Hier ein Werk das ich zusammen mit General-Osiris geschrieben habe, bei einem unserer Treffen - zugegeben meist im alkoholinduzierten Zustand. Wer keinen Spaß an Nach-Weltuntergang-Mehr-oder-Weniger-Sifi-Pulp-Fiction-Black-Lagoon-Geschichte hat, der sollte es klar nicht lesen....
Und sicherlich FSK16
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Am Rückspiegel schaukelten die kleinen bunten Figürchen aus japanischer Produktion jedes mal wild hin und her wie ein Wackel-Elvis als der schwere militärische Mercedes GTK über das Eis donnerte.
Lily fühlte die Erschütterungen wenn sie in den Sitz zurück gepresst wurde. Der Autopilot gab sich reichlich Mühe zu heftige Schläge abzumildern, aber selbst die beste Technik hatte so ihre Schwierigkeiten mit den stahlharten Eisbrocken.
Gekonnt und ohne Zwischenfälle balancierte sie die Porzellanschüssel mit den Frootloops auf ihrem Schoß, während die Telemetrie und das Navigationssystem des Wagens sich an das Heck des schweren, gigantischen Truppentransporters gehängt hielt. Nach einem Schluck aus dem Dosenbier schüttete sie einen neuen Schub des kühlen Gerstensaftes in die Schüssel um dann einen neuen Löffel davon in den Mund zu schieben. Hinter ihr hörte sie Miss Marple genüsslich einen der Heringe verschlingen, die ihr Liliane zuvor hingestellt hatte.
Miss Marple war ein junger aber fast ausgewachsener Kaiserpinguin, den Liliane aus einem der Gentechnologie Labore aus Tripolis geklaut hatte - befreit hatte. Sie ragte inzwischen schon über einen Meter zehn in die Höhe. Marple trompetet fröhlich vor sich hin. „Fihi-sch. Gu-hut.“
Lily drehte den Kopf und blickte über die Rückenlehne, des ergonomischen pinken Ledersitz. „Schmeckt‘s?“ fragte sie die Kleine. Miss Marple hob den Kopf legte ihn auf eine Art schief wie es nur ein Vogel konnte und nickte dann so schnell das ihr langer spitzer schwarzer Schnabel kaum zu sehen war. „Ja-ah.“ trötete sie und schlug mit den Flossen zusammen, bevor ein neuer Hering dran glauben musste.
Lily blickte wieder nach vorne und schütte sich den Rest ihres Frühstücks in den Mund, kaute den matschigen Cornflakes-Bier-Brei um ihn dann zu schlucken. Dann klappte sie das Mikrophon wieder an ihren Lippen von dem Headset das sie trug.
„Jungs?“
„Was gibt‘s, Kitty?“, brummte derweil Alex, der gemeinsam mit Sasha in dessen Ungetüm von APC durch die unendliche Eiswüste pflügte, in das Mikro seiner Ohrenschützer.
„Ist dir dein... ‚Bier‘ ausgegangen?“ Er warf einen amüsierten Blick hinter sich, wo eine ganze Kiste eines Biers aus seinem Heimatland stand, dem einzig wahren Bier, wenn es nach ihm ging.
„Ärger sie nicht“, lachte Sasha über seine Schulter zu dem Deutschen, „ich möchte ohne Kratzer im Lack ankommen.“
„Wo wir gerade von Kratzern im Lack sprechen: warum zum Teufel fahren wir nochmal an den sogenannten Arsch der Welt, den manche Leute hier ihre Heimat nennen?“
Alex gab sich gar nicht die Mühe, zu antworten, sondern legte lediglich einen Schalter neben dem Funkgerät um und erhob sich aus dem Beifahrersitz. Wagners Ritt der Wallküren ertönte so laut, dass kaum noch das Knirschen der Reifen zu hören war.
„Ich kann dich leider nicht verstehen, Fräulein“, rief er überzogen laut ins Mikro, wobei ihm durchaus klar war, dass Wagner ganz und gar nicht den Geschmack der rothaarigen Schottin traf und sie mit ihren neonpink lackierten Fingernägeln wohl gerade den Schaltknüppel ihres GTKs zerkratzte. Er hingegen genoss es. Mit geschlossenen Augen spielte er an der elliptischen Erkennungsmarke herum, die um seinen Hals baumelte. Wie so vieles, das er trug, war es ein Überbleibsel, ein Relikt aus seiner Armeezeit. Bevor der Klimawandel die Nationen und damit die Ordnung der Welt in die Knie zwang, war er ein deutscher Gebirgsjäger gewesen, genauer gesagt ein frisch beförderter Leutnant. Noch heute zierten Tattowierungen seinen Körper, die davon zeugten: hier und da ein Edelweiß, Sprüche und Mottos, die ihn und seine damalige Einheit in ihren Einsätzen begleitet hatten und diverse andere Motive, die einen Großteil seines Körpers bedeckten. Stumm schmunzelte er über die Tatsache, dass er diese Zeichen noch immer mit Stolz trug, obwohl es die zugehörigen Organisationen gar nicht mehr gab.
