieferplatten hin und wieder zuckten. Er schien sich nicht ganz schlüssig zu sein, was er von dieser Information halten sollte.
    ¨Hey, es... Ist doch egal wie viel Zeit vergangen ist, oder? Ich habe ständig an dich gedacht.¨, erwiderte sie liebevoll, versucht ihn irgendwie zu beruhigen.
    Garrus hörte ihre Worte kaum. Er war vollkommen in Gedanken und schien erst dann wieder richtig da zu sein, als Jane ihm einen sanften Kuss auf den Mund gab.
    ¨Schatz?¨, fragte sie noch einmal unsicher.
    Garrus erwiderte ihren Blick.
    ¨...Entschuldige, Jane, es ist nur so... Ich hatte nicht damit gerechnet...¨, murmelte er immer noch verwirrt.
    Jetzt tat es ihr fast schon leid, dass sie ihm nicht von Anfang an gesagt hatte, wie viel Zeit bei ihr vergangen war. Natürlich hatte Mordin irgendwie Recht gehabt, aber sie hätte es ihm trotzdem sagen sollen. Er schien so furchtbar durcheinander zu sein und Jane dachte daran ihn einfach nur beruhigen zu wollen.
    ¨Schon gut.¨, entgegnete sie, lächelte ihn aufmunternd an und legte behutsam ihre Hände an seine Wangen. ¨Was ist bei dir passiert?¨, fragte sie. Jane dachte einen Moment daran, jede einzelne seiner Narben mit ihren Lippen zu liebkosen, aber damit würde sie ihn vermutlich nur aus dem Konzept bringen. ´Konzentration, Jane. Wir haben noch genug Zeit dafür.´, ermahnte sie sich in Gedanken und presste nachdenklich die Lippen aufeinander. Sie wollte noch ganz andere Sachen mit ihm anstellen...
    ¨...Kaidan hat mich auf die Krankenstation gebracht. Dr.Chakwas hat mich behandelt. Ich... Als ich das nächste Mal aufgewacht bin, waren wir schon auf Namakli. Ich wollte zurück zu dir, aber... Dr. Chakwas meinte, meine Verletzungen seien noch zu schwer und ich müsste mich unbedingt ausruhen. Dass die gesamte Technik der Normandy hinüber war, erfuhr ich erst Wochen später als ich wieder aufgewacht bin...¨, erzählte er und verstummte.
    ¨Und dann?¨, fragte sie sanft, rutschte noch ein kleines Stück näher und wollte sich am liebsten auf seinen Schoß setzen. Nach seiner verwirrenden Reaktion traute sie sich das allerdings nicht mehr.
    ¨...Haben wir gewartet. Ich meine, wir haben natürlich alles versucht, die Normandy zu reparieren aber...¨, er schwieg wieder. Er erinnerte sich an die ersten Wochen. Er hatte sich so taub und leer gefühlt. Nicht zu wissen ob seine Jane noch da draußen war oder längst im Himmel auf ihn wartete. Es war schrecklich gewesen und vor Allem hatte es ihn verändert. Er sah die Galaxie mit ganz anderen Augen. Und er hatte gedacht, wenn er Jane wiedersah, würde auch sie sich verändert haben. Es war beinahe unmöglich nach fünf Jahren noch derselbe zu sein. Aber wie sie dort vor ihm saß, ihn mit diesem liebevollen Blick musterte, der Duft ihrer Haare... Er fragte sich ob sie sich überhaupt auch nur ansatzweise verändert hatte.
    ¨Es tut mir Leid. Ich wünschte...¨, begann Jane, ließ den Satz aber schließlich unvollendet. Es herrschte Schweigen und sie hatte ständig das Gefühl noch etwas sagen zu müssen. Ihn beruhigen zu müssen.
    ¨...warst du eigentlich bei Mordin?¨, fragte er urplötzlich und Jane sah ihn wieder erstaunt an.
    ¨Ja. Wieso?¨, entgegnete sie leicht verwirrt.
    ¨Wegen... Letzter Nacht. Hast du Schmerzen?¨, erkundigte er sich und musterte sie mit einer Mischung aus Besorgnis und Reue. Jane musste sich beherrschen ihn nicht entzückt anzugrinsen. Es war... Niedlich wie fürsorglich er war.
    ¨Nein. Mordins Untersuchungen haben ergeben, dass ich nicht mehr allergisch bin.¨, - `sonst hätte ich dich gestern mit Sicherheit davon abgehalten`, beendete sie den Satz gedanklich und grinste leicht.
    Garrus sah sie überrascht an.
    ¨Deine Allergie ist... Weg? Einfach... So?¨, fragte er verwirrt und Jane konnte dieses Gefühl nur zu gut nachvollziehen. Sie war immerhin mindestens genauso überrascht gewesen.
    ¨Hm, ja... Also, wir wissen nicht woran das liegt.¨, meinte sie leise und fuhr sanft mit ihren Fingern über die Innenfläche seiner Hand. Wie sie dieses Gefühl vermisst hatte...
    ¨Dann...¨, Garrus verstummte wieder. Sie müssten sich in Zukunft also keine so großen Gedanken mehr machen müssen, wenn sie Sex haben wollten. Einerseits ein unglaublich beruhigender Gedanke, aber andererseits auch ziemlich unheimlich. Allergien verschwanden nicht einfach so. Was war mit ihr passiert?
