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  1. #51
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Einer der Insassen werkelte mittlerweile am verschlossenen Tor herum, während Raven voller Hass Ikarus fixierte. Der biotische Philosoph war für gewöhnlich starken Gefühlsregungen abgeneigt, ordnete alles seinem höheren Ideal unter. Aber scheinbar war etwas an Vanderlyle dran, was ihn schlicht zur Weißglut brachte… Und die Leidenszeit des Tropfs nur noch verlängern würde. Für die Granate musste Kid V büßen. Definitiv.

    Mit einer starken Geste des rechten Arms wurde die Umgebung um Ikarus hellblau, jedoch jeden Moment schwärzer. Kein einfaches Schwarz am Ende. Etwas endloses fasste sich in dem Blick von Ikarus. Die Zeit schien kurz zu brechen, der Raum zu krümmen. Ikarus verlor die Bodenhaftung, fing an zu schweben als die Singularität zusammendrückte. Die Finger verharrten in einer Position des Stillstands, nur noch die halbe Gesichtshälfte verspürte den Schmerz; Ikarus meinte, die andere wäre verschwunden, nicht mehr existent… Wenig blieb im Kopf außer den Schmerzen, doch auch die versetzten ihn bald in einen komatösen Zustand. Bald würde er einbrechen. Unter der Gewalt des Universums, vereint für den kurzen Moment in Ravens purer Machtambition.

    „Warte mal eine Sekunde“, sagte der Techniker am Tor. „Ich krieg die Tür auf keinen Fall auf, vielleicht benötigen wir den Typen noch!“ Doch Raven war nicht gewillt los zu lassen und forcierte stattdessen die Intensität der Singularität; Vanderlyles Arme und Beine bogen sich um unmögliche Winkel. Das Herz wollte aus dem Körper springen, so sehr war der Druck darauf. Die Granaten tickten nervös unter dem Ballast der Unverfrorenheit der mysteriösen Mächte. Er hörte nichts mehr außer einem betäubenden schrillen Knall, nun bluteten seine Ohren. Er hätte sie gern rausgerissen.

    „Genug, Raven!“, forderte der ehemaligen Kapitän der Asylum. Raven reagierte zuerst nicht, aber nach 2-3 weiteren, halb-mutig vorgebrachten Kommandos, löste sich die Singularität und Vanderlyle fiel zu Boden. Heftiges Husten war die Folge, sein gesamter Körper wurde zur Presswurst zusammen geschrumpft. Der Schmerz war noch da. Aber er konnte wieder atmen.

    Mit leisen Schritten kam der Kapitän zu ihm, stoppte vor Ikarus, der hechelnd nach Luft rang. Die Stiefel stellte er auf den Brustkorb des Mannes. „Vielleicht hast du dir gerade ein Ticket besorgt, lebendig hier rauszukommen.“

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  2. #52
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    Ganz so war es nicht. Vanderlyle hatte sich gar nichts besorgt außer jede Menge Ärger, als er damals auf der Asylum anheuerte. Das realisierte er nun einen ganzen Tick zu spät. Doch jemand war ihm gnädig; ein höheres Wesen? Zumindest der unverfrohenste Dieb des Universums hätte es sein können.

    Der Techniker kam zu Vanderlyle, in seiner Hand hielt er eine einfache Key-Card. Das dümmliche Portrait darauf war vom Tag als Vanderlyle angeheuert hatte; seine Schutzbrille war noch um den Hals geschlungen, die Kapuze ragte heraus. Er war unverkennlich auf dem Foto obwohl er nun vermummt und ein blutiges Etwas war.
    Der Techniker kniete sich hinab zu dem Häufchen Elend, ohne Zögern oder Mitleid riss er die Schutzbrille Vanderlyles ab. Unter dem Blut, das aus seinen Ohren und Nasen tropfte, war er schwer erkennlich; die Platzwunde brannte. Am schwersten traf es aber die Augen, die waren unnatürliches bleiches Weiß gehüllt; nun ohne die Brille brannten die Lichter der Asylum, als würde er vom Deck eines Sternenkreuzers direkt auf in die Sonne blicken. Erbarmen für den Moment war aber keines da. "Das ist der Mann, dessen Key-Card wir haben", schlussfolgerte der Techniker. Etwas Widerliches war an ihm deutlich; trotz all dem Futureshit dieser Zeit leistete er sich eine schmale Brille als Accessoire, der zerlumpte Mantel, den er trug, ließ erahnen, dass der Mann eigentlich nicht hierher gehörte, sondern damals mit dem Captain inhaftiert wurde.

    Der Captain hielt die Key-Card vor Ikarus Gesicht. Er lächelte gespenstisch, aber vertrauenswürdig. "Dein Ticket raus hier", witzelte er und fügte hinzu, mit Blick auf den beinahe tauben Vanderlyle, aber an die anderen gerichtet: "Scheint ganz so als hätte dieser Sheridan uns doch nicht verarscht."
    "Wo ist der eigentlich?" fragte eine Stimme weiter hinten, doch der Captain würgte ab. Das war jetzt egal. Nun denn, zwei Männer hievten ihn auf Geheiß des Captains auf; die Singularität hatte ihm alle Kraft geraubt. Blutende Spucke triefte herab, irgendwie war Vanderlyle Kiefer falsch angebracht. Als versteckten sich tausend schwarze Löcher in den Zähnen. "Tja, man kann die Sicherheitsvorkehrungen noch so sehr verändern; der Mensch bleibt immer stets das größte Risiko", sagte der Captain und ging zu dem Scanner der Key-Card. Sie rießen eine Buchse an der Wand, dahinter fummelte er etwas herum. Plötzlich riss er einen Retina-Scanner heraus. "Altes Notfallprotokol - ich habe Sheridan davon erzählt, ich dachte mir schon, dass er mich enttäuscht hatte, als er mir die Key-Card eines normalen Wärters besorgte... Aber nun, dich hier her zu locken, war wohl sein eigentlicher Plan."