„Sasha, ich geh raus, eine rauchen, also begrenze die Kurven auf ein Minimum, ja?“
„Alles klar, Alex.“ Der Russe des Teams, dem auch der APC gehörte, in welchem Alex sein Quartier hatte, war als einziger ein militanter Nichtraucher (Jackson, der Amerikaner, war zwar gerade dabei, aufzuhören, doch das probierte er noch nicht lange genug, um eine Prognose abgeben zu können), der es den anderen verbot, in seinem Wagen zu rauchen. Alex packte sich einen der weißen Fleece-Pullover und ging zu einer der Ausstiegsklappen. Die Hosenträger baumelten dabei lose herab, er machte sich gar nicht die Mühe, sie sich für die paar Minuten überzuziehen, denn länger wollte er es bei der verfluchten Eiseskälte da draußen auch nicht aushalten. Der Fahrtwind pfiff ihm nur so um die Ohren, als die Hydraulikarme zischend die Luke öffneten und dem Deutschen freien Blick auf einen wolkenlosen Himmel boten. Mit zwei Handgriffen war er nach draußen geklettert, ein weiterer und der Reißverschluss seines Rollis war ein Stück weit enger um den granitfarbenen Schal gezogen. Es war höllisch kalt, aber was nahm man nicht alles auf sich, um den nächsten Schuss abzukriegen? Gekonnt fischte er eine Zigarette aus dem Softpack heraus, während er mit der anderen Hand das Sturmfeuerzeug aus der Hosentasche zog. Die Streichhölzer konnte man bei dem Fahrtwind eh vergessen. Gerade als er sich seine Zigarette anzündete, steuerte hinter den APC ein Geländebuggy, dessen weiße Karosserie mit pinken Sternen verziert war - nein, eher verschandelt war, aber das war nur Alex‘ persönlicher Eindruck. Mit einer schnellen Bewegung aus dem Handgelenk machte er das Feuerzeug wieder aus und verstaute es wieder. Nach einem Zug nickte er schließlich dem Buggy zu und deutete einen lässigen Salut an.
Lily knurrte und riss sich das Headset von den Ohren. Was wenig half, da Miss Marple an dem Halsband ebenfalls eine Art Freisprecheinrichtung hatte, die weiterhin den Ritt der Valküren posaunte. Die Schottin zischte und wechselte den Funkkanal nur um zu realisieren das auch auf diesem das Stück lief.
Also gut, sie griff mit der freien Hand nach einem der Drehknöpfe auf dem Amaturenbrett und regelte die Lautstärke herunter. „Blöder Kraut.“ murrte sie und sah sich zu Miss Marple um. Die ein leidendes Gesicht machte und sich in ihr, am besten traf es das Wort Nest, zurück zog. Watschelnd wenn auch nicht so ungelenkig wie ihre Verwandten in freier Wildbahn.
Der Pinguin hatte sich recht schnell in dem Geschützturm eingerichtet ohne lange zu fragen. Vermutlich gefiel ihr die Enge und die Tatsache das es dort mit am kühlsten im Wagen war. Denn das schwere 30mm Geschütz auf dem Dach, sowie das darüber montierte 50 Kaliber auf dem Wagen, brauchte reichlich Luft- und Wasserkühlung. Die Miss trompetete etwas das Lily nicht verstand und beschloss es mit ihrer eigenen Musik zu übertönen, was der Deutsche ihnen da gerade antat. Hello Mary Lou gab sich die Ehre, als sie ihr eigenes Soundsystem anwarf und vom Autopiloten die Steuerung des Schützenpanzers wieder übernahm.
