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Thema: Citadel

  1. #1041
    ...Nun... Avatar von plasma13
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    "Hey!", legte er Aeona die Hand auf die Schulter. "Alles gut bei dir?", fragte er.
    Sie schaute Kahn wortlos an und wendete den Blick Aurix zu, der sie beide mit verengten Augen musterte, bevor er wegsah und sich dem Beobachten der gegenüberliegenden Wand widmete.
    "Ist da was zwischen dir und ihm", nickte er in Richtung des wütenden Turianers, "oder war da mal was?", fragte er einfühlsam. Es war nicht undenkbar, dass die beiden eine Vorgeschichte hatten und er nun die Dreiecksgeschichte komplett machte.
    "Du weißt nicht allzu viel über Turianer, oder?", sagte sie etwas geistesabwesend und ohne auf Kahns Fragen einzugehen. Nach wie vor sah sie den Ghost an, der sie allerdings nicht beachtete. "Dein Geruch klebt überall an mir. Das wirkt... wie ein rotes Tuch auf ihn. Ein stark ausgeprägtes Territorialverhalten." Sie beendete den Biologieunterricht, blickte den Söldner an und fügte leise hinzu: "Hol dein Zeug, ich will weg von hier." Wieder schaute sie zu Aurix und runzelte nachdenklich die Stirn.

    Krom hielt den Schlüssel vor den Sensor und das Licht über der Tür wechselte auf grün. Er gab am Zahlenfeld die Kombination ein, die Gravok praktischerweise auf den Schlüssel geschrieben hatte und mit einem metallischen Schlag entriegelte die Tür.

    Die Waffenkammer bestand aus mehreren Räumen und beherbergte Waffen, Gerät und die Ausrüstung einer Söldnerkompanie und hatte Kapazität für etwa 150 Söldner. Die Luft war trocken und schmeckte ein wenig staubig. Der Geruch von Lack und Waffenöl lag in der Luft.
    Mit wenigen Schritten Abstand zur Tür befand sich im ersten Raum ein langer, breiter Tresen. Neben dem Tresen, der offensichtlich für die geordnete Ausgabe von Material gedacht war, befanden sich mehrere Regale, überwiegend an den Wänden entlang, aber auch in der Raummitte. Deutlich konnte man allein schon hier sehen, wie abgenutzt ihr Kampfverband war. Lediglich etwa 50 Waffen befanden sich in den Regalen. Überwiegend waren es Sturmgewehre, aber es gab auch ein paar Pistolen, die irgendwo verloren in einem Fach herumlagen. Neben den Waffen waren die Regale zum größten Teil mit Kisten, Kartons und Boxen vollgestellt, an denen noch die weißen Lieferscheine hingen.
    Nach links und rechts gelangte man in die angrenzenden Räume. Im linken konnte man weitere Boxen und Kisten stehen sehen. Das erfahrene Auge erkannte sofort, dass es sich um Waffenkisten handelte, in denen schwere Waffen transportiert wurden. Allerdings standen auch ein paar schwere Waffen herum, für die es wohl keine Kisten mehr gab. So erkannte man eine alte Feldautokanone, die noch aus der Zeit der kroganischen Rebellion zu stammen schien.
    Im rechten Raum war der Abstellraum für die persönliche Ausrüstung der Söldner. Verschiedenfarbige Transportkisten in allen Formen standen dort übereinandergestapelt. Genau wie im ersten Raum sah man sofort, dass nur ein Bruchteil des verfügbaren Platzes benötigt wurde. Da noch ausreichend Platz war, wurde hier auch noch ein wenig Munition gelagert, was eigentlich verboten war, aber wenn man Söldner ist, neigt man öfters dazu, einfache Lösungen vorzuziehen und nicht durch die halbe Station zu fahren, nur um die Munition in irgendwelchen turianischen Munitionsbunkern einschließen zu lassen.

    Krom steckte seinen Kopf aus der Waffenkammer. "KAHN!", rief er ungeduldig. "Komm schon! Ich will hier weg!"
    Ein letztes Mal musterte Kahn den Turianer, der ihn wieder finster anfunkelte, bevor er sich von der Soldatin löste und mit einem Pfeifen auf den Lippen in die Waffenkammer schlenderte.

    Grey schaute dem gutgelaunten Kahn nach, seufzte und ging auf den Ghost zu. In einem Meter Entfernung blieb sie stehen.
    Der Turianer starrte sie an: "Verschwinde!"
    "Aurix...", begann sie, aber er unterbrach sie sofort.
    "VERSCHWINDE, sagte ich!!", brüllte er lauter, löste sich von der Wand und baute sich vor ihr auf. "Geh!"
    Sie wich zurück und sah ihm in die Augen, die sie wütend, und vorwurfsvoll, anblickten. "Lass mich bitte erklären", fing sie an und wurde wieder unterbrochen.
    "Da gibt es nichts zu erklären!"
    "Aber..." Aurix schüttelte langsam mit dem Kopf und sie verstummte.
    Die Stille zog sich in die Länge, als der Turianer plötzlich leise meinte: "Ich weiß, dass ich keinen Anspruch auf dich habe... Ich konnte mich aber nicht zurückhalten." Was sollte er ihr denn auch sagen? Dass seine Hormone ihn einfach durchdrehen ließen, wenn sie in seiner Nähe war? Und dass er Kahn am Liebsten das Genick brechen würde? Davor zwar auch, aber jetzt umso mehr?
    Sie presste die Lippen aufeinander und trat an ihn heran, aber er zog sich zurück. Trotzdem griff sie nach seinem Arm und er hielt inne: "Ich möchte es dir wirklich erklären. Aber nicht unbedingt hier." Sie blickte sich in dem heruntergekommenen Gebäude um.
    Der Ghost atmete tief ein, was er besser hätte sein lassen sollen, denn Kahns Gestank stach ihm sofort in die Nase. "Wie du meinst."
    Nach einer Minute Schweigens fragte sie: "Worüber wolltest du mit mir reden?"
    Pedia. "Nicht hier, Chief", nickte er in die Richtung der Waffenkammer. "Die beiden sollten nichts davon mitbekommen."
    Sie verengte die Augen: "Verstehe."
    Sie sprachen nicht mehr miteinander, bis die beiden Chaoten wieder auftauchten.

    "Also gut! Machen wir uns mal stadtfein!", erklärte Kahn fröhlich, als er den Raum mit den Kisten betrat, wo Krom ihn bereits erwartete.
    Da ihre Kisten mitten im Stapel waren, mussten die beiden zuerst einmal die anderen Kisten umschichten. Zu zweit immer eine Kiste nehmend machten sie sich ans Werk.
    "Na!", begann Krom schelmisch zu grinsen. "Warst ficken?"
    "Jupp!"
    "Und? War gut?"
    "Die Kleine hat richtig Feuer, das sag ich dir!"
    Beide machten sich an die nächste Kiste.
    "Geh aber jetzt nicht damit hausieren! Die scheinen ein wenig verklemmt zu sein!", ermahnte Krom seinen Kumpel.
    "Schon klar!" Kahn sah sich verschwörerisch um und begann zu flüstern. "Alter, dieser Vogelkopf geht mir jetzt so langsam richtig auf die Eier!"
    Krom brummte zustimmend: "Sein Eis wird dünner..."
    Einen kurzen Moment schwiegen sie und verschoben eine weitere Kiste.
    "War bei dir irgendwas? Wie wars im Ajax?", begann Kahn erneut.
    "Ruhig. Aber wir hätten dort keine Minute länger bleiben dürfen!"
    "Wie hat Gravok reagiert?", fragte Kahn mit einem Schmunzeln, da er ahnte, wie die Antwort ausfallen würde.
    "Dieses versoffene Stück Scheiße! Erst als ich anfing, ihn in der Toilette zu ertränken, hat er den Scheißschlüssel rausgerückt! Aber ich hab Pedia getroffen!", ergänzte Krom mit einem Lächeln.
    Kahn lachte nasal auf, während sie eine weitere Kiste beiseite schafften. "Hast du mit ihr was ausgemacht?" Sein schelmisches Lächeln war wieder da.
    Krom schüttelte den Kopf. "Nee... Die hat schon vorgesorgt und stöhnt wohl im Moment den Namen eines anderen."
    Schließlich hatten sie Zugriff auf ihre Kisten und wenig später verließen die beiden voll aufgerödelt die Waffenkammer, wobei jeder von ihnen noch eine Tragetasche mitführte.
    Krom ging zur gegenüberliegenden, offenen Waffenkammer.
    In der baugleichen Waffenkammer saßen drei andere Söldner und werkelten gerade an einigen Autokanonen. Mit wenigen Worten erklärte er, schnell weg zu müssen, und übergab recht formlos den Schlüssel an die ihm unbekannten Gesichter, bevor auch er sich wieder zu den anderen gesellte.
    "So!", erklärte Kahn gut gelaunt und lies die Tasche geräuschvoll auf den Boden fallen, während Krom hinter ihm die Waffenkammer verschloss. "Wir wären dann soweit!", sprach er weiter und brachte mit wenigen Handgriffen seine Frisur wieder halbwegs in Ordnung.
    Aurix blickte Kahn an und biss die Zähne aufeinander. "Lass uns verschwinden, Krom!" Der Turianer zog den Helm über und marschierte los. "Ich warte beim Bike!", warf er noch über die Schulter und verschwand auf der Treppe.
    Grey schaute ihm nach, wandte den Blick den beiden Männern zu und musterte sie langsam von Kopf bis Fuß. Die Panzerungen sahen abgenutzt aus. "Das sieht schon viel besser aus", meinte sie schief lächelnd. "Nach dir…", sah sie zu Kahn und griff zum Helm, um ihn überzuziehen.
    Die beiden Söldner sahen sich kurz verdutzt an.
    "Soll das etwa heißen, wir sahen davor kacke aus oder was?", fragte Krom und sah gemeinsam mit Kahn die Soldatin ernst an, bevor beide anfingen zu grinsen.
    Aeona rollte mit den Augen und lachte. "Exakt! Jetzt seid ihr vorzeigbar!", meinte sie mit leicht blecherner Stimme und wandte sich zum Gehen um.
    Beide Söldner zogen ebenfalls ihre Helme auf und gingen gemeinsam Richtung Ausgang.
    Krom schob sich zwischen Kahn und Aeona und legte beiden je einen Arm um die Schulter.
    "Werden wir jetzt etwa zutraulich?!", brummte Kahn.
    "Halt die Klappe!", würgte Krom seinen Kumpel ab und sprach sofort weiter, wobei er sich an Aeona wandte.
    "Du bist echt in Ordnung, Mädel! Bei dir sieht man, dass du das Prinzip verstanden hast. Jedem Moment so viel abringen wie möglich, und dann dem Leben den Mittelfinger zeigen! Fast so, als ob du selbst aus den Terminusgebieten kommen würdest", funkelte er sie durch das hochgeschobene Visier freundlich an.
    Grey lächelte und hob eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. Früher oder später werden die Söldner schon mitkriegen, dass sie nicht immer eine brave Soldatin war. Sie wollte ihnen die Überraschung nicht verderben.
    "Irgendwie würdest du schon gut zu uns passen, auch wenn du den deluxe Schlächternagel im Hirn hast!"
    "Zu euch passen?", fragte sie zweifelnd nach, lachte kurz auf und klappte das Visier runter. "Träum weiter, mein Hübscher!"
    Sie erreichten den Ausgang und Kroms Mine wurde ernst, als er den verstimmten Turianer sah, wie er am Skybike wartete. "Aber jetzt entschuldigt mich. Ich muss da noch was klären!"
    Aeona blickte Krom hinterher. Aurix beachtete sie nicht, als wäre sie unsichtbar. Sie atmete tief durch und steuerte das andere Bike an.

    Zielstrebig ging Krom auf Aurix zu und zog dabei seinen Helm und die Sturmhaube ab.
    "Hey, Dicker!", begann er und sah den Turianer ernst an. "Wenn das mit uns funktionieren soll, dann musst du lernen etwas entspannter zu werden. Meine Fresse, das zwischen den beiden war doch nur Sex! Kein Grund so ein Drama drum zu machen, außer..." Krom riss die Augen auf, als es ihm einfiel. "Du bist ja total verschossen in die Kleine! Ach du Kacke, jetzt wird mir alles klar!" Er wollte dem Turianer aufmunternd auf die Schulter klopfen, doch dieser schlug seine Hand mit einem Knurren weg. Krom äffte das Knurren nach und deutete mit seinen Händen Krallen an. "Grrrrr... Au man, du bist mir einer!"
    Aurix schob das Visier hoch und starrte Krom finster an. "Lass mich in Ruhe!", brummte er. Er schloss das Visier wieder.
    "Pedia!
    Die Kleine aus dem Ajax.
    Wenn du willst, geb ich dir ihre Nummer. Das bringt dich dann auf andere Gedanken und glaub mir, die Gute weiß, was sich gut anfühlt!", schlug er ihm mit einem Augenzwinkern vor, bevor er sich wieder die Sturmhaube überzog, wobei er seinen Mund frei legte, um dann den Helm aufzuziehen. Er klappte das Visier runter und klappte den unteren Teil zu Seite hin auf, sodass er sich eine Zigarette in den Mund schieben konnte.
    Er befestigte die Transporttasche seitlich an seiner Maschine und schwang sich drauf.
    "Na komm schon, du liebeskranker Bengel!"
    Aurix setzte sich hinter den Söldner, beugte sich etwas vor und meinte leise schnurrend: "Ich hab schon ihre Nummer..." Warum er es Krom erzählte, wusste er selbst nicht so genau, aber es fühlte sich merkwürdigerweise gut an.
    Der Ghost grinste freudlos. "Bist du eingeschlafen? Fahr los!"
    "He!", begann Krom mit einem warnenden Unterton und drehte sich halb zum Turianer um. "Es gibt die Zeit zum Töten und die Zeit zum Genießen. Wenn du in dieser Welt glücklich werden willst, musst du beide Zeiten voll auskosten! Ruf die Kleine an und macht euch ne schöne Zeit! Wer weiß, wie viel Zeit dir noch bleibt!"
    Der Söldner wandte sich wieder um und fuhr, mit einem zufriedenen Lächeln und der brennenden Kippe im Gesicht, los.
    Aurix verengte die Augen. Es war ihm durchaus bewusst, was Krom meinte, schließlich hatte er schon mehr als genug Leute sterben sehen, nicht wenige davon durch seine Hand. Jemandes Leben abrupt zu beenden, war einfach, man musste nur abdrücken - und schon war alles vorbei.
    Krom flog eine wilde Kurve und Aurix musste fester zugreifen, um nicht runter zu fallen. Bis zur Ankunft an der sicheren Wohnung sagte er kein Wort mehr.
    Do not turn away my friend! Like a willow I can bend. No man calls my name, no man came. So I walked on down away from you, maybe your attention was more than I could do. One man did not call. He asked me for my love and that was all!
    Kunstprojekt falsch zugeordnete Zitate:
    "...Fotzenverein!" - Otto von Bismarck

  2. #1042
    Wie Feuer... Avatar von Milky_Way
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    Fundamente/ Sichere Wohnung

    Auf Anraten von Aeona parkte Kahn das Skybike unauffällig abseits des Unterschlupfes. Der Söldner machte die Maschine aus und schwang sich hinter der Soldatin vom Bike.
    "Hey", fing er an, zog seinen Helm ab und legte ihn auf den Sitz. Er ergriff eine ihrer Hände und zog sie leicht zu sich.
    In der Panzerung wirkte Kahn größer und massiger. Sie lehnte sich gegen ihn, zog den Helm einhändig aus, legte ihn neben seinem ab und sah mit leicht geneigtem Kopf zu dem Söldner hoch.
    "Das mit dir war wirklich gut und hat echt Spaß gemacht", fing er mit warmer Stimme an. "Wenn wir mal wieder Gelegenheit haben, würde ich das gerne wiederholen."
    Sie schmunzelte. Honig! Eindeutig. "Wie wäre es mit... jetzt?" Bevor Kahn reagieren konnte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, zog ihn an seiner Schulterpanzerung noch etwas mehr zu sich runter und küsste ihn leidenschaftlich. Wie Feuer..., schoss es ihm erneut durch den Kopf und er zog Aeona so fest an sich, als ob er sie nie wieder loslassen wollte. Seine bisherigen Erfahrungen mit Frauen sagten ihm, dass diese Geschichte wahrscheinlich nicht gut enden wird, aber bei solch weichen Lippen...
    Ihre Panzerungen schabten laut aneinander. Nach etwa einer halben Minute, und nachdem sie den Söldner hier und da betatscht hatte, löste sie sich lächelnd von ihm.
    "Andererseits sollten wir James nicht länger als unbedingt nötig warten lassen", meinte sie, schulterte den Rucksack, der an der Seite des Bikes befestigt war, und schnappte sich ihren Helm. Sie drehte sich um und lief auf das zweistöckige Haus zu, wobei sie etwas mehr als sonst mit der Hüfte schwang.
    "Komm schon, beweg deinen hübschen Hintern, Kahn!", meinte sie lachend.
    Kahn musste seine Hose ein wenig zurechtrücken, bevor er in der Lage war, sich vernünftig zu bewegen. "Ja ja, so sin se, die Weiber! Erst machen sie einen scharf und dann lassen sie einen stehen!", rief er ihr hinterher und folgte der Soldatin, wobei ihm ihr lasziver Gang nicht entgangen war. Am liebsten würde er mit Aeona wieder direkt ins Schlafzimmer gehen, um sich dort mit ihr für drei Tage einzusperren. Er biss sich auf die Unterlippe.

    Das Haus sah ziemlich marode aus, dennoch bemerkte sie metallene und neuer aussehende Verstärkungen und Querverstrebungen an den Wänden. Es gab mal ein paar Fenster, diese wurden aber zugemauert. Sie stieg die Treppe hinauf und blieb vor der breiten Tür stehen. Links von ihr war ein Steuerungspaneel angebracht. Sie stand vielleicht zehn Sekunden da, als plötzlich über ihr eine eindeutig mechanische Stimme erklang.
    "IDENTIFIZIEREN SIE SICH! SIE HABEN FÜNF SEKUNDEN, DANN WIRD DAS FEUER ERÖFFNET!"
    Ihr Blick schoss nach oben. Über der Tür öffneten sich soeben zwei Klappen und zwei Geschütze auf frei drehbaren Sockeln kamen zum Vorschein, deren Läufe sich mit einem leisen Surren auf sie richteten.
    "Ernsthaft!", flüsterte Kahn und griff unauffällig nach seinen Granaten. Er war froh, dass Aeona sich bereits am Terminal zu schaffen machte, denn wenn er den Code raussuchen müsste, bräuchte er schon mehr Zeit.
    "Verflucht!" Schnell suchte sie nach dem Code von Trent und gab ihn ein.
    "Code bestätigt", verkündete die Stimme und die Geschütze verschwanden genauso schnell wie sie aufgetaucht sind. Die Klappen waren von außen nicht als solche zu erkennen.
    Sie wurde von einem Scannerstrahl erfasst, der mehrere Male an ihrem Körper auf und abfuhr.
    "Ihr Name?"
    "Äh, Aeona Grey", stotterte sie etwas.
    "Willkommen Ms Grey, Sie können sich innerhalb der Wohnung frei und sicher bewegen", ergänzte die körperlose Stimme freundlich.
    Kahn war der Nächste. Der Scanner erfasste den Söldner.
    "Ihr Name?"
    "Kahn, der Gutaussehende!", erklärte er grinsend.
    Grey lachte auf: "Spinner!" Die Tür vor ihr glitt zischend auf und offenbarte einen breiten, kurzen Flur, mit je einer meterhohen Barrikade an beiden Längsseiten, an dessen Ende sich soeben eine weitere, gepanzerte Tür öffnete. Sie betrat den Gang.
    Die Maschine schien ein wenig länger zu brauchen als zuvor. "Willkommen Kahn, der Gutaussehende, Sie können sich innerhalb der Wohnung frei und sicher bewegen."
    Kahn fing lauthals zu lachen an und folgte Aeona in die Wohnung.

    "Wow!", entfuhr es Grey, als sie vom Flur direkt in das große Wohnzimmer gelangte. Nicht schlecht. Wirklich nicht schlecht! Sie ließ den Blick durch die Wohnung schweifen, in der offenen Küche stach ihr direkt eine gut bestückte Bar ins Auge - perfekt! Jetzt noch aus der Panzerung hinausschlüpfen, eine Dusche und den Tag kann man unter 'größtenteils erfolgreich' verbuchen.
    Links im Wohnzimmer stand auf einem niedrigen Podest ein Klavier, in unmittelbarer Nähe des Musikinstruments befand sich ein Esstisch, an welchem gut sechs Personen Platz finden konnten. Grey linste zu Trent, der auf dem riesigen, dunkelgrauen und mittig im Raum stehenden Sofa abhing. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er der Klavierspieler ist, und zuckte bloß mit den Schultern, während sie sich weiter umschaute.
    Kahn pfiff anerkennend, als er die geräumige Wohnung hinter Aeona betrat. "DAS nenn ich mal einen Unterschlupf, nicht so wie die Rattenlöcher, in denen ich sonst bin."
    Die Wohnung war nicht nur groß, sondern auch sehr modern ausgestattet. Es war alles vorhanden, was man brauchte und mehr als das. Eine moderne, gut ausgestattete Küche, ein gemütliches Wohnzimmer. Top aktuelle Musik- und Fernsehanlagen. Ja, hier konnte man es aushalten, was den Söldner aber am meisten in Verzückung geraten ließ, war ein Klavier, das im Wohnzimmer stand. Kurz sah er sich noch um, bevor sein Blick auf Aeona fiel, und sein Blick verriet, dass er sie am liebsten sofort in ein Bett werfen und ihr die Kleider vom Leib reißen würde. Er wandte sich aber schließlich Trent zu, der, mit einer Wasserflasche bewaffnet, in Räuberzivil auf dem Sofa hockte.
    "Also, Mr Special Officer, wo kann ich mein Zeug bunkern?"
    James hob den Kopf erst von dem Datenpad mit den Dienstakten der Implantatträger hoch, als Kahn fast vor ihm stand, legte das Pad zur Seite und lächelte den Mann schief an. Alter hatte ihn benachrichtigt, dass jemand vor der Tür steht, und ihm das Bild auf das Pad gelegt. James hätte die beiden auch reinlassen können, aber wo blieb da der Spaß? Greys Gesichtsausdruck war goldwert gewesen.
    Er nickte zur Begrüßung. "Entweder in eins der Schlafzimmer, in diesem da ist Ms Fernandez", deutete er auf eine Tür rechts vom Sofa. "Das andere Schlafzimmer ist dort", zeigte er auf die gegenüberliegende Tür. "Oder ihr packt eure Waffen und Panzerungen in die Waffenkammer, wie es sich gehört. Am Ende des Ganges." Er winkte in die Richtung eines Flurs, der der Eingangstür gegenüber lag. "Übrigens, dein Eviscerator liegt dort auf der Werkbank, Kahn!"
    Der Destroyer streckte die Beine aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. "Wenn Krom und Aurix eintreffen, muss ich euch ein paar Worte zu der Wohnung sagen, damit ihr nicht versehentlich... einen Alarm auslöst oder so." Sein Lächeln wurde breiter. "Machts euch bequem, wir werden eine Weile hier bleiben."
    Eine Waffenkammer. Aeona starrte den Soldaten an. Er meinte es natürlich völlig ernst. Kopfschüttelnd lief sie in die angezeigte Richtung. "Komm, Kahn, befreien wir uns von den Bagagen!" Der Blick des Söldners ist ihr nicht entgangen, er zog sie praktisch mit den Augen aus.
    "Hmmmm...?" Er hob seinen Blick und sah Aeona wieder in die Augen. "Was? Ah, ja klar. Umziehen!" Er wischte sich über den Mund und folgte der Soldatin.

    Der Raum war groß und nahezu quadratisch. Rechts von der Tür stand eine Werkbank, Kahns Waffe lag tatsächlich drauf, diverse Werkzeuge zur Wartung und Pflegemittel lagen fein säuberlich aufgereiht in einem offenen Werkzeugkoffer. An zwei benachbarten Wänden hingen in mehreren Reihen Waffen in Halterungen, darunter standen kleine Schränke mit Schubfächern. Angefangen bei schweren Pistolen, über MPs, Sturm- und Schrotgewehre, sowie Präzisionsgewehre bis hin zur schweren Waffen war dort alles zu finden - und nicht alles war Allianzstandard oder sonstiger Ratsstandard. Grey entdeckte mehrere Waffen, die im Ratssektor offiziell verboten waren, da sie gegen Völkerrechtskonventionen verstießen.
    Aeona lächelte warm. Sie war schon seit jeher für die Instandsetzung der Waffen zuständig gewesen. Es hatte etwas Meditatives an sich, stundenlang an der Kalibrierung herumzuschrauben, die Läufe zu reinigen, die noch warme Waffe nach deren Benutzung einzuölen und wieder zu reinigen. Fast seufzte sie, und sah sich weiter um. Die dritte Wand nahmen Schränke und hohe Spinde in Beschlag. Und in der linken Ecke ihr gegenüber…... Sie machte große Augen, denn dort lag etwas Wundervolles auf einem Schwertständer. Langsam ging sie auf das hohe Podest zu und streckte den Arm aus.
    Kahn schloss hinter sich die Tür und lehnte sich im ersten Moment dagegen. Er steckte sich eine Kippe in den Mund, ohne sie anzuzünden, und lies seinen Blick über die vielen, verschiedenen Waffen und Geräte gleiten. Es gab hier jede Menge modernes Spielzeug und vielleicht konnte er am Ende dieser Geschichte auch das ein oder andere mitgehen lassen.
    Eins nach dem anderen!, dachte er sich und stieß sich mit der Schulter von der Tür ab.
    "NICHT ANFASSEN!! DAS IST EIGENTUM VON COMMANDER LYN!"
    Grey zuckte zurück, als die Stimme sie anbrüllte, und zog schleunigst den Arm weg. "Verflucht! VI, musst du mich so erschrecken?!" Und wer ist Commander Lyn?
    "Die korrekte Bezeichnung lautet: Alter", entgegnete die Maschine emotionslos.
    Grey blinzelte und grinste breit: "Alter? Na dann: Verzieh dich, Alter!"
    "Das ist nicht möglich, meine Systeme sind in das Haus fest integriert", meinte die VI.
    Aeona lachte laut auf, liebäugelte nochmal mit dem glänzenden Katana, ging auf die Spinde zu und machte den erstbesten auf. Leer. Wunderbar. Sie verstaute den Helm drin, dann folgten die Waffen, auch die aus dem Rucksack. Sie zog eine schwarze Cargohose aus dem Rucksack, und begann die Panzerung abzulegen und die Einzelteile in den Spind zu hängen.
    Auch Kahn war dabei sich umzuziehen und verstaute einige Dinge in einem der freien Spinde. Immer wieder linste er zu Aeona rüber und schwelgte ein wenig in Erinnerung.
    Das letzte Panzerungsstück verschwand in dem Spind, sie befreite sich von dem Funktionsunterhemd und warf es auf den Boden. Nur in der Sportunterwäsche und barfuß wühlte sie im Rucksack nach einem Shirt - und spürte schon die ganze Zeit über, wie Kahn sie angaffte. Verschmitzt lächelnd hörte sie mit der Suche nach dem Shirt auf und neigte den Kopf leicht zur Seite, um ihn aus den Augenwinkeln zu beäugen. Der Söldner war komplett nackt und stand da mit der Hose in der Hand. Also verzichtete er auch diesmal auf Unterwäsche... Als er seine Hose anzog, drehte sie sich zu ihm um. Er begann zu lächeln und zog die Hose ein wenig langsamer hoch. Er schloss den Gürtel, aber dennoch hing ihm die Hose vorne etwas mehr als eine Handbreit unter dem Bauchnabel.
    "Hm...", machte sie nur und legte den Kopf schief. Ihr Blick fuhr an dem Söldner auf und ab. Sie lächelte zurück, als sie ihm in die Augen sah, denn was sie sah, gefiel ihr ausgezeichnet.
    Barfuß und mit nichts anderem als lediglich die lockere Hose an, ging er auf Aeona zu. Er fuhr mit seinen Fingern über die runden Narben auf ihrem flachen Bauch. "Jeder Körper erzählt seine eigene Geschichte. Welche steckt wohl dahinter?", fragte er leise und sah auf, in ihre Augen.
    Kurz runzelte sie die Stirn und blickte auf seine Hand, die über ihre Haut strich. Sie könnte ihm die Wahrheit sagen, aber das war bestimmt nicht das, wonach dem Söldner der Sinn stand - und ihr ehrlich gesagt auch nicht.
    "Ist eine alte Geschichte, Kahn. Längst vergessen", entgegnete sie ebenso leise und betrachtete kurz den Oberkörper des Söldners. Wenn man sich die ganzen Narben ansah, die ihn verunstalteten, hatte er mehr solcher 'Geschichten' zu erzählen.
    "Wollen wir uns ein Schlafzimmer teilen?", schnurrte er fast.
    "Klar", murmelte sie. Sie schaute ihm wieder in die Augen, schlang die Arme fest um seinen Nacken und zwang den Mann unter sanftem Druck rückwärts zu gehen, bis er mit dem Rücken zu dem Spind stand. "Später."
    Sie fuhr mit beiden Händen langsam über seine Brust, seinen Bauch - und machte den Gürtel wieder auf.
    "Schon vergessen? Wir wollen doch keine Zeit verlieren...", raunte sie ihm zu, küsste ihn gierig auf den Mund und drückte ihn gegen den Spind, der leise schepperte. Ihre Hände machten sich an dem Verschluss der Hose zu schaffen.

    "...dann haben wir unsere paar Klamotten geschnappt, die wir greifen konnten und sind gerannt! In einem Parkhaus haben wir sie dann abgehängt, aber da standen wir nun. Pedia, Kahn und ich. Nackt, mit den Klamotten in den Händen, während ihre Asari-Freundin völlig außer sich nach uns suchte!" Schon eine ganze Weile erzählte Krom dem Turianer, wie sie Pedia kennengelernt hatten. Es war offensichtlich, dass Aurix es am liebsten gesehen hätte, wenn der Söldner sein Maul halten würde und genau darum sprach Krom weiter.
    Entnervt rollte Aurix mit den Augen und ließ den Menschen plappern. Scheinbar konnte der Söldner gar nicht anders. Die Geschichte war ja auch recht... amüsant.
    "Nun ja, aber worauf ich hinauswollte ist, dass Pedia nichts von schüchternen Männern hält. Am besten sagst du ihr gleich, was du willst, oder verpackst es schön, aber auf keinen Fall drum rum drucksen!"
    Der Ghost verzog unter dem Helm den Mund zu einem freudlosen Lächeln. Sicher, er wird sogar sehr direkt vorgehen, wenn er Pedia nach dem Gefängnisaufenthalt der beiden Söldner fragt. Er dachte nicht mal im Traum daran, etwas mit der Söldnerin anzufangen. Da geht er lieber in irgendeine Bar und lacht sich eine Asari an, damit hatte er noch nie Probleme gehabt - die blauen Schönheiten standen scheinbar auf den großen, breit gebauten Turianer mit den durchdringenden Augen. Er seufzte leise, denn er wusste, dass das kein Ersatz für den Chief sein kann.
    Sie erreichten die Adresse des Unterschlupfs über eine Treppe, als sie plötzlich von einer künstlichen Stimme angesprochen wurden.
    "IDENTIFIZIEREN SIE SICH! SIE HABEN FÜNF SEKUNDEN, DANN WIRD DAS FEUER ERÖFFNET!"
    Passend zur Warnung öffneten sich zwei Schießscharten und Läufe automatischer Kanonen richteten sich auf die beiden.
    Einen üblen, aber kurzen batarianischen Fluch auf den Lippen eilte Krom zum Paneel und suchte fieberhaft in seinen Unterlagen nach dem gesendeten Code.
    Der Turianer, direkt hinter Krom, blieb mit der rechten Hand an der Waffe stehen und starrte hoch.
    "Krom! Mach schneller!", rief Aurix warnend.
    Die Geschütze begannen bereits zu surren, als Krom den eingegebenen Code bestätigte und mit einem fast schon entschuldigenden Seufzen verschwanden die Kanonen wieder hinter ihren Blenden.
    "Fünf Sekunden! Ernsthaft! Darüber müssen wir noch reden!", sprach der Söldner eher zu sich selbst als zu Aurix.

    Nachdem sie ihre Namen durchgegeben hatten, öffnete sich die Tür vor ihnen und Aurix folgte dem Söldner angespannt den kurzen Flur entlang. Automatische Geschütze? Befestigungen? Was kommt noch? Seine Frage wurde beantwortet, als sich eine weitere Tür öffnete. Der Ghost betrat die Wohnung. Und war beeindruckt. Der kurze, ungewollte Spannungsbogen wurde rasch durch die durchaus luxuriöse Ausstattung der Wohnung wieder gut gemacht.
    "Also hier...", zeigte Krom übertrieben auf den Teppich, "...lässt es sich aushalten! Nicht so wie die Rattenlöcher, die ich sonst kenne!", sagte er zu Trent gewandt, der auf dem Sofa lümmelte und den Söldner mit einem schiefen Lächeln ansah.
    "Hm", kam es von dem Ghost nur. Wie konnte sich der Destroyer so eine Wohnung überhaupt leisten? Er verengte leicht die Augen und erwiderte James Nicken automatisch, befreite sich vom Helm und sah sich genauer um.
    "Hey, Großer", begrüßte Krom den Soldaten und zog seinen Helm mitsamt der Sturmhaube ab, die er in den Helm stopfte. "Wo ist denn meine bessere Hälfte?"
    Trent nickte ihm zu und verwies ihn zur Waffenkammer.
    "Waffenkammer?" Krom zog seine Augenbraue hoch und ging in die gezeigte Richtung, dicht gefolgt von Aurix. "Waffenkammer, Klavier - Wenn du mir jetzt noch eine gut ausgestattete Küche zeigst, dann kriegst du mich nich mehr hier weg!", erklärte er weiter und machte ein übertrieben ernstes Gesicht und zeigte mahnend auf Trent.
    "Da!", deutete James schräg nach links. "Tob dich aus! Bring aber nicht alles durcheinander." Er zwinkerte dem Söldner zu. "Ist nämlich mein Reich... Es sind nicht allzu viele frische Lebensmittel da." Abwechselnd musterte er die beiden. "Ihr könnt euer Zeug in der Waffenkammer abladen, da sind leere Spinde. Wenn ihr fertig seid, kommt wieder her, ich muss euch noch ein paar Sachen erklären. Kahn und Grey sollen hier auch antanzen." James runzelte die Augenbrauen. Wo, zum Teufel, blieben die beiden wieder? Kurz massierte er seinen Nasenrücken, als ihm einfiel, was die zwei im Badezimmer in der Wohnung der Söldner getrieben haben. Wehe, er findet irgendwo irgendwelche Flecken in der Waffenkammer... Dann wird er echt sauer.

    Das kalte Metall des Spindes in seinem Rücken und die warmen, fordernd suchenden Hände Aeonas auf seinem Oberkörper. Augenblicklich bekam Kahn eine Gänsehaut und genoss mit geschlossenen Augen die weichen, feuchten Lippen der Soldatin. Sein Gürtel klimperte, und kurz darauf zuckte der Söldner wohlig, als Aeona zupackte. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich ganz auf den Mann vor ihr, auf die Reibung, die ihre Hand erzeugte, auf seine schneller werdende Atmung. Seine Hose rutschte in einem Zug leise zu Boden. Er atmete schwer in den Kuss, als sie ihre Bemühungen intensivierte. Er musste ihren Kopf schon fast mit Gewalt von sich wegdrücken. Für einen Moment sah sie ihn mit einer Mischung aus Ärger und Verständnislosigkeit an, doch dann sah sie sein verführerisches Lächeln. Er griff unter ihren Hintern und hob sie in einer Bewegung an. Aeona verstand sofort, und schlang ihre Beine um seine Hüfte und ihre Arme um seinen Hals. Erneut trafen sich ihre Lippen. Mit einem Schritt stieg er aus seiner Hose und steuerte die Werkbank an. Aus irgendeinem Grund turnte ihn Aeonas Sportunterwäsche richtig an, obwohl er sie schnellstmöglich loswerden wollte.
    In einer Bewegung fegte er alles beiseite, was stören konnte, und wollte die Frau gerade absetzen, als sich die Tür schwungvoll öffnete.
    Aeonas Blick schoss zu der Tür und sie presste sich enger an den Söldner. Verdammt! Dass Aurix und Krom auch irgendwann in der Wohnung eintreffen, hatte sie wohl erfolgreich verdrängt - und da standen die beiden schon.
    Der Ghost blieb abrupt auf der Türschwelle stehen und starrte zuerst den nackten Kahn an, bevor er seinen Blick langsam auf Aeona verlegte. Bei den Geistern... Ein dumpfes, vibrierendes Grollen baute sich tief in seiner Kehle auf, er unterdrückte es. Es kam sofort wieder. Der Chief war... Er konnte seine Augen nicht von ihr abwenden. Die ganzen schönen Waffen, die an den Wänden hingen, beachtete er nicht mal für eine Sekunde.
    "Meine Fresse, du verlierst aber auch gar keine Zeit, oder?", fragte Krom breit grinsend und betrat die Waffenkammer, wo er in aller Ruhe begann, grob sein Material in einen freien Spind zu stopfen, nur um sich danach auszuziehen.
    "He, Mann!", begann Kahn und funkelte seinen Kumpel böse an. "Du kennst die Regeln! Entweder du fragst nach, ob du mitmachen kannst, oder du verpisst dich!"
    Der Blick des Turianers brannte förmlich auf ihr. Sie hörte nur mit halbem Ohr zu, was die Söldner von sich gaben. Moment mal. Mitmachen? So haben sie aber nicht gewettet! Langsam verzog sich ihr Mund zu einem süffisanten Lächeln. Sie zwinkerte Aurix zu, der nur blinzelte - und sie weiterhin mit den Augen verschlang.
    "Vielleicht sollten wir die zu den anderen hinzufügen!", antwortete Krom lediglich in Unterwäsche und zwinkerte den beiden zu. Er ließ seinen prüfenden Blick über Aeona gleiten und sah sie kurz fragend an.
    Grey machte exakt das Gleiche, was Krom getan hatte, und musterte den Söldner von oben bis unten. Auch er war durchtrainiert und voller Narben und Tattoos. Sie zog eine Augenbraue nach oben, drückte sich noch etwas fester an Kahn und meinte, immer noch lächelnd, zu Krom: "Bedaure, Süßer!" Sie zwinkerte ihm zu. "Der da", ihre Hände packten Kahns Hintern und kniffen leicht zu, "gehört nur mir heute!"
    Krom quittierte die Absage mit einem einfachen Schulterzucken und zog sich weiter um.
    Aurix stand nach wie vor wie zur Salzsäure erstarrt an der Tür und man konnte ihm deutlich ansehen, wie er mit seiner Fassung zu kämpfen hatte, obwohl er sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Warum hatte ihm der Chief zugezwinkert? Er schüttelte den Kopf und sah Kahn an.
    Kahns Blick traf den des Legionärs, und der Söldner versuchte weder zu grinsen noch zu lächeln. Er musste sich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen, als er den eifersüchtigen Turianer sah, der wohl eine Chance zu viel bei Aeona vertan hatte. Kahn war noch nie gut darin gewesen seine Gefühle vor anderen zu verheimlichen, und so platze dieses entschuldigende Lächeln auf sein Gesicht, was durch ein Achselzucken noch verstärkt wurde, wobei er innerlich nur hoffte, dass Aeona nicht die Lust verlor.
    Als Kahn selbstzufrieden lächelte senkte Aurix geringfügig den Kopf. Na warte, du verdammter Bastard!, schoss es ihm durch den Kopf - und plötzlich sprang der Turianer über seinen Schatten und lächelte breit zurück. Alle seine Zähne waren in ihrer ganzen, spitzen Pracht zu bewundern. Mit einem entschlossenen Schritt betrat er die Kammer, steuerte die Spindreihe an, suchte einen freien und begann die Panzerung auszuziehen und alles zu verstauen. Er hob kurz den Blick, und bemerkte ein kleines Lächeln auf Aeonas Gesicht.
    Als er nur noch die Funktionsunterwäsche an hatte, streckte er sich genüsslich, wobei ein paar Sehnen laut knackten, und meinte an Kahn gewandt: "James ist nicht sehr geduldig. Du solltest dich besser beeilen." Er zog das Oberteil aus, die Hose folgte.
    Aeona linste unauffällig zu dem Ghost. Berge aus Muskeln wälzten sich unter der silbern schimmernden Haut. Unwillkürlich verstärkte sich ihr Griff um Kahns Arsch, während ihr Blick an dem Turianer nun doch auf und ab glitt.
    Natürlich ist Aurix nicht entgangen, dass Aeona ihn regelrecht begutachtet, und er fügte gelassen hinzu: "Wir müssen nach wie vor reden, Chief." Er drehte sich um und suchte in seinem Rucksack nach seinen Zivilklamotten.
    Jetzt fiel ihr auf, dass die lange Narbe, die auf Aurix Gesicht anfing, sich über den Hals und Schulterpartie bis auf den Rücken fortsetzte. Die Narbe war scharfkantig und gerade. Es sah nach einer Hiebwaffe aus. Wer benutzte heutzutage noch Schwerter? Sofort fiel ihr eine mögliche Antwort ein: Cerberus.
    Sie atmete tief durch und murmelte Kahn ins Ohr: "Lass uns später weiter machen. Trent hat mich eh schon auf dem Kieker." Sie hauchte ihm einen Kuss auf die weiche Haut des Nackens und sah dem Söldner entschuldigend in die Augen.
    So einfach würde er die Soldatin nicht davonkommen lassen! Aeona zuckte leicht zusammen, als Kahn seine Hand geschickt in ihre Unterhose schob.
    "Kahn...", fing sie an und wollte ihn schon von sich wegschieben, als er ihr einen Zeigefinger auf den süßen Mund legte. "Schhhhhh... Sieh mich an und lass dich fallen..."
    Die letzten Verschlüsse seines Oberteils festzurrend, drehte Aurix sich um - und erstarrte, diesmal jedoch richtig. Er wollte sich bewegen, aber seine Beine versagten ihm glatt den Dienst. Er sog scharf die Luft ein und, unfähig etwas anderes zu tun, schaute mit leicht geneigtem Kopf gebannt zu, was Kahn mit dem Chief anstellte. So etwas hatte er noch nie gesehen. Nicht bei Menschen.
    Ihre Augen wurden groß und erneut zuckte sie, als seine erfahrenen Finger den richtigen Punkt fanden. Bestimmt und zärtlich zugleich begann er ihre empfindsamen Nerven zu reizen. Ihre Atmung wurde schneller - genau wie er.
    "Kah...", begann sie erneut, doch erneut unterbrach sie der Söldner. "Konzentrier dich, lass es zu...", raunte er fast und sah ihr intensiv in die Augen. Seine Hand wurde fordernder, und Aeona schob ihm ihr Becken entgegen. Mit seiner freien Hand packte er sie ebenso kraftvoll wie zärtlich im Nacken und presste sie dadurch ein wenig mehr gegen seine Bemühungen.
    Aurix Kinnlade klappte etwas nach unten. Er konnte seine Augen nicht davon abwenden, was da gerade vor sich ging, und merkte nicht mal, dass seine Atemfrequenz immer weiter anstieg und ihm immer wärmer wurde.
    Sie atmete immer schneller und erwiderte Kahns eindringlichen Blick. Ihre Hand streckte sich ihm entgegen und packte seinen Nacken. Ruckartig zog er sie zu sich hoch. Stirn an Stirn wurde ihr gegenseitiger Blick noch viel intensiver. "Lass dich fallen, lass los!", flüsterte er ihr heiser zu und beschleunigte ein letztes Mal seine Bewegungen. "Lass es zu..." Dann war es soweit.
    Aeona begann unkontrolliert zu zucken und verdrehte die Augen etwas und drückte fast schon instinktiv seine Hand weg.
    Er ließ sie auf die Werkbank sinken und genoss den Anblick, während seine Hände sanft über ihren ekstatischen Körper fuhren.
    Auch Krom hatte sich verschoben, um Aeonas Gesicht zu sehen.
    Beide Söldner saugten diesen Anblick geradezu in sich auf. Es gab in diesem Universum nur sehr, sehr wenige Dinge, die mehr den Inbegriff von Schönheit repräsentierten, als der Orgasmus einer Frau.
    Der Turianer schluckte schwer und blinzelte, ganz langsam. Für keine Sekunde hatte er den Chief aus den Augen gelassen. Ihr Gesicht... Wenn er könnte, würde er sofort mit Kahn die Plätze tauschen. Er schloss kurz die Augen und öffnete sie gleich wieder.
    Nach ein paar Augenblicken beruhigte sich Aeona wieder und Kahn half ihr auf die wackligen Beine. Er küsste sie zärtlich und strich ihr eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Immer noch zittrig blickte sie zu dem Söldner hoch. Was, zur Hölle, machte Kahn mit ihr? Verstohlen sah sie zu Aurix, der sie reglos anstarrte, mit einem Gesichtsausdruck, den sie nur allzu gut kannte. Er bemerkte, dass sie ihn anschaut, und rannte fast aus der Waffenkammer hinaus. Aeona blickte ihm hinterher. Das kann ja heiter werden...

