Rayingri, Geth-Basis, Kontrollzentrale (östlicher Notausgang)
Uhrzeit: 15:55 Uhr
Chavez werkelte nun schon seit einigen Minuten an der Schalttafel, die sämtliche Prozesse des östlichen Notausgangs verwaltete. Offenkundig schienen die Geth die korrekte Bedeutung des Wortes 'Notausgang' verfehlt zu haben, denn die besagte Schiebetür war fest verriegelt, was Quinn nun einen dicken Strich durch die Rechnung machte.
'Wir haben nur noch fünf Minuten, dann muss die verdammte Tür offen sein.'
Quinn schüttelte die Unruhe durch neue Gedanken ab, die sich um die verschlüsselten Daten der Geth drehten, die es unbedingt zu retten galt. Executive Officer Stiller konnte diese Aufgabe zwar zweifelsfrei händeln, doch inwiefern die Möglichkeit dazu bestehen würde, sollte Verstärkung seitens der Geth eintreffen, war momentan noch fraglich.
'Die Furie muss uns für diesen Sonderfall aushelfen, fürchte ich.'
Consuela, besagte temperamentvolle Informatikerin, drückte sich derweil merklich unbehaglich gegen die Wand und wirkte für die gegebenen Verhältnisse erstaunlich ruhig, wenn auch ein wenig nervös, was aber für eine Zivilistin in einer derartigen Situation verständlich war.
„Miss Johansson“, bemerkte Quinn bewusst freundlich, woraufhin die platinblonde Frau verschreckt zusammenzuckte, “ich habe eine Bitte an Sie. Wir benötigen die Informationen, die auf den Konsolen des Kontrollzentrums gespeichert wurden. Könnten Sie die Konsolen für uns hacken und diese Daten sichern, sobald wir die Geth liquidiert haben? Sie dürften das als Informatikern zügig schaffen, zügiger als wir.“
Sie schien zunächst zu überlegen und das Risiko abzuwägen, nickte jedoch nach einigen Sekunden, wenn auch kreidebleich und von stressbedingten Schweißperlen übersät.
„...Solange ich mich dabei in Sicherheit wiegen kann, Lieutenant.“
„Natürlich“, erwiderte Curtis wortkarg und drehte sich zufrieden zu Chavez um, der in der Zwischenzeit bereits einige signifikante Fortschritte hatte machen können, was Curtis ein wenig beruhigte.
Drei Minuten später blinkte die Schalttafel endlich grün auf.
„Gute Arbeit, Private. Marines, macht euch bereit.“
Die Sturmgewehre abschussbereit gegen den Schultergürtel gestemmt, positionierten sich die drei Marines routiniert vor den Notausgang und warteten auf die ersten Geräusche, die den Angriff des Support Teams markierten. Consuela hingegen schlüpfte in eine Korridornische und kauerte sich in eine schattige Ecke, wo die Informatikerin zunächst sicher sein sollte.
Dann zerriss eine laute Explosion die Stille in Fetzen.
„Ruhig, Marines, wir agieren erst auf mein Zeichen hin.“
Uhrzeit: 16:05 Uhr
Es vergingen einige Minuten, in denen Quinn das Adrenalin wie eine kochende Magmaglut durch seine Adern brennen fühlte, doch das Support Team musste die erste Gethwelle alleine bewältigen und unbedingt in die eigene Richtung locken, damit das Strike Team effizient aus dem Hinterhalt heraus den finalen Schlag ausführen konnte.
„Los!“
Chavez betätigte hastig die Schalttafel, damit sich die Schiebetür beiseite schieben und den Blick auf grob geschätzt zehn Klappergestelle wie auch das Support Team freigeben konnte. Die beiden Parteien lieferten sich einen unerbittlichen Schusswechsel, sodass kein Geth bemerkte, wie sich Curtis vorsichtig in die Kontrollzentrale schlich, dicht gefolgt von Harper und Chavez, und eine strategisch vorteilhafte Position hinter einer Reihe an belanglosen, aber massiven Kontrollkonsolen suchte.