Über die externe optische Sensorik konnte sie erkennen wie Alex aus dem APC durch eine der Luken oben auftauchte. Er musste wohl wieder seiner krankhaften Sucht nach Zigarette frönen und Sasha - fanatisch wie er war - verbannte ihn weiterhin dafür auf das Dach. Lily drückte auf das Gaspedal und das V12 Aggregat fauchte laut auf, als es eine höhere Leistung aus der Brennstoffzelle zog. Der gesamte Buggy drückte sich tiefer als sich die Last der Beschleunigung über die Reiffen in den Boden frass, Schnee, Eis und Dreck aufwirbelte. Der Wagen schoss vorwärts und überholte den APC auf der rechten Seite auf der Alex stand. Anfänglich von Lily gar nicht wahrgenommen, hatte sich der Geschützturm in Bewegung gesetzt und der schwarze Lauf der Vernichtung richtete sich auf Alex aus.
Lily blinzelte, als die Zielsysteme, zu ihrer linken angingen und auf Alex Gesicht anlegten. „Äh. Miss Marple?“
„Ah-lx, böh-se. Böh-se Muh-sick. Nicht meh-r mah-ch-en.“ kam es breit über den Funk. Bereits daran gewöhnt das der Pinguin, manchmal überreagierte, Deaktivierte Lily den Turm mit einer einfachen Bewegung ihres Daumens und lächelte leicht. „Ach Miss Marple.“ Dann zog sie das Mikrofon zu ihrem Mund.
„Sasha?“
„Schätzchen.“ kam es im breitesten, mit russischem Dialekt versehenen Englisch. „Was kann ich für dich tuen?“
„Mach die Musik aus bevor der Pingu Alex mit dem 30er wegputzt.“
„Ohje...“ Sasha brummte und tatschte blind nach der Stopptaste bei dem Wiedergabegerät.
Nur um eine Nuance verstärkte sich der Druck seiner Lippen um die Zigarette, als Alex direkt in den Lauf des Geschützturms sah. Er wusste nicht, ob es an dem Nikotin lag oder an der Tatsache, dass er schon gefühlte drölf Male von diesem Vieh bedroht wurde, weil er Frauchen Streiche spielte, aber er regte sich keinen Zentimeter, ausgenommen seine Hand, mit der er die Zigarette aus dem Mund nahm. Leider war der Wind zu stark, um seinen Kopf in eine Rauchwolke zu hüllen, aber auch so sollte die Geste bei dem Kuscheltier ankommen.
„Kitty, pfeif dein Vögelchen zurück.“
Es kam zwar keine Antwort, doch der Schwenk des Turms genügte dem Deutschen. Er widmete sich wieder der makellosen Aussicht, die sich ihm bot, der unendlichen Weite der Eiswüste, die sich vor ihm erstreckte. Es war beruhigend, auch wenn Sasha den Wallkürenritt wieder abgestellt hatte, so wirkte es auf den Deutschen wie Balsam. Alex gab es nicht zu, er würde das niemals, aber er war ein wenig nervös. Er hatte schon lange nicht mehr deutschen Boden gesehen, seine Heimat war für ihn zur Fremde geworden. Er war zwar kein gebürtiger Berliner, gewiss nicht, aber es war dennoch Deutschland - oder das, was übrig geblieben war. Er nahm einen letzten Zug von der Zigarette und schnippte sie in hohem Bogen davon. Genug, er zwang sich dazu, sich zu konzentrieren - das A und O in ihrem Job - und die melancholischen Gedanken an längst vergangene Zeiten wieder zu verdrängen. Über die Schulter sah er dem Geländebuggy hinterher und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Kitty würde ihn hemmungslos verarschen für das, was er wohl gerade dachte. Aber so war sie nunmal: ein eisenhartes Mädchen, das mehr Feuerkraft unter ihrem saftigen Prachtarsch sitzen hatte, als er und seine zwei männlichen Kameraden zusammen. Alex stand auf und sprang durch die Luke wieder zurück ins Innere des APC, wo Sasha im Rhythmus irgendeines Gitarrenstücks auf das Lenkrad klopfte.
„Du kannst es nicht lassen, eh Alex?“ Das breite Grinsen musste der Deutsche nicht sehen, um zu wissen, dass es da war, es genügte schon, den Tonfall zu hören.
„Richtig, Sasha“, erwiderte er und nahm schwungvoll neben dem Russen Platz. Durch eines der kleinen Sichtfenster sah er nach draußen, der feinen Schneewolke hinterher, die der Buggy hinterließ. „Vollkommen Richtig.“
„Kinder. Kinder.“ brummte es durch das Funkgerät. „Reißt euch am Riemen.“
Es war Tyrone der die kleine Kolonne anführte mit seinem schweren Truppentransporter. Lily schloss mit brüllendem Motor zu ihm auf und passierte den quasi Panzer auf der linken Seite, auf der ebenfalls die große Zeichnung eines Pinups aus den 196oer prangte und um deren Kopf der geschwungene Schriftzug ‚Marry Lou‘ die Seitenwand zierte.