    Die Key-Card wurde am normalen Scanner verweigert, aber durch den zusätzlichen hinteren Retina-Scan wurde der Verschlussmechanisum zurückgesetzt. So wenigstens Vanderlyles Vermutung. Niemand kannte sein Schiff so gut wie der Captain. Was auch immer die Asylum gerade in ihrem technischen Bäuchen für Qualen erlitt, sie konnten nicht schlimmer als Vanderlyles sein. "Nicht die sauberste Methode für mein geliebtes Schiff", säuselte der Captain und striff langsam am Tor entlang, "aber die einzige glückliche Alternative." Die zwei Männer drehten ihn um und wollten ihn zum Exekutionskommando führen. Exekution und Kommando, beide Wörter bedeuteten Raven. Als hätte Vanderlyles Blick danach gesucht, fand er Frank für einen kurzen Moment in der Menge. Niemand schien ihn zu beachten. Er war ja auch einer von ihnen. Wenigstens einer der hier lebend rauskommen würde. Der Verschlussmechanisums des Tors wurde dann aktiviert. Er wurde gelöst. All die Irren würden bald die Freiheit kosten. Zuerst auf der Asylum. Dann auf dem Tharkad. Von der anderen Seite hörte man irritiertes Gestammel und laute Rufe. Dort waren Menschen, dort waren Verbündete Vanderlyles. Irgendwer ladete seine Waffe durch, als Raven schon lang im Begriff war durch die Horde zu chargen, als er seine biotischen Kräfte zu einer Massenvernichtungswaffe bündelte...

    Sie wollten Vanderlyle wegtragen, doch nun ließen sie ihn bloß fallen.

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  3. #53
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    „Wo zur Hölle bin ich hier bloß gelandet?“, murmelte Oliver leise, während er sich inmitten einer Menschenmasse aus schwitzenden, stinkenden und irre vor sich hin murmelnden Irren stand. Alle schienen aufgebracht, fast so, als ob sie endlich die Energie, die in ihnen war, entladen wollten. Gegen wen? Er wusste es nicht. Er auch wusste nicht mehr genau, was passiert war. Dieser Vanderlyle hatte ihm eine Kanone zugeworfen, Frank, nein Oliver, hatte sie benutzt, um ein paar dieser Wilden den Garaus zu machen, musste aber dann, als das Magazin verschossen war, zur Suppenkelle greifen. Es war ein fürchterlich wilder Ritt gewesen. Irgendwie war er dann zwischen ihre Reihen geraten und man hatte ihn als einen der Ihren akzeptiert. Was auch immer das zu bedeuten hatte.
    „Hey, Mister Officer, schön zu sehen, dass du es auch geschafft hast!“
    Einer der Irren sprach Oliver von der Seite an. Es war ein Typ, dessen Insassenkleidung nur sehr locker saß, weil sie ihm mehrere Nummern zu groß war. Blutspritzer darauf zeugten, dass auch er den Mut gefunden hatte, diesen Ritt zu wagen. Eigentlich sollte er ihm bekannt vorkommen, aber der Name war ihm entfallen. Er lag ihm auf der Zunge und irgendwo zwischen den Nebelschwaden in seinem Kopf tauchten Bilder von diesem Typen auf.
    „Eh… ich hatte… Glück.“
    „Glück?“, fragte der Verrückte und legte seinen Kopf dabei schief, wobei er sich mit dem blutverschmierten Brecheisen kratzte, „mir hast du immer gesagt, Glück gibt es nicht. Nur den… Erfolg des… ah, ich krieg es nicht mehr zusammen.“
    „Die Früchte des Tüchtigen“, wurde als Antwort gemurmelt und wie auf ein Signal straffte sich die Körperhaltung. Sein Kopf schmerzte. Er zog die Nase hoch und versuchte, das Zucken seiner Augen unter Kontrolle zu kriegen. Ein irritierter Griff in die Tasche seiner Feldjacke und nach ein paar suchenden Bewegungen fanden seine Finger schließlich das beruhigende Kühl seines Zigarettenetuis. Wenige gekonnte Bewegungen später und der Lungentorpedo war zwischen den Lippen, um danach in Flammen aufzugehen. Eine einzige Rauchschwade in einer Menge aus Narren. Er zog die Nase verächtlich hoch und schälte sich durch die Masse, die Mütze auf dem Kopf und den klaren Blick stets auf den Gefangenen gerichtet. Man wollte ihn umbringen und der Masse zur Schau stellen, aber etwas schien ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Gebrüll war vom anderen Ende der Masse zu hören und kurz darauf der erste Schuss aus einer Dienstpistole. Die Gefangenen waren auf ihre Peiniger gestoßen. Ein Ruck ging durch die Masse und alles schälte sich auf diese eine Tür zu, die in diesem Moment zum Fleischwolf wurde, als beide Lager aufeinander prallten – und plötzlich interessierte sich niemand mehr für den gefangen genommenen Wärter. Niemand? Fast niemand.
    „Kommen Sie, Herr Vanderlyle“, murmelte Frank, als er seinem unfreiwilligen Befreier aufhalf und damit die Schuld zwischen ihnen beglich, „verschwinden wir von hier.“
    Der Wärter stöhnte, als Frank ihn etwas rabiater packte und einen der Arme um seine Schultern schlang, um ihn besser halten zu können.
    „Reißen Sie sich zusammen, Herrgott“, keuchte der Offizier und schliff sich mit Herrn Vanderlyle in ein dunkles Eck, „diese Verrückten sind gerade zu beschäftigt, um ein Auge auf die Rettungskapsel zu haben.“
    Er nickte in Richtung eines Ganges, der sich jenseits des Fleischwolfs aufgetan hatte, wo sich gerade der Vorkämpfer der Irren, eine gigantische, in einen Mantel gehüllte Gestalt austobte.
    „Nur wer weiß, wie lange das noch anhält… können Sie aufstehen?“

  4. #54
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    Ob er aufstehen konnte, natürlich konnte er das. Autsch. Vielleicht auch nicht. Aber Vanderlyle stütze seinen Arm ab an der Wand und Schneiderholm half ihm tatkräftig. Der letzte Samariter in einem Feld lauter Schlächter. Das würde er ihm nie verzeihen, jetzt war er Schneiderholm etwas schuldig. Möglicherweise die Freiheit. Vielleicht noch mehr.