    Krom schüttelte seinen Kopf, um seine Gedanken neu zu ordnen und zog sich zu Ende um. Er schnappte sich sein Sturmgewehr, den Brustschutz und den Helm seiner Rüstung, und kehrte zu Trent ins Wohnzimmer zurück. Kurz erklärte der N7er, wo der Söldner schlafen könnte. Krom warf seine Sachen auf das Bett. Er und Kahn hatten gelernt, dass es immer besser war, das Wichtige, was sie an Ausrüstung hatten, so gut wie immer griffbereit zu haben.

    "Geht's dir gut?", fragte Kahn Aeona mit einem Lächeln. Die Soldatin atmete ein letztes Mal tief durch, bevor sie nickte. "Na, dann wird's ja Zeit, sich umzuziehen! Trent wird sonst ungeduldig!", meinte er und gab ihr einen Klaps auf den Po.
    "Hey!" Sie packte seinen ungezogenen Arm, und plötzlich fand sich Kahn in einem Kreuzfesselgriff wieder. Sie stand halb hinter ihm, lachte leise auf, biss ihm in den Nacken und zwar heftig, und schurrte ihm ins Ohr: "Wenn du so weiter machst, kommen wir hier nie raus!" Sie ließ von ihm ab und lächelte den Söldner schief an.
    Kahn sah übertrieben an sich herunter.
    "Und was ist jetzt mit mir?", fragte er. "Was soll ich jetzt damit machen?" Erneut sah er an sich herunter.
    Aeona begann schelmisch zu grinsen und tätschelte seine Wange. "Du bist ein großer Junge, Kahn! Dir wird schon was einfallen!" Noch einmal linste sie an dem Söldner herunter, bevor sie ihn einfach stehen ließ.
    "Weiber!", zischte Kahn.
    Grey lachte laut auf und suchte ihre Sachen zusammen. Zu der schwarzen Cargohose gesellten sich ein dunkelgraues Shirt und schwarze Militärstiefel. Das Messer wanderte dahin, wo es hingehörte – an ihren linken Oberschenkel.
    Beide zogen sich fertig um und nachdem auch Kahn das Wichtigste an Ausrüstung ins freie Schlafzimmer gepackt hatte, sammelte er sich bei den anderen im Wohnzimmer.

    James hatte vor wenigen Minuten Ms Fernandez geweckt, die jetzt auf dem Sofa in einem möglichst großen Abstand zu ihm saß. Sie sah ihn kein einziges Mal an, sondern hielt ihre Kaffeetasse, die er ihr eingeschenkt hatte, krampfhaft umklammert. Er war gerade dabei, die letzte Dienstakte durchzugehen, als Aurix ins Wohnzimmer hereinplatzte. Der Turianer trug dunkelblaue, fast schon schwarze Zivilkleidung.
    "Wo ist das Bad?", fragte der Ghost mit belegter Stimme.
    Trent hob eine Augenbraue hoch, weil Aurix merkwürdig aussah. "Alles klar bei dir?"
    "Was?" Aurix zuckte zusammen. "Wo ist das Bad, verdammt?!"
    Wortlos deutete der Destroyer auf eine Tür neben der Küche, und schon war der Turianer verschwunden. Was war denn das schon wieder? Er schüttelte mit dem Kopf. Kurze Zeit später erschien Krom, und dann Kahn - zusammen mit dem Chief. James verengte leicht die Augen, als er Kahn und Aeona etwas genauer musterte, und schmunzelte plötzlich. Daher weht also der Wind... Er zuckte innerlich mit den Schultern. Das müssen die Drei schon untereinander klären. In das Privatleben seiner Leute mischte James sich immer erst dann ein, wenn es irgendwelche Konflikte, egal welcher Art, gab, die die Mission gefährdeten, und dann diskutierte er auch nicht - dann gab es bloß Befehle, die zu befolgen waren, und zwar sofort. Da sie gezwungenermaßen fest saßen - er musste auf Lyn warten, ob er wollte oder nicht -, betrachtete er die ungewollte Pause als dienstfrei, und deshalb war es ihm ziemlich egal, was seine 'Teammitglieder' in ihrer Freizeit trieben.
    Ein paar Minuten später war Aurix wieder da und wirkte nur geringfügig entspannter. James verfolgte mit den Augen, wie der Turianer direkt die Küche ansteuerte, die Bar aufmachte, dort herum kramte und sich einen Drink eingoss. Die Bar enthielt auch Dextro-Alkoholika, einen Whiskey, falls sich James nicht täuschte. Lyn hatte die Flasche irgendwann angeschleppt. Da kam der Turianer auch wieder, in seinem Glas befand sich die dreifache Menge eines üblichen Drinks.
    Aurix hatte in dem riesigen, ebenso modernen Bad den Kopf unter die eiskalte Dusche gesteckt, aber es half nur vorübergehend - solange er fror. Mit dem Glas in der Hand begann er auf und ab zu gehen.
    James schaute sich das Ganze an, wartete, bis alle anderen Platz genommen haben, und als nach einer Minute der Ghost immer noch hin und her wanderte, meinte er: "Setz dich!"
    Aurix blieb stehen, stürzte den kompletten Drink runter und setzte sich - genau Kahn gegenüber. Das Sofa hatte fast eine U-Form.
    Aeona schaute den Turianer besorgt an. Oh, man... Das war nicht gut, was er da tat. Aurix sah zu ihr rüber, sie saß direkt neben Kahn, wendete den Blick schnell ab und schaute Trent an.

    James sah in die Runde und räusperte sich: "Also, da wir alle jetzt so gemütlich beisammen sitzen, erzähle ich euch ein paar Takte zu der Wohnung."
    Der Destroyer erhob sich und stellte sich vor das Sofa, so dass alle ihn sehen konnten. "Wie ihr sicherlich gemerkt habt", begann er, "ist es kein normales Haus. Die VI..."
    "Alter", kam es leise irgendwo von oben.
    James rollte mit den Augen: "Halt die Klappe! Alter."
    "Ja, James."
    Grey blickte hoch, verzog jedoch keine Mine und sah wieder den Turianer an, aber Aurix konzentrierte sich auf Trent.
    "Also, Alter wurde in das komplette Haus verbaut, auch in die zweite Etage, die leer steht, und ist für die Überwachungs- und Verteidigungssysteme zuständig. Es handelt sich hier um ein mit Außen- und Innenkameras gekoppeltes und mit einer Freund/Feind-Erkennung ausgestattetes stationäres 12,7 mm Automatik-Geschütz-System, das am Vordereingang und an jedem strategisch wichtigen Punkt der Wohnung angebracht wurde, Dach inbegriffen."
    James grinste schief: "In den Schlafzimmern sind auch Kameras. Eigentlich sind überall Kameras."
    Grey hob dezent eine Augenbraue hoch und musterte Kahn aus den Augenwinkeln.
    "Wie dem auch sei. Die Kanonen verschießen panzerbrechende Hochgeschwindigkeitsprojektile. Wir haben hier eine unabhängige Energieversorgung und können nicht abgeschnitten werden. In der gesamten Anlage sind Bewegungs- und Wärmesensoren zu finden. Ihr merkt nichts von der ganzen Tech", ergänzte er, "nun, bis auf die nervige VI."
    "Alter."
    James knurrte: "Schnauze!"
    "Ja, James."
    Der Destroyer seufzte tief und setzte seinen Vortrag fort: "Bei Gefahr werden zusätzlich Abwehrdrohnen aktiviert, die entweder mit Elekroschocks arbeiten, oder mit panzerbrechenden Raketen bestückt sind."
    James sah die Söldner an: "Die Waffen in der Kammer sind alle nicht registriert. Kommt nicht auf dumme Gedanken. Ihr könnt sie euch aber ausleihen, falls Bedarf besteht." Er blickte wieder in die Runde und lächelte schief: "Und fasst ja nicht das Schwert an!"
    "Was du nicht sagst...", murmelte Grey.
    "Unter den Waffen sind Fächer mit Mods, und, falls jemand ein neues Omnitool braucht, sind dort ein paar. Militärausführung selbstverständlich. In den großen Schränken liegt das Verbrauchsmaterial, da kann sich jeder dran bedienen. Ich glaube, ihr findet dort alles, was ihr brauchen könnt, von Granaten angefangen über Stims und Medigel bis hin zur Thermomagazinen, schaut einfach nach, ich will jetzt hier nicht alles aufzählen."
    Nach einer kurzen Pause fuhr er fort. "Deine Panzerung hat etwas abbekommen, Chief. Vielleicht hab ich ein passendes Ersatzteil. Die Farbe ist dir doch egal, oder?", fragte James mit einer Unschuldsmiene.
    Grey starrte ihn nur an.
    Er lächelte etwas verschmitzt. Der Chief mochte wohl seine Witze nicht. Das war egal. "Die Tür links im Gang zur Waffenkammer führt zu einem abhörsicheren Raum. Dort ist die Hauptsteuerung der V..., von Alter, zu finden. Ach, und eine Klappe, die zu einem Fluchttunnel führt, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite in einem leerstehendem Gebäude mündet."
    Jetzt starrten ihn alle an.
    "Und, falls alle Stricke reißen, wird das Haus gesprengt", beendete er seine Ausführungen fröhlich. "Ja, was schaut ihr mich so an? Ich hab viele Feinde. Noch etwas: bis ich weiß, was vor sich geht, wäre es vielleicht besser, wenn ihr die Wohnung nicht verlässt."
    Die beiden Söldner hatten den Ausführungen des N7er still zugehört. Am Anfang hatten die beiden kurz Blicke auf sich gezogen, als sie anfingen mitzuschreiben. Nicht mit einem PDA, sondern mit einem Stift und einem Notizblock.
    Wenn man, wie die beiden Söldner, lange gegen technologisch überlegene Gegner gekämpft hatte, gewöhnte man sich schnell daran, Möglichkeiten zu nutzen, die einen mehr oder weniger unsichtbar machen.
    Während des Vortrags wurden die Söldner auch immer ernster. Einmal notierte Krom etwas in seinen Block und zeigte es Kahn, woraufhin dieser einmal bestimmt nickte. Falls Aeona es gewollt hätte, hätte sie ein in Großbuchstaben geschriebenes MORBUK! lesen können.
    Wo ist sie denn hier gelandet? Grey musterte den Destroyer eingehender. Das war kein Haus – das war eine verdamme Festung! Bezahlte etwa die Allianz diese ganzen Spielereien? Fluchttunnel... Sie schüttelte mit dem Kopf. Aus den Augenwinkeln hatte sie mitbekommen, dass Kahn und Krom anfingen, sich Notizen zu machen. Für die paar Informationen brauchten sie eine Gedächtnisstütze? Sie zuckte mit den Achseln und blickte zu Aurix, der James anschaute, mit ebenso misstrauischem Ausdruck in den Augen.

    James grinste schief und marschierte pfeifend in die Küche. Er fand, dass er sich einen Drink genehmigen könnte. Der Tag ist doch gar nicht so schlecht gelaufen, mit einem Team, das er kaum kannte, und mit zwei blutrünstigen Chaoten im Gepäck. Nur drei Tote, die auf sein Konto gingen. Er schraubte die Flasche auf und goss einen Fingerbreit der hellbraunen Flüssigkeit in ein niedriges, breites Glas mit schwerem Boden ein. Er nippte daran, schlenderte zurück und sah dabei Grey an, die unmerklich und mit einem abwesenden Gesichtsausdruck den Turianer beobachtete. Sie merkte, dass sie selbst beobachtet wird, wandte den Blick von Aurix schnell ab und setzte das gewohnte, leicht spöttische Gesicht auf. Was ist mit dieser Soldatin in den drei Jahren ihrer Abwesenheit bei der Allianz geschehen? Ihr jetziges Verhalten glich eher dem der Söldner, es passte keinesfalls zu ihrer Dienstakte. Er könnte sie fragen, aber es war unwahrscheinlich, dass sie ihm etwas erzählt. Nun, er könnte sie auch dazu zwingen, aber... Nein, das wird nicht gut für die Frau enden. Er stellte sich an die Theke, die das Wohnzimmer halb von der Küche trennte, und schaute sich seine Leute an. Ob sie wirklich 'seine Leute' sind, wird sich noch zeigen.

    Kahn und Krom führten wieder einmal eines ihrer nonverbalen Gespräche. Besorgnis stand in ihrem Gesicht. Es war einfach zu verdächtig, dass sie hier so verwöhnt wurden. Mods, militärische Universalwerkzeuge und Waffen – alles in Spitzenqualität. Eine luxuriöse Wohnung, mit allen Extras. Irgendwas war hier faul, was die Söldner in ihrer Einstellung gegenüber der ganzen Geschichte nur bestärkte.
    Aber schließlich zuckten beide mit den Schultern. Irgendwas war auch immer.
    Krom erhob sich mit einem Ächzen und klopfte dabei Kahn und Aeona auf die Oberschenkel. Er ging zum Klavier und setzte sich auf den kleinen Schemel davor, und begann den Flügel zu inspizieren.
    Kahn hingegen drehte seinen Kopf in Richtung des N7ers.
    "Was ist denn los, Jimmy? Du guckst so komisch." Er begann seinen Oberkörper weiter zu drehen, um mit der Hand auf Trent zeigen zu können. "Den Blick kenn ich!", begann er strahlend und zeigte dabei viele Zähne.
    "Is es der Hab ich ihnen genug gezahlt Blick oder der Tun sie auch wirklich das, was ich sage Blick?", fragte Krom, ohne sich zu Trent umzudrehen.
    "Das letztere!", antwortete Kahn.
    Jimmy. Schon wieder. James seufzte unhörbar. Er schwieg einfach, für seine Verhältnisse hatte er gerade genug geredet, und beobachtete die beiden Söldner. Sie hatten ein gutes Auge für die menschliche Mimik, ein Muss bei ihrem Job.
    Kahn drehte sich wieder um und starrte kurz Aurix, dann Aeona und schließlich wieder Trent an.
    "Was ist denn das hier für ne Grabesstimmung?", fragte er in die Runde. "Freut euch! Wir sind am Leben, haben nen arschvoll Knarren und mehr Munition, als wir essen können!" Kurz schwieg er und sah sich erneut um. Keine Reaktion der Angesprochenen.
    "Ach, was solls! Wird Zeit, was zu fressen!", seufzte er und erhob sich. Er schlenderte in die Küche und öffnete eines der Fächer. Es war gefüllt mit Militärrationen. Kahn verzog das Gesicht. Er hatte in den letzten Monaten nichts anderes gefressen, als diesen Mist, und er hatte sich etwas Schmackhafteres erhofft. Er ging weiter zum Kühlschrank und warf dort einen Blick hinein, während hinter ihm Trent die Küche verließ.
    Krom saß weiterhin am Flügel, den er geöffnet und sich weit hinein gelehnt hatte.
    "Sssstttt!", flüsterte Kahn aus der Küche Krom zu. Beide begannen wieder zu reden, ohne ein Wort zu verlieren. Nur mit der Mimik brachten sie in etwa den folgenden Dialog zustande:
    Kahn: "Komm mal!"
    Krom: "Was willst du denn jetzt schon wieder!?"
    Kahn: "Jetzt laber nicht, sonder komm her!"
    Krom: "Alter, verpiss dich!"
    Kahn: "Muss ich erst grob werden? Jetzt komm endlich hierher, ich will dir was zeigen. Wird dich interessieren!"
    Krom: "Na gut, aber wehe es ist nicht sensationell!"


    Mit einem Brummen erhob sich Krom und schlenderte zu seinem Schicksalsgefährten in die Küche. Kahn öffnete erneut den Kühlschrank und beide Söldner steckten ihre Köpfe hinein.
    Augenblicklich wurden ihre Augen größer.
    Der ganze Kühlschrank war übervoll mit frischen Lebensmitteln. Von Fisch über Fleisch, Gemüse, Obst, diversen Zutaten. Es war alles da. Fast schon wie im Rausch begannen die beiden den Rest der Küche zu erforschen. Sie fanden ein gefülltes Gewürzfach. Ein Fach voll mit diversen Speiseölen und verschiedenen Essigsorten, und auch sonst war die Küche voll aufgestellt, was das leibliche Wohl anging.

    Beide sahen sich grinsend an, eher strahlten sie wie zwei Kinder zu Weihnachten.

    Mit einem Schlag ertönte urplötzlich Musik. Sie kam aus der Küche. In den Gesichtern von Aurix, Aeona, Gisele und James war (mal wieder) diese Mischung aus Skepsis, Unglauben und Überraschung.
    Die beiden Söldner hatten sich Küchenschürzen umgebunden und begannen fast schon wie besessen zu kochen.
    Unter den Klängen der Musik vollführten die Söldner schon fast eine einstudierte Choreographie.
    Da wurden Tomaten und Salat geschnitten mit einer Geschwindigkeit, als ob ein gelernter Koch dastehen würde.
    Kartoffeln wurden geschält, geputzt und zurechtgeschnitten. Zwischendurch tanzten die Söldner miteinander oder für sich, und sangen einzelne Textstellen mit. Nie hielten sie Still. Ständig wechselten sie ihre Position oder wiegten sich passend zur Musik hin und her.
    Fett zischte heiß in der Pfanne und schon wurde das Putenfleisch dazugegeben.
    "SALZ!", rief Krom, und fing den Streuer blind, den ihm Kahn zugeworfen hatte.
    Es wurde angerührt und geschlagen. Eierschalen flogen gekonnt in den Mülleimer. Erneut wirbelten die Söldner mit den Schürzen durch die Küche.
    Kahn jonglierte mit Brotscheiben, bevor er sie gekonnt, eine nach der anderen, in den Toaster steckte. Essig, Öl und andere Zutaten flogen von Hand zu Hand, ohne dass ein Wort gefallen wäre.
    Weite Töpfe und Pfannen kamen hinzu. Es brodelte, es zischte und es brutzelte scheinbar überall.
    Nach wie vor schienen die Söldner mehr zu tanzen und zu singen, als dass sie kochen würden. Immer wenn man dachte, dass gleich etwas anbrennen oder vergessen wurde, war einer der Söldner schon dran, als ob es unhörbares Kommando gegeben hätte.
    Die Söldner hackten sich untereinander ein und machten ein paar Drehungen, bevor sie sich wieder trennten. Während der eine den angebratenen Bacon abtropfen ließ, goss der andere die gekochten Eier ab.
    Die noch zischenden, gold-braun angebrannten Putenbruststreifen wurden vom Feuer genommen. Hart gekochte Eier wurden geschnitten.
    Nun ging alles sehr schnell. Die beiden Söldner standen nun mit dem Rücken zum Rest und schienen auf der Arbeitsfläche arg beschäftigt zu sein. Allerdings hielt sie das nach wie vor nicht davon ab, weiterhin passend zur Musik sich hin und her zu bewegen.
    James schaute sich das Spektakel, welches die Söldner in seiner Küche veranstalteten von einem sicheren Platz an der Wand an, und lächelte schief. Die beiden waren wirklich ein hervorragend eingespieltes Team, sogar beim Kochen zeigte es sich überdeutlich. Er hatte keinen Hunger, er hatte vorhin einige Energieriegel verdrückt, wie üblich, das hielt ein paar Stunden vor. Er schaute immer wieder zum Sofa. Ms Fernandez linste ab und zu verstohlen in die Küche, sie war sehr still. Der Chief und der Ghost verloren schon vor längerer Zeit das Interesse an der Kochshow der Söldner und sahen sich an, mit einem Gesichtsausdruck, welcher bei Grey hauptsächlich Entschlossenheit zeigte. Bei Aurix war es einfach: er sah wütend aus. Grey erhob sich, woraufhin sich der Turianer gerade aufsetzte, und wechselte die Plätze. Die Frau flüsterte Aurix etwas zu, er erwiderte etwas und schüttelte energisch mit dem Kopf. Die Soldatin packte den Ghost am Arm, beugte sie noch mehr zu ihm vor und redete leise auf ihn ein. Er sah sie von der Seite an, stand plötzlich auf und deutete ihr an, ihm zu folgen. Sie verschwanden in Richtung der Waffenkammer. Nein, korrigierte sich James in Gedanken, sie sind in den abhörsicheren Raum gegangen, das erkannte er an dem tieferen Brummen des Generators, welcher die Energie für das sich aufbauende Energiefeld lieferte. Er runzelte die Stirn und rieb sich über die Augen. Er wird hier bald für etwas mehr Disziplin sorgen müssen – spätestes, wenn Lyn in der Wohnung eingetroffen ist, ist es mit dem Spaß vorbei. Er blickte wieder in die Küche, die Söldner schienen fertig zu sein und räumten das Chaos grob auf.
    Schließlich, nachdem das benutzte Geschirr in der Spülmaschine verschwunden war, standen auf zwei Teller verteilt, 4 perfekte Club-Sandwiches mit Putenbrust, Ei, Bacon, Salat, Tomaten, Mayonnaise, Senf. Dazu wurden Kartoffelecken mit einem passenden Dip gereicht.

    Die Musik endete schließlich und die Söldner warfen die Schürzen wieder ab. Mit den Sandwiches und Beilagen machten sie sich auf zum Sofa, wo sie wieder ihre alten Plätze mit einem sehr zufriedenen Gesichtsausdruck einnahmen.
    "Pffttt... von wegen, kaum Lebensmittel im Haus!"
    "Also Jimmy, wer auch immer die Leute sind, die euch versorgen, die wissen, was in eine Küche gehört."
    "Man tut, was man kann", meinte James lächelnd und hob beide Augenbrauen bedeutungsvoll nach oben. Er ging gemächlich zum Sofa zurück und ließ sich fallen, was das Möbelstück mit einem Knirschen quittierte.
    Kahn wandte sich wieder Krom zu: "Hast du den Rosmarin gesehen?"
    "Hab ich, ich hätte mich reinlegen können, ich hab da schon eine Idee für Rosmarinkartoffeln..."
    Der Destroyer lehnte sich zurück und hörte den Söldnern zu. Sie waren recht ungezwungen in ihrer Art. Von dem Planeten, von welchem sie stammten, hatte James nur mal am Rande etwas gehört - ein richtiges Drecksloch, nicht wert, um es anzufliegen, geschweige denn dort zu leben. Diese beiden Männer sollte er besser immer im Auge behalten.

    Giseles hungriger Blick war den Söldnern nicht entgangen und beide wechselten einen vielsagenden Blick.
    "Hast du Hunger?", fragte Krom, woraufhin die Latina bestimmt nickte. "Na, dann komm her…", sagte der Söldner und klopfte einladend neben sich auf das Sofa.
    Vom Hunger getrieben bewegte sie sich und pflanzte ihren wohlgeformten Hintern neben Krom, der ihr auch gleich den Rest seines Sandwichs überließ.
    Gierig schlang sie es hinunter und presste mit vollem Mund gerade noch so ein "Danke" hervor.
    Zufrieden lehnten sich die Söldner zurück und betrachteten die essende Latina.
    Kahn bemerkte, wie James sie erneut musterte. "Frauen lieben Männer, die kochen können!", meinte er mit einem selbstzufriedenen Lächeln zu dem Destroyer. "Aber wie sieht das bei dir aus, Jimmy? Was lieben die Frauen an dir? Oder stehst du auf Jungs? Kann ja auch sein."
    James starrte Kahn an und fing zu lachen an. Er konnte gar nicht mehr aufhören und musste sich dazu zwingen. Schnell wischte er sich über die tränenden Augen und fragte immer noch glucksend: "Ziehst du solche Show bei Frauen ab? Na, wenns funktioniert!" Er zwinkerte dem Söldner zu. "Aber egal... Frauen sind ein Thema, das ich mit dir nicht erörtern werde!" Er lächelte verschmitzt, nippte an dem Drink und verschränkte die Hände auf der Brust, um das Glas dort abzusetzen.
    "Ich glaub nich, dass unser Elitesoldat in seinem Dienstplan Platz für Frauen hat!", meinte Krom, stand auf und salutierte dabei übertrieben.
    Nachlässig erwiderte James den Gruß, wobei er den Arm nicht mal hob, und lächelte breiter.
    "Was mich viel eher interessiert ist die Frage, wie es jetzt weitergeht?", sprach Krom weiter und begab sich zu dem Klavier.
    Neugierig waren die beiden Söldner schon. Trent schaute Krom hinterher, bevor er sich wieder Kahn zuwandte.
    "Je länger wir an einem Ort bleiben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man uns findet, und wenn man uns hier aufspürt, dann hält diese Festung hier auch nicht lange!", meinte Kahn und lehnte sich etwas vor. "Ich würde mich wohler fühlen, wenn wir mobil wären. Nie länger als ein paar Stunden an einem Ort, immer wieder wechselnde Fahrzeuge! So haben wir das immer bei Geiselnahmen gemacht!"
    "Das hier ist keine Geiselnahme, Kahn." James hörte auf zu lächeln und richtete sich auf.
    Krom begann frei nach Gefühl auf dem Klavier zu spielen.
    "Er hat recht, Jimmy!", fing er an, ohne von den Tasten aufzusehen. "Wie solls nun im Detail weitergehen? Wie lange willst du hier bleiben und wohin geht es dann als nächstes? Weiterhin verstecken, oder bringen wir die Typen zur Strecke?", sah er von den Tasten auf und schielte zu Trent hoch, wobei er stumpf weiterspielte.
    James blickte zu Krom. Und dachte nach. Die Söldner kriegen es ja mit, wenn Lyn hier auftaucht, dann kann er es ihnen auch direkt sagen.
    "Ich warte auf meinen Commander, der Informationen für mich hat. Sobald das erledigt ist, können wir aufbrechen. Vorher rühre ich mich nicht vom Fleck. Ich will nicht da draußen blind herum stolpern ohne zu wissen, womit ich es genau zu tun habe. Soweit zufrieden?", entgegnete James, trank den Rest seines Drinks aus und stellte das Glas auf dem Couchtisch ab.
    "Was diese Typen angeht… Klar will ich sie tot sehen, allesamt. Und das möglichst unauffällig. Ihr versteht, was ich meine?", fragte Trent leise und warf einen kurzen Blick zu Gisele, die sofort wegschaute. Er musterte die Söldner abwechselnd.
    "Gefängnisse werden überbewertet. Die Details gibt es, wenn Hellon und Grey wieder da sind, ich will mich nicht wiederholen." Was machten die beiden in dem abhörsicheren Raum eigentlich? Irgendwie gefiel James diese ganze Situation nicht, es verkomplizierte alles unnötig.
    Der Destroyer kniff die Augen zusammen und sah Kahn von der Seite an: "Was für eine seltsame Geschichte habt ihr drei da am Laufen, hm?" Er hob sofort eine Hand hoch, um den Söldner zu stoppen, falls dieser vorhatte zu antworten: "Nein, sags besser nicht! Ich hoffe, ihr könnt euch zusammenreißen, wenn es darauf ankommt!"
    Geändert von Milky_Way (07.03.2015 um 20:23 Uhr)

    ME-MPFRPG Charaktere:
    Aeona Grey, Infiltratorin
    Aurix Hellon, Ghost
    James TrenT, Destroyer
    ME-FRPG Charaktere:
    Nadeschda W. Sokolowa, mittlerweile Ex-Patientin der Asylum

  3. #1043
    Wie Feuer... Avatar von Milky_Way
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    Hinter Aurix schloss sich die Tür und ein blaues, leicht waberndes Feld baute sich um das komplette Zimmer auf. Die VI teilte ihnen ungefragt mit, dass alles, was sie sagen, in diesem Raum verbleiben wird. Ein leises Knacken war zu hören, dann herrschte Stille.
    "Ist sie weg?", fragte Grey nach ein paar Sekunden und sah hoch.
    "Keine Ahnung." Der Ghost blickte ebenfalls in die Richtung, aus der die Stimme gekommen ist. Er ging zu dem Schreibtisch, in welchem die VI-Steuerung eingebaut war, und lehnte sich dagegen. Er verschränkte die Arme und sah missmutig zu dem Chief.
    Sie presste die Lippen aufeinander.
    Gleichzeitig fingen sie zu reden an und hörten beide gleichzeitig auf.
    "Fang an. Was wolltest du mir erzählen?", fragte die Soldatin. Sie ging auf den Turianer zu und blieb in zwei Metern Entfernung stehen. Sie steckte die Hände in die Hosentaschen.
    Er atmete tief durch und erzählte ihr von Pedia. Je mehr er erzählte, desto mehr verdunkelten sich ihre Augen.
    "Gefängnis, hm?", sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihrem Gegenüber. Sie begann auf und ab zu gehen.
    Aurix folgte ihrem unruhigen Gang mit den Augen, schwieg aber.
    Sie stoppte und näherte sich ihm. "Du wirst dich mit ihr treffen", meinte sie bestimmt und schaute ihm scharf in die Augen.
    Aurix seufzte leise: "Ich hatte geahnt, dass du so etwas sagst. Bist du sicher, dass ich das tun soll?"
    "Ja", nickte sie. "Vielleicht lügt sie einfach, vielleicht nicht, aber in einer Sache muss ich ihr recht geben: die Akte dieser beiden Kerle ist mit Sicherheit unvollständig. Oder denkst du etwa, ich hätte über meine Aufträge auf Omega Buch geführt?"
    Der Turianer schüttelte langsam mit dem Kopf: "Nein."
    Sie rieb sich nachdenklich den Nacken: "Ich werde mit dir kommen."
    Aurix Augenplatten senkten sich etwas: "Verstehe. Und wie erklären wir Trent das Ganze?"
    Grey legte den Kopf schief und betrachtete den Ghost. "Weiß ich auch nicht... Wir haben ein Date?", meinte sie zögernd.
    "Ein Date?", wiederholte der Turianer und zog die Augenplatten wieder hoch.
    Grey nickte wortlos.
    "Und du meinst, James spielt da mit?"
    Sie nickte nochmal: "Warum nicht? Du hast ihm doch erzählt, dass du dich... hm... na, du weißt schon..."
    "Ja, hab ich", murmelte er verlegen und wendete kurz den Blick von ihr ab. "Und wenn er uns nicht gehen lässt?" Er sah sie wieder an.
    Ohne etwas zu erwidern kniff sie leicht die Augen zusammen.
    "Du willst dich raus schleichen", stellte der Ghost nach kurzem Überlegen fest.
    Sie nickte bestätigend, setzte sich neben den Turianer auf die Tischplatte und starrte vor sich hin.
    "Wenn wir das tun, kriegen wir Probleme mit James. Das ist dir klar", fügte Aurix hinzu.
    "Mit Sicherheit." Sie drehte den Kopf und blickte zu ihm hoch. "Oder wir haben Informationen über die beiden Söldner für ihn."
    "Hm", brummte er unbestimmt. "In Ordnung."
    Einige Sekunden verstrichen, bevor sich Aurix wieder zu Wort meldete: "Du darfst dir nichts anmerken lassen."
    "Ich weiß...", meinte sie und starrte wieder den Boden an.
    Erneutes Schweigen.
    "Chief..."
    "Ja?"
    "Warum hast du das getan?", fragte der Ghost leise.
    "Mit Kahn geschlafen?", entgegnete sie mit einer Gegenfrage und sah ihn von der Seite an.
    Er nickte bedächtig.
    Lange schaute sie ihm mit gerunzelten Augenbrauen in die blaugrauen Augen, die immer noch wütend waren, aber nicht mehr so sehr. "Weil ich morgen tot sein kann", meinte sie einfach, ohne Umschweife. Die Wut verschwand langsam aus den turianischen Augen, bis nichts davon übrig blieb.
    Aurix blinzelte ein paar Mal, sagte aber nichts.
    "Verstehst du das?", fragte sie.
    "Ja. Ja, das tue ich", sagte er nach einem Augenblick.
    Sie blickte ihm eindringlicher in die Augen. Er verstand es tatsächlich, das sah sie ihm an. "Vielleicht tue ich es nochmal", ergänzte sie. Es war besser, wenn sie ihm die Wahrheit erzählte, er schien damit besser zu Recht zu kommen, als mit fadenscheinigen Erklärungen.
    Er atmete tief ein und nickte nur. Sie war scheinbar in jeder Lebenslage sehr direkt. Wieder schwiegen sie beide eine Weile.
    "Ich glaube, James tötet mich am Ende unserer Mission", meinte sie plötzlich.
    "Was?" Aurix richtete sich auf und starrte sie an. "Was redest du denn da?"
    "Du hast seine Befehle gesehen. Wie viele Namen standen drin?" Sie ging nicht auf seine Frage ein.
    "Fünfundzwanzig", antwortete er wahrheitsgemäß und verstand auf einmal, was sie meinte. "Aber du bist in seinem Team..."
    Der Turianer stand direkt vor ihr. Sie streckte den Arm aus und ergriff eine seiner Hände. Die Klauen schlossen sich fest um ihre Finger. "Nein, bin ich nicht. Er überwacht mich bloß, Aurix", meinte sie leise. "Du bist in seinem Team. Fang endlich damit an, dich so zu benehmen. Ich werde alles tun, was ich kann, um diesen Job zu Ende zu bringen. Cerberus wird nicht einfach so davon kommen."
    Er sah runter auf ihre Hände. Die Soldatin war nicht nur zu anderen schonungslos, sondern ebenso zu sich selbst.
    "Ja." Er sah sie wieder an und sie lächelte ihn kurz an.
    Er lächelte zurück.
    "Lass uns zurückgehen." Sie ließ ihn los, sprang von dem Tisch runter und ging zu der Tür, Aurix folgte ihr.
    Die Barriere fuhr herunter, sobald Grey den Öffnungsmechanismus betätigte – und da hörten sie Musik. Jemand spielte ein langsames, improvisiert klingendes Stück auf dem Klavier. Aeona blickte zu Aurix hoch, der sie immer noch anlächelte. Greys Mundwinkel zuckten leicht nach oben, und sie verließen den Raum hintereinander.

    James drehte den Kopf, als er Schritte hörte. Die Soldatin kam zurück. Sie warf ihm einen sehr merkwürdigen Blick zu, den er nicht deuten konnte, bevor sie zur Küche ging und die Bar aufmachte. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und wurde von Aurix ebenfalls komisch beäugt, der der Infiltratorin dicht auf den Fersen folgte. Der Destroyer schloss den Mund für einen Moment. Was war jetzt wieder? Er seufzte langgezogen und warf in den Raum hinein, aber so, dass ihn jeder hören konnte: "Wenn ihr dann fertig mit euren Getränken seid, seid doch bitte so nett, und leistet uns Gesellschaft!"
    Krom war der Klavierspieler. Aurix schüttelte etwas verwundert mit dem Kopf, während er sich einen Doppelten eingoss. Er linste zu Aeona, die den ersten Drink hinunterstürzte ohne eine Miene zu verziehen, sich den nächsten einschenkte und Aurix mit einem Nicken deutete, wieder ins Wohnzimmer zu gehen.
    Sie blickte verstohlen zu Kahn, überlegte, ob sie sich neben ihm setzensollte - und entschied sich dagegen. Gisele saß neben dem Söldner, in der Hand einen leeren Teller mit einigen Krümeln drauf haltend. Grey steuerte einen möglichst weit von allen entfernten Platz an und spürte James Blick auf sich ruhen, den er erst abwendete, als sie saß.
    Der Ghost setzte sich direkt neben dem Chief, auch er hatte einen Drink in der Hand, den er sofort um fast die Hälfte reduzierte. Der Destroyer presste die Lippen aufeinander. Wollten sich die beiden etwa wieder betrinken? Womit musste er sich hier bloß herumschlagen? Er schaute Grey und dann Aurix an und meinte: "Seid ihr endlich fertig?"
    Die beiden nickten fast synchron.
    James starrte die zwei an, aktivierte das Omnitool und schickte drei ausgesuchte Akten an Alter. Die VI legte die Daten auf die Holoprojektionsfläche des Couchtisches und dimmte etwas die Beleuchtung. "Das sind unsere ersten drei Kandidaten", meinte er und nickte in Richtung der 3-D-Aufnahmen über der Tischplatte, die zwei Männer und eine Frau zeigten. Neben den Bildern flimmerten Infos aus den Allianzakten. "Sie sind die nächstliegenden Ziele, da sie hier auf der Citadel sind. Noch."
    James begann die Akten laut und stichwortartig durchzuarbeiten.
    "Zuerst haben wir hier Operations Chief Mikael Tepec. 38 Jahre, 1,79 m groß, 80 kg schwer. Augenfarbe blau, Haarfarbe braun." Trent deutete auf das Foto des älteren der beiden Männer, der finster in die Kamera blickte, und zählte weiter die Daten auf, die er sich gemerkt hatte. "Spezialist für Sprengstoff und schwere Waffen. Persönlichkeit: gewalttätig, reizbar, paranoid. Einstufung: Cat6. Verurteilung wegen mehrfacher, schwerer Brandstiftung gegen turianische Einrichtungen auf Citadel, Palaven und Erde, und das Ganze in Tateinheit mit mehrfachem Mord." Er schaute kurz auf das Omnitool, um die Datumsangaben zu prüfen. "Nach einem rechtskräftigen Urteil am 23. Januar 2179 unehrenhaft entlassen,Wiedereinstellung erfolgte am 3. Februar 2186. Tepec ist zur Zeit auf dem Kreuzer SSV Vancouver stationiert, das Schiff liegt wegen Wartungsarbeiten im Trockendock der Citadel. Der Mann hat eine Woche Landurlaub, wie fast der ganze Rest der Besatzung."
    Er machte eine kurze Pause. "Die Nächste...", nickte James in die Richtung der hübschen, rothaarigen Frau. "Staff Lieutenant Rose Montgomery. 36 Jahre, 1,75 m, 65 kg. Augenfarbe braun, Haarfarbe... Sieht man ja. Sehr starke Biotikerin, spezialisiert auf Warp und Ziehen, kann extrem widerstandsfähige Barrieren aufbauen. L2-Implantate wurden mit 20 Jahren durch L3 ersetzt. Seitdem psychisch labil, Wutanfälle mit unkontrollierbaren Biotik-Entladungen folgten, einer davon mit tödlichem Ausgang – sie löste mitten in einer Fußgängerpassage eine Biotikexplosion aus -, aufgrund dessen folgte die Entlassung im gegenseitigen Einvernehmen am 6. Dezember 2177. Wieder bei der Allianz seit dem 5. Oktober 2185. Sie wird seit mehreren Jahren therapiert und zeigt eine gute Prognose dank entsprechender medikamentöser Behandlung. Montgomery ist derzeit in keiner Einheit stationiert, sondern arbeitet in der Biotik-Abteilung der Allianz auf der Citadel." James betrachtete das ernste Gesicht der Rothaarigen, während er sprach. Mit wütenden Biotikern war nicht zu spaßen, sie werden vorsichtig vorgehen müssen. Aber alles zu seiner Zeit...
    "Und der Letzte im Bunde... 1st Lieutenant Garry Harrison. 26 Jahre, 1,90 m groß, 105 kg schwer." Der Destroyer musterte das freundlich lächelnde Gesicht mit den schwarzen Haaren und den braunen, warmen Augen. "Ein Bilderbuchsoldat: loyal, ergebnisorientiert, ein begabter Techniker, Spezialist für Abwehrdrohnen aller Art, kann so ziemlich alles fahren, was Räder oder Raupen hat – und leider ist der Mann auch sehr emotional. Nach einem verlustreichen und fast gescheiterten Einsatz seiner Einheit in den Terminus-Systemen in Jahre 2181 schwere posttraumatische Belastungsstörung. Trotz erfolgreicher Therapie am 5. Juli 2183 auf eigenen Wunsch entlassen. Er hatte sich dann doch umentschieden und trat der Allianz auf eigenen Wunsch am 15. Februar 2186 wieder bei. Momentan ist er auf der Citadel stationiert, im Techniktrupp des 9. Bataillons der Allianz."
    "So, das wars fürs Erste. Etwas unklar?", fragte James in die Runde und streckte sich wieder gemütlich aus.
    "Äh, wie willst du vorgehen?" Grey sah ihn nicht an, sondern musterte aufmerksam die Holoprojektionen.
    "Ich werde sie ganz freundlich bitten, mit uns zu kommen", entgegnete James und grinste schief, als die Infiltratorin ihn befremdlich anschaute. Nach wie vor grinsend schickte er die Codes der Peilsender und die Fotos der drei Soldaten an Grey, Hellon und die beiden Söldner. "Cerberus war so nett, und hat allen Versuchspersonen einen Peilsender verpasst. Mit keiner allzu großen Reichweite, aber immerhin...", meinte er gelassen und erntete einen vernichtenden Blick von Grey.
    "Ja, du hast auch einen Peilsender im Kopf, Chief", nickte er bestätigend in ihre Richtung, bevor die Frau den Mund aufmachen konnte. Sie verengte die Augen, lehnte sich zurück und verschränkte mit einem düsteren Geschichtsausdruck die Arme vor der Brust. Da ist aber jemand empfindlich. James hob eine Augenbraue nach oben: "Stell dich nicht so an. Ändern kannst du eh nichts dran, und vielleicht bist du unser sprichwörtliches Ass im Ärmel!", zwinkerte er ihr zu.
    "Du kannst mich mal... Lieutenant!", zischte sie ihm zu und starrte ihn noch finsterer an. Neben ihr bewegte sich Aurix unruhig, aber sie achtete nicht darauf.
    "Na na na, hüte deine Zunge, Grey!", schmunzelte Trent. "Was soll die Aufregung?"
    "Leck mich!"
    James biss entnervt die Zähne zusammen: "Das erledigen schon andere! Krieg dich wieder ein!"
    Jetzt sagte die Soldatin nichts mehr - und sie sah ihn auch nicht mehr an. Der Destroyer zuckte mit den Schultern und gab nacheinander die Codes der drei Soldaten ein. Neben den Bildern der drei Allianzsoldaten erschien nun über dem Tisch ein dreidimensionales Modell der Citadel, mit zwei roten Punkten, die vor sich hin blinkten, und zwei der Namen. Von dem jetzigen Standpunkt aus gesehen befand sich Tepec in etwa zehn und Montgomery in acht Kilometern Entfernung. Harrison befand sich wohl außerhalb der Reichweite. Besser zwei, als gar keiner - und den Techniker werden sie schon ausfindig machen. Jetzt fehlte noch Lyn, dann konnte es endlich losgehen. James juckte es in den Fingern.
    "Wir werden zuerst unserem Cat6 einen Besuch abstatten. Wir haben noch fünf Tage, bis die Vancouver ablegt. Tepec hat ein Quartier in den Kasernen in der Nähe des Docks der Vancouver, es liegt in den unteren Bezirken. Das dürfte interessant werden...", sagte James nachdenklich, wobei nicht sicher war, ob er es zu sich meinte oder zu jemand aus seiner Truppe.

    Trent löste den Blick von dem Holo der Citadel, lehnte sich vor und sah die Assistentin an, die ihn sichtbar ignorierte. "Ms Ferandez, was ist mit Ihnen?", fragte er und endlich blickte sie ihn an, wenn auch sehr vorsichtig.
    "Was meinen Sie damit?", meinte sie und starrte ihn verständnislos an.
    Er atmete tief durch: "Haben Sie mir nicht zugehört?"
    Die Frau stellte sehr langsam den Teller auf dem Tisch ab. "Doch, ich habe zugehört", entgegnete sie.
    "Sie sind keine Soldatin. Es ist gefährlich, wenn Sie mit uns kommen", sagte James und beobachtete genau die Reaktion der Frau. Panik. Bevor sie etwas sagen konnte, fügte er schnell hinzu: "Ich kann für Ihre Sicherheit garantieren. Zumindest in einem größeren Masse, als hier."
    Gisele blinzelte: "Wirklich? Und... Und wie wurde sie aussehen, diese... Sicherheit?"
    "Ich würde Sie zu Freunden schicken. Ich kann Sie natürlich nicht dazu zwingen." James wusste, dass Wolf sich um die Frau kümmern würde. Nicht umsonst natürlich. "Überlegen Sie es sich."
    "Also, ich weiß ja nicht, was ihr noch so vorhabt, aber ich werde mich aufs Ohr hauen! Ich brauche etwas Schlaf", meinte James, erhob sich und streckte sich. Etwas kackte laut in seinem Nacken. "Macht nicht zu viel Lärm. Ich bin in der Waffenkammer, falls ihr etwas braucht. Ich hoffe, ihr braucht nichts!", lächelte er schief. "Fragt notfalls Alter." Er schlenderte in die Kammer, von Musik begleitet. Krom war gar nicht mal so schlecht...