„Ja Papa.“ kam es fast gleichzeitig von Lily und Sasha.
„Keine Scherze. Check euer Doppler. Wir bekommen Besuch.“
Lily warf einen Blick auf den rechten oberen Bildschirm in ihrem Wagen und fluchte leise in sich selber das sie die gesamte Lautstärke runter gedreht hatte. Den ihr Radar hatte längst gemault, das sich ihnen ein paar Fahrzeuge näherten. Es waren Fünf, davon drei schnelle Schneemobile. Ein großer Truck in der Mitte - vielleicht ein ehemaliger Sattelschlepper. Die Menschen hier draußen waren kreativ, wenn es darum ging, zu nutzen was noch da war. Hier in den weiten Einöden wimmelte es nur so von Piraten und Zurückgebliebenen.
„Hmm. Entfernung noch etwa nen Kilometer.“ ergänzte Lily.
„Die wollen trotzdem zu uns.“
„Hach. Welch Erkenntnis.“ das war der russische Akzent. „Mickey geht gerade ans Geschütz.“ „Welches?“
„Rat mal - deutsche Qualitätsware unter sich, eh.“ Lily lachte und sah über die Schulter.
„Miss Marple.“
„I-hi.“ knatterte es von hinten und Lily gab dem Vogel die Kontrolle über den Turm wieder.
„Also Jungs. Ansage.“
„Tyrone?“ das war Alex. In dessen Hintergrund man schon deutlich das Durchladen der Waffe hören konnte.
„Erledigen wir das gleich, bevor die Punks in unsere Nähe kommen.“
„Ihr habt Captain Ahab gehört. An die Arbeit.“ jubelte Lily und tippte die Bremse ab, was die Räder des Wagens dazu veranlasste stotternd sich nicht weiter zu drehen Eis in die Luft zu schleudern das gegen die Panzerung von ‚Mary Lou‘ prasselte. Der Schützenpanzer wurde durch diesen kleinen Tippser aus dem Schatten des viel Größeren Wagens katapultiert und Lily riss das Lenkrad herum und scherte zwischen den beiden anderen Fahrzeugen auf die Seite auf der die Angreifer waren.
„Pommes.“ mahnte Tyrone, doch Lily war schon längst unterwegs.
„Nicht das ich ‘beschweren will. Top, aber dachtest du wirklich das die Kleine hier bleibt?“
„Hach.“ knurrte der gewichtige Amerikaner und aktivierte seine eigenen Waffensysteme, die zischend aus der Panzerung hochgefahren wurde. Es war eine spezielle Version der Phalanx CIWS, die wiederum auf einer M61 GAU-4 20 mm Vulcan basierte.
Noch währenddessen, hatte der Pinguin sein Ziel erfasst.
„Giiiiiiaaaaaaah.“ Lily hatte keine Ahnung was der Kampfschrei aussagte, aber nunja, der Pinguin traf. Das 30er Geschützt begann laut krachend, seine Kadenz von 800 Schuss pro Minute ausnutzend, das erste Fahrzeug das sich ihnen näherte zu zersieben, als schon der zweite Schuss ein Volltreffer war.
Es war das zweite Mal, dass Alex jetzt frische Luft schnappen durfte, doch diesmal war es nicht wegen einer Zigarette. Nein, ganz und gar nicht. Wäre es wegen des Nikotins gewesen, dann hätte der Deutsche mit weitaus weniger Schmackes die Bordwaffe von Sashas APC durchgeladen. Es handelte sich um ein Maschinengewehr, welches in dieser Bauart bereits von der Bundeswehr verwendet worden war – mit der Ausnahme, dass sich Alex ein paar Veränderungen an dem Gerät erlaubt hatte, welche die Kadenz und die Durchschlagskraft der Waffe um einiges erhöht hatten. Dabei hatte ihm Miss Marple etwas mehr über die Schulter gesehen, als Alex lieb gewesen wäre, weshalb die eigentlich recht einfache Prozedur unnötig in die Länge gezogen wurde. Als er es aber geschafft hatte, hatte Alex zufrieden festgestellt, dass sich die Kadenz auf circa dreieinhalbtausend Schuss die Minute erhöht hatte. Dreieinhalbtausend 7,62 Millimeter pures Blei, die den Tangos dort entgegen geflogen kamen - die Rechnung dafür, so blöd zu sein, sich mit der Einheit anzulegen. Zu dem Krach, den die Feuerstöße des MG verursachten, gesellte sich ein gleichmäßiges Donnern, das Alex nur allzu bekannt war. Lilly, beziehungsweise ihr Haustierchen hatte sich eingeschalten und mit dem 30mm-Ungetüm das Feuer eröffnet. Mit nur einem Wimpernschlag zerfetzte es zwei der angreifenden Schneemobile, während Alex‘ Kugeln die Windschutzscheibe eines Jeeps durchlöcherten, der sich knapp hinter den Schneemobilen gehalten hatte. Sie waren den Angreifern haushoch überlegen, doch genau dafür wurden sie bezahlt: fürs überlegen sein. Genau deshalb war wohl das dritte Schneemobil aus der Formation ausgebrochen.