    „Die Arzttasche…?!“, fragte Ikarus nach und deutete einige Meter nach hinten. Frank musste sie dort fallen gelassen haben, niemand hatte sie bis jetzt beachtet. Dort war nicht nur jede Menge Tabletten und Spritzenzeugs drin, dort war vor allem auch Medi-Gel drin. Die demolierte, verbeulte, blutende, verzerrte Fresse Vanderlyles konnte jetzt alles Medi-Gel der Welt gebrauchen. Schneiderholm tat wie ihm geheißen, während Ikarus schon langsam sein Heil in der Flucht suchte.

    Nun da der Eingang hart umkämpft war und Vanderlyle mitansehen musste, wie seine Kollegen der Reihe nach massakriert wurden und schon langsam ihr Heil in der Flucht suchten, die wenigen Wärter, die überhaupt den Mut aufbrachten hier hinunter zu kommen. Er fragte sich für den Moment, wo Elena war. Hoffentlich in Sicherheit. Unter all den Schmerzen und Plagen seines Körpers fing nun auch noch sein Schwanz an zu jucken. Elendige Krankheit. Sie schossen auf die Wahnsinnigen, die ausgerüstet waren wie Paramilitärs und Guerrilla-Kämpfer. Sobald Vanderlyle wieder bei Sinnen war, würde er einen Feldzug gegen sie starten. Aber jetzt, galt es eine Nische zu finden und tiefer einzudringen.

    Captain, Techniker, Biotiker… er hatte sie alle getroffen. Nur einer blieb übrig. Der Verräter. Sheridan. Schneiderholm kam von hinten gerannt, er nahm Ikarus unter dem Arm und mit der anderen Hand hielt er die Arzneitasche. Offensichtlich wollte der Jungspund in eine andere Richtung, aber Vanderlyle überzeugte zu ihn ohne ein Wort zusagen und stiller Entschlossenheit ihm zu folgen in die Höhle des Löwens. Vermutlich glaubte Schneiderholm, dass Ikarus einen Weg durch die tieferen Zellen kennen würde.

    Tatsächlich tat er dies sogar. Er war nicht lange an Bord der Asylum, aber der zweite Bereich, der Bauch der Asylum, war das Zellengewirr, wo die Insassen die meiste Zeit des Flugs verbrachten; eingesperrt in knappen vier Wänden, aufeinandergetürmt, Container um Container um Container… All die Privatgemächer standen nun still, da die knapp fünfzig irren Seelen sich aufmachten das Schiff zu meutern. Sie schafften es sich wegzustehlen und niemand schien sich an sie zu erinnern. In einer ruhigen Minute als sie weiter weg waren, lehnte sich Vanderlyle an die Wand an und deutete auf die Tasche. Das kühle Medi-Gel würde ihn bald wieder menschlich aussehen lassen, aber der Schmerz würde noch lange genug andauern.

    Er dachte schon jetzt an das, was er zu finden hoffte in dem Zimmer des Captains.

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  5. #55
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    Frank rümpfte anerkennend die Nase, als sich Herr Vanderlyle all seiner Verletzungen zum Trotz zusammenriss und seinen Körper in Sicherheit wuchtete – vorerst zumindest. Er war ein ordentlicher Bursche, der das Herz doch irgendwo am rechten Fleck zu haben schien. Frank begann ihn etwas zu respektieren. Wärter hin oder her, Kombattant hin oder her… Sowjet hin oder her. In diesem Chaos waren sie alle gleich, denn die Kugel oder das Beil kannten keine Gnade, unterschieden nicht nach gut oder böse, weiß oder schwarz, braun oder rot. Politik war hier schlicht fehl am Platze.
    Der Offizier kramte aus der Arzttasche ein paar Päckchen hervor, von welchen er eines aufriss und Herrn Vanderlyle reichte, während er die anderen in dessen Taschen verstaute. Eines behielt er für sich, für den Fall der Fälle. Es wirkte wahre Wunder, zumindest rein äußerlich. Dem Gesichtsausdruck des Wärters nach zu urteilen, hatte dieser noch immer große Schmerzen, die sich aber durch die Salbe zumindest etwas zu lindern schienen. Seine Wunden allerdings verschwanden beinahe spurlos.

    „Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Frank schließlich, wobei er den Blick stets in die Richtung gehalten hatte, aus der sie gekommen waren, während sein Begleiter die Wunden leckte, „tiefer ins Schiff hinein?“
    „Nicht ganz. Ich muss in die… Gemächer des Captains“, erwiderte Herr Vanderlyle und schnürte dabei gerade den letzten Verband fest, „dann können wir von hier verschwinden.“
    „Zum Lagerkommandanten? Was wollen Sie denn dort? Haben Sie nicht gesehen, dass er sich auf die Seite der Aufständischen geschlagen hat, dieser ehrlose Narr?“
    „Ich sagte, ich muss zu seiner Zelle, nicht zu ihm selbst“, stellte der Wärter etwas genervt fest und seufzte, „es wird nicht lange dauern.“
    Der Wachsoldat erhob sich und wollte gerade losgehen, als er an sich hinabsah und bemerkte, dass all seine Waffen noch immer dort lagen, wo ihn die Aufständischen aufgegriffen hatten. Ein herber Fluch kam über seine Lippen und man sah ihm an, dass er einen Moment mit sich haderte, ob er nun zurückgehen sollte oder nicht. Er war vernünftig. Mit einem gehässig gezischten „Diese Mission ist gerade um einiges komplizierter geworden“ verschwand der Wärter in einer Nische und machte sich an einem Wartungsgitter zu schaffen. Frank sah ihm etwas hilflos dabei zu, wusste er doch nicht, wie er helfen sollte, also hielt er Ausschau nach Verfolgern, die es nicht gab. Herr Vanderlyle hatte das Gitter schnell gelöst und sich in dem Wartungsschacht verkrochen, ehe Frank ihm folgte. Es war kein Lüftungsschacht oder irgendein anderes Loch, in das man hineinkriechen musste, sondern ein richtiger Gang, in dem man mehr oder weniger aufrecht oder vielmehr gebückt gehen konnte. Unzählige Rohre verliefen hier, die vermutlich zum Heiz- und Abwassersystem gehörten. Es tropfte ununterbrochen auf sie herab und der Gestank von Moder und Schimmel lag in der Luft. Dreckig, aber dafür unauffällig und sicher. Nicht ein anderer Insasse war ihnen begegnet, als Herr Vanderlyle beherzt das Gitter am anderen Ende ihres Weges aus der Halterung trat. Scheppernd fiel es zu Boden und die beiden Männer traten ins mehr oder weniger Freie mit seiner mehr oder weniger frischen Luft.