    Mit einem Lächeln im Gesicht spielte Krom noch ein bekanntes Schlaflied auf dem Klavier für James, bevor er sich neben Gisele auf das Sofa setzte.
    Mit Schwung fiel er in das Polster und drängte sich eng an die Latina.
    "Rutsch mal!", forderte er die Frau auf und presste sie noch enger an Kahn, der frech grinste.
    Aeona und Aurix sahen sich an, und die Soldatin verdrehte die Augen. Der Turianer forderte sie mit einem unmerklichen Kopfnicken auf, sich zu dem Trio dazu zu gesellen. Grey presste die Lippen zusammen und starrte den Ghost entgeistert an, woraufhin er entschuldigend mit den Achseln zuckte, aber auf so eine turianische Art und Weise, dass es wahrscheinlich niemand außer ihr bemerkte. Sie atmete tief durch und wandte den Kopf den Söldnern zu, und der verschreckt wirkenden Gisele in ihrer Mitte, und musste dennoch unwillkürlich grinsen. Krom und Kahn schienen einen Riesenspaß zu haben, ganz im Gegensatz zu der Frau, und schließlich schaffte es Krom, die Schwarzhaarige zwischen den Söldnern einzuquetschen.
    Mit sichtlichem Unbehagen sah sich die Frau um.
    "Tja! Sieht wohl so aus, als ob wir die Nacht heute gemeinsam verbringen!", meinte Krom und ließ das Gesicht der Angesprochenen völlig entgleisen. "Ja, nun schau nicht so! Die Schlafplätze sind hier begrenzt!" Hilfesuchend sah sie zu Aeona.
    Grey schaute die Assistentin mit einem Gesichtsausdruck an, der zwischen Belustigung und Mitleid wechselte, und zuckte schließlich mit den Schultern. Da muss die Frau schon selbst durch, so etwas härtet ab. Eine gute Übung für die Realität da draußen. Nun, vielleicht war es doch etwas zu hart für den Anfang, und Aeona wollte schon etwas sagen, aber Gisele wurde es recht bald zu viel und sie sprang auf und rannte fast ins Schlafzimmer.
    Grey schaute ihr hinterher, gähnte und sah den Turianer müde an: "Ich muss mal schlafen..." Sie beugte sich zu ihm vor und fügte leise hinzu: "In einem richtigen Bett!"
    "Du schon. Ich nicht!", schmunzelte der Ghost.
    Aeona lachte kurz auf und strich ihm über eine Klaue: "Das Sofa sieht bequem aus." Sie trank den Drink aus, stellte das Glas neben Aurix leerem ab und stand auf. "Gute Nacht!" Er nickte ihr lächelnd zu und sie verschwand in dem anderen Schafzimmer, ohne sich großartig dafür zu interessieren, was Kahn macht. Sie wollte bloß schlafen.
    Das Bett war riesig, einladend und genau richtig, nicht zu hart und nicht zu weich. Und es war frisch bezogen. Kurz überlegte Grey, ob sie duschen sollte, aber dann siegte die Müdigkeit. Nackt schlüpfte sie unter die große, kuschelige Decke, wickelte sich darin ein und nach nicht mal zwei Minuten war sie eingeschlafen.

    Aurix blickte dem Chief nach, griff nach einer hellen Decke, die über der Sofalehne hing, steckte sich bequem aus, drehte sich von den Söldnern weg – auch wenn er kurz überlegte, ob es klug war, ihnen den Rücken zu zu kehren – und merkte, wie fertig er eigentlich war. Die letzten Tage waren ziemlich furchtbar gewesen. Er dachte über den Chief nach, kam aber mit seinen Überlegungen nicht weiter, weil er nicht klug aus ihr wurde. Sie wirkte, als ob sie sich nicht entscheiden könnte, ob sie nun Soldatin ist - oder weiterhin eine Söldnerin. Er seufzte, schloss die Augen und schlief wenige Augenblicke später ein.

    Schließlich verschwand Gisele, während die beiden Söldner noch einige Stunden zusammensaßen und in ihrem typischen, unverständlichen Kauderwelsch über die Dossiers, ihre Verbündeten und ihre Situation ihre Köpfe zusammensteckten und verschwörerisch flüsterten, Pläne schmiedeten.
    Schließlich gingen die beiden auch ins Bett.
    Vor den Augen der Lateinamerikanerin entkleidete sich Krom genüsslich, bevor er sich zu ihr ins Bett begab und, sehr zur Beruhigung der Frau, schnell einschlief.

    Kahn hingegen glitt nackt zu Aeona ins Bett, welches unter seinem Gewicht knarzte.
    Er kletterte unter die Decke und schmiegte sich zärtlich an die schwarzhaarige Soldatin. Voller Genuss nahm er ihren femininen Geruch tief in sich auf. Der Söldner begann damit, Küsse auf ihren Nacken zu hauchen.
    Sie regte sich und drehte sich auf den Bauch, als sich jemand an sie drückte, und machte die Augen halb auf. Kahn... Er war wirklich süß, trotz allem was er sonst noch war. Sie lächelte in sich hinein, streckte die Hand zur Seite und zog den Mann näher zu sich.
    Er streichelte ihr über die Wange. "Ich glaube, du schuldest mir noch etwas!", raunte er ihr zu und ließ seinen Blick über ihren Körper schweifen, während er anfing ebendiesen zu streicheln.
    "Achja, was denn?", murmelte sie.
    "Hast du schon ohne mich angefangen?"
    Sie lachte leise auf: "Würde ich niemals machen..."
    Der Söldner begann nun breit zu grinsen. "Ausgezeichnet!", flüsterte er und drängte sich zwischen die Schenkel der Soldatin.

    Bezirke/ Fenris (Position unbekannt)

    Aus ihrem Quartier holte Lyn nur das Nötigste: ein paar zivile Klamotten, Zahnbürste, solche Sachen eben. Sie stopfte die Sachen in den großen, schwarzen Rucksack, alles unter dem wachsamen Auge der beiden Wachen, die vor der Tür standen, dann konnte sie gehen, was sie auch tat.
    Kurze Zeit stand sie vor dem Allianzgebäude und wartete auf ihren 'Schatten'. Der Mann enttäuschte sie nicht und verließ seine sichere Deckung vorzeitig. Amateur..., schoss es ihr erneut durch den Kopf, als sie sich in Bewegung setzte. Wolf hatte ihr codierte Treffpunktkoordinaten übermittelt - und dorthin war sie unterwegs. Jetzt musste sie noch den Typen hinter ihr loswerden.

    Sie bog in die erstbeste Seitenstraße, die in die Bezirke führte, ab, und beschleunigte ihren Schritt. Als sie an einem großen Schaufenster vorbei ging, blieb sie abrupt stehen. Ihr Beschatter versuchte hektisch in einem Hauseingang Schutz zu suchen. Lyn lächelte schief und ging in unverändertem Tempo weiter, der Mann klebte förmlich an ihr. Er war viel zu nah. Lyns Lächeln wurde breiter, als sie eine enge Gasse betrat. Sie folgte ihr einige Meter, und verschwand hinter einer hohen Mauer, ihr Tarnfeldgenerator funktionierte natürlich nicht. Sie blieb regungslos stehen, mit dem Rücken zu Wand, und horchte. Nach etwa einer halben Minute hörte sie vorsichtige Schritte und drückte sich fester gegen die schützende Mauer. Der Mann ging an ihr vorbei, und als er sich umdrehen wollte, war Lyn schon hinter ihm, packte seinen Kopf und schickte ihn mit einem kurzen, harten Schlag gegen die linke Schläfe ins Reich der Träume. Er gab ein seufzendes Geräusch von sich, als er in sich zusammen sackte. Sie fing den fallenden Körper auf und zerrte ihn hinter einen Müllcontainer in die Dunkelheit. Schnell durchsuchte sie ihn, nahm ihm seine Phalanx und alle Thermomagazine ab, und erleichterte den Mann noch um sein Universalwerkzeug. Sie griff in eine der Gürteltaschen, holte Plastikhandschellen heraus und fesselte ihn. Damit er nicht sofort losbrüllt, wenn er wach wird - was in ungefähr zehn Minuten passieren dürfte -, stopfte sie ihm einen dreckigen Lappen in den Mund, den sie neben dem Container fand. In etwa drei Metern Entfernung ließ sie sein Messer liegen, so, dass er die Klinge auf jeden Fall sieht, wenn er die Augen aufschlägt. Kirilow dürfte zufrieden sein, der Mann lebte. Sie erhob sich und ging schnell weiter. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Was sie soeben getan hatte, setzte sie automatisch auf die Fahndungslisten der Allianz.

    Der Cerberusattentäter trat bedächtig in die Gasse. Er schien vor jedem Schritt genau zu überlegen, welche Konsequenzen dieser nach sich ziehen würde, und so dauerte es eine Weile, bis er den bewusstlosen Allianzagenten erreichte.
    Alles in allem war der Attentäter aber recht zufrieden. Bisher griff sein Plan, hier und da musste man zwar noch etwas nachsteuern, aber alles in allem konnte er so arbeiten.
    Tief ging der Attentäter in die Knie und betrachtete den Bewusstlosen.
    Sorgen über heimliche Beobachter machte er sich nicht. Er war eine alte Katze und erfahren genug, sodass er sicher war, keine anderen Agenten in der Nähe vermuten zu müssen, und sein kleiner, tragbarer Störer machte jegliche Form von Aufzeichnungen von ihm unmöglich.
    Ja, manche Pläne brauchten ein wenig Nachhilfe, um ihre volle Wirkung entfalten zu können.
    Der Attentäter zog einen speziellen Handschuh über und ergriff das Messer, das Commander Lyn so bereitwillig mit ihren DNS-Spuren für ihn dagelassen hatte.
    Wenig später verließ er auf demselben Weg wie Lyn die Gasse, den ausblutenden, toten Agenten hinter sich lassend.
    Man würde Lyn die Verantwortung für den Tod des Agenten in die Schuhe schieben. Kirilow und die anderen Verbündeten von Trent und Lyn würden weiterhin an ihre Unschuld glauben, aber für die Basis, also die Fußsoldaten, die tatsächlich hinter ihnen her waren, würde es den Verdacht nur erhärten und sie anspornen.
    Erneut verschwand er nach nur wenigen Metern in der Masse, wobei er aber sein Mobiltelefon zückte und eine Textnachricht versandte. Unmittelbar daraufhin zerlegte er es in seine Bestandteile. Der Speicherchip bleib bei ihm, den Rest des Telefons warf er im Vorbeigehen in einen der öffentlichen Müllkörbe, sodass es augenblicklich der Abfallentsorgung zugeführt wurde und somit unwiederbringlich verloren war.

    Am Treffpunkt in den unteren Bezirken wartete ein graues Shuttle ohne Kennzeichnung auf Lyn, August Wolf stand höchstpersönlich an der Einstiegsluke. Er nickte ihr knapp zu, was sie erwiderte, und sprang in das Schiff. Sie folgte ihm und nahm in dem Co-Pilotensitz Platz. Das Shuttle beschleunigte augenblicklich. Wolf sprach kaum, aber er war noch nie der große Redner gewesen. Erst als sie nach fast drei Stunden an Bord der Fenris gingen und sein Quartier betraten, brachen die Gefühle aus ihm heraus. Die beiden großen, genetisch veränderten Wölfe, die in einer Ecke lagen, erhoben sich und starrten den Besucher prüfend an, da sie Lyn aber kannten, legten sie sich entspannt hin und hielten weiter ihr Nickerchen.
    "Was für eine verfluchte Scheiße läuft da eigentlich?!" Schnell ging er zu seinem Schreibtisch und aktivierte die Konsole. Die Akten der Internen Sicherheit flimmerten über den Monitor, von einem vertrauenswürdigen Kontaktmann der Allianz zur Verfügung gestellt.
    Lyn ließ sich in den großen Sessel vor Wolfs Schreibtisch fallen, streckte die Beine aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Lange sah sie den älteren Mann an, bevor sie ruhig entgegnete: "Ich bin noch nicht sicher."
    Wolf atmete tief durch und setzte sich neben Lyn auf die Tischplatte. Er drehte den Monitor zu sich und überflog die Daten, zum x-ten Mal. "Das ist doch völliger Schwachsinn! Kirilow muss es besser wissen."
    "Er weiß es besser, aber nicht die Internen", murmelte Lyn.
    Der Söldner fluchte leise vor sich hin, je weiter er las. "Das muss das Werk von Cerberus sein, das weißt du genauso gut wie ich." Er sah den Commander von der Seite an.
    Lyn lehnte den Kopf gegen die Rückenlehne und beobachtete Wolf unter halb gesenkten Augenlidern: "Wahrscheinlich hast du recht."
    "Wahrscheinlich!? Komm schon! Wie oft habt ihr Cerberus in den Arsch getreten?" Wolf hob eine Hand, als der Commander antworten wollte. "Ja, ja, ich weiß, du darfst mir nichts sagen."
    Lyn lächelte schief und zuckte mit den Achseln.
    "Wo ist James?", fragte der Söldner nach kurzer Schweigepause.
    "In Sicherheit", entgegnete sie. "Er weiß noch nicht, was geschehen ist", fügte sie nach einer Weile leise hinzu.
    "Hm", brummte August. "Das wird ihm nicht gefallen." Wütend hieb er mit der flachen Hand auf die Tischplatte. Einer der Wölfe, Hati, erhob sich daraufhin, schlenderte gemütlich zu seinem Herrchen und legte den riesigen Kopf auf dem Oberschenkel von August ab. Geistesabwesend kraulte der Mann das Tier zwischen den Ohren. Er drückte ein paar Tasten seiner Konsole, eine halbe Minute später öffnete sich die Tür zischend und ein großer Salarianer betrat den Raum. Er nickte seinem Chef zu, verzog die Lippen zu einem schmallippigen Lächeln, als er Lyn bemerkte, und übergab Wolf einen kleinen Behälter.
    "Dag", meinte Lyn freundlich. "Wie geht es Ihnen?"
    "Wie immer, Commander. Schön, Sie zu sehen. Ich dachte schon, der Lieutenant wäre nicht mehr Ihr Partner", entgegnete der Techniker.
    "Nur vorübergehend, Corporal", zwinkerte ihm Lyn zu.
    "Verstehe. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg", meinte er kurz angebunden und verließ das Quartier, ohne auf eine Antwort zu warten.
    Lyn lachte kurz auf. Typisch Dag. "Was hast du für mich, Wolf?" Interessiert beäugte sie das Behältnis in seinen Händen.
    Er öffnete es: zwei ID-Cards, diverse Creditschips und eine Datendisc ergossen sich auf den Schreibtisch.
    Lyn beugte sich vor und nahm die IDs in die Hand. Sie hob eine Augenbraue hoch und starrte August an: "Ist nicht dein Ernst, oder?"
    "Auf die Schnelle ging nichts Besseres. Schau, wo sie tätig waren."
    Lyn nahm die Disc und öffnete die Dateien. "Waffengeschäft in New York? Hm..." Sie las die Vita der beiden Menschen aufmerksam durch und prägte sich die Eckdaten ein. "Gut, gar nicht mal so schlecht."
    "Sagte ich doch", lächelte Wolf. "Es existiert ein gut gedecktes Konto auf den Namen Jameson. Das sind bloß...", deutete er auf die losen Creditschips in Höhe von etwa fünfzig Tausend Credits, "Peanuts. Mr Peter Jameson hat sich einen Extranetzugang teuer erkauft, ist fast so schnell, wie bei der Allianz, was die Bearbeitungszeit angeht. Fürs erste muss es genügen."
    Lyn erwiderte das Lächeln: "Danke, August."
    "Ich weiß nicht, wofür", grinste der Große Wolf plötzlich. "Ihr bezahlt mich schließlich jeden Monat dafür, dass ich genau das tue, was ich jetzt tue."
    "Ha, stimmt!", lachte Lyn auf.
    "Die Wohnung wurde vorbereitet. Ich denke, James dürfte zufrieden sein", zwinkerte August der Soldatin zu.
    Lyn nickte knapp und stand auf.
    "Dag bringt dich zurück, ich muss noch ein paar... Gefallen einfordern", lächelte er humorlos.
    "Verstanden", entgegnete Lyn und marschierte zum Ausgang.
    "Lyn?"
    Sie blieb stehen und drehte sich um: "Ja?"
    "Ich glaube, das habe ich noch nie gesagt, aber... Passt auf euch auf!", meinte er ernst.
    "Ja, August, das machen wir immer", sagte Lyn und verließ Wolfs Quartier.

    Dag war gesprächiger als Wolf, aber er war ja auch ein Salarianer, das war völlig normal. Sie unterhielten sich über die vergangenen Zeiten und ließen bewusst die jetzigen Probleme außer Acht. Der Corporal war, als einer der engsten Vertrauten Wolfs, in die ganze Angelegenheit involviert - er war derjenige, der die IDs gefälscht hatte.
    Das Shuttle setzte Lyn exakt dort ab, wo sie aufgesammelt worden war. Dag wünschte ihr nochmal gutes Gelingen - sie soll Cerberus die Fresse polieren, meinte er wortwörtlich -, und das kleine Schiff entfernte sich schnell von der Anlegestelle. Lyn schaute dem Shuttle nach, bis es aus ihrer Sicht verschwand, umfasste die Riemen des Rucksacks fester und lief zügig los. Bis zu der sicheren Wohnung waren es noch ein paar Kilometer. Sie entschied sich direkt die Fundamente anzusteuern.

    Fundamente/ Sichere Wohnung

    Auf der untersten Ebene der Citadel herrschte ein ständiges Halbdunkel. Leute, denen sie begegnete, schauten desinteressiert in der Gegend herum, bloß niemand direkt in die Augen sehen lautete hier die Devise, denn das könnte als Provokation ausgelegt werden. Die erbeutete Phalanx hing im Halfter an Lyns Hüfte, geladen und griffbereit. Sie beschleunigte etwas, bis zu ihrem Ziel waren es noch gute drei Kilometer, und wurde nicht langsamer, bis sie die Wohnung sah.
    Sie stieg die Treppen hoch und gab den Code ein.
    "Willkommen, Commander", ertönte die leise Stimme der VI.
    "Hallo, Alter", entgegnete Lyn höflich. Die Tür vor ihr glitt auseinander. "Ist James in der Waffenkammer?", fragte sie, als sie den Flur betrat. Dort schlief er immer, wenn sie nicht da war, eine Vorsichtsmaßnahme.
    "Ja."
    Die zweite Tür öffnete sich erst, als sich die Tür in ihrem Rücken geschlossen hatte. Lyn betrat die stille Wohnung. Laut der Uhrzeit waren es drei Stunden nach Mitternacht, was hier allerdings belanglos war. Sie schaute sich um. Die Küche sah etwas verwüstet aus. Lyn seufzte, denn das war bestimmt James gewesen, er hatte es nicht so mit der Ordnung, was sie immer auf die Palme brachte. Auf dem Sofa schlief jemand, in die große, beige Decke eingewickelt. Zwei lange Hörner lugten hervor, also war es wohl der Turianer. Auf dem Couchtisch standen leere Gläser und Teller. Sie lächelte schief und ging auf leisen Sohlen zu der Kammer.

    James lag auf dem Boden, auf einer Isomatte. Sein Schlafsack lag mehr neben ihm, als auf ihm, und Lyns Lächeln wurde wärmer. Er hatte einen unruhigen Schlaf, schon immer - und oft Träume, die ihn weckten. Sie beobachtete ihn einen Augenblick, er wälzte sich auf die Seite und murmelte etwas Unverständliches, der Schlafsack rutschte komplett auf den Boden, und da sah Lyn, dass er seine Eagle in der Hand hielt. Sie schmunzelte und ging auf ihn zu.
    "James?" Vorsichtig legte sie ihm eine Hand auf die Schulter.
    Er schlug die Augen auf, vollkommen wach, sah sie an, lächelte und meinte leise: "Endlich bist du hier." Er setzte sich auf und rieb sich mit der freien Hand über das Gesicht. Kurz starrte er die Pistole in der anderen Hand an, als wüsste er nicht, was es ist, und legte sie neben der Isomatte hin.
    "Wir müssen reden", sagte Lyn bestimmt.
    Er nickte und erhob sich. Lyn schaute ihm zu, wie er das T-Shirt und die Hose überzog, die Eagle wanderte in eine Halterung an seiner Hüfte. Sie überlegte einen Moment, setzte sich in Bewegung, öffnete den Spind neben seinem und legte schnell die Panzerung ab, die Funktionsunterwäsche folgte. Sie streckte sich, atmete tief durch und blieb reglos stehen. Es war ein gutes Gefühl, mal keine Panzerung tragen zu müssen.
    "Lyn?"
    James stand hinter ihr und sie drehte sich um.
    "Zieh dich an", meinte er knapp, verließ die Kammer und verschwand in dem abhörsicheren Raum.
    Sie griff nach ihren Klamotten aus dem Rucksack und zog sie schnell an, den Behälter vom Wolf steckte sie in die Hosentasche, und folgte James.

    Der Destroyer wartete auf sie, mit verschränkten Armen gegen die Wand am Schreibtisch angelehnt.
    "Was ist los?", fragte er sofort.
    Sie fing mit ihrem Bericht an. Schon nach einer halben Minute begann er wütend auf und ab zu gehen, er wurde schneller und warf ihr immerzu einen immer finster werdenden Blick zu. Plötzlich blieb er stehen, sein Gesicht wurde immer zorniger, und er ballte die Fäuste so stark zusammen, dass sie hörbar knackten. Als sie fertig war, machte er zwei schnelle Schritte nach vorn, packte den Metallstuhl am Schreibtisch und warf ihn mit Wucht aus einer Drehung heraus gegen die Wand, wo er verbogen liegen blieb. Jetzt brüllte er auch, so laut, dass sie das Gesicht verzog, er stieß wüste Beschimpfungen gegen Cerberus, und die Allianz, aus. Sie überlegte kurz, wo er diese Schimpfwörter wieder aufgeschnappt hatte. Batarianer vielleicht? Wieder begann er hin und her zu laufen, als würde ihn etwas Unsichtbares antreiben. Lyn tippte auf glühenden Zorn. Sie wartete noch etwas, aber er hörte nicht auf, also ging sie auf ihn zu und hielt ihn am Unterarm fest. Er stoppte umgehend und sah sie mit aufgebrachten Augen an.
    "James."
    Er beruhigte sich nur sehr langsam, während er zu ihr herunter schaute. Sie griff nach seinen Händen und löste mit Mühe die verkrampften Finger, einen nach dem anderen, wie sie es schon früher getan hatte.
    "Wir werden die Dreckskerle, die das zu verantworten haben, finden. Und töten", sagte sie leise.
    Mehrere Male atmete er tief durch, bevor er nickte, aber wirklich ruhig war er noch nicht.
    Sachte strich sie ihm über das narbige Gesicht, und lächelte schief: "Wir müssen üben."
    "Hm?", machte James nur und starrte sie verständnislos an. "Was üben?"
    "Na, das..." Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf den Mund.
    James blinzelte. "Äh, Lyn... Was tust du da?" Er zog eine Augenbraue nach oben. "Bist du betrunken? Nein... Keine Fahne. Oder hast du etwa Gorgs Auflauf gegessen? Ich habe dir doch gesagt, was da drin ist, das Zeug esse nicht mal ich!"
    Lyns Mundwinkel zuckten verräterisch, genauso wie die von James. Sie lachte auf und holte das Präsent von August heraus, fischte die IDs heraus und drückte sie ihm in die Hand. "Da! Deswegen müssen wir üben!", kicherte sie.
    Er überflog die zwei Plastikkarten und kniff die Lippen zu einem etwas säuerlichen Lächeln zusammen: "Toll. Gab es nichts Besseres?"
    Sie schüttelte verneinend mit dem Kopf und zog belustigt die Augenbrauen hoch.
    "Wie lange sind wir schon verheiratet?", fragte er und prüfte nochmal die IDs von Mr und Mrs Jameson.
    "Neun Jahre", entgegnete sie, immer noch lächelnd.
    "Na, dann ist es ja eh vorbei mit der Romantik", grinste er schelmisch.
    "Wer sagt das?", fragte sie gespielt entsetzt.
    "Na, ich! Blumen sind nicht drin!", lachte er.
    "Ein Kuss? Ab und zu... Wir müssen unsere Tarnung wahren, denk daran!" Sie versuchte ernst zu bleiben, und scheiterte klaglos, weil James ebenfalls das Gleiche versuchte, leider ist ihnen dieses Kunststück noch nie gelungen, und sie lachten beide laut auf.
    Lyn beobachtete James genau, während sie lachten, aber er hatte sich wieder gefangen, ihr kleines Ablenkungsmanöver hatte hervorragend funktioniert, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Sie wusste, dass seine Reaktion auf die Beschuldigungen der Allianzermittler heftig sein wird.
    "Was ist mit meinem Auftrag?", fragte James, als sie sich beruhigt hatten.
    Lyn hob eine Augenbraue hoch: "Was soll damit sein? Du führst ihn weiter aus. Kirilows Befehle gelten nach wie vor, mir ist egal, was diese Idioten von der Internen sagen."
    "Ähm, sag jetzt nicht, du willst dich alleine umhören." Er runzelte die Augenbrauen.
    "Doch, so bin ich schneller", entgegnete sie.
    "Du meldest dich sofort, wenn es Probleme gibt", blickte er sie von der Seite an.
    "Klar", nickte sie.
    "Bleibst du hier?", fragte er nach einer Weile.
    "Ja, vielleicht, für ein, zwei Tage. Ich muss in Ruhe nachdenken."
    James lachte freudlos auf: "Für die nötige Ruhe muss ich erst sorgen!" Er erzählte ihr in knappen Sätzen, was bisher vorgefallen ist.
    Lyn verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln, das immer schiefer wurde: "Ach, James... Mit den beiden Söldnern wirst du schon fertig - war bisher nie anders gewesen."
    Er rollte mit den Augen: "Ja, ja..."
    "Was ist mit Grey?", fragte sie interessiert.
    James biss die Zähne aufeinander: "Sie benimmt sich... Ich weiß auch nicht. Als wäre sie ein verdammter Söldner!"
    "Hm", kam es nur nachdenklich von Lyn.
    "Das ist nicht sehr hilfreich", murmelte James.
    "Und der verliebte Turianer?", fragte Lyn und verzog dabei keine Miene.
    James starrte sie finster an ohne etwas zu sagen.
    Lyn grinste: "Auch damit wirst du fertig!"
    "Und was machst du in der Zwischenzeit, während ich arbeite?", fragte er unschuldig und erntete einen kräftigen Schlag in die Seite.
    "Aua!", rief er empört - und breit grinsend - und rieb sich über die Rippen. "Wehe, ich hab da einen blauen Fleck!"
    Lyns Grinsen wurde schief und ging unmittelbar in ein Gähnen über. Sie kratzte sich im Nacken. "Lass uns den Rest auf morgen verlegen. Ich bin seit über zwei Tagen auf den Beinen." Schon marschierte sie in Richtung der Tür.
    Er folgte ihr nach einem kurzen Augenblick. Die Tür der Waffenkammer stand offen und er sah, dass Lyn ihre Isomatte neben seiner ausgebreitet hatte und sich soeben in den Schlafsack einrollte. Er betrat die Kammer und setzte sich genau der Eingangstür gegenüber. Die Eagle lag kalt in seiner rechten Hand, Lyns erbeutete Phalanx in der linken.
    Jetzt konnte sie ruhig schlafen, James wird Wache schieben. "Morgen will ich in meinem Bett schlafen", murmelte Lyn undeutlich und zog den Schlafsack über ihre Schultern.
    James schaute zu, wie sie einschlief, was nach wenigen Sekunden eintraf. Er wird so lange die Tür im Auge behalten, bis Lyn aufwacht - oder bis jemand Ungebetenes durch diese durchkommt.
    Geändert von Milky_Way (09.03.2015 um 11:58 Uhr) Grund: Rechtschreibung...

    ME-MPFRPG Charaktere:
    Aeona Grey, Infiltratorin
    Aurix Hellon, Ghost
    James TrenT, Destroyer
    ME-FRPG Charaktere:
    Nadeschda W. Sokolowa, mittlerweile Ex-Patientin der Asylum

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    Mit einem Schlag machte Lyn die Augen auf. Ein vertrauter Geruch trat in ihre Nase und erweckte ihre Lebensgeister. Pancakes!, schoss es ihr durch den Kopf. Mit einem Lächeln richtete sie sich auf und hielt inne. James saß natürlich immer noch an Ort und Stelle und sah sie etwas argwöhnisch an.
    Hm. Wenn nicht James die Pfannkuchen machte – er würde sie nie alleine lassen, oder sie ohne Grund wecken -, und Cold und dem Turianer traute sie so etwas nicht zu, wer dann? Die Söldner. Nasal lachte Lyn auf und streckte ihre Glieder.
    "Morgen, Kleiner!", meinte sie fröhlich.
    "Morgen", entgegnete James und stand auf. "Du hast Hunger, hm?", fügte er schief lächelnd hinzu. Der Geruch, der in die Kammer drang, war tatsächlich sehr vielversprechend.
    Lyn grinste bis über beide Ohren, sprang auf und zog sich schnell an. Wortlos reichte ihr James die Phalanx, die an ihre Hüfte wanderte.

    In der Küche waren die beiden Söldner fleißig am Werkeln. Der Duft der frisch zubereiteten Pancakes durchzog die Wohnung, und weckte nach und nach alle Anwesenden.
    Kahn stieß mit dem Ellenbogen seinen Kumpel an, als eine weißhaarige, ihnen unbekannte Frau gemeinsam mit James die Waffenkammer verließ. Die Beiden liefen schon fast im Partnerlook herum. Die Söldner sahen sich vielsagend an.
    "Morgen Jimmy!", begrüßte Krom den Großen ungewohnt reserviert. "Kaffee?", fragte er und hielt in der einen Hand die Kanne und in der anderen eine Tasse.
    James schaute Krom an und nickte ihm zu: "Klar! Lyn?" Fragend schaute er zu dem Commander, der ebenfalls nickte.
    Bedächtig füllte Krom die erste Tasse für James. Er ergriff eine zweite Tasse und drehte sich zu Lyn um, wobei ihm die Tasse aus der Hand rutschte. Schneller als man es beschreiben könnte, fischte die Offizierin die Tasse aus der Luft.
    Die Söldner zogen anerkennend die Augenbrauen hoch und sahen sich erneut an. Am misstrauischen Blick von James erkannte man, dass er wusste, dass die Söldner Lyn soeben getestet hatten.
    "Ups!", kommentierte Krom trocken sein Missgeschick und goss Lyn schließlich ein.
    "Ich nehme an, ihr wollt auch frühstücken?", fragte Kahn in die Runde.
    Der 'kleine' Test von Krom war... niedlich, weil ziemlich durchschaubar. "Sicher, warum nicht?", entgegnete Lyn mit einer dunklen Stimme und blickte Kahn mit leicht geneigtem Kopf an. "James?"
    "Ja?"
    "Können die das?", fragte sie, ohne den Destroyer anzusehen. Sie behielt Kahn im Blick.
    "Können die das?", äffte Krom die Frau nach, ohne von seiner Arbeit aufzusehen.
    "Au man, Mädel!", begann Kahn und beugte sich leicht zu Lyn vor. "Wenn du wüsstest, wie gut meine Pancakes sind... dann würdest du jetzt schon mit nem leeren Teller vor mir stehen und mich mit großen Kulleraugen ansehen!"
    Lyn verengte leicht die Augen, als sie Krom ansah, bevor sie wieder zu dem anderen Söldner schaute: "Die sind lustig, James, die behalten wir!"
    "SO!", rief Kahn. "Augen zu – Mund auf!", befahl er Lyn und hielt ihr ein Stück Pfannkuchen vor die Nase, mit Blaubeeren und süßem Sirup, der von dem Stück in dicken Tropfen herunterlief.
    Der Commander tat wie ihm geheißen. "Braves Mädchen!", kommentierte Kahn und zwinkerte James zu. Er hielt ihr die Gabel vor den Mund und zog sie im letzten Moment zurück, als Lyn zubeißen wollte.
    James starrte Kahn an und verdrehte die Augen, während Lyn die Augen öffnete, um Kahn die Gabel mit einer blitzschnellen Bewegung aus der Hand zu reißen. Sie steckte sich den Pfannkuchen in den Mund und kaute genüsslich darauf. "Hey, das war lecker, aber...." Lyn sah James an, der grinste. "Er kanns besser", deutete sie zum Destroyer.
    Die Söldner hielten kurz inne. Sie sahen zuerst zu Lyn, dann zu James und schließlich sich gegenseitig an.
    "Glaub ich nich!" Krom schüttelte mit eingezogener Oberlippe den Kopf. Und belud zwei Teller voll mit Pancakes und schob sie den beiden Allianzsoldaten zu.
    "Puderzucker und Sirup findet ihr dort", erklärte der Söldner und zeigte in die Richtung der Zutaten. "Und jetzt schnappt euch euer Zeug und dann raus aus unserer Küche! Hier muss noch gearbeitet werden! Viele hungrige Mäuler warten!"
    Lyn lachte und goss Sirup über die Pfannkuchen. Sie schubste James aus der Küche und sie nahmen auf den Hockern an dem Tresen auf der Wohnzimmerseite Platz.

    Zwischenzeitlich war Aurix wach geworden. Er rieb sich die Augen und setzte sich auf. Commander Lyn war eingetroffen – sie musste es einfach sein, jemand anderes kam nicht in Frage. Der Turianer betrachtete die Frau ohne die Söldner zu beachten, die in der Küche zugange waren. Er drehte den Kopf, als die Tür eines der Schlafzimmer aufging, und der Chief hinaustrat.
    Aeona machte einen Schritt und erstarrte, als sie die Stimme, die sie hoffte niemals wieder hören zu müssen und die sie unter Tausenden wiedererkennen würde, und das immer, vernahm. Ihr erster Impuls war: wegrennen! Blöderweise konnte sie sich gerade nicht rühren. Die Besitzerin der Stimme drehte den Kopf zu ihr, ließ den halb aufgegessenen Teller stehen, ging auf sie zu und schaute sie dabei leicht lächelnd an. Wie immer sah sie bezaubernd aus, wenn sie es tat, trotz der Narbe. In einem Meter Entfernung blieb sie vor der Infiltratorin stehen und musterte sie aufmerksam.
    "Hallo, Chief Grey", sagte Lyn und legte den Kopf schief. "Ich bin Lieutenant Commander Pia Lyn, der vorgesetzte Offizier von Lieutenant Trent."
    Grey starrte sie wortlos an, mit einem völlig ausdruckslosen und wie versteinert wirkenden Gesicht. Ihr Blick wanderte kurz zu dem Destroyer und wieder zurück. Nach wie vor verlor sie kein Wort.
    James sah für eine Sekunde zu Lyn, die die Soldatin nicht aus den Augen ließ. Greys Reaktion war gelinde gesagt sehr eigenartig – und ihre Augen wirkten merkwürdig leer.
    "Willst du nichts sagen?", fragte Lyn leise.
    Der Chief schüttelte stumm mit dem Kopf, ging zum Sofa und setzte sich hin.
    "Was war denn das?", hob James fragend die Augenbrauen und blickte zu Lyn, die sich wieder zu ihm gesetzt hatte.
    "Sie wird sich schon wieder einkriegen", meinte Lyn und zuckte mit den Schultern. "Sie ist zäh."
    "Hm", machte James und musterte die Infiltratorin lange.

    Grey saß auf dem Sofa und bewegte sich nicht. Um keinen Millimeter. Dass Aurix nur einen Meter weiter von ihr entfernt saß, ist ihr scheinbar nicht mal aufgefallen. Der Ghost beäugte die Soldatin mit zusammengekniffenen Augen. Die beiden Frauen kannten sich, das war dem Turianer klar geworden, wenn auch ihre Reaktionen nicht unterschiedlicher hätten sein können. Er achtete nicht auf die anderen und rutschte etwas näher an den Chief. Sie schaute ihn an, aber ihr Blick ging durch ihn hindurch, zumindest hatte er diesen Eindruck. Vorsichtig setzte er sich ganz nah neben sie.
    "Chief...", fing er leise an und verstummte sogleich. Sie hatte den Blick wieder abgewendet, nach wie vor bewegte sie sich nicht, sie machte überhaupt nichts, nur ihr Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. Der Ghost schluckte. "Aeona?"
    Nichts. Er wartete noch eine Weile und wollte gerade aufstehen, da sie offensichtlich nicht reden wollte, als sich plötzlich ihre linke Hand wie ein Schraubstock um sein Handgelenk schloss und ihn an Ort und Stelle innehalten ließ. Jetzt schaute sie ihn an und er erschreckte sich fast, weil er diesen Ausdruck noch nie an ihr gesehen hatte und er dennoch wusste, was er da sieht: Aeona hatte Angst. Eine Scheißangst.
    "Egal, was Commander Lyn befiehlt, du tust es umgehend und ohne Fragen zu stellen, hast du mich verstanden?", meinte sie eindringlich mit einer heiseren Stimme.
    Aurix Augenplatten senkten sich verwundert.
    "Hast du verstanden?", wiederholte sie, noch schärfer, und erhöhte den Druck auf seinen Arm.
    Langsam wurde es unangenehm, der Chief war kräftiger als sie aussah. "Ja. Ja, ich hab verstanden. Lass mich los", sagte er. Ihr Griff verstärkte sich nur noch und ihre Augen... Diese verdunkelten sich immer weiter.
    "Chief, was soll das?!", zischte er und packte ihre Hand, aber er kriegte ihre Finger nicht gelöst. Was, bei den Geistern, war mit ihr? "Aeona, lass los!" Plötzlich wurde ihm klar, was er jetzt in den Augen der Infiltratorin sah: die Angst wandelte sich langsam zum Zorn. Sie wurde immer wütender! Mit einer gekonnten Bewegung riss er sich los, starrte auf seinen Arm – ihre Hand hatte einen sichtbaren Abdruck hinterlassen –, umschloss ihr Gesicht mit seinen Händen und raunte ihr zu: "Wenn du nicht sofort damit aufhörst, dann... dann küsse ich dich!"
    Sie blinzelte: "Was?"
    "Tu es nicht! Hör auf... Bitte", flüsterte er. Die Wut verschwand ganz langsam - und die Angst kehrte zurück. Er ließ sie los. Sie schaute weg und meinte: "Ist schon gut... Ich werde ganz einfach hier sitzen bleiben. Geh, Aurix. Stell dich Commander Lyn vor."
    Der Ghost sog langsam die Luft in die Lungen ein und ließ sie entweichen. Er erhob sich und ging auf Lyn und James zu. Der Commander hielt eine Tasse in der Hand und sah ihn über den Rand hinweg an.
    Lyn stellte die Tasse ab. "Du bist also Lieutenant Aurix Hellon", meinte sie höflich und nickte ihm zu. "Wer ich bin, weißt du höchstwahrscheinlich."
    Die menschliche Soldatin sprach seinen Vor- und Nachnamen turianisch aus. Aurix nickte anerkennend, das konnte nicht jeder: "Commander. Es freut mich, dich kennen zu lernen. James hat schon von dir erzählt."
    "Ach, hat er das?" Lyn zog eine Augenbraue nach oben und musterte James, der blöd grinste, bevor sie wieder den Turianer anschaute. Die lange Narbe, die eindeutig von einem Hieb mit einer scharfkantigen Waffe, vorzugsweise einem langen Kampfmesser oder einem Schwert, stammen musste, war noch recht frisch.
    Unter dem wachsamen Blick der grünen Augen, die ihn stark an die des Destroyers erinnerten, bewegte sich der Ghost unruhig auf der Stelle.
    Lyn sah Hellon wieder direkt in die Augen: "Du bist in der Armiger." Sie deutete auf das Abzeichen der Legion.
    Aurix schnaubte verbittert auf: "Richtig lautet es: ich war in der Armiger."
    Lyn nickte verstehend. Wenn sich ein Turianer unerlaubt von seiner Einheit entfernt, zieht das mindestens eine Disziplinarstrafe nach sich. Während eines Krieges galt man schlicht und ergreifend als Deserteur – und wurde meist erschossen.
    James blickte immer wieder zu dem Chief und meinte plötzlich: "Ihr entschuldigt mich." Er ging auf die Infiltratorin zu.
    Lyn schaute ihm kurz nach und konzentrierte sich wieder auf den Ghost. "Warum hilfst du James?"
    "Weil er mich darum gebeten hat", entgegnete Aurix und lächelte schief. "Außerdem kann ich so Cerberus eins auswischen. Mein vorgesetzter Offizier war der Meinung, dass eine Cerberusjagd nicht lohnenswert sei. Das sehe ich anders!"
    Lyn lachte auf und prostete dem Turianer zu: "Nun dann! Auf eine erfolgreiche Jagd!"
    Aurix nickte dem Commander zu.

    Mit Interesse sahen sich die Söldner diese Show an, die sich ihnen hier bot. Vor allem ihr Interesse an Lyn war geweckt worden und in welcher Beziehung die Frau zu Aeona stand, denn es gehörte nicht viel Erfahrung dazu um zu erkennen, dass die Soldatin eine Heidenangst vor Lyn hatte. Etwas, was die Söldner nachvollziehen konnten. Lyn hatte nun mal etwas an sich, was die Söldner nur selten bei anderen gesehen hatten.
    Sie erinnerten sich an die letzte Person, die einen solchen Ausdruck in den Augen hatte.
    Mo'ir Nurashi – Die Schlächterin von Bolan.

    Es war kühl und der stechende Wind schien jede noch so kleine Ritze zu finden, sodass man fast permanent fröstelte. Die beiden Söldner drängten sich in den Windschatten des Radpanzers, dessen Treibwerk leise brummte und eine gewisse Wärme verströmte, die jedoch nicht zu ihnen durchzudringen schien. Die feuchte, lehmige Erde klebte an ihren Sohlen und ließ die Motivation noch ein Stückchen tiefer sinken, als ob der graue Himmel nicht schon reichen würde.
    Der Wind trug nicht nur Kälte und Feuchtigkeit mit sich, sondern brachte auch Detonationsgeräusche und vereinzeltes Gewehrfeuer aus der Distanz mit sich.
    Kahn nahm einen tiefen Zug von der Zigarette, die er zwischen Daumen und Mittelfinger hielt, mit der Glut in Richtung Handfläche. Für einen Moment drang angenehme Wärme in seine kalten Hände. Während er den Rauch durch die Nase ausblies, reichte er den Glimmstängel an Krom weiter. Beide Söldner sahen zu dem anderen Radpanzer, einem Kommandofahrzeug mit jeder Menge Funk und Befehlstechnik drin.
    Zwischen einer Handvoll anderer Söldner stach eine Person deutlich hervor. Eine Asari mit hell violetter Haut. Mo'ir Nurashi, die Chefin von circa 20000 Söldnern. Die Asari hatte einen todernsten Gesichtsausdruck, während sie durch einen Handapparat mit jemanden sprach. Die Söldner konnten nicht hören worum es ging, aber nach dem Gesichtsausdruck zu urteilen wurden hier gerade Tatsachen geschaffen. Während die Asari in den Hörer sprach, ließ sie sich immer wieder vereinzelte PDAs zeigen, oder andere Söldner gaben ihr mit Handgesten Informationen weiter, die sie über andere Funkgeräte bekommen hatten.

    "Wisst ihr, was hier jetzt abgeht?", fragte ein Turianer. Kahn und Krom sahen an ihrem Radpanzer herauf. Der Turianer hatte sich weit aus einer der Dachluken gelehnt.
    "Der Chef verhandelt gerade mit den Asaritruppen!", antwortete Krom.
    Nur ein Kilometer trennte sie noch von ihrem Ziel und jetzt wollten die Asari den Söldnerverband durch Luftangriffe stoppen. Ein paar Panzer hatten sie schon an die Regulären verloren, aber das würde sich wohl gleich erledigt haben. Nurashi hatte noch einen Trumpf im Ärmel. Ein Trumpf in Form von Geiseln. Ein asarisches Aufklärungsteam, das den Söldnern vor ein paar Wochen in die Hände gefallen war. Diese Geiseln würden nun zum Einsatz gebracht.
    "Wenn die Asari nicht mit den Luftangriffen aufhören, legt sie die Geiseln um!", erklärte Krom weiter.
    "Und ihr glaubt, die lassen sich darauf ein?", fragte der Turianer.
    Die Söldner zuckten mit den Schultern. "Werden wir sehen, ich denke schon, dass der Chef weiß, wie die Asari ticken! Sie war ja schließlich selbst mal eine von denen." Kahn zog an der Zigarette während er sprach. Tatsächlich war Nurashi eine ehemalige asarische Kommandooffizierin, die viel Erfahrung mitbrachte.
    "Mmmm... Schwer vorstellbar, dass sie die Flüchtlinge einfach so aufgeben!" Der Turianer sah prüfend in die Ferne. "Schließlich haben sie ja immer groß getönt die Flüchtlingszone zu verteidigen!"
    Die Söldner lachten gemein auf. "Und wie sie sie bisher verteidigen! Die paar Beobachtungspunkte und Sperren! Neeeeee... Die Jungs dort haben doch längst erkannt, dass sie die Zone nicht schützen können, selbst wenn sie es wollten! Kein Regulärer wird sich für ein paar Flüchtlinge aus der Traverse opfern!"
    Alle sahen zu Nurashi und in ihre Augen. Diese Augen, die eine kalte Entschlossenheit und harte Professionalität ausdrückten, die lediglich durch ihre Erbarmungslosigkeit geschlagen wurde. Diese Frau machte keine leeren Drohungen, keine Scherze und keine leeren Versprechungen, und in den nächsten 3 Tagen würde sie in die Geschichte eingehen. Als Architektin und Kopf hinter dem Völkermord an grob geschätzt 25000 Flüchtlingen – Die Schlächterin von Bolan.