Quinn gab knappe Handzeichen, dann erfolgten die ersten Schüsse.
Die ersten Geth wirbelten überrascht in die besagte Richtung, da sackte auch schon die erste Blechbüchse tot in sich zusammen. Das silbrige Kunstblut spritzte durch die Luft und traf die massiv gepanzerte, blutrote Brust eines Geth Juggernauts, der sofort das heftige Feuer erwiderte, bis erste Funken der Kontrollkonsolen aufblitzten.
'Verdammte Schrottkiste!'
Quinn schlüpfte kurz aus der sicheren Deckung und feuerte einige gezielte Schüsse auf den Kopf des Juggernauts ab, duckte sich aber rasch wieder, als die ersten Kugeln das eigene kinetische Schutzschild kritisch trafen und bis auf 17 Prozent Schutz zerstörten. Harper bereitete derweil eine Granate vor, aktivierte diese und warf die Scheibe daraufhin auf die blutverschmierte Brust des Geth, der nur wenige Sekunden später in seine Einzelteile explodierte und quer durch die Kontrollzentrale flog.
„Wooohooo!“
'Immerhin ist Harper nützlich.'
Das konnte Curtis allerdings kaum von Stiller behaupten, denn noch ehe die haselnussbraunen Augen des Staff Lieutenants den Executive Officer der SSV Midway erhaschen konnten, tänzelte ein agiler Geth-Hopper um den unbeholfenen und insbesondere unerfahrenen Stiller herum und feuerte rote Laser auf ihn ab, die Stiller vermutlich den Kopf abfackeln konnten.
'Idiot!'
„Chavez, Harper, halten Sie Ihre Position und unterstützen Sie den First Chief und Corda'an!“
Quinn hechtete daraufhin hastig aus der Deckung und rannte Stiller zur Hilfe, der alleine keine Chance gegen das sehnige und muskelbepackte Laserungetüm hatte, das noch im gleichen Augenblick die Waffe des Navigators überlastete und diese damit für die nächste Zeit nutzlos machte. Quinn feuerte die ersten Schüsse auf den Geth ab und lenkte so dessen Aufmerksamkeit auf sich, wenige Sekunden später peitschte ein Schuss aus Harpers Scharfschützengewehr durch die Luft und schlug in das drahtige Bein des Hoppers, was Quinn aber kaum verwunderte.
'Harper ist so ein gottverdammter Befehlsverweigerer...'
Stiller hingegen wirkte ohne funktionstüchtige Waffe verloren, gewissermaßen apathisch, und bemerkte erst zu spät, dass ein Geth Trooper diese Schwäche registriert hatte und nun durch heftigen Beschuss bestrafen wollte.
„Stiller!“, schrie Curtis teils erschrocken, teils wutentbrannt, 'Du Idiot!', stürmte die wenigen Schritte hinüber und schubste den orientierungslosen Navigator hinter die nächste Konsole, nur um den Bruchteil einer Sekunde später das Feuer des Troopers zu erwidern.
Da fraßen sich die explosiven Kugeln des Geth durch Quinns kinetische Barriere und schlugen in die obsidianfarbene Rüstung ein, die den massiven Schaden nicht abwehren konnte und schlussendlich nachgab. Die rotierenden Projektile bohrten sich in Quinns Fleisch, penetrierten die linke Brust und die linke Schulter, bis die harten Knochen darunter zerbarsten und Quinns Brustkorb erschütterten.
Quinn spürte keine Schmerzen. Er fühlte nur ein taubes Pochen.
Ohne wirklich bewusst denken zu können, unterbrach Quinn den Beschuss und warf sich ebenfalls hinter die Konsole, die zunächst die nötige Deckung lieferte, um weitere Treffer zu vermeiden. Doch wie lange würde das so bleiben?
Uhrzeit: 16:11 Uhr