    Es waren Zellenblöcke, die mit einer kalkulierenden Präzision so platzsparend wie möglich platziert worden waren. Auf engstem Raum waren hier die Gefangenen gepfercht und für einen Moment war Frank froh, nicht zu den Mannschaften zu gehören, die in Kriegsgefangenschaft meist ein härteres Los zogen als Unteroffiziere, in jedem Fall aber schlechter dran waren als Offiziere. Er hatte in seiner Zeit hier zwar keinen einzigen Landser hier gesehen, aber dennoch hielt er es für eine barbarische Frechheit, Gefangene so zu internieren, wie das augenscheinlich in diesem Lager der Fall war.
    „Wonach suchen wir?“, fragte Frank stattdessen mit finsterer Stimme, als Herr Vanderlyle ihm die Zellennummer nannte. Nur halbherzig beteiligte sich der deutsche Offizier an der Suche nach der richtigen Nummer. Er hielt stets Ausschau nach Ausrüstung, die sie gebrauchen konnten.
    „Und was ist mit dem Theta-Sektor?“, fragte er beiläufig, doch eine düstere Vorahnung hatte sich in ihm bereits breit gemacht. Sie wurde bestätigt, als Herr Vanderlyle murmelte, sie hätten keine Zeit, ihnen würde bald das Schiff um die Ohren fliegen und dass er sowieso genug von diesem – „no offense“ – verrückten Pack hatte. Frank jedoch ließ sich damit nicht abspeisen und blieb wie angewurzelt stehen.
    „Das geht nicht! Sie ist dort unten!“
    Herr Vanderlyle drehte sich nun ebenfalls um, offensichtlich irritiert. Von wem er da rede, wollte der Wachsoldat wissen, doch in dem Moment, als Frank die Wörter über die Lippen gekommen waren, hatte sich jener das schon selbst gefragt. Er kratzte sich wieder an dieser elendigen Stelle am Hinterkopf, als er konzentriert nach der Antwort suchte, jedoch keine fand.
    „Ich muss zu ihr“, sagte Frank und ging an der Kreuzung zwischen den Zellen, an der sie sich gerade befanden, nach rechts. Herr Vanderlyle versuchte noch, ihn aufzuhalten, rief ihm hinterher, dass er alleine verloren sei auf diesem Schiff und dass er mit ihm gehen solle, wenn er leben wollte. Doch Frank ignorierte ihn. Festen Schrittes marschierte er tiefer hinein in den Bunkerkomplex, dessen dunkle Gänge für ihn eigentlich ein Labyrinth gewesen sein müssten.

    Doch er wusste ganz genau, wohin er ging.

  6. #56
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    Auch Odysseus hatte auf seiner Irrfahrt einst Hilfe; das Medi-Gel kühlte sofort den brennenden Schmerz weg, flickte die Wunden in zauberhafter Manier. Für Frank musste es Magie sein, aber wie meinte noch Doktor Xaver; Frank würde derlei Logikbrüche in mitten des Weltkriegs nicht mal registrieren sondern als wahre Selbstverständlichkeit annehmen. Nun, für Vanderlyle gehörte das Schmieröl aller Rassen, dieser Instant-Schmerzstiller der Pharmaindustrie, zum täglichen Wundermittel des Alltags. Nur bei Geschlechtskrankheiten gab Medi-Gel den Geist auf. Nun, es ging ja auch um Kampfbeschwerden…

    Konnte man danach süchtig werden. Nach den Schmerzen. Und der Linderung des Medi-Gels. Man ging ins Limit, um zu wissen, dass man bald wieder heil sein würde. Sofern man es überlebte. Das tat Vanderlyle. Immer.

    Er ließ seine Waffen zurück mit der vagen Vermutung, sie würden ihm später schon wieder in die Hände fallen. Wenn er alle eigenhändig erwürgen und erdrosseln musste. Sie aus den toten Händen eines Irren klauen würde. Das war sein Glück. Und ein kleiner Chip, der mit seinem Omni-Tool verbunden war. Der moderne Schlüsselfinder für den Söldner, der gerne seine Waffen im Kühlschrank liegen lässt.

    Frank zierte sich überraschenderweise nicht Vanderlyle in den Bereich des unteren Levels zu folgen. Dort, wo die Asylum all die Härtefälle inhaftiert hatte und die nun wundersamerweise frei herumliefen mit der Sprengkraft und der Waffengewalt einer ganzen Armee. Woher kamen die Waffen, all die Ausrüstung. Wer hatte die Irren freigelassen. Er vermutete Sheridan, aber woher hätte der ehemalige Allianz-Offizier die Ausrüstung herzaubern sollen. An den Warlords des Tharkads musste etwas dran sein, dachte sich Vanderlyle. Und er musste Hilfe haben. Möglicherweise ein Maulwurf, der die Crew und Vanderlyle verraten hatte. Es galt herauszufinden. Nun da die Irren aufgebrochen waren, um die Crew zu malträtieren und die Asylum zu erobern, war der Ausgangspunkt ihrer Kampagne hoffentlich unbewacht. Es würde seine Zeit dauern, bis er auf etwas Brauchbares stoßen würde, doch die Zeit musste man sich nehmen.