    Jane wartete, ob er noch irgendetwas sagen wollte, als er aber nicht weitersprach legte sie wieder ihre Lippen auf seinen Mund. Sie merkte wie er sich etwas anspannte, seine Hände aber schließlich an ihre Taille legte und sie etwas näher zu sich zog. Das alles kam ihm noch so surreal und unecht vor. Aber inzwischen wusste er, dass es kein Traum war. Janes Lippen fühlten sich einfach zu schön an, ihre Zunge viel zu echt.
    ¨Jane.¨, raunte er beinahe unbewusst, ließ sich von ihr aber nach hinten in die Kissen des Sofas drücken.
    ¨Ich liebe dich.¨, murmelte sie zwischen zwei Küssen und verschränkte ihre zittrigen Finger mit seinen. War sie etwa aufgeregt? Garrus schmunzelte. Das war nun wirklich nicht nötig. Er hob sie auf seinen Schoß und genoss einige Sekunden lang einfach nur ihren intensiven, sehnsüchtigen Blick. ¨Weißt du, ich hab mir gedacht... Wenn ich jetzt nicht mehr allergisch bin...¨, fing sie an, überlegte dann aber, ob sie diesen schmutzigen Satz wirklich aussprechen sollte. Sie beobachtete seine Gesichtszüge, wie er langsam mit seinem Blick etwas weiter nach unten wanderte und ihr erst wieder in die Augen sah, als sie weiter sprach ¨...müssen wir uns nicht mehr so beherrschen. Wir können... Ich meine, du erinnerst dich sicher an die Konsole auf dem Gefechtsstand?¨, sie grinste dreckig und biss sich schließlich vielsagend auf die Lippe.
    Selbstverständlich erinnerte er sich daran, auch wenn es schon eine halbe Ewigkeit her zu sein schien. Jane hatte ihn verführt - mehr oder weniger - vielleicht hatte er sich auch einfach nur bereitwillig verführen lassen, jedenfalls hatten sie damals keine Möglichkeit zur Verhütung gehabt und letzten Endes, hatte er nur sie ein wenig verwöhnen können. Darum hatte James ihn vermutlich auch so verwirrt gemustert, als er die beiden schließlich danach aufgesucht hatte. Aber jetzt...Und obwohl Garrus sich wegen dieser gefühlt ellenlangen Zeitspanne noch etwas unbehaglich fühlte, konnte er ein ebenso dreckiges Grinsen gar nicht unterdrücken. Jane lachte leicht, lehnte ihre Stirn an seine und sah ihn wieder glücklich an.
    ¨Das müssen wir unbedingt nachholen.¨, meinte er, erntete ein weiteres Lachen seiner Partnerin und strich ihr liebevoll eine Strähne hinter das Ohr.
    ¨Und... Vielleicht... Ich meine, wenn wir jetzt öfter... Vielleicht ist die Biologie ja etwas gnädig und wir finden doch noch heraus wie ein menschlich-turianisches Kind aussieht.¨, flüsterte Jane leise, ein wenig unsicher. Immerhin hatte er diesen Vorschlag gebracht. Das war allerdings kurz vor ihrem sicheren Tod gewesen. Da sagt man viel, was man unter normalen Umständen nicht laut ausgesprochen hätte. Sie war sich nicht sicher, ob er es damals wirklich ernst gemeint hatte.
    ¨Das wäre schön.¨, erwiderte er mit so viel unerwarteter Liebe, das Jane ihn einige Sekunden lang nur verdutzt ansehen konnte. Sie hatte sich eigentlich vorgenommen nicht mehr zu weinen, aber sie merkte wie ihr dieses unbeschreibliche Glück, das sie empfand langsam aber sicher wieder die Tränen in die Augen trieb. Jane lächelte glücklich und schloss ihre Augen. Sie betete, dieser Moment würde nie vergehen...

    ----

    Ich hoffe ich hab damit jetzt niemanden verjagt >_>
    Ich hab solche Szenen bisher nicht sehr oft geschrieben, aber ich hoffe trotzdem dass es in Ordnung war ._.

    Vielen Dank für's Lesen!
    Nächstes Kapitel kommt so bald wie möglich ~

    ---

    Ich hab mich auch mal daran versucht ein Kapitelcover zu zeichnen: http://www.bilder-upload.eu/upload/d...1429536673.png
    Geändert von Sally78 (16.08.2015 um 00:00 Uhr)
    Man muss nicht selber in der Pfanne brutzeln, um über ein Schnitzel schreiben zu können.

  9. #49
    Toss a coin... Avatar von Drellinator92
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    Mich wirst du nicht los, Sally [emoji12]

    Hübsch geschrieben, weiter so!!!

  10. #50
    Newbie Avatar von xsm4sh3r
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    Sehr toll geschrieben Sally, tolles Cover, freu mich wie immer auf mehr

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