    Kahn musste schmunzeln, als er an diese Tage zurückdachte und lachte nasal auf, als er innerlich Nurashi mit Lyn verglich.
    Als ob der Commander spüren würde, dass sich die Söldner mit ihr auseinandersetzten, wandte sie sich den beiden zu.
    "Abgesehen von Pancakes machen, was habt ihr sonst noch so drauf?", fragte sie forsch und ließ ihren harten Blick abwechselnd auf den beiden Söldnern ruhen.
    "Nun ja, da wäre noch unser gutes Aussehen...", begann Krom.
    "...unser einnehmendes, charmantes Wesen...", führte Kahn fort.
    "...wir sind hervorragende Liebhaber..."
    "...und zu guter Letzt unsere Bescheidenheit!", schloss Krom ab.
    Der Commander begann wissend, aber dennoch kalt zu lächeln. Wie fast jeder Söldner hatten die beiden eine große Klappe. Das war nichts, was sie aus der Ruhe bringen würde.
    Lyn drehte sich um, sodass sie die anderen im Blick hatte. "Was haltet ihr von den anderen?", fragte sie die Söldner, ohne sich zu ihnen umzudrehen. Nicht, dass ihre Meinung etwas wert wäre, es war reine Neugier.
    "Ein verliebter Bengel, der nicht weiß, was er will!", begann Krom.
    Der Turianer kniff die Augen zusammen und schnaubte leise auf, so dass ihn niemand hören konnte: "Idiot..."
    "Ein überkorrekter Mr Tryhard! Und zu guter Letzt noch eine Reguläre, mit Schlächternagel, die erfrischend locker ist, aber dennoch eine Strenge in den Augen hat, die überraschend sexy ist...", erklärte Kahn weiter, wobei er aber geistig ein wenig abzudriften schien.
    Lyn hob eine Augenbraue hoch und linste kurz zu Kahn, dessen Gesicht einen leicht geistesabwesenden Ausdruck angenommen hatte. Auf diesen Kerl lässt Cold sich ein? Er hatte den Verstand zwischen den Beinen, zeitweilig zumindest. Sie zuckte unmerklich mit den Schultern.
    "Und dann haben wir noch dich!", meinte Krom, woraufhin sich Lyn erwartend wieder umdrehte.
    "Du, meine Liebe!...", begann der Söldner und lehnte sich weit über den Tresen, sodass er nur noch eine Nasenlänge von Lyns Gesicht entfernt war. "...Bist ein richtig kaltes Glas Milch! Du bist doch bestimmt genauso ein sozialer Autist, wie der Breite da drüben. Typen wie euch kenn ich nur zu gut – nach ein paar Jahren schiebt ihr euch doch alle irgendwann eine Flinte in den Mund!"
    Lyn lächelte wieder und schaute Krom in die hellen Augen, wobei ihre Augen nicht an dem Lächeln beteiligt waren: "Nun... Eine kühne Analyse." Sie richtete sich auf und musterte zuerst Krom und anschließend Kahn lange.
    "Ihr haltet natürlich nichts von der Allianz, oder Militär im Allgemeinen. Das hab ich nicht anders erwartet. Außer...", stoppte der Commander plötzlich. "Außer die Allianz ist der Arbeitgeber." Sie zwinkerte Krom zu und trank einen großen Schluck von dem Kaffee. Sie sah, wie Hellons Mandibeln leicht zuckten. Der Turianer war... beunruhigt.
    Aurix blickte nachdenklich die Söldner an. Commander Lyn sagte solche Sachen bestimmt nicht ohne Grund. Dass Regierungen sich Söldner bedienten, wenn es um das Erledigen von Drecksarbeit ging, war ihm durchaus bekannt. Die Allianz schien dabei keine Ausnahme zu bilden.
    "Ich hoffe, ihr seid lernfähig", führte Lyn fort. "Wobei... Das müsst ihr sein, sonst wärt ihr schon längst tot, wenn ich so an eure Akte denke, mit wirklich schönen Details eurer ruhmreichen Arbeit."
    Die beiden Söldner begannen leicht zu nickten und sahen sich augenzwinkernd grinsend an. Die Erinnerungen kehrten zurück an die abwechslungsreiche und erfüllende Arbeit in der Kolonie.
    Lyn trank den Kaffee aus: "Würdest du mir bitte nachschenken? Sei so lieb... War das höflich genug für dich?" Sie hielt Krom die Tasse hin. "Und wenn du noch ein paar von diesen Pancakes erübrigen könntest, wäre das wirklich äußerst zuvorkommend..."
    Jetzt lächelte Lyn genau das Lächeln, mit welchem sie schon seit immer den Männern die Köpfe verdreht hatte.
    Das Lächeln der Söldner erstarb, und Krom presste die Lippen aufeinander und erneut wurde ihm bewusst, wie seltsam die Ratsmilitärs doch waren.
    Für ihn waren die Allianz, die Hierarchie und alle anderen Ratskonstrukte elende Heuchler. Sie taten immer so, als ob sie moralisch völlig überlegen waren und im Endeffekt waren sie genauso schlimm wie alle anderen.
    Untereinander führten sie heimlich Krieg und arbeiteten offiziell zusammen. Gegen die Terminusgebiete führten sie öffentlich Krieg und arbeiteten heimlich mit den restriktivsten Regimen zusammen. Was für ne absurde Show - und die Leute hielten Kahn und Krom für krank!
    Ohne etwas zu sagen goss er Lyn wie gewünscht Kaffee nach.
    Lyns Lächeln blieb, während sie weiterhin die Söldner musterte. James hatte gut gewählt. Diese Männer ließen sich nicht leicht einschüchtern, auch nicht durch sie. Test bestanden. Sie trank genussvoll einen Schluck, der Kaffee war stark und tat gut.

    James setzte sich neben den Chief, die ihn für eine Sekunde anschaute, bevor sie wieder vor sich hin starrte.
    "Grey?"
    "Ja, Lieutenant?", kam es nach einer Weile von Aeona.
    Die Tür des anderen Schlafzimmers ging auf und Gisele schritt hindurch. Sie warf einen Blick zu dem Destroyer und steuerte direkt die Küche an. James verfolgte die Assistentin kurz mit den Augen. "Du wirst dich daran halten, was Lyn dir befohlen hat, ist das klar?", meinte er leise. Die Infiltratorin funkelte ihn von der Seite an und schluckte langsam.
    "Natürlich, Sir", entgegnete sie und blickte wieder weg.
    Trent beugte sich leicht vor und behielt dabei die Frau im Blick: "Verrate mir doch mal was... Was ist aus der Soldatin geworden, deren Akte ich gelesen habe, hm?" Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sich ihre Fäuste schlossen, so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Er wartete eine ganze Weile, aber sie schwieg. "Komm schon", bedrängte er sie. "Sags mir!" Jetzt sah sie ihn an, ihre Augen waren verengt.
    "Das geht dich nichts an!", entgegnete sie gereizt.
    "Tatsächlich?" Trent beugte sich noch mehr vor und schaute dem Chief scharf in die dunklen Augen. "Liegt es an Taurel?" Ihre Augen verengten sich noch mehr und sie knirschte hörbar mit den Zähnen, sagte aber nichts. "Oder war Omega so hart?" Ihre Gesichtszüge verhärteten sich augenblicklich. Bingo! Er hatte ins Schwarze getroffen – sie war auf der Station der größenwahnsinnigen Asari gewesen! Fast wäre sie aufgestanden, aber sein Arm schoss vor und er nagelte sie auf dem Sofa fest. Sie sah auf seine Hand runter und blickte hoch.
    "Lass mich los!", meinte sie.
    Er tat es und sie zog ihren Arm zurück.
    "Verschwinde...", sagte sie und schaute weg.
    James atmete tief durch, als er den Ausdruck in ihren Augen bemerkte: als würde sie zu ihrem letzten Gefecht ziehen. "Warum...", begann er. "Warum versuchst du nicht wenigstens, ein Soldat zu sein?"
    Grey sah James müde an: "Wozu? Um dir zu gefallen?"
    Er runzelte die Augenbrauen: "Nein. Um dir zu gefallen."
    Sie starrte ihn lange an und wendete den Blick wieder ab.
    James stand auf und ging wieder zu Lyn und Aurix. Der Turianer hielt einen Energieriegel in der Hand, den er gerade verputzte, während Lyn das letzte Stück Pancakes mit der Gabel aufspießte.
    Die Söldner waren noch lange nicht fertig und werkelten nach wie vor in der Küche herum. Gisele gesellte sich lieber zu den beiden Chaoten, als zu diesem gefährlichen Soldaten, den sie absolut nicht einschätzen konnte. Wer diese neue Frau war, wusste sie auch nicht genau. Sie war nach wie vor unentschlossen, wie sie vorgehen sollte, und merkwürdigerweise fühlte sie sich bei Krom und Kahn sicher – auch wenn sie ihr auf der anderen Seite Angst einjagten. Die beiden Söldner waren wenigstens einfach zu lesen und verstellten sich nicht, ganz im Gegensatz zu Lieutenant Trent.
    Krom sah in das verführerische Gesicht des Commanders und wollte gerade etwas sagen, als Gisele die Küche betrat. Sein Blick huschte über den Körper der Latina, während er Lyn die Pfannkuchen auf den Teller klatschte.
    Vergleichsweise zielstrebig ging die Assistentin an Krom und Kahn vorbei, und schenkte sich selbst Kaffee in eine Tasse ein. Anscheinend trank sie ihren Kaffee mit Milch. Etwas enttäuscht stellte sie fest, dass die Milchpackung, die neben dem Kaffee stand, leer war. Sie öffnete den Kühlschrank und bückte sich, um neue Milch aus dem untersten Fach zu holen.
    Die Söldner sahen der attraktiven Frau unverhohlen auf den knackigen Hintern, der keine Wünsche offen zu lassen schien. So sehr war Krom abgelenkt, dass er zwei Pancakes neben den Teller des Commanders hin klatschte.
    "He! Pass doch auf!", meinte Lyn, als sie versuchte mit ihrem Teller die Pfannkuchen aufzufangen.
    "Ja... aufpassen!", antwortete Krom leise, und stellte die Pfanne einfach ab und wandte sich der Lateinamerikanerin zu.
    Lyn rollte mit den Augen. Krom hatte das Gehirn auch zwischen den Beinen. Sie griff nach der Pfanne und belud ihren und James Teller mit noch mehr Pfannkuchen. James ließ sich durch nichts stören und begann fröhlich die Pancakes in sich zu schaufeln, da musste schon mehr kommen, um ihn am Essen zu hindern. Sie sah zu dem Turianer, der nur entnervt mit dem Kopf schüttelte, und einen zweiten Riegel von der Verpackung befreite.
    "So geht es schon die ganze Zeit", murmelte Aurix zu dem Commander und biss in den Riegel hinein. Das längliche Ding war nicht lecker, aber nahrhaft. Er spülte alles mit Wasser nach.
    Lyn zuckte mit den Schultern und tat es James nach.

    "Na, Hübsche? Gut geschlafen?", fragte Krom Gisele, als sie sich wieder erhoben hatte und Milch in ihren Kaffee goss.
    Kurz wurde er von der Frau gemustert. In ihrer Ausstrahlung lag nun ein Hauch von Härte, ganz so, als ob sie sich nicht unterkriegen lassen wollte.
    "Ja", antwortete sie leise. "Und... und danke, dass... dass du..."
    "Ist schon gut, mach dir mal keine Gedanken!", beruhigte er sie. "Willst du Pancakes?", fragte er sie, und die Latina begann zu lächeln.
    Während Krom anfing sich leise mit der Frau zu unterhalten, so ganz ungezwungen, und ihr dabei Frühstück machte, lehnte sich Kahn zu Lyn.
    "Sehe ich das eigentlich richtig? Du bist hier der Chef oder ist der Breite der Kappo?"
    Lyn lehnte sich ebenfalls etwas vor und betrachtete den Söldner ruhig: "Spielt das eine Rolle für dich, wer der Chef ist?" Neben ihr lachte James auf.
    "Wenn du ihm mehr zahlst, arbeitet er für dich!", meinte der Destroyer.
    "Wie viel zahlst du ihnen?", fragte Lyn.
    "Fünftausend pro Nase", entgegnete James.
    "Vergiss die drei Steuergeräte nicht!", warf Kahn ein und lächelte.
    Lyn starrte James an, die Gabel mit einem großen Pancakestück darauf blieb in der Luft hängen: "Welche Steuergeräte?" Plötzlich ging ihr ein Licht auf: "Lass mich raten: N7?"
    James grinste schief und nickte mehrmals hintereinander.
    Der Commander seufzte und steckte sich die beladene Gabel in den Mund. An die Geräte heranzukommen war gar nicht so einfach. Als N7 hatte man Anspruch, aber nicht auf beliebig viele – und die gab es im Ausrüstungsbüro der Allianz auf der Citadel. Ansonsten blieb der Schwarzmarkt, wo die Geräte horrende Summen erreichen konnten. Und das alles wusste James natürlich, als er sich auf den Deal eingelassen hatte.
    "Die zwei", nickte James zu Kahn und deutete auf Krom, der sich gerade zu der Assistentin vorbeugte, um ihr etwas zu zuflüstern, "müssen zuerst arbeiten, bevor sie sie kriegen."
    Das machte es nicht besser. In der jetzigen Situation konnten sie nicht einfach in ein Allianzbüro hereinspazieren und danach verlangen. Lyn probierte die neue Extranetverbindung aus und schickte eine codierte Anfrage an die Wölfe, die sollten an solche Tech dran kommen können, Termin: nicht dringend.
    Der Commander schaltete das Universalwerkzeug aus und blickte Kahn an: "Um auf deine ursprüngliche Frage zurück zu kommen: wenn ich hier bin, habe ich das Sagen, ansonsten tut ihr, was James euch sagt. Es gibt da noch etwas, was wir besprechen müssen." Lyn überlegte kurz, wie sie die Geschichte mit der Internen Sicherheit und deren Beschuldigungen am besten für die restlichen Anwesenden verpackt. Ihre Augen wurden dabei kalt, während ihr Mund zu lächeln begann. "Krom! Kannst du bitte dafür sorgen, dass dein Blut wieder in Richtung Kopf fließt und nicht zwischen die Beine? Sei so nett - und komm zu uns, wenn du soweit bist. Und bring Ms Fernandez mit!"
    James drehte sich zu Grey um und bellte nur ein Wort: "Chief!"
    Die Soldatin erhob sich sofort und ging auf die Gruppe am Tresen zu. Sie blieb neben Aurix stehen und schaute niemand bestimmten an.
    Lyn wartete, bis sich Krom und die Assistentin zu ihnen gesellen, und erklärte mit knappen Worten, was Sache ist: James und Lyn haben einmal zu viel Cerberus verärgert, und deswegen sind jetzt Agenten hinter ihnen her. Die Allianz kann ihnen in dieser Angelegenheit nicht helfen. Warum, sei unwichtig, ergänzte der Commander mit einem Blick in die Runde. Was wichtig sei ist, ob sie weiterhin mit an Bord bleiben – oder aussteigen wollen. Jetzt war noch Zeit, bevor Cerberus auch sie ins Visier nimmt.
    Aurix schaute Lyn an und meinte einfach: "Ich bleibe."
    James nickte ihm knapp zu und verlegte den Blick auf die Infiltratorin: "Du bleibst natürlich auch."
    Grey sah kurz zu dem Destroyer und wieder weg.
    "Was ist mit euch?", musterte James die beiden Söldner. "Bereit für noch mehr Abenteuer? Richtige Spannung?" Er zwinkerte Kahn zu. "Noch mehr... Credits?"
    "Noch mehr Abenteuer?", fragte Krom mit hochgezogenen Augenbrauen. "Das bisher soll ein Abenteuer sein? Oh man, Jimmy! Das war doch bisher gar nix. Höchstens ne Meinungsverschiedenheit in nem Diner und nen bisschen Piff-Paff in ner Disco. Also ich nenn was anderes Abenteuer!" Er sah kurz zu Kahn, bevor er sich wieder James zuwandte.
    Der Destroyer warf einen Blick zu Lyn, und sie grinsten beide gleichzeitig, er wendete aber sogleich seine Aufmerksamkeit wieder Krom zu.
    "Um deine Frage zu beantworten: Klar machen wir weiter! Du hast uns bezahlt und deine kühle Freundin hier weiß, dass wir das Versprochene liefern!"
    "Und ob ich es weiß!", zwinkerte Lyn dem Söldner zu.
    Grey und der Ghost schauten sich an. Aurix kniff die Augen zusammen, während Aeona nacheinander Krom, Trent und Lyn musterte. Scheinbar waren die Akten der Söldner, wenn auch nicht vollständig, dennoch aufschlussreich. Ob James sie ihr zeigen würde? Wahrscheinlich nicht. Vielleicht sollte Aurix sein Glück versuchen, James vertraute ihm schließlich mehr als ihr. Alles zu seiner Zeit... Sie senkte etwas den Kopf und betrachtete Kahn nachdenklich. Sie könnte ja ihn fragen. In der nächsten Sekunde verwarf sie den Gedanken als vollkommen abwegig und idiotisch.
    "Wann geht's denn nun los? Ist zwar nicht so, als ob wir uns beschweren würden, unser Geld durch fressen und trinken bisher zu verdienen, aber wann beginnt denn die Messerarbeit?", fragte Kahn.
    James lächelte Kahn verschmitzt an: "Du kannst gar nicht abwarten, jemand abzumurksen, was?"
    Trent wartete die Antwort des Söldners nicht ab, sondern sprach weiter, während er auf dem Omnitool tippte. "Also gut, machen wir uns ans Werk. Ich habe auch genug von dem Herumsitzen!" Er vergrößerte die Abschnitte der Citadel um den roten Punkt mit dem Namen der ersten Zielperson. Tepec befand sich immer noch in Reichweite, genauer gesagt war er in den oberen Bezirken, sein Signal bewegte sich unmerklich, allerdings nicht zielgerichtet. Der Destroyer glich die Koordinaten mit dem öffentlichen Straßenverzeichnis ab und betrachtete eine Weile den Punkt, der Mann befand sich auf einer der breiteren Avenues, die von diversen Geschäften und Wohnblocks gesäumt war.
    "Nochmal für jedermann: ich will den Kerl möglichst unauffällig beseitigen. Also keine Schießereien mitten auf der Straße, wir sind hier nicht in den Terminusgebieten – und wenn, dann passt auf, auf wen ihr schießt! Am besten wäre es, ihn in die unteren Bezirke zu locken, noch besser in die Fundamente…" James stoppte und blickte zu Gisele.
    "Ms Fernandez, Sie werden hier bleiben. Ich will keine Diskussionen hören", schnitt Trent ihr das Wort ab und betonte es durch eine entsprechende Handgeste, als die Assistentin den Mund aufmachte, um zu protestieren, dem empörten Gesichtsausdruck nach zu urteilen. "Dieser Mann ist gefährlich. Ich werde keine Zeit haben, mich um Sie zu kümmern. Sie bleiben bei Commander Lyn." Gisele presste die Lippen aufeinander und schaute weg.
    James zuckte mit den Schultern und sprach weiter: "Wir trennen uns, wie gewohnt, und nähern uns ihm von zwei Seiten. Bleibt in Funkkontakt und macht Meldung, sobald ihr ihn entdeckt habt, unternimmt aber vorerst nichts. Ich habe keine Ahnung, wie Tepec drauf ist, also sollten wir auf alles gefasst sein." James schaute zu dem Chief. Er rechnete damit, dass der Kerl mindestens genauso aggressiv reagieren wird, wie die Soldatin, wenn ihm etwas nicht in den Kram passt.
    "Macht euch bereit. Ihr habt eine halbe Stunde." Mit diesen Worten drehte James sich um und marschierte schnurstracks in die Richtung der Waffenkammer.
    Grey sah ihm hinterher und anschließend zu Lyn, die ihr zuzwinkerte. Aeona starrte den Commander stirnrunzelnd an, bevor sie zügig ins Bad lief. Nach nicht mal fünf Minuten war sie mit dem Duschen fertig, und ging mit einem großen, weichen Handtuch umwickelt und wirr abstehenden Haaren in die Kammer.
    Die Söldner sahen sich grinsend an. Aeona drehte sich halb um, als ihr Kahn und Krom, beide mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht, folgten. Sie blieb stehen, verdrehte die Augen - und ließ die beiden vorbei, so konnten sie ihr wenigstens nicht auf den Hintern starren.
    Die Söldner holten aus der Waffenkammer die Restteile ihrer Ausrüstung und trugen im Schlafzimmer von Krom ihr Gerödel zusammen.

    James stand vollständig ausgerüstet aber noch ohne Helm an der Wand mit den Waffen und prüfte das Typhoon.
    Die Infiltratorin blieb an der Türschwelle stehen, nicht nur, weil der Destroyer in der Waffenkammer war, sondern weil urplötzlich laute Musik ertönte und sie und alle anderen in Richtung des Zimmers sahen, in welchem sich die Söldner gerade umzogen.

    Mit geschlossenen Augen hörten die beiden Männer der Musik zu. Sie wippten lediglich ein wenig hin und her und schnippten mit den Fingern.
    Erst als das Intro vorbei war, begannen die beiden damit sich umzuziehen. Ihre normalen Klamotten warfen sie einfach auf das Bett. Unabhängig voneinander sangen sie vereinzelte Textstellen mit. Schicht für Schicht legten sie ihre Rüstung an.
    "Now don't tell me it's progress 'cause that's just a lie!", sang Krom mit und zeigte anklagend auf Kahn.
    "And don't even try to come with an excuse, why?", sang Kahn mit und schwenkte mahnend den Zeigefinger.
    "We were so busy worrying about them dropping the bomb. We didn't notice where our enemy was really coming from!", sangen beide unisono.
    Mit einer brennenden Zigarette im Mundwinkel tat Kahn so, als ob er Gitarre spielen würde, während Krom sich in einer perfekten Pirouette seiner Ausrüstung zuwandte.

    "Du kannst dich ruhig umziehen, Chief. Wäre nicht das erste Mal, dass ich 'ne nackte Frau sehe", murmelte Trent und wandte sich wieder seiner Waffe zu. Er öffnete ein Fach mit Mods, kramte drin herum, fand was er brauchte und tauschte den etwas mitgenommen aussehenden Stabilisator gegen einen nigelnagelneuen aus.
    Achselzuckend betrat Aeona den Raum, öffnete ihren Spind und holte aus dem Rucksack einen frischen Satz Unterwäsche. Trent war jetzt mit der Eagle beschäftigt. Sie ließ das Handtuch fallen und zog die Unterwäsche an, die enge Funktionsunterwäsche folgte, dann begann sie die Panzerung überzuziehen, der Helm blieb am Gürtel hängen. Sie verstaute Munition, Thermomagazine, Medigel, Haftgranaten und einige Energieriegel in den zahlreichen Taschen der Panzerung.
    James schmunzelte etwas, während er die schwere Pistole checkte. Die Soldatin war kein bisschen verlegen – und ziemlich gut in Form wie er mit einem kurzen Seitenblick feststellte. Scheinbar hatte sie auch außerhalb der Allianz ihr Training nicht schleifen lassen, das gefiel ihm. Er lud die Pistole durch und steckte sie in die Halterung, als Hellon die Waffenkammer betrat.
    Der Turianer begann zügig seine Ausrüstung anzulegen, man sah, dass es für ihn reine Routine war. Ab und zu warf er einen Blick zu der Soldatin, die jedoch konzentriert ihre Waffen überprüfte und belud und nicht auf ihre Umgebung achtete.
    Aeona befestigte die Carnifex und das Messer in den Halterungen. Ein Sturmgewehr konnte sie nicht vernünftig benutzen, also griff sie stattdessen zu der geliehenen Blood-Pack-Punisher. Die Waffe war schon mit einer Stabilisierungsmod ausgestattet, dennoch war die Handhabung gewöhnungsbedürftig. Grey sagten eher Waffen zu, die langsamer und präziser denn schnell waren, obwohl diese Sache mit dem panzerbrechenden Projektil bei jeder Salve schon richtig nett war. Ohne auf die anderen zu warten, ging sie in die Küche.
    Auch die Söldner kamen dazu und gossen sich beide ein Schnapsglas Hochprozentiges ein. In einer Bewegung kippten sie die klare Flüssigkeit hinunter und schmetterten die Gläser in die nächstbeste Ecke. Bevor sie aber die Küche verließen, füllten sie sich gegenseitig ihre Wasserblasen, die im Rückenteil ihrer Rüstungen untergebracht waren.
    Die Söldner benahmen sich, als wären sie in den Terminus-Systemen, und Aeona schüttelte bloß mit dem Kopf. Dennoch saß Carter - nein, Lyn, verbesserte sich Grey sofort - gelassen auf dem Tresen und schaute alle an, sagte allerdings nichts sondern tippte ab und zu auf ihrem Omnitool, während die Assistentin schmollend auf dem Sofa hockte.
    Die Infiltratorin suchte die Schränke ab, fand Militärrationen und suchte darunter nach etwas Essbarem zum Frühstück. Haferbrei mit Honig und Früchten, aufgepeppt mit Proteinen, Vitaminen, Mineralien und sonstigem nahrhaften und gesunden Zeug? Perfekt. Diese Geschmacksrichtung kannte sie noch nicht, und schlechter als alle anderen konnte sie nicht sein. Sie öffnete die silberne Packung und verschlang alles innerhalb weniger Augenblicke, der Trick dabei war, es so schnell wie möglich runter zu kriegen. Entfernt erinnerte es an süßliche Pappe. Letztendlich war es Aeona völlig egal, wonach es schmeckte, es sollte möglichst lange vorhalten. Sie trank eine Flasche Wasser, und betrachtete den Commander dabei.

    Die Söldner verschwanden in der Waffenkammer, wo Kahn gezielt gleich zur Munitionskiste lief. Mit einigen Magazinen bewaffnet stellte er sich gegenüber Krom und warf ihm die Magazine zu. Mit Geschick fing der Söldner die einzelnen Magazine auf und verstaute sie sogleich. Auf dieselbe Art wurde er auch mit Granaten gefüttert.
    Kahn jonglierte abschließend noch mit ein paar Magazinen, bevor auch er sich zur Gänze fertig machte.
    Übertrieben theatralisch luden die Söldner ihre Waffen durch. Dieser Klang war selbst nach all den Jahren noch immer wie Musik in ihren Ohren. Kahn zog seine Machete und prüfte die Schärfe der Klinge und lies sie kreisen, bevor er einen Moment lang Angriffe und Paraden übte.
    Krom sah ihm dabei von der Seite zu.
    "Vermisst du eigentlich Marie?", fragte Kahn, als er den Blick seines Kumpels bemerkte.
    "Ich find schon ne neue!", antwortete Krom und grinste, genau wie Kahn, unter seinem Helm. Lediglich das Funkeln in den Augen des Söldners konnte man wegen dem hochgeschobenen Visier sehen.

    "Effizient wie immer?", fragte Lyn und zog eine Augenbraue hoch.
    Aeona setzte die Flasche ab, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und verengte die Augen: "Sag du es mir... Commander." Mit dem Rest aus der Flasche wurde das Wasserreservoir der Panzerung aufgefüllt.
    Lyn lächelte schief: "Denk daran, was ich dir gesagt habe."
    "Ja, ja! Hast ja schon Trent vorgeschickt, um mir das Gleiche mitzuteilen. Keine Sorge, ich halte mein Wort!", entgegnete die Infiltratorin eingeschnappt.
    "Immer noch eine große Klappe, Chief Grey?", lächelte Lyn breiter. "Ach ja, ich habe James nicht geschickt, das macht er von alleine." An den neuen Namen wird sie sich wohl erst gewöhnen müssen, Cold hatte ihr gut gefallen.
    Grey starrte Lyn an: "Was du nicht sagst..." Sie wollte noch etwas hinzufügen, etwas, was nicht mehr so höflich war, aber James kam auf sie beide zu, und sie verstummte.
    Lyn blickte Aeona noch etwas länger an und wendete sich dann dem Destroyer zu: "Pass gut auf sie auf, Lieutenant! Sie hats faustdick hinter den Ohren!"
    Aeonas Blick wurde noch etwas finsterer, sie schwieg jedoch, weil Trent sie vielsagend angrinste.
    Gerade noch so verkniff sich James einen Kommentar bezüglich Greys Aktivitäten mit Kahn und meinte stattdessen: "Endlich!"
    Aurix marschierte in der Panzerung samt aufgesetztem Helm in ihre Richtung. "Was gibt's?" Die Stimme klang wieder etwas blechern.
    "Nichts, ich will los!" James zog den Helm über und schob das Visier herunter.
    Grey tat es dem Soldaten nach und zog den Kopfschutz an.
    James aktivierte das Außenmikro und brüllte: "Kahn! Krom! Schwingt eure Ärsche hierüber! Noch zwei Minuten!" Eigentlich noch fünf laut der Anzeige auf dem HUD, aber wer wird schon so kleinlich sein?
    Lyn lachte laut auf. James lief an, er hatte schon immer Spaß bei der Arbeit.
    "Tonight I'mma lose my mind", sang Kahn fröhlich, als er aufgerödelt zu den anderen in die Küche tänzelte. "Better get yours cause I'm gonna get mine | Party every night like my last | Mommy know the drill, shake that ass", trällerte er weiter und schob sich, gekonnt die Hüfte schwingend, an Lyn heran. "Go ahead baby let me see what you got | You know you got the biggest booty in this spot | And I just wanna see that thing drop | From the back to the front to the top | You know me I'm off in the cut", machte er weiter und bewegte sich gekonnt um Lyn herum. Man merkte, dass Kahn wusste, wie man seinen Körper bewegen musste.
    Der Commander zog eine Augenbraue hoch und lächelte schief, als Kahn um sie herum schlich. Geschmeidig bewegen konnte er sich alle Male – und langsam wurde Lyn klar, womit James sich herumschlagen musste, denn sowohl der Destroyer wie auch Grey und der Turianer blickten dem Söldner wortlos hinterher. Hellon schüttelte missbilligend mit dem Kopf, diese Geste war auch ohne den passenden Gesichtsausdruck sehr eindeutig. Lyns Lächeln wurde breiter. Eine gute Übung in Teamführung für ihr kleines Frontschwein, unter erschwerten Bedingungen sozusagen.
    Mit einmal sahen dann aber alle zu Krom, als dieser anfing.
    "Always like a Squirrel, looking for a nut | This isn't for show I'm not talking 'bout luck | I'm not talking 'bout love, I'm talking 'bout lust", betrat er genauso tänzelnd wie Kahn den Raum und zog mit seiner gekonnten Bein- und Hüftarbeit die Aufmerksamkeit auf sich. "Now let's get loose, have some fun | Forget about bills and the first of the month | It's my night - your night - our night - let's turn it up!"
    Die beiden machten ihrer guten Laune Luft und schließlich sahen sie den Commander erwartungsvoll an.
    Aeona schloss kurz die Augen, als die Söldner sangen. Hoffentlich werden sie das jetzt nicht ständig machen. Dennoch lächelte sie verschmitzt, denn die gute Laune, die die beiden versprühten, war seltsam ansteckend.
    "Lyn?", kam es von James.
    "Was?"
    "Hast du...", begann trocken der Destroyer und brach ab. Er konnte schlecht über die Wölfe vor allen Anwesenden sprechen. Und eigentlich kannte er die Antwort auf seine Frage bereits.
    "Natürlich", nickte Lyn. Tepec befand sich nach wie vor in den oberen Bezirken, Lyn hatte seine Position mehrmals gecheckt, während James sich vorbereitete, und ihm ständig Updates geschickt. Trent und seine Truppe mussten dahin, und zwar auf dem schnellstmöglichen Wege. "Schon erledigt, in...", checkte sie die Uhrzeit. "...In fünf Minuten könnt ihr raus." Die Wölfe konnten verdammt schnell sein, wenn es sein musste – der Preis für solche Dienste war dementsprechend hoch. Gut, dass das Schwarzgeldkonto mehr als reichlich gedeckt war.

    Die Söldner staunten nicht schlecht, als Lyn ihre guten Kontakte mal wieder unter Beweis stellte. Außerhalb des Gebäudes standen sie vor drei Fahrzeugen. Einem SUV, einem Kombi und einer Limousine. Alle drei Fahrzeuge waren von außen völlig unauffällig. Keine auffälligen Marken, Lackierungen oder sonst irgendetwas, das groß herausstach. Man konnte sich aber schon denken, dass es unter der Karosserie ganz anders aussah!
    "Der SUV!", verkündeten die Söldner fast zeitgleich und stiegen ein. Kahn am Steuer und Krom auf dem Beifahrersitz.
    Aurix sah James und dann Aeona an, die jedoch beide in die Richtung der Söldner schauten.
    "Was glotzt ihr so?", fragte Krom. "Auf geht's, wir werden hier ja schließlich nicht nach Stunden bezahlt!"
    "Chief, wechsle den Kanal. Diese Frequenz", meinte James und schickte sie ihr.
    Sie tat es und hörte sogleich seine tonlose Stimme an ihrem Ohr: "Du wirst mit den Söldnern fahren. Wenn die zwei auf dumme Ideen kommen – töte sie."
    Grey runzelte die Stirn und hob den Kopf zu dem schmalen Visier.
    "Ist es angekommen?", hackte James ungeduldig nach.
    "Ja, Lieutenant", bestätigte sie leise.
    "Dann sind wir hier fertig." Er trennte die Verbindung und wechselte wieder auf den anderen Kanal. "Aurix, in die Limousine mit dir, du fährst!"
    Der Turianer nickte und nahm auf dem Fahrersitz Platz.
    "Chief Grey wird euch begleiten", sagte James an die Söldner gewandt. Ohne auf ihre Antwort zu warten, setzte er sich in das große Skycar und wies Aurix an, zu starten.
    Aeona sah dem Fahrzeug kurz nach, bevor sie sich auf die Rückbank hinter Krom zwängte. Sie lehnte sich zurück, aktivierte das Omnitool, um die Position des Ziels im Auge zu behalten, und meinte kurz angebunden: "Los!"
    Geändert von Milky_Way (08.03.2015 um 00:45 Uhr) Grund: bloß Formatierung, nix Wichtiges...

    ME-MPFRPG Charaktere:
    Aeona Grey, Infiltratorin
    Aurix Hellon, Ghost
    James TrenT, Destroyer
    ME-FRPG Charaktere:
    Nadeschda W. Sokolowa, mittlerweile Ex-Patientin der Asylum

  5. #1045
    ...Nun... Avatar von plasma13
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    SUV
    (Krom/ Kahn/ Grey)


    "Immer mit der Ruhe!", grummelte Krom und suchte noch einen passenden Musiksender aus. Nach einigem Hin und Herschalten nickten sich die Söldner schließlich zu und fuhren dem Rest der Truppe hinterher.
    "Was ist eigentlich jetzt unsere Taktik?", fragte Kahn in die Runde und sah durch den Rückspiegel kurz Aeona an.
    "Na, ganz einfach!", begann Krom und sah dabei konzentriert durch den Rückspiegel. "Wir scheuchen das Arschloch auf und treiben ihn vor uns her, während der Rest ihn irgendwo passend empfängt!"
    "Ist mir zu kompliziert!", antwortete Kahn. "Ich sage, wir erledigen ihn gleich an Ort und Stelle!"
    Eine sehr gute Idee. Grey wollte keine Spielchen mit Tepec treiben. Er sollte sterben. Jetzt gleich.
    Schweigen setzte kurz ein und Krom drehte sich zu Aeona um. Er klappte sein Visier hoch und musterte die schweigsame Soldatin.
    "Mal Bock aufn Dreier?", fragte er sie direkt.
    "Fick dich!"
    Mit strahlenden Augen wandte er sich wieder seinem Kumpel zu. "Ja klar, jetzt macht sie auf anständig, nimmt aber bestimmt den Schwanz bis zu den Eiern in den Mund!"
    "Nö, gar nich!", sagte Kahn, ohne den Blick vom Verkehr zu nehmen.
    "Wie? Sie hat dir keinen abgekaut?", verwundert sah er von Kahn zu Aeona und zurück.
    Kahn zuckte mit den Schultern. "Hat sich halt nicht ergeben, aber ich glaube schon, dass sie sowas macht!" Durch seinen Rückspiegel sah er die Soldatin an, wobei sein Gesicht unsichtbar hinter dem getönten Visier verborgen blieb.
    Erneut herrschte Schweigen.
    Grey blickte Kahn über den Rückspiegel an. Seine Augen waren nicht zu sehen, und nur zu gern würde sie ihm jetzt in diese schauen. Ach, ist doch völlig egal... Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern, verdunkelte das Visier und sah aus dem Fenster.
    "Was ist das eigentlich zwischen dir und dieser Lyn? Dem Commander?", fragte Krom und drehte sich erneut zu der Soldatin um. "Ihr habt doch irgend ne Geschichte miteinander laufen!"
    Auf das Gesicht der Infiltratorin kroch ein haifischartiges Grinsen. Wenn sie das jemand erzählt, tötet der Commander zuerst sie, und dann jeden, dem sie es erzählt hatte. Und Carter... Verdammt, nein, Lyn wird es herausfinden, wie, wusste Grey nicht, aber sie war fest davon überzeugt. Ob Krom sterben möchte? Kahn natürlich auch, er hört ja dann mit. Es wird auch ganz schnell gehen – wenn Lyn gut gelaunt ist. Wenn sie schlecht drauf ist, dann... Dann konnte es einem wie eine Ewigkeit vorkommen. Ihr Grinsen verschwand.
    Noch bevor Aeona etwas erwidern konnte, erreichten sie schon die Straße, in der Tepec unterwegs war.
    Kahn öffnete einen Funkkanal zu James.
    "Jimmy, Vorschlag von uns: Wir scheuchen ihn auf und treiben ihn vor uns her, während ihr heimlich an ihm dranbleibt. Der Typ wird sich nur auf uns konzentrieren und euch nicht bemerken, wenn er dann glaubt, uns abgeschüttelt zu haben, schlagt ihr zu!"
    "Einverstanden", kam es nach einer Sekunde von dem Destroyer. "Vorerst."
    Blöde Idee. Nein, der Typ war zu gefährlich, um noch länger frei - und lebendig – herumzulaufen. Grey öffnete das Fenster und starrte nach draußen. Trent wird nicht begeistert sein, aber manchmal war die einfachste Lösung die beste.

    Langsam fuhren sie die Straße entlang. Die Straße lag parallel zur Einkaufspassage und hatte daher recht viele Passanten und Laufkundschaft. Geschäfte und Cafés reihten sich links und rechts der Straße entlang, und nach den Klamotten und den Taschen der Leute zu schließen, war hier die gut aufgestellte Mittelschicht unterwegs.
    Kahn hielt seinen linken Ellenbogen locker aus dem geöffneten Fenster und steuerte das Fahrzeug geschmeidig mit derselben Hand. Lediglich die rechte Hand, die auf dem Schalthebel ruhte zeugte davon, dass der Söldner mit allem rechnete.
    Bei Krom sah es genauso aus. Sein rechter Arm ruhte durch das geöffnete Beifahrerfenster scheinbar locker auf dem Fahrzeugdach, während seine linke Hand die MP, unsichtbar für die Passanten, entsichert zwischen den Beinen hielt.
    "Da isser!", verkündete Kahn, woraufhin sich Krom zu Aeona umdrehte.
    "Schon mal auf Koks gefickt?", fragte er sie mit strahlenden Augen. Er wartete die Antwort nicht ab, sondern schob sein Visier boshaft lachend herunter und wandte sich Tepec zu.
    Langsam keimte in ihr der Gedanke auf, dass der Söldner gerade voll auf Koks ist, so wie er sich verhielt. Großartig... Aeona beugte sich vor, fuhr das Visier hoch und blickte zu Krom. "Behalte deine Drogen, wahrscheinlich brauchst du gleich Nachschub. Ich verschaffe mir einen besseren Kick! Adrenalin..." Mit diesen Worten grinste sie freudlos, schob das Visier herunter, aktivierte die Tarnung, öffnete die Hintertür des Fahrzeugs und sprang aus dem langsam fahrenden Skycar hinaus. Sie überholte den SUV und lief Tepec an der Reihe der Skycars, die am Straßenrand parkten, hinterher und zog dabei das Messer. Das Ziel war etwa fünfzehn Meter vor ihr. Der Mann führte einen großen Rucksack mit sich und war in zivil unterwegs. Sie verlangsamte das Tempo. "Lieutenant, soll ich ihn ausschalten? Du hast dreißig Sekunden, um dich zu entscheiden. Fünfundzwanzig."
    "Nein."
    "Ich bin gleich hinter ihm. Es geht auch ganz leise und unauffällig", murmelte sie, als der Mann kurz stehen blieb und sich sogleich wieder in Bewegung setzte.
    "Nein!", wiederholte James mit Nachdruck. "Unauffällig beinhaltet auch, dass ich seine Leiche haben will. Wenn er tot auf der Straße zusammensackt, bricht hier Panik aus und die C-Sec taucht sofort auf!"
    Grey runzelte die Augenbrauen. "Du willst ihn verschwinden lassen. Zehn Sekunden", meinte sie nachdenklich und bewegte sich mit dem Ziel weiter.
    "Exakt", meinte James.
    "Und wieso sagst du das nicht gleich? Ich ziehe mich zurück." Aeona schnaubte entnervt auf, während sie das Messer wieder einsteckte, und behielt das Ziel noch im Auge - als sich die Lage von einer auf die andere Sekunde änderte. Die Zielperson, die immer langsamer wurde, blieb stehen und drehte sich um. Aeonas Tarnung brach in dem Augenblick zusammen. Tepec starrte die Infiltratorin an, die hinter einem Taxi stand, und Grey hatte das untrügliche Gefühl, dass er ihr direkt in die Augen blickt – auch wenn diese nicht sichtbar waren. Tepecs Augen hingegen sahen merkwürdig aus, wie fiebrig, und er grinste. Dann ging alles ganz schnell. Der CAT6 riss den Arm hoch, legte den Raketenwerfer, den er die ganze Zeit unter dem Mantel verborgen hielt, an seine Schulter – und feuerte auf Greys Position. Ohne darauf zu warten, ob das Ziel getroffen wurde, wirbelte er herum und schoss wahllos in die Menge der Passanten, in die Häuserfassaden, in die parkenden Skycars. Heillose Panik, mit Detonationsgeräuschen vermischt, brach aus. Die Leute rannten schreiend kreuz und quer, auf dem Boden lagen diejenigen, die nicht mehr das Glück hatten schreien zu können, an mehreren Stellen sind Brände ausgebrochen – und über alldem ertönten Alarmsirenen.
    Tepec nutzte seine Chance und tauchte in dem Durcheinander unter.
    Schutt, Ruß, Scherben und sonstige Fragmente prasselten auf den SUV ein. Das Geräusch der einschlagenden Splitter und der Schreie ging im Geräusch des aufheulenden Triebwerks unter.
    Mit Vollgas fuhr Kahn an den parkenden und angehaltenen Fahrzeugen vorbei, während Krom nach Tepec Ausschau hielt.
    Eine weitere Explosion zerriss die Luft und ein parkendes Fahrzeug wurde gegen den fahrenden SUV geschleudert. Ein Teil der Scheiben zerbarst und die Söldner wurden hart in die Gurte geschleudert.
    Kahn kämpfte für einen Moment um die Kontrolle des Fahrzeugs. Augenblicklich fühlten sie sich wie daheim.
    "DA!", rief Krom und zeigte in die Menge der davon rennenden Passanten. Tatsächlich war Tepec gut erkennbar durch seinen Rucksack und wie er sich zügig einen Weg durch die panische Masse bahnte.
    Wohl einer inneren Eingebung folgend warf Tepec einen hektischen Blick zur Seite, und für einen Moment trafen sich die Blicke des CAT6 und der Söldner.
    Krom nutze den Moment und schoss mit der MP auf den flüchtenden Mann, während Kahn sich weiter einen Weg durch den Verkehr bahnte.

    Limousine
    (Trent/ Hellon)


    Schweigend saß James in seinem Sitz und schaute durch die Frontscheibe. Sein Omnitool war aktiv und das Ziel deutlich zu sehen. Noch sieben Kilometer.
    Der Befehl des Destroyers an den Chief kam nicht von ungefähr, und war rein pragmatischer Natur und nichts Persönliches: James schützte seine Investition. Wenn die Söldner nicht liefern, was sie zugesichert hatten, wollte er natürlich seine Credits zurück. Dass Krom und Kahn diese nicht freiwillig herausrücken werden, war so sicher, wie das Amen in der Kirche – und dazu war Grey da. Er traute der Soldatin zu, die beiden zu erledigen, laut der Akte war sie für solche Aufgaben mehr als geeignet. Gleichzeitig wäre das Universum um zwei durch und durch kriminelle Bastarde ärmer, und besser dran. Falls die Söldner Grey vorher erwischen... Er lächelte. Ein Problem weniger für ihn. Dann wären zwar die Credits weg, aber was solls? Die optimale Lösung wäre natürlich, wenn sich die drei gegenseitig töten würden: zwei Söldner weniger und jemand, der auf seiner To-Do-Liste stand. Sein Lächeln verschwand, weil ihm einfiel, dass er nicht dabei sein wird, falls es dazu kommt. Das war unfair.
    "James?"
    "Hm?" Aurix angespannte Stimme brachte ihn sofort ins Hier und Jetzt zurück.
    Der Ghost schob das Visier hoch. "Was steht in den Akten von Krom und Kahn?", fragte er ohne den Blick von der Frontscheibe zu nehmen.
    "Wieso willst du es wissen?", stellte Trent die Gegenfrage. Er öffnete das Visier und musterte seinen Fahrer aufmerksam.
    Aurix warf nun doch einen ganz kurzen Blick zu James, nachdem er eine enge Stelle zwischen zwei Unterführungen sicher gemeistert hatte. "Ist es nicht offensichtlich? Weil ich genau wissen will, mit wem ich es zu tun habe."
    James funkelte den Turianer von der Seite an und öffnete Kahns Akte. "Soll ich dir eine schaurige Gute-Nacht-Geschichte vorlesen?", grinste er plötzlich idiotisch.
    "Ja, bitte, Papi!" Aurix sprang drauf an und lächelte schief.
    Trent las tatsächlich nacheinander die einzelnen Punkte ab. Die Datumsangaben ließ er aus und lieferte Hellon die gesammelten Verbrechen der Söldner am laufenden Band. Irgendwann wiederholten sich die Taten.
    Der Turianer hörte zu und unterbrach den Destroyer nicht, während sie ihrem Ziel näher kamen. Noch zwei Kilometer laut der Anzeige auf dem Holodisplay.
    James war fertig. "Zufrieden? Krom spare ich mir, die Akten sind nahezu identisch."
    "Ja. Das reicht, James. Danke", entgegnete der Ghost leise und schloss das Visier wieder.
    "Kein Problem", nickte Trent, schob das Visier ebenfalls nach unten und blickte wieder geradeaus, während er Anweisungen gab.
    Für die Allianz hatten die beiden tatsächlich schon mal gearbeitet, eine richtig blutige und gewaltsame Geschichte... Die Menschen waren auch nicht besser als andere Rassen – und diese beiden Typen wohl das Schlechteste, was das jüngste Mitglied der Ratsgemeinschaft hervorbringen konnte. Ob Aurix wohl dem Chief erzählen sollte, was in Kahns Akte steht? Er grinste gemein. Das wird ihr sicherlich nicht gefallen und vielleicht... Vielleicht lässt sie dann die Finger von dem Söldner. Mit Mühe riss er sich von den verlockenden Gedanken weg und konzentrierte sich auf das Fliegen. Von einem Gefängnisaufenthalt hatte James auch diesmal nicht gesprochen, die Söldner sind scheinbar immer irgendwie entwischt. Es sah so aus, dass in den Akten Einiges fehlte. Aurix verengte die Augen. Also doch Pedia. Er seufzte und lenkte das Skycar nach unten.