    Dunkel war es, nicht gänzlich, aber die meisten Leuchten weit oben im Trakt hatten schon den Geist aufgegeben. Als er auf ein paar Scherben stieg, dachte er sich, dass manche auch absichtlich ausgeknipst wurden. Die Schönheiten der Asylum gab es hier schließlich nicht zu bestaunen. Dafür geilten sie sich am Grusel auf. Manche von ihnen nutzten die Angst der anderen als Serum der Stärke. Bizarrer Scheiß. Vanderlyle schritt voran, das Omni-Tool erhellte den direkten Weg. Er war am ersten Tag hier unten, als die Insassen noch nicht eingewiesen waren für die lange Reise zur meistbietenden Institution. Hier unten war dann vermutlich schon der Captain eingepfercht. Als die obersten Tiere der damaligen Meuterei sich dazu entschieden, sich gegen den Captain aufzulehnen. War er geisteskrank oder wurden sie zu gierig? Statt ihn zu töten, sperrten sie ihn ein. Für solche Fehler zahlten nun alle den Preis. Ikarus hätte gut daran getan, die Seite zu wechseln, solang es noch möglich war. Kein Sold der Welt war es wert zu sterben für einen Konflikt, wo man nicht wusste, zu wem man halten würde, wenn man beiden zum ersten Mal begegnet.

    Die Gespräche mit Frank hielten Vanderlyle bei Laune und nahmen das unbehagliche Druckgefühl, das von der Decke herab stieg. Als wollte die weit oben gelegene Decke bald Ikarus zerquetschen. Wegfliehen konnte er schließlich nicht.

    „Ich muss zu ihr“, mit diesen Worten verschwand Frank und Ikarus wollte noch nach sprinten, aber dann war der Offizier im Dunkel des Trakts verschwunden. Die aufeinander getürmten Container und Zellenblöcke, die aufgebrochenen und geplünderten vier Wände der Insassen stellten bald ein Kuriosum für Ikarus dar und so kam es, dass er bald nicht mal mehr die Schritte Franks wahrnehmen konnte. „Hoffentlich findest du mich rechtzeitig wieder“, seufzte Ikarus und folgte vorsichtig den Nummern der Container.

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  7. #57
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    Unten an der Wirbelsäule tat es immer noch weh, die Schmerzen würden ihn wohl bis ins Grab verfolgen. Wann erfreute man sich schon mal so verrenkt und zerquetscht zu werden, als wenn man von einer Singularität in der Luft drangsaliert wird. Einen Chiropraktiker aufzusuchen, war wohl das erste, wenn er wieder in die Zivilisation zurückkehren würde. Oder der Kauf eines Massagesessels, den er… äh, im Handgepäck mitschleppte?

    Das Licht des Omni-Tool spendete genug, damit er zwar nicht zügig, aber konstant vorankam. Er verfügte über keine näheren Informationen auf seinem Tool; keine Karte, kein 3D. Wenigstens blieb ihm etwas Instinkt und Hausverstand. Das reichte aus, um sich zu orientieren. Von der hinteren Reihe bewegte er sich Richtung Zentrum, das Zellenalphabet und die Nummernschildern boten genügend Anhaltspunkte. In den offenstehenden Zellencontainern war rudimentäres Mobiliar; eine Matratze ohne Federn, Pappkartons für die Mahlzeiten. Drei Sätze Kleidung waren Standard für die Insassen, die meisten hatte ihre in der Euphorie zerfetzt! Viele der Zellen waren bemalt worden in den letzten Stunden; meistens wirres Satzgewirr, manchmal eine klare Botschaft. Verwirrend waren nur die Zellen, die in Haiku-Gedichten oder Hieroglyphen verziert waren. Schnaufend bebend frei / Das Raumschiff bald brennend / Der Tharkad fallend. Was die Vögel und Anubis Kreaturen zu bedeuten hatte; möglicherweise die Boten des Todes? Andere Zellen behergten paar Leichen. Die ersten Kugeln wurden gleich spontan verteilt. Als die Insassen an Waffen gerieten, gingen sie sich erst mal selbst an den Kragen. Aus einer Leiche wurde bald drei, dann hatte er schon fünf gezählt. Irgendwann musste wer die Energie der Insassen bündeln, bis es aber so weit war, war wohl schon viel Blut den Tiber runtergeflossen.

    Tatsächlich konnte er sich nur schwer ausmalen, was für ein Kraftakt es sein mochte, wie viel Charisma und Überzeugungskraft von Nöten war. Welche Worte die wirkungsvollsten waren, jene, nach denen ein Feld von Irren aller Typen sich vereinte. Für einen Zweck.

    Vielleicht war es auch ganz einfach, dachte er sich, nämlich dann als er bei einer Kreuzung der Zellenblöcke vier Container vorfand, die geplündert und leer das Zeugnis großer Pläne darstellten. Noch vereinzelt lagen Thermoclips am Boden, auf die Ikarus ohne viel Bedacht trat. Hierher kamen also die Waffen, von hier stammte die Welle der Brutalität, die nun über die Asylum hinab donnerte. Nun war nichts mehr im Container, aber innen drinnen war noch genug Bedeutung: Ein rotes Totenkopfsymbol war am Boden der Container angebracht, flankiert von Zahnrädern. Das Zeichen der Gewalt. Zuhause auf dem Tharkad. Der Schrecken der Warlords war also real.

    Von Omega zum Tharkad. Eine kurze Reise des Unheils. Bloß wie konnten Container ohne etwas zu erahnen auf der Asylum laden. Noch schlimmer: Im Gefängnistrakt. Als hätte man sie für Essenrationen verwechselt.

    Nun wäre der Dienstplan praktisch gewesen. Um herauszufinden, wer der Maulwurf war. Aber eins nach dem anderen. Er streifte mit den Fingern am Container entlang, da vernahm er Schritte in der Dunkelheit. Rasch dimmte er sein Omni-Tool erneut ab und wurde eins mit den Nischen des Trakts, verschwand unter dem Flickern der klammen Lichter.