„Der versucht abzuhauen“, maulte Alex über Funk, „Setz ihm nach, Kitty, Sasha und ich kümmern uns um den Sattelschlepper!“ Die rothaarige Schottin bestätigte und scherte nach links aus, während das stählerne Ungetüm, auf dem Alex aufsaß, nur minimal nach rechts driftete.
„Jetzt geben wir diesen Vollidioten Saures, eh mein Freund?“, kam es vom Cockpit und der Deutsche lachte. Lauthals dröhnte die Maschine auf, die gesamte Karosserie wackelte derart, dass Alex sich einen Moment festhalten musste, und ein Gemisch aus Schnee und Eis hüllte ihn ein. Tausende kleiner Kristalle prasselten auf den Gläsern seiner Sonnenbrille ein, doch er verzog keine Miene.
„Achtung... Achtung“, raunte der Russe und Alex‘ Griff um das MG verstärkte sich, „und los!“ Ruckartig bremste der APC ab so schlagartig, wie die Reifen zum Stehen kamen, so schnell hatte auch das Eis aufgehört, dem Deutschen die Sicht zu nehmen. Er hatte klares Sichtfeld auf den Laster, der sich nun um einiges Näher bei ihnen befand und ihm war sogar so, als könnte er dort in der Fahrerkanzel eine vor Schrecken verzerrte Fratze ausmachen. Kalt wie die Luft um ihn herum lächelte er und betätigte den Abzug. Ein Regen von Projektilen prasselte auf das Glas hernieder, doch zu Alex‘ Enttäuschung musste er feststellen, dass es sich um kugelsicheres Glas handelte.
„Wo kriegen diese Wilden solche Hardware her?“, keifte er Sasha an, beinahe so, als ob der aus dem Ural stammende Elektriker etwas dafür konnte.
„Ich weiß es nicht, Buddy“, kam die seelenruhige Antwort vom Fahrersitz, „aber was hältst du davon, weniger zu meckern und deinen arischen Arsch hinter das große Gewehr zu schwingen?“
„Negativ. Wir machen es auf die altmodische Art. Bring mich näher ran.“
Während Alex‘ Fahrer irgendetwas in seiner Muttersprache murmelte, vermutlich nichts nettes, nahm der Deutsche den mattschwarzen Edelstahl-Eispickel von der Koppel, die um seine Hose geschnallt war und an welcher er quasi seine gesamte Ausrüstung griffbereit verstaute. Der schwere Truppentransporter rollte unaufhaltsam auf den beinahe mickrig erscheinenden Lastwagen zu, der neben dem APC wie ein Spielzeugauto rüberkam, obwohl Alex wusste, dass er selbst gerade mal so groß war, wie einer der Reifen, auf denen die Schrottmühle der Einheit entgegen gerollt kam.
„Pass auf, ich geh rüber.“ Mit dem Eispickel in der rechten Hand erhob sich Alex aus der MG-Stellung und schritt langsam, mit kontrollierten Schritten über den APC. An der Kante angekommen sprang er, schwang den Pickel über seinen Kopf und ließ ihn wieder herabsegeln, als der Laster in Reichweite gekommen war. Gerade so hatte er es geschafft, die Stahlspitze mit einer Hand in der Verkleidung zu versenken. Keinen Meter unter ihm wühlten sich die mit Spikes besetzten Reifen durch die Eisdecke, was den Deutschen vermutlich, allerdings nur vermutlich, auf die Idee kommen ließ, doch etwas flotter aufs Dach zu klettern.
„Bis Berlin ist es noch eine gute Woche, Alex“, es war Tyronne, der sich über Funk meldete, „also beeil dich ein wenig.“
„Roger, One-Eye.“
Alex war auf der Fahrerkanzel angekommen und hielt sich an einem der Strahler fest, die darauf montiert waren, als er mit einem Schwung den Pickel geradewegs in die (durch die quasi nicht enden wollende Sonneneinstrahlung ziemlich verunstaltete) Fresse des Fahrers segeln ließ. Das nasse „Flatsch“ nahm er zwar mit Genugtuung war, doch jene Genugtuung löste sich schnell wieder auf, als das halbe Dach durch eine zünftige Ladung Schrot zerfetzt wurde, der nur haarscharf an ihm vorbeiflog.