    Sie näherten sich der Straße vom Süden, als sie die Detonationen sahen – und hörten. Aurix verlangsamte geringfügig, noch etwa hundert Meter trennten sie von dem Skycar der anderen.
    "Status, Chief!" James beugte sich nach vorne, um sich mehr Überblick zu verschaffen. Von der Soldatin kam keine Meldung. "Grey? Verdammt nochmal! Krom, was ist los?!"

    Bezirke

    "WONACH SIEHTS DENN AUS, DU CHAMP!?", beantwortete Kahn die dumme Frage des N7 Soldaten. Sie hatten im Moment weitaus besseres zu tun, als James einen detaillierten Report zu liefern. Darüber hinaus hatten die Söldner auch nichts, was sie berichten könnten. Was sollten sie auch schon groß sagen? Tepec hat mit nem Raketenwerfer um sich geschossen und mehr wissen sie nicht?
    Was nun mit Aeona war, war für die Söldner im Moment völlig uninteressant. Entweder sie war tot oder noch am Leben. In jedem Fall war es unnötig, sich um die Soldatin Gedanken zu machen.
    Von James kam ein lautes Knurren: "Du blödes Arschloch! Wo ist Tepec!?"
    Krom hielt kurz inne mit schießen. "Jimmy, der rennt in eure Rich..."
    Kahn fuhr langsamer, als Krom mitten im Satz innehielt.
    "Du hast ihn verloren, nich wahr!", schlussfolgerte der Söldner.
    "Such ihn, Krom!", bellte Trent ungehalten durch den Funk. "SOFORT!!"
    Kroms Antwort bestand aus Schweigen. "Du Fotzenkopf!", beschimpfte Kahn seinen Kumpel.
    Mit einem verächtlichen Grunzen schwang sich Krom aus dem SUV und machte sich zu Fuß auf die Suche nach Tepec.
    "James", mischte sich Aurix Stimme ein.
    "WAS?!", brüllte der Destroyer.
    "Der Chief...", begann hastig der Turianer und wurde sofort unterbrochen.
    "Unwichtig!! Fahr schneller, Hellon! Krom, hast du ihn endlich?!" James war stinksauer. Tepec hatte weitaus aggressiver reagiert, als er es erwartet hatte. Dass der CAT6 sofort das Feuer eröffnet, ohne jegliche Vorwarnung, zeigte Trent eins: die Typen zu töten ist die richtige Entscheidung. Eine Verhaftung zog James nicht mehr in Betracht, auch nicht bei den normalen Soldaten. Er wird sie alle liquidieren. "Krom, was ist?!", wiederholte er ungeduldig.
    Mit gezückter MP eilte Krom den Bürgersteig entlang, immer die Augen offenhaltend nach dem CAT6.
    Kreischende Passanten. Verletzte, die ihn um Hilfe baten. Weinende Kinder, die ihre Eltern suchten. Krom schob dieses störende Gesocks rabiat zur Seite, das ihm im Weg stand. Nach einigen Metern entdeckte er den Rucksack von Tepec.
    "TEPEC!", schrie der Söldner und brachte seine MP in Anschlag. Der Angesprochene drehte sich zu Krom um. Krom kannte den Gesichtsausdruck von Tepec sehr genau. Er hatte schon oft in solch besessene Augen gestarrt, Augen, denen der Sinn lediglich nach Kämpfen und Töten stand. Krom grinste und schoss.

    Aurix starrte James kurz an, bevor ihn ein Passant, der gegen die Motorhaube der Limousine torkelte und sich dort abstützte, ablenkte – die helle Kleidung des gut angezogenen Turianers war richtiggehend blau am Oberkörper, das Blut floss aus einer tiefen Wunde in der Nackenpartie. Der Verletzte rutschte von dem Wagen herunter und blieb reglos liegen. Der Ghost brummte, umfuhr den Mann großzügig und beschleunigte mit heulendem Triebwerk. Als ihnen ein Wagen entgegen kam, dessen Fahrer es verdammt eilig hatte von dem Ort des Geschehens weg zu kommen und fast frontal mit ihnen kollidierte, verriss Aurix das Steuer nach schräg oben und fluchte laut.
    James knallte mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe, merkte es nicht mal, sondern richtete sich wieder auf und starrte nach unten. "Du verdammter Bastard!" Er hatte Tepec jetzt auch entdeckt, riss die Eagle aus der Halterung und schoss durch das geöffnete Fenster. "Halte die Karre still!", brüllte er Aurix zu, der wieder ausweichen musste. Er konnte gerade mal eine kurze Salve abfeuern.
    Das Skycar sackte nach unten, als ein Krankenwagen auf sie zu hielt. Im Normalfall wich jeder einem Krankenwagen im Einsatz aus – und davon gingen dessen Fahrer auch diesmal aus. Erst im letzten Augenblick wurde ihnen bewusst, dass die große, schwarze Limousine, aus welcher geschossen wurde, ihnen wohl keinen Platz machen wird. In letzter Sekunde drehte der Wagen bei, und auch den Ghost verließen kurz die Nerven, als er das mit Blaulicht und Sirenen ausgestattete Skycar immer näher auf sie zukommen sah. Er drückte das Steuer hart nach unten durch und tauchte ab.
    "Zurück", kam es gepresst von James.
    "Ja, ja, ja!!", schrie der Turianer und flog eine enge Kurve. Unter ihnen explodierte wieder etwas.

    Das blaue Leuchten von Schilden – Tepec war anscheinend nicht auf den Kopf gefallen.
    Mit einem boshaften Grinsen zückte er etwas unter seinem Mantel hervor.
    Kroms Gesichtszüge entglitten ihm ein wenig, als Tepec einen Granatwerfer auf ihn richtete.
    Die erste Granate flog knapp über Kroms Schulter vorbei. Die Detonation nahm Krom kaum wahr, viel zu sehr war er damit beschäftigt zwischen zwei parkende Autos zu hechten.
    Erneut brachte Tepec seinen Budenzauber zur Geltung. Die parkenden Autos gingen in Flammen auf und wurden um ein paar Meter versetzt.
    Tepec spähte für einen Moment durch die Flammen und den Rauch. Scheinbar zufrieden mit seinem Werk wandte er sich um und überquerte die Straße.

    Der CAT6 setzte den Fuß auf die Straße. Ein aufheulendes Fahrzeugtriebwerk ließ ihn sich rasch umdrehen. Kahns SUV erwischte Tepec voll und schmetterte ihn gegen einen Kleintransporter.
    Krom richtete sich auf und klopfte sich den Ruß und den Dreck von der Rüstung. Er ließ sein Genick knacken und ging dann mit wiegendem Schritt auf den am Boden liegenden Tepec und Kahns SUV zu.
    "Einpacken!", sagte Kahn und lehnte sich zum Fahrerfenster heraus, um einen besseren Blick zu haben.
    Gerade in dem Moment, als Krom sein Unterwerfungsnetz zum Einsatz bringen wollte, geschah etwas Merkwürdiges.
    Mehrere Dinge schienen nun gleichzeitig zu passieren. Mit einer Geschwindigkeit, die aberwitzig zu sein schien, wuchtete sich Tepec auf die Füße, wich dem Netz aus, kramte etwas aus seinem Rucksack hervor und sprang auf den SUV – alles scheinbar zur selben Zeit.
    Scheiß Implantate, dachten die beiden Söldner.
    Krom blieb nicht untätig und schoss dem Mann hinterher, doch wie ein zurückgebliebener Mongo blieben seine Schüsse stets immer einen Schritt hinter Tepec.
    Im Vergleich zu dem CAT6 bewegte sich Kahn unerträglich langsam. Noch bevor er den Rückwärtsgang eingelegt hatte, hatte Tepec etwas direkt auf der Windschutzscheibe platziert und sich mit einem Sprung aus dem Staub gemacht.
    Man musste kein Genie sein, um zu erraten, was Tepec für die Söldner hinterlassen hatte. Mit einem Blick hatten sich die Söldner abgesprochen.
    Krom hechtete über die Motorhaube, Tepec hinterher, während Kahn so schnell wie möglich ausstieg, das Ding von seinem SUV riss und so weit von sich warf, wie er nur konnte.
    Noch im Flug ging das Ding hoch und schmetterte Kahn so heftig gegen den SUV, dass ihm die Ohren klingelten.
    Krom wurde ebenfalls von der Detonation erwischt und mehrere Meter durch die Luft geschleudert.
    Mit voller Wucht krachte er, Arsch voran, in ein entgegenkommendes Fahrzeug und krachte halb durch die Scheibe.
    Ruckartig hielt das Fahrzeug an und ächzend wandte sich Krom um. Der Söldner starrte in die Visiere von Aurix und James. Mit seinem gepanzerten Arsch hatte er die Scheibe durchbrochen und streckte somit seinen Allerwertesten direkt James ins Gesicht.
    "Auftrag ausgeführt, General!", erneut ließ er sein Genick knacken und versuchte sich zu befreien. "Ähh... wenn du grad mal ne Hand frei hast...?"
    Überraschend kräftig stieß James den Söldner aus der Scheibe.
    Aurix lachte lauthals. Er konnte sich nicht bremsen und erntete einen Blick von Trent, den er nicht sehen konnte, da das Visier es nicht zuließ. Er räusperte sich und hörte auf, gluckste aber weiterhin vor sich hin.

    Aeona keuchte auf und wälzte sich auf den Rücken. Ein Stimpack hatte ausgelöst, dennoch fühlte sich ihre rechte Seite taub an, was wohl daran lag, dass sie gegen ein vorbei fahrendes Skycar geschleudert wurde. Der silberne Wagen stand hinter ihr quer auf der Straße, von dem Fahrer fehlte jede Spur. Als die Rakete auf sie zuflog, hatte sie gerade noch Zeit, sich hinter das Taxi zu werfen und sich zusammen zu rollen – dann schlug das Projektil in die Motorhaube des Wagens ein. Das Skycar hob um fast einen Meter ab und krachte versetzt wieder auf dem Boden auf. Grey wurde von der Druckwelle erfasst und unsanft abgebremst. Ihre Schilde brachen komplett zusammen, als sie die Aufprallenergie absorbierten, und sie verlor die Besinnung.
    Sie knurrte wütend und setzte sich auf. Sofort überprüfte sie Tepecs Position: er war noch hier, sein Signal bewegte sich schnell in die Richtung der Bezirke. "DU SOHN EINER RÄUDIGEN VARRENHÜNDIN, ICH WERDE DICH STÜCK FÜR STÜCK AUSEINANDER NEHMEN!!", brüllte sie hasserfüllt und sprang auf.
    "Grey!" James war erstaunt von ihr zu hören.
    "FRESSE!!" Die Infiltratorin orientierte sich kurz. Ein Fahrzeug näherte sich ihr. Sie erkannte den SUV – und Kahn hinter dem Steuer. Sie riss die Beifahrertür auf und sprang hinein. "Fahr...", zischte sie durch zusammengebissene Zähne.

    In der Zwischenzeit hatte Kahn auch Aeona in dem ganzen Chaos gefunden. Sie fuhren im SUV neben das Fahrzeug von Aurix. "Also gut, Tepec macht sich wohl jetzt auf den Weg in die Bezirke und wir sollten ihm schnellstens folgen!"
    Aeona saß neben Kahn, der sich immer noch nicht von der Stelle bewegt hatte. Sie verzog das Gesicht, sie hatte Kopfschmerzen, die immer stärker wurden. Ihre Atmung ging immer schneller. Sie biss die Zähne fester zusammen und jaulte doch letztendlich auf. Sie richtete sich auf, krallte sich in den Schulterpanzer von Kahn, zerrte den Söldner mit einem einzigen, kräftigen Ruck zu sich und starrte ihm ins Visier, das nur einen Zentimeter von ihrem entfernt war: "Fahr. Sofort. Los. Oder ich werfe dich hinaus!!"
    Krom hasste Explosionen, oder liebte er sie? Nun, im Moment wurden ihm die körperlichen Auswirkungen von Detonationen in unmittelbarer Nähe nur allzu schmerzlich bewusst.
    Jeden Knochen, jeden Muskel und jede Sehne schien er zu spüren. Mit einem Grunzen riss er die Tür des SUVs auf und wuchtete sich hinter Aeona ins Fahrzeug.
    "Könnt ihr mal aufhören euch heimlich anzufassen und endlich mal Gas geben?!", brachte der Söldner ärgerlich hervor und packte ein neues Magazin in seine MP.
    "SCHNAUZE!!", fauchte Grey Krom über die Schulter an. Sie sah alles verschwommen und Kahns Helm verlor an Konturen.
    Aurix Kopf drehte sich zur Seite, als er Sirenen hörte. Das typische, langgezogene Heulen der C-Sec. "Verdammt, die sind schnell!" Gleichzeitig atmete er erleichtert auf: Aeona lebte, hörte sich allerdings ziemlich wütend an. Nicht gut. Seine Anspannung meldete sich augenblicklich zurück und er warf einen Seitenblick zu James, aber der Destroyer beachtete ihn nicht.
    Grey ließ Kahn los, als etwas in ihrem Kopf explodierte, dem Gefühl nach zu urteilen, und bäumte sich in dem Sitz auf. Ihre Hände krallten sich um ihren Hinterkopf fest und sie heulte wie ein Tier auf. Töte ihn... Tepecs Gesicht tauchte in ihrem Kopf auf, die Augen voller Hass und Zorn – und... Da war noch etwas, aber sie hatte vergessen, was es war, denn die Kopfschmerzen verschwanden wie weggewischt, als Grey ihre Beute ausmachte. Ihre Atmung normalisierte sich. Langsam lehnte sie sich zurück, zog das Kampfmesser und legte ihre Hand auf dem Oberschenkel ab. Tepec wird ihr nicht entkommen. Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln, das keins war, und die linke Faust schloss sich fester um den Griff des Messers. Sie fühlte sich großartig. Den Mann neben sich beachtete sie nicht mehr, er war bloß derjenige, der sie ihrem Ziel näher bringt, und völlig unwichtig, es sei denn, er kommt ihr in die Quere – das Einzige, was zählte war Tepec. "Fahr, Söldner", meinte sie leise.
    Mit einem unsichtbaren, breiten Grinsen sah er von der Soldatin zur Straße und gab kräftig Gas. "Ich liebe es, wenn du schmutzige Wörter benutzt!"
    Greys Kopf wandte sich Kahn bedächtig zu, und sie betrachtete ihn ausdruckslos ohne etwas zu sagen. Wenn er zu sehr nervt, muss sie nur einmal ausholen. Niemand außer ihr wusste, was das Integralmesser kann. Sie kicherte nun doch leise vor sich hin. Die Klinge wird sich durch Kahns Helm - und seinen Schädel – bohren, als bestünde dieser aus Papier. Der Mann hinter ihr war kein Problem. Er war zu langsam. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Omnitool zu.

    Kahn folgte dem Peilsignal von Tepecs Implantat, dicht hinter ihm folgten Trent mit Aurix. Sie hatten Glück im Unglück gehabt. Dank dem ganzen Chaos und Trubel, das Tepec zu verantworten hatte, konnten sie quasi unerkannt im restlichen, schnell fliehenden Verkehr verschwinden.
    Tepec hatte sich offensichtlich auch einen fahrbaren Untersatz organisiert und führte das ungleiche Team in die unteren Bezirke.
    Schließlich wurde Kahn langsamer. Die Anspannung seiner Partnerin war ihm nicht entgangen, aber auch völlig egal, um ehrlich zu sein. Er und Krom hatten schon öfters mit Psychopathen eng zusammengearbeitet und manche behaupteten ernsthaft, die Söldner wären ebenfalls gemeingefährlich.
    Tepecs Fahrzeug stand vor einem verlassenen Mietshaus. Die Fahrertür seiner Karre stand offen, scheinbar hatte der CAT6 keine Zeit zu verlieren gehabt. Etwas ließ den Söldner zögern, und nachdenklich trommelte er auf der Steuerung herum, als Krom aussprach, wonach Kahn zu suchen schien.
    "Ach, Scheißeeeeeeeee...", presste er zwischen den Zähnen hervor und lehnte sich zwischen Fahrer und Beifahrersitz weit nach vorn. "Fahr zurück!", sagte er fast schon resigniert. "Das müssen wir jetzt gut durchplanen, ansonsten machen wir hier schon an der Türschwelle den Rocketman!"
    Kahn brachte den SUV außer Sicht des Mietshauses, wo auch Trent und Aurix warteten. Die beiden Soldaten sind ausgestiegen, hatten die Visiere hochgeschoben und sahen dem Skycar der Söldner bei der Landung zu. Aus dem geöffneten Motorraum der Limousine stieg schwarzer Rauch auf. Das große Skycar hatte schon auf der Einkaufsmeile etwas abbekommen, und ließ sich auch nach dem x-ten Versuch nicht mehr starten.
    Kaum dass er sicher auf dem Boden stand, verließ Aeona den SUV. Sie drehte sich in die Richtung des Mietshauses und starrte abwechselnd das Peilsignal an und gerade aus.
    Während Krom sich aus dem SUV bequemte, blieb Kahn stumpf sitzen. Lediglich die Tür öffnete er und drehte sich zu den anderen. Er nahm seinen Helm ab und zündete sich zuerst mal eine Kippe an.
    "Also, hat jemand ne clevere Idee?", fragte er in die Runde.
    Trent musterte Grey mit gesenktem Kopf und ignorierte alle anderen.
    "James", meinte Aurix leise und schüttelte unmerklich den Kopf. "Tue nichts Unüberlegtes." Der Ghost lehnte mit verschränkten Armen an der Motorhaube der Limousine. Trent hatte ihm vorhin mitgeteilt, dass er sich nicht einmischen darf, während der Destroyer mit dem Chief reden wird. Er meinte, das sei ein Befehl und nicht verhandelbar. Aurix fügte sich, sehr ungern zwar, aber er tat es. James war eindeutig nicht in der Stimmung für irgendwelche Diskussionen.
    Mit zusammengekniffenen Augen setzte sich der Soldat langsam in Bewegung, während er die Infiltratorin taxierte. Seine rechte Hand ruhte auf dem Griff der entsicherten Eagle und der Raketenwerfer auf seiner Schulter visierte die Frau an. Kurz sah er zu Kahn und meinte gedehnt: "Einen Moment." Er ging um die Motorhaube des SUVs herum auf den Chief zu.
    Krom schob sein Visier hoch und wandte sich Aeona zu. "Wir haben doch hier ne Eins A Infiltratorin. Unsere Schleichkatze huscht rein, und dann sehen wir mal, wo wir stehen!"
    Kahn sah ebenfalls zu der Soldatin und nickte schließlich, wobei er einen Schwall blauen Dunstes von sich gab.
    "Seid endlich mal ruhig!", zischte James den Söldnern zu. Die Frau stand reglos da und blickte gebannt in Tepecs Richtung. Vorsichtig näherte er sich ihr.
    "Grey." Sie antwortete nicht, auch nicht nach einer Minute. "Chief." Jetzt rührte sie sich. Ihr Kopf drehte sich zu ihm, aber das Gesicht blieb verborgen.
    "Lass mich zu ihm", sagte sie eindringlich.
    "Zu Tepec", stellte er fest.
    "Ja! Was sonst?!", meinte sie gereizt.
    James Hand schloss sich fester um den Waffengriff. "Wieso greifst du uns nicht an?"
    "Ihr seid nicht meine Feinde. Es sei denn...", brach sie ab.
    Unter seinem Helm begann Kahn breit zu grinsen. Sein Blick traf den seines Kumpels.
    "Ich setzt nen Zehner auf den Großen!", sagte Krom und nickte in Richtung von James, lehnte sich gegen die Motorhaube und machte nicht gerade unauffällig eine seiner Granaten frei, während er das Schauspiel genoss.
    Die Eagle tauchte zur Hälfte aus der Halterung auf, und James bedachte Krom mit einem eiskalten Blick, bevor er sich wieder auf Grey konzentrierte. "Es sei denn was?"
    "Den Einsatz halt ich!", antwortete Kahn. Er sah zu Aurix, der nicht gerade erfreut über die Wette der beiden Söldner war. Der Söldner zuckte kaum merklich mit den Schultern, neigte seinen Kopf leicht zur Seite und breitete dezent die Hände aus, als ob er sagen wollte: Was solls?
    Düster musterte der Ghost Kahn und dann Krom. Diesen beiden Typen war wirklich alles scheißegal, Hauptsache, sie hatten ihren Spaß. Der Chief zeigte keinerlei Reaktion auf das Gerede der Söldner. Aurix atmete tief durch und beobachtete weiterhin Aeona, die sich unerwarteterweise sehr ruhig verhielt. Nur ihre gepresste Stimme verriet, wie stark es unter dieser ruhigen Oberfläche brodelte. James traute der Soldatin nicht über den Weg, das hatte ihm der Destroyer ebenfalls mitgeteilt. Dafür gab es einen einfachen Grund: sie war bei Cerberus gewesen. Trent hasste diese Organisation abgrundtief und jeder, der dort Mitglied war, stand auf seiner beliebig erweiterbaren Abschussliste. Dass Grey von dort abgehauen ist, war unerheblich, allein die Tatsache, dass sie freiwillig dort gewesen ist – denn davon ging James natürlich aus – machte sie zu einem Verräter auf Lebenszeit. Der Soldat war unerbittlich, was seine Feinde anging. Aurix stand praktisch zwischen den Stühlen, da Aeona ihm verboten hatte zu erzählen, wie es sich wirklich zugetragen hatte. Was für eine beschissene Lage... Er knirschte mit den Zähnen und ertappte sich dabei, dass er darüber nachdachte, wer die Wette gewinnen würde. Sofort schüttelte er diesen unpassenden Gedanken ab. Der Chief jedenfalls schien seine Hilfe nicht nötig zu haben...
    "...Ihr stellt sich mir in den Weg natürlich", beendete Grey zufrieden. "Lass mich zu Tepec!" Ihre Fäuste ballten sich zusammen. Der linke Arm mit dem schwarzen Kampfmesser hob sich geringfügig.
    James war nicht im Geringsten von ihren Worten überzeugt, aber jetzt war nicht die Zeit für Gespräche. Er murmelte: "Such ihn." Ein Feldtest. Nun gut. Wenn er sie nicht gehen lässt, wird sich die angestaute Wut, die er deutlich in ihrem Tonfall vernahm, woanders entladen müssen.
    Kaum hatte er es ausgesprochen, schoss die Frau nach vorne und verschwand. Wortwörtlich.

    Grey rannte so schnell es ging auf das Haus zu und tarnte sich unterdessen. Das von Tepec stehen gelassene Skycar war wirklich leer, wie sie mit einem Blick feststellte, und die zweiflügelige Eingangstür zu dem heruntergekommenen Eckgebäude stand halb auf. Aeona traute dem Braten nicht und lief in die kleine Gasse links an dem Haus hinein, gerade rechtzeitig, da der Tarngenerator nach neuer Aufladung verlangte. Sie schaute sich nach einer Feuerleiter um. An der Rückseite des Hauses fand sie eine und kletterte rasch nach oben. Auf dem Dach angekommen hebelte sie das verrostete Schloss einer Dachluke auf, öffnete sie, wobei es ein quietschendes Geräusch gab, warf einen prüfenden Blick durch die Luke und sprang nach unten.
    Sie landete auf einem breiten Flur. Es war halbdunkel, keine der Lampen an der Decke funktionierte. Von dem langen Flur gingen unzählige, meist verschlossene Türen ab. Von den Wänden blätterte die Farbe ab und ein Geruch nach Moder lag in der Luft. Der ehemals rote Teppich hatte schon bessere Tage gesehen und glänzte nun hauptsächlich durch große, ausgefranste Löcher. Grey aktivierte den taktischen Scan, erhielt aber kein Signal. Laut dem Peilsignal des Implantats war Tepec eindeutig unter ihr. Sie schaute sich um, entdeckte einen verblichenen Fluchtplan und bewegte sich zu der Treppe. Zügig überwand sie zwei Etagen. Immer wieder schickte sie den Ping des Scanners los – und endlich gab es etwas.
    "Hab ich dich...", murmelte sie.
    "Grey, nicht eingreifen!", kam es augenblicklich von James.
    "Ich will nur mit ihm reden", grinste sie finster und bewegte sich auf Tepecs Position zu. Der CAT6 befand sich direkt vor ihr, die Tür am Ende des Ganges führte laut Plan zu einem großen Appartement. Der Mann war im hinteren Bereich der Wohnung.
    "Nei...!"
    Aeona kappte den Kom-Link, stieß die halbgeöffnete Tür auf und schlüpfte ganz vorsichtig hinein. Das Appartement war leer geräumt, nur an den Wänden standen noch ein paar Regale, deren Bretter teilweise eingeknickt waren. An der Wand entlang lief sie auf den nächsten Raum zu, dessen Tür weit offen stand, und tarnte sich. Tepec kniete mit dem Rücken zu ihr in der ehemaligen Küche, dem Restmobiliar nach zu schließen, und verstaute etwas in seinem Rucksack. Er hielt inne und wirbelte herum, während er sich gleichzeitig erhob und den Rucksack schulterte – alles in einer einzigen, fließenden Bewegung. In der rechten Hand hatte er den Granatwerfer, seine linke Faust hielt etwas krampfhaft umschlossen und um seinen Hals baumelte etwas Großes am Riemen, was aber von dem Mantel verdeckt wurde.
    "Zeig dich!!", brüllte Tepec diabolisch grinsend und feuerte einige Granaten in einem weitgefächerten Winkel ab. Die Tür wurde aus den Angeln gerissen, als sie explodierten, und die Trennwand stürzte halb ein. Der Mann lachte laut und setzte nach.

    Draußen wartete der Rest in gespannter Erwartung.
    "Hey, Dicker!", begann Krom und wandte sich an James. "Vorschlag zur Güte: Ich und die Tucke da hinter mir...", zeigte er über seine Schulter mit dem Daumen auf Kahn, der ihm mit dem Stinkefinger antwortete, "...gehen hinters Mietshaus, falls unser Sweetheart da drin vorhat, stiften zu gehen!"
    James musterte die beiden Söldner kurz, bevor er sie mit einem Nicken von der Leine ließ.

    "Falsche Richtung!", knurrte die Infiltratorin, enttarnte sich rechts von Tepec und trat ihm den Werfer aus der Hand, der im hohen Bogen gegen eine Wand flog. Fast zeitgleich hieb sie mit dem Messer nach ihm, der CAT6 wich aber aus und ließ das fallen, was er in der linken Hand gehalten hatte: eine Splittergranate. Grey riss die Augen auf. Tepec rannte schon längst in die entgegengesetzte Richtung und zu der ehemaligen Tür hinaus, Aeona folgte ihm dicht auf den Fersen, sah noch wie er das Appartement verließ – dann ging die Granate hoch. Etwas bohrte sich schmerzhaft in ihren Rücken und den linken Oberschenkel, und die Wucht der Detonation ließ sie gegen die Überreste der Wand prallen, diesmal war die linke Seite dran. Grey schrie zornig auf, stieß sich von der Wand ab, nutzte den Schwung aus und rannte Tepec hinterher. Sein Signal bewegte sich nach unten. Sie öffnete den Link und verzog das Gesicht, denn ihr kommandierender Offizier ließ sie nicht mal zu Wort kommen.
    "Mach das nochmal und ich wer...!", brüllte ihr James wütend ins Ohr. Er und Aurix sind in eins der heruntergekommen Häuser, die dem Mietshaus schräg gegenüber lagen, hinein gelangt indem der Destroyer die Tür brachial eingetreten hatte und warteten ungeduldig auf Greys Meldung. James stand am Fenster und lugte durch die nur noch zu einem Drittel vorhandene Fensterscheibe vorsichtig nach draußen, während Aurix ein paar Meter weiter an der zerstörten Eingangstür Stellung bezogen hatte.
    "Er kommt raus!!", unterbrach sie Trent und beschleunigte. Sie sah den CAT6 schon vor sich, durch den Rucksack war er langsamer als sie. Plötzlich blieb er in dem Flur stehen, drehte sich auf der Stelle um und feuerte mit dem, was er unter dem Mantel versteckt hatte. Er lachte dabei wie ein Irrer.
    Aeona sah eine dunkelorangene Kugel auf sich zukommen, wich ihr blitzschnell aus und beschleunigte noch etwas, um aus dem Einflussradius zu gelangen. Mit einem riesigen Satz hechtete sie aus dem vollen Lauf mehr als drei Meter nach vorne und rollte sich ab, während hinter ihr die Singularität die Wand zerfetzte, um dann anschließend mit einer Explosion zusammenzufallen.
    "Verschwindet!!", schrie sie und kam wieder auf die Füße. "Er hat eine Blackstorm!"
    Tepec wartete nicht ab, was in seinem Rücken passierte, sondern stürmte hinaus.

    Nicht mal zwei Sekunden später eröffneten James und Aurix fast gleichzeitig das Feuer auf den Flüchtenden. Sie trafen kein einziges Mal, auch die Überlastung des Ghosts blieb wirkungslos – der Mann war einfach zu schnell. Das Einzige was sie erreichten war, dass Tepec jetzt ihre Position kannte. Ohne zu zögern schickte der CAT6 mehrere Geschosse in ihre Richtung.
    "Scheiße!", fluchte James und rannte mit einem irren Tempo tiefer in das Haus hinein. Beinahe stieß er mit Aurix zusammen, der die gleiche Idee hatte. Hinter ihnen wurde die kaputte Tür aus den Angeln gerissen, das Fenster zerbrach vollends, und ein Teil der Wand löste sich in einem Durcheinander aus verbogenem Metall und Beton auf, als die Singularitäten explodierten. Die beiden Soldaten entfernten sich so weit von der Häuserfront, wie es nötig war, und warteten die Explosionen ab. Etwas dagegen ausrichten konnten sie eh nicht, dabei zu sterben, und zwar auf eine sehr schmerzhafte Art und Weise, wäre eine Sache von einem kurzen und unachtsamen Augenblick.
    Der CAT6 feuerte ungezielt weiter und zog sich dabei in die Gasse an der Seite des Hauses zurück. Die Singularitätsblasen fielen krachend in sich zusammen und explodierten, alles, was nicht festgeschraubt war, wurde in die Luft gehoben und fiel nach und nach zerstört herunter. Es sah aus, als wäre ein Tornado durch die Straße gefegt.

    Die Eingangstür wurde fast aus dem Rahmen herausgerissen, als an ihren beiden Seiten die Minen hochgingen. Tepec hatte wohl noch Zeit gefunden und eine hübsche Überraschung vorbereitet.
    Einem Instinkt folgend blieb die Infiltratorin in einigen Metern Entfernung vor dem Ausgang stehen, bevor sie eine Haftmine zwischen die beiden Flügeltüren warf. Sie zündete sie – und Tepecs Minen folgten. Grey lachte viel zu laut auf und fiel fast aus der demolierten Eingangstür hinaus, in den Händen die MP im Anschlag.
    "TEPEC!!", brüllte sie dem CAT6 zu und ließ währenddessen die Waffe sprechen. Tepecs Schritte verloren etwas an Schwung. Die Schilde leuchteten auf und flackerten kurz – sie hatte ihn am Bein erwischt! Der Mann tat ihr nicht den Gefallen stehen zu bleiben, sondern verschwand, wüste Beschimpfungen ausstoßend und nach wie vor schießend, in der Gasse. Grey blieb an Tepecs Skycar stehen, als das linke Bein unter ihr nachgab, verlagerte das Gewicht auf das rechte, verdrehte den Oberkörper und zerrte den Splitter mit einer wütenden Bewegung heraus. Der Splitter in ihrem Rücken folgte. Sofort schoss Blut aus den tiefen Wunden, aber sie jagte Medigel hinein und die Blutung hörte nach einem Augenblick auf.
    Schwerfällig wuchtete sie sich auf den Beifahrersitz des von Tepec gestohlenen Skycars und meinte wild grinsend: "Braucht ihr eine Extraeinladung? Los, rein mit euch!!"
    Aurix schüttelte ungläubig mit dem Kopf und verließ seine Deckung.
    James fluchte laut vor sich hin und näherte sich dem Wagen. Wütend riss er die Beifahrertür auf, packte Grey mit der rechten Hand am Hals, zerrte sie mit einem Ruck hinaus und knallte sie heftig gegen die Wagenflanke. Die Infiltratorin gab keinen Laut von sich, als er sie vom Boden auf seine Augenhöhe hob.
    "James!" Aurix überwand den letzten Meter zu dem Destroyer mit einem schnellen Schritt und packte ihn an der Schulter. "Was tust du?!"
    "Misch dich nicht ein!", knurrte James und schüttelte den Arm des Turianers ab.
    "Sie ist nicht der Feind!" Der Ghost wurde richtig laut und ballte zornig die Fäuste. "Tepec ist es!!"
    "Sie..." James starrte in das undurchdringliche Visier von Grey. "...hat schon zwei Mal meine Befehle missachtet! Schon beim ersten Mal hätte ich sie töten sollen!"
    Aeona packte mit beiden Händen James Pranke, grinste ihn irre an und zischte ihm in das behelmte Gesicht: "Du bist schuld..."
    James Hand schloss sich fester um ihren Hals, und der Soldat hörte die abgehackte Atmung der Infiltratorin. "Schuld... Wovon redest du da?", senkte er gefährlich die Stimme.
    "Du hättest mir sagen sollen, dass du Tepec von der Bildfläche verschwinden lassen willst..." Sie lachte halb erstickt auf und hörte genauso schnell wieder auf. "Dann wäre ich nicht mal aus dieser Scheißkarre ausgestiegen!" Ihre Stimme wurde hart. "Du bist für die ganzen toten Zivilisten verantwortlich!!", brüllte sie ihn plötzlich an und fühlte, wie sich seine Hand immer fester zuzieht, um sich dann ganz langsam zu lockern. Er ließ von ihr ab. Aeona beugte den Oberkörper nach vorne und hustete. "Du bist schuld...", wiederholte sie heiser.
    "Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Grey. Ab jetzt wirst du tun, was ist dir sage – oder ich bringe dich um. Es wird keine weitere Warnung geben", meinte James leise und blickte sie von der Seite an. Sie machte sich Sorgen um Unschuldige? Das war zwar unerwartet, tat aber nichts zur Sache.
    Aurix Augenplatten senkten sich, und er wendete den Blick der Frau zu: "Alles in Ordnung, Chief?"
    "Kümmere dich nicht um mich...", entgegnete sie krächzend. "Setzt dich in den verdammten Wagen – und fahr endlich!"
    Der Ghost blickte kurz zu Trent und meinte wütend: "Klasse! Sie ist ja schon wie du! Für dich zählt auch nur der Scheißjob!" Er ging um das Skycar herum und setzte sich hinter das Steuer.
    James starrte den Turianer etwas verwundet an. Das waren ja ganz neue Töne. Letztendlich zuckte er nur mit den Schultern und nahm auf der Rückbank des Wagens Platz, Grey wollte er nicht unbedingt den Rücken zukehren. Die Infiltratorin stand immer noch draußen und hustete ab und zu. Er lehnte sich vor und meinte: "Los, rein mit dir!"

    Mit erschreckend ruhiger Atmung rannte Tepec die Gasse entlang, wobei er hier und da noch einige sensorgesteuerte Richtladungen an unübersichtlichen Stellen hinterließ. Zwar glaubte der CAT6 keine Sekunde lang, damit seine Verfolger aufhalten zu können, aber er würde dadurch Zeit gewinnen und das wiederum war...
    Im letzten Moment sah er es und hatte gerade noch genug Zeit, um sich mit einem Hechtsprung zu retten.
    Fast wie in Zeitlupe sah er das Unterwerfungsnetz, das an einer dieser unübersichtlichen Stellen für ihn ausgebracht worden war.
    Seine Beinwunde völlig ignorierend, kam er mit einer eleganten Rolle in einer hockenden Position zum Stehen.
    Misstrauisch beäugte er die Szenerie hinter dem Mietshaus. Ein weiter, verwaister Platz, auf dem leere Müllcontainer standen, und aufgebrochene, mit Graffiti beschmierte Garagen. Die angrenzenden Gebäude warfen lange Schatten in die engen Gassen und schienen jedes Geräusch zu schlucken.
    Seine Sinne bis zum Alleräußersten strapazierend rannte er im letzten Moment los, als heftiges Gewehrfeuer ihm entgegenschlug.

    Immer wieder kurze Feuerstöße abgebend schoss Krom auf Tepec, beziehungsweise Tepec hinterher. Er biss sich auf die Lippe, bis er Blut schmeckte.
    Der Söldner hatte sich Zutritt zum Keller eines der angrenzenden Gebäude verschafft und schoss nun aus einem Kellerfenster auf den Flüchtenden. Zwar zielte er sorgfältig und gab kontrollierte Feuerstöße von sich ab, aber dennoch schien Tepec zu schnell zu sein. Lediglich vereinzelt trafen seine Schüsse, sodass Tepecs Schilde immer wieder flackerten.
    Mit einem Klicken wurde ihm bewusst, dass sein Magazin verschossen war. Krom fluchte leise. In einer einzigen Bewegung zog er das Harrier etwas ein, betätigte den Auswerfhebel für das Magazin, während er mit der anderen Hand bereits ein neues Magazin hervorholte und einführte, sobald das alte aus dem Magazinschacht gerutscht war.
    Natürlich blieb dieser Umstand Tepec nicht verborgen. Mit einem grimmigen Lächeln wandte er seine Aufmerksamkeit dem Kellerfenster zu. Schneller als man es beschreiben konnte, rannte er auf den nachladenden Krom zu. Tepecs Hände brachten etwas zum Vorschein, dass entfernt an eine Granate erinnerte, nur doppelt so groß war.
    Tepecs Augen glühten. Ein Anblick, den Krom schon öfters gesehen hatte und deshalb kannte. Krom begann genauso boshaft zu grinsen wie Tepec, als dieser mit einem gewaltigen Schlag von den Füßen gerissen wurde. Wie eine Stoffpuppe wurde der Sprengstoffexperte zur Seite weggefegt.

    Kahn pfiff vergnügt, als er seinem Impulsgeschoss, umgangssprachlich als Betäubungsschuss bekannt, zusah, wie es in Tepec einraste. Weiterhin pfeifend kam der Söldner aus seiner Deckung hervor und lud eine neue Impulspatrone in seine Waffe.

    Tepec klingelte der Schädel, doch von einem Moment auf den nächsten war er wieder ganz klar.
    Gut gelaunt legte Kahn an und wollte Tepec gerade den Rest geben, als dieser etwas weit in die Luft warf.
    Krom war dabei hinauszueilen. Er hatte gerade die Tür zu einer angrenzenden Gasse geöffnet, als eine helle Explosion ihn fast von den Beinen fegte.
    Kahn hatte weniger Glück. Ehe er sich versehen konnte, brachte ihn die Druckwelle zu Fall. Im Fallen konnte er lediglich den auf ihn zustürmenden Tepec sehen.
    So schnell es ging kämpfte sich Kahn wieder auf die Beine und hatte die Mündung gerade wieder auf den CAT6 gerichtet, als dieser schon bei ihm war.

    Überraschend kräftig wollte der Mann ihm das Gewehr entreißen und Kahn ließ ihn. Er ließ seine Waffe los und packte stattdessen Tepec am Revers. Der Mann, der mit seinen Händen nun Kahns Waffe hielt, bemerkte seinen Fehler zu spät. Kahn holte mit seinem Kopf etwas aus und stieß ihn dann vor, während er Tepec energisch zu sich zog. Seine Helmkante traf genau, und die Bilderbuchkopfnuss ließ die Nase geräuschvoll brechen.
    Tepecs Antwort bestand darin, sich nicht großartig mit der stark blutenden, gebrochenen Nase aufzuhalten, sondern mit so viel Schwung und Kraft wie nur irgend möglich Kahn gegen den Knöchel zu treten. Der Tritt hatte niemals genug Energie um Kahns gepanzerten Fuß zu brechen, aber immerhin genug, um ihm die Füße wegzutreten. Etwas plump fiel der Söldner zu Boden.
    Doch Tepec hatte keine Zeit sich darüber zu freuen. Ein Geräusch seitlich von ihm ließ ihn herumfahren. Fast wie in Zeitlupe sah er das Unterwerfungsnetz auf sich zurasen. Genauso langsam fuhr Tepec seine Universalklinge aus und führte sie in einer fast schon eleganten Bewegung nach oben und teilte das Netz genau in der Mitte, sodass es links und rechts an ihm vorbeiflog.
    Tepecs Implantat arbeite inzwischen auf Volllast. Tepec spürte keine Müdigkeit, keine Furcht und kein Zögern. Seine Schmerzen allerdings... Nun, die Schusswunden und die anderen Wehwehchen nahm er höchstens gedämpft im Hintergrund wahr, aber als Kahn ihm mit voller Wucht in die Eier schlug, erreichte auch das Cerberusimplantat seine Grenzen.

    Zwar war der Schmerz nicht annähernd so stark, wie er sonst gewesen wäre, aber er reichte aus, damit Tepec das Gesicht verzog und bitter aufstöhnte.
    Kahn nutze den Moment, sprang auf und zog seine Machete. Schnell und gezielt schlug er mehrmals zu. Tepec wich jedes Mal geschickt aus, aber Kahns letzter Hieb traf.
    Der Söldner wusste aus Erfahrung, sein Hieb war kein bloßer Kratzer gewesen, aber auch keine tödliche Wunde. Es war ein Zwischending.
    Blut tropfte von der Klinge, doch Tepec schien überhaupt nicht beeindruckt zu sein. Stattdessen wandte er sich in einer überraschenden Drehung dem anstürmenden Krom zu und trat ihm im passenden Moment voll gegen die Brust. Die Drehung ausnutzend packte er Kahn und setzte zu einem Armhebel an. Um nicht die Arme gebrochen zu bekommen musste Kahn die Machete fallen lassen. Klirrend fiel die Waffe zu Boden.
    Beide Männer ächzten auf und führten eine brutale Choreographie auf. Immer wieder wandten sie sich, eng umschlungen, hin und her.
    Der Tritt war so heftig gewesen, dass sich Krom auf dem Rücken liegend vorfand. Wild fluchend kämpfte er sich wieder hoch und sah gerade noch, wie Kahn es unter Anstrengung schaffte sich aus dem Griff zu lösen und Tepec von sich wegzustoßen.
    Kaum war das geschehen, brachte Krom sein Gewehr in Anschlag. Tepecs Antwort darauf war es, seinen Rucksack dem Söldner entgegenzuschleudern. Krom schoss trotzdem, doch ging die Salve wegen dem Rucksack fast zur Gänze ins Leere.