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  8. #58
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    Was sich der Unbekannte wohl dachte, als er auf die Container zukam. Die Schritte waren leicht und ließen auf die branchen-üblichen Pantoffeln schließen, das fehlende Licht einer Taschenlampe darauf, dass sich die Person gut genug im Trakt auskannte, um bei flackerndem Licht von der Decke zügig herum zu spazieren. Ikarus versteckte sich an der Decke eines Containers, der auf einem anderen gelagert war. So behielt er eine ausgezeichnete Übersicht über die Situation und war gleichzeitig bloß ein unmöglich zu erkennender Schatten – sofern man nicht gerade mit einem Nachtsichtgerät umher pirschte...

    In der Insassen-Kleidung war die Person leichter zu erkennen als ihr lieb sein konnte, sie war dürr und schmächtig. Etwas kleiner als Ikarus. Das störrische Weiß der Asylum Anstaltskleidung war ein Mode Fauxpas, gegen den man leider unmöglich Beschwerde einlegen konnte. Oh, dich stört etwas an der Kleidung – zwanzig Peitschenhiebe!

    Möglicherweise handelte es sich um eine Frau, dachte er noch im Sprung nach unten. Als hinter ihr landete und sie ergriff und ihre Haare dabei zur Seite schob, war er sich gewiss, dass es eine Frau war. Sie wollte noch aufschreien, aber mehr als ein Quicken erlaubte Ikarus ihr nicht, da hatte er schon seine Hände um ihren Mund geschlungen. Langsam flüsterte er ihr zu, still zu sein, und dann würde ihr nichts passieren. Aber die Frau war außer Rand und Band, sie wollte nicht hören. Sie zappelte und wirbelte, ihre Arme waren nicht unter Kontrolle zu bringen. Das war nicht bloßes Sich-Wehren gegen einen Angreifer, das war ja direkt Panik. Sie keifte und zankte. Ikarus konnte sie schwer unter Kontrolle halten. „Verdammt… ich will nur paar Fragen…“ Autsch! Ein Tritt in die Eier, wunder Punkt. Immer noch. Auch im 22. Jahrhundert tat das genauso weh, als wär er ein Neandertaler. Vielleicht sogar noch mehr.

    Er ließ sie widerwillig los und sie viel aufgrund ihres ganzen Gezapfels nach vorne, hätte sich beinahe den Kopf am Container angeschlagen. Ihm war leicht mulmig, normalerweise hätte sie jetzt eine Tracht Prügel kassiert, da kannte Vanderlyle keine zwei Geschlechter. Eigentlich wäre ihm so ein Tritt in die Weichteile auch egal gewesen, aber er war gerade nicht so ganz auf der Höhe; die Nachwirkungen einer Singularität, man kannte das ja…

    Nun kauerte sie also vor ihm und kroch langsam von ihm weg, bis sie am Container angelangt war. Sie schien nicht bewaffnet zu sein, aber hätte sie den auf ihn schießen können, wenn es denn der Fall gewesen wäre? Sie zitterte am ganzen Leib, schluchzte wild und unbändig und ohne Kontrolle. Die Tränen quollen herab, als schlechte Erinnerungen sie heimsuchten und die Orte der Gewalt in ihr wieder aufloderten unter jener Lawine an Medikamenten und Betäubungspillen und Verdrängungstherapien.

    Ja, vielleicht erinnerte er sich an ihr Dossier. Wen nicht, wusste er schon was vorgefallen war. Die Frau war wohl ein Vergewaltigungsopfer und reagierte jetzt verzweifelt auf die kleinsten Berührungen. Wenn ein Aggressor sie von hinten packte… dann brach auch die betäubende Wand aus Morphium urplötzlich ein. Schlechter Move, gestand er sich, und beugte sich etwas herab. „Okay… das tut mir.. das tut mir wirklich sehr Leid… Claire?“

    „Schnauze“, antwortete sie. „Ich gehör‘ nicht hier her…“

    Was auch immer. Verzweifelt lag sie da, keuchte so stürmisch auf und ab. Vanderlyle war kein Arzt und nicht ihr Therapeut. Nicht ihr Sponsor, nicht ihr Wärter. Nicht sein Problem. Eigentlich. „Hör‘ mal zu…“, er hob die rechte Hand und hob sie leicht auf und ab. Auf magische Art und Weise wurde Claires Atem ruhiger; er war kein Therapeut, aber man schnappte ein, zwei Dinge im Laufe all der Reisen auf. „Ich bin nicht hier, um dir oder wem anderes was zu tun. Du bist eine Insassin, aber nicht bei der Meuterei dabei.“
    „Sie schlugen mich nieder.“ Er war verwundert, schließlich sah er keine Wunden oder Spuren davon auf ihrem Gesicht. „Oder sie probierten es“, schmunzelte sie.
    „Und jetzt bist du aus dem Versteck rausgekrochen… nun, die Meuterei ist in vollem Gang und ich muss wissen, wo die Rädelsführer sich getroffen haben. Eine Ahnung?“
    „Weiter hinten, dort wo der Turianer plötzlich alle Zellen mit Biotik zerstört hat… das Tor vom… Anführer war komplett verschlossen, nicht mal ein Fenster war ihm vergönnt. Als der Mann rauskam, forderte er, dass man alle Lichter ausschaltet. So sehr tat ihm das Licht weh.“
    „Das muss dann der Captain gewesen sein; der Mann mit der eisernen Maske…“
    „Hinter einem eisernen Vorhang“, fügte sie hinzu. Sie war zu cool, um eine einfache Insassin zu sein. Vielleicht steckt mehr hinter ihrem Dossier als es vermuten ließ. Herr je, sie wäre nicht die erste gewesen, die Dr. Xaver reingelegt hätte und für dumm verkauft.

    „Nun, ich nehme an: Du wirst mir den Weg nicht freiwillig zeigen?“ Claire grinste daraufhin. Natürlich wollte sie das nicht. Sie meinte, sie würde lieber bald einen Ausweg aus der Asylum suchen. Es war wohl an der Zeit, um endlich aufzubrechen. Etwa auf den Tharkad, fragte Vanderlyle noch skeptisch nach. Claire ließ die Frage auffällig unbeantwortet. Claire Santiago war ihr voller Name, meinte sie.