„Ihr gottverdamten Wichser!“, brüllte er gegen den Fahrtwind hinunter zum Beifahrer, der in seinen knochigen Griffeln etwas hielt, das der Deutsche eher eine Büchse, als ein richtiges Gewehr genannt hätte.
Lily hatte dem Schneemobil nachgesetzt, wie von den Jungs angefragt. Sie riss das Lenkrad mit solcher Geschwindigkeit herum und trat das Gaspedal soweit durch das sich die Nase des GTK in die Luft schraubte, beschleunigte bis zu einem Punkt an dem sie eine Kilometer weit sichtbare Wolke aus Schnee und Eis produzierte. Nein. Sie würden den Typen mit seinem kleinen Witz von Fahrzeug nicht davon kommen lassen.
„Miss Marple. Lass den mir.“
„Uuuuu-ahaaaaaaa.“ kam es von hinten und dann folgte ein „Böööööhhhhhhhhh.“ Was auch immer das heißen mochte. Lily sah auf die interne Kamera auf der sie den Pinguin sehen konnte wie er auf dem Schützensitz saß, die Flossen fest um den Griff des Geschützes geklammert und etwas zornig in die Kamera kuckte.
Vermutlich hätte ihr schon seit Jahren die Tatsache Angst einjagen sollen, das sie einen menschen-mordenden psychopathischen Pinguin ihr Haustier nannte, der eine Vorliebe für große Waffen mit lauten, richtig Lauten und richtig großen Rohren hatte.
‚Wie der Herr...‘ Hätte ihr Vater gesagt, aber naja. Sie liebte den Pinguin. Was sollte man tuen.
Der Punk auf seinem kleinen Küchenhilfenrührgerät, das es eigentlich war, versuchte vor ihr Land zu gewinnen. Aber seine paar PS waren einfach nicht in der Lage die immense Motorleistung des GTK auszugleichen. Ihr ‚Kleiner‘ war der schnellste Wagen auf diesem Untergrund.
Der Merc knurrte, als sie in den nächsten Gang wechselte, und dem Schneemobil schnell näher kam. Das Knurren war laut und grausam, als sich ihre gewaltigen, Spike bewehrten Reifen, dem viel kleineren Fahrzeug näherten. Mit einem schnipsen ihres rechten Finger, wechselte sie die Musik zu den Arkhams und ‚She‘s lost control‘, während gleichzeitig die Lautsprecher des GTK ansprangen.
Den Song laut plärrend jagte der Schützenpanzer dem kleinen Kettenfahrzeug hinterher. Auf dem internen Kommunikationskanal, konnte sie aus dem Augenwinkel den Pinguin sehen wie er Headbangend beobachtete wie Lily ihren Wagen immer näher an den Mann heran brachte der versuchte zu fliehen.
Das neon-pinke Halsband des Pinguins, an dem neben einem Stern und einem kleinen Fischanhänger, auch eine kleine Besitzmarke befestigt waren, klimperte und klackerte laut. Das Halsband war eine spezial Anfertigung, mit zahlreichen Swarovsky Kristallen versehen, sowie einem GPS System und einem Kommunikationssystem, war es mehr eine Art Einbettung von Miss Marple in die Truppe als wirklich nur ein Halsband für ein Haustier. „Iaaaaaah. Pla-tth. Pla-tth. Pla-tth.“ skandierte hinter Lily der Kaiserpinguin immer lauter und Lily zog mit dem Lenkrand den schweren Mercedes auf die Fahrrille des Schneemobils. Der Mann drehte sich um und gab eine kleine Salve aus seiner MP auf Lily ab.
Noch nie war leichte Munition schneller an schwerer Panzerung platt gedrückt worden. Was für eine Verschwendung.
Liliane schaltete einen Gang tiefer was den GTK mit einem Schlag nach vorne beförderte.
Sie konnte es weder hören, noch wirklich fühlen, als die gewaltigen Räder das Heck des Schneemobils und seinen Fahrer zermalmten. Aber es ruckelte leicht, als wäre sie über einen Eisbrocken gefahren. Kontrolliert und mit einem tiefen Gefühl der Zufriedenheit drehte sie das Lenkrad.