    Während Kahn ein Messer zog und sofort wieder auf Tepec losging, zog dieser eine Pistole. Zwei Schüsse konnte er auf Kahn abgeben, bevor der Söldner bei ihm war und immer wieder nach ihm schlug. Tepec blockte gekonnt einige Angriffe und versuchte selbst immer wieder seine Pistole einzusetzen. Mit Angriffen, Blöcken und Griffen setzten sie sich gegenseitig zu. Ein letztes Mal zielte Tepec auf den Kopf des Söldners, woraufhin dieser parierte und mit einem schnellen Angriff Tepec zwang die Pistole wegzunehmen. Auch Krom mischte sich wieder ein. Tepec ging nun dazu über, abwechselnd zwischen den beiden Söldnern hin und herzuwechseln. Schließlich schickte er Krom gekonnt mit einem Drehkick erneut zu Boden, bevor er sich abschließend ganz Kahn widmete. Der Mann wirbelte einen Moment lang mit der Waffenhand herum, während er mit der freien Hand zuschlug, dann brach ein Schuss.
    Geändert von plasma13 (07.06.2015 um 23:16 Uhr)

  6. #1046
    ...Nun... Avatar von plasma13
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    Tepec hatte ein zufriedenes Lächeln aufgesetzt, als der fast aufgesetzte Schuss die Beinpanzerung von Kahn durchdrang.
    "FFFFFFF...!", presste Kahn hervor, als der Schuss sich einen Weg durch seinen Oberschenkel bahnte. Beinahe knickte ihm das Bein auch weg. Tepecs Lächeln verflog aber rasch, als Kahns freie Hand sich um die Waffenhand seines Gegners wie ein Schraubstock schloss. Mehrmals versuchte Tepec seine Hand wegzuziehen, doch Kahn hielt ihn eisern fest.
    Erneut drückte Tepec ab und dann noch einmal.
    Schmerzerfüllt heulte Kahn auf, bevor er mit einem angestrengt-neutralen Gesichtsausdruck gezielt zustieß. Tepec versuchte dagegenzuhalten, doch er schaffte es lediglich sich im letzten Moment einzudrehen.
    Kahns Klinge drang nicht wie geplant in Tepecs Hals ein, sondern bahnte sich einen Weg direkt in das Schultergelenk des CAT6, wo es Knorpel, Sehnen, Muskeln und sonstiges verbindendes Gewebe durchtrennte.
    Kahns Griff wurde schwächer und das Bein knickte ihm schließlich weg, und mit einem energischen Ruck und einem Tritt brachte Tepec wieder Distanz zwischen sich und dem Söldner.
    Krom rappelte sich auf und brachte seine Pistole in Anschlag, als James und der Rest sich näherten, und Tepec sich für die weitere Flucht entschied. Dem Flüchtling hinterherschießend landete das Skycar schwungvoll in unmittelbarer Nähe der Söldner, während Tepec mit flackernden Schilden in den Schatten verschwand.

    Schwer atmend hinkte Kahn zur nächstbesten Wand. Mit der einen Hand hielt er sich die stark blutende Wunde. Er lehnte sich gegen die Wand und begann dann mit einem Tourniquet sein Bein abzubinden.
    Selbstständig zog sich der Stauschlauch um sein Bein zusammen und band das Bein an der Leiste vollständig ab. Der Söldner zog scharf die Luft ein und begann dann zu kichern.
    Krom hinkte zu seinem Kumpel.
    "Was war denn das für ne Aktion?"
    Kahn nahm seinen Helm ab und zündete sich zuerst eine Zigarette an. Er hatte sichtbar an Farbe im Gesicht verloren und sein ganzes linkes Bein war blutüberströmt.
    "Keine Ahnung... ich hielts für ne gute Idee...", verzog er das Gesicht etwas, kicherte dann aber erneut. "Reg dich ab!... Waren glatte Durchschüsse...!"
    Krom lachte nasal auf und nickte dann zur Wunde. "War dann auch noch ausgerechnet das gesunde Bein!"
    Als Antwort strahlten Kahns Augen, während dieser einen Medigel-Druckverband bereitmachte.

    "Dort", nickte James nach unten und verstaute die Eagle. Tepecs Schilde haben die Kugeln zwar abgehalten, aber wenigstens hatte er den Kerl dieses Mal überhaupt getroffen. Aurix landete. Der Ghost hatte nicht mehr gesprochen, seitdem sie losgeflogen sind, und auch Grey war schweigsam, aber das war sie wohl immer im Einsatz. Nicht, dass ihm die Stille etwas ausmachen würde. James stieg aus und schaute sich um. Von Tepec natürlich keine Spur, dafür hatte er den Rucksack des CAT6 entdeckt und grinste daraufhin gemein. Er haute kräftig gegen das Dach des Fahrzeugs, beugte sich herunter und meinte: "Aussteigen!"
    So ging das hier nicht weiter, es wurde Zeit, dass Tepec stirbt. Ohne auf die Antwort seines Teams zu warten, schnappte er sich den Rucksack, ging auf die Söldner zu und musterte sie finster. Kahn sah scheiße aus, er hatte einiges an Blut verloren, Krom hingegen sah noch einigermaßen passabel aus – und beide Männer waren bestens gelaunt. Fein, das wird sich gleich ändern. James grinste noch boshafter, als er einen Blick in den Rucksack riskierte – und das erste was er erblickte ein schöner, vollgeladener ML-77er war. Tepec führte außerdem unzählige Granaten und Minen in diversen Varianten und jede Menge Ersatzmunition mit sich. James ging das Herz auf bei so viel geballter Ladung Tod.
    Schnell checkte er Tepecs Position: das Peilsignal war langsamer. Tepec war verletzt, der Chief hatte ihn erwischt und die Söldner sahen auch so aus, als hätten sie ihm einigermaßen zugesetzt - er hoffte es für sie. Aurix und Grey waren mittlerweile hinzugekommen, aber sie redeten nach wie vor nicht mit ihm. Das war unwichtig. Der CAT6 bewegte sich auf ein altes Industriegelände zu. Perfekt! James lachte leise auf und schob das Visier hoch.
    "Mir reicht es jetzt mit dem Spielen!", meinte er und sah in die Runde. "Wir werden es jetzt folgendermaßen machen..."
    Schnell erklärte er den einfachen Plan. Grey und Aurix infiltrieren das Gelände und treiben den CAT6 genau dorthin – er deutete auf eine Stelle auf dem vergrößerten Abschnitt der Karte, es war eine stillgelegte Produktionshalle, die nur zwei Zugänge und laut dem Bauplan keinerlei Fenster, Keller oder sonstige anderen Fluchtmöglichkeiten hatte. "Lasst ihm Zeit, hetzt ihn nicht allzu sehr, wir müssen uns noch etwas vorbereiten", meinte er zu dem Ghost und der Infiltratorin.
    "Komm, Chief." Aurix setzte sich in Bewegung und Aeona folgte ihm, nachdem sie einen Blick zu Kahn geworfen hatte, um dann mit dem Kopf zu schütteln. "Verschwinden wir von hier!"
    "Haltet Funkkontakt", meinte James gelassen.
    "Ja... Lieutenant!", warf der Ghost über die Schulter ohne stehen zu bleiben, wobei das letzte Wort vor Sarkasmus nur so troff.
    Trent lächelte und blickte den beiden nach, bevor er sich den Söldnern zuwandte.
    "Und wir...", blickte er zu dem blassen Kahn und anschließend zu Krom, "...wir bereiten ihm einen entsprechend heißen Empfang zu!" Sein Mund verzog sich langsam zu einem eisigen Lächeln, während er die beiden Söldner mit schief gelegtem Kopf musterte. "Keine weiteren Experimente. Tötet ihn. Krom, hol den SUV. Sofort. Das ist keine Bitte."

    Der Angesprochene wandte sich dem N7er zu und schob sein Visier hoch, deutlich war zu sehen, dass Krom unter seinem Helm lächelte.
    "Oh man, Jimmy! Ich bin dir wieder mal so was von voraus!" Er trat einen Schritt zurück, lud seine Waffe nach und sah nach oben, als Triebwerksgeräusche über ihnen anschwollen. Von der VI gesteuert landete der SUV butterweich neben der seltsamen Truppe und mit einem sanften Zischen öffneten sich die Türen.
    "Angeber!", lächelte James zuckersüß zurück, während er dem landenden Skycar zusah, und zuckte anschließend mit den Schultern.
    Der Söldner klappte nun auch den unteren Teil seines Helms zur Seite, um sich einen der viereckigen, salarianischen Glimmstängel anzuzünden, während er sich hinter das Steuer der schweren Maschine setzte. Auch Kahn hatte sich in Bewegung gesetzt und hievte sich auf die Rückbank, wo er gleich weiter an seinem Bein herumdokterte.
    Mit einem belustigten Grummeln setzte sich nun auch James in den SUV und schloss die Beifahrertür kraftvoll.
    Schnell, aber einen weiten Bogen um Tepecs Position machend, flogen sie zur angesprochenen Industriehalle, wobei James während des kurzen Fluges konzentriert die Lagekarte studierte.
    Man konnte fast schon die Gedanken des erfahrenen Soldaten hören, wie er sich einen Plan zusammenschusterte. Nach und nach nahm der Hinterhalt in James Kopf Kontur an. Er lachte in sich hinein. Lyn würde es gefallen. Schließlich war er zufrieden mit seinem Werk und sah für einen Moment über die Schulter zu Kahn.
    Der Söldner lag auf der Rückbank und hatte aus seinem Sanitätspäckchen eine Art Sprühdose geholt. Den Stauschlauch hatte er noch immer um sein Bein, aber den Druckverband hatte er gelöst. Die Dose hatte keinerlei Etikett oder sonstige Kennzeichnung. Sie besaß lediglich einen Auslöseknopf und einen dünnen Gummischlauch.
    James drehte sich halb zu dem Söldner um, um ja nichts von der Prozedur zu verpassen, und hob erwartungsvoll die Augenbrauen nach oben. Das, was Kahn da vorhatte, war ziemlich unangenehm – und die beste Methode, um schnell wieder auf die Beine zu kommen.
    Mit zusammengebissenen Zähnen schob Kahn das Ende des Schlauchs tief in die Beinwunde und betätigte dann den Knopf. Ein Zischen war im ganzen Fahrzeug zu hören und Kahn ächzte gedämpft, wobei er mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken legte und die Zähne zusammenbiss.
    Krom sah lediglich emotionslos kurz über den Rückspiegel nach seinem langjährigen Kumpel und Kriegskameraden.
    Aus den Einschusslöchern quoll, scheinbar unter Druck, eine weiße Flüssigkeit, die schnell geleeartig und wenig später zäh wie Kaugummi wurde. Etwas schwerer atmend löste Kahn den Stauschlauch um sein Bein und bewegte, offensichtlich unter Schmerzen, das angeschossene Bein mehrmals hin und her, bis er zufrieden den Verband wieder anlegte und sich etwas aufrichtete.
    Mit gerötetem Kopf und vor Schweiß glänzender Haut erwiderte er den Blick des Allianzsoldaten und lachte leise. "Geiler Job! Ein geiler Job!", strahlte er James an und nahm die Zigarette entgegen, die ihm Krom blind hinreichte.
    "Du bist leicht zufrieden zu stellen!", lachte James kurz auf.
    "Ach ja, Jimmy...", begann Krom mit einem geschäftsmäßigen Unterton, "...arbeiten wir die Liste komplett ab? Mit allen, die darauf stehen, oder nicht?" Er sah zu James mit einem neutral/interessierten Gesichtsausdruck. Kahn sah demonstrativ ins Leere, aber es war klar, dass er hellwach war und gespannt die Antwort erwartete.

    Sollte James klarstellen, dass auch Aeona am Ende abserviert werden soll, war für die Söldner eines klar:
    James und Lyn würden einen sauberen Abschluss dieser Geschichte anstreben. Nichts sollte übrig bleiben von diesen Implantaten. Kein Proband, keine Daten und keine Zeugen. Die Söldner würden nie im Leben ihre Bezahlung sehen. Viel eher würden Lyn und James die Söldner abservieren und verschwinden lassen. Kahn und Krom wussten zu viel. Nicht in tausend Jahren würde man sie mit dem Wissen ziehen lassen und sie auch noch dafür entlohnen.

    Kahn linste für die Dauer eines Herzschlags zu Krom. Morbuk. Krom nickte kaum merklich. Wenn es denn so sein musste, würden die Söldner keine Sekunde lang zögern. Und dann würde Blut fließen und das nicht zu knapp!
    Der Destroyer schmunzelte leicht, während er sich Krom zuwandte. Kahns plötzliches Desinteresse ist ihm nicht entgangen, der Söldner war jedoch nicht gerade ein Ass im Sich-Verstellen. Krom war darin besser.
    "Ihr denkt, ich werde euch töten, wenn wir fertig mit dem Job sind, hm?", fragte er amüsiert und verengte leicht die Augen. Für eine Sekunde wanderte sein Blick zu Kahn, der immer noch recht mitgenommen aussah. Wenn James jetzt angreifen würde, hätten die beiden keine Chance. Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern führte fort: "Gut, reden wir Klartext!" Sein Ton war nicht mehr amüsiert, sondern ganz sachlich und entspannt zugleich.
    "Nochmal für euch zum Mitschreiben", zwinkerte er ihnen zu, als er an ihre Blöcke und Stifte dachte. "Verarscht mich nicht und pisst mir nicht ans Bein, dann kommen wir prima miteinander aus. Ich habe nichts gegen die Zusammenarbeit mit solchem Abschaum, wie ihr es seid. Besser, ihr geht drauf, als Allianzsoldaten. Nichts für Ungut", zuckte er leicht mit den Schultern. "Ist nicht persönlich gemeint. Das sage ich jedem Söldner, den ich engagiere."
    Nach kurzer Pause fügte er hinzu: "Warum sollte ich euch also töten? Weil ihr zu viel wisst. In der Tat, diese kleine Unannehmlichkeit ist etwas lästig, aber auch da gibt es sicherlich Abhilfe." Bedeutungsvoll schaute er zwischen den beiden Söldnern hin und her.
    "Außerdem... Was könntet ihr schon mit diesem Wissen anfangen? Ihr kennt keinerlei Details, und tote Versuchskaninchen sprechen nicht. Cerberus wird mit Sicherheit auf euch aufmerksam – wahrscheinlich wissen sie schon längst von eurer Beteiligung an unserer kleinen aber feinen Jagd, und sie wissen mit Sicherheit auch von Grey und Hellon -, und Schwupps, steht ihr auf deren Abschussliste. Ich glaube, mein Name ist schon ziemlich weit oben, direkt hinter Lyns", ergänzte er und lächelte ein kaltes Lächeln, welches allerdings nicht den Söldnern galt, sondern der Vorstellung, einmal ganz oben zu stehen. Das Lächeln verschwand wieder.
    "Wenn ihr damit zur Allianz geht... Nach nicht mal zwei Sekunden landet ihr im Kittchen oder seid tot, das wisst ihr genauso gut wie ich. Alle anderen Gruppierungen, Organisationen oder auch Regierungen sind nicht relevant. Also nein, ich werde euch nicht töten, wenn ihr euch benehmt. Vielleicht kann ich euch ja nochmal gebrauchen. Nach dem Krieg wird es viel zum Aufräumen geben: versprengte Reapereinheiten, Reste der Cerberustruppen - die sind ja wie die Pest - und anderes Gesindel."
    James lehnte sich etwas zurück, um sowohl Kahn wie auch Krom im Sichtfeld zu haben: "Und was die Liste angeht - denk nicht, ich ignoriere dich, Krom..." Er brach ab. "Grey ist nicht euer Problem, sondern meines und zwar ein ganz persönliches. Falls jemand an sie Hand anlegt – keine blöden Kommentare, Kahn – dann bin ich es, ist das klar? Sie gehört mir. So, können wir uns wieder den wichtigen Dingen widmen?"
    Für einen Moment schwiegen die Söldner und wechselten erneut einen Blick. Schließlich war es Krom, der "Okay!" antwortete und dabei den N7er angrinste.
    Sie näherten sich langsam dem Ziel.
    "Lande dort am besten", deutete James auf einen kleinen Platz, der von der Halle aus nicht einzusehen war.
    James sprang aus dem SUV heraus, öffnete die hintere Tür und musterte Kahns Bein genauer: "Kannst du laufen? Oder soll ich dich tragen, Prinzesschen?" Er lächelte den Söldner schief an.

    Aurix öffnete das Visier, während sie auf das Skycar zuliefen, und blickte zur Seite. Aeonas Gang wirkte so angespannt, als würde sie gleich losrennen wollen, und sie überprüfte immerzu Tepecs Position auf dem Omnitool. Sie nahm auf dem Beifahrersitz Platz und meinte leise: "Wir müssen ihn in die Ecke drängen."
    Das Triebwerk heulte auf, als Aurix startete, und das Skycar schoss nach oben. Grey wurde in den Sitz gepresst, als sich der Wagen nach oben schraubte, und schon wollte sie etwas sagen, aber ihr Pilot stabilisierte die Flugbahn und sie glitten geschmeidig vorwärts, nicht allzu schnell.
    "Wo ist er?", fragte der Turianer.
    "Etwa dreihundert Meter vor uns." Sie betrachtete den roten Punkt. "Er ist immer noch schnell", murmelte sie mehr zu sich selbst.
    "Das Implantat unterdrückt bestimmt die Schmerzen", meinte Aurix und deutete vage auf Aeonas Verletzungen. "Was ist mit dir?"
    "Mit mir?" Jetzt sah sie den Ghost an und schob das Visier hoch. Sie runzelte die Augenbrauen. "Was soll mit mir sein?"
    Aurix schmunzelte: "Du hast mir nicht zugehört, oder?"
    "Nein."
    Der Turianer lachte auf, es war kein fröhliches Lachen. "Direkt wie immer, hm?" Aeona starrte ihn an, lächelte aber nicht zurück, und er hörte auf. "Also, wie gehen wir vor?" Jetzt lächelte sie und schloss das Visier. Bei den Geistern... Aus ihr schlau zu werden wird wohl dauern.
    "Am besten..." Sie hielt inne. "Er ist stehen geblieben."
    Aurix schloss das Visier ebenfalls, verlangsamte und linste zu Aeonas linken Arm.
    Grey vergrößerte die Ansicht um die Zielperson. "Jetzt bewegt er sich wieder. Nach oben."
    Noch behäbiger schlich das Skycar vorwärts. Unter ihnen warfen die verlassenen Gebäude dunkle Schatten, die von einigen wenigen, noch funktionierenden Leuchtstoffröhren genährt wurden, dicke Rohre und Elektroleitungen schlängelten sich kreuz und quer durch das gesamte Gelände, Kräne überspannten die düstere Szenerie, überall stapelten sich Container – und Müll und Unrat ergänzten das trostlose Bild.
    Ein ganz mieses Gefühl breitete sich in Aurix Magengrube aus, und das Skycar stand fast schon still, so langsam waren sie mittlerweile. Die rechte Hand des Turianers lag auf dem Schalthebel, er war auf alles gefasst. Sie flogen unter den Pfeilern einer der Verladebrücken.
    "Das gefällt mir nicht", brummte er, es war alles so ruhig hier. Zu ruhig. Sie befanden sich etwa zwanzig Meter über dem Boden, und langsam steuerte Aurix den Wagen nach unten.
    "Hm", kam es nur von der Infiltratorin, während sie leicht den Oberkörper nach vorne beugte, um einen besseren Überblick zu bekommen.
    "Wo steckt er?" Der Ghost kniff die Augen zusammen. Sie näherten sich einem mit Containern übersäten und kaum beleuchteten Platz, auf welchem mehrere Drehkräne standen.
    "Da!" Grey streckte die Hand nach vorne aus. Tepec musste sich auf einem der Kräne befinden, einen anderen Schluss ließ das Omnitool nicht zu. Aeona legte den Kopf schief und starrte angestrengt in den Schatten. "AUSWEICHEN!!"
    Jetzt sah es Aurix auch: eine Ladung Singularität raste auf sie zu!
    "Mistkerl!!", brüllte der Turianer, und das Skycar brach zur Seite und nach oben aus. Aus den Augenwinkeln sah er, wie die orangene Kugel knapp unter dem Wagen vorbei flog und einen Teil des Kranpfeilers in eine Wolke aus Metall, Kabelsträngen und sonstigen Bestandteilen verwandelte, um dann zu explodieren und nach unten zu regnen. Die ganze Konstruktion schwankte gefährlich und neigte sich leicht zur Seite.
    "Dieser Bastard!" Aeona fiel fast auf die Rückbank, als der Ghost das halsbrecherische Manöver ausführte, und stemmte sich gegen das Dach und die Beifahrertür, um Halt zu bekommen.
    Die zweite Ladung folgte sofort, und verwandelte das Führerhaus der Verladebrücke, an welchem sie gerade vorbeischossen, in ein Nichts.
    Die nächste Salve streifte das Heck des Wagens. Das Triebwerk stotterte, setzte kurz aus, sprang wieder an - und erstarb mit einem tiefen Seufzer.
    Aeona und Aurix sahen gleichzeitig nach hinten und dann sich an.
    "Oh", meinte der Turianer lakonisch.
    "Oh!?" Greys Blick schoss nach unten und wieder zu Aurix zurück.
    Jetzt reagierte der Ghost und zwar blitzschnell. "Gut festhalten, Chief!" Er packte sie und zog sie zu sich, während er zeitgleich mit der freien Hand die Fahrertür aufriss.
    "Was?!" Der Wagen kam ins Trudeln und sackte einige Meter ab. "Nein!"
    "Doch!" Er drückte sie ganz fest an sich, stieß sich mit den Beinen ab und sprang nach hinten ab, als er eine freie Fläche unten entdeckte.
    "Aurix!!" Grey krallte sich in die Panzerung des Turianers fest und schloss die Augen. Das war's!, schoss ihr durch den Kopf.
    Wie ein Stein rasten sie dem Boden entgegen.
    Der Schub der Antriebspacks war für sie beide nicht ausreichend. Aurix wusste, dass die Landung richtig hart werden wird, aber das war immer noch besser, als in einer Blechkiste zu sterben. Seine Arme schlossen sich so eng um die Frau, wie es nur ging, und er drückte ihren Kopf fest gegen seine Brustpanzerung.
    "Hab keine Angst", hörte sie Aurix leise Stimme an ihrem Ohr. Aeona presste die Zähne aufeinander, um nicht irrsinnig zu kichern - und damit sie sich nicht versehentlich die Zunge abbeißt, wenn sie aufschlagen.
    Kurz vor dem Aufschlag richtete sich der Ghost aus, und die zündenden Packs verwandelten den unkontrollierten Absturz in einen rasanten Flug. Sie wurden abgebremst, aber nicht genügend.
    Fast alle Stimulanspacks, die er dabei hatte, jagte er in die Systeme des Anzugs. Seine Schilde liefen nun auf Volllast und standen praktisch vor einer Überlastung. Kurz vor dem Aufprall drehte er sich auf die Seite. Die übliche Landung kam nicht in Frage, da würde er sich bloß die Beine brechen. Er spannte sich an – und da landeten sie schon. Die Luft wurde ihm aus der Lunge gepresst, die rechte Seite explodierte vor Schmerz und fühlte sich einen Augenblick später völlig taub an, als wäre sie nicht vorhanden, so viele Schmerzsignale kamen in seinem Gehirn an. Der Turianer verlor für einen Moment die Besinnung, aber das Notfallprogramm des Anzugs flutete ihn sofort mit Stims. Fast augenblicklich war er wieder hellwach und sog gierig die Luft ein, bis ein neuer Schmerz ihn durchzuckte. Mehrere seiner Rippen waren entweder gebrochen oder zumindest angeknackst, die Panzerung versteifte sich schon an dieser Stelle. Er knurrte, und seine Arme schlossen sich instinktiv fester um die bewusstlose Soldatin, die hart gegen ihn geprallt ist.
    Nicht mal vier Meter neben ihnen schlug mit großem Getöse das antriebslose Skycar halb auf einem der Container auf und zerschellte. Seine Einzelteile flogen in der Gegend herum, und Aurix schob den Chief von sich herunter und aus deren Flugbahn, gerade rechtzeitig, denn etwas riss seine Panzerung unterhalb der linken Schulter auf und bohrte sich hinein. Er spürte, wie sich das Blut nass ausbreitete und teilweise in die Panzerung hinein floss. Ohne groß zu überlegen griff er nach hinten und zog mit einem Ruck ein langes, spitzes Glasfragment aus irgendeiner Scheibe des ehemaligen Skycars heraus, wobei er vor Schmerzen laut zischte. Der Anzug fing an, Medigel abzusondern, was eine eklige Angelegenheit war. Aurix drehte sich auf den Rücken, atmete langsam ein und aus und schloss die Augen. Ein paar Minuten lag er ruhig da, bis neben ihm Aeona aufstöhnte.
    "Lebst du noch?", flüsterte sie heiser.
    "Bin mir nicht ganz sicher", kam es krächzend von Aurix. Er öffnete die Augen, schob das Visier hoch und drehte den Kopf zu dem Chief. Er lächelte schief.
    "Was gibt's da zu grinsen?", murmelte Grey und bewegte prüfend ihre Gliedmaßen. Sie war noch in einem Stück, ihr Kopf dröhnte allerdings gewaltig von dem harten Schlag gegen die Brustpanzerung des Turianers. Was den Rest ihres Körpers anging... Nun, es ging ihr schon mal besser.
    "Was für ein irrer Ritt!", meinte der Ghost und lächelte breiter. Die Drogen hatten ihre Wirkung vollends entfaltet und die Schmerzen waren nur noch am Rande spürbar. Er richtete sich halb auf und zuckte zusammen. Versuchsweise sog er tief die Luft in die Lungen ein, um festzustellen, wann es wehtat. Ach, jetzt... Er wird flach atmen müssen, aber das wäre nicht das erste Mal, dass er in solchem Zustand arbeiten muss.
    Aeona öffnete das Visier und starrte ihn zweifelnd an: "So etwas macht dir Spaß?" Jetzt musste auch sie lächeln, denn der Ghost nickte mehrmals hintereinander, wobei er das Gesicht leicht verzog. Sie lachte auf, schüttelte ungläubig mit dem Kopf und setzte sich vorsichtig auf. Sie begutachtete das demolierte Skycar und atmete tief durch, bevor sie sich wieder Aurix zuwandte. Hinter ihm lag eine lange Glasscherbe, blau vom turianischen Blut.
    "Du blutest. Wo?", fragte sie bestimmt.
    "Ist nicht so schli..."
    "Wo?", unterbrach sie ihn.
    "Rücken", murmelte er.
    Aeona schob sich kniend hinter ihn und richtete sich auf. Schnell zog sie ein Verband aus ihrem Sanitätskasten heraus, das mit Medigel durchtränkt war, und befestigte es mit wenigen gekonnten Handgriffen. "Ich schaue es mir nachher noch mal genauer an. Fürs Erste wird es genügen." Aus einem Impuls heraus umschlang sie Aurix von hinten mit den Armen und drückte ihm über die Schulter hinweg einen Kuss auf die Wange.
    Der Ghost blinzelte: "Wofür war denn das?" Er konnte nicht umhin zu lächeln, wobei er die Frau von der Seite betrachtete.
    Aeona erwiderte das Lächeln: "Du hast mir das Leben gerettet..."
    Der Turianer schmunzelte, sagte aber nichts.
    "Und jetzt: lass uns Tepec Feuer unter dem Arsch machen!" Sie ließ ihn los.
    "Ist das eine menschliche Redewendung?", fragte Aurix neugierig.
    "Ja!" Sie erhob sich und streckte dem Turianer die Hand entgegen, der erst kurz zögerte und dann doch zugriff. Ein kräftiger Ruck, und er stand neben ihr.
    Aurix ließ ihre Hand nur ungern los. "Gefällt mir!"
    Aeona checkte Tepecs Signal. Es bewegte sich wieder und zwar tiefer auf das Industriegelände.
    "Wir sollten uns trennen", meinte Aurix und deutete auf die Karte. "Hier, siehst du das?" Er verringerte den Vergrößerungsfaktor der Karte über Aeonas Arm und zeigte auf einen schmalen Weg, der fast parallel zu der Straße lag, die Tepec gewählt hatte. "Überhole ihn – und ich sorge dafür, dass er nicht wieder zurück kann."
    "Guter Plan." Aeona schloss das Visier und drehte sich um.
    "Sei vorsichtig, Chief", meinte der Ghost leise.
    Bei Aurix Worten blieb sie stehen, schüttelte den Gedanken, der auftauchte, sofort ab, nickte bloß knapp und verschwand in der Dunkelheit.

    Aurix sah ihr nach und bewegte probeweise den rechten Arm. Ja, das wird gehen, die Stims leisteten gute Arbeit. Er zog das Phaeston und setzte sich zügig in Bewegung. Er hörte Aeonas regelmäßigen Atem an seinem Ohr.
    "Ich bin jetzt vor ihm", kam es nach einigen Minuten leise von ihr. "Ich werde ihn zu mir locken."
    "Verstanden, Chief. Bin etwa hundert Meter hinter dem Bastard", entgegnete er.
    Aeona lachte leise: "Er wird uns nicht entwischen!"
    Der Ghost lachte finster mit.

    Tepec blieb stehen, drehte sich um und starrte die Straße entlang, an welcher hier und da Container verstreut standen. Die wenigen Lampen tauchten alles in ein merkwürdig unruhiges Muster aus Hell und Dunkel ein, wobei das Dunkel vorherrschte. Er hatte das untrügliche Gefühl, dass die Typen aus dem Skycar den Absturz überlebt hatten, aber paranoid war er schon immer gewesen, auch ohne das Ding in seinem Schädel. Er kniff die Augen zusammen und wandte sich wieder um, nur um mitzubekommen, wie jemand vor ihm hinter einem ehemals blauen und nun rostigen Container verschwand, und er war sich fast sicher, dass das die gleiche Person war, die ihn auf der Einkaufsmeile angestarrt hatte und ihm in das verlassene Haus gefolgt war. Wer war sie? Dass es sich um eine Frau handelte, ist ihm natürlich nicht entgangen. Der CAT6 beschleunigte seinen Schritt, zog gleichzeitig die Pistole und führte eine kurze Bestandsaufnahme durch: die Blackstorm hatte noch drei Schuss, er hatte noch vier Ersatzmagazine für die Pistole und einiges an Granaten und Minen in den Taschen des Mantels und der Cargohose. Ach, und sein linker Arm war ziemlich am Arsch. Da half auch das Implantat nicht, dieses Arschloch von einem Söldner hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Das wird auch so gehen. Er grinste und bewegte sich an der Seite der Straße auf den Gegner zu, die Container und Gebäude als Deckung nutzend.
    "Hey, du!", rief Tepec, als er etwa zehn Meter entfernt von der Position entfernt war, wo er die Frau vermutete. "Wer bist du? Das interessiert mich doch ungemein, bevor ich dich umlege!"
    Aeona lachte leise auf. Sie hatte einen Kanal zu Trent geöffnet, damit er mithört, was der CAT6 zu erzählen hatte. Die beiden Söldner schloss sie aus, wenn etwas Relevantes dabei sein sollte, wird James es ihnen schon mitteilen.
    "Antworte mir!", brüllte der Soldat ungehalten.
    "Bist ganz schön ungeduldig, was Tepec!?" Ihre Hände umfassten die Griffe der MP fester und sie lugte getarnt um die Ecke. Der CAT6 musste laut dem Signal hinter diesem Container sein.
    "Wer bist du?", wiederholte der Mann. "Du bist verdammt schnell, keiner hat mich sonst getroffen, nur du! Du bist eine von uns, oder?! Ein CAT6! Nur sie wissen von den Implantaten und wie man sie am besten einsetzt!"
    "Bist ein kluges Kerlchen!", antwortete Grey sarkastisch. Also wissen alle CAT6 von dem Ding in ihrem Kopf. Das verkomplizierte die Lage. Sie hörte, wie der Destroyer scharf die Luft einsog, aber er verlor kein Wort.
    Einige Sekunden verstrichen. "Warum jagst du mich dann?!", schrie Tepec verwundert. "Wir stehen auf derselben Seite! Du weißt, wofür wir geschaffen wurden!"
    Grey stutzte. "Das muss ich glatt vergessen haben! Hilf mir doch mal auf die Sprünge!"
    "Um gegen den Rest der Menschheit zu kämpfen, an der Seite der Sieger natürlich!", entgegnete der Mann mit Stolz in der Stimme.
    Jetzt knurrte James laut, und Grey knirschte hörbar mit den Zähnen. "Du meinst die Reaper?!", schrie sie wütend.
    "Natürlich meine ich die Reaper, wen sonst?", kicherte Tepec wahnwitzig. "Wenn die Schwachen tot sind, werden wir immer noch da sein, weil wir bessere Menschen sind! Nach uns werden andere folgen!"
    "Du bist verrückt, Tepec!" Grey begann auf und ab zu gehen. Das war doch völliger Irrsinn! Mit den Reapern zu kooperieren... Das bedeutete nur eines: Indoktrination.
    "Ich bin nur verbessert! So wie du!"
    "Du bist ein verbesserter Toter, Tepec!", schrie Grey und blieb stehen. "Ich werde dich umbringen!!", brüllte sie. "Du elender Verräter!!" Sie wurde immer lauter und ihre Hände krampften um die Waffe.
    "Nein, du bist tot! Sehr bald!", brüllte Tepec mindestens genauso laut.
    "Chief, führe ihn zu uns", kam es ruhig von James. "Wir sind bereit." Er wartete kurz, bekam aber keine Antwort. "Aeona."
    "Lieutenant", kam es nun doch gepresst von Grey.
    "Tue es. Jetzt", meinte der Destroyer.
    "Mach es, Chief!", hörte sie die eindringliche Stimme von Aurix.
    Grey heulte auf und verließ die Deckung. "Dann komm und hol mich, Tepec! Ich bin bereit für dich!!" Sie schoss auf den Container, die Kugeln schlugen pfeifend in das Metall ein und ließen die Reste der Farbe abplatzen.
    Tepec stürmte hinter dem Container hervor, als sie nachladen musste, und schoss mit der Blackstorm auf sie. "Na, wie gefällt dir das?! Bringen wir es zu Ende!"
    Aeona drehte auf der Stelle um und rannte blitzschnell davon, direkt in die Richtung der Halle, wie ihr das HUD sagte, während hinter ihr der Container abhob und zu Boden krachte, als die Singularität explodierte. Tepec schoss ihr mit der Pistole hinterher und folgte ihr. Trotz des verletzten Beines war er immer noch schneller als ein normaler Mensch. Allerdings war es Grey auch. Sie drehte sich nicht mehr um, sondern führte Tepec immer weiter tiefer auf das Gelände, darauf achtend, dass er sie niemals aus den Augen verliert. Kurz vor dem Ziel blieb sie stehen und ließ den CAT6 ganz nah an sich herankommen. Er ballerte ein ganzes Magazin auf sie ab und traf einmal, aber den Streifschuss an ihrer rechten Flanke beachtete sie nicht einmal, sondern rannte weiter. Vor ihr lag die Halle, sie sah schon das weit geöffnete Tor. Tepec war gerade mal zwanzig Meter hinter ihr, kam um die Ecke gelaufen und brüllte ihr zu, dass er sie doch noch kriegen wird.
    "Er ist hier!", schrie sie in das Kom, diesmal an alle, und lief auf das Tor der Halle zu. "Direkt hinter mir!!"

    Ein kurzer Blick zur Seite zu Krom und weiter zu James, und Kahn wusste, dass sie bereit waren, um Tepecs Leben ein filmreifes Ende zu geben. Der Allianzsoldat hatte sich für einen klassischen V-Hinterhalt entschieden. Das war nun kein großer, taktischer Geniestreich, aber es war zweckdienlich.
    Aeona rannte schreiend durch das Tor, und alle drei legten in Erwartung von Tepec den Finger auf den Abzug.
    Durch das Tor kam aber niemand, zumindest nichts, was man erwartet hätte.

    Mit einem gewaltigen Lichtblitz und mit ohrenbetäubendem Lärm platzte die gesamte Wand hinter der rennenden Aeona auseinander. Die Druckwelle erfasste die schlanke Allianzsoldatin und schleuderte sie quer durch die Industriehalle. Sie prallte hart gegen einen alten, defekten SCARA-Roboter und blieb liegen. Trümmerteile, das zerfetzte Tor und jede Menge Staub und Ruß verteilten sich explosionsartig in der Halle.

    Aurix kam hinter Tepec her gerannt, so schnell er konnte. Die Rippen machten ihm doch mehr zu schaffen, als er sich zugestehen wollte, und seine Atmung war abgehackt - und jetzt sah er vom Weiten, wie Tepec ausholte und dem Chief etwas hinterher warf. Ruckartig blieb er stehen, sein Visier verdunkelte sich automatisch, als eine Wand der Halle aufhörte zu existieren. Er funkte Aeona an. Keine Meldung. Er versuchte es nochmal. Wieder nichts. Wütend knurrte er, lief weiter und nahm Tepec unter Feuer. Er gab kurze Salven auf den CAT6 ab, dieser wich aber geschickt aus. Der Ghost blieb stehen, biss konzentriert die Zähne zusammen und versuchte im Vorfeld zu erahnen, wo Tepec sich hin wendete – und traf. Tepecs Schilde leuchteten auf, und eine Kugel musste durchgekommen sein. Unbeeindruckt davon verschwand Tepec in der Staubwolke und der Turianer wollte ihm schon nachlaufen, als der gesamte Komplex ächzte und verdächtig stöhnte, und kaum einen Augenschlag später brach ein Teil der Decke ein. Die Antriebspacks zündeten im letzten Moment, und der Ghost brachte sich mit einem riesigen Satz rückwärts und wieder aus der Halle hinaus in Sicherheit. Und jetzt kam er nicht mehr hinein. Die eingestürzte Decke blockierte den Weg, über die Trümmer zu klettern war sicherlich nicht ratsam. Aurix knirschte mit den Zähnen und lief um die Halle herum, zu dem anderen Zugang. Insgeheim hoffte er, dass Tepec unter der einstürzenden Decke begraben wurde – aber sicher war er sich nicht, der CAT6 hatte schließlich schon mehrfach für eine Überraschung gesorgt.

    Mit einem Hechtsprung konnte Krom sein Leben gerade noch retten, als ein schwerer Deckenkran über ihm runterkam. Krachend schlug das tonnenschwere Ding ein.
    Kahn sah noch, wie Krom sich hochkämpfte, als noch mehr Decke runterkam und Krom unter sich begrub. Der Söldner hatte keine Chance zu entkommen, er sah noch lediglich kurz nach oben und schaffte es noch, sich in Bewegung zu setzen, als er auch schon unter den Trümmerteilen verschwand.
    "Na super!", kommentierte Kahn und sah sich nach Tepec um.
    Der Söldner spähte durch den Nebel. Er schaltete auf Infrarotsicht um, um die Wärmequellen sichtbar zu machen, doch von Tepec keine Spur.
    "Bericht!", forderte James. Grey war außer Gefecht, also blieb der Söldner, denn von Aurix hörte er nur leise Worte in irgendeinem turianischen Dialekt, die wie Flüche klangen. Der Universalübersetzer blieb stumm.
    "Ich seh ihn nicht! Kann sein, dass er aber schon drin ist! Ich verschieb mich zu dir!" Kahn konnte nicht riskieren, dass sich Tepec zwischen ihn und Trent bewegte, bei so eingeschränkter Sicht mussten die beiden näher zusammenrücken.
    "Was ist mit Krom?"
    "Keine Ahnung, warte mal..." Er funkte seinen Kumpel an, doch als Antwort kam nur Rauschen. "...Der hats wahrscheinlich hinter sich!", meinte Kahn.
    James fluchte wie ein Rohrspatz und hielt Ausschau nach Kahn – und Tepec.
    Vorsichtig arbeitete sich Kahn zu James vor, die Waffe immer schussbereit. Er konnte den großen Allianzler schon sehen, als sich Tepec wieder zu Wort meldete.
    Hinter dem N7er zerriss eine weitere Explosion die Wand und nicht mal einen Herzschlag später fand sich Trent in einem heftigen Nahkampf wieder. Das Ganze war so schnell gegangen, dass James nicht einmal Zeit fand, seinen Hawk-Raketenwerfer einzusetzen.
    Eine Zeit lang schien es so, als ob der angeschlagene Tepec die Oberhand hätte, doch dann gelang es James sich auf sein Gegenüber einzustellen. Nach nur wenigen Schlagabtäuschen flog Tepec etwas unsanft durch die Halle und kam, mit dem Gesicht voran, auf einer alten CNC Maschine zum Liegen.
    Das Gesicht aufgeplatzt, die Nase gebrochen, einen Arm nutzlos herabhängend wuchtete sich der CAT6er auf die Beine, zwar nicht mehr so schnell wie sonst, aber immerhin hatte er noch dieses fiese Grinsen im Gesicht. Mit einer Armbewegung brachte er drei Zielsuchgranaten auf den Weg.
    James steckte in der Klemme. Er konnte sich entweder auf Tepec konzentrieren, aber dann würden ihn die Granaten erwischen und drei Stück waren selbst für den Schlachtanzug zu viel. Natürlich konnte er sich auch den Granaten widmen, aber dann müsste er sich dem gezielten Feuer von Tepec aussetzen. Er entschied sich für einen Mittelweg.
    Er schoss auf Tepec und mit dem Hawk-Werfer auf die Granaten.
    Das Typhoon spuckte Feuer, doch Tepec war schon wieder außer Sicht. Die Kleinstrakete aus dem Schulterwerfer fing die erste Granate ab und Trent wappnete sich auf den Einschlag. Zwei Granaten waren um Längen besser als drei, aber auch die würden ihm jetzt gut zusetzen.
    James spannte sich an - als die beiden Granaten in der Luft explodierten. Er sah zur Seite und erkannte Kahn, der ihm mit ein paar gezielten Schüssen das Leben gerade einfacher gemacht hatte. Ein knappes Nicken des Destroyers musste Kahn als Dank ausreichen, denn ein fieses Kichern forderte ihre Aufmerksamkeit. Tepec stand ein paar Meter vor ihnen auf einer anderen Maschine und zielte mit der schweren Blackstorm auf die beiden.
    Beide, Kahn und James, rissen ihre Waffen herum, zum Wegrennen blieb ohnehin keine Zeit mehr, als jemand Tepec die Beine einfach wegzog.
    Sofort setzte sich James in Bewegung, immer Tepec im Auge behaltend. Da sah er auch schon, was den Mann zu Fall gebracht hatte. Krom war es. Der Söldner lebte noch, damit hatte James nicht gerechnet.
    Krom packte den Fuß des CAT6er und riss den Mann von den Füßen. Der Söldner biss heftig die Zähne zusammen, denn er konnte derzeit nur einen Arm einsetzen. Genau wie bei Kahn war es auch bei ihm ausgerechnet das noch natürliche Körperglied, das die volle Packung abbekommen hatte. Ein Trümmerteil hatte ihn übel an der Schulter erwischt, sodass er schon fast glaubte ohnmächtig werden zu müssen und wenn er ehrlich war, dann konnte er gar nicht sagen, ob er vielleicht nicht doch kurzzeitig das Bewusstsein verloren hatte, als er unter den Trümmern gelegen hatte.
    Heftig schlug Tepec auf der Maschine auf und verlor dabei die schwere Waffe. Der Söldner wollte ihn von der Maschine zerren, aber Tepec schaffte es auf der abgewandten Seite herunter zu rutschen. Er kam wieder auf die Beine, zog die Pistole und erstarrte kurz, als er sich unmittelbar vor James wiederfand.
    Die Hände des N7er schossen vor. Eine packte die Waffenhand und schmetterte sie gegen die Maschine, die andere schloss sich um Tepecs Hals. James ließ das Visier hochfahren, damit Tepec ihm in die Augen blicken konnte, und sein Mund verzog sich zu etwas, was man nur beim besten Willen als ein Lächeln bezeichnen konnte. Die Hand um Tepecs Hals zog sich unaufhaltsam enger zu, aber so langsam, wie es der Anzug zuließ. Der CAT6 sollte vor seinem Tod leiden, dafür, was er war: Kollaborateur. Es gab nichts Schlimmeres als Verräter. Das Lächeln des Destroyers wurde breiter, als Tepec anfing zu röcheln. Mit der freien Hand versuchte der Mann die Finger des N7er zu lösen, was ein völlig sinnloses Unterfangen war. Trent beugte sich etwas vor, legte den Kopf schief und bohrte die kalten Augen in die von Tepec, und endlich sah er das, was er sehen wollte: Angst. Tepec war der Panik nahe und versuchte etwas zu sagen, aber dafür hatte er nicht mehr genügend Luft. James knurrte zufrieden und drückte weiter zu, bis Tepec anfing zu zucken und die Augen verdrehte. Die Gesichtsfarbe des CAT6er wurde dunkler und die Hand an den Fingern des Destroyers erschlaffte langsam. James drückte noch weitere zwei Minuten kräftig zu, bis er ganz sicher war, dass er nur noch einen Toten festhält, dann ließ er Tepecs Leiche los, die nach unten sackte, und trat einen Schritt von ihr weg. Das Lächeln in seinem Gesicht verschwand langsam.
    Geändert von plasma13 (07.06.2015 um 23:19 Uhr)
    Do not turn away my friend! Like a willow I can bend. No man calls my name, no man came. So I walked on down away from you, maybe your attention was more than I could do. One man did not call. He asked me for my love and that was all!
    Kunstprojekt falsch zugeordnete Zitate:
    "...Fotzenverein!" - Otto von Bismarck

  7. #1047
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    Aeona kam zu sich und das gerade noch rechtzeitig. Benommen rutschte sie an dem Roboterarm hoch und öffnete das Visier. James war drauf und dran Tepecs Lebensfaden durchzuschneiden, mit einer Methode, die sehr persönlich zu sein schien. Gebannt starrte sie zu dem Destroyer, dessen Gesicht wie eine aufgesetzte Maske wirkte, und verlegte den Blick auf Tepec, der immer schwächer wurde – und endlich war der Mistkerl tot.
    "Aurix, bist du noch da?", murmelte sie.
    "Du lebst!", hörte sie seine erleichterte Stimme. "Ich bin gleich bei euch!"
    Grey schmunzelte. "Lass dir ruhig Zeit, James hat Tepec soeben kalt gemacht."
    "Oh, ihr seid schon fertig...", kam es enttäuscht von dem Ghost.
    Aeona lächelte breiter und ging langsam auf den Destroyer und Krom zu. James warf ihr einen Blick zu, der sie frösteln ließ, und betrachtete weiterhin ausdruckslos den toten Körper zu seinen Füßen. Krom hingegen... Der Söldner sah beschissen aus, er brauchte einen Arzt, und zwar dringend.