    „Egal was deine Pläne sind, du solltest einem freundlicher Wärter wie mir helfen, wenn er etwas Orientierung braucht.“
    „Du hast noch nicht mal Waffen bei dir, Revolverheld…“

    Das stimmte. Die lagen irgendwo herum, irgendein Irrer lief vielleicht damit herum und meuchelte wie er lustig war. Mit langsamen Schritten kam Ikarus auf sie, er knackte mit seinen Fingern. Sie war athletisch gebaut und durchtrainiert. Bestimmt hatte sie Erfahrung darin einen Kampf zu überstehen. Bestimmt hatte sie schon einiges durchgemacht. Ihr plötzliches, übertriebenes Schreien zeugte von den bösen Erinnerungen einer Frau, die stark genug war für die Welt, aber niemals mehr gebrochen werden wollte. Er kam näher an sie heran, sie knirschte mit den Zähnen. Bleib cool, Lady. Vielleicht würde er sie noch überzeugen können, dachte er sich, als er ihr die Hand vorhielt, um ihr aufzuhelfen.

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  9. #59
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Sie nahm sie an. Zum Glück. Noch eine Schlägerei war wirklich nicht in Vanderlyles Sinne. Nun, offiziell hätte er sie laut den Regeln zurück in die Zellen begleitet sollen bis der Aufstand der Wahnsinnigen vorüber war. Aber angesichts der Tatsache, dass er ungefähr zehn Seelen an Bord der Asylum ins Jenseits schickte ohne groß mit den Wimpern zu zucken, waren die Regeln schon lange über Bord gegangen. Das war das Problem, wenn man jemanden wie Vanderlyle anheuerte; vielleicht hätte es eine Chance zur friedlichen Lösung gegeben, aber die ging flöten, als Vanderlyle ganz seinem Instinkt folgte und erst einmal dem ersten bewaffneten Irren eine Kugel in den Kopf verpasste. Man konnte nur so viel mit reden bewegen; wenn man einen Trottel mit Feuer und Kanonen sah, lag es an jemanden wie Vanderlyle zu handeln. Immer.

    „Der Biotiker hat vor ein paar Stunden dort hinten für ganz schön Aufsehen gesorgt…“, sie schlenderte ihm voraus. Vanderlyle wurde das Gefühl nicht los, dass Claire weder hier sein sollte noch hier sein durfte. Aber sie wollte hier auf dem Schiff sein. Nicht mit jenen Irren ein Level über ihnen, nicht mit den Wärtern oder Passagieren. Sondern für sich. Als blinder Passagier. Sheridan nicht unähnlich, nur dass sie nicht mordend durch die Lande ziehen würde.

    Sie meinte, sie hätte posttraumatische Beschwerden, was der Grund gewesen sei, aufgesammelt zu werden in Illium, als sie mit einigen Batarianern aneinandergeriet und die Kontrolle verlor. Illium bot einen freizügigen Freihandelssektor; mindestens gleich stellten sich die Asari & Co. auf dem Planeten dar, wenn es um Medizin, Psychiatrie und Gewinnmaximierung ging. So ungefähr meinte es Vanderlyle auch in ihrem Dossier damals gelesen zu haben, Stress mit Batarianern, zu wenig Meds intus, bisschen zu viel Prügel verteilt an die falschen Leute und prompt festgehalten und für kirre erklärt worden. Aber genau konnte er sich nicht erinnern. Jetzt hätte sie zur Citadel „… verfrachtet werden sollen“, sagte sie missgünstig.
    „Mhm“, brummte er, denn ganz wollte er die Story ihr nicht abkaufen. Das reimte sich zu gut aufeinander, aber für den Moment reichte es ihm aus, wenn sie vorging im spärlichen Licht seines Omni-Tools und ihm den Weg zeigte.

    Tatsächlich dauerte es nicht lange, und sie kamen in den Teil des Zellentrakts wo metallene Türen auf dem Boden lagen mit Dellen drin, als hätte man sie direkt aus der Fassung rausgezogen. Von hier an war es ein leichtes die verschiedenen wichtigen Behausungen zu lokalisieren; eine Schneise der Zerstörung wurde praktischerweise von Raven hinterlassen. Überall dort wo seine Biotik im Spiel war, konnte man ein ranghohes Tier vermuten… Er gewährte sich in jeder Zelle eine Blicke, doch jede drückte dasselbe karge Bild aus. Noch mehr als in den Zellen der normaleren Insassen, waren hier keineswegs persönliche Gegenstände erlaubt; hier gesellte sich ein karges Grau auf deprimierendes Weiß. Nur eine Zelle stich deutlich hervor, nun… vielleicht waren es sogar zwei. Beide in einer besonders dunklen Nischen positioniert, lagen sie gegenüber voneinander, als hätte dies jemand so arrangiert. Als sollten die beiden irgendwie Kontakt miteinander haben, auch wenn beide Zellen des Typs Isolationshaft waren, und somit jedweder Kontakt zu den anderen Insassen strikt verboten war. Mehr als ne Schüssel Brei drei-mal am Tag war nicht drin, solang die Reise der Asylum andauerte. Wie lange sie für den einen Bewohner noch gedauert hätte, konnte Vanderlyle nicht sagen. Aber in der anderen drang der Gestank von Wochen der Einzeltherapie – der besser ausgedrückt, Einzelhaft heraus. Die Zelle des Captains war ein Verließ, wo sie in Dunkelheit peinigten und malträtierten. Der Hass gewisser Teile der Crew endete hier, ein düsteres Loch des Nichts, langsam den Verstand und den Geist des Captains zerfressend.

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  10. #60
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Der traurigen Gestalt, die in dem Container zur rechten Seite hausen musste, war er schon begegnet: Zweifellos war das karge, dunkle Loch, dass sich hier als Zelle an Bord der Asylum getarnt hatte, kaum menschenwürdig; Isolationshaft für mehrere Wochen war die Devise, aber wer konnte solch etwas schon verkraften; die Devisen wurden mit dem Verstand bezahlt. Ikarus war direkt erzürnt über die Umstände der.. Einzelhaft. Schließlich konnte man hier nicht mehr von einem armseligen Irrentransporter reden, sondern von einem Gefängnisschiff des Kalibers der Purgatory.