Lil wechselte mit einem Knopf die Kameraperspektiven durch bis sie zu der Kamera kam die das rechte vordere Rad überwachte. Sie hinterließ auf dem jungfräulichen weißen Schnee breite, blutrote Spuren die nur durchsetzte waren von gelegentlichen schwarzen Ölflecken und den sich regelmäßig loslösenden Gewebefetzen des Piraten dessen Körper sich in das Profil ihrer Reifen geschmierte hatte.
„Och nö. Das wird Ewigkeiten dauern bis ich das aus der letzten Ritze gepoolt habe...“ seufzte sie und wendete weiter bis sie zurück zu den Anderen steuerte. Sie veränderte die Stossdämpferhärte, damit sie eine höhere Geschwindigkeit erzielen konnte. Übersprang einen Gang und heizte mit Volldampf zurück zu dem Sattelschlepper auf dem sich gerade Alex hinüber geschwungen hatte.
Lily beschleunigte den Mercedes weiter und heizte mit voller Leistung zurück.
„Und wie macht sich Tarzan?“
„Wie meinen?“ antwortete Sasha.
„Na, der Möchtegerngorilla der von deinem Töff-Töff auf den Piraten-Brumm-Brumm gesprungen ist.“
„Eh?“
„Pommes, sprich wie eine Erwachsene, Frau die gevögelt hat, wird und werden wird und nicht wie ein Kleinkind.“
„Da ‚fällt mir Witz ein.“ kommentierte Sasha dazwischen.
„Seit wann interessierst du dich für mein Vögelein.“
„Seit Miss Marple.“
„Giiiiiiaaaaaaah.“
„Bitte?“
„Ab wann geh Schwanz in eine Frau?“
„Du weißt genau was ich meine.“
Bam!
„Giiiiiiaaaaaaah.“ Er sah zur Seite, über das ganze Gesicht grinsend, und sah direkt auf die Bordwaffe von Kittys fahrbaren Untersatz - diesmal war sie jedoch nicht auf ihn gerichtet (nein, so viel Hirn hatte dieser Vogel gerade noch), sondern auf den Piraten, der direkt unter ihm saß. Diese Restportion Intellekt reichte jedoch nicht aus, dem Deutschen genug Zeit zu geben, von der Fahrerkanzel zu verschwinden, ehe das Feuer eröffnet wurde, aber damit hatte Alex auch nicht gerechnet. Mit einem Satz hatte er sich noch von der Kanzel befördert, nur um direkt auf dem nächsten Fahrzeug zu landen: Kittys GTK.
„Ab Neine geht er Eine, Eh?“
„Neine? Eine? Von was zum Teufel sprecht ihre gerade?“ keifte Alex.
„Meinen Vögeleien...“
„He?“ antwortete Alex.
„War lustig oder?“
„Nicht deinen Vögeleien, sondern von deiner Art zu sprechen.“
„Ich steh auf Dirty Talking.“ kommentierte Alex in dessen Hintergrund der Wind pfiff, als gäbe es kein Morgen.
„Du würdest mit mir vögeln?“
„War doch lustig, eh?“
„Sicher würde ich mit dir vögeln. Aber könntest du mich zu erst rein lassen, oder langsamer werden?“
„Ich habe leicht den Eindruck dass das Gespräche in eine Richtung geht, die ich nicht haben wollte...“ murmelte Tyrone in der Abgeschiedenheit seines Fahrzeuges.
„Vö-geh-ln. Miss Mahr-pl‘ ist Vö-gehl.“
„Wovon reden, wir gerade noch?“ fragte Sascha dazwischen.
„Alex hätte gerne, dass ich ihm dreckige Dinge sage.“
„Nein ich möchte, dass du mich von deinem Brumm Brumm lässt!“
„‘Küche. ‘Bad. ‘Auto.“
„Captain, warum darf Alex jetzt so sprechen?“
„Ruhe jetzt! Kitty lass Alex von deinem Auto, und zwar in dem du behutsam langsamer wirst. Keine Vollbremsungen. Sasha. Sammel Alex wieder ein. Alex runter von dem GTK.“ befahl Tyrone mit monotoner aber kräftiger Stimme.
„Miss Marple. Vö-gehl.“
„Und kein Wort mehr über Vögeln.“
Dem Himmel ein stilles Dankgebet schickend, wobei er die Augen genervt verdrehte, schwang sich Alex ins Innere des GTK, nachdem dessen Fahrerin so gnädig war, endlich die Luke zu öffnen.
