Das Zimmer war nicht groß. Im Gegenteil. Ihr Wagen bot sogar mehr Platz. Der Raum, ausgestattet mit einem Doppelbett und einem Waschtisch, einem kleinem Tisch und zwei Schemeln, reichte aber für ihre Bedürfnisse. Sie würden ja auch keine Ewigkeit hier verbringen wollen.
Der Wirt schloss die Tür. Kasha geleitete ihre Freundin zum Bett, wo sie auch Platz nahm. Die Elfe zog sich einen der beiden Schemel heran und setzte sich ihr gegenüber. Sie wusste, wo sie Adriana hinzusetzen hatte. Durch das Fenster schien die Morgensonne in das Zimmer. Adriana wurde in ihrem wärmenden Lichtkegel geparkt. Sie genoss die Wärme. Der Sonnenschein streichelte ihr Gesicht und für Außenstehende sah es im ersten Blick wie ein Heiligenschein aus.
Draußen war der Kampflärm zu vernehmen. Sie war froh, nicht an diesem Kampf teilnehmen zu müssen. Inständig hoffte sie, doch Recht zu behalten und bereitete ihre Freundin darauf vor.
„Kasha, für den Fall, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag: Wahrscheinlich wird dieser Orlaisaner hier hereinspazieren und mich nach den Infos ausquetschen. Ich gehe davon aus, dass er mich allein sprechen will, darum musst du stark sein. Haben wir uns verstanden?“
Kasha reagierte nicht. Sie saß einfach nur da und lauschte dem tobendem Kampf. Adriana tastete nach ihrer Hand, fand sie und drückte sie fest an sich.
„Kasha, haben wir uns verstanden?“, fragte sie sie etwas intensiver, was die Elfe aus ihren Gedanken riss und sie dazu zwang zu antworten. Eine sanfte Berührung auf Adrianas Unterarm war alles.
„Gut. Ich hoffe beim Erbauer, dass das alles funktioniert.“
Es dauerte einen Augenblick, bis es eher unsanft an der Tür klopfte. Adriana zupfte ihr Kleid nochmal zurecht und überprüfte den Sitz ihrer Körbchen, ehe sie Kasha nach ihrem Aussehen fragte. Wieder eine sanfte Berührung ihres Armes.
„Dann kann es ja losgehen.“, flüsterte sie, ehe sie ein lautes Herein in den Raum warf.
Die Tür schwang auf, Yanis Leclarc trat herein. Er bat zwei seiner Lakaien darum, Kasha zu „entfernen“. Adriana nickte ihr vertrauensvoll zu und lächelte den fremden Mann freundlich an.
Das Fingerschnipsen empfand Adriana als unnötig, da sie eindeutig seine schweren Stiefel auf dem Holzboden klackern hören konnte.
„Wer ist Dunbar `ees‘? Was weis er und wie kann er mir `elfen?“, wollte er wissen. Seine stimme klang beinahe vertraut, wie die eines engen Freundes.
Adriana tat ihm dem Gefallen, richtete ihre Augen ungefähr in seine Richtung und lächelte sanft. Sie wusste, dass sie gerade in einer bedrohlichen Position war und Boomer würde ihr auf der Schnelle auch nicht helfen können. Dafür war sie einfach zu weit entfernt. Sie hatte die Hände gefaltet in den Schoß gelegt.
„Ich arbeite für Dunbar Heesh. Was er weiß und was nicht, kann ich euch nicht verraten, da ich nur ein Mittel zum Zweck bin. Aber ich mir sicher, dass er euch die Informationen über den neuen Aufenthaltsort der Lady de Ludin besorgen kann, werter Herr.“
Adriana machte eine dramaturgische Pause, ließ die Worte wirken. Der Jäger reagierte nicht. Dennoch konnte sie seinen heißen Atem auf ihrer Haut spüren. Er war angespannt.
„Kommt bei Einbruch der Nacht wieder zu mir, dann werde ich euch die notwendigen Informationen liefern können. Bringt mir bis dahin auch die Namen von drei vertrauenswürdigen Quellen am Hofe de Ludin und bildet euch nicht bitte ein, Dunbar Heesh zu betrügen. Er ist ein Ehrenmann und steht zu seinem Wort. Ein Vertrag ist ihm wichtiger als ein Leben.“
Wieder lächelte sie.
„Was glaubt ihr denn, woher ich euren Namen kenne, werter Herr Yanis Leclarc.“