    Kahn verpackte seine Waffe, als James fertig war und ging zu den anderen.
    Der Söldner nahm seinen Helm ab und zündete sich eine Zigarette an. Er sah noch kurz in die toten, vor Schreck erstarrten Augen von Tepec. Mit einem Schmunzeln wandte er sich an den Rest.
    "So! Nummer eins hätten wir dann... kennt ihr Typen zufällig einen Arzt, der die Schnauze hält?"
    Bevor jemand antworten konnte wurde das Tor in ihrem Rücken aufgezogen. Aurix blieb kurz im Türrahmen stehen, bevor er die Halle betrat. Als er den Toten sah, lächelte er finster und näherte sich der Gruppe um James. Unterwegs befreite er sich von dem Helm und verzog unwillkürlich das Gesicht, als er einen Stich in der Seite spürte.
    Trent verlegte seinen Blick nacheinander auf alle Anwesenden. Grey nickte er kurz zu, woraufhin sie ihn seltsam anstarrte, also zuckte er nur mit den Schultern und meinte in die Runde: "Das nächste Mal muss es schneller gehen. Nichtsdestotrotz, der Mistkerl ist tot, nur das zählt!" Jetzt lächelte James, aktivierte das Omnitool und ließ den SUV kommen, der vor dem geöffneten Tor aufsetzte.
    "Verfrachte deinen Kumpel in den Wagen, dann geht's zu Frau Doktor", meinte er zu Kahn, kniete sich zu dem toten Tepec hin, zerrte ihn mit einem Ruck an dem Mantel hoch und warf sich den Mann wie einen Seesack über die Schulter. Ohne auf die anderen zu warten ging er zu dem Skycar, öffnete den Kofferraum und warf die Leiche hinein. Mit Schwung schlug er die Kofferraumtür zu, versperrte den Zugang mit einem kurzen Code, drehte sich um und meinte laut: "Alle einsteigen!"
    Der Ghost seufzte leise und lief zu dem Pilotensitz, aber James schüttelte mit dem Kopf und meinte: "Ich fahre." Aurix setzte sich erleichtert auf den Beifahrersitz und lehnte sich zurück. Er brauchte eine Verschnaufpause, trotz der Stims.
    Aeona schaute den beiden nach, sah zu Krom herunter und runzelte kurz die Augenbrauen. Sie blickte zu Kahn hoch: "Ich helfe dir mit ihm. Dann geht's schneller."

    James setzte sich hinter das Steuer und gab die Zieladresse ein. Untere Bezirke, eine kleine, private Klinik für die nicht so gut betuchten Leute. Er dachte an die Asari, Dr Sela R'ajah, die die Klinik leitete. Sie wird sich wie immer freuen, ihn zu sehen, denn seine Bezahlung für ihre Dienste war jedes Mal sehr großzügig gewesen. Dafür revanchierte sie sich nicht nur mit einer hervorragenden Arbeit, sondern auch mit Schweigen. Sela war nicht das, was sie zu sein schien, nicht bloß eine kleine Ärztin irgendwo auf der riesigen Station. Nein, die Asari besaß mehrere Diplome namhafter Universitäten und war nicht umsonst die Leiterin einer der größten und teuersten medizinischen Einrichtungen auf Thessia gewesen, bis sie dahinter kam, dass sie diese Arbeit nicht erfüllt und sie sich denjenigen widmete, die ihre Hilfe wirklich nötig hatten: die Armen, die Glücklosen, die Gescheiterten auf der Citadel. James unterstützte diese Idee gerne mit zusätzlichen Credits, denn sie hatte ihn bis jetzt immer gut zusammengeflickt, auch wenn sie eigentlich auf die menschliche Physiologie nicht geschult war. Aber Sela war Ärztin mit Leib und Seele, was sie nicht wusste, lernte sie eben – notfalls am lebenden Objekt, also James in dem Fall. Er lächelte schief, während er auf die anderen wartete.
    Der SUV hob ab, sobald alle drin saßen. James grinste schief, als er den Söldnern und Aeona, die zusammengepfercht auf dem Rücksitz saßen, einen Blick zuwarf, und konzentrierte sich dann auf den Verkehr.

    Bezirke/ Dr. R'ajahs Klinik

    Im Wartezimmer roch es nach einer Mischung aus Erbrochenem, Desinfektionsmitteln und geronnenem Blut.
    Mit einem gelangweilt-verärgerten Gesichtsausdruck sah Kahn zur Seite auf den Bildschirm, der die aktuell aufgerufene Nummer anzeigte. Er blies die Backen auf, als ihm erneut bewusst wurde, dass er noch eine Weile hier sitzen würde.
    Aurix saß zurückgelehnt und mit ausgestreckten Beinen neben Aeona. Die Atmung machte ihm wirklich Schwierigkeiten, obwohl er schon so flach wie es ging die Luft einsog. Der Chief, die ebenfalls zurückgelehnt neben dem mies gelaunten Krom saß, blickte ihn kurz von der Seite an, schenkte ihm ein kleines Lächeln und starrte wieder die fleckige Decke des Warteraumes an. Der Ghost verlegte sich auf das unauffällige Beobachten der Kundschaft der Praxis. Die Patienten stammten ausnahmslos aus der unteren Schicht der Citadelbevölkerung ab – und interessierten sich nicht sonderlich für ihr Team, mit ihren eigenen Problemen vollends beschäftigt. Der Turianer atmete tief durch und bereute es sofort, weil ihn ein schmerzhafter Stich durchzuckte. Er zischte leise, aber als Aeona ihn scharf ansah, schüttelte er bloß mit dem Kopf und murmelte: "Es ist nichts."
    Der Einzige, der völlig gelassen wirkte, war James. Das rege Treiben in der Praxis, die Geräuschkulisse, die Gerüche, all das störte ihn nicht im Geringsten. Den Helm auf einem Oberschenkel abstützend, fläzte der Destroyer regelrecht in dem Stuhl, der zu klein wirkte. Ein Arm hing locker über der Armlehne des benachbarten Stuhls, James hatte ein leicht verträumtes Lächeln im Gesicht – und in seinem Gehirn ratterte es bereits wieder. Er rief sich die Einzelheiten aus den Akten der nächsten beiden Ziele ins Gedächtnis, suchte nach ihren Schwächen und Stärken, und welche Taktik am besten geeignet wäre, denn so wie bei Tepec sollte es nicht nochmal ablaufen. Sie haben sich überraschen lassen. James beschloss den Söldnern mitzuteilen, dass alle CAT6 auf der Liste von dem Implantat und dessen Wirkung wissen, damit sich die beiden Männer darauf einstellen können, was sie erwarten könnte. Und er beschloss ab sofort die Details seiner Pläne soweit jedem aus dem Team zu offenbaren, wie es nötig war, denn auch wenn er Grey nach wie vor nicht die Spur vertraute, so hatte sie in einem dennoch recht: die toten Zivilisten hätten nicht sein müssen. Das war unnötig, sie hätten einfach an Tepec dran bleiben sollen, um dann im richtigen Moment zuzuschlagen. Es hätte etwas länger gedauert, wäre aber nicht so blutig ausgegangen. James zuckte mit den Schultern und beobachtete weiterhin unmerklich die Leute, die auf die ärztliche Versorgung warteten. An dem Zustand der Toten konnte er nichts ändern und Mit-Sich-Hadern lag nicht in seiner Natur – was passiert ist, ist passiert.

    Die Praxis von Dr R'ajah war gut besucht. Im Wartezimmer saßen die Patienten auf vier Stuhlreihen, links und rechts vom Eingang an den Wänden und zwei in der Mitte des Raumes.
    Kahn sah zu den verschiedenen Bildschirmen, die an den Wänden angebracht waren, und für diverse Schutzimpfungen oder Medikamente warben oder schlicht aufklären sollten, nach dem Motto: Geschlechtskrankheiten gehen alle an!
    "Wasn Scheiß!", murmelte Kahn.
    Krom, der neben Kahn saß, biss erneut die Zähne zusammen, als eine erneute Schmerzwelle von seiner Schulter aus durch seinen Körper jagte. Ihm gegenüber saß eine offensichtliche Prostituierte, deren Gesicht völlig zerschnitten war und lediglich mit einer Menge Medigel und Verbänden zusammengehalten wurde. Die Frau weinte leise vor sich hin, was Krom langsam aber sicher rasend machte. Nicht dass der Junkie, der sich in einer Ecke zusammengekauert hatte, nicht schlimm genug wäre. Die junge Salarianerin wurde von Krämpfen durchgeschüttelt und murmelte ständig vor sich hin. Junkies halt.
    Ansonsten war der Raum mit dem Besten gefüllt, was die Citadel derzeit bieten konnte:
    Ein Dealer, dessen Hand in einem blutigen Verband steckte, ein paar verwahrloste Gestalten, bei denen man sich nicht sicher sein konnte, ob sie drogenabhängig oder schlicht obdachlos waren, ein stark tätowierter Turianer, der augenscheinlich heftig hatte einstecken müssen, eine ältere Dame, die so gar nicht hierher zu passen schien, die aber ein paar Kinder dabei hatte, die umso mehr ins Bild passten, etc. etc. etc.

    Neben Krom saß der Rest, Aeona, Aurix und Jimmy, wobei der große Allianzsoldat der einzige zu sein schien, der nichts abbekommen hatte. Die Chaostruppe musste wohl einen kaputten Eindruck machen. Krom sah kurz zu Aeona und zum Turianer. Sie erwiderten seinen Blick nur flüchtig, bevor sie wieder Löcher in die Luft starrten.
    Die Nutte mit dem zerschnittenen Gesicht schluchzte erneut laut auf und wimmerte weiter.
    "HALT endlich dein Drecksmaul!", zischte Krom wütend und trat der Frau gegen das Schienbein, da er zu faul war, um aufzustehen.
    Sein kleiner Ausbruch brachte wohl den Zuhälter der Frau auf den Plan. Ein Batarianer mit einer Menge Schmuck. Der Mann war wohl auch für den Zustand der Frau verantwortlich. Manche Zuhälter waren halt nicht zimperlich, um ihre Mädchen auf Spur zu bringen.
    "Kümmer dich um deinen eigenen Mist...", drohte der Mann.
    "Oder was?", fragte Krom unmittelbar tonlos und sah den Batarianer emotionslos an, sodass jedem klar war, dass er den Zuhälter auf der Stelle umbringen würde, wenn dieser jetzt nicht passend antwortete.
    Der Batarianer zögerte, bevor er die Lippen aufeinander presste und den Kopf etwas nach links neigte. Nachdem sich der Zuhälter wieder zurückgelehnt hatte, brach auch Krom den Blick mit dem Mann ab und atmete schwer, als seine Schulter sich wieder meldete.
    James beugte sich leicht vor und funkelte Krom an: "Hier keine Toten! Entspann dich, Mann..."

    Nach einer gefühlten Ewigkeit erschien wieder die asarische Schwester.
    "KAHN?", rief sie fragend in den Raum und passend dazu wurde seine Nummer angezeigt. Beide Söldner erhoben sich und gingen etwas schwerfällig auf die Schwester zu.
    "Kahn?", fragte sie erneut und sah unsicher zwischen den Söldnern hin und her.
    "Ich bin Kahn!", stellte er sich vor. "Das ist Krom!"
    "Und ich komme mit!", entschied Krom. Beide hatten keine Lust noch weiter Zeit zu verlieren.
    "Das geht nur, wenn Sie verwandt sind", meinte die Frau etwas unsicher.
    "Dann geht das ja in Ordnung!", meinte Krom strahlend.

    "Und Sie sind mit James hier?", fragte Sela R'ajah und behandelte weiterhin Kahns Bein, während Krom etwas abseits die Ärztin im Auge behielt.
    "Ja, es gab da so ein kleines Upsi!", antworte Kahn nach einigem Zögern und lehnte sich auf der Liege weit zurück, als Sela das Instrument tief in die Beinwunde schob. Der Schmerz explodierte von einer Sekunde auf die nächste.
    "Oh... FFFFFick mich!", schrie Kahn dann schließlich, während sich seine Finger in das Polster der Liege krallten.
    "Ein kleines Upsi?", fragte die Asari nach und zog das Instrument aus Kahns Bein.
    "Ähhhh... ja, da war so ein Verkehrsunfall...", begann Kahn, der sich etwas gefangen hatte.
    "Und dann war da noch ein Tornado..."
    "Genau, und dann noch dieses... dieses Ding, was da dann auf das andere Ding drauf gefallen ist...", erklärten die beiden Söldner abwechselnd und unterstrichen das Gesagte noch mit ausgefallenen Gesten.
    Die Ärztin begann zu lachen: "Schon gut Jungs, ich kenn James und will es auch gar nicht wissen! Mir reicht es schon, dass ihr mit ihm zusammenarbeitet."
    Kahn hatte Glück gehabt. Lediglich weiches Gewebe war zerstört worden und mit einer einfachen Geweberekonstruktion war ihm geholfen. Kunstgewebe, das mit dem umliegenden verschmolzen wurde und über die nächsten Wochen vollkommen vom Körper vereinnahmt werden würde.
    Nun war Krom an der Reihe. Sein Schulterapparat hatte ziemlich was abbekommen.
    "Machen Sie sich bitte obenrum frei und legen Sie sich auf die Liege!", forderte die Asari den Söldner mit einem schelmischen Lächeln auf, woraufhin Krom ihr zuzwinkerte und sich langsam und schmerzhaft auszog. Die Doktorin kramte gerade ein paar andere Instrumente hervor und präsentierte den beiden ihr schönes Hinterteil. Beide wechselten erneut vielsagende Blicke, als sich die Ärztin auch schon wieder umdrehte.
    "Auf den Bauch drehen bitte!"
    "Alles was Sie wollen", brachte Krom mit einem schmerzverzerrten Lächeln hervor. "Wann ist Ihre Schicht hier vorbei? Haben Sie heute schon was vor?", fragte er und kassierte einen ernsten Gesichtsausdruck der Ärztin, die kurz davor war das Instrument anzusetzen. Sie begann etwas boshaft zu lächeln und setzte ihre Arbeit fort, während Krom Kahn zuzwinkerte.

    Im Warteraum konnte man kurz darauf das schmerzhafte Geschrei von Krom hören.
    Aeona linste zu James, der breit grinste, als Kroms Gebrüll erklang. Die Infiltration schüttelte missbilligend mit dem Kopf und blickte zu dem Turianer neben ihr, der allerdings nicht reagierte, als hätte er nichts mitbekommen.

    Später war auch Krom wieder schmerzfrei. Mit einem Geweberegenerator hatte die Ärztin ihm helfen können.
    Beide Söldner schlenderten entspannt wieder ins Wartezimmer, wo auch schon Aeona aufgerufen wurde.
    Grey erhob sich. "Komm mit, Aurix."
    "Äh... Bist du sicher?", hoben sich die Augenplatten des Turianers verwundert nach oben.
    "Jetzt diskutiere nicht mit mir, sondern beweg deinen Hintern! Du kriegst kaum noch Luft!" Ungeduldig stemmte die Infiltratorin die freie Hand in die Hüfte, in der anderen den Helm haltend. Sie sah, wie sich James Lippen belustigt verzogen, und kniff die Augen zusammen, woraufhin der Destroyer den Mund wieder schloss und sich den Kommentar verkniff, welchen er wohl gerade loswerden wollte.
    Der Chief hatte ja mal wieder Recht. Aurix stand gehorsam auf und trottete Aeona, die auf die Asari-Schwester zuging, langsam hinterher.
    Die Frau musterte sie abwechselnd und überprüfte ihre Namen auf der Warteliste: "Wollen Sie mir auch erzählen, Sie seien verwandt... Ms Grey? Mr Hellon, nehme ich an?"
    "Genau", säuselte Aeona. "Er ist mein... mein Vetter. Mütterlicherseits", fügte sie hinzu und lächelte süß. Die Asari starrte sie befremdlich an. Grey lachte auf, nahm den Ghost an der Hand und zog ihn in den Behandlungsraum hinein. Hinter ihnen erklang ein tiefer Seufzer der Schwester.

    Die Tür schloss sich. Die Ärztin drehte sich um und betrachtete sie aufmerksam aus den dunkelblauen, ruhigen Augen.
    Aeona schubste den Ghost leicht nach vorne. "Er zuerst."
    "In Ordnung", nickte die Asari und deutete auf die Liege. "Wollen Sie mir auch eine amüsante Geschichte erzählen, wie es zu den Verletzungen kam?"
    Aeona und Aurix sahen sich an und dann wieder zu Sela.
    "Lassen Sie mich raten", kam es spöttisch von dem Turianer, der ächzend Platz nahm. "Die beiden Söldner vor uns?"
    Die Asari nickte und lächelte Aurix an, und verwandelte sich so plötzlich in ein wunderschönes Wesen, welches nicht mehr voller Ernst und Kummer dreinblickte, dass dem Turianer der Mund offen stehen blieb und er sie unverhohlen von oben bis unten begaffte.
    Aeona lachte leise auf, woraufhin der Ghost blinzelte, den Mund wieder zumachte und sich verlegen räusperte.
    Die Ärztin wurde wieder ernst und scannte Aurix. "Oh... Das sieht aber übel aus. Was haben Sie denn angestellt?"
    "Äh...", begann der Turianer und schaute sich hilfesuchend nach dem Chief um, die aber nur mit den Schultern zuckte und ihn schief anlächelte.
    "Ist schon gut", lenkte Sela ein. "Sie müssen nicht antworten. Ziehen Sie sich aus. Die Knochen sind gebrochen. Hm, wollen Sie eine schnelle Lösung Ihres Problems, oder eine langsame? Die erste wird schmerzhaft werden... Sehr schmerzhaft."

    Aurix entschied sich für die schnelle Hilfe und wurde dennoch blass, als die Ärztin die Instrumente, die für die Behandlung notwendig waren, hervorholte. Als Sela anfing, brüllte der Ghost trotz der Drogen in seinem Blutkreislauf auf. An einer Stelle riss er mit den Krallen das Liegepolster auf, als sich seine Hände vor Schmerz verkrampften. Dann saß er nur noch bewegungslos da und ließ die Ärztin machen. Der Wunde von der Glasscherbe brachte er am Ende keinerlei Beachtung mehr entgegen. Die Asari entfernte das Medigel und rekonstruierte das Gewebe. Nach der gesamten Prozedur zog er mit zitternden Händen die Panzerung wieder an, oder eher, er versuchte es.
    "Lass mich es machen", meinte Aeona leise, die an der Tür angelehnt stand und wartete, bis sie dran war. Sie stieß sich von der Wand ab und half dem schweißgebadeten Ghost. Wenigstens konnte er wieder normal atmen. Er lächelte sie gequält an und machte ihr Platz. Aeonas Wunden waren schnell versorgt und die Ärztin entließ sie beide, mit der Bitte, James hinein zu rufen.
    Deutlich abgekämpft ließ sich der Turianer neben Krom auf den Stuhl fallen, während James mit federndem Schritt das Behandlungszimmer ansteuerte. Aeona schaute dem Destroyer hinterher und wandte sich an die Söldner: "Alles wieder zusammengeflickt?" Abwechselnd musterte sie sie und setzte sich neben Aurix.
    Von den beiden Kerlen kam keine Antwort, aber das war auch nicht so wichtig. Die Soldatin wollte möglichst schnell von hier verschwinden, weg von diesem ganzen Elend, Schmerz und Gestank.

    James betrat das Zimmer. Sela stand mit dem Rücken zu ihm und war an der Konsole beschäftigt.
    "Moment, ich muss hier noch ein paar Sachen löschen... Und... fertig!", meinte sie und drehte sich zu Trent um.
    "Was schulden wir dir?", fragte James und lächelte schief.
    "Also wenn du öfters mit so vielen Leuten ankommst, werde ich der Klinik bald einen neuen medizinischen Mech spendieren können", erwiderte sie das Lächeln. Sie nannte ihm die Summe.
    James erhöhte den Betrag um dreißig Prozent, was ihm nur ein Kopfschütteln von Sela einbrachte. "Keine Sorge, ist nicht mein Geld", zwinkerte er ihr zu.
    Die Asari lachte, ein helles, ansteckendes Lachen, in welches er mit einstimmte.
    "Verschwinde, James! Ich hoffe, wir sehen uns nicht allzu bald wieder!"
    Der Soldat, der im Begriff war zu gehen, drehte sich an der Tür um und grinste verschmitzt: "Was soll das denn wieder heißen?"
    "Du bereitest mir immer zu viele Probleme", antwortete die Asari. "Wenigstens musste ich dich heute nicht wieder verarzten. Los, geh!"
    "Bin schon weg!" James trat durch die sich öffnende Tür und winkte Sela über die Schulter zum Abschied. Mit schnellen Schritten näherte er sich seinem Team. Wobei... Sein Team war ein Haufen, der ziemlich fertig aussah. Er grinste breit, blieb vor den Vieren stehen und meinte fröhlich: "Wollen wir?" Ohne auf eine Bestätigung zu warten marschierte er als Erster aus der Praxis hinaus und setzte sich hinter das Steuer des SUVs. Sein Omnitool blinkte seit geraumer Zeit in einem ganz bestimmten Rhythmus. Lyns Nachricht musste noch etwas warten, zuerst sollten sie von hier verschwinden.
    Kommentarlos nahm Aurix neben dem Soldaten Platz, ihm war im Moment reichlich egal, dass sich die Söldner und Aeona wieder auf der Rückbank zusammenquetschen mussten.

    Als das große Skycar abhob und beschleunigte, lehnte sich Aeona gegen das Fenster und sah nach draußen. Die beiden Männer neben ihr beachtete sie nicht, mit den eigenen, finsteren Gedanken beschäftigt, und als Kroms Hand versehentlich auf ihrem Oberschenkel landete, blickte sie den Söldner ausdruckslos an und drückte ihn mit einer unwirschen Bewegung von sich weg.
    Über den Rückspiegel fischte Grey einen äußerst zufriedenen Blick von James auf, woraufhin sie die Augenbrauen runzelte. Ihr vorgesetzter Offizier nickte ihr leicht zu, und sie verlegte das Augenmerk lieber auf den Turianer, der jedoch zu dösen schien. Sie atmete tief durch und starrte wieder aus dem Fenster.

    Fundamente/ Sichere Wohnung

    Trent wählte eine Route aus, die geradewegs in die Fundamente führte, und wurde nicht langsamer, bis sie landeten. Er stieg aus, wartete bis der müde Haufen das Fahrzeug verlassen hatte und meinte: "Chief. Aurix. Geht nach oben, in die zweite Etage."
    Die Angesprochenen blickten sich verständnislos an und schauten dann wieder zu James.
    "Na los, hopp hopp!", unterstrich der N7er das Gesagte durch scheuchende Handbewegungen.
    Der Ghost setzte sich als Erster in Bewegung. Aeona zögerte einen Augenblick, folgte dem Turianer dann doch.
    Trent blickte abwechselnd die Söldner an. "Zur eurer Information. Der tote Kerl hier drin", beherzt klopfte er gegen die Karosserie des SUVs, "wusste, was er im Schädel hat und was er damit anstellen kann. Laut ihm wissen es alle CAT6 auf meiner kleinen Liste." Er lächelte humorlos. "Macht euch also auf alles gefasst. Das wird sicher ein Spaß!"
    Er schaute den beiden hinterher, bis sie im Haus verschwunden waren, dann aktivierte er das Omnitool.

    Nachdem Commander Lyn die Wohnung verlassen hatte – und ihr verboten hatte, hinaus zu gehen -, saß Gisele gelangweilt auf dem Sofa und zappte lustlos durch die unzähligen Kanäle der Fernsehanstalten des Ratssektors.
    Plötzlich blieb ihr Finger über dem Fernbedienungspaneel, welches im Couchtisch verbaut war, bewegungslos hängen. Sie erkannte Kroms Panzerung. Der Söldner, bewaffnet wohlgemerkt, bewegte sich durch eine fliehende und panische Menge aus diversen Spezies, Rauch stieg im Hintergrund auf, man hörte Schreie und Explosionen. Die Aufnahme war gestochen scharf und stammte laut der Laufschrift von der Außenkamera einer Bank in den Bezirken.
    Und so schaute sie schon seit einer Weile zu, wie Krankenwagen, diverse Löschmannschaften und natürlich zahllose Beamte der C-Sec ihre Arbeit verrichteten. Die Toten, etwa acht bis neun sollten es laut ersten Schätzungen sein, mehrere Schwerverletzte und noch mehr Leichtverletzte waren mittlerweile abtransportiert worden, und nun erging sich der salarianische Reporter fieberhaft und mit einer sich fast überschlagenden, hohen Stimme in der detaillierten Berichterstattung über den feigen Anschlag. Die Assistentin schnaubte auf. Von wegen Anschlag... Hatten die Söldner und dieser Trent dieses Massaker angerichtet? Zutrauen würde sie es ihnen auf jeden Fall. Sie lehnte sich zurück, nippte an dem lauwarmen Kaffee und starrte auf den großen Bildschirm, als sich die Wohnungstür öffnete und Kahn und Krom hinein spazierten. Die Männer sahen ziemlich mitgenommen aus, und wirkten dennoch äußerst gut gelaunt.
    "Ihr seid berühmt!", meinte Gisele sarkastisch zu den beiden und nickte zu dem aufgeregten Reporter. "Gratuliere!"
    Nacheinander gingen die beiden Söldner am Fernseher vorbei und beäugten das Gezeigte.
    "Mmmmm... Is nicht unser bester Auftritt!", meinte Krom und zwinkerte der Latina zu.
    "Ich habe das sarkastisch gemeint! Wisst ihr eigentlich, wie viele Leute gestorben sind?", fragte sie nun deutlich gereizt.
    "Nein, wissen wir nicht!", antwortete Kahn eindringlich. "Und jetzt tu nich so, als ob dich so ein Spektakel überraschen würde!"
    Die Angesprochene verzog säuerlich das Gesicht und nippte weiter an ihrem Kaffee.
    "Wo sind die anderen?", fragte sie schließlich.
    Krom sah demonstrativ zur Decke, bevor er wieder Gisele ansah. "Oben, und schneiden den Typen auf!", meinte er grinsend.
    Mit einem demonstrativen Seufzen setzten sich beide links und rechts der Latina auf das Sofa, schnappten sich die Fernbedienung und schalteten auf einen Sportsender um.

    Endlich konnte James Lyns kodierte Nachricht in Ruhe lesen. Sie hatte eine Spur, der sie nachging. Einzelheiten teilte sie ihm nicht mit, das war nicht notwendig. Der Destroyer wusste, dass sich der Commander erst dann bei ihm melden wird, wenn sie relevante Informationen hatte. Außerdem hatte Lyn mehrere Drohnen abgesetzt, die systematisch die Citadel abgrasten, denn Harrison war nach wie vor unauffindbar und Montgomery war aus dem Einzugsbereich des Signalempfangs verschwunden. Die kleinen Helfer werden die beiden Allianzsoldaten schon aufspüren - vorausgesetzt natürlich, dass sie sich noch immer auf der Raumstation befanden. Wenn nicht... Nun, eine Möglichkeit unbemerkt von der Citadel zu verschwinden gab es immer. James instruierte Alter, die Eingangstür zu öffnen, was die VI mit dem Kommentar quittierte, die Sicherheitsvorkehrungen erhöhen zu müssen - die Geschütze über der Tür wurden ausgefahren. Der Destroyer seufzte, entriegelte den Kofferraum und warf sich Tepecs Leiche über die Schulter. Schnell stieg er die wenigen Stufen hoch und begab sich auf dem direkten Weg in das Obergeschoss. In seinem Rücken verschwanden die Geschütze leise surrend hinter ihren Blenden.

    Die beiden Soldaten warteten auf ihn, wobei der Turianer an der Wand lehnte. Die Infiltratorin lief hingegen auf und ab, der wachsame Blick aus den turianischen Augen folgte ihr auf Schritt und Tritt. Beide sahen zu ihm, als er durch eine identische Schleuse wie in der Etage unter ihnen die leerstehende Wohnung betrat. Mit großen Schritten überwand er die Entfernung zu der Hälfte seines Teams und legte etwas unsanft das Paket ab. Sowohl der Chief wie auch der Ghost schauten wortlos den ehemaligen CAT6 an, bevor der Turianer das Gespräch eröffnete. Seine Stimme hörte sich sehr angespannt an.
    "Was wird das, James?" Aurix löste sich von der Wand und verengte die Augen.
    Aeona starrte Tepec stumm an.
    "Ich will wissen, was er im Kopf hat", entgegnete James achselzuckend. "Und sie." Er nickte zu der Infiltration, die ihn jedoch nicht beachtete.
    "Du willst ihn aufschneiden?", fragte der Turianer ungläubig.
    James nickte abermals und lächelte schief, aber es war kein fröhliches Lächeln.
    "Das ist doch verrückt!"
    "Wieso? Die eigenen Augen sind immer noch besser als ein Scanner", meinte der Destroyer und runzelte plötzlich die Stirn, als er in der Hand der Soldatin das schwarze Kampfmesser entdeckte. "Hey, immer mit der Ruhe, Chief!" Er trat an sie heran und entwand ihr schnell die Waffe. Die Infiltration wehrte sich nicht. Der Griff des Messers lag gut und schwer in seiner Hand. Die Klingenoberfläche wies eine feine Maserung auf, ähnlich der auf Lyns Katana, wie er mit einem kurzen, prüfenden Blick feststellte. Eine wirklich schöne Waffe.
    Grey legte den Kopf schief und blickte zu ihm hoch. Sie deutete auf das Messer und dann zu dem Körper zu James Füßen. "Damit sollte es gut klappen. Die Waffe ist sehr scharf."
    Trent zog eine Augenbraue hoch, ging in die Knie und drehte Tepec auf den Bauch. Mit einem Ruck zerrte er den Mantel und das darunter liegende Hemd herunter, so dass die Schultern entblößt wurden, und drehte den Kopf des Toten so, dass er eine gut zugängliche Schnittfläche hatte. Tepecs Haare waren kurz und würden die Prozedur nicht stören. Er sah zu der Soldatin hoch: "Halte seinen Kopf fest."
    Aeona kniete sich hin und nahm Tepecs Kopf zwischen die gepanzerten Hände, zusätzlich benutzte sie die Oberschenkel als Stütze.
    "Bereit?", fragte James.
    Grey nickte knapp.
    "Äh, muss ich mir das wirklich angucken?", kam es angeekelt von dem Ghost.
    "Ja, verdammt!", brauste James auf – und setzte unmittelbar zu einem tiefen Schnitt seitlich der Wirbelsäule an. Dunkles, zähes Blut floss heraus, als die Klinge mühelos die Haut und das Gewebe durchtrennte. Der N7er setzte auf der gegenüberliegenden Seite der Wirbelsäule an, verband die beiden Schnitte an den Enden zu einem länglichen Rechteck und entfernte den blutigen Fetzen Fleisch. Nach einigen wenigen Handgriffen konnte man die rötlich-weißen Halswirbel sehen – und etwa drei Zentimeter unterhalb des Übergangs der Wirbelsäule in die Schädelbasis saß etwas Längliches und Graues: das Implantat. Es sah organisch aus, nur ein kleiner Bereich auf der Oberseite schimmerte leicht metallisch.
    Um nichts zu verpassen beugte sich Aeona tiefer vor. Bildete sie sich das ein oder passierte da gerade etwas?
    Trent beugte sich ebenfalls herunter, als er ein merkwürdiges, kaum wahrnehmbares Zischen hörte. Es kam eindeutig von Tepec, genauer gesagt von dem Ding in seinem Kopf.
    Plötzlich ließ Grey Tepecs Kopf los und sprang auf. "Scheiße!" In ihrem Gesicht stand Ekel geschrieben, der in der nächsten Sekunde zu Unglauben und anschließend Entsetzen umschlug.
    "Verflucht nochmal! Was ist das denn für eine Sauerei?" Auch James hatte den CAT6 losgelassen, das blutige Messer hielt er nach wie vor umklammert. Er beugte sich allerdings tiefer zu Tepecs Hinterkopf herunter.
    "Was ist?" Jetzt kniete sich auch der Turianer hin, alarmiert durch die Tonlage der beiden Soldaten. Was er sah, konnte er im ersten Moment nicht wirklich einordnen, bis ihm einfiel, an was ihn das erinnert, was da gerade vor sich ging: an eine extrem beschleunigte Korrosion. Das Implantat zerfiel, es zersetzte sich buchstäblich. Es verlor an Konturen und schmolz dahin, und nach ein paar Augenblicken war von dem Ding nicht mehr übrig, als eine breiige Masse, die nichts mehr mit dem ursprünglichen Implantat gemein hatte.
    "Bei den Geistern...", murmelte der Ghost und stand wieder auf. Besorgt sah er zu Aeona, die mit angestrengt zusammengekniffenen Augen die Leiche anstarrte.
    James wischte die Klinge grob an Tepecs Klamotten ab, erhob sich und blickte die Soldatin an. "Chief", setzte er an und reichte ihr das Kampfmesser mit dem Griff nach vorne. Die Frau reagierte erst, als er nochmal ihren Dienstgrad nannte. Sie blinzelte, ihr Gesicht nahm einen neutralen Ausdruck an, und schnell verstaute sie die Waffe in der Halterung.
    "Kann ich mich entfernen, Lieutenant?", fragte Aeona mit einer heiseren Stimme, die ausdruckslos klingen sollte. Sie war sich sicher, dass James die Angst heraushörte. Sie räusperte sich und sah dem Destroyer in die Augen.
    "Ja", nickte Trent langsam.
    Die Infiltratorin verließ schnell die Wohnung und rannte fast nach unten, bloß weg von dem toten CAT6 und der Tatsache, dass das Herausoperieren des Implantats wohl außer Frage stand.
    Die beiden Männer sahen ihr nach.
    "Ich werde die Beweise beseitigen", meinte James. "Geh besser nach unten, Aurix. Ich will nicht, dass Grey noch irgendwelche Dummheiten anstellt."
    Der Turianer schaute James zu, als dieser Tepec wieder vom Boden aufsammelte und sich aufrichtete. "Dummheiten? Hast du eine Ahnung...", brach Aurix ab. "Vergiss es." Diskussionen mit dem Soldaten über das Leben - oder den möglichen Tod - des Chiefs waren sinnlos, und James wird ihm ganz sicher nicht mitteilen, was er vorhat. Und was er tun sollte, falls der N7er doch klarstellen sollte, dass er Aeona töten wird, wusste er auch nicht. Gegen den Destroyer zu kämpfen würde ihn mit Sicherheit das Leben kosten. Er drehte sich um und lief der Soldatin nach.

    Unten angekommen steuerte der Turianer die Küche an und füllte ein großes Glas mit dem turianischen Whiskey halb voll. Aeona war nicht im Wohnzimmer, aber er hatte keinen Nerv, nach ihr zu sehen. Sie tobte hier nicht herum, das musste reichen. Er brauchte dringend Ruhe. Mit dem Drink in der einen und der Flasche in der anderen Hand ging er gemächlich zum Sofa, nahm vorsichtig Platz und lehnte sich zurück. Im Fernsehen lief gerade irgendeine Sportsendung, genau das Richtige, um über nichts Wichtiges nachdenken zu müssen. Der Ghost seufzte unhörbar und trank das Glas zur Hälfte aus.
    "Was los, Ratsjunge?", fragte Kahn den Turianer, der sich zu ihnen gesetzt hatte, auch Krom beugte sich vor, um an Gisele und Kahn vorbei dem Ghost in die Augen sehen zu können.
    Aurix wendete den Kopf, ohne sich aufzurichten, und schaute zunächst Krom und dann Kahn von der Seite an. Er nahm noch einen tiefen Schluck, bevor er dem Söldner brummend antwortete: "James entsorgt Tepec."
    Wahrscheinlich sollte er nichts von dem merkwürdigen Verhalten des Implantats erzählen, das kann James schon selbst erledigen – falls er es für nötig hält. "Ich schätze, Trent wird uns nicht allzu viel Zeit zum Ausruhen geben, also... Wenns euch nichts ausmacht, würde ich mir gerne diese sinnfreie Sendung anschauen und mich dabei langsam betrinken." Er deutete auf die Flasche, die er auf dem Tisch abgestellt hatte. Zügig leerte er das Glas, schenkte sich nach und prostete den beiden Männern freudlos grinsend zu, bevor er den Drink um einen Drittel reduzierte.

    Aeona marschierte an dem Sofa, auf welchem Kahn und Krom die Assistentin wieder in die sprichwörtliche Mangel genommen hatten, vorbei und geradewegs in die Waffenkammer, und begann dort hin und her zu laufen. In ihr brodelte es, die Angst ist Wut gewichen. Das Implantat hatte sich praktisch in Luft aufgelöst. Es sah ungewohnt aus und ähnelte eher irgendeinem Teil des menschlichen Körpers. Sie wurde schneller, ohne dass sie es bemerkte.
    Normalerweise bestanden Implantate aus speziellen Verbundstoffen und Metallkomponenten, alles war so auf die Physiologie des Trägers ausgerichtet, dass ihm dabei möglichst wenig Schaden entstehen sollte. Das hieß natürlich nicht, dass nichts schief ging – und Schindluder wurde damit schon immer betrieben, man siehe sich nur die Terminus-Systeme an und was dort die selbsternannten Ärzte den Leuten einpflanzten. Dass dabei nicht noch mehr Irre produziert wurden lag ausschließlich daran, dass viele die Prozedur schlicht und ergreifend nicht überstanden – ein sich selbst regulierendes Aussiebverfahren. Der Rest starb in der Regel nur einige Zeit später, nach einem kurzen und meist von Gewalt geprägten Leben.
    Sie wird nicht an sich herum pfuschen lassen, denn die Einzigen, die das rückgängig machen konnten, die Ärzte in der Erebos-Station waren. Falls überhaupt. Tepec Aussage über die Lösung des Reaperproblems hörte sich endgültig an. Bessere Menschen... Von wegen! Sklaven triffts wohl eher zu. Damit darf Cerberus nicht durchkommen. Ihre Fäuste ballten sich. Ändern kannst du eh nichts daran, kamen ihr Trents kaltblütige Worte in den Sinn. Er hatte Recht. Sie sollte das Beste daraus machen und der Terrororganisation gehörig in den Arsch treten. Ein freudloses Lächeln blühte auf ihrem Gesicht auf. Schließlich hatte sie nichts zu verlieren. Und das... Nun, solche Gegner waren schon immer die gefährlichsten.
    Sie unterbrach ihre Marschroute. Wer war eigentlich für dieses Projekt verantwortlich? Sicherlich waren es nicht die Ärzte der Station gewesen, sie waren nur die ausführenden Organe. Jemand könnte ihr in dieser Hinsicht möglicherweise helfen. Dieser Jemand war natürlich Carter. Lyn. LYN! Reiß dich gefälligst zusammen!, schalt sie sich selbst in Gedanken.
    Mehrmals atmete sie tief durch um wieder runter zu kommen, aber so ganz wollte es nicht gelingen. Sie brauchte Ablenkung. Ihr Blick fiel auf die Werkbank. Jemand hatte den Werkzeugkoffer, der von Kahn in die Ecke gepfeffert worden ist, und dessen Inhalt wieder aufgesammelt. Sie schaltete die helle Lampe über der Bank ein, nahm sich einen Stuhl und setzte sich hin. Sie zog sich nicht mal aus, die Panzerung zu tragen war wie täglich Brot, die Rüstungsteile fühlten sich wie eine zweite Haut an. Mit einer eingeübten Bewegung löste sie die Messerhalterung ab, breitete sie auf der Tischplatte aus und zog die Klinge heraus. Links daneben legte sie die MP ab. Sie nahm aus dem Werkzeugkoffer ein Tuch heraus und begann Tepecs Blut grob abzuwischen, dann kam ein anderes Tuch zum Einsatz, weich und griffig, welches sie mit einem Spezialöl beträufelte. Hingebungsvoll rieb sie das Integralmesser ein. Das Blut ging gut ab, und jetzt konnte sie sich der eigentlichen Pflege der Waffe widmen. Sie richtete die Lampe so aus, dass sie in einem perfekten Winkel Licht spendete, und beugte sich tiefer über die Tischplatte. Sie vergaß alles um sich herum, völlig auf ihre Tätigkeit konzentriert.

    James landete den SUV in einer Gasse neben dem Haus. Den Kofferraum und vorsichtshalber den kompletten Innenraum hatte er mit einer Chemikalie eingesprüht, die jegliches Genmaterial vollständig zersetzte. Auch den Boden in der oberen Etage des Hauses hatte er vorhin mit dem Zeug präpariert, nachdem Aurix nach unten gegangen ist.
    Tepec war somit weg vom Fenster, und was die Keeper mit dem Inhalt ihrer Bottiche anstellten interessierte ihn nicht. Ihm reichte es zu wissen, dass von dort erfahrungsgemäß nie wieder etwas auftauchte. Zufrieden stieg er die Treppe hoch, wurde von Alter mit der Bemerkung begrüßt, dass hier in letzter Zeit ziemlich viel Durchgangsverkehr herrschen würde, woraufhin James die Augen verdrehte und die Wohnung betrat.
    Bis auf Grey waren alle im Wohnzimmer. Auf dem Couchtisch stand die viereckige, breite Flasche mit dem Dextro-Whiskey, die deutlich leerer geworden ist, der Ghost schien einen guten Zug zu haben. Wenigstens schlug sich sein Team nicht die Köpfe ein, das war ja schon ein Fortschritt. Er überlegte die ganze Zeit, wie er jetzt mit Grey umgehen sollte. Die Soldatin hatte tatsächlich Angst gehabt, etwas, was er so an ihr noch nicht gesehen hatte. Moment mal, das stimmte nicht ganz. Er war sich sicher, dass sie auch vor Lyn Schiss hatte, aber da war sie nicht die erste. Der Commander jagte vielen Leuten Angst ein. Er grinste schief.
    Aurix blickte zu dem fröhlichen Trent und meinte etwas verwaschen: "Alles erledigt?"
    "Sicher", entgegnete James und nickte schmunzelnd in die Richtung des Drinks in der turianischen Hand. "Übertreibs wieder nicht!"
    "Müssen wir heute noch irgendwo hin?", fragte Aurix genervt.
    Der Destroyer kratzte sich übertrieben nachdenklich im Nacken und verzog unmöglich das Gesicht dabei: "Ähhh... Nein!"
    Der Ghost winkte ab und James lachte, denn der Turianer stürzte den Inhalt des Glases herunter und füllte es sofort wieder auf. Das wird eine lange Nacht werden, oder aber eine sehr kurze, je nachdem, wie man es betrachtet. Und nun war es an der Zeit, sich um die wichtigen Belange zu kümmern: James Magen! Dieser wusste genau, was der N7er braucht. Schnurstracks stapfte der Destroyer in die Waffenkammer - und blieb in dem Türrahmen stehen, als er die Infiltratorin an der Werkbank bemerkte. Sie war dermaßen in ihre Arbeit vertieft, dass sie die sich öffnende Tür nicht wahrgenommen hatte. Erst als sich James nach etwa zwei Minuten Beobachtens räusperte, schaute sie hoch und wäre fast aufgestanden, besann sich dann aber eines besseren und blieb sitzen, sie nickte ihm nur zu.
    James erwiderte die Begrüßung und betrat den Raum. Die Angst in den Augen der Soldatin war weg, was er nun dort las war kalte Entschlossenheit. Wie es schien war es nicht notwendig mit ihr zu reden. Der Chief wirkte relativ entspannt, und die Hingabe, mit der sie die Klinge bearbeitet hatte, war fast schon bewundernswert. Für die Wartung der Waffen konnte er selten die richtige Geduld aufbringen.
    "Lass dich nicht stören", meinte er, zog aus einer Eingebung heraus das Typhoon und legte es auf dem Tisch ab, direkt neben Greys MP. "Es könnte etwas Zuwendung vertragen..."
    Grey betrachtete das massige Sturmgewehr mit hochgezogenen Augenbrauen und schaute zu dem Soldaten hoch, der allerdings schon an ihr vorbei ging und unterwegs die Panzerung auszog.
    "Sicher, Lieutenant!", warf sie spöttisch über die Schulter und wendete sich direkt James Schätzchen zu. Solche Waffen hatte sie nicht allzu oft vor sich, war ja mal eine nette Abwechslung. "Hmm", brummte sie unzufrieden, als sie die Einstellungen checkte. "Völlig verstellt. Was, zur Hölle, ist denn das?", schimpfte sie leise vor sich hin. Hinter ihr wurde der Spind leise quietschend aufgezogen, Sachen wurden darin verstaut, manchmal von einem saftigen Fluch begleitet, und dann stand Trent neben ihr mit einer schwarzen Cargohose und ebenfalls schwarzem T-Shirt bekleidet, die Eagle hing an seiner Hüfte.
    "Falls du Hunger hast, komm gleich in die Küche", sagte er grinsend und ging hinaus. Er spürte den bohrenden Blick der Soldatin in seinem Rücken.