„Na endlich, das wurde aber auch-“
Abrupt verstummte Alex, als er direkt vor einer pechschwarzen Schnauze landete, die ihm mit ihren ebenso schwarzen Glubschern direkt in die Fresse sah.
„Ja“, lächelte er, „schön dich zu sehen, Missy.“
„Ah-läx!“, qäckte das federlose Fliegelvieh und schloss den Deutschen in seine Flügel, „Ah-läx!“
„Ja, Ja, um Gottes Willen, ja!“, murrte dieser und befreite sich etwas unsanfter als gewollt aus der Umarmung, „ist ja gut!“
„Miä!“
Obwohl Alex kein Wort verstanden hatte, funkelte er das Tierchen noch einen Moment böse an, auch wenn er sich noch immer wie ein totaler Vollidiot vorkam, wenn er mit einem verdammten Pingu quatschte. Es gab Tage, und ein solcher war heute, an denen konnte er diese Nervensäge einfach nicht ausstehen. Umso weniger verwunderlich war es, dass der Deutsche sich beeilte, vom Geschützturm in die ohnehin schon enge Fahrerkabine zu wechseln.
„Hey Lil‘“, begrüßte er die Fahrerin.
„Na, Mickey Mouse... wo darf‘s denn hingehen?“
„Also, wenn‘s nach mir ginge...“, Lilly schenkte ihm einen vielsagenden Blick, streckte sich während sie das Top straffer zog und leise zog er die Luft zwischen den Zähnen ein, „... dann wäre Sashas APC ein adäquates Ziel, nicht?“
Lilly schürzte die Lippen und hielt geradewegs auf den massiven Truppentransporter zu, dessen Seite dick und fett mit rotem Hammer und Sichel verziert war.
„Willkommen zuhause, Kamerad!“
„Danke, Sasha“, murmelte Alex gedankenverloren, während er noch immer auf den GTK starrte. Das einzige, was ihm an diesem Buggy nicht gefiel, war das Fehlen einer Windschutzscheibe. Wieso? Er hatte keine Ahnung, ob ihn Kitty nicht gerade von oben bis unten musterte oder sich eine weitere Schüssel Kornflakes, Milch und Bier gönnte - nur eben ohne die Milch. Ansonsten beneidete er die rothaarige Schottin um ihren Schlitten - er beneidete sie abgöttisch.
„Tut gut, wieder hier zu sein.“
„Kraut, du sollst da oben nicht einschlafen!“
„Alles klar, Chef.“
„Ist irgendjemand verletzt?“
„Negativ, One Eye.“
„Nope.“
„Net, Top!“
„Wunderbar. Dann können wir uns ja wieder darauf konzentrieren, zum Zielpunkt zu kommen, ja?“
„Positiv“, kam es wie aus einem Mund zurück und die Kolonne raste weiter durch die Eiswüste - Kurs: Berlin.
„Ah-läx. Miäh.“ gurrte es von hinten während Lily noch nach vorne auf die verschwindende Figur des Deutschen starrte. „Mhm.“
Es dauerte einen Moment und etwas tippte ihr auf die Schulter. Es war Miss Marple. „Li-Ly lih-bt. Ah-läx?“
„NEIN!“ erwiderte Lily empört. Riss das Lenkrad herum und trat das Gaspedal, dass der Mercedes eine scharfe Kurve beschreibend herum schleuderte und dann in dieselbe Richtung davon schoss wie der Wagen von Tyrone. Neben der Schottin, hüpfte der Pinguin auf dem äußeren Fuss mit der Kurve im Wagen auf einem Bein um das Gleichgewicht zu halten, schlug sich dabei aber den Kopf an und knarrte erbost.
Als der Schützenpanzer dann wieder gerade aus fuhr, blieb Miss Marple erzürnt stehen und schnaubte, sich den Kopf an der angeschlagenen Stelle mit der rechten Flosse reibend. „Bääääh.“
Lily sah lange nicht hin. Aber der Pinguin war penetrant er blieb stehen und rieb sich so lange den Kopf bis er angesehen wurde. Liliane kannte dieses Spiel. Und nach ein paar Momenten gab sie nach. Sah über die Schulter und starrte in die großen schwarzen Kulleraugen.
„Tut mir ja schon leid.“ seufzte sie und reihte sich wieder hinter Tyrone ein.
Der Amerikaner starrte auf die Landkarte und korrigierte ihre Route um ein paar Grad damit sie wieder auf Ziel waren. Es hatte lange gedauert einen so lukrativen Job wieder an Land zu ziehen. Und er hatte viel investieren müssen, damit sie daran gekommen waren. Also stand ein Versagen nicht zur Disposition.