    „So viel wie ich sagen kann“, schub Claire ein, „war der Captain hier nur äußerst selten zu gegend.“ Sie nickte zum anderen Container. Vom dunklen Loch des Nichts trat Ikarus zum anderen herbei und durch Sensoren wurde ein Licht aktiviert als er über die Schwelle trat und eine kleine Operationsbasis kaum zum Vorschein. Er hatte vom Zellencontainer hier noch nie etwas gehört, die Nummer war im unbekannt. Als er rasch im Intranet der Asylum danach suchen wollte, welches auf seinem Omni-Tool gespeichert war, wurden keine Einträge gefunden. Offiziell existierte der Container also an Bord der Asylum gar nicht. Inoffiziell brach von hier die Meuterei aus.

    Für ihn war nun klar, dass die Maulwürfe, jene Wärter die den unteren Zellenblock kontrollierten, offensichtlich gekauft oder manipuliert oder sonst was wurden. Andernfalls hätte man dies nie über Wochen hinaus planen können. Vanderlyle ergriff einige der Dokumente, die noch am Tisch lagen. Zu unbedeutend, um sie mitzunehmen, nun da die Asylum bald in der Gewalt der Rädelsführer sein würde. Anscheinend datierten einige der Dokumente bereits einige Jahre zurück; Mitte 2181 waren die ersten Datumsangaben. Das würde ungefähr zur damaligen Großoffensive der Warlords passen, als diese vermehrt Truppen und Ausrüstung auf den Tharkad geschleust haben. War die Asylum etwa schon seit mehreren Jahren als geplanter Truppentransporter für die Warlords in Verwendung? Oder handelte es sich hierbei gar um eine kleine Covert-Op, um besonders furchtbare Kriminelle unbedacht aus den Fängen der Justiz zu befreien und alsbald auf den Tharkad zu schleusen? Die wenigen Passagen, die Ikarus überflog, deuteten dies offensichtlich an…

    Es würde schließlich Sinn machen, eine solche Operation verdeckt laufen zu lassen. Mit dem Captain hatten sie einen Mann, der sein Handwerk verstand, und sogar frühere Efrfahrungen im Bereich des Schmuggelns hatte. So hatte man unter der Crew zumindest getuschelt. Doch nun da der Captain die Kontrolle verloren hatte, war es Zeit, die Asylum zurück zu erobern und möglicherweise: Für einen letzten Angriff Sturm zu fliegen. Entweder sie bekamen ihr Eigentum zurück – oder aber es würde auf dem Tharkad verenden. Ikarus realisierte, er war auf keinem Transportschiff; es war ein verfluchtes Geisterschiff, nur kaum einer wusste bis jetzt, dass sie alle verdammt waren zu sterben. Schließlich würde die Allianz nie zulassen, dass die Asylum den Tharkad erreicht und andererseits, würden der Captain, Raven und all die Irren die Rettungskapseln beanspruchen. Und keine blieb mehr für Ikarus übrig, oder für Frank. Oder für Elena und den Doktor.

    Ikarus zerknüllte eines der Papiere. Ihm wurde ganz mulmig bei der Sache. Ihm fiel in der Ecke ein Terminal auf und er wandte sich ihm zu. Passwortabfrage. Der Tharkad ist nicht eure Heimat, lautete die Forderung. Er erinnerte sich an die Wort einst an einem anderen Terminal; mehrere Levels über ihm. Als er aufwachte und versuchte, die Lage zu begreifen. Als er nicht wusste, was vor sich ging. Als er Irrsinn noch nicht seinen Lauf genommen hatte. Was hätte er als Passwort eintippen können ohne Alarm zu schlagen. Er fragte bei Claire nach, doch die war schon verschwunden. Sie hatte die lange Recherchezeit von Ikarus genutzt und war abgehauen. Während ein Krieg über ihm tobte, die Asylum zu brennen anfing und der Beschuss der Allianz auf die Asylum einzubrechen drohte… schlug sich Ikarus mit Passwortabfragen rum?! Ernsthaft, jetzt.

    Er tippte willkürliche Slogans ein. Patriotischer Müll. Spezialitäten des Tharkads. Eigenwilligkeiten der Asylum. Erst als er einen Schritt zurück ging und die Dokumente noch einmal ins Auge fasste, fiel ihm auf einer Tischplatte wieder das Symbol der Container auf. Der Totenkopf mit den Zahnrändern, und diesmal stand in Latein drum umschlungen: Cohors exsecrati. War das jetzt Latein?! Jetzt wirklich ernsthaft…

    Er probierte sein Glück mit der englischen Übersetzung. Kein Glück. Wie wäre es mit Deutsch? Treffer. Versenkt. Legion der Verfluchten. Ihm blieb nicht viel Zeit, sein sechster Sinn fing an zu beben. Bald würde etwas passieren. Etwas mächtiges. Brutales. Er kopierte was er finden konnte in der wenigen Zeit, die er hatte. Würden die Dateien ihm etwas nützen, würden sie helfen? Was konnte er schon dazu sagen… Es würde gut sein sie zu haben. Er übernahm alles, was er finden konnte in so viel Zeit wie ihm blieb.
    Bald darauf kam die Durchsage. Es war die Stimme des Captains. Er wäre nun wieder in Kontrolle, auch wenn Teile der Crew sich nach wie vor weigerten und verschanzt hätten. "Leider hat mein... ehemaliger Freund, Navigator Preston, die Allianz verständigt. Deshalb... oh ja, da kommt es schon... Jungs und Mädels, es wäre unser Sieg gewesen." Und dann warnte er all jene an Bord der Asylum zu fliehen, denn das Schiff wäre nun wieder seines. Nicht lange darauf nach dieser Durchsage fing Vanderlyle an los zu rennen, als der Beschuss fremder Mächte auf die Asylum stattfand.
    Geändert von Ikarus Vanderlyle (31.08.2015 um 12:51 Uhr)

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