    Gut gelaunt aktivierte der N7er das Omnitool und suchte nach passender Musik in seiner Playlist, etwas Schnelles und Gitarrenlastiges. Aus der Hosentasche kramte er einen Bügelkopfhörer heraus und stellte die Lautstärke ein, dann steckte er den Kopf in den Kühlschrank. Zuerst... Wo ist der Bacon? Haben die Söldner etwa...? Ach, da ist er ja! Welch ein Glück für die beiden Halunken. Er grinste in sich hinein und plünderte weiter den Kühlschrank.
    Er drehte die Musik lauter auf und begann mit dem Kopf im Takt zu nicken, während er in dem silbernen, zweiflügeligen Kühlschrank nach Butter suchte. Irgendwie suchte er immer nach der Butter - und Lyn lachte ihn immer dabei aus. Die Melodie mit pfeifend, kicherte er leise und schnippte mit den Fingern, als er das Gesuchte fand. Wie immer im Seitenfach, James!
    Ein paar schnelle, geübte Handgriffe, hier mal kräftig rühren, da etwas würzen und klein hacken – und kurze Zeit später backte eine schöne Omelette mit Tomaten, frischen Kräutern und diesem rötlichen, würzigen und überaus köstlichen Asari-Käse vor sich her. Neben der riesigen Pfanne brutzelte in einer kleineren der Bacon.
    James pfiff er noch lauter mit und beobachtete das Geschehen auf dem Herd mit knurrendem Magen. Was im Wohnzimmer vor sich ging interessierte ihn nur am Rande. Kochen bedeutete Entspannung für ihn und er ließ sich nur ungern durch etwas dabei stören.
    Ein Geruch breitete sich in der gesamten Wohnung aus, der einem das Wasser im Munde zusammen laufen ließ. James erhöhte geringfügig die Temperatur und nach einer Minute wendete er die Streifen. Er warf einen prüfenden Blick in die andere Pfanne. Noch ein wenig Geduld. Merkwürdigerweise konnte er beim Kochen sehr geduldig sein.
    Jetzt war alles fertig: der knusprige Bacon und die Omelette. James nahm sich eine große Portion und garnierte sie mit ein paar Speckstreifen, wobei er sich einen davon sofort in den Mund steckte. Lecker!
    Mit vollem Mund meinte er laut zu den anderen: "Keine Ahnung, wie es mit eurem Hunger bestellt ist, aber hier steht noch genug!" Er schluckte herunter. "Wenn ihr es nicht wollt, ess ich es schon auf!"
    Mit dem Teller und einer gut gekühlten Wasserflasche beladen lief er ins Wohnzimmer, setzte sich auf das Sofa und begann sofort das Essen in sich hinein zu schaufeln. Die Portion wurde augenblicklich kleiner, als auch Grey aus ihrer Versenkung auftauchte. Die Soldatin lief in die Küche. Na bitte... James lächelte in sich hinein. Grey nahm etwas von der Omelette – und verschwand wieder in der Waffenkammer. Amüsiert widmete sich der Destroyer wieder dem Essen.
    Do not turn away my friend! Like a willow I can bend. No man calls my name, no man came. So I walked on down away from you, maybe your attention was more than I could do. One man did not call. He asked me for my love and that was all!
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  8. #1048
    ...Nun... Avatar von plasma13
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    Währenddessen... Irgendwo in den Bezirken

    Der Cerberusattentäter war voll konzentriert. Seine Aufgabe glich einer Gratwanderung. Er war dabei eine Falle auszulegen und seine Beute war ein Raubtier, das mindestens genauso gerissen war wie er. Pia Lyn. Eine Person wie den Commander lockte man nicht einfach so in einen Hinterhalt oder trieb sie in eine Falle. Ein Raubtier erledigte man, indem man sich selbst zur Beute machte!
    Es musste perfekt sein. Zu viele oder zu deutliche Hinweise, und Lyn würde den Köder nicht schlucken, zu wenig und sie würde die Spur verlieren. Hier und jetzt konnte der Attentäter zeigen, was er wert war.
    Eine verschlüsselte und verschleierte Transmission, eine digitale Rechnung für einen Flug zur Citadel, ein gelöschter Verlauf in einem Router in einem Hotelzimmer, der lediglich zu 3% wiederhergestellt werden kann, ein Schwarzmarkthändler, der unter Gewalt den Kauf von speziellem Computerzubehör bezeugen kann, die Leiche der Person, die das Zubehör gekauft hat. Ein Büro, auf das man nur kommen kann, wenn man mühsam verkaufte Objekte mit getätigten Überweisungen vergleicht, was beim Immobilienmarkt auf der Citadel fast nicht zu bewerkstelligen ist. Aber all das würde nicht reichen, wenn er dem Raubtier nicht etwas Blut geben würde, damit der Jagdtrieb angeregt wird. Der Attentäter musste dafür etwas von sich preisgeben – seine Anwesenheit. Ein Fragment seines Fingerabdrucks. Die Allianz kannte zwar seine Identität nicht, dafür aber hatte sie bereits ein solches Fragment in ihren Datenbanken. So hatte der Attentäter auf der Leiche des Käufers etwas hinterlassen, was Lyns Alarmglocken aufheulen lassen würde.
    Es war der Moment, wo auch Lyn ihren wahren Gegner erkennen würde.
    Der Attentäter sah zur Seite zu einem Bildschirm, auf dem gerade eine Textnachricht einging. Der Attentäter atmete schwer auf. Chimäre. Er hatte einige Gefallen einfordern müssen, um dieses hochspezialisiertes Personal zu bekommen, aber nun hatte er drei Operatives, die Lyn den Kampf ihres Lebens bescheren würden...

    Seit einer geschlagenen Stunde beobachtete Lyn das mehrstöckige, dunkle Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite schräg rechts vor ihr.
    Sie hatte rein nach Intuition angefangen, nach etwas zu suchen. Oft genug war sie in der Rolle des Jägers gewesen, der nach und nach einen Gegner aus der Distanz heraus zermürbt. Ihre Erfahrung als Jäger half ihr nun einen Anfang zu suchen und tatsächlich hatte sie nach einiger Zeit einen Anfang gefunden. Es war kein richtiger Hinweis gewesen, mehr ein... Gefühl. Nur selten hatte ihr Gefühl sie getäuscht und so war sie nach und nach ihrem Gegner auf die Spur gekommen.
    Mühselig hatte sie Datenberge durchforsten müssen, aber als sie das Fragment eines Fingerabdrucks gefunden hatte, war sie sich endgültig sicher, auf der richtigen Fährte zu sein.
    Cerberus hatte einen ihrer schärfsten Hunde auf die Zwillinge gehetzt.
    Einige Male war dieser Attentäter Thema von Unterrichtungen durch den Allianzgeheimdienst gewesen, doch niemand hatte ein Bild oder mehr als einen Fingerabdruck.
    Behutsam war sie der Spur nachgegangen und stand nun hier beim vermeintlichen Unterschlupf des Attentäters. Lyn glaubte keine Sekunde lang, dort tatsächlich den Attentäter zu finden - aber Hinweise. Hinweise, was ihr Gegenspieler als nächstes vorhatte, welche Quellen er nutzte, welche Logistik er nutzte.
    Mit einem tiefen Atemzug schickte sie sich an, unbemerkt in den ehemaligen Sitz der Minengesellschaft einzudringen. Sie erkannte schon von weitem, wie der Komplex gesichert war. Unsichtbare Makromasseneffektfelder, die, sobald man sie betrat, zusammenbrachen und Alarm schlugen, Sicherheitsscanner der neuesten Generation, kaum aufzuspüren, und natürlich passive Systeme.
    An einer geeigneten Stelle blendete sie einen dieser passiven Scanner und musste den ersten Eindringversuch abbrechen, um nicht vorzeitig aufgeklärt zu werden.
    Am Ende fand sie sich aber in der leerstehenden Büroetage wieder. Geschützt durch ihre Tarnung sah sie auf ihre verschiedenen Scanner, aber am ehesten verließ sie sich in diesem Moment auf ihre natürlichen Sinne und horchte in die dunkle Stille. Mehrere Computer liefen und auch ein kleiner, aber leistungsstarker Server, ein paar Vorräte hatte sie auch schon ausmachen können.
    Sie schickte sich an ihre Position zu ändern, als es ihr klar wurde. Sie hatte nie die Rolle des Gejagten abgelegt. In Wirklichkeit war sie nie die Jägerin gewesen, die dem Attentäter immer näher rückte. Sie war die Beute geblieben und war ihrem Jäger fast schon bereitwillig in die Falle gegangen.
    Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass noch jemand hier war, aber sie war nicht alleine, das spürte sie.
    Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin, begann sie loszusprinten. Sie bekam gerade noch mit, wie etwas dort einschlug, wo sie gerade noch gestanden hatte. Noch immer getarnt brachte sie sich mit einer eleganten Hechtrolle in eine günstigere Position. Sie kannte keinen, der sich so an sie anschleichen konnte, ohne dass sie es bemerkte... außer.
    Ihre Tarnung brach zusammen und zeitgleich begann jemand auf sie zu schießen. Ihre Schilde leuchteten auf und verloren rapide an Stärke. Noch immer konnte sie keinen Gegner ausmachen, erwiderte das Feuer so gut es ging nach Gefühl und zündete eine Nebelgranate.

    Das Feuer hörte auf und im dichten Rauch verschob sich Lyn. Nun war sie im Vorteil. In der einen Hand ihre Pistole haltend, zog sie mit der anderen ihr Schwert und begann durch den Rauch zu schleichen und systematisch nach ihrem Feind Ausschau zu halten.
    Doch ihr Gegner wendete erneut das Blatt. Brummend erwachte die Klimasteuerung zum Leben und in Windeseile wurde der Rauch abgesogen.
    Lyn hörte ein leises Knirschen, leicht zu überhören, und hatte gerade noch genug Zeit das Schwert hochzureißen.
    Die Klinge ihres Feindes schlug ein wie ein Güterzug. Der Schlag kam derart wuchtig und überraschend, dass Lyn ihn nicht halten konnte. Instinktiv zog sie den Kopf zurück und wich vom Gegner weg, dessen Klinge aber dennoch eine heftige Kerbe in ihrem Visier hinterließ.

    Ein weiteres dieser leisen Geräusche neben und schräg hinter ihr ließ ihre Nackenhaare in Habachtstellung gehen. Die letzten Reste des Rauchs verschwanden und nun konnte sie ihre Gegner deutlich sehen. Es waren drei Cerberussoldaten. Keine gewöhnlichen Soldaten, wie das Abzeichen auf ihren Rüstungen verriet. Chimären!
    Lyn hatte nur Gerüchte von diesem Cerberusprojekt gehört. Selbst als sie dort war, hatte niemand etwas darüber gewusst, was über Gerüchte hinausging.
    Wenn es nach den Gerüchten ging, dann stand sie hier vor einem Gegner, der was Erfahrung, Ausbildung, Talent und Ausrüstung ihr in nichts nachstand und mindestens genauso viel konnte, wie sie selbst. Es war, als ob sie gegen sich selbst kämpfen müsste... und das drei Mal!
    Sie nahm eine tiefe Haltung ein, das Schwert auf Kopfhöhe und schräg haltend, und drehte sich ganz langsam, als die drei Chimären synchron zum Angriff übergingen.

    Nach einer knappen Stunde musste sich Lyn zum zweiten Mal zurückziehen.
    Die Angriffe erfolgten nicht gänzlich synchron. Die Chimären vervollständigten sich, arbeiteten als ein hervorragend eingespieltes Dreiergespann zusammen. Ob und wie, wenn überhaupt, sie miteinander kommunizierten, blieb Lyn verborgen – während des gesamten Kampfes verlor keiner der Angreifer auch nur ein Wort. Und sie waren mehr als gut ausgebildet, die Gerüchte gaben nicht mal ansatzweise die Wahrheit wieder. Ohne ihre Gegner aus den Augen zu lassen trat der Commander gezielt schießend den Rückzug an. Sie blutete aus mehreren Wunden, wobei sie die am Oberschenkel am meisten störte, auch wenn sie die Schmerzen schlichtweg beiseiteschob und die Panzerung die Versorgung mit notwendigen Mitteln erledigte. Auch Lyn hatte mehr als gut ausgeteilt, aber es war so, als ob die Söldner nichts davon mit bekämen. Einem hatte sie mehrmals ins Bein geschossen, aus kurzer Distanz, seine Schilde gaben kurzzeitig nach und sie sah, dass mindestens zwei Kugeln ihr Ziel fanden, aber er blieb gerade mal für eine Millisekunde stehen – um sogleich weiter zu machen. Wie eine verfluchte Maschine!
    Schnell ging sie die restliche Ausrüstung durch: drei Magazine, drei Nebel- und eine Blendgranate. Nicht viel, man musste halt damit arbeiten, was man hatte. Das Schwert musste sie zurücklassen, die Waffe blieb in der gepanzerten Schulter einer der Chimären steckten, und auch diese ignorierte die Verletzung einfach: der Cerberussoldat zog die Klinge mit einem Ruck heraus und warf sie im hohen Bogen weit hinter sich, und drosch ohne auch nur für einen Augenblick innezuhalten weiter mit seinem Schwert auf Lyn ein. Sie wich ihm mehrmals aus – aber da erwischte sie eine der anderen Chimären am Oberschenkel.
    Magazinwechsel, noch zwei.
    Diese stummen Kreaturen - das Wort Menschen traf wohl nicht mehr ganz auf sie zu – mussten neben einer intensiven Kampfkonditionierung auch umfangreich modifiziert worden sein, denn kein normal ausgebildeter Soldat bewegte sich dermaßen schnell und effizient, von einer Reaktionsgeschwindigkeit begleitet, die aberwitzig war. Trotz der schweren Panzerungen blieben sie erstaunlich beweglich und flink dabei. Instinktiv spürte Lyn, dass das tödliche Trio niemals aufgeben, nie von ihrer Beute ablassen wird.
    Magazinwechsel.
    Die Chimären folgten ihr, sie ließen ihr keine Zeit zur Ruhe zu kommen, hetzten sie regelrecht vor sich her, wie ein Rudel Wölfe einen Hirsch zuerst müde macht – um ihn anschließend in eine Ecke zu treiben, um ihn zu erlegen. Soweit dürfte es nicht kommen. Wenn Lyn hier bleibt, wird sie hier auch sterben, das wusste sie. Ein kaltes Lächeln kroch auf ihre Lippen und blieb dort kleben. Das wird nicht passieren, nicht heute.
    Sie schlich getarnt in ein Großraumbüro. An dem anderen Ende des Raumes führte ein Korridor auf die untere Etage – und am Ende des Flurs war ein Fenster. Dorthin musste sie, die schnellste Möglichkeit zum Entkommen führte tief nach unten.

    An einem Stützpfeiler aus blankem Beton blieb sie stehen. Die geladene Pistole in der einen und die scharf gestellten Granaten in der anderen Hand horchte sie in die Stille und das Dunkel hinein. Das kaum wahrnehmbare Rascheln der Chimärenpanzerungen, welches sie bisher ständig begleitet hatte, war nicht mehr da. Lyn kribbelte es im Nacken. Sie drehte sich um, behielt die halb geschlossene Tür, durch welche sie das Büro betreten hatte, im Auge, und zog sich weiter in die Richtung des Flurs zurück, als die Tür aufschwang. Eine der Chimären erschien für wenige Sekunden als ein dunkleres Schemen im Türrahmen und feuerte zuerst einmal und dann mehrmals hintereinander auf Lyns Position. Auf der Stelle wirbelte die Soldatin herum und rannte davon. Fast zu spät. Die Nebelgranate, die zuerst aufschlug, verschleierte die Aufschlagpunkte der nachfolgenden Splitter- und Brandgranaten. Der Mix explodierte mit einem ohrenbetäubenden Krach gerade mal drei Meter neben ihr. Ihre Schilde brachen zusammen. Zornig brüllte sie auf, als sich unzählige Metallfragmente, manche davon brennend, auf der gesamten linken Körperseite tief in sie hineinbohrten. Die Druckwelle erfasste und schleuderte sie gegen die Wand, wo sie reglos auf dem Bauch liegen blieb.

    "Wir haben sie", gab eine der Chimären von sich. Die Stimme hörte sich leidenschaftslos und blechern an.
    Die Cerberussöldner näherten sich Lyn vorsichtig. Einer von ihnen trat ihr mehrmals kräftig gegen die tiefe Beinwunde, und als keine Reaktion darauf erfolgte, richtete er seine Pistole auf die Frau, um ihr den Rest zu geben – aber da trat ihm der Commander die Beine weg, während sie gleichzeitig die Granaten hochgehen ließ. Er knallte der Länge nach hin, riss eine der anderen Chimären mit sich, während die Dritte herumwirbelte – nur um Lyns Kugeln ausweichen zu müssen. Der Typ verschwand im dichten Nebel, der mittlerweile alles um sie herum eingehüllt hatte. Die Blendgranate sorgte für etwas mehr Verwirrung, auch wenn es sich nur um ein paar Momente handelte. Das reichte. Lyn sprang mit Schwung auf, ihr Körper meldete, dass sie das gefälligst lassen sollte, was sie gepflegt außer Acht ließ. Getarnt rannte sie auf den Korridor hinaus. Zwanzig Meter. Sie hatte noch drei Projektile in der Kammer, sie fanden alle die dicke Scheibe am Ende des Flurs und ließen sie rissig werden. Der Commander biss die Zähne zusammen und beschleunigte – und warf sich mit der rechten Schulter voran gegen das Glas, das sofort nachgab.
    Sie stürzte in die Tiefe, weit kam sie allerdings nicht. Der freie Fall wurde ziemlich unsanft durch das Dach eines vorbei fliegenden Skycars beendet. Der Commander krallte sich in die hervorstehenden Teile der Karosserie fest, als der erschrockene Pilot das Steuer verriss und fast einen Unfall beim Versuch zu landen baute. Die Asari riss die Fahrertür auf, sprang hinaus, setzte zu einer Schimpftirade an und verstummte, als sie die auf sich gerichtete Pistole sah. Dass Lyn keine einzige müde Patrone mehr hatte, war bedeutungslos, denn die blaue Schönheit wurde blass, hob die Hände hoch und begann rückwärts zu taumeln. Dabei brabbelte sie immer und immer wieder "Bitte, bitte, töten Sie mich nicht!" vor sich hin.
    "Verzieh dich!", kam es heiser von Lyn, die sich vom Dach herunter wälzte und hinter das Steuer zwängte. Sitzen war keine gute Idee, aber sie musste sofort von hier verschwinden. Für einen Moment schloss sie die Augen.
    James.
    Das Triebwerk heulte auf und das Skycar schoss davon.

    Fundamente/ Sichere Wohnung

    Der Destroyer war bei seiner zweiten Portion, als er den halb aufgegessenen Teller abrupt abstellte, und wortlos aufstand. Sein Gesichtsausdruck trug keine Spur der Fröhlichkeit von vorhin mehr. Zielstrebig lief er in die Waffenkammer. Innerhalb einer Minute hatte er seine komplette Ausrüstung angezogen und ging zu der Werkbank.
    Aeona starrte ihm die ganze Zeit hinterher.
    "Bist du fertig?", fragte James mit rauer Stimme und deutete auf das Typhoon.
    Jetzt bloß nichts Falsches sagen, flüsterte ihr eine kleine, warnende Stimme im Hinterkopf zu. Sie ignorierte sie geflissentlich. "Was ist los?"
    Wenn Blicke hätten töten können, wäre sie mausetot, auf der Stelle.
    "Bist du fertig?", wiederholte James betont langsam. Seine Fäuste zogen sich zusammen bis die Panzerung laut knirschte.
    Grey schluckte und nickte.
    James nahm die Waffe und befestigte sie im Gehen.
    "Was ist denn los?" Aeona lief ihm hinterher, aber Trent reagierte nicht. "Verdammt... James!"
    Noch in dem kurzen Flur hielt er an und drehte sich zu ihr um, seine Augen blickten derart finster drein, dass Grey unwillkürlich einen Schritt zurückwich. "Was willst du?", zischte er.
    "Ich weiß, dass du uns nicht die ganze Wahrheit erzählst", begann sie hastig und hielt inne, als James die Distanz zu ihr überwand und sich vor ihr aufbaute. "Wir haben noch mehr Probleme, oder?", hackte sie trotzdem nach.
    James starrte auf die Infiltratorin herab. Die dunklen Augen blickten ernst zurück. "Das geht dich nichts an."
    "Wir sitzen alle in einem Boot...", gab sie leise zu bedenken.
    "Ich muss los", sagte James nach wenigen Augenblicken Stille, und verließ ohne noch etwas hinzuzufügen die Wohnung.
    "Ach, zum Teufel mit dir, Trent!", murmelte Grey und ging in die Küche. So wird das nie was... Er wird dir niemals vertrauen, gibt's auf! Sie hatte genug für heute, gönnte sich einen großzügigen Drink und gesellte sich zu den anderen. "Ihr wisst wohl auch nicht, wo unser Chef hin will?", fragte sie in die Runde.

    Bezirke/ Dr. R'ajahs Klinik

    Seitdem James bei Sela aufgekreuzt war, hatte er ganze drei Worte verloren. Sie lauteten "Wer war das?" und waren an Lyn gerichtet, die auf der Liege lag, während die Asari die zahlreichen Wunden versorgte.
    Der Commander hatte Schmerzmittel mit dem Hinweis abgelehnt, völlig klar bleiben zu wollen, sie ließ nur an der tiefen und langen Hiebwunde am Oberschenkel lokale Betäubung zu und ertrug mit stoischer Miene die gesamte Behandlung. Auch Lyn war schweigsam, nur ihre ruhigen Augen folgten dem Destroyer, der mit großen Schritten in dem Zimmer auf und ab lief. Nach einiger Zeit beruhigte er sich und als die Ärztin fertig war, bezahlte James sie trotz ihrer Weigerung und die beiden Allianzler machten sich unverzüglich auf den Weg in die Wohnung.
    Der Nachtzyklus ist angebrochen und die Praxis war nur notbesetzt, das Personal beschränkte sich auf eine Schwester, die Papierkram im Büro erledigte, und die wenigen Patienten hockten gelangweilt oder dösten solange in dem Warteraum, bis Sela sie höchstpersönlich aufrief. Niemand hatte ihr Kommen und Gehen richtig wahrgenommen.
    "Du hast schon mal besser ausgesehen!", meinte Trent ironisch, als er sich hinter das Steuer des SUVs setzte und darauf wartete, dass Lyn einstieg. Ihre Panzerung voller Risse, Kerben und ausgefranster Löcher war größtenteils schrottreif.
    "Danke James, ich hab dich auch lieb!" Sie lächelte schief. "Hör auf!"
    "Womit?" James startete das Triebwerk und das Skycar stieg flüssig nach oben.
    "Du kannst die Typen nicht haben, die gehören mir!" Das Lächeln wurde breiter.
    James warf Lyn einen zweifelnden Blick zu. "Du hast sie nicht mehr alle, hab ich dir das schon mal gesagt?"
    "Jaaa, so an die paar hundert Mal!", entgegnete der Commander und streckte sich in dem Sitz aus. "Ich muss endlich mal ausschlafen..." Sie gähnte ausgiebig.
    James aktivierte ein kleines, tragbares Störgerät, welches ihre Unterhaltung in ein nicht dekodierbares Rauschen verwandelte - einfach, aber effektiv. "Bist du sicher, dass dir niemand gefolgt ist?"
    "So sicher, wie man nur sicher sein kann", entgegnete Lyn kryptisch. Sie ist auf Umwegen in Selas Klinik gelangt, was eine übliche Vorsichtsmaßnahme darstellte. Völlig sicher war man nie.
    "Wer war das?"
    "Chimären", meinte Lyn nach wie vor lächelnd.
    "Wie bitte?" James starrte die Soldatin mit hochgezogenen Augenbrauen an, bevor er wieder auf den Verkehr Acht gab.
    "Wie? Du kennst die Gerüchte nicht?", fragte Lyn ehrlich erstaunt und setzte sich halbwegs gerade hin. "Echt nicht?"
    "Was? Ach, verdammt!" James lenkte das Skycar zwischen zwei hohen Bürogebäuden hindurch und steuerte einen Tunnel an, von nun an dürfte es jedem in der unübersichtlichen Architektur der Bezirke schwer fallen, ihnen zu folgen. "Natürlich hab ich die Gerüchte gehört! Das hat doch jeder. Aber es sind wohl keine... Gerüchte. Nicht mehr."
    Lyn wurde ernst. "Nein. Die drei Typen..."
    "Drei? Komm schon Lyn, gib mir einen ab!", bettelte James breit grinsend, was ihm einen scharfen Blick der Soldatin einbrachte. "Ok, ok, ich hör schon auf!"
    "Alle Daten, die ich kriegen konnte, hab ich. Ich finde sie", sagte Lyn bestimmt.
    "Davon bin ich überzeugt", meinte Trent achselzuckend.
    "Sie waren wirklich gut, James." Kurz umriss sie die Fähigkeiten, den Kampfstil, die Bewegungsabläufe, die Bewaffnung und noch diverse andere Charakteristika der Chimären.
    James unterbrach den Commander nicht mehr, sondern lächelte verträumt vor sich hin, bis Lyn zu Ende gesprochen hatte. Er stellte einige fachmännische Fragen und meinte abschließend: "Hört sich nach einem wahrlich würdigen Gegner an!"
    Lyn nickte. "Dahinter steckt jemand anders." Sie erzählte von den Hinweisen und dem Fingerabdruck.
    "Hm", kam es nachdenklich von James. "Damit hat er dich gekriegt. Er wusste, dass diese Spur unwiderstehlich für dich ist."
    Abermals nickte Lyn. "Exakt."
    "Cleveres Kerlchen, dieser Agent", sagte James anerkennend. "Aber früher oder später wird er einen Fehler machen."
    Lyn lächelte.
    Bis zu der Ankunft an der Wohnung schwiegen die beiden Soldaten, wie es oft der Fall war.
    Geändert von plasma13 (16.06.2015 um 11:49 Uhr)
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  9. #1049
    Toss a coin... Avatar von Drellinator92
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    Nach einer kleinen Weile, fand sich Skarr vor dem Huerta Memorial Krankenhaus, dort hoffte er, ein künstliches Auge zu bekommen, damit er wieder auf seiner linken Seite sehen konnte.

    Vor dem Eintreten musste er noch Knirsch irgendwo fest anbinden, "Vorzugsweise an einem Baum, diese Gegenstände hier sind einfach zu dünn, um einen Varren stillzuhalten, typisch Citadelhandwerk, die können auch gar nichts für Kroganer oder Varren bauen." meckerte Skarr vor sich hin.

    Dann fand er eine Buche, die in der Nähe des Krankenhauses wächst, dort band er auch Knirsch fest. Mitleidig sprach Skarr zu Knirsch " Schau mich nicht so an, Citadel ist eben nicht so ein Raumschiff, wie unser Frachter. Ich muss dich hier draußen festbinden, irgendwas wegen dem Krankenhaus. Mach keinen Ärger!" meinte Skarr zu Knirsch, der aber nur mitleidig zurück jaulte.

    Alleine betrat Skarr das Huerta, anfangs bekam er mit, wie voll das Krankenhaus mit Patienten ist. "Oh verdammt, das sieht ja mal garnicht gut aus, diese verdammten Reaper" meinte Skarr knurrend, als er die vielen Kriegsverletzten sah. Trotzdem versuchte er sich, seinen Weg zur Rezeption zu bahnen. Als er dort ankam, fragte er vorsichtig "Ähm... Entschuldigung?" sofort drehte sich eine, sichtlich schöne und auch sichtlich überarbeite Asari den Kopf und meinte etwas gereizt " Jaaa? Ja Bitte?" Dabei sah sie ihn an und er sprach " Mir fehlt nichts, außer einem Auge, Kriegsverletzung..." weiter kam er nicht, denn unsanft kam von ihr " Augenarzt Dr. Trugz Kabine 8"

    So ging Skarr zu eben genannter Kabine und wartete dort auf den Doktor. "Hmm, verdammt, wofür kämpfen wir, wenn es soviele Opfer schon gibt? Halt, daran darf ich gar nicht denken, wir werden sicherlich irgendwie gewinnen, irgendwie...." weiter kam er schon wieder nicht, denn er wurde von einem Salarianer besucht, der sich ihm als Dr. Trugz vorstellte.

    Lauwarm erzählte ihm Skarr alles, was der Doktor wissen musste, nämlich nur das er ein künstliches Auge bräuchte. Der Doktor gewährte ihm diesen Wunsch, nachdem er Bezahlt wurde. So musste sich Skarr zuerst überwinden und die Narkose trinken, wodurch ihm seine Beine versagten und er auf irgendwas weichem fiel, er konnte noch verschwommen sehen, wie er von drei Salarianern und zwei Menschen zum OP-Saal gebracht wird, dann kamen noch zwei Menschen dazu, dann verlor Skarr die Besinnung...

    Nach mehreren Stunden wachte Skarr im Aufwachraum auf, Skarr traute sich nicht, etwas wegen seinen Schmerzen zu jammern, denn er sah, dass seine Bettnachbarn noch schlimmer dran waren. Also schwieg Skarr und er sammelte seine Kräfte, bis ein Turianer zu ihm kam und merkwürdig freundlich "Na? Geht's ihrem Auge besser?" Skarr dachte nur in sich Na klar, Holzkopf, wie solls einem mechanischen Auge gut gehen?" doch er machte lieber gute Miene zum bösen Spiel "Aber ja doch, jetzt kann ich auf zwei Seiten sehen." meinte Skarr ebenso freundlich wie der Turianer.
    Der Turianer meinte dann immernoch freundlich "Sehr gut, sehr gut,sie können gleich gehen unsere Kapazitäten sind erschöpft und deshalb können wir ihnen keine Zimmer zuweisen."

    Erfreut richtete sich Skarr auf und verließ den Aufwachraum mit dem Turianer, um seine Sachen zu holen. Dabei fragte Skarr den Turianer "Wie lange dauert noch meine Betäubung?"
    Der Turianer meinte nur erfreut "Ohoho, sie müssen noch 4-6 Stunden ruhigbleiben, damit ihre Betäubung abklingt."

    "Okaay" meinte Skarr erleichtert, er nahm seine Sachen und verließ das Huerta und band Knirsch vom Baum mit den Worten "Na? Hast du mich vermisst, alter Freund?" Dann verließen beide das Gebiet um das Krankenhaus herum.

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    Wie Feuer... Avatar von Milky_Way
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    Präsidium, Büro von Major Kirilow, Allianz-Geheimdienst

    Die Tür glitt zischend auseinander.
    "Ich sagte doch, ich will nicht gestört werden!", meinte Kirilow unwirsch, ohne den Kopf von dem Datenpad zu heben, welches er gerade studierte. Kostenaufstellungen waren nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung. "Das interessiert mich nicht!", bekam er zu hören und sah daraufhin auf. Diese beleidigende Stimme gehörte natürlich nicht zu seinem Assistenten.
    "Lieutenant Russo..." Kirilow seufzte unhörbar. Der leitende interne Ermittler stand kurz im Türrahmen, bevor er den Raum mit ausschweifenden Schritten betrat und sich ungebeten in den Stuhl vor dem Schreibtisch setzte. "Was verschafft mir die Ehre?" Der Major machte sich nicht mal die Mühe, die Ironie zu verbergen.
    Russo warf mit einer abwertenden Geste ein Pad auf die Tischplatte. "Hier, lesen Sie! Dürfte Sie brennend interessieren", forderte er Kirilow auf.
    Der Major überflog die Daten und biss die Zähne aufeinander. Er las den Akteneintrag nochmal durch, langsamer diesmal, und starrte den Ermittler finster an.
    "Wo befindet sich Lyn?" Russos Stimme war schneidend.
    "Ich weiß es nicht", entgegnete der Major wahrheitsgemäß und sah, wie die Kiefer seines Gegenübers mahlten.
    Russo wusste genau, dass dies der Wahrheit entspricht, schließlich wurde Kirilow genauso beobachtet wie Lyn. Trent sollte ebenfalls überwacht werden – wenn er denn auffindbar wäre. Der Destroyer ist untergetaucht. Man versuchte natürlich, ihn über das Omnitool zu orten, das Signal führte zu einem billigen Stundenhotel in den unteren Bezirken, wo Trents Omnitool hinter dem Bett gefunden wurde. Die Omnitools von Lyn und dem toten Ermittler wurden in einer Gasse in den Bezirken gefunden. Aber davon wusste Kirilow nichts. Seitdem die Sache mit seinen beiden Spec Ops aufgeflogen ist, verhielt sich der Major unauffällig. Zu seinem Glück: sollte er irgendwelche verdächtigen Aktivitäten entwickeln, wäre er genauso dran, wie seine Leute.
    Kirilow warf einen weiteren Blick auf Russos Datenpad. Ein Haftbefehl wegen Mordes, ausgestellt auf Lieutenant Commander Pia Lyn. Der Mann, der sie beschattet hatte, wurde tot aufgefunden, mit aufgeschlitzter Kehle, neben der Leiche lag ein blutiges Kampfmesser, welches dem Toten gehörte – und auf dem Griff wurden Lyns DNA-Spuren sichergestellt. Kirilow kannte den Commander lange und gut genug um zu wissen, dass sie keinerlei Skrupel hatte, eigene Leute zu töten, wenn es notwendig war. Warum sie es als nötig erachtet hatte den Mann zu beseitigen erschloss sich dem Major allerdings nicht, ohne einen triftigen Grund brachte der Commander keinen um. Lyn kannte genug Methoden, um sich praktisch in Luft aufzulösen, ob mit funktionierender Tarnvorrichtung oder nicht. Kirilow war sich sicher, dass etwas faul an der Geschichte war, aber er hielt besser seinen Mund. Die beiden Soldaten hatten schon genug Probleme, auch ohne wilde Spekulationen seinerseits.
    "Wenn Sie etwas von ihr hören sollten, oder von Trent, melden Sie es unverzüglich. Habe ich mich klar ausgedrückt?" Der Ermittler erhob sich und schaute zu Kirilow herunter. Sein Blick war herablassend.
    "Natürlich, Russo. Sonst noch was?" Kirilow nahm sein Pad wieder in die Hand, als Zeichen dafür, dass die Unterredung beendet ist.
    "Halten Sie sich zur unserer Verfügung bereit, Kirilow. Und wehe, wenn ich Sie dabei erwische, dass Sie den beiden zu helfen versuchen. Ich weiß ganz genau, dass Trent und Lyn mehr für Sie sind, als bloße Untergebene. Sollte das eintreffen, wandern Sie in den Bau. Augenblicklich." Mit diesen Worten verließ Russo das Büro.
    "Du verblödeter Bürohengst...", brummte ihm der Major hinterher. Er legte das Pad wieder ab und atmete tief durch. Er aktivierte seine Konsole und schickte einen kurzen Code an August. Das sofortige Treffen, um das Kirilow damit bat, wird, wie immer, ungestört stattfinden, dafür sorgte Wolfs Team schon. Nach nicht mal fünf Minuten kamen schon die Koordinaten bei ihm an, verschlüsselt selbstverständlich. Kirilow merkte sich den genauen Ort, löschte die gesamte Korrespondenz mit einem von Salarianern entwickelten Programm, das auch die geringsten Datenspuren beseitigte, schaltete alles ab und versiegelte die Türen hinter sich. Seinen Mitarbeitern sagte er bloß, dass er etwas erledigen muss. Da er öfters während der Arbeitszeiten sein Büro verließ, war es nichts Außergewöhnliches.


    Bezirke/ Serpent-Nebel

    Augusts Team, ein Teil von ihnen in ziviler Kleidung, um sich problemlos unter das Volk mischen zu können, sorgte dafür, dass der Schatten, der an Kirilows Hintern klebte, kurzfristig verhindert wurde.
    Schon von Weitem erkannte der Major Naz, die hochgewachsene Turianerin, und eine der besten Scharfschützen in Wolfs Rudel, und Augusts Kom-Spezialisten, einen riesigen Kerl, der von allen nur 'Fury' genannt wurde, weil er so ein ausgeglichenes und sonniges Gemüt hatte. Die beiden Söldner standen an den gegenüberliegenden Seiten der schmalen Straße und beachteten Kirilow nicht, sondern setzten sich in Bewegung, sobald er zwischen ihnen hindurchgegangen ist.
    Jetzt fing das Schauspiel an: Ein heftiger Zusammenstoß, eine aufgebrachte turianische Frau, die sich über das rüpelhafte Benehmen dieser verdammten Menschen immer mehr aufregte – und eine schnell wachsende, neugierige Menge aus diversen Spezies, darunter einige Leute von Wolf. Der Ermittler der Internen versuchte zwischen den immer enger zusammenrückenden Körpern durchzukommen. Keine Chance. Der Allianzler reckte den Hals, suchte hektisch nach Kirilow, und wollte sich an diesem großen Salarianer, der ihm den Weg versperrte, hindurchzwängen. Der Alien trat einen Schritt nach hinten und rammte dabei seinen gepanzerten Ellbogen genau in die Rippen des Ermittlers, der aufkeuchte und zusammenklappte.
    Sofort drehte sich der Salarianer um: "Verzeihen Sie, ich habe Sie nicht bemerkt!" Dag beugte sich zu dem Ermittler, der sich die linke Seite hielt. "Geht es Ihnen gut?"
    Der Ermittler winkte nur ab, starrte in das dunkle Helmvisier und murmelte: "Passen Sie das nächste Mal besser auf!"
    Der Salarianer legte den Kopf schief und musterte den Mann eindringlich. "Sicher", meinte er langgezogen und drehte sich wieder zu Naz und Fury um, die immer lauter stritten. Ein kleines Lächeln umspielte seine dünnen Lippen. "Ziel außer Gefecht gesetzt", gab er an Wolf durch.
    "Verstanden. Ich sehe Kirilow schon", kam es leicht knisternd von August. "Gute Arbeit."

    Der Ermittler zog sich zurück, um sich zu sammeln, und lehnte sich gegen eine Häuserwand an. Kirilow hatte er verloren. Nicht gut, sein Chef wird ihm die Hölle heiß machen. Russo betrachtete diesen Auftrag als eine persönliche Herausforderung. Schon immer war ihm der Geheimdienst ein Dorn im Auge. Dieses sich nicht an die Regeln halten müssen. Das war wie bei den Spectres, auch diese dürften ihre Jobs nach Belieben erledigen. Ob dabei Unschuldige umkamen, Gesetze gebrochen wurden, oder einfach barbarische Methoden an den Tag gelegt wurden, war völlig irrelevant, nur das Ergebnis zählte. Der Ermittler schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Er wird es Russo melden müssen. Die beiden Streithähne wurden immer lauter. Der Ermittler verzog das Gesicht, gleich wird hier noch die C-Sec auftauchen, wenn es so weiter geht. Er aktivierte das Omnitool.
    "Russo hier", knisterte es an dem Ohr des Ermittlers.
    "Kirilow ist verschwunden", meinte der Mann und wartete auf das Donnerwetter. Etwa zwei Sekunden lang.
    "WAS?!"
    Fast riss sich der Ermittler den Hörer aus dem Ohr, so laut war Russo. Er drehte die Lautstärke herunter. "Ich war hinter ihm, aber hier gibt es eine Schlägerei..."
    Dies entsprach auch der Wahrheit: Naz und Fury kämpften tatsächlich miteinander.
    "Interessiert mich einen Scheißdreck! Finden Sie ihn!", brüllte Russo ungehalten.
    "Wie denn, verdammt nochmal?! Zaubern kann ich auch nicht!", schrie der Ermittler empört zurück.
    Einen Moment war es still, bis Russo sich erneut meldete: "Es wird etwas dauern, bis mir die Genehmigung für die Überwachung von Kirilows Universalwerkzeug vorliegt. Ich melde mich gleich bei Ihnen."
    Der Ermittler atmete erleichtert und unhörbar auf. Russo hatte sich relativ schnell wieder gefangen und handelte ebenso schnell. Das war seine Stärke. "Verstanden, Sir. Ich warte."

    Der Major bog in die Gasse ein und sah nach wenigen Metern schon die Landebucht. August wartete an der Luke angelehnt, löste sich sogleich von der Wand und sprang in das Schiff.

    Kirilow lehnte sich zurück. Sein Blick verlor sich in dem diffusen Nebel um das Shuttle herum.
    "Alles deutet darauf hin, dass Lyn ihn getötet hat", meinte August.
    "So eine Scheiße!", fluchte Kirilow. "Gibt es keine Überwachungsbänder? Zeugen? Sonst was?"
    Der Große Wolf schüttelte verneinend mit dem Kopf. "Es gibt eine Kamera in der unmittelbaren Nähe des Tatorts, aber sie war blind zum Zeitpunkt des Mordes." Er schwieg einen Augenblick und fügte hinzu: "Du weißt ebenso gut wie ich, dass Lyn keine Probleme damit hat, eine Kamera außer Gefecht zu setzen."
    "Ja, ich weiß", bestätigte der Major. "Aber eines hätte sie niemals getan: Spuren zu hinterlassen! Und die Interne hat nicht nur die Tatwaffe, sondern auch Lyns DNA." Langsam aber bestimmt schüttelte er den Kopf. "Nein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es war. Ich denke, Cerberus reicht es nicht, Lyn und James zu kompromittieren. Ich denke, sie wollen sie ein für alle Mal aus dem Verkehr ziehen. Endgültig."
    "Wundert dich das?", fragte August, wobei sein Ton irgendwo zwischen Sarkasmus und Melancholie oszillierte. Auch wenn er keine Details über die Arbeit von James und Lyn kannte – zu seiner eigenen Sicherheit, wie er zu sagen pflegte – so wusste er dennoch genug. Die beiden N7er gerieten häufig in Konflikte mit der Terrororganisation, fast so, als ob sie sie gezielt suchen würden. Er würde darauf wetten, dass genau das zutraf.
    "Nein", seufzte Kirilow. "Bring mich zurück, August. Wir wollen die Interne nicht noch mehr reizen."
    "Keine Sorge", beruhigte August den Major und grinste schief. "Wenn du im Gefängnis sitzt, komme ich dich besuchen!"
    Kirilow blickte seinen Piloten von der Seite an und zog zweifelnd eine Augenbraue hoch: "Wie überaus liebenswürdig von dir..."
    "Du kennst mich ja!", lachte der Söldner rau.
    "Ja. Lange genug", meinte Kirilow und lachte mit.
    "Bald sind es fast 15 Jahre." Wolf hörte auf zu lachen, lächelte aber weiter.
    "Warum hast du nochmal die Allianz verlassen?", fragte der Major unvermittelt. Die Antwort kannte er natürlich bereits.
    Das Lächeln des Ex-Soldaten verschwand. August wurde gebeten zu bleiben, er wollte aber nicht. Nach seiner ehrenhaften Entlassung widmete er sich lieber dem, was er schon immer gut konnte: Taten sprechen zu lassen. Die Bürokratie innerhalb der Allianz konnte nervtötend sein. Wolf wollte auf eigene Faust arbeiten, nach seinen Methoden, mit Leuten, die bedingungslos loyal waren und die er sich aussuchen dürfte.
    "Ich könnte dich an meiner Seite gebrauchen, August", meinte Kirilow leise.
    Wolfs Finger flogen über die Holonavigationskontrollen, das Shuttle beschrieb eine weitläufige Kurve und näherte sich der Citadel. "Ich darf nicht mehr tun, als ich schon tue, das weißt du. Sonst kriege auch ich Probleme. Das werde ich nicht zulassen."
    "Ja, ich verstehe dich durchaus, es ist nur...", brach der Major ab.
    Augusts Antwort ließ kurz auf sich warten. "Du weißt, was die beiden können. Du kennst sie. Sie werden es schon schaffen. Wie immer." In seiner Stimme lag eine Überzeugung, die unerschütterlich klang. "Und sie stehen nicht alleine da, vergiss das nicht."
    "Ja", meinte Kirilow, wobei nicht klar war, worauf sich seine Worte genau bezogen.
    Das Shuttle setzte zur Landung an. "Ich werde dich auf dem Laufenden halten." Wolf ließ das Schiff ganz behutsam aufsetzten und stellte den Antrieb ab. Er streckte die Hand aus und drückte Kirilow eine Datendisc in die Hand. "Ein neuer Code für dich. Vorsichtshalber. Präge ihn dir gut ein."
    Der Major schmunzelte: "Ich kenne die Prozedur, Wolf."
    August lächelte und nickte: "Natürlich."

    Kirilow stieg aus und steuerte ein kleines Café an. Er setzte sich an einem der Tische, bestellte schnell etwas und tat so, als ob er ein Datenpad lesen würde.

    Der Ermittler erhielt soeben den Code und startete seine Suche. Er konnte sein Glück kaum fassen: Kirilow war nur eine Straße weiter. Zügig lief er los – und da war der Major schon. Der Ermittler öffnete einen Kanal zu Russo: "Das war einfach."
    "Haben Sie ihn also wiedergefunden?"
    "Ja, er trinkt Kaffee und isst Kuchen", meinte der Ermittler amüsiert.
    "Bleiben Sie an ihm dran!" Russo kappte die Verbindung.
    Der Ermittler stellte sich in einen Hauseingang, um dem Major dabei zuzusehen, wie dieser genüsslich einen Asari-Schokoladenkuchen verspeiste.

    ME-MPFRPG Charaktere:
    Aeona Grey, Infiltratorin
    Aurix Hellon, Ghost
    James TrenT, Destroyer
    ME-FRPG Charaktere:
    Nadeschda W. Sokolowa, mittlerweile Ex-Patientin der Asylum

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